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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.05.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990511017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899051101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899051101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- S. 3752-3755 fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-11
- Monat1899-05
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3732 ordnen. Sollen solche Stellen für Bezirke errichtet werden, welche sich auf die Gebiete mehrerer Bunvee-staaten erstrecken, so kann der Reichskanzler, falls ein Einverständniß unter den be- theiligten Landesregierungen nicht erzielt wird, ihre Er» richtunganordnen. Ist die Rcntenstelle ungeordnet, so ist sie Organ der Ver sicherungsanstalt und hat die Eigenschaft einer öffentlichen Behörde. Außer den hier bezeichneten Aufgaben können der Renten stelle nachtAnhörung deZVorstandes derVersicherungsanstalt durch die für den Sih derRentenstelle zuständige Landes-Centralbehörde oder mit deren Genehmigung durch den Vorstand noch wertere Obliegenheiten übertragen werden. Die Eontrole über die Entrichtung der Beiträge muß der Rentenstelle übertragen werden, wenn dies von dem Vorstand der Ver sicherungsanstalt unter Zustimmung des Ausschusses beantragt wird. Jede Rentenstellr besteht aus einem ständigen Vorsitzenden und aus Beisitzern; ihr werden dieerforderlichenHilfsbeamten bei gegeben. Die Ernennung des Vorsitzenden, sowie die Festsetzung seiner Amtsdauer und seiner Bezüge erfolgt nach Anhörung des Vorstandes der Versicherungsanstalt durch die mit der Verwaltung der Angelegenheiten des weiteren Communalverbandes betraute Behörde, für diejenigen Anstalten aber, in welchen die beamteten Mitglieder des Vorstandes von der Landes-Centralbehörde zu er nennen sind, durch die letztere. In gleicher Weise wird mindestens ein Stellvertreter ernannt, welcher den Vorsitzenden in Be hinderungsfällen zu vertreten hat. Die Zahl der Beisitzer beträgt, so lange nicht durch die Ver sicherungsanstalt eine größere Zahl bestimmt ist, aus der Classe der Arbeitgeber und der Versicherten je vier. Hat sonach die Commission der Rcntenstelle nur einen sehr bedingten Charakter verliehen, so Hal sie der L a n d e s b e h ö r d e durch Einfügung eines ganzen Abschnittes „Organisation" einen Einfluß auf den Gang der Geschäfte ringeräumt. Was die Rentenstellen nach dem Entwürfe der Regierung als Organ der Versicherungsanstalt darstellen sollen, das ist nach den Beschlüssen der Commission den unteren Landesbehörden übertragen worden, nämlich: außer den übrigen aus dem Gesetze sich ergebenden Aufgaben liegt den unteren Verwaltungsbehörden insbesondere ob: die Entgegennahme und Vorbereitung von Anträgen auf Bewilligung von Invaliden- und Altersrenten oder auf Bei tragserstattungen, sowie die Begutachtung der Anträge auf Rentenbewilligungen; die Begutachtung der Entziehung von Invalidenrenten; die Begutachtung der Einstellung von Renten zahlungen; die Benachrichtigung des Vorstandes der Ver sicherungsanstalt über die zur Kenntniß der Verwaltungsbehörde kommenden Fälle, in welchen Grund zu der Annahme vorliegt, daß Versicherte durch ein Heilverfahren vor baldigem Eintritte der Erwerbsunfähigkeit werden bewahrt werden, daß Empfänger von Invalidenrenten bei Durchführung eines Heilverfahrens die Erwerbsfähigkeit wieder erlangen werden, daß di« Invaliden rente zu entziehen ist oder Rentenzahlungen einzustellen sind; die Auskunftsertheilung über alle die Invalidenversicherung be treffenden Angelegenheiten. Außer den hier angeführten wesentlichen Aenderungen sind natürlich noch viele kleinere zu verzeichnen, auf die wir ein zugehen keinen Raum haben. Das Gesetz ist noch dickleibiger geworden als das bisherige, es ist dadurch weder übersichtlicher noch klarer geworden. Man muß im Reichstage jedenfalls bei Schaffung solcher Gesetze, die compkicirtere Verwaltungsmaß- regeln bedingen, eine andere Form wählen, dir wenigen grund legenden Paragraphen zusammenfassen und die Verwaltungs bestimmungen anhängen. Es wird einem Laien schwer fallen, aus dem Gesetz ohne langes Studium herauszulesen, was der Gesetzgeber im Hauptsächlichen will. Für jeden einzelnen Fall wünscht man im Gesetz eine Bestimmung vorgesehen und das verdoppelt schließlich den Umfang. Immerhin ist der Entwurf eine Verbesserung und seine Annahme Wünschenswerth. Deutsches Reich. Leipzig, 10. Mai. (Socialdemokratische Agi tation auf dem Friedhöfe.) Liest man die „Sächsische Arbeiterzeitung", so muß man zu dem Glauben gelangen, daß auf dem TriuitatiSfriedhofe in Dresden eine Grab schändung verübt worden sei. „Grabschänderische Finger", so ruft da» socialdemokratische Blatt aus, „von denen man nicht in Erfahrung bringen kann, wessen Befehlen sie ge horchten, haben die von Proletariern gepflanzten Blumen auf den Gräbern der Freiheitskämpfer meistens auSgerauft." Und an anderer Stelle spricht dasselbe Blatt von „ruch losen Barbaren", welche die Gräber der Freiheits kämpfer schändeten. Wie eS in Wahrheit um die angebliche Grabschändung steht, erfährt man aus der „Dresdener Zeitung". Ihr zufolge war daß auf dem TriuitatiSfriedhofe befindliche Massengrab der beim Maiaufstand 1849 Gefallenen mit etwa 300 rothen Tulpenzwiebeln besetzt worden, die zur Maifeier aufblühen sollten; diese rothen Tulpenzwiebeln sind sämmtlich entfernt. Ob daS auf Verordnung der Behörde geschah, ist noch nicht sicher bekannt. Unseres Erachtens ist eS zweifellos, daß eine entsprechende Anordnung der Behörde getroffen wurde. Eine solche zu treffen, war die Behörde vollkommen berechtigt. Wenn die „Sächsische Arbeiterztg." von dieser Ehrung der Freiheitskämpfer behauptet, sie halte sich durchaus im Rahmen de» Herkömmlichen, so liegt die Unrichtigkeit der Behauptung auf der Hand. „Herkömmlich" ist r» bisher nicht, auf dem Friedhöfe Parteiagitation in der Weise zu betreiben, daß die socialdemokratische Parteifarbe in der auffallendsten Manier zum Schmucke der Gräber verwendet werden darf. Bemühungen, ein solche» Herkommen einrubürgern, werden freilich von der Socialdemokratie überall im Reiche angestellt. Ueberall aber sind dir Behörden diesen Bemühungen entgezengetreten, und da» von Rechts wegen. Die Ruhe de» Friedhofes wenigstens soll durch die socialdemokratische Agitation nicht gestört werden. Nennt die socialdemokratische Presse Maßnahmen, die zu diesem Zwecke erfolgen, ruchlos und barbarisch, so zeigt sie wieder einmal, mit welchen Mitteln sie die Auf reizung der Massen betreibt. Berlin, 10. Mai. (Untersuchungen des Vereins für Socialpolitik über die Lage des Hausiergewerbes in Oesterreich.) Mehr vielleicht noch als in Deutschland haben sich in letzter Zeit in Oesterreich Klagen gegen das Hausierwesen erhoben, und vielfach wurde im Interesse der kleinen Handwerker und Kaufleute das gesetzliche Verbot des Hausierhandels gefordert. Es ist deshalb sehr dankenswerth, daß der Verein für Socialpolitik seine Untersuchungen auch auf Oesterreich ausgedehnt hat. Soeben ist im Verlage von Duncker L Humblot ein starker Band erschienen, der ausschließlich die österreichischen Hausierverhält nisse untersucht und einen klaren Einblick in die Lage des Hausiergewerbes in diesem Lande gewährt. Die Zahl der öster reichischen Hausierer ist von 1862—1881 von 12 806 auf 22 964 gestiegen. Im Jahre 1897 betrug sie 16 784. Diese Ziffern betreffen freilich blos die durch österreichische Behörden legiti- mirten Wanderkrämer. Jene, die auS Ungarn und aus Bosnien und der Herzegowina herübergekommen, sind in diesen Zahlen nicht enthalten. Ebensowenig die (tirolischen) Inhaber von Handelspässen. In Ungarn sind fast alle größeren Städte für den Hausierhandel gesperrt und infolge dessen strömen die ungarischen Hausierer in großer Zahl in die österreichische Reichs hälfte. Zum überwiegenden Theile ist der Hausierer Zwischen händler, der von Fabriken, Handwerkern, Haus industriellen oder Geschäftsleuten kauft, um klein- wei» zu vertreiben. Allein in zahlreichen Fällen kauft und verkauft bereit» dieser Händler nicht auf eigene Rechnung: er ist vielfach Wanderverschleißer eines Geschäftshauses. Der seß hafte Händler hat sich dieser Organisation angegliedert, um ihre absatzmehrenden Vortheile zu erringen. Endlich ist oft der reine Agentencharakter des Hausierers deutlich ausgeprägt, indem er Bestellungen auf solche Maaren übernimmt, di« er unter seinen Hausiergegenständen gar nicht mitführt und die er erst beim Händler holen und dem Käufer zutragen muß. Die zunehmende Dichtigkeit der Bevölkerung und die dadurch bewirkte Vermehrung der ansässigen Händler, die Erweiterung des Eisenbahnnetzes, die raschere und wohlfeilere Beförderung der Maaren und Menschen, die Entwickelung des Brief-, Tele graphen- und Telephonverkehrs, die Entfaltung des Anzeigen- und VcrsandtwesenS, die Verwohlfeilung der Fabrikproducte und die Zunahme der Kundschaftsbereisung, endlich die Sichtbar machung der niederen Preise im Laden, drängen die Bedeutung des Hausierers mehr und mehr zurück. Das Anrufen der Gesetz gebung beweist jedoch, daß der seßhafte Kleinhändler aus eigener wirthschaftlicher Kraft mit dem Hausierwesen nicht aufräumen kann. Andererseits ist aber auch weiter zu betonen, daß ein großer Theil der Landbevölkerung geradezu auf den Wander handel angewiesen ist. Für Bewohner entfernt liegender Dörfer, n denen nur die alltäglichen Gebrauchsgegenstände erhältlich sind, für Knechte, Mägde, die selbst an Sonntagen nur äußerst elten bis zur Stadt kommen können, für Fabrikarbeiter, die vom Centrum der Stadt entfernt wohnen, für alle diese kommt der Hausierer sehr gelegen. Deshalb halten die Dorfgemeinden den Hausierhandel für nothwendig, weil er Maaren in ihr Gebiet bringt, welche an Ort und Stelle nicht gekauft werden können. Das Resultat, das aus den vorliegenden Untersuchungen ge zogen werden muß, lautet dahin, daß sich der völligen rechtlichen Abschaffung des Hausiererwesens Bedenken der verschiedensten Art entgegen stellen. Eine wesentliche Einschränkung wäre jedoch wiinschenswerth, und zwar müßte dabei Rücksicht ge nommen werden auf solche Angehörigen jedes Ortes, die zu keinem anderen Erwerb tauglich sind, und die Angehörigen be stimmter bedürftiger Gegenden. * Berlin, 10. Mai. (Zwangsversteigerungen in Preußen.) Nach einer im „Justiz-Min.-Bl." veröffent lichten Zusammenstellung der im Jahre 1898 beendeten Zwangsversteigerungen in Preußen ist sowohl die Gesammtzahl der versteigerten Grundstücke, wie die der dar unter befindlichen der Landwirthschaft dienenden Grundstücke im Vergleich zum voraufgegangenen Jahre abermals zurückgegangen. ES verdient hierbei hervorgehvben zu werden, daß die Zahl der ländlichen Grundstücke, die versteigert worden sind, noch in keinem Jahre so gering war wie im letzten. Es sind im Jahre 1898 9324 Zwangsversteigerungen beendet gegen 9866 im Jahre 1897, 10 714 im Jahre 1896 und 11 536 im Jahre 1895. Gegen das voraufgegangene Jahr bat also ein Rückgang um 542 Grundstücke oder 5,5 v. H. statt- aefunden. Sondert man die hauptsächlich der Land- und Forstwirtbschaft dienenden Grundstücke ab, so erziebt sich für diese eine Zahl von 3575 gegen 3675 im Jahre 1897, 3951 im Jahre 1896, 4305 im Jahre 1895, 4398 im Jabre 1894, 4908 im Jahre 1892, 5337 im Jahre 1889, 5943 im Jahre 1888 und 5731 im Jahre 1884. In den zehn Jahren seit 1888 hat also ein Rückgang der Zwangsversteigerungen ländlicher Grundstücke um 2368 oder nahezu 40 v. H. und seit dem Vorjahre ein solcher um 100 oder 2,7 v. H. stattgefunden. Eine Zunahme zeigen die Subhastationen ländlicher Grundstücke nur in den Provinzen Brandenburg (-s- 80), Ostpreußen (-s- 39), Westpreußen (-f- 13) und Schleswig-Holstein (-s- 13), wäh rend die Abnahme am beträchtlichsten war in Hessen-Nessau mit 88, Sachsen mit 46, Hannover mit 34, Westfalen mit 32 und Pommern mit 18. Bei der starken Steigerung in der Provinz Brandenburg ist zu beachten, daß im Jahre vorher hier eine Abnahme um 98 stattgefunden hatte. Die Zahl der Zwangsversteigerungen städtischer Grundstücke, die bis 1895 stark zugenommen hatte, ist seitdem in erheblichem Sinken. Sie betrug im Jahre 1890 4017, 1895 7231, 1896 6763, 1897 6191 und 1898 5749. Die Zahl ist also seit 1895 um 1482 oder um 20 v. H. zurückgegangen. — OfsiciöS wird jetzt mitgetheilt, daß eine Forderung für die Bildung eine» neuen Regierungsbezirk» Char- lottenburg mittels Nachtragsetats in der jetzigen Tagung keinesfalls eingebracht werden soll, sondern daß sich die organisatorischen Vorschläge der Staatsregierung auf dem Gebiete der inneren Verwaltung auf die bereits eingebrachte Vorlage wegen Einrichtung der Polizeiverwaltung für die Vororte von Berlin beschränken werden. ES wird freilich nicht gesagt, daß die Bildung eines neuen Regierungsbezirks Charlottenburg von der Staatsregierung endgillig auf gegeben ist. — Die letzte Nummer der „Mittheilungen deS Deutschen Flottenvereins" erörtert die Möglichkeit einer Beschleu nigung der Flottenbauten mit Rücksicht auf die Finanz lage des Reiches. Die Auslassungen kommen zu dem Schluß, daß die günstige Finanzlage des Reiches die zum wirk samen Schutz unserer Seeinteressen so nothwendige Be schleunigung deS Flottenbaues ohne jedes Bedenken gestatte. — Ueber die Entwickelung deS Flottenvereins sind folgende Angaben von Interesse: Begründet wurde der Verein im vorigen Jahre von 44 Herren, die aus allen Theilen des Reichs, der Einladung deS Fürsten Wilhelm zu Wied Folge leistend, nach Berlin gekommen waren. Der Mitgliederbestand betrug Ende Mai 835, Juni 2345, Juli 3801, August 5209, September 6673, October 8482, November 10 481, December 12 234, Januar 17 060, Februar 20 453, März 24 150, April 29 322, am 4. Mai 31 345. Hierzu kommen noch 47 Vereine mit 83 000 Mitgliedern. — In der Canalcommission deS preußischen Ab geordnetenhauses machte die Rede deS militärischen Vertreters über die strategische Bedeutung deS Canals, so berichtet man, einigen Eindruck, jedoch ist kaum anzunehmen, daß eine Aenderung in der Auffassung der Mehrheit der CommissionS- mitglieder herbeigeführt wird. Anders dürfte sich die Sache vielleicht im Plenum gestalten. * Dortmund, 9. Mai. DaS hiesige Oberbergamt ist zur Zeit damit beschäftigt, aus der Zahl der vorliegendeu Meldungen diejenigen Personen auszusuchen, die demnächst den Revierbeamten zur Unterstützung in der Ausführung der Gruben-Controle zur Seite gestellt werden sollen. Die neuen Beamten sollen aus den Reihen der staatlichen Werks beamten genommen werden, soweit solche in genügender Zah vorhanden sind. WaS deren Titel anbelang», so sollen sie Einfahrer genannt werden. Diese Amtsbezeichnung bestand schon einmal unter der Herrschaft des alten Berggesetzes; man hatte damals auch Obereinfahrer. Im Staatshaushalt für 1899 sind dir Mittel zur Besoldung dieser neuen Beamten, die binnen Kurzem ihre Thätigkeit beginnen werden, bereitgestellt. * Gera, 10. Mai. Der Landtag des FürstenthumS wird am 19. Juni zusammentreten. (-) Loburg, 10. Mai. (Telegramm.) Heute Vormittag wurde hier im herzoglichen Hofgarten das von Professor Eberlein in Berlin geschaffene Reiterstandbild des Herzog» Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha ent hüllt. Zu der Feier waren Herzog Alfred, die Herzogin- Mutter und andere Mitglieder deS herzoglichen Hauses, so wie die Spitzen der Behörden und viele Vereine anwesend. Die Feier wurde mit einem Gesänge eingeleitet. Darau hielt Wirkt. Geh. Rath Tempeltey die Festrede. Nach der Enthüllung legten der Herzog und die Herzogin-Wittwe am Denkmal Kränze nieder. DaS Standbild zeigt den Herzog in der Uniform der Halberstadter Kürassiere. * Höchst, 9. Mai. Die Enthüllung de» Bismarck- Denkmal» iu Höchst, die morgen stattfindrn sollte, wurde auf den 30. Mai verschoben. * Darmstadt, 9. Mai. Ueber Vorkommnisse am hiesigen Gymnasium gehen durch die Blätter Mit theilungen unglaublicher Art. Da nunmehr in der zweiten Kammer eine hierauf bezügliche Interpellation ein gebracht ist, wird man über den Thatbestand wohl in den nächsten Tagen Aufklärung erhalten. Es wird behauptet, daß ein Lehrer des Gymnasiums dem Sohne de» OberschulratheSD. geholfen habe, indem er ihm die Themata der Claffenarbeiten vorher mittheilte, ihn auf die schwierigen Stellen besonders vor bereitete und dergleichen mehr. So unglaublich diese Angaben klingen, so scheinen sie doch irgend eine thatsächliche Grundlage zu haben, denn der betreffende Lehrer ist nach Gießen versetzt worden. Die Aufklärung der Sache steht, wie bemerkt, bevor. L. An» Baden, 9. Mai. (Der Freisinn in Baden.) Wie die freisinnige Partei im preußischen Abgeordnetenhaus« dem Centrum durch die Ablehnung der für die Altkatho- iken mehr geforderten 6000 einen Schergenvienst ge- eistet hat, so haben auch die Freisinnigen in der zweiten dadischen Kammer eS sich nicht nehmen lassen, dem badischen Centrum in besonder» markanter Weise HeereSfolg« zu leisten. Dessen hat sich am Sonntag auf der in Karls ruhe abgehaltenen Landesversammlung der badischen freisinnigen der Abg. Pflüger gerühmt, indem er agte: Man habe den kirchenpolitischen Anträgen des Centrums beigrstimmt, weil sie deo Forderungen der Gerechtigkeit entsprächen. Um große Worte sind die frei sinnigen Herden niemals verlegen. Zum Unglück für sie ist aber in der ersten badischen Kammer der klerikale OrdenS- antrag sogar von den vier katholischen Mitgliedern ver worfen worden! Greller konnte die Aufopferungsfähigkeit der badischen Freisinnigen zu Gunsten deS CentrumS nicht beleuchtet werden. * Mannheim, 10. Mai. Der Präsident der bayerischen Handelskammer vr. August v. Clemm, Vertreter von Lud wigshafen, lehnte der „Voss. Ztg." zufolge die Wiederannahme einer LandtagScandidatur ab. * Karlsruhe, 9. Mai. Die Zweite Kammer nahm den Gesetzentwurf, betr. die Rechtsverhältnisse der Richter (Berichterstatter vr. WilckenS-Heidelberg) in folgender Fassung an: tz 1. Richterliche Beamte, welche daS 65. Lebens jahr zurückgelegt haben oder vor dem 1. Januar 1900 zurück legen und welche vor dem 1. September 1899 um ihre Zurruhesetzung spätestens auf 1. Januar 1900 nachsuchen, erhalten von der Zurruhesetzung bis zum 31. December 1902 daS volle bisherige Dienstemkommen als Ruhegehalt. Solange der zur Ruhe gesetzte richterliche Beamte daS volle bisherige Diensteinkommen als Ruhegehalt bezieht, richtet sich seine Beitragsleistung zur Beamtenivittwencaffe nach 8 76 Abs. 1 deS Beamtengesetzes. 8 2. Vom 1. Januar 1903 wird das Ruhegehalt auf den höchsten nach 8 35 Abs. 3 deS Beamten gesetzes zulässigen Betrag festgesetzt. 8 3. Die Bestimmungen der 88 k und 2 finden auch auf die Mitglieder deS Ver- waltungSgerichtShofe» Anwendung. 8 4- Dieses Gesetz tritt mit der Verkündigung in Wirksamkeit. Die Ministerien der Justiz und des Innern sind mit dem Vollzüge beauftragt. Stuttgart, 9. Mai. Zur Besprechung über die Obe r- bürgermei st erwähl haben gestern Abend gleichzeitig drei Wählerversammlungen stattgefunden. In der einen entwickelte Rechtsanwalt Lautenschlager ausführlich sein Programm, in der zweiten sprach Oberbürgermeister vr. Mülberger (Eßlingen), in der dritten Gemeinderath Rechtsanwalt Gauß. Rechtsanwalt Lautenschlager bezeichnete seine Candidatur als eine wirthschaftliche, nicht politische. Seine Candidatur findet hauptsächlich in Arbeiterkreisen Unterstützung. Für Gauß tritt die Volkspartei kräftig ein, für Mülberger ein Theil der Be amtenschaft und kleinen Bürger, für Ministerialrath v. Most - haf der Handelsstand, ein Theil der deutschen Partei und der conservative Verein. Der Ausgang der Wahl ist ganz unsicher. Die Parteivorstände der Socialdemokratie und der Centrums partei wollen erst in nächster Woche — einige Tage vor der Wahl — zu den Candidaturen Stellung nehmen. * Schlettstadt, 9. Mai. Der Kaiser bat auf die Schen kung der Hob königSburg an Bürgermeister und Gemeinde rath von Schlettstadt folgendes Schreiben gerichtet: Sie haben mir bei meiuem Besuche der Hohkönigiburg diese Burgruine im Kamen der Stadt Schlettstadt zum Geschenk dar geboten. Wie ich Ihnen bereit» mündlich zu erkennen gegeben habe, nehme ich diesen Beweis treuer Anhänglichkeit gern an, und freue ich mich, nunmehr auch in dem schönen Elsaß einen eigenen Besitz zu haben und zugleich Eigenthümer einer der größten und besterhaltenen deutschen Burgen zu sein, deren Steine unS daS Wesen deutscher Ritterherrlichkeit auS längst vergangenen Zeiten mit beredter Sprache verkünden. Möge daS Geschenk der Stadt Schlettstadt ein neues Baud vertrauensvoller Liebe zwischen Mir und dem Reichslande werden und die Hohkönigsburg allezeit auf eia friedliche» Land nnd eine glückliche Bevölkerung herniederschauen. Straßburg i. E., den 5. Mai 1899. gez. Wilhelm, I. K. Der klerikale Abg. Spieß hat seine gemeindlichen Aemter niedergelegt. Elsässische Zeitungen bringen diesen Schritt mit der Schenkung an den Kaiser m Verbindung. Oesterreich-Ungarn. Ausgleich. * Wie», 10. Mai. Zwischen den österreichischen und den ungarischen Ministern erfolgte gestern keine Ausgleichung der bestehenden Differenzpuncte. Ungarn stimmt dem Vor schlag zu, daß das Bankprivilegium gleich dem übrigen Aus gleich blo» bis 1904 dauere, jedoch unter der Voraussetzung, daß ein neues Bankstatut in Wirksamkeit trete. Oesterreich dagegen wünscht die Aufrechterhaltung de» bisherigen Statuts. (Mgdb. Ztg.) Frankreich. DreyfuSsache. * Paris, 10. Mai. Der Bericht Ballot-Beauprö'S lautet auf Aufhebung deS DreyfuS-Urtheil» und Verweisung DreyfuS' vor ein neue» Kriegs gericht. Ballot-BeauprS habe zur Aufhebung ohne Ver weisung geneigt, jedoch auf Vorstellung deS VertheidigerS Mornard darauf verzichtet, weil die Familie DreyfuS' Ge wicht darauf lege, den Verurtheilten durch daS Kriegsgericht rehabilitirt zu sehen. (Fkf. Ztg.) * Paris, 10. Mai. (Telegramm.) „Jntrausigeant" versichert, daß 2t Richter veS Höchsten Gerichts un erschütterlich entschlossen sind, daS Wiederaufnahmezesuch ab zuweise», und wenn die Untersuchung DreyfuS' Unschuld noch so unwiderleglich beweise. Leider giebt eS, fügt da» Blatt grimmig hinzu, 18 Richter, die von DreyfuS' Unschuld be reits überzeugt sind, und acht, die der Untersuchung Beachtung schenken. (Voss. Ztg.) * Die „National-Zeitung" schreibt: In wohlunterrichteten Kreisen wird mit Bestimmtheit an genommen, daß da» Bersahren de» französischen EassationShofe» in der Dreyfor-Angelegenheit die Revision zum Ergebnisse haben wird. Bezeichnend ist auch, daß die osficiös» „Agence HavaS", wie au» den heute tiugrtrosfentn Pariser Blättern hervorgeht, einen telegraphisch signalisirten Artikel der römischen „Tribuna" der französischen Presse übermittelte, in denen die Schuldlosigkeit de» Eapitän» DreyfuS und die Schuld Esterhazy'» constatirt werden. Zunächst wird in der „Tribuna" festgestellt, daß die viel- erörterte Depesche de» früheren italienischen Militärattaches in Pari», Oberst Panizzardi, in der vom französische« Ministerium de» Autwärtigen angenommenen Fassung echt ist. Hiernach hat also DelcossS gegenüber dem inzwischen durch Krantz ersetzten früheren Krieg»ministrr Freyciaet Recht behalten, der durch General Lhanoine eine andere Auffassung vor dem Lafsation»hofe vertreten ließ. Der italienische Botschafter in Pari», Graf Tornielli, hat überdie» eine authentisch« Abschrift der Depesche Panizzardi'» an die französische Regierung gelangen lassen und zugleich nochmal» bestätigt, daß kein Agent der italienischen Regierung jemal» Beziehungen zu DreyfuS hatte. Di» „Tribuns" erklärt weiter, daß sämmtlich» im Bordereau verzeichneten militärischen Aktenstücke durch Esterhazy, den Schreiber dieses Bordereau», dem früheren deutschen MilitärattachS in Pari», Herrn v. Schwartzkoppen, übersandt worden sind. Der „petit bleu", der ein» Fälschung de» Oberstleutnants Picquart sein soll, ist nach der „Tribuna" gleichfalls echt unv war an Esterhazy adressirt, so daß Picquart'» Verdacht gegen diesen durchau» gerechtfertigt war. Alle diese Thatsachen sind zwar ia den unterrichteten Kreisen Deutsch- land« und Italien» längst bekannt. Daß aber die officiüse «Agence HavaS" die Mittheiluugen der „Tribuns" nunmehr verbreitet, ist ein Symptom für dir in den französischen Rrgirruag»kreisen über den nahe bevorstehenden AuSgang de» Bersahren» vor dem Cassa- tiooShofe herrlchead» Auffassung. * Parts, 10. Mai. (Telegramm.) „Echo de Paris" will von einem Rathe de» CassationShofeS erfahren haben, daß das Bureau de» CassationShofeS gestern den Hauptmann Cuignet verhört habe. Cuignet habe Schrift stücke vorgelegt, die beweisen, daß da» Modell de» Geschützes 120 kurz vor der Zeit der Herstellung de» Bordereaus geheimgehalten worden sei. DaS Bureau habe sodaun zahl reiche Gesuche von Personen, die verhört zu werden wünschten, abgelehnt. * Pari», 10. Mai. (Telegramm.) Die Regierung hat noch keinen Beschluß gefaßt in Bezug aus die Wiedereröffnung der Vorlesungen Duruy'San der Polytechnischen Schule. Der Kriegsminister wird über diese Angelegenheit heute Abend oder morgen verhandeln. Italien. Mtntsterkrise. * Rom, 10. Mai. (Telegramm.) DaS Gerücht er hält sich, daßPelloux das Präsidium und das Ministerium deS Innern beibehalte, ViSconti-Venosta daS Ministerium deö Aenßeren und Salandra, der Unterstaatssekretär im Post-Ministerium war, als Sonnino an der Spitze dieses Ministeriums stand, da» Schatz-Ministerium erhalte. * Rom, 10. Mai. (Telegramm.) Mehrere Provinz blätter veröffentlichen folgende Ministerliste: Pelloux — Präsidium und Inneres, Visconti-Veno sta — Auswärtiges, Salandra — Schatz, Boselli — Finanzen, Palberti — Justiz, Lacava — öffentliche Arbeiten, Baccellij — Unterricht, Bettolo — Marine und Mirri — Krieg. * Rom, 10. Mai. (Telegramm.) Der „Offervatore Romano" veröffentlicht heute die Ernennung des jetzigen päpstlichen Nuntius ia München Lorenzelli zum Nuntius in Paris. Rußland. Hungersnoth. * Petersburg, 10. Mai. (Telegramm.) Auf Anord nung der Kaiserin Alexandra begeben sich am 13. Mai die Mitglieder des Curatorien-ComitbS der Arbeitshäuser Wirkl. Geh. Rath Galkin Wraßkoi und Baron Buxhöwden in die von der Mißernte heimgesuchten Gouvernements, um eine Enquete über den Umfang des Nothstandes anzu stellen und schleunigst Mittel zur Milderung deS Nothstandes zu ergreifen. Die Kaiserin Alexandra hat zum Besten der Nothleidenden au» eigenen Mitteln 50 000 Rubel gespendet. Orient. Armenisches; Türkisch-griechischer Zwischensall. * Konstantinopel, 10. Mai. (Telegramm.) Der Commission, die dazu bestimmt ist, mit den Delegirten deS armenischen Comit4s (einem auS Paris und zweien auS Gens) über die zur Verbesserung der Lage der Armenier zu ergreifenden Maßnahmen zu berathen, gehören an: der Minister deS Innern und der UnierstaatSsekretär deS Aeußern, ferner Achmed Djelaledin Pascha, sowie der Muleffarif von Pera Enver Bei, außerdem Dertad Bei und der Advocat Kihor Effendi, die als Vermittler zwischen der Regierung und dem armenischen ComitS fungirt hatten. Die Delegirten, denen für die Zeit ihres Aufenthaltes in Konstantinopel freies Geleit zugesichert ist, sind noch nicht eingetroffen. Die Verhandlungen, sie zum Erscheinen zu bewegen, sind erneuert worden. * Konstantinopel, 10. Mai. (Telegramm.) Gelegentlich deS Georg-Feste- im Vororte Makriköi zerrissen zwei tür kische Officiere eine griechische Fahne. Die griechische Gesandtschaft hat die Bestrafung der Officiere und die Absetzung de» Polizeichrf» jene» Vororte» verlangt. Afrika. Transafrikanische Bahn; Handel im Sudan. * Lissabon, 10. Mai. (Telegramm.) Eine Depesche au» Loanda meldet: Die erste Locomotive traf in Ambaka ein, dem Endbahnhof der ersten Concession der transafrikanischen Bahn. * London, 9. Mai. Wie denI„Times" auS Kairo von bester» gemeldet wird, beabsichtigt der Sirdar Lord Kitchener, im September, wenn die Bahn bis Chartum fertig gestellt ist, denSudan für denHandel ohne Einschränkung zu öffnen. Ausländische Waaren sollen von Abgaben frei sein, abgesehen von einer kleinen Eintragungsgebühr in Wadihalfa; den Europäern soll es gestattet sein, Land zu erwerben. (Wiederholt und ergänzt.) Amerika. Beziehungen zu Deutschland. * New Hark, 9. Mai. Der Marinesekretär Long ver öffentlicht ein vom 17. April datirte» Schreiben de» Staats sekretär» de» deutschen ReichSmarine-Amte» Contre-Admirals Tirpitz, in dem dieser den herzlichen Dank der deutschen Marine für da» dem deutschen Marineattachö während de» Kriege» erwiesene freundliche Entgegenkommen und die ihm zu Theil gewordene Gastfreundschaft anSspricht. — Der zur Zeit hier weilende landwirthschaftliche Akt achö an der amerikanischen Botschaft in Berlin erklärte zu der Frage de» Fleischeinfuhrverbots, die Lage sei nicht sehr ernst anzusehen. Deutschland sei zu gerecht und zu vorsichtig, al» daß e» die Vereinigten Staaten ander» behandeln würde al- andere Staaten. Ein Krieg auf handelspolitischem Gebiete sei unmöglich. Tüdsee. Samoa. * Apia, 10. Mai. (Telegramm.) Der Waffenstillstand ist zu Stande gekommen. Capitän Sturdee hat mit einem Missionar unbelästigt die Linien der Mataafaner betreten. Jedermann erwartet ruhig die Ankunft der Commission. Ein britischer Pflanzer, der sechs Wochen von den Mataafa- nern gefangen gehalten worden war, ist iu Apia eingetroffen. Die Leute Mataafa'S hatten wiederholt gedroht, ,hm den Kopf abzuschneiden. Der englische Kreuzer „Royalist" ist nach England abgegangen. Der neue Präsident de» Muni- cipalrath», Sols, ist in Apia eingetroffeo. („Reut. Bureau".) * London, 10. Mai. (Telegramm.) Zur Haltung Deutschland» auf Samoa erfährt der „Standard" über Berlin: Nachdem die Regierung der Vereinigten Staaten ven Admiral Kautz angewiesen hatte, bi» zur Ankunft der Commission de» Status gao »u erhalten, erhielt der General konsul Rose von der deutschen Regierung die Weisung, einer von den drei Consuln an alle Einwohner Samoa» ohne Parteiunterschied zu erlassenden gemeinsamen Kundmachung beizupflichten. Al» ältester Eonsularbeamter war Rose in» Stande, die Initiative zu diesem Schritt zu ergreifen, der lediglich bezweckte, die Samoaner im Interesse aller Weißen vor der Ankunft der Commission zu beruhigen. Rose war auch angewiesen, seine Mitwirkung
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