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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990518029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899051802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899051802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-18
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wachsen«» Mädchen! Oder Sie besitzen ein Elixir, sich die ewige Jugend zu bewahren. Hi, hi, hi — wirklich unglaublich. Wenn ich denke, daß wir ungefähr zu gleicher Zeit an den Hof kamen —!" Sie wandte sich zu ihrem Manne. „Was sagst Du zu Deiner Frau?" Frau von Jttenborn schien diese Schmeichelei denn doch etwas zu stark aufgetragen. „Excellenz muffen mich für sehr eitel halten", sagte sie mit spitzem Lächeln. „Glücklicher Weise bin ich nicht mehr verpflichtet, mit mir Staat zu machen." „Jedenfalls kann man der Mama zu den Töchtern gratu- liren", nahm die Baronin, sich in die Brust werfend, das Wort, „wie den Töchtern zu der Mama." „So ist's, so ist's, so ist's", bestätigt« Graf Zehlendorf und fuhr dabei dreimal mit den Fingerspitzen über sein geschorenes Haar, daS wie eine Schrubbe auf die niedrige Stirn hinabstieg. Herr von Schecken reckte den langen Hals aus dem Kragen, wie ein Hahn, der krähen wollte, und sagte: „Vi-aimont — meine Frau hat ins Schwarze getroffen, Excellenz. Schließe mich der Gratulation in beiden Richtungen an." Der junge Graf Gunzenstein küßte der Dam« des Hauses die Hand und bat um eine Dorstellung. „Hatte noch nicht die Ehre, Excellenz . . ." Zu einer Unterhaltung mit den jungen Damrn kam es aber nicht. „Die Herrschaften wünschen sich wohl vor dem Essen noch «in wenig zurückzuzichen", äußerte Frau von Jttenborn; „es stehen Zimmer bereit. Lieber Vetter Halen, wenn Sie die Güte haben wollten . . ." „Mit Vergnügen", fiel der Capitän rin. Er öffnete auch so gleich die Thür und ließ die Gäste aus, um dann wieder vorzu eilen und die Gemächer anzuweisen." Kapin waren di« beiden Damen miteinander allein, als die Gräfin Zehlendorf losbrach: „Die will nicht eitel sein? Glauben Sie mir, meine Beste, sie hat di« Töchter nur deshalb so lange in Pension gelassen, um bei Hofe keine Götzen neben sich zu haben. Sie wären noch jetzt dort, wenn nicht dirs«S unerwartete Ereig nis . . . Ja, erwachsene Kinder sind manchmal unbequem. Gott sei Dank, ich hab« an dieser mütterlichen Schwäch« nie ge litten. Sie erinnern sich, daß ich meine Lola schon vor zwei Wintern auf den Hofball führte, und sie ist wenig älter als dir Zwillinge." „Excellenz liefen dabei vielleicht weniger Gefahr", erwiderte di« Jägermeisterin, indem sie ihren Staubmantel abwarf und den kleinen Filzhuk darüber auf den Stuhl legte. „Wie meinen Sie das, Frau Baronin?" fragte die Gräfin aufmerkend. „Ich war auch noch recht jung, als ich heirathete, und wenn ich auch mit Frau von Jrtenborn, unserer Ministerin, was Schönheit anbetrifft, nie habe concurriren wollen . . ." „Ihre geistige Ueberlegenheit war so außer Frage, Excellenz", beschwichtigte die Baronin, daß man gar nicht auf den Gedanken kam, Sie könnten fürchten, von einem noch so hübschen und klugen jungen Mädchen in den Schatten gestellt zu werden. Wenn man eben nur durch die äußere Erscheinung imponirt . . ." „Mir hat sie nie imponirt", versicherte die ältere Dame. „Sie hatte immer so etwas Lebloses, Statuenhaftes, Begrenztes. Mein Himmel, sie war nun einmal bei Hofe die schöne Frau, und die Auszeichnung, mit der sie von dem alten Herzog behan delt wurde, dessen lirbe Freundin sie ja bis zu seinem Tode war, machte die Huldigungen, die ihr von allen Seiten zu Theil wur den, sehr erklärlich. Aber es war wirklich Zeit, daß auch einmal die Jugend auf den Plan kam." „Ihr Töchterchen hat sich über Mangel an Aufmerksamkeit bei dem jungen Herzog nicht zu beklagen", bemerkte Frau von Schecken, indem sie ihr Pincenez zurecht rückte. Die Gräfin, die ihr Haar vor d»m Spiegel ordnete, schielte durch denselben zu ihr hinüber, ob damit eine Schmeichelei oder eine Bosheit beabsichtigt sein könnte. Sie konnte daraus vielleicht nicht ganz klug werden und begnügte sich mit einem gehüstelten „Hm — Hm! junge Leute . . ." Nach einer kleinen Weile be gann sie wieder: „'Ich bin doch neugierig, ob Frau von Jtten born ihr« Töchter bei Hofe vorstellen wird." „Ach gewiß!" rief die Jägermeisterin. „Na — na — na! Bei dem nicht gerade schmeichelhaften Ab gang und ihrer großen Empfindlichkeit ..." „Aber das wäre doch eine Beleidigung." „Wollen sehen, wollen sehen, meine Liebe." — Der Capitän begleitete die Herren in ihr Zimmer. „Ihr Herr Vetter und seine Frau Gemahlin sehen trefflich aus", bemerkte Graf Zehlendorf, „ich finde Beide in der heitersten Stimmung." „Wundert Excellenz das?" fragte der Capitän, mit breitem Munde lachend. „Ich denke, sie haben die beste Ursache dazu. So plötzlich von all' der garstigen Hofplackerei befreit . . ." „Oho!" rief der Graf hinein. ,Ln so hoher Stellung —! Da pflegt man das nicht so zu empfinden." „Sie kennen eben meinen Vetter nicht", nahm der Capitän den Mund voll, „Niemand kennt ihn, wie er in Wirklichkeit ist, außer den Wenigen, die ihm nahestanden, bevor es seiner lieben Frau gelang, ihn in Carriöre zu bringen. Jetzt erst im gemächlichen Schritt des Gutsherrn fühlt er sich wieder behaglich — ich möchte sagen: Mensch. Ihn konnte gar keine größere Gunst des Ge schicks treffen, als diese Entlassung aus den amtlichen Banden.* Abend-Ausgabe ciWM TaMM Anzeiger Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig Jahrgang, 25« Donnerstag den 18. Mai 1899. le 1 i'i K v ssn/Lutrr. Feuilleton «1 >. t. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr, N» Lbrnd-AuSgabe Wochentag- um b Uhr. i, d 101.50 137,10 156.30 140,80 wr 8or<t- >sr. Von de- anck X«us 102,25 142,SO 110,— 88.75 S°!s esmvn, »ipne. 8r«w»r Lrrmsr- lv/b) von «« (16 b- Versicherung); hier wurde der Vorschlag der 'Commission, I Werk der Pilgerfahrten zu fördern auf jede Wdise, die der Zeit über die Regierungsvorlage hinaus weite Kreise kleiner Ge- > entspricht und Frankreichs würdig ist. Wenn ihre edlen Be- Am Sonnabend wurde auf dem Pariser Friedhöfe Pöre- Lachaise das Floquct-Denkmal enthüllt. Es wohnten ut»wpf«r ivir"; in „Vittsll ntawpfer 1»" ascli Von Pariser Blättern wird gemeldet, daß Frankreich von China das Protektorat über Vic Katholiken des chinc- chc» Reiches zugestanden worden sei. Zu dieser Meldung wird uns von wohlunterrichteter Seite geschrieben: „Alle der artigen Nachrichten haben für die Praxis ebenso wenig Bedeu tung, wie der französische Anspruch auf das Protectorat über die Katholiken des O r i e n t s. Es ist anläßlich der an die Reise Kaiser Wilhelm's nach Jerusalem anknüpfenden Erörterungen über die Protectoratsangelegenheit von amtlicher deutscher Seite auf das Bündigste erklärt worden, daß Deutschland einen An spruch Frankreichs auf den Schutz der Katholiken des Orients in keiner Weise anerkennt. Das Recht, die deutschen, im Orient lebenden Katholiken selbst zu schützen, leitet Deutschland nicht etwa, wie nochmals in Erinnerung gebracht sei, aus einem Ver trage her, den es mit dem Sultan geschlossen, auch nicht aus Ver einbarungen, die es mit dem Papste getroffen, sondern ledig lich aus seiner Eigenschaft als souveräner Staat. Genau dasselbe Recht hat das deutsche Reich auf den Schutz der deutschen Katholiken Chinas, ebenso wie jede andere souveräne Macht das Recht hat, ihre in China lebenden katho lischen Unterthanen zu schützen. An diesem thatsächlichen Ver- hältniß ändern irgend welche Abmachungen, die chinesische Wür denträger mit dem Vertreter eines europäischen Staates verein baren, nicht das Geringste; allederartigenAbmachun- gen gelten nur auf dem Papier, für die Praxis sind sie vollkommen bedeutungslos. Allenfalls mögen sie um den europäischen Diplomaten, der sie schwarz auf weiß besitzt, in den Augen gläubiger Volksgenossen den Nimbus verbreiten, als habe er einen „suaac-g" davongetragcn. Sollte aber auf Grund der gedachten Abmachung in einem einzelnen Falle das Recht des deutschen Reiches auf den Schutz deutscher Katholiken in China angegriffen werden, so würde das Reich einen der artigen Angriff ebenso behandeln, wie jede andere Antastung seines guten Rechts." — So weit die uns von unterrichteter Seite zugehende Information. Wie lebhaft in Frankreich gerade ein „8uoaö8" im Puncte des Protectorats gewünscht wird, geht aus einem Artikel des Blattes „La Croix" hervor, das über eine französische Pilgerfahrt nach Palästina u. A. das Nachstehende schreibt: „Niemals ist die Pilgerfahrt nach Samaria glücklicher und gelungener gewesen, als in diesem Jahre. . . . Der Einzug in Jerusalem hat einen feierlicheren Charakter als gewöhnlich gehabt. . . . Die Pro- cession zum Heiligen Grabe ist so imposant gewesen, daß sie mit dem Einzuge Wilhelm's II. Vortheilhafte (!) Vergleiche hcrvorgerufcn hat. . . . Wie man sieht, bemühen sich die eifrigen ' und wachsamen „Väter der Assumption" mit allem Eifer, das In den politischen Kreisen RutzlanvS hat die Ernennung des Professors von Ltcngel zum deutschen Vertreter auf der Friedensconfercnz im Haag wegen seiner bekannten Broschüre gegen die Idee einer allgemeinen Abrüstung einen un günstigen Eindruck hervorgerufen, da sie dort mißverständlich als eine Verhöhnung der Anregung des Zaren ausgelegt wurde. Mit Bezug darauf erscheint eine Mittheilung von Interesse, die der bekannte englische Publicist W. T. S t e a d, der Berlin auf dem Wege von Petersburg nach dem Haag passirte, einem Mit arbeiter des „Berliner Local-Anzeigers" machte. Stead, der wieder eine längere Unterredung mi^ dem Zaren hatte, versichert auf das Bestimmteste, daß der Zar die Broschüre von Stengel's nicht nur erhalten, sondern auch gelesen habe und davon sehr unangenehm berührt gewesen sei. Ebenso habe die Z a r i n es bedauert, daß gerade aus ihrer deut schen Heimath der ideale Gedanke ihres Gatten ein so unfreund liches Echo gefunden habe. Stead fügte hinzu, in den politischen Kreisen der russischen Hauptstadt sei die Annahme verbreitet, Professor von Stengel habe selbst dem Zaren seine Broschüre übersandt. Diese Behauptung ist jedenfalls durchaus willkürlich, und man hat von ihr nur Notiz zu nehmen, weil daraus erhellt, wie sehr gewisse Kreise in Petersburg bemüht sind, die von Stengel'sche Broschüre in antideutschem Sinne für ihre Zwecke zu verwerthen. Auch im Haag spielen bereits von deutschfeind licher Seite Jntriguen, um die Anwesenheit des Professors von Stengel als Beweis dafür auszunlltzen, daß Deutschland die Friedensbestrebungen der Conferenz vereiteln wolle. Der Be richterstatter der „Frkf. Ztg." hat daher von Stengel um seine Meinung befragt, von Stengel erklärte, er stehe der Conferenz durchaus sympathisch gegenüber und werde, soweit dies in seinen Kräften stehe, Alles thun, um günstige Ergeb- nisse herbeifllhren zu helfen. Er sei gewiß kein Gegner der Friedensbestrebungen und in seiner viel be sprochenen Broschüre habe er sich nur gegen die utopisti - schen Ideen der Friedensvereinler wenden wollen. Diese Broschüre sei übrigens nichts als die Wiedergabe eines Vortrages, den er im Freundeskreise gehalten habe, und der ohne sein Zuthun in die Öffentlichkeit gebracht worden sei, noch dazu in einem Augenblicke, wo er nicht ahnen konnte, daß er zum De- legirten bei der Friedens-Conferenz werde ernannt werden, von Stengel ist der Ansicht, daß eine vollständige Abrüstung kaum durchführbar ist, er würde sich aber freuen, wenn die Conferenz auch nur zu einer principiellen Kundgebung in dem Sinne ge langte, daß die allgemeine Abrüstung ein wünschens wert h e s Ziel ist. Jedenfalls hofft Stengel positive Ergeb nisse der Conferenz in Bezug auf die Genfer Convention und andere Völkerrechtsfragen, und er hält auch die fakultativen Schiedsgerichte für einen vernünftigen Vorschlag, über den man sich ganz gut einigen könnte. In keiner Frage, auch nicht in der Abrllstungsfrage, wird Stengel oder ein anderer deutscher De- legirter gegen eine befriedigende Lösung Schwierigkeiten machen. beschworene Aussagen vorgelegt, nach denen von den 2000 Mann für Militärdienste angeworben sein der Absicht, daß diese Leute bewaffnet würden, der Küste zurückkehrte» und auf ei» gegebene- Fort von Johannesburg besetzten und cS Srtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. werbtreibcnden und Betriebsunternehmern in den Kreis der zur > mübungen hinreichend unterstützt werden, _woran wir nicht Selbstversicherung Berechtigten hinzuzuziehen, angenommen, ohne daß vom Regierungstische eine Erklärung über die Annehmbar keit dieser Erweiterung erfolgte. Auch gestern wurde ein Be schluß gefaßt, der möglicher Weise beim Bundesrathe Anstoß er regt. Auf Att^ag des Ubg. Hitze wurde nämlich ein 8 30a eingefügt, nach dem den Versicherten, die wegen Bezugs einer Unfallrente die ihnen sonst gebührende Invalidenrente nicht er halten können, das Recht auf Rückforderung der Hälfte der entrichteten Beiträge eingeräumt wird. Heute wird es sich vor Allem um die in dem schon gestern angeschnittenen 8 51 vor geschlagenen Renten st eilen handeln, die eine der um strittensten Fragen des ganzen Gesetzes bilden. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Dei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Redaktion und Expedition: AohanntSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. WaS von neueren Meldungen über die Verschwörung in Johannesburg beute vorliegt, stammt aus englischen Quellen und ist datier mit gebührender Vorsicht aufzunehmen. UnS sind folgende Nachrichten zugegangen: * London, 17. Mai. Dem „Reuter'schen Bureau" wird au- Pretoria gemeldet: Die sieben in Johannesburg Verhafteten wurden heute früh vor den Landdrost gebracht untcr der Anklage des Hochverraths; sie mache» einen verkommenen Eindruck. ES wurden Verhafteten solle», mit dann nach Zeichen das etwa 24 Stunden hielten bis zur Ankunft britischer Truppen. Die Gefangenen wurden nach dem Verhör auf 14 Tage wieder in die Haft abgeführt. Die Blätter sagen, die Regierung betrachte die Angelegenheit als einen unglücklichen localen Vorfall, der die allgemeine politische Lage nicht störend beeinflusse. Die Vorbereitungen für die Zusammenkunft zwischen Präsident Krüger und Gouverneur Milner in Bloemfontein sind nach Mittheilungcn der Negierung beinahe abgeschlossen. Die vom Prä sidenten vorgeschlageneu Reformen werden dem BolkSraad in der bevorstehende» Session vorgelegt werden. * London, 17. Mai. (Reuter's Bureau.) Ueber die geplante Conferenz des Präsidenten Krüger und des Gouverneurs der Capcolonie Milner sind n och keine endgiltigen Abmachungen io«,20 88.60 100,30 87,31 85.60 «0,30 87.50 78.50 -r VsrUak is Neuti-r« udsr uus Mesricmeo - Urättix« psoier, in üt, vvirreo Stetig. .«t.i r31", itws 76-, Äußer Diensten. Roman von Ernst Wichert. Nachdruck »erbet i. Im Schlosse wurde darauf Toilette gemacht. Das füllte wieder ein Stück Zeit. Es Dauerte auch nicht mehr lang«, bis die erwartete Gesellschaft in zwei Landauern anfuhr und begrüßt werden muhte. Aus dem ersten stieg der Oberjägermeister Graf Zehlendorf, ein korpulenter Sechziger mit rundem, rothem Ge sicht, niedriger Stirn, kurzgeschorenem grauem, eigentlich fast weißem Haar und Bart, und seine wohl zwanzig Jahre jünger« Frau, «ine zierlich« Dame mit spitzer Nase und sehr beweglichen grauen Augen. Der junge Graf Gunzenstein, der den Rücksitz eingenommen hatte, war schon vorher herausgesprungen und nun behilflich, ein übermittelgroßer, sehr gelenkiger Herr mit militä rischem Schnurrbärtchen. Aus dem zweiten Wagen hob Baron Schecken seine Frau, Beide in dem gesetzten Alter zwischen dreißig und vierzig, er langhalsig mit einem Vogelgesicht im grünen Uniformrock, sie groß und kräftig, von steifer Haltung in gesucht einfacher Rcisekleidung, braunem Mantel und Filzhütchen ohne jeden Ausputz, den Kneifer auf der Nase. In der Thür stand Freiherr von Jttenborn, die Gäste zu empfangen, hinter ihm der Capitän. „Nun, kommen wir ungelegen, Excellenz?" rief der Ober jägermeister ihm entgegen, bei jedem Schritt die stcifgewordenen Beine federnd. „Sagen Sie's offen, sagen Sie's ganz offen — wir fahren gleich weiter, sobald die Pferde ein wenig verschnauft haben. Sind erst kürzlich von der Reise zurückgekehrt — hätten uns eigentlich denken können —" „Aber ich bitte Sie, Excellenz", fiel der Hausherr ein, der ihm nun endlich die Hand schütteln konnte. „So liebe, alte Freund«! Wir machen gar keine Umstände." Er küßt« der Gräfin, die vorgegangen war, wiederholt die Hand. „Wie reizend, Excellenz, daß Sie sich entschlossen haben, mitzufahren! Meine Frau hofft, dir verehrten Damen — willkommen, Frau Baronin, willkommen —, die verehrten Damen werden die Männer allein ihrer Jagdpflicht nachgehen lassen und bis zu ihrer Rückkehr in Horseln mit unserer Gastfreundschaft vorlieb nehmen. Ach ja! schlagen Sie's uns nicht ab." Er reichte rechts und links den beiden Damen den Arm und führte sie nach dem Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter demRedactionSstrich (4gv- spalten) üO^K, vor Len Familiennachrichtri« (6gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem PreiS- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarts. dieser Feier zahlreiche Verehrer deS Verstorbenen und darunter SenalS-Präsident Fallieres, Minister-Präsident Charles Dupuy, Leon Bourgeois u. A. bei. Es wurden zahlreiche Reden zur Verherrlichung Floquet'S gehalten. Geradezu Sensation rief folgende Stelle der Rede Dupuy's hervor: Floquet antwortete eines Tages dem General Boulanger, der bei der Erörterung seines Programms von dem Patriotismus gesprochen halte, als hätte er allein das wahrhafte Gefühl des selben, mit folgenden so hohen und so gerechten Worten: „Ich forsche, woher ihm das Recht zukommt, das er mit einer naiven Kühnheit in Anspruch nimmt, in Frankreich allein den Patrio tismus zu vertreten, sich anzumaßen, ihn den Vertretern der Nation, de» Generalen, den der TiSciplin getreuen Ossicieren, jener Armee, jenen unbekannten Soldaten zu zeigen, die ebensoviel Blut wie er für Las Vaterland vergossen und die nicht davon sprechen, all jenen ergebenen Dienern, die in aller Stille an dem Schutze des Vaterlandes arbeiten, statt Manifeste des Neo-Cäsa- riSmus hieherzubringen." Die Republikaner genehmigten damals mit enormer Mehrheit den öffentlichen Anschlag der Rede Charles Floquet'S. Die Republikaner von heute werden mit Nutzen darüber nachdenken und daraus die gleiche Entschlossenheit schöpfen, falls sie sich je der gleichen Gefahr gegenüber be finden sollten. Der Hinweis Floquet's auf den Neo-CäsariSmuS der Nationalisten und Antisemiten hat in säinmtlichen Pariser republikanischen Journalen einen sympathischen Widerhall gefunden, er bestätigt aber auch, daß die von cäsaristischer Seite der Republik drohenden Gefahre» keine leeren Scheinen sind. soo,— 1229 -o 3770 I L7.40 I 2'l, I zweifeln, wird man nicht mehr so viel vom Verfall des franzö- I fischen Protektorates im Orient sprechen." — Die vatikanische „Voce della BeritL" druckt zur Bekräftigung ihrer fran zosenfreundlichen Gesinnung das Vorstehende ohne Cont inental ab. Salon, nachdem er auch Herrn von Schecken und dem Hofjunker, diesem ganz besonders verbindlich, die Hände geschüttelt hatte. „Sehr liebenswürdig, Excellenz", sagte die Oberjäger- meisterin mit einem Sümmchen, dünn wie Spinnewebe und zu gleich scharf wie Glas. „Ich möchte aber doch meinem Alien nicht den Schmerz bereiten, Abends in d«m wenig gemüthlichen Forsthause seinen Thee ohne mich trinken zu müssen. Ich habe mein« Maschine mit. Ihre gütige Einladung soll aber für ein andermal unvergessen sein." „Und ich gedenke, mit dem Gewehr in der Hand an der Jagd selbst theilzunehmen, Excellenz", bemerkte Frau von Schecken. „Ich habe beste Gelegenheit, mich einzuschießen, da wir so unter uns sind, und hoffe dann im Herbst meine Wette zu gewinnen. Hoheit geruhten nämlich beim Pistolenschießen, wo sie meine sichere Hand rühmten, mit mir zu wetten, daß ich unter zehn Schüssen auf ein lebendes Ziel nicht drei Treffer haben würde." „Hoheit hat Ihre Mannhaftigkeit unterschätzt, liebe Baronin", äußerte Frau von Zehlendorf lächelnd, aber etwas spitz. „Ich brächte es nicht über mich, ein unschuldiges Thier niederzuknallen." „Excellenz haben ein zu weiches Herz", gab die Baronin den Spott mit etwas rauherer Stimm«, aber ebenso süßem Lächeln zurück. Man rühmte der Oberjägermeisterin sonst nicht gerade ein zu weiches Herz nach. Der Capitän folgte mit den Herren. Frau Iduna erwartete mit ihren Töchtern die Gäste in dem kleinen Salon. Sie nahm die beiden Damen an der Thür in Empfang und küßte sie freund schaftlichst. „Aber das war ja eine ganz reizend« Idee, meine beste Excellenz, meine sehr verehrte Frau Baronin! Willkommen, meine Herren. Darf ich Ihnen gleich meine Töchtrr vorstellen? Armgard — Irmgard. Nun, ganz unbekannt sind sie Ihnen ja nicht, aber vielleicht doch fremd geworden; sie fühlten sich so wohl in ihrer Schweizer Pension, daß wir in den letzten Jahren ihre Studien durch Besuchsreisen nicht unterbrochen haben. Und in diesem Uebergangr'alter verändern junge Mädchen sich so sehr. Sie haben mich selbst überrascht, obgleich ich durch Photo graphien vorbereitet war. Die Fräulein knixten bis fast zur Erde und küßten den Damen die Hand. Frau von Zehlendorf klopfte ihnen die Wang«n. Das muß ich sagen: die jungen Dämchen haben sich ja ganz prächtig ausgewachsen. Jst's denn wirklich schon so lang« her, seit ich das Vergnügen hatte? Erinnern sich Excellenz, ich hab« sie immer die Meinen genannt, wenn ich von ihnen sprach; und wer täg lich di« schöne Mutter mit Augen sah . . . Nein, Excellenz, es glaubt's Ihnen Keiner, daß das Ihre Töchter sind — diese rr- b. w o Politische Tagesschau. * Leipzig, 18. Mai. Der Reichstag wird heute seine Berathung schon um II Uhr beginnen, um den Versuch zu machen, die zweite Lesung des Jnvalidenversicherungsgesetzes zu Ende zu füh ren. Bei dem Umfange des noch zu bewältigenden Restes hat dieser Versuch nur sehr geringe Aussicht auf Erfolg, um so ge ringeren, als das Haus schon gestern, nachdem die Commissionen ihre Arbeiten beendet oder bis nach Pfingsten vertagt hatten, gänzlich beschlußunfähig war. Wenn es aber trotzdem gelingt, das Ende der zweiten Lesung Hals über Kopf noch heute herbei zuführen, so werden die Reichsboten doch mit der Ungewißheit in die Ferien gehen, ob die wichtigsten ihrer Beschlüsse die Zu stimmung des Bundesrathes erlangen oder ob nach Pfingsten bei der dritten Lesung der Versuch einer Verständigung mit den Vertretern der verbündeten Regierungen erneuert werden muß. So ist vorgestern der Versuch, eineVerständigung über den wichtt- genK20sherbeizufiihren,derden finanziellen Ausgleich zwischen den reichen Versicherungsanstalten der Jndustriebezirke und den verarmten der ländlichen Kreise regeln will, mißglückt. Nach der Regierungsvorlage sollte am 31. December 1899 das gesammte vorhandene Vermögen jeder Versicherungsanstalt fest gestellt und davon drei Fünftel einem allen Versicherungs anstalten gemeinsam gehörenden „Gemeinvermögen" zugeführt werden. In gleicher Weise sollte es mit den künftigen Beiträgen gehalten werden. Die Commission hat dagegen bestimmt, daß da- im Besitz der einzelnen Anstalten jetzt befindliche Capital diesen unverkürzt verbleiben soll. Das Gemeinvermögen soll in der Weise gebildet werden, daß vom 1. Januar 1900 ab vier Zehntel aller Beiträge buchmäßig ausgeschieden werden und zu diesem buchmäßigen Bestände von Jahr zu Jahr Zinsen gut ge schrieben werden. Von dem Gemeinvermögen soll die allen Ver- stcherungsträgern gemeinsame Last bestritten werden. Zu dieser „Gemeinlast" sind gerechnet: drei Viertel sämmtlicher Alters- renten, die Grundbeträge aller Invaliden renten, Renten steigerungen in Folge von Krankheitswochen und Rentenabrun dungen. Alle übrigen Verpflichtungen bilden die Sonderlast der Versicherungsanstalt und werden von dieser allein bestritten. Hiermit wird das Princip zur Durchführung gebracht, auf dem die Versicherungs-Gesetzgebung beruht, sofern nämlich jeder Ver sicherte nach Maßgabe seiner Versicherung im ganzen Reiche die gleichen Vorlheilc von der Versicherungsgesetzgebung haben soll. Vermieden wird durch diese Bestimmung, daß örtlich wenig be günstigte Versicherungsanstalten in Gegenden mit dünner Ar beiterbevölkerung und zahlreichen Altersrcntncrn in mißlich« Finanz-Verhältnisse gerathen, wie cs der Versicherungsanstalt für Ostpreußen und einer bayerischen Versicherungsanstalt wider fahren ist. Die Commission hatte weiter als Absatz 4 hinzuge- fügt: Falls bis 1910 sich Herausstellen sollte, daß das Gemeinver mögen zur Deckung der Gemeinlast nicht ausreicht, soll der BundeSrath für die nächsten zehn 'Jahre bestimmen, in welcher Höhe durch weitere Beiträge der einzelnen Versicherungsanstalten das Gemeinvermögen verstärkt werden soll. Nach langer Debatte, in die der Staatssekretär Graf Posadowsky wiederholt ein griff, wurde der Paragraph in der Fassung der Commission mit einer vom Centrum beantragten Abänderung angenommen, ohne daß man erfuhr, ob das Gesetz in dieser Form des 8 20a für die Regierung annehmbar sei. Das gleiche Resultat hatte die nachgeholte Abstimmung über den 88 (freiwillige Filialen: Vtt« Klemm's So.tim. (Alfred Hahn), UniversitätSstraße 3 (Paulinum-. Lauts Lösche, Katharinenstr. 14» Part, und kSmgSplatz 7. Amlsvlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Äintes -er Stadt Leipzig. BezuffS'PreiS der Hauptexpedition oder den km Stadt- drzirk und den Vororten errichteten Aus- «»bestellen ab geholt: vierteljährlich 4.50, »ei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- >l b.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung in- Au-laod: monatlich 7.S0. iw-k 4^' 101>» I26-i 66-^ 78'l» 1»»SN 84>!» ° l 101», I Si/,, 0 20. ä. LI., d t>. il t. e. i n L. r. 5. d. z t. 85,60 438,— 176,30 271 10 121,50 138,10 256,— 206,20 201,75 223,40 123,25 128 20 87,50 82,10 t. . 180,25 d. 318,50 158.25 372,75 320,— 142,10 136,— 188.80 272.— 180 50 178,60 178.80 150.25 228.— 180.25 128,70 130.80 374,— 651,— 330,— 156.25 184,— 338,— 152,50 123.80 , 157,— -e. 282,80 167,- 168,40 . 316,35 rsrdotsn.l lck Rriel oo 7875 50 4425 25 3175 00 15000 - 2775 3550 20 3/60 4300 00 —— 50 17450 11920 - 11700 75 4575 50 11750 75 —— 75 4525 25 875 1700 3600 25 1475 2S25 80 3130 00 - - 2430 1850 50 — 310 75 2625 25 360 25100 30 1500 2350 20 360 14125 650 25 ! 4200 5k ! 5220 50
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