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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990510025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899051002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899051002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-10
- Monat1899-05
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Abend-Ausgabe Druck und Verlag vo» E. Polt in Leipzig 93. Jahrgang. Mittwoch den 10. Mai 1899. A Sn« 8od»»cd Feuilleton LSI Die Morgen-Au-gabe erscheint nm '/.? Uhr, di« Abend-Au-gabe Wochentag- um b Uhr 93,90 438 - 178.25 259 — 118.75 180.25 248.75 201.— IS«,25 217.— 12875 126 «0 SS,«0 101.75 78,25 143.75 110,40 89,— 3»» 101,80 137,— 157,SO 141^5 27«,- 138,25 248,75 «5.10 anck N«I«v« all6 drio>k»ii köksr, >r, lll»d«»0ll<t«i» i I»dd»ns» Oe Lll<t Viotvri« 188.75 815,— ISS,40 3S5. - 80825 143.50 135.50 197,— 257,— 177.25 178,70 178,80 152,— 228.25 129 — 129,00 128,90 354.— 645,— »23,— 15»,— 183.75 331,— 14S,— 121,- 157,00 243,'0 133,50 99,35 58.95 120 50 47,80 9.5S 58.95 IL7-. 111.— 363,- 1275 ?rlar. .odw.^nl. äo. <1o. Soldrivr, Xrooenr. 4l.rU. xLieod-kr i» ?«e>ü« c»Id.kr>or. rä. Li,.-?r. srn?»«1üc l>d O«t»»Ie», io >pk»r. l' »»cd 5> ,U»r»durr' 7ar», »II« vl«r kost» l>«iU»a. ä. d,Iax<l?a,r 106,25 98,90 100,30 97.50 86,— 80.50 98,40 79.50 92,— Die militärische Situation Indiens nöthigt seit der vor wenigen Jahren erfolgten Besetzung ChitralS durch anglo indische Truppen alljährlich beim Beginn des Mai zur Bewerkstelligung der Ablösung diese- vorgeschobenen Posten-, Diese Truppenbewegung gilt gleichzeitig als eine sehr beweis kräftige Probe auf das Maß der Zuverlässigkeit und Treue, mit der die Bergstämme der nordwestlichen Hochgebirgsthäler dem englischen Regime zugethan sind, da im Falle einer allgemeinen Gährung oder gar eines Ausbruchs offener Feind seligkeiten gegen die Engländer es eine der ersten Maßregeln der Aufsässigen sein würde, die Verbindung mit Chitral ab zuschneiden. Die Garnison ChitralS besteht aus einer Batterie- Abtheilung(2Geschütze)GebirgSartillerie, einer Pioniercompagnie und 2 Bataillonen eingeborenerJnfanterie, und ist alles in allem 1800 Mann stark. Der Marsch führt größtenlheilS durch eine von regulären Garnisonen entblößte und nur von den Leuten eines subventionirten Stammeshäuptlings überwachte Gegend. Diese Mannschaften werden häufig durch Elite- ofsiciere der eingeborenen indischen Armee inspicirt und er hallen allmonatlich unter Aufsicht eben dieser Ossiciere ihren Sold ausbezahlt. Wenn die Ablösungstruppen sich in Marsch setzen, wirkt auch daS ganze Aufgebot dieses subventionirten Stammes unter dem Befehl ihres Oberhauptes, des Nawab von Dir, mit, um das Gelände gegen Beunruhigung durch sie bangte vor dem Augenblick, in dem 'Heinz sie erkennen würde. Wie sollte das Wiedersehen sein? Und wie das Scheiden? Sie fühlte deutlich, sie mußte gehen, «he es zu spät war und sie durch ein« neue Erregung die kaum begonnene Genesung des Kranken wieder vollständig in Frage stellen tonnte. So irckt Greta eines Abends mit dem festen Vornehmen in daS Krankenzimmer, heute noch von seiner Mutter Abschied zu nehmen und morgen für immer abzureisen. Es war besser, daß Das, was geschehen mußte, bald geschah, ehe es vielleicht zu spät war. Sie hatte vor einer Stunde das Krankenzimmer 'verlassen, in dem Ransau in tiefem Schlummer gelegen hatte, und trat nun mit leisem Schritt in das Gemach, um Frau Oberamtmann Ransau und Heinz zum letzten Mal zu sehen, ehe sie für immer ging. In «der Zeit ihrer Abwesenheit war Heinz aber aus seinem Schlaf mit klaren Sinnen aufgewachst und hatte zuerst nicht be greifen können, wie seine Mutter au sein Lager kam, um dann ihre Hände zu fassen und sich von ihr erzählen zu lassen, wie lang« er krank gewesen sei, und daß «in hoher Offieie» sich gestern persönlich nach seinem Ergehen erkundigt habe, um ihm das eiserne Kreuz «rster Classe zu überbringen, das er sich durch seine muthige Vrrtheidigung der Fahne ehrenvoll verdi«nt habe. „Aber, daß ich Dich wiedersah und Dich wieder habe, da verdanken wir nur 'Schwester Margareth, Venn ohne denn Hilf«, mein lieber Jung', wäre ich heute eine arme, unglückliche Frau." „Schwester Margareth?" fragte Heinz leis«, d«r still der Rede der Mutter zugehört hält«, „'Du meinst Greta, nicht wahr? Ja, ich «ntsinne mich deutlich, sie auf dem Schlachtfeld« gesehen zu haben; aber wo ist si«?" „Um Gottes willen, Heinzing", sagt« dir alt« Frau, die nicht anders dachte, als daß der kranke Sohn schon wiever zu phanta- siren begänne, „reg« Dich nicht auf! Ich hätte nicht so viel reden sollen, der Arzt hat eS im Falle Deines Erwachens streng ver bot««!" „Nein, mein Mutting, glaube nicht, daß ich im Fieber rede. Ganz gewiß, ich sah Greta, ich erinnere mich deutlich, wie sie sich über mich neigt«, ich glaube deutlich ihre Nähe gefühlt zu haben, Mietling, wo ist sie?" In diesem Augenblick «trat Greta rin, und mit einem un« 601,— 122/ Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg- Reklamen unter demRedactkonsstrich (-ge spalten) LO»j, vor d«a Familieuaachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Prris- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffrrasatz nach höherem Tarts. Ännahmeschluß für Anzeigen: Ab end »Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stund« früher. Anzeige» find stets an die Er-e-ttisn zu richten. Kommen bat, und als sie jetzt in der Nacht an feinem Lag«r saß und mit ihrer leichten Hand ab und zu die Umschläge auf seiner Brust erneuert«, 'da mußte sie immer wieder an dies« Worte der alten Frau gedenken, die sich anklagend gegen sie wandten. Frei lich waren es di« Worte einer Adutter, di« naturgemäß die That des Sohnes milder als Ander« auffaßte, und die dazu nicht wußte, wi« unsagbar elend auch sie war und was es ihr gekostet hatte, Den hassen zu müssen, den si« doch so grenzenlos geliebt! Wie viele Jahre hatte sie seinen Anblick entbehrt, in Len«n nur der Traum ihr hin und wieder greifbar deutlich das geliebte Ant litz, das jetzt so bleich in den Kissen lag, vor Augen gezaubert, aber in denen kein Tag vergangen war, in denen ihre Gedanken nicht bei ihm geweilt! Doch noch nie hatte sie so deutlich wie jetzt nach dem Lesen der Briefe seiner Mutter «mpfunden, wie elend auch er gewesen war, und in ihrem Herzen stieg ein er barmendes M-tlekd auf, das seine Schuld, die er in unzurech nungsfähiger Heftigkeit begangen, ihr weit geringer als bisher erscheinen li«ß. Der sehnsüchtige Wunsch kam ihr plötzlich, ihm noch einmal sagen zu dürfen, wie lieb er ihr war, wie lieb! Aber nun war es zu spät, denn wenn Gott nicht ein Wunder that, würden auch die Augen seines alten Mutting den Sohn nicht mehr lebend sehen. Einmal, mitten in der Nacht, war es, als ob die Fiebernacht, die sein« Sinn« vollständig gefangen hielt, von ihm wich und seine Aug«n mit «inrm plötzlichen verstiindnißvvllen Blick sie an schauten. Aber schon im nächsten Augenblicke verwirrten sich sein« Gedanken wieder und seine heißen trockenen Lippen flüster ten wirre Dinge, in denen er ad und zu immer wieder ihren Namm rirf und si« anflrhte, ihn vor Reue und Verzweiflung zu retten. Dann legt« sie wohl beruhigend ihre kühle Hand auf sein fieberheißes Haupt, und es war, als ob ihm dieses Linde rung brächte und er unter ihrer sanften Berührung ruhiger würde. In dm nächsten Tagen, di« Greta, so viel si« konnte, nur seimr Pflege widmet«, hatte sie oft das Gefühl, nun erlischt das müde flackernd« Lebenslicht und das matt schlagende Herz steht still, und ein Gefühl unsagbarer Angst befiel sie kxi diesem Ge danken, Über daS sie sich kein« Rechenschaft gab. Als endlich nach einigen Tagen seine Mutter, von dem Ober ¬ stabsarzt geführt, in das Krankenzimmer trat und sich die alte Frau leis« schluchzend über das Lager ihres Sohnes beugte, da zog sich Greta in den Hintergrund der Kammer zurück, um ihr« Bewegung zu verbergen. Der alt« Arzt, der ihr Forttreten anders auffaßte, führte nach einer Weile die Matrone auf das junge Mädchen zu und sagt«: „Diesrr hier, gnädige Frau, verdank«» Sie «s neben unserem Herrgott, daß Sie Ihren Sohn noch am Leben finden; und Si« liebe Schwester Margareth, müssen nun nicht denkm, daß die Pfleg« nun eine Andere, und sei es auch di« eigen« Mutter, über nehmen kann, denn wenn «s gelingen soll, dm jungen Mann am Leben zu erhalten, dann müssen Sie vor allen Dingen ihm Ihre vortreffliche Pfleg« nicht entzi«hm." Eh« Greta darauf awtwortm konnte, fühlte sie sich von den Armm d«r klein«» Frau Oberamtmann umschlungen, die weich sagt«: „Ich weiß nicht, mein l«iv Döchting, ob Sie noch «in Mut ting haben, aber sollte es auch nicht der Fall s«in, so werden Si« sich doch noch erinnern, wie li«b Si« derselben waren, nicht wahr? — Und mein Heinzing ist mein einziges Kind, die Sonn« meines Alters, und ich weiß nicht, wir ich Ihnen danken soll für DaS, was Sie bisher schon an mein«m Jung gethan! Ich kann nur sagen: „Vergelt's Gott" und die Bitt« hinzufügen, uns bei- zust«hen. Wollen Sie, mein Lütting, ja?" Und di« kleine Frau streichelt« die Hände des sie um Kopfeslänge überragenden Mäd chens, daS sich ohne ein Wort der Erwiderung nur ni«d«rbtugte, um die sie liebkosenden Hände ehrfurchtsvoll zu küssen. In den nächsten Tagen wurden di« Verwundeten, die irgend zu transportiren waren, in größere Orte geschafft, in denen sie bessere Pflege und Versorgung fanden, und nur Einig«, unter diesen Ransau, blieben in dem kleinen Dorf« zurück. Die alte Frau Oberamtmann Ransau hatte zu der stillm, sanften Schwester Margareth ein« große Liebe gefaßt, und zärtlich wi« eine Mutter, war sie für Greta besorgt, di« diese 'Ltobesbeweis«, die ihr seit so vielen Jahren nicht mehr zu Theil geworden warm, dankbar gerührt entgegennahm. DaS Befinden Heintz Ransou's bessert« sich langsam, aber stekig. Die Wund« begann zu heilen, und der Arzt sah von Tag zu Tag befriedigter auS. Aber je befriedigter sein Blick wurde, desto deutlicher fühlte Greta, daß sie nun scheiden müßt«. D«nn Filialen: ttt« klemm'- Sortt«. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum/. Louis Lösche, Rakharinenstr. 14, Part, und KSatg-platz 7. Re-action und Erve-Mo« r Jahannt-aaffe 8. Dir Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend« 7 Uhr. l. In n. Nssso/Nadr ariidr". Iraet verboten.! lesen »n-Vj«o Ixn.-'r«. i«e d»ni» v.8t.-?r. litt» UreUen er lUovck ?Lv«ett. nede IM). I» 0,80). BezuB'PrekS tu der tzauptexpedttlon oder den km Stadt» bezirk und den Vororten errichteten AuS- oabestrllen abgeholt: vierteljährlich >t4.L0, bei zweimaliger täglicher Zustellung inS Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierleliährlich »6 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandlendung tu- Ausland: monatlich 7.50. tioräoetd. vaload. »r><Uoi>»Id me»rd»dl> Jimploa lileoallt !d«e 6«Iä . Svp.-L..- VII, VIII d.-.Kotd» t>»all »odeüenli »an I»u Kur, Deutsches Reich. * Berlin, 9. Mai. Einrn „Vorschlag zur Ver besserung des Reichstag-Wahlrecht-" bat Herr I. Heckler im „Deutsch. Wochenbl." gemacht. Der Ver fasser hat nichts mit dem Grafen Mirbach und Genoffen gemein; er ist ein Anhänger des bestehenden Reich-Wahl systems, und wenn er über dessen mögliche Verbesserung nach gedacht hat und einen Vorschlag dafür in die Oeffentlichkeit dringt, so interessirt ihn Wohl mehr die theoretische Er örterung, als daß er an die demnächstige Verwirklichung glaubte. Er wünscht, unter sonstiger Beibehaltung des be stehenden Systems, eine Abstufung de» Wahlrecht- nach dem Alter, die er sich wie folgt denkt: Man theil« die gesammte Wählerschaft in drei Alter-classen, die jüngste oder dritte Classe enthalte die Wähler vom 25. bis zum 40. Lebensjahr, die mittlere oder zweite die Wähler zwischen dem 40. und 55. Jahr und die älteste oder erste Classe die Wähler vom 55. Lebens jahr auswärts. Für jede Classe wird eine besondere Urne aufgestellt, jeder Wähler giebt wie bisher nur einen Stimmzettel ab, der Stimm zettel iu der Urne für die dritte Classe wird aber nur einfach ge zählt, der Stimmzettel in der Urne für die zweite Classe doppelt und der Stimmzettel in der Urne für die erste Classe dreifach. Also eine Drriclassenwahl nach dem Alter! Der Wähler der zweiten Classe >»r<t«n llullduk ?uuo ruU-L.eU«o 38.0 zt—a I 28,SO t«U»oaat s 2tz» t. odeki-Isöixsnäs 8«- i»o vorlr«l>owiu«ll, l. LpLter <Iie «tnsu sedverkLUie. ru«U o»clix«bsllä Ststlx. 6«atr.-3.ot.I 132^ vsrn k»oiücl 77^., IL/IL Errungen. Roman von M. Buchholtz. Nachdruck verdotkn. Schnell durchflog sie darauf die Briese, di« von seiner Mutter Hanv waren, und di« Augen wurd«n ihr feucht, als sie in dem letzten, vor wenig Tagen geschriebenen, folgende Zeilen las: „Du bist nach Babings Tod mein einzig Glück noch auf Vilser W«lt, und wenn Dir das Leben auch kein Glück gebracht, mrin lieber Jung', so bedenk«, daß Du Dich Deiner alten Mutter zur Liebe schonen und nicht leichtsinnig in G«fahr b«g«b«n mußt. Auch Dir kann die Sonne wieder scheinen, Heinzing, auch in Dein umdüstertes Hertz kann wieder Freude «inziehen. Glaube mir, mrin lieber Jung', der Water im Himmel ist ein allgütiger Gott, und hat für Einen, der «ine unselig« That so aufrichtig bereut, auch noch «inen Lohn hier auf Erden. Ich habe Dir zwar ver sprechen müssen, nie wieder an idem alten Leiv zu rühren und hab' es auch all' di« Jahre nicht gethan. Aber sieh, nun ich hier so allein bin, muß ich noch west mehr wie sonst über Alles nach denken, was Dich elend gemacht und Dir Deine Jugend geraubt hat. And da will «S meinem alten Kopf nicht in den Sinn, daß Deine Schuld, so groß sie auch gewesen ist, unfühnbar sein soll, und es erfüllt mein altes Herz mit Jammer, daß Diejenige, die Du so grenzenlos liebst, nur daran denkt, waS Du ihr gethan, aber nicht, wir furchtbar Du Dich durch Dein« That selber ge troffen. Es steht in der Bibel: „Richtet nicht, auf daß Ihr nicht gerichtet werdet", aber sie, die Dir «inst gesagt hat, daß sie Dich liebte, richtete und verschloß ihr Herz vor Dir im bitteren Groll. Sieh, Heinzing, da will rs mir scdeinen, als ob daS nicht die echte Lieb« bei ihr gewesen ist, di« Lieb«, die Alles vergilbt und Alles duldet und sich nicht erbitten läßt. Sei Deinem alten Mutting nicht böse, daß sie das schreibt, aber es erfüllt mein Herz mit unsagbarem Kummer, daß Du, der das beste Loos verdient, so «lend durch Dein« Liebe zu diesem Mädchen geworden bist!" Noch an demselben Nachmittage hatte Greta an die Mutter Heinz Ransau'» rin« Depesche avgesandt, in der sie um ihr Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. Mai. Wenn man den Bericht über die gestrige Sitzung deS Reichstags liest, so begreift man Mancherlei nicht. Bei der ersten Berathung deS antisemitischen Schächtantrags hatte sich klar herausgestellt, daß zwar für diesen Antrag eine Mehrheit nicht zu finden sei, daß aber die weit über wiegende Majorität bereit sein werde, den BundeSrath um Ausarbeitung und Vorlegung eines Gesetzes zu ersuchen, daS alle vermeidbaren Quälereien beim Schlachten von Vieh mit Strafe bedroht. Hätten nun die Antragsteller ihren ur sprünglichen Antrag zu Gunsten eines Antrages der zweiten Art zurückgezogen, so wäre über diesen leicht eine Berständi- gung zu erzielen gewesen und der Abg. Liebermann von Sonnenberg hätte nicht nölhig gehabt, erst die Verschiebung der Abstimmung zu verlangen und dann, als dieses Verlangen zurückgewiesen worden war, die Beschlußunfähigkcit deS Hauses anzuzweifeln, um die Möglichkeit zu gewinnen, sich mit den Mehrheitsparteien über „irgend etwas" zu verständigen. Diese Möglichkeit war ja vorhanden, bevor man einen vollen SitzungStag vergeudete. Warum Letzteres bei der Geschäftslage des Hause- nicht vermieden wurde, ist um so weniger begreiflich, je mehr zu erwarten war, daß von socialdemokratischer Seite Einspruch gegen die Anordnung des Präsidenten, die zweite Lesung des Jnva- lidengesetzes schon heute zu beginnen, erhoben werden würde. Nicht minder unverständlich war eS, daß von keiner Seite des Hauses Protest eingelegt wurde gegen die Be hauptung deS CentrumSführerS vr. Lieber, daß die staatliche Gesetzgebung Halt zu machen habe vor jeder rituellen Vorschrift einer anerkannten Religionsgesell- schaft. Vom ultramontanen Standpunkte aus ist ja eine solche Behauptung und Forderung begreiflich. Um so weniger aber hätte sie ruhig hingenommen werden sollen. Wenn Alles, waS in grauer Vorzeit priesterliche Weisheit auS Gründen, die vielleicht damals zutreffend waren, als Ritus vorschrieb, unantastbar für alle Zeiten bleiben müßte, so würde der moderne Staat in die größte Ge fahr gerathen. Man denke nur an gewisse rituelle Vor schriften bei der Aufbahrung und Bestattung von Leichen! Bei epidemischen Krankheiten würde der Staat die gröbsten und berechtigtsten Vorwürfe verdienen, wenn er an daS Dictum des Herrn vr. Lieber sich binden wollte. Ganz so, wie dieses klang, war es freilich auch nicht gemeint. Es sollte nur das vermeintliche Recht der „Katboliken" wahren, sich jede staatliche Einmischung in ihre „religiösen" Angelegenheiten zu verbitten, auch wenn diese Angelegenheiten einen stark weltlichen und politischen Anstrich haben.—Die geschäftliche Lage des Hauses ist jetzt eine geradezu trostlose. Ist eS heute wieder beschlußunfähig und daher nicht in der Lage, den socialdemokratischen Antrag auf Absetzung der zweiten Lesung deS Jnvalidengesetzcs von der Tages ordnung abzulehnen, so kann es mit dem Bewußt sein der Arbeitsunfähigkeit in die Psingstferien gehen. Leider ist auch nach diesen die Hoffnung auf eine reiche Frucht der langen und mühseligen Commissionsberatbungen recht gering. Man hat Grund, mit der Möglichkeit zu rechnen, eS werde das Fleifchbeschaugesetz daran scheitern, daß die Regierung sich nicht in der Lage sieht, den Vor schlägen der Reichstagscommission ihreZustimmung zu ertheilen, es sei denn, daß in der Plenarberathung eine erhebliche Milde rung der rigorosen Bestimmungen erzielt wird, die sich gegen die Einfuhr von Fleisch und von Fleischpräparaten richten. Was die Commission beschlossen hat, kommt einem völligen Einfuhrverbote ziemlich gleich, und wenn man auch Denen nicht Recht zu geben vermag, die behaupten, Deutschland werde niemals im Stande sein, seinen Fleischbedarf selbst zu decken, so befanden sich die Vertreter der Regierung jedenfalls darin Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung VO.—, mit Postbeförderung 70.—. im Rechte, daß sie eine solche Möglichkeit wenigstens für ab sehbare Zeit als ausgeschlossen bezeichneten. Die Verabschie dung der lex Heinze und der lex Rintelen ist infolge des Verlaufs der Eommissionsberathungen so gut wie ganz ausgeschlossen. Wenn künftige Historiker einmal die Geschichte Preußens in jener Zeit schreiben, da das Centrum die regierende Partei war, so werden sie die EharsreitagSvorlage nicht vergessen dürfen, die jetzt in der Commission des preußischen Herrenhauses durchberathen ist. Die Form, in welcher die Cbarfreitagsvorlage nunmehr dem Plenum des Herrenhauses zugehen wird, bedeutet eine starke Abschwächung deS von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurfs. Wohl werden für den ganzen Umsang der preußischen Monarchie alle Rechtsgeschäfte untersagt; Wohl können durch Provinzial- oder Bezirks polizei-Verordnungen, insoweit konfessionelle Verhält nisse es erfordern oder örtliche und gewerbliche es zu lassen, Handlungen verboten werden, welche die Feier des Charfreitags stören, aber für überwiegend katholische Gemeinden können knechtliche Arbeiten nicht ver boten werden, es sei denn, Laß sie den Gottes dienst stören. Durch die letztere Einschränkung wird der Hauptzweck der Vorlage vereitelt. In den wenigen Gegenden, in denen, wie in gewissen Distrikten der Pro vinzen Posen, des Rheinlands und Westfalens, der Char- freitag noch nicht zu den gesetzlich gebotenen Feiertagen gehörte, hat man die Heiligung des Charfreitags aus ganz anderen Gründen, als wegen der Störung des Gottes dienstes, für nothwendig befunden. Was in diesen Gegenden hauptsächlich Anstoß erregte, war die heraus fordernde Art, mit der vielfach am Charfreitag von katholischer Seite gerade schmutzige oder lärmende Arbeiten verrichtet wurden. Gegen die Störung deS Gottesdienstes hätten sich wohl auch ohne die neubeschlossene Vorlage Vorkehrungen treffen lassen; im Nothfalle wäre ja der bekannte Paragraph vom groben Unfug zur Verfügung gewesen. Da nach wie vor „knechtliche Arbeiten" für die überwiegend katholischen Gemeinden allgemein und grundsätzlich nicht verboten werden, wird die Verärgerung der Protestanten nach wie vor stattfinden können. Dem konfessionellen Frieden wäre deshalb viel mehr gedient gewesen, wenn daS allgemeine Verbotknechtlicker Arbeiten gemäß der Regierungsvorlage ausgesprochen worden wäre. Sachliche Gründe hiergegen giebt eS nicht. In der klerikalen Presse hat man zwar den Versuch gemacht, kirchliche Ein wände gegen die Heiligung des Charfreitags auszuspiclen, indem man sagte, die katholische Kirche gestatte nicht, den Charfreitag als „Festtag" zu begehen. Die Haltlosigkeit dieses Einwandes wurde am drastischsten dadurch er wiesen, daß von katholisch-theologischer Seite in der „Kölnischen Volkszeitung" festgestellt wurde, daß auch in der katholischen Kirche der Charfreitag Jahrhunderte lang gebotener Feiertag war. Darauf aber kommt es der „regierenden Partei" ja auch gar nicht an. Die Bischöfe waren vor der Einbringung der Vorlage nicht um ihre Zu stimmung angegangen: daS mußte gerächt werden! Daher die Opposition der CentrumSpresse gegen die Vorlage, daher heute in der „Germania" das Zugeständniß, daß das er wähnte Versehen jetzt „in etwas" (!) wieder gutgemacht sei. Mit einem Wort also, das Centrum darf fick eines neuen Erfolges rühmen — cs müßte denn sein, daß sich die Mehr heit der beiden Häuser des preußischen Landtags und die Regierung dem Abkommen widersetzten, das die preußischen Bischöfe auf Anregung des Fürstbischofs Kopp unter sich getroffen haben und dem die Commission des Herrenhauses sich gefügt hat. Leider aber ist dazu wenig Aussicht vor handen. andere GebirgSstämm« zu sichern und die Ablösung gleichsam zu escortiren. Ganz und gar aber ist dem Landfrieden in jenen entlegenen Hochgebirgseinöven nie zu trauen. Vor zwei Jahren und auch im vorigen Jahre waren Schild erhebungen geplant, die nur deshalb unterblieben, weil sich die verschiedenen Rädelsführer nicht über den Plan und die JnSwerksetzung desselben zu einigen vermochten. Zur Zeit ist Alles still und inoffensiv. Man gedachte daher sckon in diesen Tagen die Ablösung in gewohnter Weise vor sich gehen zu lassen. Da man aber weiß, daß der Haddah Mullah, der bei allen anti-englischen Anschlägen die Hand im Spiele hat, auch diesmal in den Dir- und Swat-Thälern geheime Zette lungen betreibt, so wird keine militärische Vorsichtsmaßregel während der Ablösungsaction vernachlässigt werden. Ins besondere wird die starke Garnison von Rawul Pindi so lange in Allarmbereitschaft gehalten werden, bis die Ablösung auS dem Chitralpasse wohlbehalten zurück ist. Ueber das Befinden Mc Kinleys erhalte» wir folgend, Meldung: VV. Washington, 10. Mai. (Privattelegramm.) Ja den letzten Tagen sind falsche Gerüchte im Umlauf gewesen, daß Präsident Mc Kinley ernstlich krank sei. Dieselben haben keine weitergehende Begründung als die, daß Mc Kinley in Folge einer zahnärztlichen Behandlung an leichter Neuralgie leidet. DaS All gemeinbefinden ist gut, aber der Präsident empfindet die Notbwendig- kcit einer Erholung und hat sich auf eine Woche oder noch längere Zeit nach Hotsprings begeben. Während seiner Abwesenheit sollen die AmtSgeschäfte soweit als möglich im Weißen Hause erledigt werden. Heute früh ist der Präsident in HotspringS eingetroffen. Ob die »«uralischen Schmerzen lediglich auf eine Zahn operation zurückzuführen sind, mag dahingestellt bleiben. Nach anderer Version sollen dieselben nicht von heute und gestern fein. Mac Kinley, heißt eS, habe sich stet- alle politischen Vorkommnisse besonders zu Herzen genommen und darunter habe feine Gesundheit gelitten. Die letzten Wochen, die allmählich mit den steigenden Schwierigkeiten auf den Philippinen, wo trotz aller „Siege" die Lage der Amerikaner keine glänzende ist, seine eigenen Wahlaussichten schwinden sahen, hätten seinen Gesammtzustand derartig alterirt, daß die Aerzte sofortige und absolute Ruhe forderten und eine längere Cur im Süden verordneten. Von den Hindernissen deS Fortschritts der LoS-von- Rom-Bcwcgung in Oesterreich spricht sich ?. von Zimmermann in Wien wie folgt auS: „Ich glaube nicht an Massenerfolge. Es unterliegt für mich keinem Zweifel, daß die Zahl Derer, welche Sympathien für die evangelische Sache hegen, weitaus größer ist, als dir Zahl Derer, welche thatsächlich den letzten Schritt der Lossagung thun, weil die meisten Menschen durch tausend persönliche Rücksichten davon abgehalten werden. Um diese Rücksichten zu überwinden, dazu ist unsere Zeit vielleicht zu sehr auf da- Materielle gerichtet; der große Zug der ReformationSzeit ist unS fremd. Dazu kommt, daß durch die gesetzliche Bestimmung, nach welcher Kinder zwischen dem siebenten und vierzehnten Lebensjahre nicht über treten dürfen, in vielen Familien durch den Uebertritt der Eltern der eine Theil der Kinder katholisch, der andere protestantisch erzogen werden müßte, waS für viele ein AbhaltungSgrund wird ... Es ist vielfach noch ein unklare- Göhren, eia Suchen nach einer ein facheren Form des Christenthums . . ." Wir kommen gewiß nicht leicht in den Verdacht, dem Rufe „Los von Nom!" uns cntgegenzustemmen, deshalb wird man uns auch nicht mißverstehen, wenn wir zur Vorsicht mahnen. Die Thatsachen geben Pastor von Zimmermann leider Recht: Massenerfolge sind bis jetzt nicht erzielt worden — in Teutschböhmen beträgt nach der „Oesterr. Ev. Kirchenztg." die Zahl der erwachsenen Convertiten bis jetzt nur 1000 — und werden auch schwerlick erzielt werden. Wenn ganze Gemeinden und ganze große Complexe von Gemeinden übertreten, so ist daS freudigst zu begrüßen, und man darf sich der Hoffnung hingeben, daß sie sich halten und auch ihre weitere Umgebung nach sich ziehen werden. Dort aber, wo innerhalb katholischer Orte nur ein kleiner Bruchtheil UebertrittSneigung zeigt, gehe man nur zögernd vor und überlege es sich hundert Mal, ehe man diese Neigung unterstützt. Bleibt die Mehrheit des betreffenden Orte's katholisch, so ist mit Sicherheit vorauS- zusagcn, daß eS den zum Protestantismus Uebergetretenen, den „Abgefallenen", den „Ketzern" schlecht, sehr schlecht ergeben wird. Will man sie vor einem ihre bürgerliche Existenz untergrabenden und vernichtenden Boycott, der darauf berechnet ist, sie schließlich mürbe zu machen, bewahren, so bleibt nichts übrig, als für ihre Uebersiedelung in eine rein protestantische Gemeinde zu sorgen. 8tr»»»d. I.k?«r<I»d. ?tr»»»sirt> d.8tr»»»d. ickltttoll Zus—t»1U »r Su»»»r. r. 8«rxv. . kdöoi» .VUlisIw Msktr-^ Slrktr.-L »r lilsktr. d.?k«rckd. .- Lioond jllkl»8t-^ !>»d-Lsck. sr tirnd. vsrrv. an 8I«ot> kor««U. dorn > -lockiuit. »t. 6»rck. n ösrixv. 281,— II »iu » 155,— 215,95 213,60 210,25 Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rattjes un- Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. »2»otl«o) ä«rk»n>c l. Qoo— 243,20 !>« HollkLL .»-Hotiao »cd» kitt»« I. 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