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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.12.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961229027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896122902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896122902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-12
- Tag1896-12-29
- Monat1896-12
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Gratzere Schriften laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Ziffern sitz nach höherem Taris. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morn»»-Ausgabe, ohne Postbesörderung vO, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für ^«zei-rn: Abeub-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. s>7»rge»-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet« an di« Expedition zu richte». —»-o»» > Druck «nd Verlag von T. Polz in Leipzig. 880 Dienstag den 29. December 1896. SO. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 29. December. Daß die verschämt demokratische „Boss. Ztg." mit ihrem Strampeln und Sträuben gegen Mehrausgaben für «Uttairtsche Zweck« einsichtige Beurtheiler auS dem eigenen Leserkreise vor den Kopf stößt, haben wir gestern an einem charakteristischen Beispiele nachgewiesen; heute ersehen wir auS der minder verschämt demokratischen „Franks. Ztg.", daß diese- Blatt mit seinen Bedenken gegen Mehrausgaben für Marinezwccke in den Kreisen seiner „ge treuen" Leser gleichfalls auf Mangel an Berständniß trifft. Obgleich die „Frankf.Ztg", seitdem der Marine-Etat bekannt ist, mit der Miene deS den geschäftlichen Ruin vor Augen sehenden HauSvaterS vor der Bewilligung so großer For derungen eindringlich gewarnt bat, sieht es sich jetzt durch die Rücksicht auf seine deutschen Leser im Auslande genöthigt, die folgende Zuschrift auS Beirut (Syrien) abzudrucken: „So eifrig andere Nationen ihre Flagge zeigen, so stetig glänzt Deutschland durch Abwesenheit. Seit 18 Jahren ist kein deutsches Kriegsschiff mehr in Beirut gewesen, wenn man von der „Loreley" absieht, dem winzigen alten Raddampfer, der alle Jahre zwecks Recru« tirung Beirut anlief und in der übrigen Zeit Deutschland als „Stationair" in Konstantinopel vertrat. (Die „Loreley" ist bekanntlich durch ein anderes, aber ebenfalls kleines Schiff ersetzt worden. D. Red.) Bei dem Umstande, daß es Deutsch land gelungen ist, den französischen Handel aus Syrien völlig her auszudrücken, und daß Deutschland dasselbe mit dem österreichischen Handel zu thun mit Erfolg bemüht ist, kann es nur sehr bedauert werden, daß sich in Beirut nur alte Leute erinnern können, ein dentschrsKriegsschisf gesehen zu haben. Die Kriegsschiffe sind dem Araber fast der alleinige Maßstab für die Bedeutung und Stärke eines Staates. Unserem so überaus fleißigen deutschen Handel in Syrien würde jedenfalls sehr damit gedient sein, wenn hie und da einmal die deutsche Flagge gezeigt würde. Möge der Staat, der seinen hohen Beamten und seiner conjularischen Vertretung im Auslande Repräsentationskosten zahlt, doch nicht vergessen, daß auch ihm selbst die Pflicht der Repräsentation obliegt, und dies besonders da, wo deutschem Handel Nutzen daraus erwächst." Wir glauben nun allerdings nicht, daß die „Frankf. Ztg." durch solche und ähnliche Zuschriften sich belehren lassen wird; der demokratische „Ehreucodez", nach dem dieses Blatt sich trotz seine- Eifernd gegen Ofsiciere und andere Leute, die dem Aberglauben an besondere Standesehre huldigen, gewissen haft zu richten pflegt, gestattet kein Abweichen von der FractionSdoctrin. Aber es wird auch genügen, wenn ein so „unentwegt" demokratisches Blatt seine eigenen Mahnungen gegen die unverkürzte Bewilligung des Marine-Etats mit der Veröffentlichung ähnlicher Zuschriften abwechseln läßt. Für schwankende Gemüther in den Reihen der nationalen Fractionen ist es jedenfalls lehrreich, wenn die deutschen Leser demokratischer Blätter im Auslande für deS Reiches Pflichten und Interessen einen klareren Blick bekunden, als ihre Leiborgane im Vaterlande. Ja der FesttagSdürre bat ein Privatkameralist die Ein-1 führung des Zünvhülzermonopol« empfohlen, wermutblich um I der ReichStagSmehrheit zu schmeicheln, der es doch wohlthun muß, zu sehen, daß man ihr noch irgendwo etwas Derartiges zutraut. Namentlich jetzt, wo ihr Selbstbewußlsein durch das Ende der Justiznovelle etwas schadhaft geworben ist. Den Anstoß zu dem Vorschläge bot eineEi ngabe derVerein igung deutscher Feuerwehr-Versickerungsgesellschaften an den BundeSralh. Diese wünscht eine Besteuerung der Zünd hölzer, um dem Publico ein vorsichtigeres Umgehen mit diesen treuen Begleitern des Menschen zu einer für dessen Geldbeutel angenehmen Pflicht zu machen. Man hat schon mit Recht eingewendet, baß die Versicherungsgesellschaften hiermit auf ein untauglickeS Mittel Hinweisen. Eine empfindliche Vertheuerung des unentbehrlichen Gebrauchs gegenstandes durch den Staat wird man am allerwenigsten m einem Lande wollen, wo eine mäßige Mehrbesteuerung von Genußmitteln bei mehrfachen Anläufen nicht durchzu setzen war, und eine geringe Auflage auf den billiger und immer billiger werdenden Lichterzeuger bietet keinen Anreiz zu sorglicherer Behandlung. Wa- daSZündhölzermonopol angeht, so ist zu seinem Gunsten angeführt worden, daß e- geeignet sei, die gesundheitlichen Gefahren der Streichhölzer-Production zu beseitigen. Dieser Zweck läßt sich jedoch ohne Verstaatlichung erreichen und muß mit der Verstaatlichung nicht nothwendig erreicht werben. Es handelt sich in diesem Betracht um die PhoSphorhölzer. Der Staat kann auch diese Herstellen und er kann ihre Erzeugung ohne Monopol durch Gesetz verbieten. Die Verstaatlichung der Gesammtproduction wäre jedenfalls ein schärferer Eingriff in das Bestehende, als das Verbot von Zündhölzern von einer gewissen Beschaffenheit. In der Schweiz ist vor einiger Zeit auch diese mildere Maßregel in einer Volksabstimmung verworfen worden. Frankreich hat nach dem letzten Kriege daS Zündhölzermonopol lediglich auS fiScalischen Rücksichten eingeführt. Der nächstjährige preußische Etat wird in Einnahme und Ausgabe mit mehr als zwei Milliarden absckließen, und Leute, die sich gern in Zahlen berauschen, knüpfen an diese Ziffern allerhand Betrachtungen über die Großartigkeit der Zeit. Die Sache ist indessen erheblich bescheidener, al- sie auS- sieht. Der preußische Etat ist vor Allem gemäß der Vorschrift der Verfassung ein Brutto-Etat, d. h., es müssen alle Ein nahmen und Ausgaben in denselben eingestellt werden. Während man im Reichsetat, der ein Netto-Etat ist, bei den ReickSeisenbahnen z. B. nur den Ueberschuß der Ein nahmen über die Ausgaben sieht, erblickt man im preußischen Etat Eisenbahn-Einnahmen in der Höhe von etwa einer Milliarde, denen aber ungefähr 600 Millionen Mark als Ausgaben gegen überstehen, so daß daS Greif- und Genießbare de« Postens sich nur auf 400 Millionen Mark beläuft. Auch bei den Verwaltungen, die, wie di« Justizverwaltung, „passiv" sind, figuriren große Einnahmen, daS Nettoergebniß ist aber daS Erforderniß eines Zuschusses. Außerdem weist daS preußische Budget eine Anzahl durchlaufender Posten auf, die eine zum Theil ganz zwecklose Reise durch die Rechnung machen. Dahin gehören vor Allem die Ueberweisungen deS Reiches, denen aber die Matricularbeiträge gegenüberstehen; beide werden voll eingestellt. Legt man alle Schaugerichte weg, i so bleibt ein mit höchsten- einer halben Milliarde in Ein- ! nahmen und Ausgaben balancirender Etat übrig. Diese I Klarstellung, die übrigens neuerdings von Amts wegen in einem beigegebenen Netto-Etat erfolgt, ist für Vergleiche mit den Budget- anderer Staaten nicht unwichtig. Große- bat der Tentschc Lchulvercin in Wien, wie ein Rückblick auf seine Thätiakeit während der beiden letzten Jabre ergiebt, im Kronlande Mähren geleistet, wo neben 663 ll9 Deutschen 1 L9k 562 Slawen leben. 128 Ortsgruppen, da runter 19 Frauen- und Mädchen-Ortsgruppen, mit zusammen 13 011 Milgliedern haben während der Dauer des Vereins bestandes bis Enke 1895 nicht weniger als 429 855 fl. an die Casse der Centralleitung abgeführt. Wenn auch ein Gauverband in Mähren bisher nicht ins Leben ge rufen worden ist, so haben doch acht Ortsgruppentage dafür Zeugniß abgelegt, daß Mähren in der nationalen Schutzarbeit der Deutschen in Oesterreich hervorragenden Antheil nimmt. Der Schulverein erhält jetzt in Mähren 5 Volksschulen mit 11 Classen (Eisenberg, Pawlow, Freiberg, Butsckowitz und Mährisch-Budwitz) und 12 Kindergärten mit 16 Abtheilungen (Eisenberg, Freiberg, Königsfeld, Kremsier, Leipnik, Lnndenburg, Mährisch-Weißkirchen, Nennowitz, Proßnitz, Ungarisch-Hradisck, Wallachisck-Meseritsch und Wisckan). 4 Vereinssckulen (Kolleredo, Schreibendorf, Paulo witz bei Olmütz und Königsfeld bei Brünn) und 1 VereinS- kindergarten(in Priwoz) wurden von den betreffenden Gemeinden übernommen. Weiter wurden 5 Schulen und 10 Kinder gärten subventionirt. Die Vereinsschulen werken gegenwärtig von 560, die subventivnirten Schulen von 1216, die Vereins kindergärten von 868 und die subventivnirten Kindergärten von 798 Kindern besuckt, so daß infolge der Schulvereins- bilfe 3442 Kinder deutscher Zunge in Mähren deutschen Unterrickt erhalten. Im Ganzen hat der Wiener Schul verein bis Ende 1895 für Mähren 647 275 fl. aufgewendet, nämlich für Errichtung und Erhaltung von Schulen 180 288 fl., für Errichtung und Erhaltung von Kindergärten 101 260 fl., fürSubventionirung von Schulen 65666fl.,fürSubventionirung von Kindergärten 55 883 fl., für eigene Schulbauten (9 Schul häuser) 118 134 fl., für Bauunterstützungen 47 940 fl., für die Pension-Versicherung von Lehrpersonen 36 278 fl., für verschiedene Unterstützungen (Bibliotheken, Lehr- und Lern mittel, Ehrengaben, SchuleinrichtungSaegenstande u. s. w.) >1« 826 fl. So viel aber auch für Mähren geschehen ist und noch geschieht, eS gilt noch größere Anstrengungen und noch schärfere Wachsamkeit, um der immer dreister werdenden tschechischen Propaganda erfolgreich be gegnen zu können. So verlangen die Führer der Tschechen in Mähren und Schlesien immer wieder mit großem Nachdruck die Gründung einer zweiten tschechi schen Universität in Brünn, nicht weil eine solche Hochschule ein Bedürsniß ist, sondern weil man durch sie die Slawisirung der zu 70 Procent deutschen Landeshauptstadt zu erreichen hofft. Wie überflüssig aber eine zweite tschechische Universität ist, geht au- folgenden That- sacken hervor. Die acht tschechischen Gymnasien in Trebitsck, Prerau, Troppau, Ungarisch-Hradisch, Wallachisch- Meseritsch, Kremsier, Olmütz und Brünn hatten bei einer Schülerzahl von 3168 im letzten Schuljahre nur 151 Abitu rienten. Von diesen besuchten überhaupt keine Universität 49; sie gingen nach beendigter Gymnasialzeit zur Post, zur Bahn, auf die technischen AnstaUen oder traten zum Militair oder in den Handelsstand über. 57 weitere Abiturienten gingen in Priesterseminare, besonders in da- zu Olmütz, nur 45 widmeten sich Universitätsstudien. ES würde also eine neue tschechische Berlin nichts Besseres vorhätte und mit ihrer Gesellschaft vorlieb nehmen wolle, so sei ich natürlich, wie immer, herz lich willkommen. Ich konnte mir denken, wie schwer ihm diese Zeilen ge worden waren. Sein Wunsch, mich bei sich zu sehen, kreuzte sich mit dem Verlangen, da- Fest nicht ohne Nora zu ver leben, und wenn ich kam, lief die Schwester meiner Schwägerin ja entschieden davon. Wahrscheinlich waren die Schwestern zu Weihnachten noch ni« getrennt gewesen und die Verlegen heit deS armen Jungen daher nicht klein. Nun, ihm konnte geholfen werden. Jetzt, da ich die Situation kannte, wußte ich sie auch geschickt zu beherrschen und schrieb nach weiser Ueberlegung folgenden Brief: „Mein lieber Ernst! Gern würde ich da- Weihnachtsfest mit Euch verleben, doch weiß ich noch nicht, ob ich in dep Lage sein werde, eS zu thun. Mich beschäftigt hier eine An gelegenheit, die so zarter und diScreter Natur ist, daß ich lelbst Dir gegenüber sie kaum mit einem Worte zu berühren wage. Aber ich weiß ja, Du bist treu und verschwiegen, und wirst mein Geheimniß kaum Deiner eigenen Frau ver- rathen, viel weniger aber noch ankeren- Leute». Ich h-be eis Wesen gesehen, rin herrliches Geschöpf, da« früher oder später niein Eigeathum werde» muß. Ich sehe sie täglich, beobacht« sie Stunden lang und mache au« meiner Bewunderung durckau- kein Hehl. Von Dreien, welche sich ernstlich um sie bewerben, hab« ich entsckieden die meisten Chancen, aber das entscheidende Wort ist noch nicht ge sprochen. Hindernisse aller Art stellen sich ihrem Besitz ent gegen und auch die pecuniär« Frage ist noch nickt ganz zur Zufriedenheit gelöst. Aber einst wird sie mein sein, und wenn ich sie nach Horst bring«, soll sie Euer Aller Entzücken erregen. Sie beißt „Violet", ist Engländerin von Geburt und Erziehung, hat einen tadellosen Stammbaum und wirkt geradezu bezaubernd durch ihre Sckönheit unk Grazie, ihr lebhaftes, feurige« Temperament. Mehr darf ich vor der Hand nicht verratken und bitte Dich, auch keinerlei Fragen zu thun, — ich könnte und würde si« Dir doch nicht br antworten. Daß die Sache mich etwas erregt, kannst Du Dir denken; ich leide alle Oualen der Ungewißheit, und ob ick unter diesen Umständen in ker Stimmung sein werde, Berlin zu verlasse», weiß ich wirklich nock nicht; jedenfalls braucht Jbr auf mich keinerlei Rücksicht zu nehmen, und wenn ich Universität von kaum 200 Studirenden besucht werde», während eine deutsche Universität in Brünn auf 400—500 Studenten allein aus Schlesien und Mähren rechnen könnte, wozu noch viele aus Niederösterreich, auS Galizien und dem angrenzenden Böhmen kommen würden. Durch eine deutsche Hochschule in Brünn würde auch die ungemein stark besuchte Universität in Wien entlastet werden. Gegen die tschechischen Hockschulgelüste heißt es vor allen Dingen Front machen unk ie sollten darum nicht in letzter Linie ein Ansporn zu all- eitiger Unterstützung des deutschen SchulvereinS sein. Die Aeußeruugen Cecil Rhodes' in Eapstadt verdienen noch unter einem bisher zu wenig betonten Gesichtspunkte Beach tung. Wir haben schon auf den auffälligen Ton hingewiesen, in welchem der ehemalige Premier von England und den Engländern redet. Er spricht von ihnen spöttisch, ironisirt ihre Eigenschaften, behandelt die parlamentarische Unter suchungscommission nicht gerade mit besonderem Respekte und fühlt sich überhaupt nicht sowohl dem Mutterlande gegenüber verantwortlich, wie als eine eigene und selbstständige M a ck t. Betrachtet man in diesem Lichte seinen südafrikanischen Conföderationsplan, so muß man sagen, daß in ihm die Keime einer künftigen LoSreißung Südafrika« von England unverkennbar liegen. Sicherlich wird Rhodes Englands Geld und Truppen zur Entwickelung der un geheuren, meist noch unerschlossenen Gebiete —, wie Rhodesia, Betschuanaland, das Reich Khama's, zunächst noch weiter be nutzen. Für die zukünftige Entwickelung seiner gewaltthätigen Politik aber hat sich dock England ihm und Jameson al-einHinder- niß gezeigt. England ist gegenüber Transvaal, aus dessen Herab drückung Rkoke« binarbeitet, durch Verträge gebunden, die mit seiner Herrschaft hinfällig würden. Daß man auch in England derartige Hintergedanken aus Rhode-' Aeußeruugen heraus liest, beweist der sehr küble Empfang, den z. B. dre „Time-" dem von ihnen noch vor Kurzem so begeistert verehrten Manne bereiten. Es ist Wohl nicht nur eine zufällige Wendung, wenn sie betonen, für England könne e« nur erwünscht sein, wenn Rhodes den Norden Südafrika- entwickeln. Die Frage ist eben, ob England die Früchte davon ernten wird. Petersburger Blätter veröffentlichen den Wortlaut eines zwischen der chinesischen Regierung und der russisch chinesischen Bank abgeschlossenen Vertrag«, der sick unter der harmlosen Bezeichnung der vom Zaren genehmigten „Statuten der Gesellschaft der chinesischen Ostbahn" einführl, in Wirklichkeit aber nicht weniger bedeutet, al- di« thatsäch- liche Abtretung des größten noch zu China gehörigen TheileS der Mandschurei an Rußland. Der Zweck de« Vertrage- ist der durch eine Zweiggesellschaft der ge nannten Bank zu bewirkende Bau und Betrieb einer Eisen bahn innerhalb der Grenzen China« von einem der westlichen Grenzpuncte der Provinz Hei-Lun- Zsjan bi« zu einem Puncte der Ostgrenze der Provinz Kirin und zur Vereinigung dieser Bahn mit den Zweigbahnen, welche die russische Regierung von der Tran-baikalischen und Süd - Ussuri - Bahn M chinesischen Grenze führen wird. Wie auS den Statuten der Gesellschaft hervorgeht, ist die russisch-chinesische Bank, mit der die chinesische Negierung den Vertrag abgeschlossen hat, nur ein Werkzeug in den Händen der russischen Regierung. Alle ihre Handlungen werden durch den russischen Finanzminiftrr controlirt, er spricht da« letzte Wort bei Differenzen mit den komme, so bin ich entschieden vor der Bescheerung da. Vielleicht also auf Wiedersehen! Grüße Frieda. Dein Bruder Wolf." Diese- Schriftstück, da-, wörtlich genommen, keine einzige Unwahrheit enthielt, that seine Wirkung, und wa- ich be zweckt und erwartet hatte, geschah: Ernst theilte da- tiefe Geheimniß nickt nur seiner Krau, sondern auch seiner Schwägerin mit, schon um letzter« auf jrdea Fall zum Bleiben zu bewegen — und als die junge Dame an meine Unschädlichkeit nickt gleich glauben wollt«, zeigte er ihr sogar meinen Brief. Darnach beruhigten sich die Schwestern voll kommen, und al« ich, wie e« von Anfang an meine Absicht gewesen war, an» heiligen Abend in Burgau eintraf, fand ich Alles genau so, wie ich eS heimlich geplant und ge hofft hatte. Doch nein — eine Ueberraschuna, und zwar eine sehr angenehme, ward mir zu Theil. Di« Schwester meiner Schwägerin glich dieser auch nicht in einem einzigen Zug, und als ick, nach einer tiefen Verbeugung, zum ersten Mal die Augen zu ihr erhob, gewahrt« ich kein blaffe-, blondes Jungfräulein, sondern eine reizende Brünette mit dunklen, sammetartigen Augen, kurzgelocktem, schwarzem Haar und Zügen, welche etwa« an diejenigen de- neapolitanischen Knaben von Richter erinnerten. Nur feiner, durchgeistigter unk schelmischer erschienen si«, und Letzter«- trat besonder« hervor, als sie mir nun die Hand entgegenstreckte und mit der liebenswürdigen Sicherheit einer Weltdame sagte: „Ick freue mich, Sir endlich kennen zu lernen, Herr v. Westritz." „Kleine Heuchlerin!" dachte ich, aber ich sagte natürlich ganz etwa« Andere« und benahm mich so, wie man e« von eine», gesitteten Menschen verlangen kann. Andere Freund« und Verwandte waren wirklich nicht da, aber e« war nur um so gemiithlicher dadurch, und wir absolvirten da« Karpfenessen und die Leutebesckeerung in bester Laune. Dann bauten wir unter dem großen Tannenbaun, im Salon den beiden Damen auf, und meine kleinen Geschenke fanden vielen Beifall. Ich war den ganzen Abend abwechselnd lebhaft und still, denn um meiner Rolle ganz gerecht zu werden, mußte ich zuweilen die träumerische Venunkenheit eine« Btrlirhtrn copiren, um mich dann, nach einem scheinbar ganz gewalt samen Aufraffen, wieder der Unterhaltung zuzusvrnden. — Dabei bemerkte ich sehr wodl, wie Ernst mit einem halb ärgerlichen, halb besorgten Äu-druck in dem guten braven F-urll-tsn. Die Zchwester meiner Schwägerin. 2) Novelle von Germaois. SischLruck verboten. Ellen lachte laut auf. „Eine weise Wahl, liebe Nora; Nur schade, baß Herr von Wissmann schon eine Frau hat, Du ibn also nicht mehr heirathen kannst!" „Heirathen!" Die Stimme klang ganz erschreckt. „Nein, Ellen, so anspruchsvoll bin ich nicht. Etwas, daS man ver ehrt und bewundert, wofür man sich interessiren und be geistern kann, muß jeder Mensch haben — aber Du kennst ja den schönen VerS: — Di« Sterne, die begehrt man nicht, man freut sick ihrer Pracht." „O", rief Ellen, „nun wirst Du auch noch sentimental, Du, die Kluge, Kühle, wer hätte da« gedacht, und dabei ver schwendest Du Haß und Liebe an zwei Unbekannte, die von Deine» Gefühlen nickt das Geringste ahnen." „Ich wünschte, Ernst sagte seinem Bruder, daß ich nicht« von ihm wissen will", meinte Nora nun laut und ärgerlich. „Ich bat ibn darum, aber er war natürlich viel zu feige, um es zu thun. In seinen Augen ist Jener «in wahrer Halb gott, und er begreift nicht, daß ich gelobt habe, jedes Mal davon zu laufen, wenn sein Bruder »ach Horst oder nach Burgau kommt." „Das begreife ich auch nicht, Nora. Wie lange glaubst Du das denn durchsetzen zu können?" „Bis Einer von un- Beiden sich verlobt bat." „Aber daS kann noch lange dauern." „Sehr wahrscheinlich." „Und bis dabin willst Du Deinen Geschwistern den Spaß verderben und die Gemüthlichkeit rauben? Ich finde da wirklich nicht schön von Dir, Nora." „Mag sein, aber ick befinde mich auch in einer unerträg licken Lage, lieber all' den, Gerede verliert man die Un besaugenbeit und ärgert sich über die Geschichte mehr, al« nothwendig ist." AuS dem weiteren Gespräch ersah ich, daß die Damen nach Berlin gekommen waren, um Weihnachtsbesorgungen zu machen, sich zufällig getroffen hatten und bald wieder in ver schiedener Richtung nach Hause zurückkehren wollten. Ich hatte unwillkürlich geglaubt, sie würden, wie ich, beim Zoologischen Garten auSsttigen, aber schon bei Station Thiergarten sprangen sie unerwartet auS dem Wagen, und ich konnte nicht daran denken, ein Gleiche- zu thun, denn ich wurde bei einer bekannten Familie, die ungemein pünkt lich und penibel war, zu Tisch erwartet, und hatte keine Minute mehr zu verlieren. Aber auch ihr Anblick wurde mir durch eine heranstürmende Gruppe von Fahrgästen gerade im besten Augenblick entzogen, und ich sah daun nur noch zwei eilig verschwindende Gestalten mit Boa- und großen Hüten, von denen ich keinen anderen Eindruck empfing, al« daß sie groß, elegant und schlank waren. Die Eine von ihnen hatte, wie mir schien, hellblondes Haar, und die« mochte wohl meine enragirte Feindin, die Schwester meiner Schwägerin sein — aber bestimmt konnte ich auch daS nicht sagen, und verdrießlich sank ich wieder auf meinen Sitz zurück. Am Abend war ich etwas zerstreut. Zwischen dem Lachen und Plaudern meiner Freunde hörte ich immer wieder Nora'S Stimme, die mir, trotz der stellenweise sehr spöttischen Färbung, ungemein sympathisch «nd wohllautend schien, und dachte über die w«nig schmeichelhaften Be merkungen nach, welche ste, kalt lächelnd, über mich gemacht hatte. Während ich glaubte, ihr gegenüber die Defensive ergreifen zu müssen, um mir die goldene Freiheit zu wahren, hatte sie mich von vornherein, und zwar sehr energisck, abgelehnt und machte bei jeder Gelegenheit Front gegen mich. Das ärgerte mich, aber e« gefiel mir auch, und ihr Bor- urtheil konnte ich ihr nicht als Verbrechen anrechnen, denn ich hatte gedacht und gehandelt wie sie — nun wollte ich si« aber doch kennen lernen, wollte sie von Angesicht ru Angesicht sebrn und ihr nach und nach von Wolf von Westritz «ine bessere Meinung beibringen. Ja, auch rin wenig Strafe verdiente der kleine Trotzkopf meiner Meinung nach, und je mehr ich über da« von ihr Gehörte nachsann, um so mehr befestigte sich der Gedanke in mir: Rache — um jeden Preis, Racke ist füß! Ein paar Tage später hatte ich «inen kühn«» Plan ge faßt und ein Bries meine- Bruder- gab mir sogleich di« er wünschte Handhabe zur Ausführung desselben. Ernst fragte nämlich sehr diplomatisch b«i mir an, ob ich Weihnachten nach Hause kommen und den heiligen Abend bei ihnen verleben wurde. Sie wären allerdings ganz allein und auck in der Gegend seien nicht so viel gesellige Zu sammenkünfte zu erwarten wie sonst — wenn ich aber in
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