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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.05.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990527028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899052702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899052702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-27
- Monat1899-05
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4176 werden können. Eine Erleichterung dürste die Situation da durch erfabren, daß, wie gemeldet, die Washingtoner Re gierung den Admiral Kautz aus Apia abberufen hat. Die deutschamrrikanischen Zeitungen setzen die Opposition gegen Mac Kinlrys EppanstonSpolittk mit ungeschwächten Kräften »nd gleicher Energie und Schärfe fort, nnv die unter ihnen, die der republikanischen Partei angeboren, haben Mac Kinley offen die Gefolgschaft gekündigt, in einer Sprache, die an Deutlichkeit nicht« zu wünschen übrig läßt. Und damit er es auch verstehe, schreiben sie jetzt ibr« Leitartikel in englischer Sprache. Gelingt e« Mac Kinley nicht, bi« zumHerbst 1 WO dieGemüther zu beruhigen und dieDeutsch-Ameri- kancr zu versöhnen, so wird er nn Wahlkampfe einen sehr schweren Stand haben, wenn nickt die Demokraten eine ihrer historischen Dummheiten machen. Mac Kinley wird wieder der Kandidat der republikanischen Partei sein. Ob sein Gegner wieder Bryan heißen wird, ist noch zweifelhaft. Im Westen be herrschen dieser und sein Anhang die demokratische Partei; aber der Osten will nicht« von dem Silberschwindel wissen, und daher wird e« noch einen heftigen Kampf innerhalb der demokratischen Partei absetzen, ehe entschieden ist, wer der Führer der Demokraten sein wird. Siegt Bryan in diesem Kampfe, so ist der AuSgang der Wahlschlacht zweifelhaft. Stellen aber die Demokraten einen anderen Candidaten aus und gelingt eS ihnen, die Währungsfrage in den Hintergrund zu schieben, so ist Mac Kinlcy'S Niederlage, wie heute die Sachen liegen, gewiß. Die unabhängigen Wähler werden den Ausschlag geben, und unter ihnen bilden die Deutsch- Amerikaner das stärkste Contingent. Die Gefahr der Geld- entwerthung ist nicht so groß, wie sie sich auS der Ferne ansieht. Der BundeSseuat wird in den nächsten vier Jahren von den Republikanern vollständig beherrscht werden, so daß jede Aenderung der Wäbrungsgesetze im Sinne der Schwärmer für die „freie und uneingeschränkte Silberprägunz" unmöglich ist, selbst wenn das Abgeordnetenhaus und der Präsident dafür sein sollten. Außerdem aber wird wobl der neue Congreß, in dem die Republikaner in beiden Häusern eine starke Mehrheit besitzen, im kommenden Winter das von den Republikanern 1896 gegebene Versprechen einlösen und «in Gesetz erlassen, durch das die jetzt äs t'aeto bestehende Goldwährung äs zur« eingeführt wird. Durch ein solches Gesetz würden aber dem nächsten Präsidenten, sollte er Bryan beißen, die Hände gebunden sein, da der republikanische Senat nie die Hand zu einer Ab schaffung desselben reichen würde. Die Gegner des von Mac Kinley vertretenen Imperialismus brauchen also keine Furcht vor der Geldverschlechterung zu haben, sondern können ungescheut ihr vernichtende» Urtheil über die Expansions politik fällen. Die Reihen der jetzigen Gegner dieser Politik werden bi» dahin durch die Unzufriedenheit über die drückenden Kriegssteuern noch mächtig verstärkt werden. Deutsches Reich. Berlin, 26. Mai. (Staatssekretär v. Pod- biekski und die Po st unterbeamten.) Nachdem es dem Staatssekretär v. Podbielski mit allgemein anerkanntem Er folge gelungen war, das lange Jahre getrübte Vertrauens- vcrhältniß zwischen dem Postassistentenoerband und der obersten Postbehördc hcrzustellcn, war die nächste Aufgabe, die sich der oberste Chef der Postverwaltung stellte, nun auch noch die Trübungen zu beseitigen, die in dem Verhältnisse zu dem Post unterbeamtenverband bestanden, und die dem Naturalismus aller Schattirungen Jahre lang Gelegenheit geboten haben, sich im Reichstag als Vorkämpfer der Interessen der Postbeamten in durchsichtiger Tendenz aufzuspielen. Daß auch diese Be strebungen von Erfolg gekrönt sein werden, läßt die Verstimmung des socialdemokratischen Centralorgans vcrmuthen, das dem Unterbeamtenverbande jetzt unwirsch in Aussicht stellt, er werde noch zu einem bloßen „Vergnügungsvcrein" heruntersinken und völlig aufhören, eine „Macht" zu sein. Wir glauben nicht, daß diese Lockungen, nachdem der mit dem Postassistentenvcrbande geschlossene ,/Friede" solche Früchte für die Beamten gezeitigt, Erfolg haben werden. Wenn man das Wohlwollen der „Vor gesetzten" verleiden will, muß man wenigstens etwas Gleich- werthiges dafür bieten können. Das Wohlwollen socialdemo kratischer Führer aber ist, wie die sich in den letzten Jahren häufenden Beschwerden ehemaliger ,/Genossen" bekunden, längst als ein höchst fragwürdiges Gut erkannt. Noch weniger ist aber einem Verbände, der die wirthschaftlichen Interessen seiner Mit glieder wahrnehmen will, mit einer „Macht" gedient, die lediglich darin besteht, daß sich socialdemokratische Redner im Reichstag unbefugt als seine Wortführer aufspielen und so dem Verbände die Quellen abschneiden, auS denen er eine positive Förderung seiner Interessen zu erwarten berechtigt ist. U Berlin, 26. Mai. (Obligatorischer Laden schluß.) AllerwärtS in Deutschland regt sich gegen den Beschluß der Gewerbeordnungs-Commission, betreffend den obligatorischen Ladenschluß, die heftigste Opposition. Man erblickt hierin mit Recht einen unzulässigen Uebergang von dem berechtigten Arbeiterschutz zu einem unberechtigten Ein griff in die persönliche Freiheit des einzelnen Gewerbetreibenden. ES war nothwendig, auch den Angestellten deS Handlungs gewerbes die Wohlthaten der Arbeiterfchutz - Gesetzgebung mir's übel nehmen. Wenn Sie mir aber andeuten wollten, wo ich das nächste Posthaus finde, würde ich Ihnen dankbar sein." „In Dranglitz, einem ganz kleinen Städtchen, eine halbe Stunde von hier. Das heißt. . . Wollen Sie zu Fuß hin?" „ES ist ja so schönes Wetter." „Dann hat man einen reizenden Spazierweg am Flüßchen entlang und weiter durch die Felder. Wollen wir den Herrn Doctor begleiten, Armgard?" , „Wenigstens ihm die Richtung anzeigen." Das geschah. Die Unterhaltung wurde aber so lebhaft, daß die Schwestern das Umkehren ganz vergaßen. Erst als der alte Thorthurm sichtbar wurde, zeigte Armgard darauf und sagte: „Nun können Sie aber den Weg nicht mehr verfehlen." Er eilte fort, gab den Brief ab und trat ebenso eilig wieder den Rückmarsch an. .Die Schwestern mußten lehr langsam ge gangen sein oder sich verweilt haben, denn er holte sie noch weit vor dem Park wieder ein. „Und nun spielen wir Reif, wenn's Ihnen gefällt." „Zu vieren", sagte Irmgard „Zu vieren?" „Ich denke, Armgard und ich sind zwei, Freiherr von Jungen heim und Doctor Junge auch zwei." Er lachte. „Also zwei Damen, zwei Herren. Prächtig! Wen befehlen Sie zu Ihrem Partner, gnädige Cousine?" „Ich will bescheiden sein und mich mit Herrn Doctor Junge begnügen", sagte Irmgard schalkhaft. Er verneigte sich vor Armgard. „Dann wird sich also Herr von Jungenheim hier die Ehre geben." Er spielte wirklich für zwei, indem er beide Hände mit Stöcken bewaffnet hatte und fast immer zu gleicher Zeit fing und warf. Die jungen Damen bedrängten ihn mit ihren Reifen, wie sie konnten, aber selten fiel einer zur Erde. Später erweiterte sich der Kreis, da auch Comtefse Hertha und Herr von Jttenborn eintraten. Der Capitän sah zu. Er könne auf dem Lande nicht geradeaus werfen, sagte er. Die Abendtafel war in der Veranda gedeckt. Neuntes Capitel. Am andern Tage regnete es. Die drei Herren saßen schon Vormittags bei einer Partie Whist zusammen. Jttenborn spielte aber sehr unaufmerksam und machte so viel Fehler, daß er schließ lich selbst über sich die Geduld verlor, die Karten fortschob und erklärte, kein Aergerniß weiter geben zu wollen. „ES ist schlimm", sagte er, „wenn man mit seinen Gedanken von einem bestimmten Punct nicht los kann." zugänglich zu machen. Hiergegep hat sich bisher von Iei»er Seite Widerspruch erhoben. Wenn man aber dazu über gegangen ist, einen allgemeinen Ladenschluß zu bestimmter Zeit als obligatorisch vorzuschlagen, so bat man hiermit den die große Mehrzahl bildenden, ohne Gehilfen arbeitenden In habern von offenen Verkaufsläden eine Beschränkung ihrer gewerblichen Freiheit auserlegt, lediglich deshalb, um ihren bester gestellten College«, welche mit Gehilfe» arbeiten, «ine aus reichende Aussicht auferlegen zu können, daß sie die Vorschriften über die Mindestruhezeit für ihre Angestellten nicht verletzen. Dadurch, daß man für bestimmte Zeiten die Schließung der Läden überhaupt vorschreibt, ist diese Aufsicht freilich am leichtesten zu üben. ES ist aber kaum zu recht fertigen, wenn man gesetzlich den Geschäftsbetrieb der selbst ständigen Ladeninhaber deshalb beschränken will, um eine aus reichende Aufsicht über ihre Concurrenten zu üben. Die Regierung ging in dieser Beziehung durchaus den richtigen, von keiner Seite bekämpften Weg, die Regelung dieser Frage den örtlichen Verhältnissen zu überlasten und de» obligatorischen Ladenschluß für den Fall statutarisch vor- ruschlageu, daß zwei Drittel der betheiligten Geschäftsinhaber sich hierfür auSsprechcn. — Der Kaiser, der sich, wie bereit» berichtet, am 3l. dieses Monats nach Kiel zum Stapellauf deS „Ersatz König Wilhelm" begiebt, wird von dort zu einem Besuch nach Grünholz fahren und dann nach Schleswig kommen. Die Stadt trifft bereits umfassende Vorbereitungen zum Empfang des Monarckcn. — Wie „Bösmann's Telegraphisches Bureau" meldet, ist Herrn Geo Plate in Beantwortung feiner Anzeige an den Kaiser von seiner Wahl in die Verwaltung der Suez- can al-Gesellschaft folgende« Telegramm au« Sangerhausen zugegangen: Mit lebhafter Befriedigung habe Ich die Meldung von Ihrer Wahl als Delegirter in den Lonsoil ck ackwinistratioo der eowpa^uis universelle cku eannl maritime cke 8uer rntgegengenommen. Indem Ich Sie und den Norddeutschen Lloyd zu diesem Zeichen des Ver trauens auch im Auslände beglückwünsche, erhoffe Ich von dieser Wahl eine kräftige Förderung des deutschen Schiffs- und Handels verkehrs. Wilhelm, I. R. — ES wurde bekanntlich s. Z. bestritten, daß Cecil Rhode» zur Audienz beim Kaiser in einem wenig salonfähigen Anzuge erschienen sei; er sei nur iy« Auswärtige Amt im Straßencostüm gegangen. In einem größeren Artikel frischt jetzt die „Frkf. Ztg." die erste Meldung wieder auf und erzählt von dem Empfang im königlichen Schlosse zu Berlin, „zu dem der berühmte Mann thatsächlich in einer blauen Joppe, in Nankinghosen und einem weichen grauen Filzhut erschien." — Dem katholischen Lehrerverbande der zu Pfingsten in Ludwigshafen versammelt war, ging nach dem Schluffe der Verhandlungen folgendes Telegramm aus Potsdam zu: „Seine Majestät der Kaiser und König lassen der 8. General versammlung deS katholischen Lehrervrcbandes deS deutschen Reiche» für den Ausdruck treuer Anhänglichkeit besten« danken. Auf Allerhöchsten Befehl: v. LucauuS, Geh. Cabinetsrath." — Anläßlich der Bestattung der Leiche de» in GoSlar verstorbenen Historienmaler» Herm. WiSlicenuS bracht« die „Tägliche Rundschau" vom 10. Mai eine schmerzliche Klage über die Verweigerung der kirchlichen Ehren wegen der von dem Verstorbenen bestimmten Feuerbestattung. Diese ganz allgemein gehaltene Aeußerung gegen „die Kirche" er fährt jetzt in demselben Blatte durch einen Vetter de« Verstorbenen, den Professor Ioh. WiSlicenus in Leipzig, eine Berichtigung dahin, daß die kirchlichen Ehren Wohl in Goslar durch da» Consistorium in Hannover versagt worden sind, dagegen bei der Bestattung der Leicke in Gotha „die kirchliche Einsegnung der Leiche und den Leidtragenden die kirchliche Tröstung keineswegs gefehlt hat, sondern un beanstandet unv mit Erfüllung alles dessen gewährt worden ist, waS die Hinterbliebenen selbst für die Bestattungsfeier gewünscht hatten; — und zwar gewährt wordeu ist nicht etwa als persönliches Zugeständniß des amtireudeu Geistlichen, sondern auf Grund der kirchlichen Ordnung, wie sie in Gotha seit Einführung der Leichenverbrennung in jedem Falle, in dem es begehrt wird, bei Gliedern der christlichen Kirche ge handhabt wird." Die Erklärung schließt: „Wir Verwandten sind der Gothaischen Landeskirche und dem sie bei unserer Trauerfeier vertretenden Herrn Oberpfarrer Müller dafür tief dankbar." — Die englische Regierung hat der Besatzung des Norddeutschen LloyddampferS „Marie RickmcrS" in An erkennung ihrer Verdienste um die -Rettung deS BesatzungS- und Pastagiertrupps deS englischen Dampfers „Londonian" vom Tode deS Ertrinkens auf hoher See werthvolle Aus zeichnungen verlieben. — Auf dem Tuberkulose-Congreß theilte der spanische Delegirte vr. Dom ine heute mit, daß die bei Valencia gelegene, unter dem Protectorate deS Königs und der Königin-Regentin stehende spanische Nationalheil- stätte für Schwindsüchtige beabsichtige, zehn deutsche Arme unentgeltlich aufzunehmen und zu ver pflegen. Der Capitän hielt es für unnütz, zu fragen, was das für ein Punct wäre, und Jungenheim meinte, ihn sich erst noch ver traulicher stimmen zu müssen. Sie rauchten also ihre Cigarren weiter und nickten zustimmend. „Ich hätte den Menschen gestern doch nicht abweisen sollen", ließ sich der Freiherr wieder nach einer kleinen Weile ver nehmen. Nun war's so weit. „Welchen Menschen, Onkel?" „Ach, einen Journalisten aus Berlin — Doctor Junge, wenn ich nicht irre. Da liegt wohl noch seine Karte. Er wollte mich interviewen." Der Capitän schmunzelte, indem er Jungenheim von der Seite ansah. ,/Das wäre Dir sehr heilsam gewesen. Du hättest Dich einmal aussprechen können. Immerfort seinen Verdruß in sich hineinfreffen, das muß die gesundeste Constitution unter graben." „Der Verdruß wäre vielleicht später noch größer geworden, wenn sich die Oeffentlichkeit mit ihm beschäftigte. Und doch . . . Man wollte mir jedenfalls die Ehre erweisen, mich für einen Staatsmann zu halten, der etwas zu sagen hätte. Wär's nicht bei uns so ganz ungewöhnlich . . ." „Es ist aber bei uns auch ganz ungewöhnlich, daß ein Minister entlassen wird, ohne daß er sich rechtfertigen darf. Da gelten doch keine Rücksichten aus dem früheren Dienstvcrhältniß." ,/Hm — es kann sein. Und in der That — ich hätte mir den Mann ansehen, wenigstens hören sollen, was man zu wissen wünschte." Jungenheim lachte vergnügt. „Dazu ist es am Ende noch nicht zu spät, lieber Onkel." Der Freiherr sah etwas verwundert auf. „Wie, wie? Er wäre noch . . ." „Angesehen hast Du Dir freilich den Mann schon un wissentlich", fiel der Doctor ein, „und ob er jetzt noch etwas zu fragen hätte, steht dahin; aber wenn Dir'« darauf ankäme, eine journalistische Bekanntschaft zu machen, könnt' ich Dir leicht dazu verhelfen." „Ich verstehe Dich nicht." „Mit einem Wort denn: ich selbst bin dieser etwas dreiste Doctor Junge, der sich ganz ehrlich als Journalist bei dem früheren Minister einführen wollte, mit dem er in erster Linie zu rechnen hatte." „Du?" rief der Freiherr sehr erstaunt. „Junge — Jungen- heim — ah! Darauf bin ich nur nicht gekommen, weil es zu nahe lag. Du also ... Ja, dann muß man vor Dir auf der Hut sein.' — Die Mitglieder des Tuberkulose-CongresseS unternahmen heute Nachmittag Ausflüge nach den Lungen heilstätten in Belzig und am Grabowsee. Abends folgten dieselben größtentheil» der Einladung des Professor« v. Leyden. Unter den Gäste» befanden sich auch der Reichs kanzler Fürst zu Hohenlohe, der KricgSminister v. Goß le r, der StaatSsecretär v. PosadowSkh, Herzog und Herzogin von Ratihor, sowie die Botschafter Frankreich«, Oesterreich- Ungarn« und Italiens. Der Letztere hatte vorher die italie nische» Delegieren empfangen. — Die durch du Herren SanitätSrath vr Alt, vr. Asch s«u., vr. B. Cuyrim, Geh. SanitätSrath vr Schleich und SanitätSrath vr. Wetzel veranlaßte Urabstimmung der preußischen Aerzte über die staatlichen Ehren gerichte ist am 16. Mai geschloffen worden. DaS Resultat der Umfrage wurde, in zwei Eingaben vom 26. April und vom 16. Mai zusammengefaßt, dem Abgeordnetenhaus« überreicht. Danach haben von 12 421 al» Abstimmende in Betracht kommenden Aerzten 1) 7128, also ?/ir ihre Stimme gegen den Regierungs entwurf erhoben, 2) 3029, also »/,, sich principiell gegen staatliche Ehrengerichte überhaupt entschieden. Die Ansicht der Aerztekammern sei in diesen, Falle nickt al» der Ausdruck der Meinung der Aerzte anzusehen. — Nach Ausweis des „ReichS-MedicinalkalenderS für 1899" sind aber im Jahre 1898 in Preußen 15 454 Aerzte gezählt worden. Es haben sich also 5297 Aerzte an der Abstimmung nicht betheiligt. — Die Stimmen aus den Fachkreisen, welche sich für eine reichsgesetzliche Regelung des Apothekenwesens und für die Ablösung der ApothekenbetriebSrechts- werthe uuter den in dem FrühjabrSrundschreiben deS Vor standes deS Deutschen Apotheker-VereinS vorgesehenen Be dingungen auSsprecheo, mehren sich. So haben die zahlreich besuchte Versammlung des Apotheker-Vereins im Großherzog- thum Hessen und die Versammlung rheinischer und west fälischer Apotheker in Köln sich im Sinne des Vorstands beschlusses ausgesprochen. Auch die Wanderversammlung bayerischer Apotheker hat sich für eine baldige reichSgesetz- liche Regelung des Apothekenwesens erklärt. — Die Bäreninsel, auch Cherry- und Beereninsel genannt, nach welcher der Fischereiverein eine Expedition abgesandt hat und mit welcher sich neulich eine ofsiciöse Note der „N. A. Z." beschäftigte, ist ein gewöhnlich zur Gruppe von Spitzbergen gerechnete« Eiland, ganz au« secundärem Sandstein und Kalk gebildet, mit bedeutenden Kohlen- und Phosphatlagern. Sie liegt ungefähr 225 Kilometer südlich vom Südcap Spitzbergens und umfaßt 68 Quadratkilometer, d. b. etwa den dritten Theil der Insel Wollin. Die Insel wurde 1596 von BarentS entdeckt. Sie ist, wie in der „Nordd. Allg. Ztg." hervvrgehoben wurde, herrenlos. Auch Spitzbergen be findet sich bisher noch nicht im anerkannten Besitze eine» Staates. Gegenwärtig machen sich Schweben uud Rußland das Besitzrecht streitig und haben in diesem Jahre zur Er ledigung des Streites eine Grabvermessungscommission dort hin entsandt. Nach den angegebenen Zielen der Expedition soll die Bäreninsel als Stützpunkt für den Fischfang im Nordmeer dienen und zugleich einen geeigneten Platz zum Fischversandt bieten. Die geologische Erforschung scheint außer dem die Möglichkeit einer Verwendung der mineralischen Schätze der herrenlosen Insel ins Auge zu fassen. — In den Ausstand eingetrelen sind heute die Stein setzer Berlins. Die Forderungen beziehen sich auf Erhöhung des Lohnes, Bezahlung der Ueberstunden und Verkürzung der Arbeitszeit. Auch der Neunstundentag, der schon im vorigen Jahr vergeblich von der Steinsetzer-Innung verlangt wurde, soll jetzt wieder gefordert werden. — Der Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein ist nebst Gemahlin heute Mittag au» Primkenau eingetroffeu. — Prinzessin Thurn und Taxis ist gestern Abend aus Muucheu eingetroffen. — Der Flügeladjutaut des Kaisers von Rußland General Michel Jonkossky ist gesleru Abend aus Petersburg eingetroffeu uud im Hotel Continental abgestiegeu. — Der Legationsjekretär bei der deutschen Botschaft in PeterSbnrg, Frhr. v. Wertheru-Beich- lingen, ist gestern Mittag aus Weimar eingetroffeu. — Der belgische GesandlschaftSjekretär All art ist al» Legations rath nach Washington versetzt worden. (-) Stettin, 27. Mai. (Telegramm.) Die aus ständigen Seeleute hielten gestern Abend eine zahlreich be suchte Versammlung ab. In dieser Versammlung wurde eine Commission gewählt, die heute Vormittag mit den Rhedern in Verbindung treten soll, um für die Vertragsbrüchigen eine Frist bis heute Mittag und die Zurückziehung etwa schon eingereichter Strafanträge zu erwirken. * Arie-richSruh, 26.,Mai. Der von den Ofsiciereu des ehemaligen 26. Landwehrregimeuts (Stendal und Burg) ihrem verewigten Chef, dem Fürsten Bismarck, gewidmete Silberkranz ist am Mittwoch von einer Abordnung der Ofsiciere beider Bataillone iu Friebrich-ruh überreicht worden. Oberstleutnant v. Sobbe, Rittmeister v. d. Schulenburg, Ritt meister Briesen, Hauptmann Müller, Hauptmann Wittstock und Oberleutnant Ziiiimermanu wurden bei ihrer Ankunft um 1 Uhr NackmittagSvonvr.Weiß mann, dem Erzieher der fürstlichen Kinder,undvr.C hrysander empfangen und alsbald auch von dem inzwischen erschienenen Fürsten Herbert BiSmarck freundlichst „Ich glaube mein unfreiwilliges Jncognito nicht mißbraucht zu haben", antwortete der Doctor, „und doch jetzt so ziemlich Be scheid zu wissen. Dürfte ich Dich heute interviewen, so würde ich wahrscheinlich nicht fragen, was der Grund Deiner Entlassung war, sondern -wie sich der frühere Minister in Zukunft zu Ver halten gedenke." „Darüber könnte ich dem Herrn Doctor Junge wohl schwer- lich Auskunft geben", bemerkte Jttenborn etwas gedrückt. „Es wäre mir lieber, von ihm zu erfahren, was man von mir er wartet. Darauf könnte ich dann vielleicht antworten." ,/Offen heraus", rief Jungenheim, „ich halte es nicht für denkbar, daß ein Mann in Deinen Jahren, der eine solche Stellung im Leben eingenommen hat, sich in dem Gedanken wohl fühlen kann, von der Bühne für immer abgetreten zu sein und die Action Anderen überlassen zu haben. Du magst gewünscht haben, diesen Glauben zu erwecken, und es giebt sicher auch Zeiten tiefster Verstimmung, in denen der kräftigste und gesundeste Mensch sich fallen läßt, um nur den Leuten, die ihm zuwider geworden sind, aus den Augen zu kommen. Aber so zahm bist Du nicht, Dich als «inen pettsionirten Geheimrath anzusehen, der im Amt stumpf geworden ist und nun noch ein Weilchen die wohlverdient« Ruhe genießt, sehr glücklich, bei festlichen Ge legenheiten seine Orden ins Knopfloch hängen zu können." Der Freiherr hatte sich in den Sessel zurückgelehnt und offen bar geschmeichelt mit der Hand seinen blonden Bart gestrichen. Er nickte. „Was aber weiter? Du wirst mir doch nicht zu- muthen, daß ich mich um ein anderes Amt bemühe — eine Stufe unter dem, das ich so lange bekleidet habe." „Dazu wäre ich der Letzte!" rief Jungenheim. „An oberster Stelle dienen, um zu herrschen, das mag ja seinen Reiz haben, aber Einen, der selbst dient, über sich setzen, wenn man's nicht nöthig hat — das würde ich nicht verstehen." „Möchtest Du mir also sagen ..." „Du bist nicht nur ein Freiherr, Onkel, sondern jetzt auch ein freier Mann, durch Deine gesellschaftliche Stellung, durch Deinen Reichthum völlig unabhängig. Giebt's für so Einen nichts zu thun in der Welt?" „Zum Beispiel." „Ich kann ja in Dich nicht hinein, weiß nur, was ich selbst an Deiner Stelle thäte. Und da wäre das Erste: ich bewürbe mich um ein Reichstagsmandat." „Bravo", brummte der Capitän. „Das wäre schon 'was." Jttenborn war dieser Gedanke schwerlich schon jemals ge kommen. Aber er hatte sich al« geschulter Hofmann genug in der Gewalt, um eine Ueberraschung nicht merken zu lassen. Er ver- begrüßt. Oberstleutnant v. Sobbe übergab mit einer kurzen Ansprache den kunstvollen Silberkranz, der dem Andenken des einstigen RegimeatSchefS gewidmet ist, uud einen großen grünen Kranz für den Sarkophag der entschlafenen Fürstin BiSmarck. Alsdann führte Fürst Herbert Bismarck seine Gäste ins Mausoleum an die Ruhestätte de« großen Todt«». Nach der Rückkehr ins Schloß wurden das Arbeit-- und da« Sterbezimmer be sucht. Dort soll Alles genau in dem Zustande erhalte» bleiben, wie eS beim Hinscheiden des Fürsten gewesen ist. Die Zeiger der Uhr, die nickt mehr aufgezogen wird, weisen noch die Sterbestunde. Fürst Herbert nahm dann mit der Deputation daS Frühstück ein und unterhielt sich mit seinen Gästen in liebenswürdigster Weise. Schließlich wurde, nach herzlicher Verabschiedung vom Fürsten, unter Führung von vr. Cbrysander und vr. Weißmann ein An-flug in den im Frühlingöschmucke prangenden Sachsenwald unternommen, in welchem namentlich die herrlichen Bucheuhestäiihe auffielen. Gegen 6 Uhr wurde die Rückfahrt nach der Altmark an getreten. * Braunschweig, 26. Mai. Auch dem braunschweigischen Landtag ist eine Regierungsvorlage zugegangen, welche bezweckt, älteren Richtern zum 1. Januar 1900 (Inkraft treten des Bürgerlichen Gesetzbuches) daS freiwillige AuS- sckeiden auS dem Dienste zu erleichtern. Nach preußischem Muster erhalten Richter, die Ende 1899 das 65. Lebensjahr vollendet haben und auf Antrag in den Ruhestand treten, noch drei Jahre lang volles Gehalt, auch werden ihnen diese drei Iabre bei der Pensionirung angcrechnet. Auf Richter, die bis Ende 1899 sckon 75 Jahre alt werden, finden diese Bestimmungen keine Anwendung. AuS Westfalen, 26. Mai. Für die diesjährige ordentliche Sitzung deS nationalliberalen Central- comitvs der Provinz Westfalen war der 1l. Juni in Aussicht genommen. Verschiedene Umstände jedoch, vor Allem die am selben Tage in Berlin stattfindende gemeinsame Sitzung deS Centralvorstandes und der vereinigten Frak tionen deS Reickstages und deS Abgeordnetenhauses, sowie außerdem die Rücksicht auf die parlamentarische Geschäfts lage, insbesondere des Abgeordnetenhauses, lassen eine längere Vertagung angezeigt erscheinen. Es wird nunmehr die Sitzung des westfälischen Centralcomitss voraussichtlich erst nach den Sommerferien, etwa in der zweiten Hälfte des September, stattfinden. * Eisenach, 26. Mai. Auf eine Begrüßung deS zur Zeit hier tagenden Burschcnschafter-Congresses (^. v. 6.) hat der Großherzog geantwortet: „Der deutschen Burschen schaft danke Ich von Herzen für ihre treue Huldigung durch den erneuten Ausdruck Meiner ihr wohlbekannten Gesinnung. Karl Alexander." * Weimar, 26. Mai. Als Nachfolger de« zum Rath beim thüringischen Oberlandesgericht ernannten Re- gierungsratbs Arthur Schmid wurde Bezirksrath v. Goeckel in Neustadt als Vortragender Rath in die Cultusabtheilung des Ministeriums berufen. * Würzburg, 26. Mai. Der 300jährige Wald- proceß, der zwischen dem Frhrn. v. Thüngen und der Gemeinde Burgsinn existirt, ist nicht etwa, wie man aus einer jüngst durch einige Blätter gegangenen Notiz schließen konnte, entschieden, sondern schwebt der „Allgem. Zeitung" zufolge noch, und zwar in der Revisionsinstanz am Obersten Laudesgerichte in München. Es findet demnächst Sitzung statt. * Aus der Rheinpfalz meldet der „Schwäb. Merkur" folgende Entführungsgeschichte: In Wachcnheim bei Dürkheim a. d. Haardt wurde nach der „Franks. Ztg." ein elfjähriges Mädchen Namens Anna Lelliug, das dem auf dem Sterbebette geäußerten Wunsche seiner Mutter ge mäß auf gesetzlichem Wege der protestantiscken Kirche zugeführl worden war und am Montag vor acht Tagen zum ersten Male die protestantische Sckule besuchen sollte, am vorhergehenden Sonntag seiner Großmutter unter dem Vor geben entlockt, daß es in der Apotheke etwas holen sollte. Das Kind ist seitdem spurlos verschwunden. Die angestellten Ermittelungen haben bisher nur zu dem Ergebniß geführt, daß das Kind noch am Tage seiner Entführung, und zwar mit dem Abends 9 Uhr von Wachenheim abgehenden Personcnzuge, fortgebracht worden ist. Die Sache ist der Gerichtsbehörde übergeben, von welcher die Untersuchung eifrig betrieben wird. * St. Johann, 26. Mai. Der Bergarbeiter-Aus stand in Lothringen nimmt einen größeren Umfang an. Der AuSstand der Bergarbeiter in Spittel umfaßt jetzt vier Fünftel der Arbeiter. Die zwischen der Direktion und den Streikenden geführten Unterhandlungen sind ergebnißloS ver laufen. Von Seiten der Arbeiter wurden während der Nacht die Telegraphen- und Beleuchtungsdrähte der Grubrnanlage durchschnitten und sonstige Sachbeschädigungen verübt. Auch in Rösseln ist ein Drittel der Belegschaft ausständig. * München, 26. Mai. In eine Polemik mit der „N. Bayer. Ztg." über den Fall Schell behauptet die „Allgem. Ztg.": „Eines wissen wir aber ganz gewiß. Die Hetze gegen Prof. Schell wird in Rom durchaus nicht gebilligt und berührt fortgesetzt sehr unangenehm. Den »»»«»WW»»«»»M»W»»W»»W»WM»M»»»M»»»»»»»^M^»»Wji änderte seine Haltung gar nicht, höchstens daß er ein wenig die Augenbrauen aufzog, was aber mit dem vornehmen Lächeln Zu sammenhang haben konnte, das sogleich wieder um seine Lippen spielte. „Und welchen Vortheil versprichst Du Dir davon für mich?" fragte er. Der Doctor ließ sich nicht irre machen. „Ein Reichstags abgeordneter ist ein Großmächtiger oder ein Null", antwortete er, „je nachdem er das Zeug dazu hat und sein Mandat ernst nimmt. Du wirst mir erlauben, Dich für den Mann zu halten, der das Zeug und den ernsten Willen haben würde, sich zu einem Großmächtigen zu machen. Dies nun vorausgesetzt, würdest Du erstens Lei Deinen Kenntnissen und Einsichten und Verbindungen ungeheuer viel Nutzen stiften können." Der Freiherr verneigte sich durch eine Senkung des Kopfes. „Zweitens hättest Du mehrere Monate des Jahres eine höchst anregende und nicht übermäßig anstrengende Beschäftigung. Drittens würdest Du Dir mit einem Schlage hier im Herzogthum eine ganz andere Position geben, eine in mancher Hinsicht vielleicht bedeutendere, als während Deines Ministeriums." Jttenborn schnellte auf. „Das freilich . . ." Er hielt aber gleich wieder an sich und glitt langsam in den Stuhl zurück. „Du wärst der Reichstagsabgeordnete", fuhr Jungenheim fort, „der eine kleinstaatliche Excellenz gewesen war; man würde Dich hier fürchten und demgemäß respektvoll behandeln. Man würde sich am Ende doch bewogen finden, Dir Aufklärung über den wahren Grund Deiner Entlassung zu geben, und eine gewisse Mühe aufwenden, Dich versöhnlich zu stimmen. Denn es ist ein Unterschied, ob Du im Reichstage sprichst oder Peter und Kunz." „Kann sein, kann sein — wenn ich sprechen darf, wie mir ums Herz ist —" „Das darfst Du. Von wem hast Du etwas zu befürchten, von wem etwas zu erwarten? Viertens kannst Du Dir — wenn Du sonst Neigung dazu hast — den Weg außerhalb zu irgend einem anderen hohen Posten bahnen." Der Freiherr lehnte mit einer Bewegung der Hand ab. „Gut. Siebentens, achtens und neuntens verbringst Du einen großen Theil des Winters in Berlin — Du und Dein« Frau Gemahlin!" „Das sind drei Gründe in einem", sagte der Capitän schmunzelnd, der Freiherr hüstelte aber in den Bart. „Ja, das sind drei Gründe für einen", bestätigte der Doctor, „denn ich kann Dir verrathen, Onkel Excellenz, da brennt'S, und es ist am besten, wenn das Feuer nach dieser Seite hin Luft bekommt." lF-rtsetnm- sol,«)
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