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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.05.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990503029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899050302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899050302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-03
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Weines hinunter, ohne die in seinen: Innern brennende Gluth löschen zu können. Nach aufgehobener Tafel begann man zu spielen, und je mehr sich die Köpfe erhitzten, je höhere Einsätze wurden gewagt, und die Goldstücke rollten über den Tisch, als wären es werthlose Rechenpfennige. Man spielte mit einer Leidenschaftlichkeit, die deutlich zeigte, datz man nicht mehr vollständig Herr über seine Vernunft war. Die Einzigen, die kühl blieben und über geringe Einsätze nicht hinausgingen, waren Stanislaus und Wilm, die sich schließlich ganz zurückzogen und sich in einem Nebenzimmer niedersetzten, um sich miteinander zu unterhalten. Dagegen pointirte der alte Herr von Tarden mit geradezu unsinnigen Summen, die in Anbetracht seiner mißlichen Ver mögensverhältnisse unerhört waren. Je weniger hold sich das Glück ihm zeigte, um so erregter wurde er, um so waghalsiger spielte er, in der Hoffnung, Fortuna endlich »doch zu seinen Gunsten zu zwingen. Aber sie blieb ihm konsequent untreu und überschüttete dagegen den Fürsten mit ihrer vollen Huld. Gold stücke und Cassenscheine, Zettel, auf denen mit flüchtigem Blei- stiftgekritzel Zahlen vermerkt waren, häuften sich vor Fürst Diet rich an, und je nachlässiger er spielte, um so größer war sein Erfolg. „Durchlaucht haben heute ein wahrhaft unerhörtes Glück", sagte endlich Rittmeister von Raben, der auch zu den stark Mit genommenen gehörte. „Nun, man muß sich damit trösten, daß Fortuna gerecht sein und für Unglück im Spiel Glück in der Liebe gewähren soll. In ihren Jahren, Durchlaucht, wäre ich mit der Ihnen zugefallenen Vertheilung dieser Güter nicht zu frieden!" Raben, der mit seinen Worten unwissend die heute verwund barste Stelle in d<S Fürsten Herzen traf, erntete für seine harm los gemachte Bemerkung einen zornigen Blick des jungen Mannes, der in nervöser Hast das vor ihm liegende Geld zusammenschob, sich erhob und sagte: „Ja, die launische Göttin scheint, abgesehen von allem Anderen, ganz vergessen zu haben, daß ich heute als Wirth die am wenigsten geeignete Persönlichkeit bin, um mich ihrer Gunst erfreuen zu können. Ich denke, wir machen eine kleine Pause und trinken im Nebenzimmer eine Tasse Kaffee. Dann gebe ich den .Herren noch eine kleine Revanche, und es sollte mir eine wirkliche Freude sein, wenn mir das Glück dann den Rücken wenden wollte!" Zustimmend erhoben sich die Herren und gingen in das angrenzende Gemach, eifrig über diesen und jenen wunderbaren Gang des Spieles sich unterhaltend. Auch Leo von Taroen hatte sich erhoben. Er hatte das dumpfe Gefühl, mit seinen heutigen, unerhörten Verlusten sein Schicksal besiegelt zu haben. Wie viel er verloren, er wußte es nicht. Jedenfalls hatte ec eine bedeutende Summe bei sich gehabt, die, nachdem sie verspielt, gering zu nennen war gegen die später auf Zettel notirten Beträge. Er hatte 'sich müde in einen der verstreut umherstehenden Sessel des Nebenzimmers gesetzt und sah düster vor sich hin, während ein Gefühl der Angst auf ihm lag, wie sic ein zum Tode Der- urtheilter wohl empfinden mag. Und wie es einen Verbrecher stets zum Ort seiner That zurückziehcn soll, so zog es auch Leo von Tarden an den verlassenen Spieltisch zurück, auf dem die Karten unordentlich umherlagen und an einer Seite das achtlos vom Fürsten auf seinem Platz liegen gelassene Geld. Leo von Tarden hatte beide Hände in seinen Taschen ver graben und sah mit starren Augen, den Kopf mit den zerwühlten, grau melirten Haaren vorgebeugt, auf den kleinen Goldhaufen, der rin Vermögen repräsentirte. Da lag der gleißende Mammon, den das Schicksal in seiner Blindheit einem Manne zugeworfen, der ihn nicht brauchte, und er, der nicht wußte, woher er das Geld nehmen sollte, der in Sorgen Tag ein, Tag aus sich mühte, er hatte Alles verloren und nicht mehr einen Kreuzer in der Tasche. Höhnisch lachte er vor sich hin und eine Wuth gegen die Tücke des Schicksals überkam ihn, die seine von Wein und Auf regung nicht mehr klaren Gedanken vollständig verwirrten. Er sah nur noch das Geld, um das sich Niemand kümmerte, das dem Besitzer so gleichgiltig war wie ein Häufchen Papier, und das er begehrte, wie «in Ertrinkender eine rettende Hand. Niemand, weder der Fürst, noch ein Anderer, konnte wissen, wie viel dort lag, ob da einige Tausende weniger oder mehr waren, wem kam es darauf an? Niemand! Niemand war im Zimmer, nur er ganz allein, nur er, der das Geld brauchte, der mit einem geringen Theile des dort achtlos liegenden Goldes vielleicht wieder Alles zurückgewinnen konnte, was er verloren, und noch mehr! Dem brennend in ihm aufsteigenden Verlangen, das, was ein blinder Zufall ihm entrissen, sich wieder anzueignen, konnte er nicht mehr länger widerstehen. Ohne sich recht klar zu sein, was er, that, griff seine Hand nach einigen der ihm zunächst liegenden Scheine, knüllte sie zusammen, um sie dann in seine Tasche verschwinden zu lassen. Aber gerade in diesem Augenblick legte sich eine Hand auf seinen Arm, und der Fürst, der dicht hinter ihm stand, sagte in beißender Ironie: „So war mein Vorschlag mit dem Zurückgewinnen allerdings nicht gemeint, Herr von Tarden, ich dachte, wir wollten das den Karten überlassen und nicht der eigenen Willkür!" Als ob ein Schlag ihn getroffen, taumelte Tarden zur Seite, und während seinen Fingern die Scheine entfielen, wurde sein Gesicht todtenbleich, während sein Athem fast keuchend über seine Lippen kam. „Durchlaucht", stammelte er endlich, „ich — ich wollte nur —" „O, Sie wollten sich oas zucücknehmen, was Ihnen eigentlich nicht gehörte. Nun, bitte, geniren Sic sich nicht, es hat bei meiner Anwesenheit denn doch entschieden mehr Art als hinter meinem Rücken. Ich kann cs schließlich zu dem Andern rechnen, was Sie bisher nicht blöde waren, von mir zu borgen!" Er brach jäh in seiner sarkastischen Rede ab, denn sein Aug: hatte Stanislaus getroffen, der unter der Portiere der zum Nebenzimmer führenden Thür stand und die Unterredung wenigstens theilweise mit angehört hatte. Stanislaus, der das Verschwinden des Vaters beobachtet hatte und ihm in unerklärlicher Unruhe gefolgt war, übersah mit einem Blick, was geschehen war. Sein hübsches, frisches Gesicht ver zerrte sich ordentlich vor Schrecken, dennoch behielt er Besonnen heit genug, leise die Thür zum Nebenzimmer zu schließen, ehe er auf die beiden Herren zutrat. „Vater", sagte er tonlos, „wie konntest Du das thun?" — Vor dem zürnend richtenden Blicke feines Sohnes knickte Leo von Tarden zusammen, er setzte sich schwerfällig in einen Sessel und schlug die Hände vor das Gesicht. Während der Fürst mit einem Blick grenzenloser Verachtung die gebeugte Gestalt des alten Mannes streifte, durchzuckte ihn plötzlich der Gedanke: „Es ist'Greta's Vater, der das gethan, und der sich mit diesem Schritt auf Gnade und Ungnade in deine Hände gegeben hat!" Mit Blitzesschnelle zeigte ihm dieser Gedanke auch den Weg, der ihm auch über die Tochter Gewalt gab, nur mußt: natürlich die ganze Sache unter den Beteiligten bleiben und jedes Aufsehen vermieden werden. Diesem Gedanken nachzebend, öffnete dec Fürst eine Thür zu einem seitwärts liegenden Gemach und sagte: „Bitte, wir wollen in dieses Zimmer eintreten; hier können wir jeden Augenblick ge stört werden, und man darf uns so nicht finden!" Die beiden Herren von Tarden folgten sofort dieser Auffor derung. Nachdem sich die Thür binter ihnen geschlossen, ergriff der Fürst die Hand des jungen Officiers und sagte: „Es thut mir leid, daß Sie Zeuge dieses Vorgangs werden mußten, der natürlich ganz unter uns bleibt!" Abend-Ausgabe t. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig- Jahrgang Mittwoch den 3. Mai 1899. im 16 Fenilleton 20j 625 ,01). Die Morgen-AuSgabe erscheint um Uhr. die Abend-AuSgabe Wochentag» um 5 Uhr. 7sc> 350 125 700 d. U> in 101,50 77,50 142,25 110,— 88,25 106,25 100'40 97.50 60,20 94.50 79.50 90,30 politischen Folgen, welche diese Wiederherstellung für das Reick baben müßte, ebenso in den Wind schlägt, wie die beliebtesten Redner der „deutschen" Katholikentage. lll d n r ss- dn dir. 1225 »kl", „Vvlivi»". 1 »r.meo, I. «jpü > L, nick" (1/5) in ixin liNiss" >, -l)r«-<)en" > Xev Lorlc. »n" (1/5) ta 900 475 320 075 350 250 400 550 480 700 425 825 700 500 425 425 200 8950 7825 4425 3175 2800 3625 3400 4525 17600 12000 11675 4550 11600 2740 von 1848 die reale Unterlage gegeben hatte, im constituirenden norddeutschen Reichstag, und er war als Präsident des Zoll parlaments der erste, der einer ihr Dasein auf Verträge der deutschen Länder gründenden allgemeinen deutschen Volks vertretung vorstand. Unter wie anders gearteten Verhält nissen, als die von 1848 waren, näherte sich im November 1867 Simson dem König von Preußen auf der Burg Hohen- zollern mit einer Adresse des norddeutschen Reichstags! ES kam der große Krieg, die Frucht war reif, die Fürsten hatten König Wilhelm, dem Sieger über Frankreich, der die geraubten Provinzen zurückzuholen im Begriffe stand, die Kaiserkrone angeboten, die Geburtsstunde des Reiches hatte geschlagen und Simson stand an seiner Wiege. Zu Versailles überreichte er als Führer einer Abordnung des nord deutschen Reichstages dem König die Adresse, die ihn um Annahme der Kaiserwürde bat, die nun mehr als eine Würde sein konnte. Aus dem Zollparlament war ein Vollparlament geworden. Auch dessen, des deutschen Reichstags, erster Präsident ward Simson, bis ihm gestörte Gesundheit im Jahre 1874 den Rücktritt wünschenSwerth machte. So war er am Abschluß wie am Anfang der Mann, der als Oberhaupt einer deutschen Volksvertretung der Krone gegenüber-, nicht entgegentrat. Noch aber war sein Beruf, in seiner Person die Entwicklungs phasen der deutschen Einheitsbewegung zu zeigen, nicht er füllt. Die Einheit des Rechts war errungen, zur Einheit lichkeit der Rechtsprechung war das Reichsgericht eingesetzt, als seinen und damit deS neuen Deutschlands ersten obersten Richter haben wir ihn zwölf Jahre unter uns wandeln und wirken sehen. Den Beginn einer unendlich erweiterten Thätigkeit des Reichsgerichts hat Simson nicht mehr erlebt. Aber er erlebte das Glück der Gewißheit, daß auch dieses Gebäude gekrönt werden würde. Ueberhaupt ist dem Patrioten in ihm kaum eine Hoffnung fehlgeschlagen und seinem deutschen Herzen außer der zu frühen Entlassung deS Fürsten Bismarck kaum eine ungeheilte Wunde geschlagen worden. Wie der Politik, so aber auch der Mensch und Mann deS Berufes. Eine harmonische, maßhaltende Natur, die sich auch Zeit seines Lebens in der gewählten Parteistellung offenbarte, ein feiner, künstlerischer Geist, dem eine seltene Kenntnis; und Verehrung Goethe's entsproß, beseelt von echtem Familiensinn, durfte Simson vom Baume deS Lebens edelste Früchte pflücken. Durch das Verdienst nie rastenden Fleißes brachte eS der Gelehrte, der Richter von seltener Be gabung zur höchsten theoretischen und praktischen Leistungs fähigkeit. In einem Alter, da die meisten der Wissenschaft obliegenden Jünglinge lernen, ist Simson Lehrer einer Hoch schule gewesen und ebenso hat er in ungewöhnlich frühen Jahren hohe Nichterstellen eingenommen. In der That ein gesegnetes Leben, eine Laufbahn, die nicht durch Größe, wohl aber durch volle Hingabe an das 3200 260 2675 220 25200 30 1550 2450 360 14125 750 i 4175 4925 s 7800 » LUs»d«tl», VorvLrt« itslveitvsll »Lu ksu» Anzeigen-PretS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dem RedactionSstrich (4ge- spalten) üO^j, vor Len Familiennachrlchteu (6 gespalten) 40^- Größere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. Ne-action »ad Expedition: Jahanntsgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Fünfzehntes Eapitel. Die Herrengesellschaft im Rahdenauer Schlosse, zu der ungefähr zehn Herren erschienen waren, wurde von Stunde zu Stunde animirter. Der Fürst, der seine Verstimmung unter einer erhöhten Fröhlichkeit zu verbergen bemühte, hatte die Ge- nugthuung, daß bei Schluß des Soupers, zu dem die edelsten Weine gereicht wurden, jetzt, da man bei der alten, ehrwürdigen Wittwe Cliquot angelangt war, diese ihre fünfmalhunderl- tausend Teufelchen frei gab und selbst bei den besonnensten Zechern eine so laute Munterkeit entfesselte, wie sic es eben nur verstehen. Man schwatzte und lachte durcheinander in noch stets wachsen der Fidelität, und der Fürst, der trotz seiner Animirtheit nicht einen Augenblick seine quälenden Gedanken an Greta'S Ab weisung verlor, stürzte ein Glas nach dem anderen deS feurigen Annahmrschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Unternommene Simson den Platz eines würdigen Zeitgenossen und Mitstrebenden neben den großen Schöpfern, deren Helfer auch er gewesen, in der deutschen Geschichte sichert. Filiale«: Otto Stemm'» Sortim. (Alfred Hahn), Universität-straße 3 (Paulinum/. Laut» Lösche, Latharinenstr. 14, Part, und KSntgSplatz?. Eduard v. Simson -j-. K Ein reiche-, gesegnetes, in alle Zeiten denkwürdiges Leben hat geendet und mit ihm geht ein Stück deutscher Geschichte zu Grabe. Martin Eduard v. Simson hat, mehr als acht undachtzig Jahre alt (er war am 10. November 1810 ge boren), seine Tage beschlossen. Selten, wie sein Alter, ist an dem Schicksal dieses ManneS Alles gewesen. Es ist schwer, es zu kennzeichnen oder auch nur durch einen Vergleich zu beleuchten. Man könnte an den ChoruS des antiken Dramas denken, der die Handlung deutet, oder an den Herold, dessen Erscheinung von großen Geschehnissen unzertrennlich war. Simson ist dreißig Jahre hindurch der nicht bestimmende, aber auch nicht jeglichem Eingreifen fern gebliebene vor nehmste Zeuge aller Wendepuncte der Werdegeschichte deS neuen deutschen Reiches gewesen; sein Name ist mit den fehl geschlagenen, aber darum nicht unfruchtbaren Versuchen wie mit den höchsten Triumphen verknüpft. Wir sehen den in der Zeit der tiefsten deutschen Er niedrigung auf dem Preußen verbliebenen Reste seines BodenS Geborenen im Alter von achtunddreißig Jahren als Präsi denten an der Spitze jenes Frankfurter Parlaments, auf daS alle Hoffnung Deutschlands sich richtete. Er ist es, der im Namen dieser Volksvertretung dem Preußenkönig die deutsch: Kaiserkrone anträgt. Die Zeit war noch nicht gekommen; Friedrich Wilhelm IV. erwies sich zum ersten und letzten Male als ein Realpolitiker, als er eine Würde auS- schlug, die nichts als eine Würde gewesen wäre. Aber, mag in unseren Tagen ein durch Aeußerlichkciten hervorgerufener Streit über daS Jahr 1848 wieder manches gerechte Ver- dammungSurtheil hcrvorgerufen haben, die Bestrebungen jener Zeit, mit denen der Name Simson'S verbunden waren, die natürliche und geschichtliche Schranken nicht außer Acht lassenden Einigungsbestrebungen der Erbkaiserpartei, haben sich als gute Samenkörner in das Erdreich gesenkt. Simson legte nach deS Königs ablehnendem Bescheide das Frankfurter Präsidium nieder, aber er gab alsbald einen Beweis der Hingabe an das zunächst zerronnene Ideal, indem er, der inzwischen auch in die preußische zweite Kammer ge treten war, den Vorsitz im Volkshause deS Erfurter Parla ments übernahm. In der preußischen Kammer trat ihm als nicht seltener gewaltiger Gegner Otto v. Bismarck entgegen, der Mann der Zukunft, der seine geringe Meinung von der politischen Einsicht deS ihm nun in den Tod Gefolgten bald berichtigen lernte. Die Sterilität der fünfziger Jahre hielt Simson vom parlamentarischen Leben fern, und in der EonflictSperiode rechtfertigte die Zurückhaltung deS altpreußischen Richters und Rechtslehrers vollauf das geänderte Urtheil des nach maligen NeichsbegründerS. Präsident des AbgeordenhauseS ist indessen Simson gleich falls in den sechziger Jahren eine Weile gewesen. Er wurde eS dann, als die Scheidung von Oesterreich den Wünschen örss auk riwen, <Us 1« Lut'kllx» ällsrix ds- Lreöit Politische Tagesschau. * Leipzig, 3. Mai. Die Niederlage, die bei der gestrigen Stichwahl Reichstagswahlkreise Melle-Diepholz die Welfen erlitten haben, wird wohl am tiefsten das Organ der deutschen Adelsgenossenschaft, das „Deutsche Amtsblatt" schmerzen. Hatte eS doch, wie wir beute vor acht Tagen mit- theilten, in einem „Nationalliberale Welfcnverfolgungen" überschriebenen Artikel nach Kräften Stimmung für den welsischen und gegen den nationalliberalen Eandidaten zu machen gesucht, dessen Parteigenossen unter Andern» vor geworfen wurde, sie strebten nach dem Einheitsstaate, um, wenn es gelungen sein würde, die kleinen deutschen Fürsten zu beseitigen, „auch das letzte Werk zu vollbringen und daS liberale Ideal, die Volkssouveränität, die Republik, zu ver wirklichen". Diese verleumderische Agitation bat das würdige Blatt inzwischen in mehreren Artikeln unter der gleichen Ileber- schrist fortgesetzt und n. A. behauptet, daß eS zur Herbeiführung des Einheitsstaates für den Nationalliberalismus keinerlei Bedenken und Schranken deS Rechts, der Moral und der Verfassung gebe. Und nun baden alle diese groben Schmähungen ebensowenig genützt, wie die Aufbietung der Socialdemokratie zur Rettung deS welfiscben Mandats! Versüßt aber wird dieser bittere Trank durch die von der ultramontanen „Köln. VolkSztg." an hervorragender Stelle veröffentlichte Mittbeilung, daß der „ Verband kath 0 lischer Edelleute der Rbeinprovinz" einstimmig beschlossen habe, seine genossenschaftliche Wirksamkeit zu Gunsten der deutschen Adelsgenossenschaft auszugeben. AuS der Begründung, die diesem Beschlüsse beigegeben ist, heben wir folgenden Satz hervor: „Die vollkommen paritätische, sich über das ganze deutsche Reich erstreckende LcutjcheAdelLgenossenjchost hat mit ihrer Organisation von Landes- und Bezirksabtheilungen auch den Bedürfnissen der territorialen Vertretung innerhalb der Corporation in ausgiebigster Weise Rechnung getragen, so daß es nunmehr nur noch darauf an kommt, die Bedeutung und das Schwergewicht der deutschen Adels genossenschaft als Repräsentantin LeS gejammten christlichen Adels im deutschen Vaterlande nach jeder Richtung hin zu stärken und zu festigen." Man wird nicht fehl geben, wenn man annimmt, daß die Eigenschaft „vollkommener Parität" es gewesen ist, welche den „Verband katholischer Edelleute der Rheinprovinz" zum Ein tritt in die deutsche Adelsgenossenschaft bewogen hat. DaS Anerkenntniß „vollkommener Parität" auS solchem Munde schließt aber, wie heute die Dinge liegen, die Anerkennung ein, daß die specisisch ultramontanen Interessen innerhalb der deutschen Adelsgenossenschaft gewahrt werden. Daß diese Anerkennung eine wohlverdiente ist, beweist die voll ständig nach jesuitischem Vorbilde betriebene Agitation des „Deutschen Adelsblattes" für das Welfenthum und gehen den Nationalliberalismus. Man wird nun erwarten dürfen, daß das Blatt mit gleichen Eifer für die Beseitigung des Jesuitengesetzes und die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstthums eintritt und die verhängnißvollen Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. 596,— 1288,- )830 I 26,40 l 2'1» Errungen. Roman von M. Buch Holtz. Nachdruck verboten. Als Greta an diesem Abend ihr Zimmer betrat, war in ihrem Herzen tiefer Dank gegen Gott, der ihr in Heinz Ransau's Liebe ein Glück gegeben, wie sie es nie erhofft hatte; und in tiefer Beweaung kniete sie an ihrem Lager nieder und betete heiß und inbrünstig zu Dsm, der ihr Lebensschifflem in seiner großen Güte in einen sicheren Hafen geführt hatte. Eine Zuversicht, daß nun Alles gut werden müsse, daß auch Stanislaus durch Leid zum wahren Glück gelangen würde, zog in ihr Herz und ließ sie seit langen Wochen heute zum ersten Male wieder zufrieden und froh einschlafen. In ihre stillen, glücklichen Gedanken hinein raste der Sturm, der sich gsgenAben'd aufgemacht hatte und der allmählich zu einem wahren Orkan angewachsen war. Heulend fuhr er in den Schlot des Kammes, daß es klang, als kichere er über ihre Leichtgläubig keit, und rüttelte dann wieder wie toll an ihren Fensterläden, als wollte er sie aus ihrem Schlummer erwecken, damit sie in ihren Träumen nicht länger sich selige Zukunftsbilder aus malen sollte, die sich doch nie verwirklichen würden, und es war, al» ob der Sturm da draußen nur in wilder Freude das eine kleine Wort pfiff un'd sänge: „Nie — nie — nie — nie —!" d ü. i. 1. r «1. 29°, 7-. 49°, »8 12S-» . 68°, 80°!, iosoon 85 > 98», > 2'^ Bezugs-Preis in der Hauptexpedition oder den im Stadt- bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich >«4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung inL Hou» ü.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbondsendung in« Ausland: monatlich 7.50. 712 543 500 494 414 480 mk 589 Ltstix. et. ,37 iües 78^ Der Protest, den in der Zweiten Kammer Hollands die katholischen Kammermitgliedcr gegen die Nichteinladung des Papstes zur Abrüstungskonferenz erlassen haben und dessen Wortlaut wir an anderer Stelle mittheileu, weckt in der deutschen klerikalen Presse ein lebhaftes Echo. Die „Kölnische Volkszeitung" hält eS für nöthig, eine Nachricht für unbegründet zu erklären, der zufolge die deutsche Regierung den Protest Italiens gegen die Einladung des Papstes unterstützt habe. Schwerlich ist die deutsche Regierung jemals in die Lage gekommen, irgend einen Schritt in Bezug auf die Einladung deS Papstes zu thu». Daß aber der Papst schließlich nicht cingeladeu wurde, kann der deutschen Regierung nur ebenso willkommen sein wie jeder anderen, welche mit einer ultramontanen Partei zu rechnen hat. Die Vertreter des Papstes auf der Conferenz hätten sicherlich alle Hebel in Bewegung gesetzt, das Ansehen des Vatikans noch zu erhöhen ; dieser Möglichkeit jetzt endgiltig beraubt zu sein, macht die Mißstimmung der Klerikalen aller Länder sehr begreiflich. Den Regierungen aber muß eS durchaus erwünscht sein, daß der Einfluß des ultramontan-jesuitischen Papismus nicht ver mehrt wird. Leiden sie doch ohnehin genug und übergenug unter diesem Einfluß, der sich in empfindlichster Weise auch in weltlichen Dingen bemerkbar macht. Rußland specicll batte ebenfalls keine Veranlassung, die Stellung der römisch-katholischen Kirche in Rußland indirect dadurch zu stärken, daß es die Ein ladung des Papstes zur Abrüstungskonferenz durchsetzte und Italien mußte schon in Rücksicht auf seine staatliche Selbst erhaltung die Berücksichtigung deS Papstes perhorreSciren. Gerade die grelle Disharmonie, in jwelcher daS Verhältnis deS Vatikans zu Italien und zwar durch die Schuld der päpstlichen Politik zu dem Friedensgedanken steht, der im Haag Ausdruck finden soll, war ausschlaggebend für die Nichteinladung des Vatikans. UebrigenS befaßt sich das Programm deS Murawjew'schen Einladungsschreibens aus schließlich mit der Einschränkung der Streitkräfte zu Wasser und zu Lande, mit Waffen, Geschossen und Explosiv stoffen, die im Kriege Verwendung finden, und schließlich mit der Vermittelung drohender kriegerischer Auseinander setzungen. Damit war von selbst die Theilnahme einer Macht überflüssig, die keinerlei Streitkräfte unterhält; sonst hätte auch der Fürst von Monaco eingeladen werden müssen, der ja auch souverän ist. Neber die religiöse oder moralische Seite der FriedcuSidee wird im Haag nicht verhandelt; wäre dies der Fall, dann hätten auch die Häupter anderer religiöser Gemeinschasien nicht übergangen werden dürfen; dasselbe An recht hätten der Präsident des preußischen Oberkirchenraths und der griechische Patriarch in Konstantinopel gehabt. Neber einen neuen Gegensatz zwischen England und Eanada ist zu berichten: Die 00m canavischen Minister präsidenten Sir Wilfrid Laurier mit so großer Selbst verleugnung begonnene „Reichspoliiit" hat durch die Ab lehnung des großen Reichs-Kabelprojectcs einen schweren Stoß erlitten. Laurier hatte sein übergroßes Entgegenkommen gegen England, das selbst von vielen seiner liberalen Parteigenossen scharf verurtheilt worden war, damit erklärt, daß Canada durch Stützung der britischen Reichspokitit Len Vereinigten Staaken gegenüber mehr die Stellung einer Großmacht gewinnen würde. Ganz besonders sollte Canada LcMgrr Tagtblaü Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- imd Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes un- Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. 875 1750 3560 1475 2825 3475 2460 12850 800! ö S-!, i'j 101.50 IN 137,25 157,— lk 141,— i>. 189,75 318,— tb I). 159,50 375,25 m 307,75 »r. 140,70 IV. 136,— L 105,— w 251,25 .4 182,50 5. 178,60 :r. 175,— b. 155,— d. 229,75 74 140,75 130,— ll. r. 132,25 366,75 650,— k. 328.50 8. 156,— l. 185,— 335,75 150,— zt. 121,89 u — V. 290,— tSS 166,10 e. — 213,40 rr I 91,75 so ! 438,— r. 180,— 266 40 122,60 'r 134 50 253,75 z 205.10 202,75 227.10 128 60 tk 130. 0 e 9450 59,25 s»su/8ndr verdotsn.) slä I
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