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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990603020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899060302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899060302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-06
- Tag1899-06-03
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Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichniß. Tabellarischer und Zifsrrnsap uach höherem Tarts. Hptra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l Kl).—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschlvß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 278. Sonnabend den 3. Juni 1899. 93. Jahrgang, Die Erwerbung üer Larolineninseln. —p. Aus Madrid hat, wie wir schon kurz meldeten, der Telegraph die Kunde gebracht» daß Spanien die Carolinen, die südlich sich anschließenden Palauinseln und den größten Theil der nördlich gelegenen Mariann en in sein, soweit er Spanien noch verblieben war, also fast den ganzen, da« Bindeglied zwischen den Philippinen und den großen australischen Inseln einerseits und den Marschalls inseln andererseits bildenden Archipel im Großen Ocean an Deutschland abgetreten bat. Bereit« während des letzten ActeS de« spanisch-amerikanischen Krieges, als die Liquidation de« gesammte» Colonialbesitzes dieser einst die Meere beherrschenden Macht erörtert wurde, und auch nachher wiederholt, tauchten Andeutungen in der auswärtigen Presse auf, daß Deutschland auf den Crwerb der Inselgruppe aus sei und mit Spanien in Unter handlungen stehe. Diesen Nachrichten folgte jedeSmal ein osficiöse« Dementi auf dem Fuße, und in der letzten Zeit war es von der Angelegenheit ganz still. Nun zeigt cS sich, daß an jenen Gerüchten doch sehr viel Wahres gewesen ist. Wir stehen vor einer vollendeten That- sache und müssen der spanischen wie der deutschen Diplo matie das Compliment machen, daß sie es meisterlich ver standen bat, die Verhandlungen so geheim zu führen, daß man trotz der vorausgegangenen Fühler in der Presse jetzt doch einigermaßen überrascht ist. Durch die Schaffung des tait accompli sind wir allen Quertreibereien der uns in der Ausbreitung unseres Colonialbesitzes feindlichen Factoren ent gangen, denen es vielleicht nicht schwer gefallen wäre, einen Strich durch die deutsche Rechnung zu machen. Wir sieben nicht an, die Festsetzung Deutschlands auf jener fernen Inselwelt aufrichtig zu begrüßen, vorausgesetzt, daß sie uns, ganz abgesehen von der jedenfalls nicht ganz kleinen Kaufsunime und Anderem, nicht Verpflichtungen nach anderen Seilen hin auserlegt, die den Werth dieser Erwerbungen herabzumindern geeignet sind. Wir denken dabei an das viel erörterte und vielberusene deutsch-englische Abkommen, von dem eS heißt, daß eS sich in seinem Geltungsbereiche aus schließlich auf den Süden Afrikas beschränke, das aber doch möglicherweise unendlich viel weiter greift. Vorerst geben wir uns noch der Zuversicht hin, daß Deutschland die Zu stimmung Englands zur Erwerbung des CarolinenarchipelS und seiner Annexe nicht durch Compensationen bat erkaufen müssen, die es der „paramount porvor". Südafrikas, d. h. im Sinne Cecil Rhodes' und Chamberlain'ö Gesammt- afrikas, machen mußte. Das wäre uns Leid, nicht etwa weil wir das Verschwinden der Boerensreistaaten ans senti mentaler Sympathie für den stammverwandten BolkSstamm nickt verwinden könnten, sondern weil wir schwere Bedenken tragen, daß, wenn dieser dem Vordringen England- vom Cap bis zu der Nilmündung sich entgegenstellende Damm einmal durchbrochen ist, dies eine eminente Gefahr für unfern gesammten afrikanischen Colonialbesitz, namentlich den an der Ostküste bedeuten würde. Doch verscheuchen wir vorerst all' diese Sorgen und Be denken und freuen wir uns des neuen Zuwachses zu unserem freilich auch jetzt noch recht kleinen „Cvlonialreich"! Die in Frage kommenden Inselgruppen haben ja als Landbesitz keinen he»vorragenden Werth, aber sie sind doch für den deutschen Schifffahrtsverkehr, sowohl was die Handels-, als was die Kriegsflagge anlangt, eine außerordentlich wichtige Etappe auf dem Wege nach Ostasien und durch den Großen Ocean. Zudem schließt der neue deutjche Besitz sich unseren dortigen Colonien vor trefflich an und rundet ihn ab. Wie eine Avantgarde liegen die Carolinen mit ihrer westlichen Gruppe den Palauinseln vordem Gros, dem Kaiser-Wilhelmsland aus Neu-Guinea, daS seinerseits vom Bismarckarchipel slankirt wird. Im Osten der Carolinen und in einigen Ausläufern in sie übergehend, bilden die deutschen Marschallsinseln den Abschluß, während die Mariannen den Carolinen nördlich vorgelagert sind. Auch unsere Lage aus dem Samoaarchipel wird durch die neu gewonnene Position in jener weit ausgebreiteten Insel region in nicht geringem Maße verbessert, wie überhaupt die deutsche Flagge damit einen erfreulichen Zuwachs an Ansehen und Bedeutung erhält. Aber schon der Umstand, daß die Inseln nicht in den Besitz einer andern Macht über gegangen sind, fist sür Deutschland von nicht zu unter schätzendem Werthe. Auf Veranlassung des Fürsten Bismarck hatte infolge dringender Vorstellungen der aus den Inseln thätigen deutschen Handlungshäuser am 24. August 1885 der Commandant veS Kanonenbootes Iltis, Capitänleutnant Hofmeier, im Hafen von Aap auf der Factorei der Herren Robertson und Hernsheim die deutsche Flagge gehißt und das Protektorat des deutschen Reiches über die Carolinen und die Palau- Inseln verkündet. Damals entstand darüber eine ungeheure Aufregung in Spanien, die dort künstlich von den Republi kanern und Anarchisten geschürt wnrde. Fürst Bismarck hielt es im Interesse der spanischen Monarchie, vor Allem des schon damals dem Tode verfallenen sympathischen Königs Alfons, für richtig und zweckmäßig, die Be deutung der Frage nicht auf die Spitze zu treiben, sondern zu versuchen, gemäß den versöhnlichen und freundschaft lichen Ueberlieferungen der deutsch-spanischen Politik eine friedliche Lösung herbeizusühren. Er schlug deshalb vor, den Papst zum Schiedsrichter in der Rechtsfrage zu bestellen, Spanien stimmte zu, und so kam am 17. De- cember 1885 ein Schiedsvertrag zu Stande, demgemäß die Oberhoheit Spaniens über diese Inseln anerkannt, aber den dort ansässigen Deutschen die nämlichen Rechte eingeräumt wurden, wie sie die spanischen Unlerthanen dort haben. Daneben wurde noch in diesem Vertrage der deutschen Regierung das Recht eingeräumt, ans einer dieser Inseln eine Schisfsstation und Kohlenniederlage sür die kaiserliche Marine zu er richten. Auf dieses Recht verzichtete Deutschland aber schon im nächsten Jahre auf dringende Bitte der spanischen Negierung, nachdem inzwischen die Marschall-Inseln unter deutschen Schutz gestellt worden waren. Diese geschicht lichen Erinnerungen im Zusammenhang mit der Thatsache, daß auch heute noch fast ausschließlich deutsche Hand- luugshäuser auf den nur sechs Ouadratmeilen großen Inseln wirthschaftlich thätig sind und daß diese Insel gruppen, wie schon erwähnt, nach ihrer geographischen Lage die gegebene Ergänzung des jetzigen deutschen Neu guinea-Schutzgebietes bilden, macht es verständlich, daß ein llebergang der Inseln aus spanischem Besitz in andere als deutsche Hände in den weitesten deutschen Kreisen als höchst befremdlich und wenig erfreulich begrüßt worden wäre. Mit besonderer Genugthüung ist eS deshalb zu verzeichnen, daß unsere Regierung es rechtzeitig verstanden hat, einer solchen Möglichkeit vorzubengen und dafür einzutreten, daß die Inseln unter den Schutz der deutschen Flagge zurückkebren, die vor 14 Jahren zuerst Uber ihnen entfaltet worden ist. Aber auch die spanische Regierung hat in durchaus zu treffender Weise die ganze politische Lage richtig beurtheilt, indem sie sich zum Verkauf dieser Inseln zu einem ange messenen Preise entschlossen hat. Nachdem der Hauptbesitz Spaniens im Stillen Ocean, die Philippinen, infolge des letzten unglücklichen Krieges für Spanien verloren gegangen Waren, bat die Aufrechterhaltung der spanischen Herrschaft über die anstoßenden kleinen Inselgruppen überhaupt keinen thatsächlichen Werth mehr. Es genügt, in dieser Hinsicht darauf zu verweisen, daß bi« :nm Jahre 1885, also vor der Ankündigung der deutschen Besitzergreifung, überhaupt keine spanischen Hoheitszeichen und kein spanischer Beamter auf den Inseln waren. Erst die deutsche Besitz ergreifung selbst hat Spanien veranlaßt, einige Beamte auf den Inseln zu halten, ohne daß indeß dadurch die Inseln dem Mutterlande merklich näher gerückt worden wären. So kann der Verzicht auf diese Inseln für Spanien nicht schwer werden. Demgemäß dürfte es wohl keinem Zweifel unter liegen, daß die Cortes den Verkauf der Inseln an Deutsch land gutheißen werden. Im deutschen Reichstag wird aller Voraussicht nach von deutsch-freisinniger, socialdemokratischer und wohl auch noch von anderer Seite ein Feilschen und Mäkeln anheben über „die Lasten, welche aus dem Kaufverträge dem Lande, dem Volke und dem Steuerzahler erwachsen", und ein Sturm wird losbrechen, wenn, wie anzunehmen ist, die ReichS- rcgierung als Consequenz der Erweiterung unseres Colonial- aebieteS eine neuerliche Vermehrung der Mittel für eine ent sprechende Vermehrung unserer Macht zur See verlangen wird. Uns ist gerade diese Consequenz erwünscht. Eine der Bedeutung des Reiches und seiner überseeischen Beziehungen angemessene Kriegsflotte war schon lange dringendstes Be- dürfniß, und voll gerecht geworden sind die letzten Be willigungen diesem Vedürfniß nicht. Wir erinnern nur an den Samoa-Conflict mit England und den Vereinigten Staaten, bei dem wir ungeachtet aller an den Tag gelegten Würde und Festigkeit doch recht vorsichtig und behutsam auf treten mußten, um nicht das kleinere Uebel gegen ein größeres umzutauschen. - Ausführliches über die geographischen nndethno graphischen Verhältnisse der Carolinen rc. - Inseln geben wir an anderer Stelle. Politische Tagesschau. * Leipzig, 3. Juni. Wenn irgend einer der Gesetzentwürfe, die dem neuen Reichstage von Seilen der Neichsregierung zugegangen sind, einer sehr sorgfältigen Prüfung bedarf, so ist es der Gesetzentwurf über den Schutz -eS gewerblichen Arbeits- verhirltnifscs, der eine so eigenartige Vorgeschichte hat, seinen Verfassern so große Mühen verursacht bat und von den ver bündeten Regierungen erst noch durch eine besondere Denk schrift ausführlich begründet werden soll. Gerade der letztere Umstand sollte unseres Erachtens die Presse davon abhalten, vorschnell über die Vorlage abzuurtheilen. Aber leider trägt der Wunsch, an der Vorlage Parteisuppen zu kochen, auch in diesem Falle den Sieg über die rubige und objektive Er wägung davon. Daß die „freisinnige" Presse schon jetzt darüber einig ist, daß die Vorlage rundweg abzulehnen ist, kann freilich nicht befremden; diese Presse würde es ja mit der Socialdemokratie gründlich verderben, wenn sie auch nur eine Prüfung sich vorbehielte; daß aber die frti- conservative „Post", da« Organ des Herrn v. Stumm, in den gegenthnligen Fehler verfällt, die bedingungslose Annahme des RegierungsentwurfS verlangt und für den Fall, baß der Reichstag Abänderungen vornehmen wolle, dessen Auflösun g fordert, wäre kaum zu begreifen, wenn das Blatt nicht selbst den Schlüffe! zu dem Räthsel durch folgende Auslassung lieferte: „Die Aussichten der Vorlage sind auch bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Reichstages durchaus keine schlechten, sofern nur Seitens der verbündeten Regierungen der nöthige Nachdruck hinter Liese Vorlage gesetzt und die volle Entschlossenheit bekundet wird, aus einer etwaigen Versagung der sür die Erhaltung des inneren Friedens unerläßlichen Schutzbestiminungen die verfassungs mäßigen Eonsequenzen zu ziehen. Daß die Regierung bei dem Vorgehen ihre beste und sicherste Stütze in den confer- vativen Parteien des Reichstages finden wird, unterliegt keinem Zweifel. Deshalb ist die Einbringung der Vorlage auch für die Be- urtheilung der allgemeinen politischen Lage von Bedeutung. Sie zeigt, daß die Bemühungen derjenigen, welche jetzt so gern dem Reichs- und StaatSmagen einen Ruck nach links gegeben hätten, keine Aussicht aus Erfolg haben." Ob die Einbringung der „ZuchthauSvorlage" im gegen wärtigen Augenblicke den Zweck hat, die Conservativen im Allgemeinen günstig zu stimmen, damit sie der Annahme der Canalvorlage um so geneigter werden, darüber läßt sich Positives natürlich nicht sagen. Denkbar ist es ohne Zweifel, daß die Einbringung der Zuchtbausvorlage ebenfo im Zusammenhänge mit der Canalvorlage steht, wie die Ein bringung des Genie in de Wahlgesetzes nach der „Post" mit der Canalvorlage insofern zusammenhängt, als es das Centrum für die Canalvorlage gewinnen soll. Aber wie dem auch sei: von einer bedingungslosen Annahme der Vorlage schon jetzt zu reden, da ihre Begründung noch nicht völl'.g vorliegt, und vom Bundesrathc für den Fall eines Abänderungsbedürfnisses des Reichstags dessen Aus lösung zu verlangen, ist eine unzulässige Partei- speculation, die noch dazu auf sehr zweifelhaften Voraus setzungen beruht. Darf es doch als Thatsache gelten, daß die Aufnahme der Zuchthausstrafe in den Entwurf im Schooße der verbündeten Regierungen schwerwiegende Bedenken hervorgcrusen bat. Ob unter solchen Umständen der für die Auflösung des Reichstags erforderliche Beschluß des BundeSrathS zu Stande käme, ist jedenfalls fraglich, und noch fraglicher ist, ob bei Neuwahlen die Anhänger der be dingungslosen Annahme der Vorlage besser führen, als die Befürworter von verbessernden Abänderungen. Wie übrigens aus einer Miltheilung ver„Nationa!liberalen Correspondenz" hervorgeht, liegt es keineswegs in der Absicht der Negierung, die Berathung der Vorlage zu überstürzen oder die Parteien zu einer übereilten Stellungnahme zu drängen; es herrscht viel mehr auch an maßgebender Stelle der Wunsch, daß sich die Oeffentlichkeil bis ins Kleinste über die von der Vorlage be rührten Mißstände und die Mittel ;u ihrer Beseitigung ein nüchternes, von Schlagworten freies Urtheil bilde. In wenigen Tagen, am 8. Juni, findet in Emden- Norden die Neichstagsrrsahwahl statt, bei der sich der national-liberale Candidat, Gutsbesitzer Hermann Agena in Landschaftsbolder bei Weener, und der kon servative Graf zu Inn- und Knypbausen gegenüberstehen. Der im vorigen Jahre gewählte, in zwischen verstorbene nationalliberale Abgeordnete Justiz rath Frantzius war mit 0367, bei einer Mehrheit von 60 Stimmen, über Graf Knyphausen Sieger geblieben. Um den Nationalliberalen ihre Thcilnahme zu bekunden, behauptet die CentrumSpreffe, dem AuSgange werde von den National liberalen mit großer Sorge entgegengesehen. Die annähernde Stimmengleichheit vom verflossenen Jahre erkläre sich „nur Die neuen deutschen Kolonien, die durch einen zwischen dem deutschen Kaiser und der Regentin von Spanien abgeschloffenen Vertrag in den Besitz deS Reiches übevgegangen sind, die Carolinen, die Palau- (P a l a o-) I n s e l n und die M a r i a n n e n, liegen östlich von Philippinen und gehören geographisch zu dem Gesammt- gebiet Mikronesien. Wir entnehmen die nachfolgenden Schil derungen dem ausgezeichneten Werke von Professor 1)r. Wilhelm Sievers: „Australien und Oceanien, eine allgemeine Landeskunde." Verlag des Biblio graphischen Instituts in Leipzig. Mikronesien besteht trotz seiner weiten Ausdehnung über 50 Längen- und reichlich 25 Breiten grade doch nur aus wenigen kleinen, hohen, vulkanischen uns vielen Koralleninseln. Zu diesem Länderraum rechnet man die jetzt erworbenen Marianen mit 1140 qkm, die Palau- Inseln und die Carolinen mit 1450 qkirr, die schon deutsche Marshall- mit 415 und die englische Gilbert-Gruppe mit 430 qstm. Das Gesammtareal aller dieser Eilande entspricht mit 3435 qstirr einem Gebiete, geringer als Sachsen-Weimar. Gemeinsam sind diesen Inseln die Kleinheit des Areals, die Riff natur, das Auftreten von Landstllckcn auf den Riffen und die Lagunenbildung in ihrer Mitte. Zu den wenigen höheren Eilanden vulcanffchen Ursprungs gehören einig« der Palau- Gruppe (besonders Baibeltoab), die Carolinen Pap, Ruk, Ponapv und Kusaie, und unter den Marianen Guam, Rota und Seypan. Eine üppige Vegetation von Cocospalmen und Ficus-Arten um kränzt den Strand und die Lagunen, in deren Nähe der Wald, besonders auf den vulcanffchen Inseln, deren zersetzter Boden sehr fruchtbar ist, den Charakter des Urwaldes annimmt; dagegen bietet der Korallenkalk viel spärlicheren Humus. Drodfrucht- bäume, PandanuS, Bananen und Sagopalmen sind die wichtig sten NahrungSpfkonzen. Die Thienvelt dieser Inseln Ist im Gegensatz zur Flora meist arm, namentlich an Dandfäugethieren und Landvögeln. Die Bewohner bilden eine Mischung von Poly nesiern und PapuaS, und zwar walten, je weiter wir nach Osten kommen, desto mehr die ersten vor, von deren Typus die Mikro nester weniger abweichen al« von dem der Papuas. Die nördlichste Gruppe Mikronesiens und überhaupt sämmt- licher Sildsee-Archipele, mit Ausnahme von Hawaii, ist die 1521 von MagalhaeS entdeckte und wegen der diebischen Natur ihrer Einwohner Ladronen (Diebs-Inseln) genannte Jnselreihe; 1666 von den Spaniern beseht, erhielt sie nach der Wittwe Philipp's IV. den Namen Marianen. Die Marianen erstrecken sich in Form eines leicht gekrümmten, nach Westen offenen Bogens zwischen 145 und 146" östl. Länge von dem 21. bis zum 12. nördl. Breitengrade und hängen ehe: mit den von Japan aus gen Süden laufenden Bonin-Inseln, mit denen sie ein unterseeischer Rücken genügend verbindet, als mit dm Carolinen zusammen, von denen sie durch eine gewaltige Tiefe (bis zu 8400 na) getrennt sind. Ihr fast durchaus vul kanischer Charakter läßt sie als «ine die Vereinigung zwischen den Bonin-Inseln und den Carolinen anstrebende Wulcanreihr er scheinen, deren eruptives Material wahrscheinlich' einer nach Süden verlaufenden Spalte entquollen ist. Man darf ein« nördliche kleinere und eine südliche größere R;ihe von Eilanden unterscheiden; jene umfaßt Farallon de Pa- jaros, die Uracas, Asuncion, Agrigan, Paygan, Guguan, diese die B-irbinsel, Seypan, Tinian, Rota und Guam. Don dem 1140 qkm umfassenden Flächenraum entfallen nur etwa 200 auf die nördliche, S40 glcm dagegen auf die südliche Reihe. Die Marianen sind bergige, bis zu 800 m hohe, mit Laven, Aschen, Schlacken und Kratern bedeckte Inseln; Farallon, Paygan und Alamagan besitzen sogar noch thätig« Vulcane, und das vul kanisch« Gfftein hat sogar im südlichen Theile des Archipels den umgebenden Korallenkalk durchbrochen. Gute Häf«n sind selten, Erdbeben und heiße Quellcn häufig. Trotz reichlicher Bewässe rung, fruchtbaren Bodens und üppiger Vegetation ist die Thier welt sehr arm. Don den nördlichen Marianen, sämmtlich kleinen, wald bedeckten Eilanden, besteht Sarigan auS einem einzigen, 600 m hohen, oben abgerundeten Kegel, das bi« 700 m aussteigende Alamagan entsendet beständig Rauchsäulen, und Agrigan, aus Laven und Schlacken erbaut, ist wüst, unbewohnt, aber kraterkoS. Assongong oder Asuncion ist ein 639 rn hoher Dulcan mit kies durchfurchten Gebängen und periodischer Thätigkeit: 1786 kahl und erloschen, 1819 im Solfatarenzustand, 1827 mit Vegetation bekleidet, aber 1865 wieder von Aschen bedeckt. Di« UracaS sind anscheinend erloschen, Farallon ist dagegen thäbig. Farallon de PajaroS, die „Dogelklippe", besteht nach den Berichten der damaligen Lapitäns zur Sie, jetzigen Admiral» Knorr („Annalen der Hydrographie", 1876), „aus einem nach allen Seiten bi- zum Krater regelmäßigen Aschenkegel von 260 Meter Höhe und braungrüner Farbe, besten Grundfläche auf ausgebrannten schwarzen Lavafelscn, welche auf dem gehobenen Urgestein lagern, ruht. Selbstverständlich ziert kein Baum und lein Strauch diesen einsamen Vulcan, dessen am Fuße des Kegels sich fortwährend ergänzende heiße Äsche und Lava nur von Mil lionen von Seevögeln zum AuSbrllten ihrer Eier benutzt wird. Auch hoch oben tummeln sich dieselben Schwärme von Vögeln mit anscheinend besonderer Vorliebe in dem unausgesetzt aus oem Krater aufsteigrnden gelbbraunen Rauch«. In dem ^Innern des Vulcans grollie und donnerte es ununterbrochen, wobei er in Zwffchcnräucklen von etwa 10 Minuten mit kanonenschußartigem Knall ohne Unterlaß dichte Wolken von Asche und Steinen auS- schüttet«, letztere rollten zu unseren Füßen herab, während erstere noch auf weite Entfernung hin das Schiff erreichten. Die Insel Pagan oder Pal)gan erscheint auf weitere Entfernung zuerst wie zwei Inseln, da zwischen den beiden ungefähr 250—300 in hohen Kratern «in Streifen verhältnißmäßig niedrigen Landrs liegt. Don den als thätig bezeichneten Vulkanen stieg nur auS dem west lichen der am Südwestende der Insel gelegenen beiden Vulcane leichter Rauch auf." Unter den größeren Inseln des Südens ist zunächst Saipan zu nennen. Ein im Allgemeinen niedriges Hügelland erhebt es sich nur bis 150 rn Höhe; doch ragt am Nordende der tafel- bergarbige, abgestumpfte Vulcankeg«! Tapochao 500 m hoch em por. Die Westküste ist flach, der Süden der Insel ausgedehntes niedriges Weideland, der Strand mit Bäumen bestanden, auf die stolz die Cocospalme herabschaut. Im entgegengesetzten Theile vermehrt sich die Bewaldung so, daß die nördlichsten Striche dichte Wälder tragen. Tinian, ebenfalls ein hügeliges, 150 in hohes, noch flacheres Land, ist sowohl aus basaltischen Lava felsen als auch aus Korallenkalk zusammengesetzt. Die Hohen bedeckt Wals, den ganzen Rest der Insel aber in solchem Maße Gestrüpp und Weide, daß die Viehzucht hier vorwiegt. Das aus Madreporenkalkstein gebildete Rota ist fast ganz mit nahezu un zugänglichen Wäldern bestanden. Am bekanntesten von allen Marianen ist die größte Insel, Guam oder Guaham, dt« sich von Nordnordosten bis Südsüd- westen über 50 Irin hinzieht, dabei nur 15 km breit und gegen Norden verschmälert ist. Der Süden, der flachste Theil der Insel, wird von Korallenriffen umgeben, während der Norden und namentlich der Nordostcn stell au» dem Meer« aufsteigen. Die Höhen sind gering: im Norden erreichen mäßige Hügel 200 rn, der südlichen Westküste entlang zieht sich eine Kette hln, deren obere Theile baumlose Savannen tragen; dagegen sind die Gehänge von dichtem Wald umhüllt. Kegelartige, durch Thäler getrennte Berge erheben sich hier nahe am Strande, der sich durch prachtvolle Vegetation vor der Ostküste Vortheilhaft auszeichnet. Der Norden ist trocken und wasserarm, der Süden hingegen, ein Wohl submarin entstandenes vulkanisches Land, entschieden besser bewässert. Von Norden nach Süden nimmt die Ausdeh nung der Korallenriffe an den Küsten zu; der Grund hierfür liegt einerseits in der wärmeren Temperatur des Meeres, ander seits wohl auch darin, daß die südlichen Inseln älter zu sein scheinen als die nördlichen. Rota und Tinian sollen ausschließ lich aus Korallenkalk bestehen, und auch an dem Ausbau der übrigen südlichen Inseln nimmt er Theil. Von dem Uracas ziehen sich bis 120" östlicher Länge unbe wohnte Riffe hin, der sogenannte Magalhaes-Archipel; am be kanntesten ist hieraus das Atoll Abreojos. J-m Süden der Marianen erstreckt sich der Kern Mikro nesiens (wenn man hier überhaupt von einem Kern reden darf), die lange Reihe der Palau-Inseln und der C a r o l i n e n, von 135—163" östl. Länge und zwischen 10 und 1 nördl. Breite von Westen nach Osten. Diese Eilande wurden bereits im An fang des 16. Jahrhunderts von den Spaniern entdeckt, zuerst wahrscheinlich Lamoliork von Diego de Rocha 1525 oder 1526, dann die Palau von Villalobos 1543; im 18. Jahrhundert wurde sodann der der Uluthi-Gruppe von Francisco Lazcano 1686 ge gebene Nam« Carolinen auf den ganzen Archipel übertragen. Genauere Aufnahmen besitzen wir aber erst seit 1824 durch Du perrey und 1828 durch Graf Lütke und von Kittlitz; die wissen schaftliche Erforschung endlich ist erst in den sechziger Jahren von K. Semper für die Palau-Jns«ln und von Kubary für diese und die eigentlichen Carolinen ins Werk gesetzt worden, und eine hydrographische Aufnahme führte Lapitän Knorr 1876 aus. Man unterscheidet gewöhnlich zwischen einer westlichen kleineren, von Norden nach Süden gestreckten, und der westöftlich gerichteten Hauptgruppe; jene nennt man die Westcarolinen oder Palau Inseln, diese die eigentlichen Carolincn. Da man nun aber diese wieder in West- und Ostcarolinen eintheilt, «rgiebt sich eine Gesammtanordnung in: a. die Palau-Inseln, b. die Westcaro linen, o. di« Ostcarolinen. Wir jedoch sondern die Palau als besondere Abtheilung aus und fassen die Gruppen b und e unter der althergebrachten Bezeichnung „Carolinen" zusammen. Der Name Palau-Inseln stammt von den Spaniern brr; doch fand ihre Wirderenideckung nach der ersten Auffindung durch Villalobos erst 1783, und zwar ganz zufällig, durch den
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