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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.05.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990512029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899051202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899051202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-12
- Monat1899-05
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Abend-Ausgabe NipMer TagMM Anzeiger Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Jahrgang. Freitag den 12. Mai 1899. Frnilletsn 1s hwen die s Rothen Personen enheit der ion br ¬ eiter nahm mheit des tcirattachös irigen Fest- lale des :en die Ver- cüßungsrede widerte der Verdienst der hob.' Der Uscher Rede ichtung der us. König Musik die hte nach der l Kaiser . Auf das eutscher erte Unter verbindung er erinnerte lpferverkehr zedachte der agemuthes; t die Liebe elt gefriert Der Unter- in das die hielt König i« Ber- r Grüße ' constatirt ilglische ur in ein Charakters >d dagegen Eine der ütik bestehe gsfrei- Abkommen vern es sei n worden, m Gebiete asiatischen ner K. K. whner der i, uM die wer mehr ge wieder r Haus- sche Bot- Dir Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. dir Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. hier ver- und viel- nfall von llann ab- rsgezogen, arschanow amenttunttt- ifttträger in Unterhcause nspruches Die englische ischen Mini- en abwarten, irS ihres Ge- fragt an, ob ie Weigerung »er englischen n Concession Angelegenheit stattgefunden dert, er habe )t, die ihren tigen Schritt hle zu unter- ur, erklärt, onferenz Das Pro- enschaftlicher cschlägen zur id die Ser be anläßlich s in den Nachbarschaft n Regierung :ilt Brodrick les xtiares" Meere vrr- i Regierung »en Schiffen meldet autz nferenz, lner statt- tigt. lairo von e mit einer »es Chalifen Nil er- Hxtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Der zur Zeit tagende socialdemokratische Gewerkschaft-- congrch hat eine Resolution angenommen, die den Gewerk schaften die bessere Bezahlung ihrer Beamten empfiehlt. ES handelt sich dabei um die Redacteure der enze der Differenz mzungen : Häuser Kriegern waltung, rrticlpal- m, auf dreifache l Ober- rlconsul, er Con- etrichter stigt er- ltint. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stet» an die Expedition zu richten. von der entgegengesetzten Seite. „Irmgard!" rief sie, erst leise, dann lauter zum anderen Bett hinüber. „Irmgard!" Da dies keinen Erfolg hatte, hob sie ein Pantöffelchen von grünem Saffian mit Goldstickerei von dem kleinen Pelz teppich auf und warf ihn nach dort. Er traf den Bettstollen klatschend und fiel auf die Erde. Nun rührte die Blonde sich, machte mit dem Körper eine Wendung und zog das Bein »weiter unter die blauseidene Stepp decke zurück. „Irmgard!" „Was willst Du denn?" fragte eine verschlafene Stimme. „Hörst Du nichts?" Erst auf den nochmaligen Anruf: „So laß mich doch schlafen, Armgard, ich bin noch so müde." „Aber hörst Du denn nichts? Da wieder!" Nun hatte auch die Blonde das sonderbare Geräusch ver nommen. Sie beugte sich vor und strich das lockige Haar von der Stirn zurück. „Da klopft Jemand ans Fenster." „Wie ist das aber möglich? Die längste Leiter reicht nicht so hoch hinauf." „Nein, freilich! Und wer sollte auch . . .?" „Jetzt nochmals. Als wollte uns einer aufwecken! Es klingt wie das Picken eines Bogels." „Das wird's auch sein." „Aber er wäre doch längst wieder fortgeflogen . . ." „Das wollen wir gleich einmal feststellen!" rief die blonde Irmgard, warf entschlossen die Decke ab und trat in ihre Morgenschuhe. „Nein, laß lieber sein", bat Irmgard ganz ängstlich. „Wer weiß . . ." „Ach, es ist ja ganz hell, die Sonne längst aufgegangen. Da spukt in di-rsem Thurme kein Geist mehr herum." „Sei vorsichtig, Irmgard, zieh Dich wenigstens erst an." Die Blonde warf nur einen leichten Rock über. In den Morgenschuhen steckten die nackten Füßchen, die sich nun eiligst dem mittleren Fenster zu bewegten. Sie schlug den grünen Vorhang über den Halter an der Seite und zog den weißen Vor hang auf. Die Sonne blitzte nun noch sehr von unten her in» Zimmer hinein und übergoß die jugendliche Gestalt mit blenden der Lichtfülle. Die Hand mußte wie ein Schirmdach vor die Stirn gelegt werden. Da saß nun außen auf dem Fenfierblech ein Täubchen, hatte die Brust hochgehoben und an die Scheibe gedrückt und pickte von Zeit zu Zeit gegen sie mit dem Schnabel, sehr deutlich in der Absicht, sich bemerkbar zu machen. Es tanzte jetzt auf dem Brett hin und her, verneigte sich sehr putzig und gurrte. „Ach, das reizende Thierchen", rief Irmgard, „sieh doch einmal, sieh!" Armgard hatte sich überzeugt, daß ihre Aengstlichkeit grundlos gewesen. „Ein Täubchen", sagte sie, um den Bettpfosten guckend, „wahrhaftig ein Täubchen, da» uni da zum guten Morgen weckt." Sie stand nun gleichfalls auf, zog sich zwar etwas vollständiger an, ließ sich aber doch nicht Zeit, den geworfenen Pantoffel vom anderen Bett zu holen, sondern schlurfte „auf einem »Strumpf, auf einem Schuh" nach dem Fenster. „Das ist zu hübsch! Was das kleine Ding nur will?" „Zu uns hinein, denk' ich." „Aber —" „Ich thu ihm auf! Vielleicht sucht es bei uns Schutz vor einem »Raubvogel." „Dann schnell, schnell!" Irmgard zog den Fensterflügel auf. Das Täubchen, Wohl durch das Geräusch erschreckt, flog ab, kehrte aber in kurzem Kreise wieder zurück, setzte sich auf das Blech, dienerte noch munterer und gurrte dabei geschäftig. Irmgard streckte die Hand nach ihm aus. „Du!" rief Armgard und faßte ihren Arm, „laß Dich nicht mit dem scharfen Schnabel —" „Hasenfuß! Es thut ja nichts", versicherte die Blonde. Das Täubchen ließ sich wirklich ohne viel Sträuben um die Flügel spitzen fassen und hineinnehmen. Irmgard drückte eS an die Brust und streichelte das Köpfchen. Nun wurde auch Armgard muthiger und Letheiligte sich bei diesen Liebkosungen. „Haben wir »denn gar nichts zum Füttern?" fragte sie. Irmgard dachte nach. „Vielleicht ist noch etwas »von der Fourage übrig geblieben, die wir am letzten Tage der Reise mit bekamen. Sieh doch einmal im Beutel nach!" „Ich denke, Du hast Alles aufgegessen", meinte die Braune, „schon in den ersten Stunden." Es fanden sich wirklich in der Handtasche, al» sie auf den schnell abgeräumten Tisch auSgeschüttet wurde, allerhand Krüm chen von Kuchen und Weißbrod vor. DaS Täubchen, das Irm gard nun freigab, pickte anscheinend recht hungrig davon. Dabei wippte es immer mit dem zweispitzigen Schwänzchen hoch auf. „Aber was hat es denn da?" fragte Armgard und zeigte mit dem Finger. „Wo denn?" „Da hinten — da» kleine Röllchen." ,Mch!" Irmgard legte ihm wieder die Hand auf den Rücken und hob es auf. „Es ist an eine von den langen Federn fest gebunden. Du kannst die Schleife leicht aufziehen." Armgard that's mit zitternden Fingern. Das Papierröllchen siel auf den Teppich. Beide bückten sich darnach zu gleicher Zeit, aber Irmgard wollte dte Taube nicht gleich loslaffen, und so kam ihr die Schwester zuvor. Sie rollte den kleinen Papierstreifen auf und las neugierig die Aufschrift: „Der Schönsten Gruß und Kuß!" „Steht das wirklich da?" fragte die Blonde, verschämt lächelnd. „LS steht. Lies doch selbst." Arrange- nd hofft, : deutsche i worden, irklärt. phiyüe licht von eiitbehre den ebe- volver- Aedaclion und Expedition: IohanniSgafle 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Filialen: Ott» Klemm'» Toctim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinuno. Laut» Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. Eine officielle Meldung auS Unyoro in Uganda berichtet, die endliche Gefangennahme der „Könige" Mwanga und Kabarega am 9. April auf dem Ostufer des NileS durch den englischen Oberstleutnant Evatt. Dieser griff Kabarega in dessen befestigtem Lager an, zerstörte dasselbe durch seine Maschinengeschütze, tödtete dem Feinde 300 Mann und »ahm den König selbst, welcher schwer verwundet war, Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzelle 20 Pfg. Reklamen unter dem Redacti'onSstrich (»ge spalten) 50^, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40/H. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichnitz. Tabellarischer und Zifferusah nach höherem Tarif. „Ja — es steht. „Der Schönsten Gruß und Kuß." Sie wiegte den blonden Kopf. „Wer kann das nur geschrieben haben?" „Ja wer. . . .? Und an wen von uns Beiden ist das Täub chen abgeschickt?" „Unzweifelhaft an mich!" „Weshalb denn?" „Ich hab's eingelassen." „Aber ich hab' sein Klopfen zuerst gehört." „Das ist gleichgiltig. Wäre ich nicht aufgestanden —" „Und Du bist wohl auch die Schönste?" Irmgard warf einen schnellen Blick in den schrägen Spiegel über der Toilette. „Nun — der Geschmack ist ja verschieden." „Wie eitel Du bist", schalt die bedächtigere Schwester. „Aber eine von uns muß doch gemeint sein." „Ja, welche? Wenn Du den Kuß durchaus auf Dich be ziehen willst —" Jrmgard's Wangen überflog die Röthe. ,Du bist garstig. Es braucht doch nicht gerade ein Mann . . ." „Wer schreibt sonst so etwas? Ich nehme mir den Gruß an. Dann kannst Du ja —" „Nein, nein! Der Schönsten kommt beide» zu", sagte Irm gard weinerlich. Meinetwegen bist Du nun die Schönste." „Ich will aber nicht", trotzte die Braune. „Es ist eigentlich doch wohl unverschämt —" „Aber gewiß gut gemeint." „Vertheidige ihn nur noch!" ,Men?" „DaS weiß ich doch nicht. Du hast Geheimnisse vor mir, Irmgard." „Oder Du vor mir." „Nein, gewiß nicht. Wenn das Thierchen nur sprechen könnte . . . Aber wo ist's denn geblieben?" Während dieses Streites der Schwestern hatte die blauweiß; Taube den Rest der Krümchen vom Tisch aufgepickt und dann durch daS offene Fenster die Freiheit gesucht. Die beiden Mäd chen eilten dorthin und blickten hinaus, konnten sie aber nicht mehr erspähen. Nicht weit vom Thurm, der eine Ecke de» Schlosse» bildete, stand der Pferdrstall, auf dessen oberster Giebelluke ein Taubenschlag aufgebaut war. Auf der Stange spazierten mehrere von den Insassen; sie konnte sich ihnen zugesellt haben. Eben erschien unten Fräulein Emma, die Tochter de» Schloßderwalters, und streute aus ihrer kleinen Schürze Gerste au». Nun tummelte stcb bald ein aanz-er Sckwarm um sie; die Dreistesten flogen ihr auf die Schulter. Sie haschte nach der einen und hielt st« ein kleines Weilchen zwischen den Händen vor sich hin, warf sie dann aber gleich wieder in di« Luft. Da» konnte die blauweiße ge wesen sein. Sicher war'» doch nicht. (L-rtsrtzung folgt.) Äußer Diensten. Roman von Ernst Wichert. Nachdruck »erbet n. Erstes Capitel. Der Jrühmorgen dämmerte in die drei schmalen Bogen fenster des Thurmgemachs von Schloß Horseln hinein, erst wie ein lichter Streif zwischen den grünwollenen, vorn eingefransten Vorhängen, die nicht völlig schlossen, und noch gedämpft durch die weißen Vorhänge, dann rosig den ganzen Raum durchleuchtend, und plötzlich einen glänzenden Schein auf die Thür der gegen überliegenden Wand werfend. Es war ein sechseckiges Zimmer, geräumig, aber nicht hoch, mit cassettirter Holzdccke, deren mittleres Sechseck eine Malerei umrahmte, und bis über di« Hälfte hinauf getäfelten Wänden. Es hatte nur die eine Thür gegenüber den Fenstern, durch ein kräftiges Gesims von brauner Holzschnitzerei überhöht. An den beiden Schrägwänden daneben standen zwei Bettstellen mit weit zurückgeschlagenen Gardinen in Stoff »und Farbe der Fenstervorhänge, davor kleine Nachttische mit Marmorplatten. Es blieb noch Raum für zwei zierliche Waschtoiletten. Die beiden Ecken zwischen den Fenstern füllten Schränke auS, auf welche Gypsfiguren gestellt waren, die sich jetzt nur gespenstisch von der dunkelen Ledertapele abhoben. Ein runder Tisch in der Mitte, ebenso wie die Stühle an den Betten mit allerhand Kleidungsstücken belegt und umgeben von leichten Polstersesseln, stand auf einem blaurothen, dicken Teppich, der den größten Theil des Fußbodens bedeckte. In den Betten schliefen zwei junge Mädchen — sehr junge Mädchen, wenn daS Zwielicht hinter der Gardine nicht täuschte. Das eine, ein Blondkopf, hatte sich der Wand zugekehrt und die Hüllen weit zurückgeschoben, unter denen auch die Hacke eine weißen Fußes vorschaute, das andere, dunkelbraunhaarige, lag lang ausgestrcckt, den Kopf ein klein wenig zur Seite geneigt, und durch den bi» über die Ellenbogen hinauf nackten Arm gestützt; die ruhigen Athemzüge waren hörbar. Aber auch das Licken der beiden Taschenuhren konnte unterschieden werden. Plötzlich wurde die dämmerige Stille durch ein scharfes Ge räusch vom Fenster her unterbrochen. Es klang, als wäre die Fensterscheibe von einem harten Gegenstände, vielleicht Metall, mehrmals rasch aufeinander angestoßen. Die Braune erwachte, rieb sich die Augen und hob den Kopf. Dann, da sich daS Klopfen nach kurzer Zeit wiederholte, stützt« sie sich auf den Ellenbogen und blickte am Bettvorhang vorüber mit großen, etwas erschreckten Augen in» Zimmer hinein. Was giebt'r Venn? Das Klopfen kam jedenfalls nicht von der Thüre her, sondern ÄmlsUatt -es Königliche« Land- im- Amtsgerichtes Leipzig, -es Ratljes un- Nolizei-Ämtes -er Stadt Leipzig. Beznffs-PrckS f» der Hauptexpedition oder den tm Eladk- »ezirk und den Vororten errichteten AuS- oabestellen ab geholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandieudung in- Ausland: monatlich 7.50. Seit gestern scheint die italienische Ministerkrise beseitigt. BiSconti-Venosta begab sich, wie uns aus Rom gemeldet wird, Donnerstag Abend zu Pelloux und erklärte ihm, er nehme daS Portefeuille des Auswärtigen au. Pelloux wird in dem neuen Eadinet Präsidium und Innere» übernehmen, BiSconti-Venosta das Ministerium deS Auswärtigen, General Mirri daS Kriegsmiuisterium, Admiral Bettolo die Marine, Lacava die öffentlichen Arbeiten, Baccelli daS Unterrichts ministerium. Dem Vernehmen nach übernehmen Boselli und Salandra den Schatz bez. die Finanzen. Daß der bisherige Conseilpräsidcnt Pelloux neben der Leitung des CabiuetS auch das Ressort des Innern behalten würde, wurde von Anfang an angenommen. BemerkenSwerth ist, daß nicht Sonnino, sondern BiSconti-Venosta das Porte feuille des Auswärtigen übernommen hat. ViSconti-Venosta war auch im Cabinet Rudini mit der Leitung dieses RessortS betraut, für das ihm reiche Erfahrungen zur Verfügung stehen. Er galt als Franzosenfreund und Anhänger eines guten Einvernehmen- mit der Nachbarpolitik. Inzwischen ist das Handelsabkommen zwischen Frankreich und Italien zum Ab schlüsse gelangt; auch im klebrigen waren bessere Beziehungen zwischen den beiden Ländern hergestellt. Allerdings ist jetzt durch das englisch-franzöflsche Abkommen über die Abgrenzung bestimmter Interessensphären in Afrika das Mißtrauen weiter Kreise in Italien von Neuem wachgerufen worden, da Be sorgnisse in Bezug auf Tripolis gehegt werden. Dieses Miß trauen zu beseitigen, ist bisher der französischen Regierung nicht vollständig gelungen. Ob BiSconti-Venosta in dieser Hinsicht zugänglicher sein wird, muß abgewartet werden. Sonnino, der frühere Schatzminister, ist aus der neuen Ministercombination auSgeschieden. Seine Befähigung für die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten hatte er noch nicht erwiesen. Dagegen wird daran erinnert, daß er früher in leitender Stellung der Verkürzung der Zinsforderungen der auswärtigen Staatsgläubiger zustimmte. Auch Luzzatti, der gleichfalls als Ministercandidat genannt wurde, sieht sich von der jüngsten Ministercombination ausgeschlossen. Die parlamentarischen Schwierigkeiten, welche daS neue Cabinet vorsindet, sind einerseits auf die Sanmun-Frage, anderer seits auf die so vielfache Spaltung der Kammer in kleine Fractionen zurückzuführen. Die Aussicht, für die Durch führung deS in China begonnenen Unternehmen- eine Ma jorität in der Kammer zu finden, ist gering, eine Thatsache, über die sich General Pelloux keiner Täuschung hingeben kann. Andererseits wäre es allerdings für das neue Cabinet eine sehr peinliche Aufgabe, dieses Unter nehmen, in dem sich die italienische Diplomatie schon so weit engagirt hat, einfach fallen zu lassen. ES würde sich nun allerdings das AuSkunftSmittel der Kammerauslösung darbieten. Der Erfolg einer solchen Maßregel muß jedoch in beiden Richtungen als sehr zweifelhaft angesehen werden, da die Zersplitterung der Volksvertretung in eine große Anzahl von Gruppen gerade durch die häufigen Neuwahlen gefördert worden ist und überdies eine Vermehrung der Stimmen für die Fortsetzung der ostasiatischen Action in der Kammer, angesichts der im Lande vorherrschender Abneigung gegen dieses Unternehmen, im Falle von Neuwahlen kaum zu erwarten ist. Die Patriarchcuwahl in Antiochia entwickelt sich zu einer kirchenpolitischen Angelegenheit von großem Interesse. Die aus sieben Mitgliedern bestehende Majorität der Synode von Antiochia bat kürzlich den bisherigen LocumtenenS des Patriarchats, Msgr. Meletius, einen Syrier, zum Patriarchen gewählt, und zwar ohne die fünfgliedrige Minorität ter Synode, welche die Aufrechterhaltung des bisherigen Anschlusses an das ökumenische Patriarchat befürwortet, und die übrigen wahl berechtigten kirchlichen Würdenträger zu dem Wahlact heran zuziehen. Die Minorität der Synode hatte sofort gegen diese Wahl als eine „anticanonische" Protest eingelegt. Es handelt sich jedoch um mehr als blos um die Ein haltung der für die Patriarchenwahl vorgeschriebencn Regeln. Wie schon bei einer früheren Gelegenheit er wähnt wurde, fand die Wahl eines syrischen Candi- daten für den Patriarchensitz in Antiochia lebhafte Unter stützung von russischer Seite, da Rußland darin ein Mittel erblickt, um seinen Einfluß in Syrien zu heben. Die Wahl des Msgr. MeletiuS fand in Anwesenheit deS russischen Consulk von DamaScuS statt, welcher erklärt haben soll, die Anerkennung der Wahl durch die Pforte verbürgen zu können. Thatsächlich wünscht jedoch die Pforte die Annullirung der Wahl. Zu dieser Haltung sieht sie sich auS mehreren Gründen gezwungen. Zunächst ist zu be merken, daß bei dieser Wahl der ausdrückliche Wunsch der Pforte, daß die Candidatenliste wie üblich auch die Candi- dalen des ökumenischen Patriarchats enthalten möge, um gangen wurde. Schon aus diesem Grunde konnte die Pforte diesen Wahlact nicht als recht-giltig anerkennen. Ueberdies würde das Vorgehen der Synode von Antiochia einen ernsten Präcedenzfall bedeuten, der auck bei der Neuwahl deS ökumenischen Patriarchen, oder der Patriarchen von Jerusalem und Alexandrien, die bisher mit dem Pa triarchen von Antiochia die orthodoxe Kirche des Orients darstelltcn, Nachahmung finden könnte. Damit würde jedoch die Pforte jeder Einflußnahme auf die Wahl dieser Ober häupter der orthodoxen Kirche beraubt werden. DeS Weitern droht die Wahl deS Msgr. MeletiuS, welche von den übrigenPa- triarchaten als anticanonisch bezeichnet wird, eine bedenkliche Spaltung in die orthodoxe Kirche der Türkei zu tragen, da den übrigen Patriarchen «in kirchlicher Verkehr mit ihm nicht möglich wäre. Selbstverständlich steht da« ökumenische Patriarchat auf demselben Standpunkte wie die türkische Regierung. Am 7. dS. haben sich Delegirte deS ökumenischen Patriarchats, den sich auch Delegirte der Patriarchate von Jerusalem und Alexandrien angeschloffen haben, nach Uildiz- KioSk begeben und daselbst einen schriftlichen Protest gegen die Wahl des Msgr. MeletiuS überreicht, in welchem gleich falls um die Aunullirung des Wahlacts ersucht wird. Gewerkschaftsblätter, denen dasselbe Privilegium zu Theil werden soll, dessen bisher überwiegend nur die au der poli tischen Presse angestellten „Genossen" sich erfreuten. Die Agitation, de» GewerkschaftSredacteuren ähnliche Vor theile zuzuwenden, wie die Genossen am „Vorwärts", an der „Leipziger Volkszeitung" u. s. w. sie genießen, wurde schon seit längerer Zeit von den Betheiligten eifrig betrieben. Hervorgethan hat sich dabei durch be sondere Lebhaftigkeit der „Grundstein", der im Januar dieses Jahres u. A. Folgendes schrieb: „Bedauerlich und mitunter geradezu verletzend ist es, wenn Mitglieder der Organisation selbst die Arbeitsleistung ihrer Beamten nicht gebührend zu würdigen vermöge» und denselben durch klein liche Nörgeleien, betreffend die Gehaltsfrage, daS Leben sauer machen, wie es leider noch so oft der Fall. DaS rein geschäftliche, vertragsmäßige Verhältniß, wie eS zwischen Arbeitgebern und Arbeitern besteht, kann hier nicht Platz greifen; eS handelt sich um wichtige Vertrauensposten, zu denen man die vertrauenswürdigsten, die begabtesten, tüchtigsten Mitglieder der Organisation zu nehmen pflegt. Die Inhaber dieser Posten sind der steten Controle ihrer Auftraggeber ausgesetzt... Aber dieses ganz selbstverständ liche Verhältniß rechtfertigt nicht die Anschauungen, die leider noch manche Arbeiter hegen, daß die Gehälter ihrer Beamten möglichst auf daS Maß deS üblichen Arbeitslohnes beschränkt bleiben müssen. Man macht dafür daSproletarischeBewußt- sein geltend, ohne zu ahnen, wie sehr diese Anschauung de» jeitenden Grundsätzen deS organisirten Proleta riats widerspricht und die Gerechtigkeit verletzt." — Die „leiten den Grundsätze" des organisirten Proletariats, d. h. der Social demokratie, werden nicht sowohl von den „Genossen" verletzt, als vom „Grundstein", der die „Genossen" tadelt. Den» in Bezug auf die kapitalistische WirthschaftSordnung lassen die socialvemokratischen Führer eS sich angelegen sein, die höhere Bezahlung der Inhaber „wichtiger Vertrauensposten" auf das Schärfste zu mißbilligen. Die „Sächsische Arbeiterztg." ist übrigens noch weiter gegangen als der „Grundstein": sie hat die Forderung erhoben, daß „alle Parteiangestellten" besser besoldet werben. „Der Gewerkschafts- oder Partei angestellte",schreibt die„Sächsische Arbeiterztg." wörtlich, „ist nun einmal nicht nach Angebot und Nachfrage zu bewerthen, er hat einen Vertrauensposten und soll darin auch mehr als seine gewöhnliche Lohnarbeiterpflicht thun. Um die Liebe zur Sache, um die Schaffensfreudigkeit nicht gewaltsam zu ertöd ten,müssen ihm die kleinlichen Nörgeleien.. erspart bleiben." — Diese Anschauung ist der reine Hohn auf das socialdemokratische Grundprincip derGleich- beit. Und wie ist die schon jetzt erhobene socialdemokratische Forderung, daß die gewöhnlichen „Lohnarbeiter" alle den gleichen Lohn erhallen sollen, vereinbar mit dem Ausspruch, daß Liebe zur Sache und Schaffensfreudigkeit durch eine unterschiedliche Bezahlung wachgehalten werden müssen? Doch was kümmert die „Parteiangestellten" der „gewöhnliche Lohnarbeiter"! Den „Parteiangestellten" genügt es eben, wenn die höhere Entlohnung ihnen als den Erkorenen des Proletariats gezahlt wird; sie sind ja die Herren unter den „Genossen", und die Vertretung der Genossen, der Gewerk- schastScongreß, spricht sein Ja und Amen hierzu! Politische Tagesschau. * Leipzig, 12. Mai. Am Mittwoch haben im Reichstage die Versuche der socialdemokratischen Fraktion, die zweite Berathung deS Invalidenversicherungsgesetzes bis nach den Pfingst- ferien oder gar noch weiter hinaus zu verschleppen, nichts gefruchtet, weil das Präsidium und die bürgerlichen Fractionen nicht nur für ein beschlußfähiges HauS, sondern auch dafür gesorgt halten, daß sich die Mehrheit mit gutem Gewissen als mit dem Gegenstände der Berathung vertraut bezeichnen durfte. Nun fragt eS sich, ob die zu dieser Kraft- und Gewiffenhaftigkeitsprobe nach Berlin gereisten Reichsboten auch Ausdauer genug haben werden, um das wichtige Gesetz noch vor den Ferien zur Durchberathung zu bringen. Leicht wird Letzteres nicht sein. Ein beschlußfähiges HauS für einen bestimmten Moment zusammen zu bringen, ist jeden falls nicht so schwierig, al» eS zusammen zu halten, zumal kurz vor dem Pfingstfeste und trotz der Verschleppungstendenz einer so starken Fraction wie der socialdemokratischen. Hat doch diese eine ganze Fülle von Abäuderungsanträgen bereit und hat sie doch überdies durch ihre Redner bereits ankündigen lassen, daß sie bei jeder anscheinend günstigen Gelegenheit die Be schlußfähigkeit deS Hauses anzweifeln werde. Und welcher Art die Abänderungsanträge sein werden, geht deutlich auS dem zu tz 3a gestellten Anträge hervor. Dieser überläßt dem BundeS- rathe die Bestimmung darüber, ob ausländische Arbeiter von der Versicherungspflicht befreit sind; sofern eine solche Bestimmung getroffen wird, ist nach dem CommissionS- beschluß der Arbeitgeber dennoch verpflichtet, an die Ver sicherungsanstalt denjenigen Betrag zu zahlen, den er bezahlen müßte, wenn der ausländische Arbeiter ver sicherungspflichtig wäre. Es ist also ausgeschlossen, daß die Arbeitgeber von der Verwendung ausländischer Ar beiter anstatt inländischer einen Bortheil haben könnten. Die Socialdemokraten aber wollten ihnen dafür so gar eine Strafe auferlegen: sie wollten, daß in dem er wähnten Falle di: Arbeitgeber erhöhte Beiträge zahlen sollten, und zwar angeblich zum Schutze der deutschen Arbeiter gegen die Coucurrenz ausländischer. Daß daS der Zweck des socialdemokratischen Antrags nicht sein kann, liegt auf der Hand. Mil einem solchen Verbrechen gegen die „Solidarität des internationalen Proletariats" werden sich „doch" die parla mentarischen Führer der deutschen „Genossen" nicht kurz vor dem internationalen Pariser Socialistencongresse belasten! Und wenn inan ihnen dort den Kopf Wege» ihres Antrages zu waschen versuchen wird, so werden sie sicherlich offen mit der Sprache herausgehen und den Antrag als das bezeichnen, was er in Wirklichkeit ist: ein taktisches Manöver, das der Verschleppung dienen sollte. Aehnlichen Manöver» Stand zu halten, ist eine starke Zumuthung an die bürgerlichen Fractionen; um so höher wird es ihnen angerechnet werden, wenn sie Stand halten.
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