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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 10.01.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189501109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18950110
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18950110
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-01
- Tag1895-01-10
- Monat1895-01
- Jahr1895
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 10.01.1895
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Donnerstag, 1V Jannar 18SS, Abend». 48. AH»«. Amtsökatl der Königl. «mtshauptmminschaft Großenhain, des KSntgl. Amtsgerichts und des Stadtrsths zu Riesa. DaS Riesaer Tageblatt erscheint jeden Tag Abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Bierteljilhrlicher »rgn^pret» bet «bhalung in dm «gpeditionm in »tcha und Strehla, dm NuSWtOMM samt» am Schalter der kaijerl. Postanstaltm 1 Mart 25 Ps., durch dir Träger frei in» Hau» I Mark SV Pf., durch den Briefträger frei itr» Hau» 1 Mark SS Pf. »Grigm «n,»h« pr Mr MMm» de» Ausgabetage» bi» Vormittag S Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag vor» Langer L Winterlich i» Riesa. — GeschäMttlle: Saftauieustrast« V9. — Für di« Redactim» dmuUwettlt-: Har» Gchmtdt M Rial» Im Saale des Hotels zum „Kronprinz" hier sollen Montag, den 14. Januar 1895, von Vormittags V Uhr an 9 Stück Stosshosen, 23 Kinderanzüge, 33 Westen, 7 Leibchenhosen, 7 Kinderjackets, 2 Multum jacken, 18 m dunkler carrirter Stoff und 7'/, m Kammgarn, (blau carrirt), sowie ein Flüge gegen Baarzahlung meistbietend versteigert werden. Riesa, am 10. Januar 1895. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Sekr. Gidam. * Die Umsturzvorlage im Reich-tage. Gestern wurde im Reichstage die Berathung der Um sturzvorlage fortgesetzt. Zunächst führte, wie schon kurz ge meldet, Adg. Frhr. v. Stumm (Rp.) au», die sozialde- mokralische Partei sei trotz aller Ableugnung eine revolutio näre Partei. (Der Redner wird wiederholt durch Zwischen rufe von den Sozialdemokraten unterbrochen. Der Präsident rügt dies energisch.) Die Sozialdemokratie untergrabe die Religion und die Sitte; sie wolle die freie Liebe und habe den deutschen Anarchismus geboren. Alle Anarchisten seien frühere Sozialdemokraten gewesen; der deutlichste Beweis dafür sei der „Vorwärts-Kalender" von 1895, den der Red ner in der Hand emporhebt. Dort seien aus allen Staaten Anarchisten und Sozialisten brüderlich untereinander ver zeichnet. Unter dem 15. Dezember heiße es: „Bennigsen von Bebel gezüchtigt." (Heiterkeit.) Das einzig wirksame Mittel, die Sozialdemokratie niederzuhalten, sei eine eiserne Hand. Er hätte allerdings das Umsturzgesetz noch schärfer gemacht. (Abg. Singer ruft: Jeder Sozialdemokrat wird todtzeschlagenI) Er wünsche die Entziehung des Wahlrechtes für die Sozialdemokratie. Sie breite Grft in die Jugend aus; sie hake eine eigene Polizei, wie beim Boykott hervor getreten sei. Wer gegen die Sozialdemokratie nicht vorgehe, mache sich verantwortlich für die Ströme von Blut, durch die später ihr Weg gehen würde. (Lachen bei den Sozialdemo kraten.) Redner geißelt die Sucht der gebildeten Kreise, mit Sozialismus und sozialdemokratischen Lehren zu kokettiren. Bon den Sozialdemokraten gelte das Wort: „Wer den Dolch schleift, ist ebenso schulrig, wie der ihn führt." Die Führer verständen allerdings, ihre Köpfe aus der Schlinge zu ziehen; sie seien allmählich dickbäuchige Bourgeois geworden. (Heiter keit.) Besser als die Umsturzvorlage sei ein Ausnahmegesetz gewesen. Der Arbeiter müsse gegen die sozialdemokratischen Ausbeuter geschützt werden. Die anderen Parteien sollten die Borlage durch Abschwächungen nicht unannehmbar für die Konservativen machen. Redner schließt mit den Worten: Sslus publies Sripvsrna lsxl Der Präsident rügt ver schiedene Zwischenrufe, die während der letzten Rede gefallen, wie die Worte „chnisch" und „Elogen" und bedauert, daß er den Ruser nicht bezeichnen könne. Solche Rufe widersprechen der parlamentarischen Ordnung. Abg. Gröber (C.) bemerkt, die Sozialdemokraten be mühten sich, den Unterschied zwischen braven und bösen So zialdemokraten begreiflich zu machen. Warum fürchten denn die braven Sozialdemokraten das neue Gesetz, da es nur für die dösen bestimmt sei? Redner weist auf die Leistungen der Arbeiter-WohlfahrtS-Gesetze hin; damit verglichen hätten die Sozialdemokraten nichts gethan. Das Ceuttum sei bereit, in eine Prüfung des Entwurfs einzutreten, ob er geeignet sei, den revolutionären Bestrebungen entgegenzutreten. Er beantrage die Verweisung an eine Kommission von 28 Mit gliedern. Die Bestimmungen des Entwurfs seien vielfach zu unbestimmt. Seien die Jesuiten schlimmer als die Umstürz ler, die doch des Schutzes des gemeinen Rechtes theilhaftig würden? Redner beleuchtet alsdann verschiedene aus der Un bestimmtheit der Ausdrücke des Gesetzes nothwendig erwach sende Schwierigkeiten und fordert die Hinzuziehung des Laienelements für die Lburtheilung der in der Vorlage vor gesehenen Delikte. Gegen das der Polizei zu gewährende Beschlagnahmerecht habe er große Bedenken. Er weise auf die Leußerungen mehrerer Gelehrten hin, die den Sozialde mokraten viel Freude machen müßten, so auf die Vorträge de» Straßburger Professors Theobald Ziegler. Er erinnere ferner an die Vertheidigung des Generals Kirchhoff durch d»n Kriegsminister Bronsart von Schellendorf. Rach der Umsturzvorlage müsse der Justizminister gegen diesen — den KrügSmtnister — Strafantrag stellen. (Heiterkeit. Bravo! bei oen Sozialdemokraten.) Redner bemängelt ferner die unbestimmte Fassung der Begriffe Ehe, Religion und Eigen tum. Wenn es in der Vorlage heiße: „in einer den öf fentlichen Frieden gefährdenden Weise", so schütze das nur die deutschen Professoren, die hundertmal schuldiger seien als die Arbeiter, die ihre — der Professoren — Lehre öffentlich vertreten. Redner cikirt in diesem Sinne ein Gutachten Ernst Heckels. So gehe es auf unseren Universitäten zu ; da liege der Grund, warum unter unserer Jugend so wenig Christentum sei. (Sehr guf! im Centrum.) Die gelehrten Borträge bildeten das Arsenal für die Sozialdemokraten. Es lasse sich keine Scheidewand ziehen zwischen den rolkver- giftenden Professoren und den Arbeitern, die die praktischen Konsequenzen daraus zögen. Wenn Freiherr von Stumm und weitere Kreise der Ansicht seien, daß diese Vorlage erst der erste Schritt zu weiteren sei, dann habe die Volksver tretung das Recht, zu fragen: Wohin geht der Weg? Wir wollen gern mit vollem Herzen mitkämpfen mit der Regie- rung, verlangen aber, daß man uns die Hände frei mache. Auch den geistigen Kamps könne man mit gebundenen Armen, nicht auskämpfen. (Lebhafte Zustimmung im Cenlrum.) Eil? zweiter Fehler liege ferner in der geringen Fühlung mit dem Volke. Der Kaiser habe die westfälischen Industriellen vor einigen Jahren ernstlich darauf hingewiesen, Fühlung mit i ihren Arbeitern zu suchen und durch das Beispiel zu wirken. Hier müsse auch die Kirche einsetzen; ihr sei die Hauptauf- ! gäbe in diesem Kampfe vorbehalten, denn es ist kein Heil außer in Jesus Christus. (Beifall und Händeklatschen im Centrum.) Staatssekretär Dr. Nieberding erwidert, nach den Schlußworten des Vorredners müßte sich der ganze Kampf vollziehen auf dem Wege der inneren Herzcnsüberzeugung. Aus diesem befänden sich die Regierungen seit Jahren, da bestehe kein Gegensatz: Der Vorwurf, als unterscheide er eine obere und eine untere Gesellschaflsschicht und messe der oberen alles Gute, alle Freundschaft für den Staat zu, der unteren Haß und Verachtung gegen die Slaatseinrichlungen, sei vollkommen ungerechtfertigt. Derartiges sei von ihm nie ausgesprochen worden. Er freue sich, daß der Vorredner sich bereit erklärt habe, mit d-r Regierung in der Kommission das Gesetz eingehend zu berathen. Er hoffe dort ein Zu standekommen und eine Verständigung. Er versichere wie derholt, daß der Regierung die Schaffung besonderer Be lästigungen völlig fern liege. Das Gesetz solle nicht zu Strafverfolgungen Anlaß geben, die dem öffentlichen RechtS- bewußtsein zuwiderlaufen; sie wolle lediglich den Schutz der Ordnung. Redner widerlegt die junstifchen Bedenken der Vorredner gegen die Vorlage im Einzelnen und weist die Meinung zurück, die Regierung beabsichtige, in der Vorlage die UnivcrsitätSprofessoren und Gelehrten besonders zu schützen. Er wendet sich schließlich gegen die Ausführungen des Abge ordneten Auer. Daß die Citate aus älteren Schriften stamm ten, sei ohne Bedeutung, die Citate seien nur in :en letzten Jahren erschienenen Schriften entnommen und seien eben wieder verwerthet worden. Das Gesetz sei keineswegs gegen die Arbeiter gerichtet; diese schrieben doch auch keine Artikel. Das Gesetz richte sich gegen die Zerstörer der Ordnungs grundlagen, auf denen das Wohl der Arbeiter beruhe. — Ein Vertagungsanlrag wurde hierauf angenommen. Nach persönlichen Bemerkungen der Abgg. Frhr. v. Stumm und Gröber bemerkt Abg. Singer auf eine Anfrage des Abg. Dr. Rintelen, die GeschäflsordnungSkommission werde sich am Freitag mit der Erweiterung der Disziplinarbesugnisse des Präsidenten beschäftigen. TrzeSgeschtchte. Deutsches Reich. Zum parlamentarischen Herren abend hatte der Kaiser am Dienstag Abend eine auserlesene Gesellschaft von 30 Personen nach dem Neuen Palais bei Potsdam entboten. Al« die Herren im Reuen Palais an gekommen waren, begrüßte der Kaiser sie und lud sie «in, in den Muschelsaal einzutreten. Hierauf begaben sich alle Anwesenden nach dem nebenliegenden Saale u.rd betrachteten die dort noch stehenden Weihnachtsbäume und daselbst auS- gelegten Weihnachtsgeschenke der kaiserlichen Familie. Soz> dann betraten sie den weiter gelegenen größeren Saal. Der Kaiser ergriff das Wort zu einem längeren Vortragt über die Marine und ließ denselben in der Forderung auf Ver stärkung der Marine gipfeln. Der Vortrag ging auf di'e Einzelheiten der Angelegenheit näher ein und zeigte die Ver trautheit mit der Materie und Liebe zur Sache. Nach Be endigung des Vortrages wurde der Muschelsaal wieder auf gesucht und man setzte sich zur Tafel. Es war in der Mitte ein rundlicher Tisch ausgestellt, an den sich zu beiden Seiten längere Tische anschlossen. Die Mitte des rundlichen Tisches nahm der Kaiser selbst ein, ihm zur Linken und Rechten saßen Präsident v. Levetzow und Graf Hompesch, ihm gegenüber Freiherr v. Manteuffel, Fina izminister Dr. Miquel und Freiherr v. Stumm. Der Platz des Grafen zu Inn- und Knyphausen bildete den Uebergang zu den Längstischen. Eine . frohbewegte Unterhaltung entwickelte sich während der Mahl zeit. Der Kaiser äußerte sich über den chinesisch-japanischen Krieg und rühmte die Kriegstüchtigkeit der Japaner. Auch auf das Reichstagsgebäude kam man zu sprechen. Der Kaiser erklärte, erst aus den Zeitungen ersehen zu haben, daß die Jnschri't ,Dem deutschen Volke" auf der Vorderfront des Gebäudes fortgeblieben sei. Es machte den Eindruck, als ob er diese Maßregel nicht billige. Während des ganzen Abends sind weder die Umsturzvorlage, noch die Haltung der Sozialdemokraten, noch die Stellung des Rüchstagspräsidenten zur Sprache gekommen. Der Kaiser befand sich in bester Stimmung und entließ seine Gäste erst gegen 11V, Uhr Nachts. Er hatte die Admiralsuniform getragen. Um 12 Uhr trafen die Herrschaften mit dem Extrazuge in Berlin wieder ein. Jp einem Theile der Zentrumspresse ist wegen der Betheiligung der deutschen Katholiken am 80. Geburtstage des Fürsten Bismarck eine heftige Fehde entbrannt. Die „Köln. Volks-Ztg." bemerkt dazu, es erfordere die Gerechtig- keit, anzuerkennen, daß Bismarck, nachdem er den Kultur- kampf geführt, auch das Verdienst besitze, ihn theilweise wieder beseitigt zu haben. Man bezeichne es als unmöglich, eine Person von ihrer Politik zu trennen, und behaupte, einer Person wie Bismarck könne man nur ganz oder gar nicht huldigen. Gerade Papst Leo aber habe dem Fürsten die höchste Auszeichnung, den Christusorden, verliehen. Dieser Akt habe der Person des damaligen Reichskanzlers gegolten. Die „Köln. Volk-Ztg." vermag deshalb einen wesentlichen Unterschied nicht zu finden, wenn Katholiken sich an einem „Höfllchkeitsakt" für den 80jährigen Privatmann betheiligen. Das Staatsministerium trat gestern Nachmittag 2 Uhr unter dem Vorsitz des Fürsten Hohenlohe im Reichstagsge bäude zu einer Sitzung zusammen. Die „Berl. Pol. Nachr." schreiben: ES unterliegt keinem Zweifel, daß die Regierung sich mit der Lage der Landwirth- schaft und den zu ihrer Hebung zu ergreifenden Maßnahmen beschäftigen wird. Daß der Kaiser diesen Fragen besondere Aufmerksamkeit widmet, darf gleichfalls als sicher gelten. Aus Abgeordnetenkreisen wird uns mitgetheilt, es werde be hufs eingehender Prüfung diejenigen Maßregeln, welche zur Hebung der Landwirthschaft und Sicherung des ländlichen Grundbesitzes von Staats wegen getroffen werde« können, die Berufung des Staatsraths ernstlich erwogen. Man wird sich erinnern, daß auch den Maßnahmen auf dem Ge biete des Arbeiterschutzes eine Berathung durch den StaatSralh vorangegangen ist, wobei die Fragt« so weit erörtert wurden, daß mit bestimmten gesetzgeberischen Vorschlägen vorgegangrn werden konnte. Dem Reichstag ging ein Gesetzentwurf zu betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung. Dieser Entwurf ent hält 17 Artikel. Ueber das Befinden des Fürsten BiSmarck meldet der „Hamb. Corresp." daß der Fürst augenblicktich körperlich und geistig sehr frisch ist; der Appetit ist gut, und der Kürst betheiligt sich lebhaft an der Unterhaltung. Die gestern dem Reichstage zugegangene Denkschrift über das Togogrbiet erörtert di« Bevölkerung, dir Haupt wohnplätze, Klima und GrsundheitSvertzältniffe, Urrrzrugniffe * de- Landes, Viehzucht, Mineralien, Handel und Schifffahrt
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