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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189905146
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18990514
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18990514
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-14
- Monat1899-05
- Jahr1899
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1899
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Bezugs-Preis i» tz« Hauptexpedition oder den im Stadt« beUrk und den Bororten errichteten AuS- mwrst«ll«n ab geholt: vierteljährlich ^T4.üO, bei »weimaliaer täglicher Zustellung ta- haus L.LO. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: virrtehäbrlich »^l 6.—. Direct« täglich« Krruzbaadsenvung tns Au-land: monatlich ^ll 7.bO. MpMer TaMall Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes «nd Volizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Neclamen unter dem RedactionSstrkch (4go- spalten) 50^z, vor den Familiennachrichteu (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis' verzeichniß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz uach höherem Taris. Srtr«-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung M.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen- Ab end-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr- Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richte». Druck uud Verlag von E. Polz t» Leipzig. 242. Sonntag den 14. Mai 1899. 93. Jahrgang. Äus -er Woche. England strebt in Tran-vaal nicht- als Reformen an, Reformen, die un- Deutschen höchst erwünscht sein müssen und deren Herbeiführung, wenn man'- recht betrachtet, wir in Deutschland, hierin den stammverwandten Freund eifrigst unterstüvead, den widerstrebende» Boeren eigentlich von «eher dringlichst angrrathrn haben. So versichern die ofstciosen Zeitungen, und wer e- nicht nachbrtet, ist eia Anti semit oder ein Agrarier oder, fall- er im Rückfälle Zweifel m die unbedingte Glaubwürdigkeit der Rcgierung-presse setzen sollte, sogar rin Alldeutscher. Es ist selbstverständ lich, daß wir unS solcher Classification nicht auSsetzen und mit feierlichem Widerruf aller unter dem Eindruck der Depesche an den Präsidenten Krüger etwa früher auS- gestoßenen Ketzereien uns von der Seite der Böcke auf die der Schafe schlagen. England will in der südafrikanischen Republik nichts als Culturfortschritt anbahnen, und wenn dabei Transvaal englisch werden oder in daS Verhältniß zu Großbritannien gerathe» sollte, dessen sich die eingeborenen indischen Fürsten erfreuen, so käme das eben von der der Natur der Dinge innewohnenden Nothwendigkeit und keines wegs von schwarzen Plänen Chamberlain'-, geschweige denn von dem deutsch-englischen Afrika-Abkommen. Wir unter schreiben wörtlich, was der „Allg. Ztg." von Berlin aus Über London geschrieben wird, nämlich: „Die deutsche Regierung hat, zumal da sie annrhmen darf, daß England «< nicht auf eine Vernichtung der Unabhängigkeit deS Boerenstaate» abgesehen hat, der TranSval-Regierung keinen Zweifel darüber gelassen, daß Deutschland völlig außerhalb der Differenzen Großbritannien- und der südafrikanischen Republik steht, und daß Präsident Krüger weder politisch, noch finanziell auf deutsche Unter stützung rechnen kann. Wenn die Boeren etwa annehmen, daß der Samoa-Streit England und Deutschland ausetnandertreiben wrrde, so dürsten sie in dieser Hoffnung getäuscht werden, denn die deutsche Regierung darf aunehmen, daß die Samoa-Frage in völligem Einvernehmen der drei betheiligten Mächte behandelt Verden wird." Gewiß, die deutsche Regierung darf annehmen, daß die Samoa-Frage in völligem Einvernehmen der betheiligten Mächte behandelt werden' wird. Und wenn dabei die Interessen einer der Mächte etwa Schaden nehmen und diese Macht zufällig Deutschland sein sollte, so hätte man zu bedenken, daß man sich nicht zum Spiele niederläßt, damit alle Partner gewinnen, und vor Allem zu bedenken, daß Deutschland ein nachgeborener Sohn der Mutter Erde ist, dem eS Übel anstehen ftvürde, die wohlbegründeten Rechte des angelsächsischen Majoratsherrn auf Land und See anzutasten. Mit Kiefer guten Gesinnung angethan, ist die deutsche Publicistik wohl nicht ganz unwürdig, in die nunmehr beginnende Aera der Friedens-oder Abrüstung S-oder Nichtmehr- zurüstungS-Couferenz einzutreten. Auch im übrigen Deutschland rüstet man fick, durch „FriedenScomitöS" dem guten Princip über daS im Lande der germanischen Raufbolde leider noch nickt ganz überwundene böse zum Siege zu ver helfen. Die Haager Conferenz soll zwar keine Zuschriften von Gesellschaften, Versammlungen u. s. w. entgegennehmcn wollen, aber diese Vereinbarung haben die beschickenden Staaten getroffen, bevor sie wußten, daß unter dem Berliner Aufruf für die Bildung eines „FriedenScomitSs" die Namen Max Hirsch und Müller-Sagau stehen. Ueberhaupt trägt dieser Aufruf die Untersckriften fast aller freisinnigen Parlamentarier aus dem Reiche und Preußen; nur Eugen Richter hat nicht unterzeichnet. Sonst haben sich die Volksvertreter sehr zuriickgehalten, auch auf anderen Gebieten hervorragende Männer sind schwach vertreten. Ein Gelehrter wie Paulsen hat sich sogar recht skeptisch geäußert und Mommsen Hal erklärt, daß ihm die Friedensconsercnz wie ein „Druckfehler der Welt geschichte" erscheine. Der Ausdruck ist immer noch höflicher als „Tintenklex". Ausfallend, wenn auch mit der starken frei sinnigen Betheiligung correspondirend, ist die verhältnißmäßig ungeheure Anzahl jüdischer Namen unter dem Berliner Auf rufe. Faßt man dazu die geographische Lage deS einberufenden Staates ins Auge und erinnert man sich deS heißen Be mühens Bulgariens um Zulassung im Haag, so darf man wohl sagen: ex Oriente pax. Der Re ich Stag bat am Mittwoch der socialdemokratischen Fraktion eine empfindliche Niederlage beigebracht. Die über- müthige vorherige Ankündigung einer Spekulation auf die Ab senz hat eine an sich erwünschte Antwort erhalten. Aber über die Bedeutung eines zum Theil mit ungehörigen Mitteln davon getragenen äußeren Erfolges des CentrumS geht der Sieg kaum hinaus. Es wurden ja verschiedene Meinungen geäußert, aber es scheint, als werde der Verlauf der De- batlrn beweisen, daß die im Rechte waren, die die sofortige Inangriffnahme der zweiten Lesung des InvalidenqesetzeS für verfrüht erachteten. Der dickleibige Bericht der Commission hätte wobl, auch wenn er klarer wäre, als er ist, ein gründ licheres Studium vertrage», als ihm von Durchschnitts menschen— Herrn Lieber'ö persönliche Berechtigung zu einem andern Urtheile ist damit anerkannt — vor Pfingsten zugewandt werden kann. Freilich bieten auch die Psingstferien keine Garantie für tiefere Versenkung in einen CommissionSbericht und überdies drängten die Zeit und der BundeSrath. Schon vor längerer Zeit war von Regierungsseite angedeutet worden, wenn der Reichstag das Invalidengesetz erledigt habe, dann dürfe er nach Hause gehen. So scheint es auch kommen zu sollen. Wie mitgetbeilt, ist die Vertagung vom IL.IunidiS zum lO.Novbr. in Aussicht genommen. Danach gäbe es also wirklich wieder ein lange- Parlament. Der Gesetzentwurf über die Er ¬ höhung der Bezüge der Invalidenwittwen und die aus gedehntere Unterstützung von Veteranen soll übrigens, wie man bört, jedenfalls erledigt werden. Ohne weiteren Hochdruck wird daS Invalidengesetz auck unter diesen eigrnthümlichen Umständen nicht fertig gestellt werden können. Die zweite Berathung begann unter dem ungünstigen Vorzeichen eine- erbitterten Streites über die Verhältnisse der ländlichen Arbeiter deS Osten». Die Position der Conservativen war dabei insofern keine vortheilhastr, als die Begünstigung der Zuströmung fremdländischer Arbeiter durch das Gesetz nickt zu bestreiten ist. Die Begünstigung ist aber unvermeidlich, denn man kann von Arbeitern, die eine Invalidenrente nicht erhalten können, füglich k-ine Ver sicherungsbeiträge erheben. Es ist ferner anzuerkennen, daß die „Agrarier" durchaus loyal gehandelt haben, indem sie die Erhebung der Arbeit geb er beiträge für ausländische Arbeiter angeregt haben. Schließlich besteht auch kein Zweifel darüber, daß die Socialvemokratie sich wieder in das Licht einer nur verhindernden Partei stellt, indem sie, die angebliche Vertreterin dcS „socialdrmokratischeu inter nationalen Proletariats", lediglich um der Gesetzgebung Schwierigkeiten zu bereiten, die in Frage kommenden aus- ländiscken Proletarier geradezu beschimpft. Bei alledem ist und bleibt eS die schlimmste Erscheinung der gegenwärtigen wirthschaftlichen Entwickelung, daß Deutschland, und zwar nicht nur die Landwirthfchaft, auf fremde und noch dazu slawische Arbeitskräfte angewiesen ist. Mit ihrer CharfreitagS-Vorlageerleidet die preußische Regierung eine wohlconditionirte Niederlage. Kenner wollen dies vorauSgcsebcn haben. Ein Berliner Blatt, Las seine unbedingte Ergebenheit gegen die Regierung mit einem Nest von ZorneSempsindung über die ultramontane Anmaßung und Unfriedfertigkeit verbinden möchte, schreibt über den Beschluß der Commission deS Herrenhauses: „Es ist weit gekommen mit den Ansprüchen deS CentrumS, wenn . . . rc." Mit den Ansprüchen deS CentrumS — eS handelt sick in diesem Falle aber auch um die wegen ihrer Friedens liebe und Staatstreue gouvernemental über den grünen Klee gelobten Mitglieder des Episkopats — mit den Ansprüchen des CentrumS ist eS gerade so weit gekommen wie mit der Nachgiebigkeit der preußischen Regierung. Und wen» da- Centrum nicht vor Beschwerden darüber zurückschreckl, daß die Vorlage ohne vorhergegangene Befragung der Bischöfe eingebracht worden ist, so ist dieser Anspruch durch Herrn vr. Bosse nachträglich vollauf gerechtfertigt worden. Der Minister hat sich geradezu demüthig wegen jener Unterlassung rntsckuldigt und dabei auck ein besonderes Malheur gehabt. Er hätte sich nicht auf den Bußtag berufen dürfen, vielmehr wissen müssen, daß die katholische Kirche den Bußtag nicht als Bußtag feiert, sondern an diesem Tage ein in demonstrativer Weise auf ihn ver legtes katholisches Fest begeht. Bei der gegenwärtigen Be ¬ schaffenheit der preußischen Regierung wäre eS besser gewesen, die Angelegenheit gar nickt anzurührcn. Wenn aber die „Germania" sagt, die Protestanten würden ein Verlangen, mit den Katholiken das Fronleich namsfest zu feiern, gleichSfallS zurückweisen, so verräth diese Nebeneinanderstellung außer anderen ultramontanen Vor zügen die ganze Aeußerüchkeit des römischen Kirchenwesens. Es genügt, an daö Ereigniß zu erinnern, dessen Gedächtniß am Charfreitaz begangen wird. Mit der Mehrheit von allen gegen vier Stimmen hat die Berliner Stadtverordnetenversammlung einen Antrag deS Magistrats, mit ihm nochmals über eine außergerichtliche Beilegung des Zwistes über den „Friedhof der März gefallenen" zu berathcn, abgelehnt. DaS Zustande kommen einer solchen Mehrheit darf nicht auf die Absicht einer Verherrlichung deS Aufstandes vom 18. März zurückgcfübrt werden. Für einen starken Theil der Ablehnenden war vielmehr die Frage der Bestätigung des Oberbürgermeisters, daS Gefühl, eine nicht achtende Behandlung zu erfahren, bestimmend. Herr Kirschner, der in sehr beweglichen Worten bat, die „nicht angenehme und nickt schöne Angelegenheit" des Friedhofs aus der Welt zu schaffen, hatte sehr richtig bemerkt, die Sache müsse „aus der Gesanimtheit der Verhältnisse heraus" beurtheilt werden. Nur war dem Bürgermeister entgangen, daß viele Stadt verordnete wie dir große Mehrheit der Berliner Bürgerschaft im Mittelpunkte der Gesammtheit der Verhältnisse nicht eine Erinnerung an den 18. März, sondern die Verweigerung der Entschließung über die Bestätigung oder Nichtbestätigung des Oberbürgermeisters stehen sehen. Zahnpflege in -er Armee. 8. In der „Deutschen Militarärztlichen Zeit schrift" veröffentlickt ein Stabsarzt in Berlin über die Zahnpflege in der Armee einen Aufsatz, der von allgemeinem Interesse ist. Denn einmal sind die gefahrdrohenden Krank heitszustände, welche selbst leichtere Fäulnißvorgänge in den Zäbncu zur Folge haben könnrn, nicht selten; sodann macht der Verfasser praktische organisatorisch« Vorschläge, die Beachtuugverdieucn. Erhatrund lUOOMannseine»Regiments auf die Beschaffenheit ihrer Zähne untersucht und dabei 4659 faulige oder wegen CarieS bereits entfernte ZLbne festgestellt, so daß also auf jeden Kopf annähernd 4'/, mehr oder weniger cariöse Zähne entfallen. Durch solche Wahrnehmungen und durch die Thatsache, daß unter den 1000 untersuchten Personen nur 164 mit voll ständig intacten Kauwerkzeugen sich befanden, werden wir gebieterisch auf die Nothwendigkeit einer gründlichen Zahnpflege hingewiesen. Die Frage aber, ob die in der l Armee in dieser Richtung bereit- getroffenen Maßnahmen f ausreichen, um der Entstehung, beziehungsweise der weiteren F-eeill-ton. Zieten's erste und letzte Liebe. Sin Getzenkhlatt zu seine» 200. Geburtstage a« 14. Mat 18SS. Von vr. H. von Hiller-Sternberg. »la-druck versoten. Unzertrennlich sind mit der Erinnerung an Preußens großen König Friedrich die Namen seiner Paladine verknüpft, welche ihm in drei schweren und langen Kriegen halfen, den Territorial staat der „altoass äs Lranäsbours", wie ihn die Franzosen höhnend nannten, zum Range einer Großmacht zu erheben, und glänzend strahlt ihr Angedenken, wie viele der Siege sich auch seither an Altpreußen» und deS neugeeinten Reiche» Kriegsbanner geheftet haben. Unter all diesen Heldengestalten steht dem menschlichen Em pfinden wohl am nächsten jene Han» Joachim von Zielen'», dessen Geburtstag am 14. Mai zum 200. Male wiederkehrt. Be greiflicher Weise beschäftigt sich die Erinnerung zumeist mit den KriegSthaten de» „alten Husarengesicht»", wie Scherenberg in seinem Spo« „Leuthen" Mater Zirten nennt; weniger Beachtung dagegen findet da» innere GrmüthSleben de» Helden, der in mehr al» in einer Hinsicht rin Original war und für da» Glück im Schooße der Familie ein tiefere» Empfinden hatte, als ihm gewöhnlich zugeschrieben wird. Er verlohnt sich daher sehr wohl, den Pfaden seine» Leben» statt in den Waffenlärm de» Feld lager», auch einmal dorthin nachzugehen, wo die Stimme de» Herzen» spricht, und nicht der ruhmgekrönte General, sondern der Mensch al» solcher un» entgegentrttt. Mißmuthig schreitet rin kleiner Fähnrich in der Uniform de» Schwerin'schen Infanterie-Regiment» über den vom glühenden Lichte der Mittagssonne beschienenen Marktplatz der märkischen Stadt Crossen, zwischen dessen Katzenkopfpflaster da» Gra» üppiger und aufdringlicher in die Höhe schießt, al» e» sich mit der Würde de» wohlwetsen Magistrats der hochachtbaren Stadt eigentlich verträgt. Der Posten vor Gewehr auf der Hauptwache, ein vor wenigen Wochen eingestellter Recrut, der gelangweilt die zwanzig Schritt nach beiden Seiten auf und ab geht, eilt er schreckt zum Schilderhaus und präseatirt sein Gewehr; aber die Ehrenbezeugung bleibt unerwidert, ja, der sonst so gestrenge Herr Fähnrich — r» ist unser Zirten im LV. Lebensjahr« — bemerkt nicht einmal, daß da» Honneur in einer so vorschriftswidrigen Weis« ausgeführt wird, daß tausend Schockschwerenoths und Donnerwetter aus dem Munde de» obersten Kriegsherrn ber- niederregnen würden, wenn er diese» Tapitalverbrechen gegen va» Reglement sehen könnte. Gesenkten Haupte» geht er weiter, und der Recrut, der sich im Geiste sch», in Arrest steht, segnet die Zer- streutheit de» Herrn Fähnrich». Er hat aber auch alle Ursache, sich nachdenklich in sich selbst zu versenken, denn zu dem dienstlichen Aerger, der schon seit Monaten schwer aus ihm lastet, gesellt sich noch etwa» anderes — der erste wirkliche Liebeskummer, der wie Mrhlthau auf seine» Lehen» Blüthe fiel und ihm da» Herz schwer macht. In den neun Jahren, welche verflossen sind, seit er, noch ein halbes Kind, als Freicorporal in das Regiment trat, hatte er viel Widriges und nur wenig Angenehmes durchgekostet. Aber der so häufige Wechsel der Garnison und des Dienste- ewig gleichgestellte Uhr hatten dem jungen Hitzkopf, der von brennendem Ehrgeiz erfüllt war, wenig Zeit gelassen, über etwas andere» nachzudenken, als wie er so bald wie möglich zum Leut nant aufrücken könne. Als er nach Crossen in Garnison kam, war ihm das Bewußtsein aufgegangen, daß es doch noch etwas Schönere- gebe als den Corporalstock und den Puderzopf, und die braunäugige schlanke Charlotte von Wangerow, des benachbarten Rittergutsbesitzers jüngstes Kind, hatte es ihm bald angethan. Daß auch -Charlotte von nicht» weniger als feindseligen Gefühlen für ihn beseelt war, unterlag keinem Zweifel; leider Gotte» war e» aber auch ebenso wenig zweifelhaft, daß seiner Angebeteten Bater, der noch für drei andere Töchter zu sorgen hatte, keines wegs gewillt war, sein Töchterlein dem zweimal im Avancement übergangenen Fähnrich zur Frau zu geben. Und welches waren die Gründe, die seiner Beförderung im -Wege standen? In dem Qualificationsbericht, welchen der Generalmajor von Schwerin über ihn erstattet hatte, hieß e», „der Fähnrich von Zielen sei gottesfürchtig, herzhaft, nüchtern, gut haurhälterisch, fleißig im Dienst, habe einen richtigen Chic und Blick, aber", hieß es dann weiter, „er sei gar klein von Gestalt und von schwacher Stimme für da» Commandiren". Unter der Herrschaft eines Friedrich Wilhelm I., dessen Stolz seine Potsdamer Riesengarde, seine blauen, langen Jungens waren, genügte das, um die Hoffnungen des kleinen Fähnrichs auf Beförderung bis zum Nullpunct sinken zu lassen. Charlotte fand freilich an seiner kleinen Gestalt nichts auSzusetzen, und nachdem da» strenge Machtgebot ihre» Vater» den Verkehr der Beiden unter die schärfste Controle gesetzt, fand sie doch oft Gelegenheit, mit dem Geliebten ihre Hoffnungen und Befürchtungen spät Abends im Park, wenn alle» im Schlosse schlafen gegangen war, auszutauschen, derweil die Tante, die unverheirathete Schwester der Gutlherrin, Wache hielt, die al» Protectortn der Liebenden da» Hangen und Bangen in schweben der Pein mttgenoß, welche» ihrem Lebensmai versagt geblieben war. vergeblich war da» Anerbieten Zieten'», den Dienst de» König» zu quittiren, um sich al» junger Ehemann mit seiner Angebeteten auf das väterliche Gut Wustrau zurückzuztehen, da» nach dem tm Fahre 1720 erfolgten Tod« de» Vater» auf ihn überkommen war; denn Papa Wangerow wollte mit seinem Nest häkchen höher hinau» und strebte für diese» nach einem glänzen deren Loo», al» jene» einer Gut»herrin auf dem überdie» noch zu Gunsten der Schwestern unsere» Zirten mit Hypotheken schulden schwer belasteten Wustrau. Sh« der Herr Fähnrich nicht wenigsten» die Epaulettrn habe, möge er sich dir Gedanken an» Heirathen au» dem Kopfe schlagen und seinem Mädl« nicht den Kopf verdrehen. Die« sei da» letzte Wort de» hinter die nächtlichen Rendezvous gekommenen Bater», so hatte da» be kümmerte Tantchen geschrieben, und so war es kein Wunder, daß Zielen an jenem Lage — man schrieb den 38. Juli 1734 — wie taub und blind durch di« Straßen de» märkischen Städtchou» ging. Leip grübelnde» Hirn fand keinen anderrn Au»weg, al» sich mit einem MajestätSgesuch an den König zu wenden, an welchen er folgendermaßen schrieb: „Seine Majestät hätte ihn bei der letzten Revue des Schwerin'schen Regiments vertröstet mit Geduld haben wegen Ersatz des vielerlittenen TortS, den noch aber wiederumb ihn zurückgesetzt, woraus ich denn schließe, daß Ew. Kgl. Majestät hohe Intention allergnädigst sein möge, mir nicht bei diesem, sondern bei einem anderen Regiment zu helfen. Bitte dero wegen in tiefster Unterthänigkeit: Ew. Kgl. Majestät wollen allergnädigst mich über das bisher in Furcht und Hoffnung erwartete Glück dero hohe Resolution erfahren lassen. Solche hohe, Ew. Kgl. Majestät Gnade werde mit unter- thänigstem Gehorsam erkennen und in größter Devotion un sterblich sein." Das Gesuch kam just im denkbar ungünstigsten Moment in die Hände des Königs, bei welchem sich schon die Anfänge der Gicht bemerkbar machten, die ihm seine letzten Lebensjahre ver gällte. In schlechter Laune kehrte der Monarch vom Lustgarten, wo einige „der verfluchten Kerls bei der Salve nachgeglakkert" (zu spät abgefeuert) hatten, in das Schloß zurück. Zudem hatten seine brüderliche und vetterliche Ltebden, der Kurfürst von Sachsen, in einem sehr energischen Schreiben die Herausgabe einiger durch ihre Leibeslänge ausgezeichneten sächsischen Unter- thanen gefordert, welche von Friedrich Wilhelm's Werbern theils mit Gewalt, theil» mit List über die Grenze gebracht und in die Potsdamer Garde gesteckt worden waren. In dieser ärgerlichen Verfassung rrsolvirte er kurz und bündig auf dem Gesuch „Soll seine Demission haben". Fast vernichtet und in seinen schönsten Hoffnungen betrogen, zog sich Zieten auf das väterliche Gut zurück, um mit sich allein seinen Schmerz auszukämpfen, der noch durch den unerwarteten Tod der Geliebten erhöht wurde, welch« bald darauf einem heftigen Fieber erlag. Wie e» kam, daß wir Zieten schon ein knappe» Jahr später al» Dragonerleutnant mit vordatirtem Patente in des König» Dienst wiederfinden, um bald darauf nach einem höchst un angenehmen Duell und halbjähriger Festungshaft vom Kriegs gericht cassirt zu werden, und wie er dann zum zweiten Male, al» der König an die Aufstellung von Husaren-Regimentern ging, bei dieser Waffe Anstellung fand, die ihn und die er berühmt zu machen berufen war, dir» zu schildern ist Sache der Biographen. Aber die Gedanken an eine Verehelichung waren ihm auf lange Zeit vergangen, und erst im Jahre 1737 entschloß sich Zieten, der Dank seinen Verdiensten beim Reichiherr am Rhein rin Jahr zuvor huldvollst zum Major befördert worden war, sich unter Hymen» Joch zu begeben. Sein« AuSerwählte war da» damals 38jährige Fräulein von Jürga», wrlche den Bund für» Leben wagte mit dem leicht brweglichen, temperamentvollen Manne, in dessen Sesichtszügen so wenig Bestechende» war, daß sie nahezu die Grenze de» Unschönen erreichten, und welchen einer seiner Biographen zu den Männern rechnet, die von einer Base geheirath«t werden und al» wohlhäbige alte Wittwer eine Partie für arme Nichten sind. Daß den 38jährigen jugendliche LiebeS- leib«nschaft zu dieser Ehe bestimmt, ist mehr al» zweifelhaft; daß er aber an ihr eine treu sorgende Gattin sand, wissen wir au» den Mittheilungen seiner Base von Blumenthal, welche un» erzählt, wie jene in der Furcht, seine Gicht- und Krampf beschwerden könnten zu einer Gliederlähmung führen, dem so eben zum Obersten beförderten Gatten tm nicht eben kühlen August 1741 einen Bettsack mit Betten in den schlesischen Feld zug nachsandte, was diesem den zornigen Ausdruck entlockte, ob er sich im Biwak einbetten solle. Bei anderen Gelegenheiten erkannte er aber sehr wohl ihre opferwillige Pflege an, wir z. B. im Jahre 1745, als Zieten an den Folgen des Feldzuges in Böhmen und Schlesien trank in Patschkau darniederlag und durch ihr „Theekochen wieder restaurirt" wurde. Ein frühzeitiger Tod entriß dem inzwischen eine europäische Berühmtheit gewordenen Husarengeneral die Gemahlin, welche ihn mit einem in jugend lichen Jahren von den Blattern dahingerafsten Sohne und einer Tochter beschenkt hatte. Trotz der aufrichtigen Trauer um sie und der vielfachen dienstlichen Conflicte, in welche sein nimmer rastender Ehrgeiz und seine leichte Verletzbarkeit und Streitlust den auf der Ruhmesleiter eine Staffel nach der anderen Erklimmenden selbst mit seinem ihm höchst gewogenen König brachte, dachte „Zieten au» dem Busch" an eine zweite Vermählung, und verlobte sich, wie aus der in Wustrau aufbewahrten Lebensschilderung hervor geht, welche der Sohn dieser zweiten Eh« von seinem Vater ent wirft, noch vor Ausbruch des siebenjährigen Krieges als .^jäh riger mit einer kaum 18jährigen Nichte Hedwig Elisabeth Albertine von Platen. Der baldige AuSbruch des großen Krieges warf aber die Verwirklichung der HeirathSpläne vor der Hand über den Haufen, und erst ein volle» Jahr nach dem HubertuSburger Frieden, am 4. April 1764, konnte Se. Excellcnz der General der Kavallerie HanS Joachim von Zieten bei seinem Monarchen um den Heirathsconsenz einkommrn, welchen Friedrich drei Tage darauf in bester Laune mit dem Hinzufügen ertheilte, „wie ich denn, wenn ich wüßte, wo Ihr Eure HochzeitSftle feiern werdet, selbst dahin kommen würde, um auf selbiger zu tanzen." Der König kam nun zwar nicht persönlich, um dort zu tanzen, zu der Hochzeit, welche am 23. August 1764 mit allem Glanze gefeiert wurde, denn er war inzwischen zur Truppenbesichtigung nach Schlesien abgereist, dafür überraschte aber der 65jährige Bräutigam selber auf dem am zweiten Festtage abgehaltenen Balle dir Hochzeitsgäste durch seine Schneidigkeit und Geschmeidigkeit al» Tänzer. Was sich der König bei der Hochzeit seines Paladins versagen mußte, um diesen zu ehren, holte er reichlich nach, als dem Ehepaar der erste Sohn geboren wurde, bei dessen Taufe der König persönlich als Pathe zugegen war und dem er am Tauftage, dem achten Tage seine» Lebens, ein OfficierSpatent al» Husarencoriut zum Patheng,schenk in die Wiege legt«. Vom Jahre 1766 an genoß der alternde Held alljährlich einen mehrmonatlichen Sommrrurlaub auf seinem Familiengut Wustrau; aber schmerzlich war es ihm doch, wenn ihn sein König bei den kleinen kriegerischen Expeditionen der Folgezeit wegen seiner Jahre nicht mitziehen ließ; dann räsonnirte er wohl, daß ihm nur noch ein Regiment Weiber zu befehlen erübrige, er, dem seine Frau und zwei blühende Töchter den Lebensabend ver schönten, bi» er am 27. Januar 1786 sanft und schmerzlos zur großen Arme« versammelt wurde. Friedrich, der selbst schon tödtlich erkrankt war ehrte nicht nur den siegreichen General auch noch im lode durch die höchsten Aus zeichnungen, sondern sorgte auch reichlich für die Hinterbliebene Frau und Töchter. ,3
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