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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.06.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-06-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990605017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899060501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899060501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-06
- Tag1899-06-05
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Dir Morgen-Ausgabe erscheint «m '/,? Uhr. di« dorad-AuSgabe Wochentag» um b Uhr. Filialen: ktt» Klemm's Sortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Pauliaum), Lauts Lösche. Katharinrostr. 14. Part, und König-Platz 7. Nedaclion und Expedition: Johanntsgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet vou früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Bezugs-PreiS kn der Hauptrxpkdition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestährlich 6.—. Directr tägliche Krcuzbandiendung tu» Ausland: monatlich 7.50. Morgen-Ausgabe. UeipMer TagMaü Anzeiger. Amtsblatt des Aönigttchen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aatljes und Notizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen Preis die 6gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reclamen unter demRedaction-strich (-ge spalten) 50/H, vor den Familiennachrichtra (6 gespalten) 40/H. Größere Schriften laut unserem Preis« verzrichniß. Tabellarischer und Zifsernsatz «ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormsttags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anreisen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Lerlag von E. Polz in Leipzig. WO. Montag den 5. Juni 1899. 93. Jahrgang. Ole Anfänge der Leipziger Ltadtbibliothek L«7? —1711. H. Das Gewandhaus bestand aus zwei rechtwinklig auf einander stoßenden Flügeln. Der eine, im Gewandgäßchen, war von 1477 bis 1482 erbaut worden, der andre, an dem „alten Neu markt", der späteren Universitätsstraße, in den neunziger Jahren bis 1498. In beiden Flügeln lagen im ersten und zweiten Stock zwei „Tuchboden" über einander, wo in den Messen die fremden Tuchhändler feilhielten. Der geräumige Hof diente zur Aufbewahrung der Baumaterialien des Raths und hieß deshalb der Zimmerhof. Der Flügel an der Universitäts straße, an dessen Stelle jetzt das neue Kaufhaus steht, barg in seinem Erdgeschoß die Waffenvorräthe der Stadt: die Geschütze, die Büchsen, die Harnische, Helme und Lanzen u. s. w.; daher wurde er besonders auch das Zeughaus genannt. In diesem Flügel sollte die Bibliothek untergebracht werden. Im August 1682 erhielten der Tischler und der Schlosser die ersten Anzahlungen, der eine „in Abschlag der ihm verdungenen Fensterrahmen an der neuen IMIiotüeo - Cammer, deren jeder 4^ Elle hoch und 2H Elle breit, von guten, eichenen Holze sein soll", der andere „in Abschlag der ihm verdungenen Fenster gatter an der neuen Itibliotliec-Cammer übern Zeughause, so 4H Elle hoch und 2j Elle jeder breit, mit langen und 4 Quer stäben, auch 4 Oval - Rinken und 4 Schnecken, ingl. in der Mitten mit 1 viereckigten Rink mit 8 Schnecken und andern Zier- rathen". Es waren W solche Fenster zu fertigen, und der Glaser verpflichtete sich, sie „mit den besten Spiegelscheiben zu verglasen". Gleichzeitig wurden Wände eingezogen und mit Thllren versehen, neue „Köthen" (Schränke) und „ropositoria" gemacht. Die Bücher wurden schon 1683 aus dem -Rathhause ins Zeughaus ge räumt; der Bau aber zog sich noch länger hin, das „Vorgemach" oder „Vorhaus", das man vom Saale abgetrennt hatte, wurde erst 1685 fertig. Vom Jahre 1684 an, kann man sagen, kam die Verwaltung der «Arabischen Stiftung ins rechte Gleis. Thomae hatte seine Aufgabe erledigt, Gräve vereinigte die Verwaltung der Stiftung und die Leitung der Bibliothek wieder in seiner Hand, und die Bibliothek war in einem Raum untergebracht, der voraussichtlich für längere Zeit ausreichte. Dieser neue, zweite Anfang der Sache findet denn auch seinen Ausdruck darin, daß von nun an eine eigne Bibliothekrechnung geführt wurde, natürlich im An schluß an das Verwaltungsjahr des Rathes. Das Amtsjahr des Leipziger Rathes lief damals von Bartholomaei (im August) bis Bartholomaei, und demgemäß auch die Jahresrechnungen der ganzen städtischen Verwaltung. So trägt denn auch die erste von Gräve geführte und ganz eigenhändig von ihm geschriebene Bibliothekrechnung auf dem Umschlag die Aufschrift: „Rech nung über Einnahme und Ausgabe vor E. E. Hochw. Raths der Stat Leipzig! Zililiotlioe von liartliolomaoi ^o. 168 bis wieder dahin.-Io. 1685". Und daß es der Rath immer mehr als seine Aufgabe betrachtete, nicht nur gelegentlich und ver einzelt die neue Stiftung zu unterstützen, spricht sich darin aus, daß auch in den Stadtcassenrechnungen, wo anfangs die Aus gaben für die Bibliothek zerstreut, zum Theil unter den Aus gaben für die Handwerker, zum Theil unter den Ausgaben „Ins Gemein" gebucht werden, von Bartholomaei 1687 an die Bibliothek ihr eigenes Conto erhält. Man richtete sich auf regel mäßige Ausgaben ein. Und eine solche Ausgabe, wenn auch nur eine ganz geringfügige, wurde denn auch sofort zu einer ständigen: von Neujahr 1688 an erhielt der Hausfrohn oder Hausvogt Christoph Hoffmann, der für die Reinigung des Rathhauses und seit Eröffnung der Börse auf dem Naschmarkte auch für deren Reinigung zu sorgen, und der auch auf der Bibliothek schon gelegentlich den gleichen Dienst geleistet hatte*), jährlich 8 Gulden „wegen Abkehr- und Sauberhaltung der Lidliotlisc". *) Seine neue Würde sprachlich zu bewältigen machte dem guten Christoph Hoffmann oder, wie er sich selbst der Einfachheit wegen schreibt, Christophosfmann, große Noth. In einer Rechnung vom Juli 1685 verzeichnet er die Auslagen, die er für Borstwische und Besen für die „Viblyrködt" gehabt hat! Der erste „Raths - Ljiüiotlwcmrius", Gottfried Gräve, war am 20. November 1641 in Naumburg geboren, wo sein Vater „Stiftsbaumcister" gewesen war, hatte von 1655 an die Schul pforte besucht, von 1661 an zwei Jahre in Leipzig, dann, von 1663 an, noch zwei Jahre in Utrecht studirt, war dann eine Reihe von Jahren in Dresden Hofmeister gewesen, erst bei dem Hof- und Justitienrath Or. Leikher, dann bei dem Director des Geheimen Raths, dem Freiherrn von Friesen, und im August 1673 war er vom Rathe der Stadt Leipzig als Nachfolger Böschens zum Oberstadtschreiber, im Mai 1681 auch zum Raths herrn gewählt worden. Gräve war unablässig bemüht, die Bibliothek zu bereichern und ihr zu diesem Zwecke neue und dauernde Hilfsquellen zu erschließen. Auf die Capitalzinsen war schlecht zu rechnen; sie gingen — ein allgemeiner Uebelstand der Zeit, unter dem alle Stiftungen, alle piao causao zu leiden hatten — unregelmäßig, spät oder auch gar nicht ein. Im Jahre 1704 hielt man einmal eine Musterung und strich auf Rathsbeschluß alle hoffnungslosen Außenstände. „Zinsen von ungewissen Kapitalien — heißt es in der Rechnung dieses Jahres — fallen nunmehr gänzlich hin weg, nachdem E. E. Hochw. Rath alle solche Oapitalia als inexigibel wegzuschreiben verordnet". Was auf diese Weise ge strichen wurde, waren nicht weniger als 2446 Thaler. Aber solche Verluste auszugleichen, wußte Gräve immer Rath. Gleich im ersten Jahre seiner Verwaltung (1684—85) gelang es ihm, der Bibliothek außer den Capitalzinsen noch über 700 Thaler zu verschaffen. Das Jahr zuvor war einer der drei Ausreiter posten unbesetzt gewesen — die Besoldung (104 Thaler) heimste er für die Wibliothekcasse ein. Einige Stipendien, die der Rath zu verwalten hatte, waren ein paar Jahre lang nicht vergeben worden — mit 182 Thalern 12 Groschen wurden sie der Bibliothek überwiesen. Ein paar Buchhändler hatten etwas ohne Censur gedruckt und waren dafür mit 50 Gulden bestraft worden — die Strafe kam der Bibliothek zu gute. Aehnlich im zweiten Jahre (1685—86). David Fleischer hatte 50 Thaler Strafe zahlen müssen, weil er „auf die Braunschweigische Messe Maaren geschickt und solche daselbst verhandeln lassen" — Gräve sackte die Summe für die Bibliothek ein. Im dritten Jahre fielen ihm u. a. 45 Thaler zu, „von denen 60 Thalern Strafgeldern, welche Franz Schwormstät von Hamburg wegen eingeführten verbotenen Geldes erleget", 1688—89 60 Thaler „von denen bei der Rathsstube eingelvmmenen Straf- rind Abzugsgeldern" („Ab zugsgeld" zahlte, wer von Leipzig fortzog und sein Bürgerrecht aufgab), 1691—92 50 Thaler, „die Johann Andreas Titius wegen Aufhebung der wider ihn und seinen Handels - Cousorten angestellten Inquisition erleget", 1692—93 100 Thaler „von denen 300 Thalern, welche Paul Berger von Eilenburg wegen ver übten Unterschleifs durch verbotene Biereinfuhren zur Strafe er leget", 1695—96 25 Thaler „von den 50 Thalern, die Peter Jacobs von Hamburg wegen verbotener Handlung wider die Cramer-Innungs privilogia erleget", und 50 Thaler „von denen vom Schneiderhandwerk wegen begangenen Ungehorsams erlegten 70 Thalern Strafe", 1697—98 wieder 10 Thaler, die einer wegen Verletzung der Perückenmacherinnungsartikel hatte be zahlen müssen u. s. w. Heute würden alle solche Strafgelder dem Armenamt zufließen. DaS gab es damals noch nicht. Wie vernünftig nun da und wie vornehm zugleich, das alles der Bibliothek zuzuschwenken! Aber das waren ja nur zufällige und unregelmäßige Zu schüsse — Gräve hätte gern einen oder ein paar regelmäßige ge habt. Zu einem solchen gestalteten sich nun sehr bald die „Waagestrafgelder", die für Hinterziehung der bei der Raths waage zu zahlenden Waagegebllhr eingezogen wurden; sie wurden seit 1686 regelmäßig am Jahresschlüsse an Gräve abgeliefert. Eine zweite regelmäßige Zubuße erhielt die Bibliothek aus dem im Jahre 1683 beim Leipziger Stadtgericht eröffneten Handels gericht. In dessen -Gerichtsordnung war, um unnöthigcs Pro- zessiren zu verhüten, die Bestimmung getroffen, daß Jeder, der gegen eine Entscheidung des Handelsgerichts beim Oberhofgericht appcllirte, eine Geldsumme zu hinterlegen hatte, die er für den Fall des Unterliegens (in casum sucoumkontiao) verlor. Auch diese „Succumbenzgelder" wurden seit 1697 regelmäßig der Bibliothek überwiesen. Die Stadtcassenrechnungen von 1696—97 führen unter den Ausgaben für die Bibliothek auf: „60 Gulden 19 Groschen, .welche aus dem Handelsgerichte von denen von Barthol. no. 1696 bis dahin 1697 allda iu casum succum- dcutiao ot> lrivotns appcltatioucs ckopouirten 80 fl. nach Ab zug derer spceiticirtcn Unkosten in E. E. Hochw. Raths Ein- nahmstube geliefert, seind nunmehro auf Wohlgedachten Raths Verordnung zu dero iZidüotlisc (als worzu künftig alle der gleichen Gelder bis auf Widerrufen gewidmet) wieder ausgeant wortet und bezahlet worden". Von 1701 an wurde zwar die Ablieferung acht Jahre lang versäumt; 1710 aber wurde mit 556 Thalern alles nachgezahlt. , Hierzu kamen aber weiter seit dem Jahre 1697 noch die ,/De putationsgelder" und das Bürgerrechtsgeld für Kinder. Wenn vornehme oder wohlhabende Bürger der Stadt eine Handlung der freiwilligen Gerichtsbarkeit vornehmen zu lassen hatten, wie die Lehensreichung eines Hauses, die Bestätigung eines Haus kaufs oder eines Erbvergleichs, eines „Heergeräte"- oder eines „Geradekaufvertrags", einer Schuldverschreibung, einer Schenkung oder einer Cession, einer Bürgschaft oder eines Verzichts, die Aufnahme oder die Eröffnung eines Testaments oder eines Co- dicills, die Bestätigung eines Curators, die Vollziehung oder die Recognition einer Quittung oder eines Attestats und dergleichen, so gingen sie nicht aufs Rathhaus, sondern baten, daß eine De putation des Stadtgerichts zu ihnen ins Haus geschickt würde. Hierfür wurde eine Deputationsgebühr, gewöhnlich 2 Thaler, be zahlt. Das Bürgerrechtsgeld für Kinder aber mußte außer dem Bürgergelde von denen gezahlt werden, die bei der Er langung des Bürgerrechts ihre Kinder gleich mit in das Bürger recht ausgenommen zu sehen wünschten, und richtete sich nach dem Wohlstände des Betreffenden und natürlich nach der Anzahl der Kinder. Das alles waren ja keine großen, aber doch ständige Ein nahmen, auf die mit einer gewissen Sicherheit zu rechnen war, und mit deren Hilfe Gräve die Bibliothek ständig vermehren konnte. Und das hat er denn auch redlich gethan und sich dabei der mannigfaltigsten Bezugsquellen bedient. Neu erschienene Bücher kaufte er in der Messe wie außer den Messen bei den verschiedensten Leipziger wie auswärtigen Buch händlern. Doch hatte er seine Hauptlieferanten. Zu diesen gehörte gleich zu Anfang Moritz Georg Weid mann (seit 1695: Moritz Georg Weidmann sel. Erben und Johann Ludwig Gleditsch, von 1697 an Gleditsch allein), Jo hann Friedrich Gleditsch (seit 1709 Joh. Friedrich Gleditsch und Sohn), von 1684 bis 1700 auch Matthäus Birkner (aus ?) und von 1688 bis 1693 Johannes und Aegidius (Gillie) Jansson van Waesberge aus Leyden (?). Seit 1694 war sein Hauptlieferant für neue Bücher Thomas Fritsch; von ihm allein hat die Bibliothek in den Jahren 1694 bis 1710 ziemlich für 1700 Thaler Bücher bezogen. Einen eifrigen und aufmerksamen Antiquar hatte Gräve seit 1695 an Andreas Friedrich Bötticher (aus ?); er stellte sich fast jede Messe mit einem stattlichen Vorrath werthvoller alter Bücher ein, die er sehr billig abgab, darunter namentlich auch Hand schriften. Eine Bilderhandschrift von Hugo Trimbergs Renner wurde ihm auf der MichaeliSmesse 1695 mit 1 Thaler 6 Groschen bezahlt! Ganz üblich war schon damals der Buchhändlerrabatt, wenn er auch noch nicht auf bestimmte Procente festgesetzt war, sondern den Lieferanten von Fall zu Fall abgezogen wurde, wie man auch von Handwerierrechnungen immer etwas abzuziehen versuchte. Gräve wird wohl seine Leute gekannt haben, gewußt haben, wer billige Forderungen stellte, und wer unverschämt vorschlug, so daß auch tüchtig abgestrichen werden konnte. Gleich die erste Rechnung Weidmanns, die 84 Thaler 4 Gr. betrug, wird nur mit 75 Thalern bezahlt. Bei seinen nächsten Rechnungen erhält er z. B. 100 Thaler statt 121 Thaler 12 Groschen, 12 Thaler statt 14 Thaler 22 Groschen, 50 Thaler statt 56 Thaler 19 Groschen, 68 Thaler statt 77 Thaler 12 Groschen. Noch stärker werden Birkners Rechnungen gekürzt; er bekommt zur Ostermesse 1685 27 Thaler statt 35, zur Herbstmesse 32 Thaler 12 Groschen statt 47 Thaler 8 Groschen, zur Ostermesse 1687 38 Thaler statt 54 Thaler 4 Groschen, das nächste Mal gar blos 24 Thaler statt 38 Thaler 18 Groschen. Dagegen lassen sich Gleditsch uns Fritsch meist sehr wenig abziehen; manche hohe Rechnung wirs ihnen ganz ohne Abzug bezahlt. Bötticher wieder, der Antiquar, muß sich trotz seiner niedrigen Preise noch große Abzüge gefallen lassen. Die Hauptbezugsquelle für alte Bücher war aber gar nicht das Antiquariat, sondern die Auction. Alljährlich wurden in Leipzig eine Anzahl Bücherauctionen abgehalten, außer den sogenannten Universitätsauctionen, die der vereidigte kkniversitätsauctionator, damals Barthol Keck, leitete, auch oft Privatauctionen, und auf vielen dieser Auctionen hat die Bibliothek Bücher erstanden. Leiser ist in den Rechnungen nicht immer angegeben, aus wessen Besitz oder Nachlaß die Bücher stammten; es ist entweder nur von „Universitätsauctionen" die Rede, oder es ist nur Vas Haus ge nannt, wo die Auction stattfand und wo also vielleicht der Be sitzer gewohnt hatte. In vielen Fällen ist aber doch auch der Besitzer genannt, und da zeigt sich denn, daß z. B. aus den Bücher nachlässen von Jakob Thomasius (dem Vater des großen Thomasius), von Joachim Feller (dem Universitätsbibliothekar), von Johann Friedrich Leibniz (dem Halbbruder des großen Leibniz) und von dem gelehrten Rathsherrn Friedrich Benedikt Carpzov Bücher in die Bibliothek gelangt sind. Aber auch bei der Versteigerung auswärtiger Bllchernachlässe ist die Bibliothek oft unter den Käufern gewesen, so bei der Versteigerung der Bibliothek von Oiselius in Gröningen (1688), von Conring in Helmstädt (1694), von Groddeck in Danzig (1710), von Bebel in Wittenberg (1711) u. a. Als Commissionär der Bibliothek war bei auswärtigen Auctionen wiederholt Carpzov thäiig — wenigstens nimmt er nach den Rechnungen die Zahlung in Empfang —, bei der Groddeck'schen Auction in Danzig 17)0 der junge Mascov, der dorther stammte und seit 1709 in Leipzig studirte. In Leipzig selbst veranstaltete wiederholt auch Otto Mencke, der Herausgeber der ^cta Lruckitoium, Gücher- auctionen, augenscheinlich zu dem Zwecke, sich von den zahlreichen Recensionsexemplaren zu befreien, die ihm für die ^eta zu gegangen waren. So versteigerte er im März 1689 eine Masse italienischer, französischer und englischer Werke, lauter neue Bücher aus den letzten Jahren. Auch auf diesen Versteigerungen hat die Bibliothek einiges erworben. Sehr viele Bücher endlich, alte wie neue, kamen durch Ge legenheitskäufe aus Privathänden in die Bibliothek. Fast in jeder Jahresrechnung verzeichnet Gräve auch eine Anzahl „einzeln erkaufte Bücher, darzu keine Belege erlanget werden können", oder solche, deren Ankauf er durch besondere Quittungen von Privatleuten belegt. Professoren und Studenten, Theologen und Juristen, Christen und Juden, alles kommt und bietet Bücher an. An manchen Leuten hatte er ganz regelmäßige Zu träger, die aufpaßten, wo etwas zu haben war, und es ihm dann brachten. Zu diesen gehörte namentlich ein Candidat der Theo logie, ein getaufter Jude, Llattiiias -^ncircas u Cosnovv « >)<- mnvslci. Couversus tüpsicnsis, wie er sich selbst in seinen ausführlichen lateinischen Quittungen unterzeichnet. Namentlich werthvolle Handschriften sind durch solche Gelegenheitskäufe in die Bibliothek gekommen. So wurde auf der Neujahrsmesse 1693 von einem gewissen Christian Scholtze für 30 Thaler eine Livius- Handschrift getauft, im März 1700 von Johann Conrad Knauth in Dresden für 15 Thaler die Handschrift des Pirnischen Mönchs, im Juli 1706 aus dem Nachlaß des Professors An dreas Akoluth in Breslau für 80 Thaler „2 ^leoianc, deren einer mit der türkischen versiou, der andere mit sehr zarten litcru, ingleichen die armcuiscbe Version liidliorum", im September 1710 aus dem Nachlaß des Superintendenten Di-. August Pfeiffer in Lübeck für 125 Thaler 94 Stück „türkische und andere orientalische Llauuscripten, auch Bücher" u s. w. Die Buchbinderarbeit für die Bibliothek lieferte während der ganzen Zeit von 1679 bis 1710 immer derselbe Mann und nur dieser eine: Gottfried Reimann. Die Bücher wurden alle gleich mäßig gebunden: „in weiß Schweinleder und grün auf dem Schnitt". Nur die kleineren Formate und Bücher von wenigen Bogen wurden auch in Pergament gebunden, gelegentlich auch in „weiße pap". Vereinzelt erscheint schon 1685 ein „fron- Feuilleton. Das Weltriithsel. Eine Cafähaus-Scene von Lothar Schmidt (Breslau). Nachdruck verboten. Personen: Der Papa Die Mama Die Tochter Der Schwiegersohn irr »ps: Emil Die Tante Ich- (ES sind gute Spießbürger au» de.r Provinz, Ober schlesier, die sich vorübergehend in Breslau aufhalten. Man sitzt ziemlich umständlich und mit diversen Palleten belastet um einen runden Marmortisch, dicht neben mir. Ich stelle mich in eine Zeitung vertieft.) Die Tochter (mit einem Seitenblick auf mich): „Nicht doch so laut!" Die Tante: „I wo, der hört erst gar nicht auf unS." Der Schwiegersohn: „Und wenn schon? ... Da kann er höchstens noch was lernen. . . . Wir sagen doch nichts BöseS!" Die Mama: „Eben, wir sagen doch nichts BöseS nich!" Der Papa: „Eben! . . . Gieb mir doch mal den Teller mit Pfannkuchen 'rüber, Alte!" Die Mama: „Aber Mann, Du wirst Dir noch den Magen verderben! . . . Das ist bereit» der dritte!" Der Papa: „Bezahlst Du sic vielleicht? ... Na also! DaS Andere ist erst recht meine Sache!" Die Tochter (mit scheuem Seitenblick auf mich): „Aber Mama und Papa! nehmt doch Rücksicht, ich bitt' Euch!" Der Schwiegersohn (ablenkend): „Jo, wo war ich doch gleich stehen geblieben?" Der Papa (mit vollen Ballen kauend): „Weeß ich? . . . hm, der Pflaummus ist famost!" Die Tante: „Sie sagten, die Erde ist nicht geschaffen worden, sondern sie hat sich allmählich abgekühlt . . ." Der Schwiegersohn (schulmeisterlich): „Ganz recht! Also sie war eine feurige Masse gewesen; sie hat sich von der Sonne losgelöst gehabt und muß sich infolge der Erdanziehung oder beziehungsweise der Sonnenanziehung um die Sonne dreh'n." Die Mama (den Gatten, der, noch immer kauend, bereits mit einem neuen Pfannkuchen liebäugelt, bitterböse ansehcnd): „Ich denke, die Erde dreht sich um sich selbst?" Der Schwiegersohn: „Gewiß: um sich selbst und um die Sonne." Der Papa: „Hört schon uff, Kinder! mir wird ganz dreherich!" (Er greift verstohlen nach einem neuen Pfannkuchen.) Die Mama (ihm den Teller fortnehmend, den sie auf ihren Schooß unter den Tisch stellt): „Nun ist's aber entschieden genug!" Der Papa: „Nich? ... na, denn nich! (zu dem vorbei eilenden Kellner): Herr Ober, noch 'ne Echte! ... (zur Gattin): Etsch! . . . siehst« woll!" Die Tochter: „Zu wunderbar, die ganze Weltgeschichte!" Der Schwiegersohn (docirend): „Das ist nicht Weltgeschichte! Physik ist das! Die Weltgeschichte beschäftigt sich mit den Thaten der Menschen, doch so weit sind wir noch lange nicht. Vorläufig noch keine Spur von einem lebenden Wesen auf der Erdoberfläche." Die Tante (bildungSbeflissen): „Wohl, weil'S noch zu heiß ist, nicht?" Der Schwiegersohn (sehr ernst): „Freilich, noch viel zu heiß. . . . Ehe sich die Erde so richtig abkühlt, das dauert Millionen von Jahren." Die Mama: „Inwendig drin soll ja heute noch Feuer sein?" Der Schwiegersohn: „Selbstverständlich! Die harte Erd kruste ist sogar sehr dünn im Verhältniß zur feurigen Masse." Der Papa: „Feuer in der Erde? So'n Quatsch!" Der Schwiegersohn (gekränkt): „O bitte, das ist kein Quatsch! Das ist eine wissenschaftlich erwiesene Thatsache!" Der Papa (spöttisch): „Haste vielleicht nachgegraben?" Der Schwiegersohn (überlegen lächelnd): „Das ist nicht nöthig." Der Papa: „Nich? . . Na, wie willste denn das sonst wissen, he? . . . Leicht gesagt: Feuer! Nu, werd' ich Dir mal was sagen: Hundertmal mindestens hab' ich dabeigestanden, wenn sie bei uns in Obcrschlesien Bohrlöcher gemacht haben in die Erde. Willste wissen, waS rausgekommen ist? Wasser ist raus gekommen, verstehste: Wasser, Wasser und immer wieder Wasser, aber kein Feuer . . ." (ärgerlich zur Gattin): „Stell' schon endlich mal die Pfannkuchen wieder aufn Tisch!" Die Tochter: „Aber Papa, das weiß doch jede» Kind, daß Feuer in der Erde ist! Wie sollte denn sonst der Vesuv speien?" Der Papa: „Der Vesuv? . . WaS, der Vesuv? Nu der speit eben, weil er . . . weil er . . . (verlegen.) Wenn Du überhaupt denkst, daß Du mir mit dem Vesuv imponiren kannst, haha! . . . Und der speit auch nicht immer, der speit blos manchmal, verstehste!" Der Schwiegersohn: „Gut. Manchmal! Zugegeben! . . . Aber was speit er? Feuer. Und wo kommt das Feuer her? Aus der Erde!" Der Papa: „DaS ist noch gar nicht gesagt." Die Mama: „Aber Mann, so widersprich doch nicht immer fort! Der Emil ist doch Bolksschullehrer, der muß das doch besser wissen!" Der Papa: „Dafür bin ich so und so viel älter als der Emil, verstehste!" Die Tante (ablenkend zu Emil): „Wenn sich nun die Erde gehörig verkühlt hat, wie entstehen jetzt die Menschen, die Thiere und die Pflanzen? Sie müssen doch irgend woher kommen?" Der Schwiegersohn (stolz docirend): Au» der Zelle, sehr einfach: Menschen, Thiere und Pflanzen lassen sich auf eine einzige Form, die Urzelle, zurückführen." Der Papa: „Hahaha, Zelle! . . . Zelle ist gut, sehr gut! — Ne, jetzt wird mir die «Sache doch zu dumm! . . . Kellner, zahlen! . . . Zwei Echte, vier Tassen Kaffee und sieben Pfann kuchen, was macht das? . . . Wie, zwei Mark und dreißig? . . Da, hier haben Sie zwei Mark und fünfzig . . . Wissen Sie schon was Neues, Kellner? . . . Nachdem sich die Erde gehörig verkühlt hatte, sind die Menschen, die Thiere und die Pflanzen aus der Zelle gemacht worden. Beweis: Der Vesuv speit! Nu wie gefällt Ihnen das? . . . Nee, nee, grinsen Se nicht, Kellner so ist es. Fragen Sie blos mal meinen Schwiegersohn in der ist Volksschullehrer, der muß e» doch wissen!" Die Mama (sich erhebend, ärgerlich): „Na, komm schon, Mann — komm!" (Auch die klebrigen stehen» auf.) Der Papa (sitzen bleibend): „Nee, nee! Erst muß das mir dem Feuer richtig gestellt werden! Also, Herr Ober, iS es so oder is es nich so? ... . Na, raus mit der Sprache! .... Hier haben Se noch zehn Pfennige, aber immer nur rau» mit der Sprache!" (Der Kellner lächelt verlegen, da er nicht weiß, waS er ant worten soll.) Der Papa (ungeduldig): Nu? Die Mama und die Tochter: „Komm doch endlich!" Der Papa (noch ungeduldiger): „Nu, Herr Ober? .... Hier sind noch zehn Pfennige!" Die Mama (zupft ihn wüthend am Aermel): „Jetzt kommst Du aber!" Der Papa: „Erst muß da» Weltriithsel gelöst werden!" Die Mama (energisch): „DaS Weltriithsel wird mir zu Auer 77 i^t kommst Du mit!" (Sie zieht ihn mit sich fort. Die klebrigen folgen hinterdrein.) Der Papa (von Weitem noch hörbar): „Feuer? ... ne: so was Dummes! ... So wa» kann man mir doch nicht vormachen, verstehste!" Der Kellner (das Geld einstreichend): „Schorsch! . . . Hörst mt, Schorsch? . . . Das G'schirr sollst forttragen von die Fr,erlander, was hier g'sessen Ham!"
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