Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189406266
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18940626
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18940626
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-26
- Monat1894-06
- Jahr1894
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- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1894
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Uiesaer K Tageblatt FemsprechsteV« Nr. 20 « nd Anzeiger Wrtlalt Mld Anzeiger). .S7.?L Amtsblatt der Königl. Amtshauptmannschaft Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. I? 14S. Dienstag, S«. Juni 1894, Abends. 47 Jahrg. Ngr. Brehm. mit den Theilnehmern an den Stadt-Fernsprecheinrichtungen in Leipzig und Eheumitz in Sprechverkehr zu treten. Die Gebühr für das gewöhnliche Gespräch bis zur Dauer von 3 Minuten beträgt 1 M. Dresden, 24. Juni 1894. Der Kaiserliche Ober-Postdirector. Auf Fol. 43 deS Handelsregisters für den Bezirk des unterzeichneten Amtsgerichts, die Firma F. H. Peschke in Nünchritz bctr., ist heute verlautbart worden, daß Herr Gruft Otto Kranke in Nünchritz Inhaber der Firma ist. Riesa, am 22. Juni 1894. Königl. Amtsgericht. Da« Riesaer Tageblatt erscheint jeden Ta, Abend« mit Ausnahme der Son», und Festtage. Vierteljährlicher Bezugspreis bei Abholung in den Expeditionen in Mesa und Strehla, den AuSgabestrllen, iowte am Schalter der kaijerl. Postanstalten 1 Matt 25 Pf., durch di» Träger frei tn» Hau« 1 Matt 50 Pf., durch de» Briefträger frei in» Hau» 1 Matt 65 Pf. Auzeigen-Annahm« für die Nummer de» Ausgabetage« bi« vormittag S Uhr ohne Gewähr. Lmck nnd Verla- von Langer ck »tntarttch in ktafa. — Geschäftsstelle: Laftantenftraß« SV. — Für die RHartim »mmtuottlich: Her». Schmidt t» Riesa. für das „Riesaer Tageblatt" erbitten uns spätestens bis 8 K ! 8 " Vormittags v Uhr des jeweiligen Ausgabetages. Die Geschäftsstelle. Bekanntmachung. Vom 1. Juli ab ist den Theilnehmern an der Stadt-Fernsprecheinrichtung in Riesa gestattet, Zum Tode Carnots. Alles Interesse konzentrirt sich auf das nichtswürdige Attentat des verkommenen Mordbuben, dem Präsident Car not zum Opfer gefallen ist. Wir haben in gestriger Nummer bereits ausführlich über die Unthat berichtet und haben heute nur die neueren Depeschen nacbzutragcn. Dieselben, aus Paris von gestern Abend datirt, besagen: Im Ministerrathe berichtete Dupuy über das furchtbare Attentat gegen Carnot, das in ganz Frankreich das Gefühl der Bestürzung hervor gerufen habe. — Die Leiche Carnots wird heute 'Nacht ein treffen. Die Regierung wird von der Kammer die Veran- staltung eines nationalen Leichenbegängnisses verlangen. — Der Präsident des MunicipalratheS richtete an den Minister präsidenten ein Schreiben, worin er dem Abscheu und dem Schmerze der Stadt Paris Ausdruck giebt. Die Nachrichten aus den Departements, besonders aus Lyon, Marseille, Lille und Bordeaux, geben die allgemeine Erregung und Bestür zung und den Abscheu über das Atd mat wieder. Die Iah- nen auf sämmtlichen öffentlichen Gebäuden sind mit Trauer flor umhüllt. Die Bewegung in der Bevölkerung ist sehr groß. Man reißt sich um die Zeitungen, die über die letzten Augenblicke Carnots berichten. Im Uebrigen herrscht in Paris vollkommene Ruhe. In der Deputirtenkammer herrschte lebhafte Erregung, der Saal war dicht besetzt. Casimir Perier »erlas tief be wegt ein Schreiben Dupuys mit der Mittheilung des Todes Carnots, welches fortfährt: Frankreich ist über das furcht bare Verbrechen entsetzt, und giebt der Regierung seine Be wegung und seinen Schmerz kund ; cs beweint in dem Ver storbenen einen ergebenen Diener und rechtschaffenen Bürger, der mit Ehren und Treue die nationale Fahne hochgehalten und Europa Empfindungen eingcflößt habe, welche in der jetzigen harten Prüfung ein Trost sind. Die Republik wird sein Andenken hochhalten, die Sympathien, welche er genoß, sind auch der Familie sicher. Casimir Perier fügte hinzu: Die Kammer und Frankreich schließen sich den Worten des Ministerpräsidenten an und schloß mit dem Ausdruck des tiefsten Mitgefühls für die Familie Carnots. Die Sitzung wurde aufgehoben. — Im Senat vollzog sich der ähnliche Vorgang, wo der Präsident Challemel-Lacour den Brief Dupuys verlas und Worte der Thcilnahme und des Ge denkens aussprach. Die radikale Linke und die äußerste Linke der Kammer beschlossen, Brisson die Kandidatur zum Präsidentenposten anzutragen. Die Gruppe der republikanischen Deputirten stellte Casimir Perier als Kandidaten auf und die demokra tische Vereinigung beauftragte ihr Unterbureau, sich mit den Bureaus der anderen republikanischen Gruppen in Verbin dung zu setzen behufs Einigung über Aufstellung eines Kan didaten. Das linke Centrum des Senats sprach sich rück haltlos für Perier aus. Die Bureaus der verschiedenen Parteigruppen des Senats beschlossen, für morgen eine Ple narsitzung sämmtlicher republikanischen Gruppen einzuberufen. Nach einer Meldung des „Paris" aus Lyon soll dort ein Mann verhaftet worden sein, der kurz nach dem Attentat erklärte, daß er sich darüber nicht wundere, da er Tags zuvor von einem Friseurgehilfen gehört habe, daß Carnot erdolcht werden sollte. Der Mann konnte keine genaue Auskunft über den Friseurgehilfen ertheilen und wurde deshalb fest genommen. Die Polizei glaubt, daß das Attentat das Werk eines Komplottes sei, da die Stadt Vienne im Departement Jssre, wo Caserio eine Zeit lang lebte, als ein anarchistisches Centrum bekannt ist. — Die Stimmung der Pariser Bevöl kerung ist eine sichtlich ruhigere geworden. Nirgends, auch nicht in den rxcentrischen Vierteln und in der Nähe der Fabriken, wo italienische Arbeiter beschäftigt sind, kamen anti italienische Demonstrationen vor. Aus Lyon wird noch gemeldet: Alle Fahnen an öffent lichen Gebäuden und Privalhäusern sind in der vergangenen Nacht entfernt und durch Trauerfahnen ersetzt worden. Der Militärstaat des Präsidenten bewachte die Nacht über die Leiche Carnots, die in einem schwarzen Anzuge und mit dem Großcordon der Ehrenlegion aufgebahrt ist. Von der Auf bahrung wurde eine photographische Aufnahme genommen. Madame Carnot hat den Wunsch ausgesprochen, daß die Leiche nicht einbalsomirt, sondern sobald als möglich nach Paris gebracht und in der Kapelle des Elysse ausgestellt werde. Man erwartet hierüber ein: Entscheidung des Ministerraths. Der Attentäter nennt sich genau Caserio Santo Hieronimo und ist, soweit bisher festgestellt werden konnte, Bäcker. Er war bereits seit langer-Zeit als ein gefährlicher Anarchist bezeichnet worden, und man spricht seine Verwunderung darüber aus, daß er nicht ausgewiesen worden ist. Hieronimo hatte den Weg von Vienne, wo er mit 60 Centimes eintraf, zu Fuß zurückgelegt. — Die Straßen sind von einer dicht gedrängten Menge angefüllt. Die Geschäfte sind geschlossen. Der Attentäter befand sich am Sonnabend noch in Cette. Er war 8 Monate als Bäckergeselle bei dem Bäcker Viala beschäftigt. Am «Sonnabend erhielt er von seinem Arbeitgeber 18 Franken und ging fort mit dem Bemerken, er würde dahin gehen, wohin ihn die Umstände führen würden. Sonn abend Nachmittag 2 Uhr 45 Min. verließ er die Stadt. Der Attentäter war als hervorragender Anarchist bekannt; er ist 21 Jahre alt. Den Dolch, mit welchem das Attentat ausgeführt wurde, hatte er am Freitag gekauft. Auch in Deutschland hat das nichtswürdige Buben- stück allerwärts tiefste Bewegung hervorgerufen. Ihre Maj. der Kaiser und die Kaiserin haben sofort an Madame Carnot eine Beileidsdepesche gerichtet. Dieselbe hat folgenden Wortlaut: „Ihre Majestät die Kaiserin und Ich sind auf das tiefste betroffen über die schreckliche Nachricht, die Wir aus Lyon erhalten haben. Seien Sie überzeugt, Madame, daß Unsere vollste Sympathie und alle Unsere Gefühle in diesem Augenblicke bei Ihnen und Ihrer Familie sind. Möge Gott Ihnen Kraft verleihen, diesen furchtbaren Schlag zu ertragen. Seines großen Namens würdig ist Herr Carnot wie ein Soldat auf dein Felde der Ehre gestorben. gez. Wilhelm. 1. R." Auch in Italien ist man über das fluchwürdige Attentat, das ein Italiener ausgeführt; empört und allgemein ist auch dort die Antheilnahme. In der Kammer nahm Crispi, während der Präsident, alle Minister, Senatoren und Depulirte sich von ihren Sitzen erhoben, tiefbewegt zu fol gender Mitthcilung das Wort: „Der Telegraph überbrachte uns heute die traurige Nachricht von dem verabscheuungs würdigen Mord, welcher an dem Präsidenten der französischen Republik begangen worden ist. Sadi Carnot, dessen Voreltern in ruhmvoller Weise dem Vaterlande gedient, ein recht- schaffen« Mann, der keine Feinde haben konnte und keinen Haß zu erregen vermochte, fiel unter dem Dolch eines Mörders, der zu unserem großen Schmerze in Italien geboren ist. Allein, uns tröstet der Gedanke, daß die Anarchisten kein Vaterland besitzen, daß sie, gleichwie sie ihr Vaterland ver leugnen, auch vom Vaterland verleugnet werden. Die Kammer, welche die Nation vertritt und in lebhaftester Weise die Bande der Zuneigung und Freundschaft gegen die Nachbar nation hoch hält, wird sich der allgemeinen Trauer über den bitteren Verlust anschließen, von dem Frankreich betroffen worden ist." — Crispi theilte hierauf unter lebhaft« Zu stimmung mit, daß der König der unglücklichen Wittwe und der französischen Regierung sein höchstes Beileid telegraphisch ausgedrückt und fordert schließlich die Kammer auf, durch Vermittelung des Kammerpräsidenten das Beileid der Kammer der Wittwe Carnots und der französischen Regierung aus- sprechen zu lassen. Zum Schluß beantragt er, die Sitzung aufzuheben. Darauf hielt auch der Kammerpräsident eine Rede, worin er seinem lebhaften Schmerze Ausdruck giebt über den Traüerfall, von welchem Frankreich betroffen. (Zu stimmung/! Er zollt dem Anvenken Carnots hohes L^b. Er war es, der spcciell zwischen Italien und Frankreich da« Band der Eintracht und Zuneigung stets fester zu knüpfen suchte. (Zustimmung.) Daraufhin beantragte der Kammer präsident, daß die Kammer, um ihre Trauer zu manifestiren, die gegenwärtige und nachmittägige Sitzung suspendire, im Lause der Session Trauer anlege und ihren Präsidenten damit betraue, sich zum Dolmetsch ihrer Gefühle des Schmerzes und des Beileids bei dem Chef der französischen National vertretung zu machen. Diese Vorschläge wurden emmüthig gebilligt und die Sitzung aufgehoben. Nach der Sitzung begaben sich die Minister, Deputirten und Senatoren auf die französische Botschaft, um ihren Namen in eie auSliegcnde Liste einzutragen. Die gesammte Elite der römischen Be völkerung folgte diesem Beispiele. — Die Börsen Mailands, Florenz, Turins und Roms blieben gestern zum Zeichen der Trauer geschlossen. vertlicheS «nd Sächsisches. Riesa, 26. Juni 1894. — Vorigen Sonntag wurde uns in der erneuerten Kirche zu Merschwitz durch ein Kirchenkonzert ein großer Kunstgenuß geboten. Schon das freundliche schmucke Kirch lein mit seiner neuen, vom Hoforgelbauer Jehmlich aus Dresden erbauten Orgel, macht auf den Besucher einen recht angenehmen Eindruck. Um das Programm recht sorgfältig und mannigfaltig zu gestalten, hatte der dortige Herr Pfarrer nebst dem Herrn Kantor Schröpfer keine Mühe gescheut, um eine Anzahl musikalischer Kräfte aus der näheren und weiteren Umgebung heranzuziehen. Männerquartette und gemischte Quartette wechselten mit Jnstrumentalvorträgen ab. Eine DameZaus Riesa trug eine Arie aus „Messias" von Händel und das „Vaterunser" von Krebs mit verständnißvollem, innigem Ausdrucke vor. Besondere Anerkennung erwarb sich Herr Organist Schröpfer aus Dresden durch seinen Orgel vortrag, sowie durch die gediegene, diskrete Ausführung der Begleitung der Gesänge. — Doch ganz Hervorragendes leistete die Violinvirtuosin Fräulein May Brammer aus Leipzig, die zur Zeit ihren Aufenthalt in Diesbar hat. Ihre Vorträge, von Herrn Musikdirektor Afferni vortrefflich be gleitet, übertrafen bei Weitem unsre gehegten Erwartungen. Wir hatten Gelegenheit, eine große Künstlerin kennen zu lernen, die einen mächtigen, vollen Ton aus ihrem Instru mente hervorzauberte, ohne daß dabei der edle, seelenvolle Ausdruck beeinträchtigt wurde. Wir erfahren Folgendes über die Künstlerin: May Brammer wurde 1872 in Grimsby in England geboren und lernte schon vom fünften Lebensjahre an den Violinbogen führen. Später besuchte sie das Konser vatorium in Leipzig, erregte dasel st in den Konzerten des Gewandhauses und auf ihren Konzertreisen berechtigtes Auf sehen. Stets wurde die vollendete Technik und der edle, serlenvolle Ausdruck gerühmt. — Hoffentlich haben wir bald einmal Gelegenheit, die Künstlerin auch hier im Konzertsaal begrüßen zu können. — Et wird uns mitgetheilt, daß die sächs. Bank in Dresden die Kirchenanleihe bereits übernommen hat. Die jenigen, die Capital in Werthpapieren der hiesigen Kirchen gemeinde anlegen wollen, werden von obengenannter Bank solche bekommen können. Die Werthe sind sowohl wegen ihrer Sicherheit, als auch wegen ihrer Rentabilität (3>/,»/o) zu empfehlen.
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