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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189612131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18961213
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18961213
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-12
- Tag1896-12-13
- Monat1896-12
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1896
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Bezugs-Preis tu h« Hauptexpeditioa oder den tm Stadt« bezm Mld d«I Vororten errichteten Ans« qabestelt«, <t-«holt.' vterteljädrltch^s-.bo, bei »wrtmallgrr täglicher Za stellurig WS yaut ^l ü.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland Md Oesterreich: vierteljährlich S.-—. Directe tägliche Kreuzbaudsendong int Ausland: monatlich 7.ÜO. Die Morgen-Au-gabe erscheint um '/,? Uhr. di« Abeud-AuSgab« Wochentag« um S Uhr. —— Re-artio« Erpeditisn: Ä-Hannetsaff« S. Die Expedition ist Wochentag« anuuterbrochen geöffnet von ftüh S bi» Abend« 7 Uhr. Filiale«: Otto Klemm'« Lorttm. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Pauliaum), Sanis Lösche. Kathariuenstr. 14, Part, uad Aönigsplatz 7. Anzeiger. ÄmtsvMt -es Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes nnd Vokizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. Auzeigeu-Preis die 6gespaltme Petitzeile X) Pfg. Nrclainen unter dem RedactionSsirich («gv» spalten- üO^, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung >l 70.—. 2innah»eschl»8 für Anzeigen: Abend-Ausgab«: Vormittag« 10 Uhr. Margen«Au«gabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stets an die Ex-edition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. SV. Jahrgang- Sonntag den 13. December 1896. Aus -er Woche. L Wenn, wie kaum mehr zu zweifeln, der dieser Tage bekannt gewordene Wortlaut eine« russisch-chinesischen Bert rage« authentisch ist, so hat das sonst stetig aber langsam seine Macht vorschiebende Zarenreich diesmal einen Riesensprung gemacht. Es wurde der Herr in Mittelasien und pflückt so die Früchte des chinesisch-japanischen Krieges, der ihm keinen Tropfen Blut gekostet hat. Man erinnert sich, daß zu den Mächten, die zwischen Japan und dem zu Boden geschlagenen China intervenirten,auchDeutschlan d gehört hat. Aber un« ist eben auch nur die Erinnerung geblieben. Freilich während Deutschland, nur leer auSzeht, sieht sich England als asiatische Macht durch den Vertrag in« Herz getroffen, zumal da Rußland gleichzeitig auf dem Wege nach Indien Fuß ge faßt bat. Ans dem Besitz der Kaiserin von Indien aber be ruht die Größe der Königin von Großbritannien, und Eng land würde als Weltmacht abdanken, wenn eS den Vertrag, wenigstens soweit er dir Festsetzung Rußlands in ckinesiscken Häfen betrifft, in Kraft treten ließe. Der britische Löwe, wenn er nicht allmählich einer Metamorphose unterlegen ist, wird zu zeigen haben, daß er mehr kann, als Eolonialnackbarn auf kleinliche Art ckikanircn. Deutsch lands Interesse an ostasiatischrn Verschiebungen ist ein wirthschaftliches, aber da die Wahrnehmung überseeischer Handelsinteressen eine ausreichende Rüstung zur See zur Voraussetzung hat, so ist das Mindeste, wozu die geplante Machterweiterung Rußlands uns drängen sollte, der Ent schluß, unsere Kriegsflotte in einen der finanziellen Leistungs fähigkeit Deutschlands entsprechenden Stand zu fetzen. Ist dieser Ausblick aus eine Partie der auswärtigen Politik für ein deutsche» Auge nicht gerade beseligend, so zeigten die inneren Vorgänge der verflossenen Woche ein noch weit un freundlicheres Gesicht. Allerdings, wenn man einer gewissen Presse Glauben schenken dürfte, so würde Deutschland durch die Entlarvung Tau sch's einer großen Zukunft ent gegengeführt, denn waS uns in den letzten Jahren gehindert bat, den Himmel auf Erden zu haben, da- war dieser Eriminalcommissar. Derartiges ist wirklich zu lesen. Der BeunruhigungS-BazilluS, den der unvergleichliche Graf Caprivi zwar nicht entdeckt, aber geahnt hat, ist von v. Tausch gezüchtet und dem Lande eingeimpst worden, der im Finstern schleichende kleine Schuft ist der Vater alle- UebelS. Diese „Feststellungen" geschehen natürlich von dem Partei- standpuncte aus. Wem zum Beispiel der Umschwung in der Polenpolitik nicht recht ist, der präsentirt Tausch al- den Mann, der die loyalen Polen beim Kaiser angeschwärzt hat. Da- ist tbatsächlich unter Berufung auf ein Thorner Blatt in „großen" Zeitungen geschehen, wir haben dieLefer nur nicht mit der Ungeheuerlichkeit behelligen wollen. Tausch war überall, und wir würden diese Methode des Verwirren« nicht parodireu, sonder» sclavisch nachahwen, wenn wir gemäß unserer Beurtheilung der neuesten Geschichte zu der Behauptung gelangten, der Untergebene de- Grafen Stillfried sei an der Dahingabe von Zanzibar, dem Steck brief gegen den nach Wien reisenden Fürsten Bi-marck und der Einführung der vierten Bataillone schuld. Dieses Treiben erscheint nicht nur wegen seiner irreführen den Wirkung, sondern namentlich auch deshalb schändlich, weil eS weiter nicht- als die skandalöse Ausbeutung eines ScandalS ist. Man weiß nicht genug von seiner Genug- lbnung über das „reinigende Gewitter" de» Processe- Tausch- Lützow zu erzählen, und ist in Wahrbeit unablässig bemüht, den in der politischen und socialen Luft vorhandenen Stick stoff zu mehren. Mit anderen Worten: der traurige Proceß ist der SensationSpreffe auch nichts weiter al- ein journa listischer Handelsartikel, womit nicht gesagt werden soll, daß sie keine politischen „Hintermänner" habe. Die Socialdemo- kcatie münzt selbstverständlich die bloSgelegten Polizeischäden „zielbewußt" aus. Sie hält auch an der „Versicherung" fest, Tausch sei ein Werkzeug hochgestellter Politiker gewesen. Sein Versprechen, die ihm bekannten „Drei" zu nennen, hat aber Bebel noch nicht eingelöst. Der „Vorwärt-" bezeichnet keine Person aus eigener Wissenschaft, aber er „legt" mit einer DerleumdungSkunst, an der sich die Lützow und Tausch sehr wohl gebildet haben können, „dar", Fürst Bismarck, Gras Waldersee und Graf Eulenburg müßten hinter Tausch ge standen haben. Damit braucht man sich nicht abzugeben. Wir können feststellen, daß in ernsten politischen Kreisen der Glaube an „Hintermänner" fast vollständig geschwunden ist, daß sich dort aber mehr und mehr das Bedauern darüber vertieft, daß man von der Möglichkeit, dem Tausch viel früher und auf dem ordentlichen Wege daS Handwerk zu legen, kein Gebrauch gemacht worden ist. Der „Reich-anzeiger" theilt mit, daß der Kaiser „bereit-" vor zwei Monaten den Befehl zur strengen Untersuchung eine- Bubenstreich« — Lützow« — ge geben habe. Man weiß aber, daß das Auswärtige Amt fchon vor vier Jahren den dringenden Verdacht hegte, der gemeingefährliche Schuft Normann stehe im Solde der politischen Polizei. Nun wird behauptet, der da malige Polizeiminister Graf Botho Eulenburg habe gegen über den auf Aufhellung und Säuberung gerichteten Bemühungen de« Reichskanzler« versagt. Wenn diese für die Oeffentlichkeit uncontrollirbare Angabe richtig ist, warum hat man vor Jahren nicht gehandelt wie jetzt und die Sache Hum Gegenstände einer Beratbung de« KrouratheS gemacht? Hätte man auch damal- di« Notbweudigkeit, „in die Oeffentlichkeit zu flüchten", erkannt, so wären der Regierung und dem Lande doch weitrre vier Jahre Tausch erspart geblieben, wahrscheinlich aber waren zu jener Zeit di« Dinge noch nicht so weit ge diehen, um da- extreme Mittel eine- gerichtlichen Ver fahren« al- da- allein zweckdienlich« erscheinen zu lassen. Der eingeschlagene Weg hat sein Gute- gehabt, gewiß. Bei einer adnnuistrativen Beseitigung de- Herrn v. Tausch konnten seine Acten ihre amtlich« Bedeutung behalten und die darin der Ehrlosigkeit prri-geßebenen Personen auch de» Nachfolger mindesten« verdächtig bleibe». Jetzt sind bereit« zwei in gefälschten Briefen nnd Quittungen mit dem Charakter von Polizeiagenten gebrandmarkte Journalisten als Opfer der Ruchlosigkeit de« Tausch und seines Werkzeuges Lützow erkannt und gereinigt; Aufklärungen ähnlicher Art wird ohne Zweifel auch der bevorstehende McineidSproceß bringen. Aber der gewissenhaften und gründlichen Revision der Acten hätte auch bei einem km Wege des Disciplinar- verfahrens herbeigeführten sensation-freien Personenwechsel nichts im Wege gestanden und im übrigen ein solches Vor gehen keine der Autorität der Staatsorgane im Allgemeinen abträgliche Wirkung gehabt. Aus dem „Reichsanzciger" gebt nicht hervor, ob dem Kaiser im Kronrath außer dein nicht beamteten Agenten Lützow auch der königliche Beamte v. Tausch als eine der Treiberei verdächtige Person genannt worden ist. Für die Beurtbeilung des gewählten Verfahrens wäre die Kenntniß dieses Umstandes sehr wichtig. Deutsches Reich. k Berlin, 12. December. Der im Abgeordneten hause von den beiden dänischen Abgeordneten Lassen und Johannsen wieder eingebrachte Antrag, die Staatsregierung solle in den Volksschulen von Nordschleswig mit dänischem Religionsunterricht wöchentlich^ wenigsten- zwei Stunden Unterricht in dänischer Sprache ertbeilen lassen, wird, wie wir hören, Mitte der nächsten Woche zur Beratbung kommen. Da außer den beiden oben genannten Herren nur polnische Abgeordnete den An trag unterschrieben haben, herrscht über die Absichten der Antragsteller kein Zweifel. Somit hat sich mit Recht im Lande der Wunsch geregt, dieser Herausforderung gegen über das rechte Wort zu finden. Als in der verflossenen Session am 14. April d. I. derselbe Antrag zur Verhand lung kam, wiesen die Abg. Bachmann und Jürgensen nach, daß bei der günstigen Entwickelung des Volksschulwesens in Nordschleswig unter den obwaltenden Verhältnissen der Antrag einfach eine nationale Herausforderung war. Seit dieser Zeit hat sich nichts geändert, weder an den konsistenten Motiven, auS denen Herr Johannsen seine deutschfeindliche Politik betreibt, noch an dem Verhalten der dänischen Agitation in Nordschleswig, n> 5 de: dortigen deutschfeindlichen Presse. Somit wird auch diesmal dafür gesorgt werden, daß die Abweisung des Vorstoßes gründlich geschieht. Voraussichtlich wird daö Abgeordneten haus den Antrag durch einfachen Uebergang zur Tages ordnung abtbun und durch dieses summarische Verfahren bekunden, wie sehr die Regierung bei der festen Wahrung der deutschen Interessen in allen Grenzmarken die volle Zu stimmung der LandeSvertretung auf ihrer Seite hat. <» Berit«, 12. December. Der glückliche Gedanke, das Interesse für den ostasiatischrn Markt und die Kenntniß der dortigen Bedürfnisse in den deutschen Handels- und GewerbSkreisea durch eine gewerblich-kommerzielle Expedition nach Ostasien zu befruchten, ist um ein er hebliches Stück auf seiner Bahn wieder vorwärts gebracht worden. Gestern Vormittag fand im ReichSamt deS Innern eine Conferenz der Vertreter derjenigen Handelskammern und wirthschaftlichrn Vereine und einzelnen Vertreter der Industrie statt, welche sich mit Beiträgen an den Kosten der gedachten Ostasiatischen Expedition betheiligen werden. Ferner nahmen an den Besprechungen Tbeil Vertreter derjenigen Behörden, die ebenfalls in der Lage gewesen sind, ihr Interesse an der Durchführung jenes Planes durch materielle Förderung zu betheiligen, so des ReichSamtS de» Innern, deS Handelsministeriums und der sächsischen Regierung, schließlich diejenigen Herren, die bereits für die Theilnahme an der Expedition designirt sind. Der Zweck der Versammlung war, allen Betheiligten nochmals Gelegenheit zu geben, ihre Meinungen über Zweck und Ziele der Expedition und die Mittel, diese zu erreichen, eingehender zu äußern. Dem Vernehmen nach ist dieser Zweck vollständig erreicht worden, und wir begleiten daS Unternehmen taber mit den besten Wünschen. E- ist die» das erste Mal, daß aus diesem Gebiete daS Laienelement in so hervorragender Weise ru allgemeinen Handels- und wirthschaflSpolitiscken Unternehmungen unter Beihilfe von Reichs- und Staatsmitteln betraut wird. * Berlin, 12. December. Theodor von Wächter, der ehemalige württembergische PredigtamtScandidat, welcher sich später der Socialdemokratie anschloß, auch für diese für den Reichstag candidirte, soll, wie gemeldet wurde, in Zürich wegen Sittlichkeitsvergehens verhaftet und nach der Irren- anstatt Burgbölzli gebracht worden sein. Demgegenüber schreibt die „Post", daß Wächter bereit« seit vier Wecken in der genannten Irrenanstalt behufs Beobachtung seines Geisteszustände» sich befindet. Seit Ea^e Mai d. I. besand er sich in einem Zustande, der schließlich seine Nerven gänz- lich zerrütten mußte. Nachdem von Wächter aus der social demokratischen Partei hinauSgedrängt worden war, gründete er sein „ Sonntag-blatt für freien GeisteSauStanscb". DaS Blatt batte zwar viele Leser, aber nur wenige Zahler; von Wächter Hal dabei 7000 Mark baar zugesrtzt. In Berlin wobnteer, nachdem er seine bekannten Schrippcnvcrsammlungen abgehalten, in einem Hause der Brunnenstraßc auf dem Hof vier Treppen ,n Schlafstelle. Dana mietbete er ein be scheidene» Stübchen Mnlackstraße 38. Tagtäglich wurde v. Wächter von allerhand Leuten, die sich hilfesuchend an ibn wandten, bestürmt, sehr häusia von Personen, welche das ab gepreßte Geld dann in der nächsten Kneipe in Schnaps um setzten. Dabei ließ sich v. Wächter trotz aller Abmahnungen immer wieder bethören; manchmal gab er seine letzten Groschen bin, so daß er dann selber hungrig zu Bette ging. Anfang Juni d. I. verließ v. Wächter Berlin und ging zu einem Vetter, dem Pfarrer Wächter, nach Bockenbeim, wo er sich angeblich vom Spiritismus, dem er sich in Berlin zugewandt batte, bekehrt. Von Bockenbeim ging er wieder nach der Schweiz, verfiel dort in eine Nervenkrankheit und kehrte leidend zu seinem Vater, dem VrrsicherungS-Director I)r. zur. O. v. Wächter, nachdem dieser sich mit seinem kranken Sohn« vollständig au«gesöhnt halte, nach Stuttgart zurück. In dem dortigen Hospital weilte er zwei Monate. Al« er sich wieder gesund fühlte, ging v. Wächter nach Zürich zurück, wo er, obwohl selbst hilfsbedürftig, sich wieder in den Dienst der Armen stellte. Sein maßloser Idealismus, seine unsläte Lebens weise, Noth und Widerwärtigkeiten aller Art, wozu noch die oft unberechtigten Angriffe feiner früheren „Genossen" ge hörten, haben zerstörend auf seinen Geist cingewirkt. In den Kreisen, die ihn brandschatzten, wurde v. Wächter spöttisch „der neue Messias" genannt." * Berlin, 12. December. Die Generalcommission der Gewerkschaften Deutschlands hat soeben an die GewerkschaftScartelle Instructionen erlassen, welche sich aus die Controle der staatlichen Gewerbeinspectoren durch socialdemokratische Commissionen beziehen. Die Generalcommission führt aus: „Es sei den Arbeitern heute unmöglich gemacht, bei den von den staatlichen Beamten unternommenen Revisionen ihre Beschwerden anzubringen. Auch zu den Sprechstunden der Gewerbe-Jnspectoren könnten und wollten die Arbeiter nicht gehen. Deshalb sei es nöthig, daß statt des direkten Verkehrs der Arbeiter mit dem Aussichtsbeamten ein indirekter durch Vermittelung der socia- listischen Organisation eingerichtet werde. Die örtlichen Gewerkjchaftscartelle seien vortrefflich dazu geeignet, das Bindeglied zwischen dem Beamten und dein Arbeiter herzustellen. Ohne Gewerk- schastsorganisation sei keine ausreichende Gewerbeinspeclion zu er- warten. Die GewerkschaftScartelle müßten es sich deshalb zur Auf gabe machen, ihre Leitung zu beauftragen, Beschwerden für den Gewerbeinspector entgegenzunehmen oder besondere Lommissionen für diesen Zweck eins,Pen. Wo ein Gewerkjchaslscartell »och nicht vorhanden sei, solle ein solches gebildet werden, oder eS müßten die am Orte domicilirenden Gewerkschaften eine freie Commission mit diesen Ausgaben betrauen." Um es allen Gcwerkschaftscartellen und Beschwerde commissionen möglich zu machen, die oben charakterisirte „Verbindung" mit dem Gewerbeinspector cinzuleiten, ver sendet die Generalcommission ein Verzeichniß sämmtlicher Gewerbeinspector«« an die Cartelle mit der Maßgabe, un gesäumt in Verkehr mit den Beamten zu treten. — Zutreffend bemerkt hierzu die „Nat.-Ztg.": „Wie sehr den socialistischen Führern der Kamm geschwollen ist, geht daraus hervor, daß sie eS für selbstverständlich kalten, wenn ein staatlich be soldeter B.amter durch ein Eingehen auf die Wünsche der ausnabmsl-o unter so ialistischem Einfluß stehenden Gewerk- ichailv.artc : die Ziele ker revoluiionuiren Socialvemokratie fördert, locan darf hoffen, daß diese socialistischen An maßungen und die Urbergriffe in die Rechte der Gewerbe- injpectvren von diesen entschiede» zurückgewiese ' werden." V. Berlin, 12. December. (Telegramm.) Der Kaiser körte heute Vormittag von 9»/« Uhr ab den Vortrag des Chefs des Generalstabe» General- Grafen von Schliessen und arbeitete anschließend daran längere Zeit mit dem stell vertretenden Chef des Militaircabinets Obersten v. Villaume. V. Berlin, 12. December. (Telegramm.) Zu der heute Abend beini Uatserpanr im Neuen Palais stattfindenden musikalischen Unterhaltung sind auch die Präsidenten des Reichstags und beider Häuser des Landtages geladen. (-) Berlin, 12. December. (Telegramm.) Der Kaiser stattete heute Vormittag dem russischen Botschafter einen Besuch ab. (-)Berlin, 12. December. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." kann die Nachricht, daß gegen die „Deutsche TagcS-Zettung" da» Verfahren wegen Beleidigung des StaatSfecretairs von Marschall eröffnet sei, mit dem Hinzufügen bestätigen, daß eS sich um einen Artikel der Morgenausgabe vom 6. November bandelt und daß der Strafantrag vor dem Processe Leckert-Lützow gestellt war. (-) Berlin, 12. December. (Telegramm.) Die Privat beleidigungsklage vr. Lange'- gegen den früheren Reichs- commissar vr. Peter- wurde auf den Antrag deS VertheivigerS PeterS' mit Zustimmung des K.ägerS auf den 9. Januar vertagt, vr. Peters befindet sich gegenwärtig in England, legt jedoch besonderen Werth darauf, den Verhandlungen bei zuwohnen. (Die Meldung der „Post", vr. PeterS sei in Berlin eingetrosfen, beruht demnach auf einem Jrrthum. Red. d. „L. T.") Berlin, 12. December. (Privattelegramm.) Der Vorstand des Reichstag- war heute zusammengetreten, um sich über den Bau eines Präsidialgebäudes (Wohnungen für den Präsidenten und für den Director) schlüssig zu macken. Man einigte sich dahin, daß daS Gebäude auf dem fi-calischen Terrain neben dem ehemals gräfl. PourtalöS'schen Palais, nördlich gegenüber dem Reichstagsgebäude, errichtet werden soll. Es soll in den Etat bereits als erste Nate ein Betrag für Ausschachtung und Zeichnung eingesetzt werden. Man hofft, da» Gebäude mit einer Summe errichten zu können, deren Zinsen den MietbSpreiS der bisherigen Prä- sidialwobnung — 20 000 — nicht übersteigt. 8. Berlin, 12. December. (Privattelegramm.) Die Verhandlungen mit den russischen Delegirten über die neuer dings entstandenen Zollschwierigketten zwischen Deutschland und Nutzland sind laut der „Nat.-Ztg." noch nicht beendet, wie in einzelnen Blättern behauptet wird, fondern der Ab schluß wird erst in der nächsten Woche erwartet. 8. Berlin, 12. December. (Privattelegramm.) Die „Nat.-Ztg." berichtet: Zum Proceß veckerl'Lützow nahmen die Berliner Anarchisten in einer gestern abgehaltenen Volksversammlung Stellung. Buchbinder Dempwolf sprach über die politische Polizei vor Gericht. Seme Rede war im Großen und Ganren rin ödes Geschimpfe, er erklärte, daß der Polizeicommissar Bösel einen bekannten Anarchisten als Spitzel anruwerben gesucht habe. Redakteur Landauer bemerkte der Proceß hätte ihn mit der größten Schadenfreude "siillt. DieMacht der politischen Polizei sei bereit» so groß, daß die Gerichte kaum mehr als ihre ausführenden Organe seien. Trotzdem hätten England und Frankreich keine Ursache, fick über das deutsche Spitzeltkum zu entrüsten, sie machten c« um leinen Deut besser. Wozu sich den Kopf um die Hinter- männer zerbrechen, wenn da« System doch fortbestebe. Die Polizei werde sich von ihrer Schlapp, bald erholen; wie sehr I sie auf dem Posten sei, beweise der recht lebendige Schatten, den sie in die Versammlung werfe. Die Versammlung ging ohne Zwischenfall zu Ende. Ein starke« Aufgebot von Criminalbeamten, unter persönlicher Leitung de- Criminal commissarS Bösel, befand sich vor dem Locale. — Dem „Hamb. Corr." wird von hier gemeldet: „In parlamentarischen Kreisen gilt es als feststehend, daß die Justirnovelle bei der dritten Lesung zurückgezogen wird, falls, wie zu erwarten, der Reichstag an dem Beschluß der zweiten Beratbung, wonach die Strafkammern auch in erster Instanz mit fünf Richtern besetzt bleiben sollen, festhält." ^V. Posen, 12. December. (Privattelegramm.) Die An siedlungs commission kaufte das Rittergut TrzemS- chal, Kreis Mogiluo, daS 2000 Morgen groß ist, für 400 000 Mark. * Mulsum b. Bremervörde, 11. December. Der Pastor Dreyer in Selsingen ist, wie wir meldeten, deS Amtes enthoben worden, weil er bei einer Krankencommunion in einem etwas abgelegenen Dorfe der Parochie Selsingen an statt des Weines, den er mitzunehmen vergessen batte, mit Wasser verdünnten Rum genommen hatte. AuS fast allen Dörfern der Parochie Selsingen sind, dem „St. Tgbl." zu folge, Petitionen an da» Consistorium zu Stade de- Inhalts abgefandt worden, ihnen ihren Seelsorger zu lassen. Auch der Familie des Pastors Dreyer sind zahlreiche Briefe der Tbeilnahmc zugegangen. Der Kranke selbst bat keinen Anstoß an der Art und Weise der AuStheilung des Abendmahl« ge nommen. Die Hauptverbandlung gegen Pastor Dreyer findet am 16. December d. I. vor dem Consistorium zu Stade und zwei Mitgliedern der Hannoverschen Landessynode statt. Pastor Dreyer ist dieses Vorfalles wegen auch seine« Amtes als königlicher Schulinspector enthoben worden. 8. vtretz, 12. December. (Privattelegramm.) Als LandtagSabgeorvnete für den städtischen Wahlbezirk wurden heute mit größter Majorität Fabrikant Heinrich Albert und Oskar Otto, als Stellvertreter Schenker und Schubert gewählt. * Karlsruhe, 11. December. Mit einigem Erstaunen hört man, daß die sonderbaren Beschwerden in der ultra montanen Presse gegen die Aufführung des Wilden- bruch'schen Stückes „König Heinrich" den Erfolg gehabt haben, daß da» Stück nun wieder zurückgelegt wurde, nachdem eS drei AbonnenientS-Abtheilungen durchgemacht hat. — Dir bundeSrätbliche Entwurf einer Verordnung über dieAnstellung von Militairanwärtera imGemrindr« dienst wird auch den im nächsten Jahre hier zusammen tretenden badischen Stadtetag beschäftigen. Der hiesige Stadtrath hat eine an da- Ministerium de« Innern zu richtende Denkschrift au-gearbeitet, in der entschieden Stellung gegen den Entwurf genommen wird, da er nicht nur in die Selbstverwaltung ver Städte einareife, sondern auch geeignet sei, den Gemeindedienst zu verschlechtern und zu ver« tbeuern und Conflicte zwischen den städtischen und staatlichen Behörden herbeizuführen. — Laut dem Hofbericht der „KarlSr. Ztg." trifft die Kronprinzessin von Schweden am 13. d. M. auf Schloß Baden zum Besuche ihrer Clteru rin. * Schwäbisch-Gmünd, 11. December. Bei der heutigen Landtags-Ersatzwahl erhielt Rector Klau- (Centr.) 2227, Pfarrer Schwarz (ebenfalls Centrum) 1928 und Schriftsteller BloS (Soc.) 892 Stimmen. Es ist Stichwahl zwischen den beiden CentrumScandidaten erforderlich. Stuttgart, 11. December. Ueber den vielgenannte» Criminalconimissar v. Tausch wird dem hiesigen „Neuen Tagblatt" auS Ulm geschrieben: „v. Tausch ist in Neu-Ulm, wo er Premierlieutenant beim 12. bayerischen Infanterie regiment war, noch wohl bekannt; auch hier in Ulm hat er verschiedene Andenken hinterlassen. Einem Juwelier schuldet er nock zwei werthvollc Brillantringe. Als der Gesckäft-mann vor einigen Jahren Herrn v. Tausch, der in Berlin ei» beträchtliches Einkommen batte, mahnte, lehnte der Schuldner unter Berufung auf die Verjährung die Bezahlung ab. Mit der in Berliner Blättern zu lesenden Nachricht, Herr v. Tausch habe in letzter Zeit alle seine Schulden bezahlt, steht eS also „windig". * Aus Bayern, 10. December, schreibt man der „Franks. Ztg.": Der Fall Tausch bat hier Erinnerungen an alte Geschichten wachgerufen, deren Held ein Oheim des Eriminalcommissar- war. Dieser Onkel, der 1866 Oberst deS 3. ChevauxlegerS-Regiment- war und 1870 den Krieg als Commandeur der Kürassierbrigade mitmachte, war wegen mysteriöser Attentate, die angeblich auf ibn verübt wurden, wiederholt in Aller Munde. DaS erste dieser Attentate ereignete sich 1866 kurz vor Ausbruch des Krieges im Lager von Schweinfurt, wo damals die bayerische Armee zusammengezogen war. Die „Allg. Ztg." vom 17. Juni 1866 berichtete darüber: „Am IS. Juni gegen S Uhr Abends wurde Oberst von Tausch, Commandeur de« 6. Ebevauxlegers-Regiment«, drei Männer außer- halb Geldersheim gewahr, die sich über militairische Verhältnisse be- sprachen. Einer sagte, der S d hat, wie r« scheint, uns be ¬ lauscht. Der Oberst folgt« einem dieser Männer, die sich vorher getrennt haben. Der Mann drehte sich um und fragte: „Was wollen Sie?" „Bon Ihnen nicht«." „Für was halten Sie mich?" „Für einen französischen (I) Spion!" Jener zog aus dem Rock einen sogenannten Lodlschläger nnd führte einen Streich »ach dem Kops« des Obersten. Dieser konnte den Streich mit dem Säbel »och pariren, erhielt aber mit dem Instrument sofort «inen so kräftigen Schlag auf di« Brust, daß Bluterguß au» dem Munde erfolgt. Die am Ort- de« Vorgang»« zurückgelassenen und bald ansgesundenen Werkzeuge sind dem Untersuchungsrichter übergeben worden. Tausch ist nicht in Lebendgefahr." In späteren Berichten wird der Attentäter, von dem man nicht« mehr gekört hat, al« „norddeutscher" und „preußische." Spion bezeichnet. Man war vielfach der Ansicht, das Attentat fei fingirt worden, Tausch habe sich vor dem Kriege ge fürchtet. Die Sache war fast vergessen, als Tausch an ter Spitze einer Brigade 1870 in den Krieg zog, aber man er innerte sich ihrer bei der Kunde «ine- neuen Attentats, da« in Frankreich auf den General von Tausch verübt sein sollte. Auch dieser Vorfall blieb rin Räthsel, des gleichen eia dritte« Attentat in München nach dem Kriege. Gegen da« Gerede, da« sich an diese Vorgäug
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