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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990506024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899050602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899050602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-05
- Tag1899-05-06
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Größere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» au die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig, 229. Sonnabend den 6. Mai 1899. 93. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 6. Mai. Da bekanntlich am 30, September die Frist abläuft, binnen welcher der Kaiser im Einvernehmen mit dem BundeS- ratbe die Canalgebühren für den Kaiser Wilhelm-Canal frstsetzt, so ist dem Reichstag eine Vorlage zuzegangen, die diesen Termin auf den 30. September hinau-schiebt. Außer dem enthält die Vorlage nicht unerhebliche Veränderungen; die Gebührenfreiheit wird erweitert, und zwar aus die Dienst fahrzeuge auch der Bundesstaaten, soweit sie nicht Gewerbe zwecken dienen. Nur für besondere Leistungen, die der Canalverwaltung außergewöhnliche Ausgaben verursachen, sollen Sondergebühren bezahlt werden. Weiter soll gesetzlich die Verpflichtung zur Vorausbezahlung der Gebühren ausgesprochen und den Beamten die Be- fugniß ertbeilt werden, Schiffsräume zu durchsuchen und Schiffs- und LadungSpapierr durchzusehen, wenn der Verdacht beabsichtigter Gebührrnhinterziehung begründet ist. Dem Entwurf ist eine Denkschrift beigegeben, die sich ein gehend über den bisherigen Canalverkehr verbreitet, zahlen mäßig eine Vermehrung der im Canal verkehrenden Schiffe und eine Verminderung der Unterhaltungskosten nachweist und die begründete Erwartung ausspricht, daß sich in zwei Jahren die Betriebskosten aus den Einnahmen de« Canal« decken werden. Der Reichstag erledigte gestern vie erste Lesung der Vorlage ohne wesentliche Debatte, auf die man nicht zurück zukommen brauchte, wenn sie nicht eine bemerkenswerthe Meinungsverschiedenheit in den Reihen der deutsch-con- sjesivativen Fraktion hätte zu Tage treten lassen. Der Abg. v. Maltzan erklärte nämlich u. A.: „Der deutsche Reichstag ist nicht dazu da, eine einzelne Commune zu begünstigen, und deshalb sind wir gegen ein» allgemeine Herab setzung der Tarife. Dagegen könnte es in Erwägung gezogen werden, ob man nicht die Tarif» für »ngltschr Kohle durch d»n Canal nach dem Osten ermäßigen könnte. Ich hoffe bei diesem Vorschlag auch aus die Unterstützung der Herren von der Linken, die immer den Osten industriolsiren wollen. Hierzu gehört ober in erster Linie billige Kohle." Worauf ein FractionSgenosse d»S Redner-, der Abg.von Staudy entgegnete: „Was Herr von Maltzan über die Einfuhr englischer Kohlen gesagt hat, steht im Widerspruch mit der Meinung der großen Mehrzahl meiner Freunde." (Hört! hört!) Schärfer sind die Meinungsverschiedenheiten, die in der nationalliberalen Fraktion über das Wie und das Tempo der Weiterführung der so cialpoli tischen Reform gesetzgebung herrschen, in der dreitägigen Debatte über die socialpolitischen Initiativanträge sicherlich nicht zu Tage getreten. Die konservative Presse hat daher am wenigsten Anlaß, über die letzteren Differenzen zu triumphiren. Unseren vorgestrigen Hinweis auf den schroffen Gegensatz, der in der Bcurtheilung der auswärtigen und Han delspolitik Deutschlands zwischen dem führenden eonservattven Blatte, der „Kreuzztg.", und dem Organ des VnndeS der Landwtrlhe, resp. ihrem konservativen Leiter vr. Oertel, zu Tage tritt, beantwortet die „Deutsche Tagesztg." mil groben, sichtlich auf den minder gebildeten Theil ihrer Leser be rechneten persönlichen Ausfällen auf den 'vermeintlichen Urheber jenes Hinweises. Jedenfalls sollen diese Ausfälle dazu dienen. dem Leser darüber hin'wegzuhelfen, daß die „Deutsche Tagesztg." eS nicht wagt, die von uns citirte Auslastung der „Kreuzztg." über unsere auswärtige und Handelspolitik wiedrrzugeben. Als dann vevsichert die „Deutsche Tagesztg.", daß ihr Chefredakteur mit der „Kreuzztg." und mit sämmtlichen Mitgliedern der kon servativen Fraktion sich in bestem Einvernehmen befinde, und daß dieses grundsätzliche Einvernehmen durch Meinungsverschieden heiten im Einzelnen oder durch „Temperamentsabtönungen" nicht verletzt werde. Die Zukunft wird lehren, ob die auswärtige und die Handelspolitik „Einzelheiten" sind, über die nray, innerhalb der konservativen Fraktion je nach der „Temperaments abtönung" (!) schreiben und 'abstimmen kann. Es ist der „Deutschen Tageszeitung" wohl nicht ent gangen, daß in der vorgestrigen »General versammlung der Berliner Eonservattven vordem Potsdamer Thore, die ihren Austritt aus dem antisemitische und christlich-sociale Elemente enthalten den deutsch-conservativen Wahlverein beschloß, der Oberst v. Krause erklärte: „Die konservativen dürfen mit den Anti semiten und Christlich-Socialen schon wegen der darin allzu reich lich enthaltenen demokratischenElemente nicht Zusam mengehen." Di« Art aber, mit welcher die „Deutsche Tagesztg." die auswärtige und die Handelspolitik betreibt, ist nicht nur demokratisch, sondern sehr oft demagogisch. Die Folgerun gen hieraus zu ziehen, überlassen wir der „Deutschen Tagesztg.". Der klerikale „Bayerische Courier" berichtet trium« phirend von einem „nichtmißzuverstehendenWin ke", der dem Evangelische» Bunde in der Pfalz vom bayerischen Ministerium des Jnncrn ertheilt worben sei. Der Sachverhalt ist folgender: Die Vertrauensmänner des Evange lischen Bundes in der Pfalz hatten den Pfarrer Gerbert als Festredner für die Jahresfeier gewonnen und mußten, da Gerbert nicht Bayer ist, an höchster Stelle die Erlaubniß um Ger- bert's Zulassung nachsuchen. Die hierauf ergangene höchste Ent schließung lautete dahin, „daß das königl. Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten An stand neh men muß, die erbetene Zulassung des durch seine Aeußerungen über die Fronleichnamsprocession zu Alberschweiler bekannt ge- wortenen Pfarrers vr. Gerbert als Festprediger Allerhöchsten Ortes zu befürworten, da zu befürchten steht, daß durch ein Auftreten des Genannten die dermalen ohnehin namentlich in der Pfalz stark zugespitzten confessionellen Gegensätze noch verschärft werden." — Als die bayerische Regie rung die Zulassung der den Jesuiten verwandten Redemp toristen beim Bundesrat'he beantragte, zeigte sie sich um die Verschärfung der confessionellen Gegensätze weniger besorgt. Und der „Bayer. Cour.", der die obige Entscheidung des Ministeriums „nur begrüßt", fordert die Aufhebung des Jesuitengesetzes unbekümmert darum, ob die confessionellen Gegensätze durch die Zulassung der Todfeinde des Protestantismus verschärft werden. Der Ultramontanismus nimmt eben behördliche 'Maßnahmen, die ihm zum Vorthcil gereichen, „nur begrüßend" auf; solche aber, von denen er das nicht sagen kann, brandmarkt er als Un gerechtigkeit und Polizeichikane. Zweierlei Maß ist von jeher die Parole der klerikalen Parteien aller Länder und Zeiten gewesen. AuS Konstantinopel wird der „Pol. Corr." geschrieben: „Die Stellungnahme ver Türkei zur Haager AriedenSconferenz nt nicht frei von geheimem Argwöhne. Seitdem die erste Enunciation des Zaren in der Conferenzangelegenheit erfolgt ist, konnte bemerkt werden, daß die hiesigen leitenden Kreise dieser Anregung nur zögernd und wider strebend Folge leisteten. In diesen Dispositionen bat sich auch bis zu dem heutigen Tage nicht viel geändert. Trotz aller gezentheiligen Versicherungen herrscht nämlich an diesiger maßgebender Stelle die geheime Befürch tung vor, daß im Verlaufe der Conferenz, gleichsam auf Seitenwegen, denn doch auch politische und Nationali- tätsfragen, welche die Türkei direct berühren, zur Dis kussion gelangen, oder minvestenS gestreift werden könnten. Die türkischen Delegirten werden daher, wie verlautet, den Auftrag nach dem Haag mitnrhmen, gegen jede derartige DiS- cusston, falls sie aufzutauchen drohte, sofort Stellung zu nehmen. Auch der Gedanke des internationalen Schiedsgerichtes findet in Aildiz KioSk keine freundliche Aufnahme. Der Grund hierfür scheint in der Erwägung zu liegen, daß bei der Constituirung eines solchen Schiedsgerichte- die christlichen Elemente naturgemäß den Vorzug haben würden, so daß eventuelle Wünsche der Türkei nicht jene Berücksichtigung finden dürften, die man hier fordern muß. I» Folge dieser Bedenken ist vorauSzusetzen, daß die türkischen Delegirten bei den Vertretern jener Mächte Anlehnung suchen werden, die dem Conferenzprogramm gegenüber gleichfalls eine gewisse Reserve beobachten." Die Commission der französischen Kammer, die mit der Prüfung der zwischen England und Frankreich ab geschlossenen Verträge über Afrika betraut ist, ist gestern zu sammengetreten. Der Minister des Aeußeren Delcasss bemerkte in der Sitzung, er habe bei den Verhandlungen drei Hauptpuncte durchgesetzt, an denen er auch festhalten wolle: 1) habe sich Frankreich bezüglich Egyptens vollständige Freiheit bewahrt und nichts anerkannt, was sich ohne seine Zu stimmung dort vollzogen habe; 2) habe Frankreich alle seine Besitzungen zu einem einzigen Ganzen abgerundet und noch Bagirmt, Wadai und Kanem dazu erlangt, Länder, die, wie er glaube, in nutzbringender Weise er- schlossen werden könnten; 3) seien die Ursachen für engUsch-franroflfche Konflikte beseitigt worden, ohne daß Frankreich irgend ein» seiner wesentlichen Inter- essen geopfert habe. Prinz Arenberg wurde zum Berichterstatter gewählt, mit dem Auftrage, die Verträge zur Annahme zu empfehlen. Er wird am Dienstag der Kammer den Bericht vorlegen und man darf einigermaßen gespannt darauf sein, ob sie demselben Optimismus huldigt wie Delcassö und die Tugend seiner Bescheidenheit sich zu eigen macht. Wir haben schon wiederholt das Abkommen, in welchem Frankreich durchweg der gebende und England der empfangende Theil ist, beleuchtet und können uns aus früher Gesagtes beziehen. Die Vorbehalte bezüglich EgyptenS, auf welche Delcass« so großen Werth legt, haben keinerlei Werlb. Nachdem einmal der egyptische Sudan England zugesprochen ist, also das gesammte Hinterland Egyptens, ist auch Egypten selber cke kucto integrirender Bestandtbeil des britischen Colonialreiches geworden und ein Protest, den Frankreich jetzt noch erheben wollte, wäre ein Streich in die Lust und noch dazu mit einem Messer ohne Grjff und Klinge. Zwischen England und Transvaal scheint die Lage sich wieder einmal zuzuspitzen. In London sind bereits Gerüchte in Umlauf, daß eine Krisis bevorstehe und eS Krieg geben werde. Es handelt sich diesmal um die Frage des Dynainitmoiiv- polS, durch welches die vorwiegend in den Händen englischer Capitalisten befindliche Bergwerksindustrie, die das Dynamit als Sprengmittel bedarf, sich geschädigt fühlt. Der englische Colonial minister Chamberlain hat letzter Tage im Unterhause gegen die Organisation des Tynamitmonopois protestirt und sie als einen flagranten Brnch der Londoner Convention von 1884 bezeichnet. Als Ergänzung dieses Protestes soll der Minister durch den Obercommissar für Südafrika Milner eine in bestimmter Weise abgefaßte Aufforderung an die TranSvaal-Regierung haben gelangen lassen, sie solle ihre Verpflichtungen gegenüber der Negierung der Königin als der vorherrschenden Macht innehalten und durch Berücksichtigung der gerechten Wünsche der UitlanderS den Frieden und die Ordnung innerhalb der Südafrikanischen Republik sichern. Das wäre, wenn es sich bestätigen sollte, wieder ein ebenso dreister wie völkerrechtswidriger Eingriff in die inneren Angelegenheiten der Republik. Die Convention von 1884 enthält bezüglich der Souzeränetät Englands lediglich die Bestimmung, daß Transvaal Verträge mit auswärtigen Mächte» oder Eingeborenen (aus genommen mit dem Oranjefreistaat) nur mit Genehmigung der englischen Krone schließen darf. Unter diese Sti pulation kann doch unmöglich die Ertheilung einer wirlb- schaftlichen Concession durch die Regierung fallen! Und was es mit den „gerechten Wünschen" der Uitlar.ders auf sich hat, das zeigt die schon gestern erwäbnte von 9000 Uit- landers unterzeichnete Petition an die Transvaalregierung, in welcher erklärt wird, die jüngst von einer An zahl UitlanderS der Königin Victoria unterbreitete Petition rühre von Capitalisten und nicht von der Bevölkerung her, und wenn die Capitalisten ihren Zweck erreichten, so geschehe dies zum Schaden deö ganzen Volkes einschließlich der UitlanderS. Die Bittsteller erklären ferner, sie seien durchaus zufrieden mil der Negierung von Transvaal und ihrer Verwaltung und wünschten sich keine andere Negierung. Wenn also England gegen die südafrikanische Republik jetzt zu einem Schlage auszuheben scheint, so kann cs dies nur nach dem Straßenräubercodex: Macht geht vor Recht. Deutsches Reich. Berlin, 5. Mai. Lehren aus der Wahl in Melle-Diepholz ertheilt die „Post"; sie sind auch danach, nämlich: „Wären die konservativen Stimmen nicht für den Wahlkampf mobil gemacht worden und hätten die Elemente, welche sich namentlich von der wirthschafispolitischen Richtung zahlreicher Nationalliberaler abgestoßen fühlen, sich passiv verhalten, so würde auch diesmal der Wahlkreis wieder von den Welfen behauptet worden sein." Also: Es ist dringend nothwendig im nationalen Interesse, daß die conseroatioe Ver einigung weiter gegen die Nativnalliberalen organifirt. Die konservative Vereinigung in Hannover, di« aus der Wahl Vie „Lehre" erhalten hat, daß der Welfe bereits im ersten Wahlgange dem Nationalliberalen unterlegen wäre, wenn sie daheim ge blieben wären, wird es tief schmerzen, daß sie diesen verteufelt schlauen Gedanken erst aus der „Post" beziehen muß — die dabei auch noch eine anerkennenswerthe Entsagung übt; denn vor acht Tagen war das geschätzte Organ der Meinung, Vie Wurzel alles Hebels liege darin, daß Nntionalliberale und Con- sewative sich nicht auf einen Freiconservativen geeinigt hätten. Dieser erlösende Freiconservative ist jetzt in der Versenkung verschwunden. Leirilletsir. Errungen. 28s Roman von M. Buch Holtz. Nachdruck »erboten. Der von den beiden Secundanten angestrengte übliche Sühne versuch dl'irb vollständig erfolglos uns nach Verlauf einiger Minuten standen sich die beiden Gegner gegenüber. Während Stanislaus' Gedanken abschiodnehmend bei Hella und Greta verweilten, blieb er sich dessen wohl bewußt, was er sich gelobt hatte, nämlich seinen 'Gegner aus Liebe zur -Schwester zu schonen. Dieser aber fühlte kein Mitleid mit dem Brüder der Geliebten. Er sah nur in ihm den Räuber seines Glückes, den leichtsinnigen Menschen, der erst «ine ehrlose That begehen konnte, um sie dann auf Kosten Anderer v«rbergen zu wollen, und rin Haß ohne Gleichen wallte mit fast erneuter Heftigkeit bei Stanislaus' An blick wieder in seinem Herzen auf. So standen sie sich gegenüber, die todtbringenden Waffen auf einander gerichtet, während di« Secundanten sich anschickten, Vas verabredete Zeichen zu geben, auf das die Schüsse zu gleicher Zeit fallen sollten. ES war, als ob der Sturm plötzlich in jäher Angst mit seinem Brausen innehielt, nur der Regen floß ununterbrochen hernieder, als weinte der Himmel über dm ewigen Hader und Streit hier auf Erden. Still war «s, todtenstill. Dann plötzlich das Zeichen, der Doppelknall der abgefeu«rten Waffen, der sich nachtönen-d tm Wald« verfing, und wie vom Blitz« getroffen sank Stanislaus v. Tarden'» hohe Gestalt vorn über in den Schnee, während Heinz Ransau unverwundet die abgefeuerte Waffe finken ließ. — Die Secundanten sprangen hinzu. Wilm sing noch einen Blick au« den brechenden Augen de» Freunde« auf, während der hinzugetretene Arzt ergriffen sagt«: „Hier ist meine Kunst ohnmächtig, dte Kugel ist mitten durch'» Herz gegangen." Todtenbleich zuckte Ransau bei diesen Worten zusammen und stöhnte: „DaS hab' ich nicht gewollt! Todtschießen hab' ich ihn schon um Greta'» wegen nicht wollen!" Kalt sah Wilm ihn an und sagt«: „DaS hätten Sie sich früher überlegen sollen und, wie Stanislaus es gethan, gleichfalls in die Luft schießen!" „Das hat er gethan?" fragte Ransau tonlos, um im nächsten Augenblick krampfhaft aufzulachen und höhnisch auszurufen: „Das hätte «r nicht thun sollen, denn da er mir mein Bestes im Leben geraubt hat, hätte er auch ruhig mein Leben nehmen können!" „Ich glaube, daß zwischen Ihnen nur ein unseliger Jrrthum geherrscht hat", sagte Wilm ernst, „denn so, wie ich Stanislaus kenne, und soweit ich Sie kenne, war keiner der Herren einer schlechten, viel weniger einer ehrlosen That fähig!" In dumpfer Betäubung stand Ransau abseits und sah der stillen Geschäftigkeit der Anderen zu, mit der sie die Leiche des jungen Officirrs auf einen Schlitten beitet«», der sich dann langsam in Bewegung setzte, während Wilm tief ausschluchzend sich umwandte, um dann mit den Uebrigen in wortlosem Schweigen der Stadt wieder zuzufahren. Neunzehntes Capitel. Ungefähr um dieselbe Zeit, in der Stanislaus v. Tarden für immer seine Augen schloß, war der alte Fürst Rahden zur maß losen Uebrrraschung seines Sohnes auf Schloß Rahdenau ein- grtroffen. Ehe der alte Fürst noch ein Wort gesprochen hatte, fühlte sein Sohn, daß fern Brief di« Veranlassung zu dem über raschenden Kommen des Vaters gewesen war und gleichzeitig, daß derselbe kein Mittel unversucht lassen würde, ihn von seiner Hei- rath mit Greta von Tarden abzuhalten. Vater und Sohn waren denn auch nach d«r ersten flüchtigen Begrüßung sofort bei diesem Thema angelangt und der alte Herr hatte seinem Schn in langer Rede auseinandergeseht, daß er zu dieser Hei rach niemals sein« Einwilligung geben würde. Fürst Dietrich halte dagegen erklärt, niemals von Greta lassen zu wollen und stanD nun am Fenster und schaute mit finsterem Blick in das unfreundlich« Wetter hinaus. Der alte Fürst war eine vornehme Erscheinung, im Gegensatz zu feinem Sohn hoch und schlank gewachsen, aber gemeinsam war ihnen das schmale aristokratisch« Gesicht mit den feinen Zügen und dem bSasirten Ausdruck. Erne Weile war er nun nach der ersten heftigen Aussprache still im Zimmer, dann trat d«r alt« Hrrr an seinen Sohn heran und seine Hand auf dessen Schulter legend, sagte er mit freund liche, gütiger Stimme, wie zu einem Kinde, dem man einen Lieblings» unsch abfchlagen muß: „Nicht wahr, mein alter Junge, Du siehst jetzt ein, daß Du Dir di« Marotte aus d«m Kopfe schlagen mußt. J«d«r macht in seiner Jugend «inmal dumme Streiche, aber daß si« nicht zum lebenslänglichen Hemmniß werden, dazu sind wir Alten da mit unserem Rach und unserer Einficht. Deshalb macht« ich mich auch -nach Empfang Deines Briefes so schnell wie thunlich auf, um Dir das Alles mündlich zu sagen." Uirmulhig fuhr sich Fürst Dietrich mit der feinen Hand über seine St'irn, wandte sich dann dem Vater zu -und sagte gepreßt: „Meine Liebe zu Greta von Tarden ist keine Marotte, Papa, ich habe das schon -mehrfach betont. Ich liebe sie wie Nichts weijer auf dieser Welt, und wenn Du sie sehen würdest, würdest Du Las selbstverständlich finden. Greta ist die Tochter eines Edel mannes", und da er das- spöttische Lächeln seines Vaters bemerkte, fuhr er heftiger fort, „nun ja, ich weiß, daß ihr Vater —" er stockte, während eine Helle Röthe in sein Gesicht stieg, und er leiser hinzusetzte, „nicht angesehen ist. Aber wenn Gr«ta erst meinen Namen trägt, wird Niemand wag«n, ihr mit einem Hauche zu nahe zu treten, und ich wollte es auch Keinem rathen!" Zornig blitzten seine Augen bei diesen Worten den Vater an, als sähe er in ihm schon den Ersten, der Greta nicht mit der ver langten Hochachtung begegnen könnte. — Auch in des alten Herrn Stirn begann jetzt eine tiefe Röthe zu steigen, und seine Stimm« zittert« vor verhaltener Aufregung, als er jetzt einen Schritt näher trat und schneidend sagte: „Wenn Du vernünftigen Vorstellungen nicht Gehör geben willst, dann wirst Du Dich der zwingenden Nvthwendigkeit wohl oder übel fügen müssen. Wenn Du darauf bestehst, Greta von Tarden zu heirathen, so schließt Dich diese Heirath von Ueber- nahme des Majorates aus und es fällt an eine Seitenlinie. Nach alten Familienbestimmungen kann nur ein lediger Mann, oder einer, dessen Gattin aus altadligem Geschlecht ist, das Erbe der Güter antreten. Merke Wohl, aus altadligcr Familie. — Unser Privatvermögen ist überdies durch Dein unsinniges Leben als Gardeofficier ziemlich verbraucht. Wovon willst Du leben, Du, ein Mensch ohne Stellung, ohne Einnahmen, und sie, ein bettelarmes Ding?" Fürst Dietrich war bei diesen Worten des Vaters leichenblaß geworden, dann sagte er, mühsam nach Worten ringend: „Das kann nicht Drin Ernst sein, Vater!" „Ja, leider ist ei m«in voller, unerbittlicher Ernst! Ich hatte bestimmt gehofft. Du würdest Dich über kurz oder lang standes gemäß oerheiralhen und damit für immer Dein« Jugrndthor- heiten abschlteßen. Wir hofften, daß Du in der Tochter ucksrrer alten Freunde, in Comtesse Zittberg, eine Dame kennen lernen würdest, di« Dich zu diesem Schritt animirte, denn nach Allem, was wir über fi« hörten, soll st« ein hübsches, geistvolle- Mädchen sein. Statt dessen nun diese unsinnige Leidenschaft für diese Greta Tarden!" „Hella?" murmelte Dietrich, „was mache ich mir aus Hella? U«brigens habe ich -bereits Greta durch ihren Bruder um ihre Hand gebeten, und sie hat sie mir, wenn auch widerwillig genug, zugesagt!" Much das noch! Sag' blos, Dietrich, wie konntest Du Dich so gegen all« Vernunft in diese Leidenschaft verrennen? Schon das ganze Renommö des Vaters mußte Dich Doch zurückschrecken. Sag' mir offen, hältst Du den alten Tarden für einen Ehren mann?" Unter dem- fragenden Blick des Vaters schlug Dietrich die Augen nieder und sagt« dumpf: „Nein!" „Und trotzdem willst Du seine Tochter, die Dich gar nicht ein mal liebt, heirathen? Dietrich, hast Du denn gar kein Ehrgefühl mehr, keinen Stolz auf Deinen Namen?" „Vater!" ri«f Dietrich, „ich kann nicht mehr zurück! Ich habe um Greta's Han-d gebeten, und ich habe verschiedenen Herren mein Wort gegeben, innerhalb zweier Wochen meine Verlobung zu publ'iciren." „Mit Greta von Tarden?" „Das habe ich nicht gesagt, nur, daß ich mich verloben würde!' „Gott sei Dank!" sagte der alte Fürst. „Dos wäre also kein Grund! Verlobe Dich meinetwegen in -den nächsten Wochen, mir soll es lieb sein; aber nicht mit Greta von Tarden!" „Mit wem denn?" „Nun, vielleicht mit Comtesse Zittberg!" Höhnisch lachte Fürst Dietrich auf und wandt« sich schweigend ab. Dieses Schweigen sagte seinem Vater, daß er anfing, seinen Vorstellungen Gehör zu schenken und ließ ihn mit n-euem Muth fortfahren: „Ueberlaß es mir, Dietrich, die Geschichte wieder inS Gleiche zu bringen und glaube mir, daß Du es mir später danken wirst. Ich werde selbst nach Domnika hinüberfahren und mit dem alten Herrn Tarden Rücksprache nehmen!" „Das geht nicht, Papa, auf keinen Fall!" „Warum nicht?" Unmuthig nagte Fürst Dietrich an seiner Unterlippe, dann stieß er hervor: „Weil Du nicht Alle» weißt!" „Sv, noch nicht AVer? — Nun, dann hast Du dillleicht di« Freundlichkeit, mir endlich Alles zu sagen!" Unschlüssig starrt« Dietrich einige Augenblicke vor sich hin. dann ftrgte er gepreßt:
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