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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.06.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990607027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899060702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899060702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-06
- Tag1899-06-07
- Monat1899-06
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44S2 * KSuig»ber» i. Pr., 5. Jun?. In einer hier abgehaltenen Volksversammlung, in der Redacteur F. Bley einen Vortrag über die Ursachen der Samoa-Wirren hielt, wurde beschlossen, nachfolgendes Telegramm an den Kaiser zu senden: Eine Versammlung der deutschen Bürgerverein« in Königsberg bringt Eurer Majestät au» treuen deutschen Herzen ehrerbietigste Huldiguug dar. MitJubel begrüßen wir die drutscheErwerbong der Carolinen in der festen Ueberzeugnng, daß Eurer Majestät Negierung auf jedem Gebiet die hochherzigen Verheißungen erfüllen wird, dir Eure Majestät am 18. Januar 1896 und auf dem Sparen berge dem deutschen Volk mit weit vorausschauendem Blick gegeben haben. * Gommern, 6. Juni. Der Kaiser und die Kaiserin werden, wie die „Ztg. f. Gommern" erfahren haben will, gelegentlich, vielleicht anläßlich des Besuches deS Truppen übungsplatzes, die Lungenheilanstalt für Frauen in Vogelsang einer Besichtigung unterziehen. * Duisburg, 5. Juni. Zu Ehren des Herrn vr. Ham- macher hat hier vor einigen Tagen eine Parteifeier stattgefunden, vr. Hammacher hob in seiner Rede u. A. hervor, er beklage es tief, daß in dem scheidenden Jahr hundert jener materialistische Geist mächtig geworden sei, in dem jeder Stand und jedes Einzelinterefse Sondervortheile für sich auf Kosten der Gesammtheit zu erringen strebe. Stoße man aber nicht bedingungslos in das Horn der Arbeiter-, Handwerker-, Bauern- u. s. w. Parteien, dann werde man für einen Feind der Arbeit, des Handwerks, der Landwirthschaft u. s. w. erklärt. Auch die Conservativen nahmen mit dem Abg. Frhrn. von Plettenberg an der Feier theil. * Krefeld, 6. Juni. Die Weber-AuSschüsse beschlossen, daß die Lohnausschüsse nochmals mit den Fabrikanten ver handel». Wird heute für die ShlipSstoffe eine Einigung nicht erzielt, so wollen die Arbeiter jede weitere Verhandlung abbrechen. * Gotha, 6. Juni. Der im gemeinschaftlichen Landtage von dem Abg. Heusinger eingebrachte BefragSantrag lautet wörtlich: „Durch die gesammte Presse ist eine Mittheilung gegangen, daß Arrangements getroffen seien, wodurch die Thronfolge in den Herzogtümer» Coburg und Gotha von dem Herzog und dem Prinzen von Connaught auf den Herzog vonAlbany übertragen werden soll. ES mehren sich die Anzeichen, daß dieser Nachricht etwas Thatsächliches zu Grunde liegt. Wir erlauben uns, deshalb anzu fragen: I) Ist der herzoglichen Staatsregierung bekannt, ob diese Mittheilung zutreffend ist, und, im Falle der Bejahung: 2) Welche Gründe sind maßgebend gewesen für diese Urbertragung, welche sich mit der dem gemeinschaftlichen Landtag gewordenen und von dem Herrn Staatsminister NanienS der Regierung mit „ehrerbietigstem" Dank begleiteten Erklärung des Herzog- von Connaught in direkten Widerspruch setzt? 3) Welche Grunde haben vorgelegen, dem gemein schaftlichen Landtag jede Mittheilung über die geschehen« Ver änderung am 31. Mai d. I. vorzuenthalten? 4) Welche Schritte hat die herzogliche StaatSregierung gethan, um für dir definitive Regelung der Thronfolge in möglichster Beschleunigung Sorge zu treffen?" * Schillingsfürst, 6. Juni. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe mit Familie ist nach Berlin zurückgekehrt. * Pforzheim, 6. Juni. Bei den gestrigen Stadt verordnetenwahlen der dritten Steuerklasse siegten die Socialdemokraten mit 1203 Stimmen über die vereinigten Gegenparteien, welche 960 Stimmen erhielten. * München, 6. Juni. Der Papst hat den Abgeordneten vr. Daller zum päpstlichen HauSprälaten ernannt und dem Abgeordneten vr. Orterer da» Ritterkreuz des GregoriuS- ordenS verliehen. Das päpstliche Breve an Herrn vr. Daller besagt nach der „N. B. Z." u. A.: „Da Uns durch die gewichtigsten Beweise bekannt wurde, daß Du, der Theologie Doktor und Professor deS kanonischen Rechts und der Kirchengeschichte, Dich um die zur Hoffnung der Kirche Heranwachsende Jugend höchst verdient machst, die Rechte der christ lichen Religion und die katholischen Interessen mit unermüdlichem Eifer vertrittst und förderst und zugleich, zu öffentlichen Aemtern erwählt, bei Deinen Mitbürgern in ausgezeichneter Achtung stehst, haben wir Dich für ganz besonders würdig erachtet, daß Du ent sprechend so großen Verdiensten eine Anerkennung erhältst." Auch für Herrn vr. Orterer soll eine ähnliche Motivirung vorliegen. Hierzu bemerken die „Münch. N. N": „Man geht wohl nicht fehl, wenn man auch diese Auszeichnungen den Bemühungen LeS scheidenden Nuntius Lorenzelli zuschreibt. Die große Intimität der bayerischen führenden ultramontanen Kreise mit der Nuntiatur in München erhält hiermit eine neue öffentliche Bestätigung. Daß diese Beziehungen vielfach inniger sind, al» die mit unseren staatlichen Institutionen, ist eben das Charakteristische deS Ultramontanisnius. Da» derzeitig führende CentrumSorgan, die „N. B. Ztg." meint, Liese Auszeichnungen hätten gerade im gegen wärtigen Augenblick besondere Bedeutung. Worin diese besondere Bedeutung besteht, wird in dem Blatte nicht gesagt. Sollten die E-cadronSchrf a. D. Carriöre, Berichterstatter der Haupt mann a. D. Jacquier, Gerichtsschreiber der Jntendantur- osficier Papillon. Die Beisitzer des Kriegsgerichts sind den folgende» Truppenkörpern zu entnehmen: 2., 25., 41., 47., 48., 70., 71. und 136. Infanterie-, 24. Dragoner-, 13. Husaren-, 7. und 10. Artillerie-Regiment, 15. Bataillon Fußartillerie, 10. TraineScadron, 10. Gendarmerie-Legion und 10. Genie- bataillon. — Frau DreyfuS wird sich, ob von ihren Kindern begleitet, ist noch unbestimmt, am 20. Juni nach Brest begebe». Sie hofft, die Erlaubniß zu er halten, im dortigen Arsenal ihren Gatten wiederzusehen. Der Gendarmeriecapitän Pensee wird DreyfuS nach RenueS begleiten. Eine Zelle in dem Gefängnisse nächst dem Bahn hofe wird bereits in Stand gesetzt. An das Gesängniß stößt ein in Rotundenform gebauter KriegSgerichtSsaal an, welcher 150 Personen faßt. Die letzten Depeschen bezeichnen den Gesundheitszustand DreyfuS' als befriedigend. Auf den Philippinen hat sich die Lage der Amerikaner wieder zum Schlechteren gewendet. Sic haben, wie gemeldet, einen Theil deS in der weiteren Umgebung von Manila ge legenen Terrain» wieder aufgrben müssen und, von den Filipinos umgangen, eine ernste Niederlage erlitten, die ihnen eine noch nicht eingestandene Anzahl Todte und 500 Verwundete, sowie eine Batterie, den Verlust ihrer Munitionswagen und der Munition kostete. Sehr bedenklich klingt auch ein Bericht, den der eben aus Manila krank nach New 2)ork zurückgekehrte Brigadegeneral King dem Kriegsamt in Washington erstattet hat; es heißt darin: Dir Lage aus den Philippinen ist sehr ernst. Die Bewohner führen einen Kleinkrieg und Niemand hat eine Ahnung davon, wann er wird zu Ende gebracht werden können. Die Filipinos bedürfen keiner Verpflegungsbasis, da sie thalsächlich nahezu bedürfnislos sind und säst von nichts leben. Ihre Scharfschützen sind den unserigen überlegen, ihre Genieofsiciere den besten unserer Ofsicierr mindestens gleich; alle ihre Ver- IheidigungSanlagen, Laufgräben, Schützenwälle und sonstigen Erdarbeiten stehen in keiner Weise dem nach, was die Osficiere civilisirter Nationen hätten schaffen können. Wir selbst haben mit unzufrie denen Freiwilligen oder des Krieges längst überdrüssigen, an Zahl viel zu schwachen Regu lären zu rechne», deren Verpflegung jetzt, wo die Regenzeit eingesetzt hat, fast unmöglich geworden ist. Ueberdies haben die zur Abgabe eines Gutachtens aufgeforderten Aerzte deS Occupations- heeres einstimmig alle Unternehmungen während der Regen zeit für unmöglich erklärt, wove man nicht neun Zehntel der Gesammttruppen dem Sumpsfieber preiSgeben. Dieses Gutachten der Militärärzte hat die Negierung in Washington zu dem Beschluß auf Einstellung deS Feldzugs während der Regenzeit bewogen. Bis zum Ablauf dieser Jahreszeit hofft Kriegssekretär Alger 30 000 Mann frischer Truppen nach Manila schicke» zu können. Um diese Truppen in Wirklichkeit aufzubringen, ist eine Verständigung mit den Cubanrrn nölhig, die sehr schwer fallen dürfte. Andernfalls müßten die Bereinigten Staaten schon in den säuern Apfel der Nachgiebigkeit gegen die Tagalen beißen. Deutsches Reich. * Leipzig, 7. Juni. (Die .Zuchthausvorlage" und die Socialdemokratie.) „Den MauneSzorn der Arbeiterschaft in seiner ganzen Tiefe aufzuwühlen, daS hat die .Zuchthausvorlage" fertig gebracht. Die Augen blitzen, die Fäuste ballen strch unwillkürlich, die Muskeln straffen sich, wenn unter Proletariern das Attentat auf ihr wichtigstes Recht besprochen wird. Und wovon ander» sollte man unter Arbeitern jetzt sprechen! Die Empörung der Arbeiterschaft drängt nach öffentlichem Ausdruck. Und so beginnen denn schon Montag Abend die Protestversammlungen .... „Partei- aenofsen, Arbeiter! Niemand darf in diesen Versammlungen fehlen. Sie müssen würdige, imposante Demonstrationen sein,sie müssen demgährendenGrim mH und er ttausen der gegen den Angriff auf ein» ihrer wichtigsten Rechte lauten Ausdruck geben. Tausendstimmig muß sich der Schrei der Arbeiter erheben. Auf die Schanzen!" — So schreibt heute die „Sächsische Arbeiterze itung". Wenn durch der artige Aufreizungen die Arbeiter zu Ausschreitungen sich hin reiße» lassen, dann wäscht die socialdemokratische Presse ihre Hände in Unschuld. L Berlin, 6. Juni. (Zum Uebertritt der Herzogin Jutta von Mecklenburg.) Wie erinnerlich sein wird, hat die lutherische Geistlichkeit deS Großherzogthum» Mecklenburg-Strelitz in einer sehr würdig gehaltenen Vorstellung an den Großherzog dem Wunsche Ausdruck gegeben, der bevorstehende Uebertritt der Braut des Erbprinzen von Monte negro, der Herzogin Jutta, möge sich noch verhindern lassen. Der Großherzog hat hierauf, dem „Neustrelitzer Tageblatte" zufolge, mit einem abschlägigen Bescheide geantwortet, der leb hafte» Bedauern über die Grenzen von Mecklenburg-Strelitz hinaus Hervorrufen wird. Denn der Großherzog begnügt sich in seiner Antwort nicht mit dem Hinweise darauf, daß Herzogin Jutta großjährig sei und auS eignem Ermessen gehandelt habe; der Großherzog fügt noch hinzu: es sei dkrWunsch desZaren, daß die Herzogin zur griechisch-katholische» Kirche übertrete. Die Berufung aus Wünsche des Zaren wird im vorliegenden Falle in Deutschland mit Recht scharfer Kritik begegne». Handelte es sich um die Braut des russischen Kaisers, so würde man de» Wunsch deS Zaren bezüglich deS Ueber- tritt» zum Mindesten begreiflich und die Erfüllung diese» Wunsches, wenn auch keineswegs selbstverständ- ick, so doch immerhin erklärlich finden. Denn die Stellung des russischen Kaiser» al» Oberhauptes der griechisch-katholischen Kirche macht eS vom russischen Standpuncte aus nothwendig, daß auch die Gattin des Zaren der griechisch-katholischen Kirche angehört. Herzogin Jutta aber ist nicht die Braut deS Zaren, auch nicht die Braut eine» russischen Großfürsten, der zum TPkone berufen werden könnte, sondern die Braut eines Prinzen, dessen Thron einer der kleinsten in Europa ist und dessen Heimath die Segnungen der Eivilisation erst in beschränktem Umfange erfahren hat. Daß eine deutsche Fürstentochter als Braut eines solchen Prinzen auf den Wunsch deS Zaren ihren Glauben preisgiebt, ist beklagenSwerth; nicht minder beklagenS- werth aber ist eS, daß ein deutscher Fürst als Schwieger vater eine» solchen Prinzen öffentlich auf entsprechende Wünsche de» Zaren sich beruft. — Zu der Frage: „Wer hat da» deutsche Reich gegründet?" schreibt die „Köln. VolkSztg.": Vielleicht interessirt ein uns früher aus conservativen Kreisen mit- getheiltes angebliches Bonmot Bismarck'», als auch ein mal eine Preßerörterung über diese» Thema im Flusse war. Der Altreichskanzler soll damals mit grimmigem Humor gesagt haben: „Schließlich werden sie noch heranSkriegen, Bo etlicher wäre es gewesen". — Kürzlich wurde berichtet, daß in Gnesen die Grün dung eines deutschen Kaufhauses beabsichtigt werde und das an dieser Gründung auch der deutsche Ostniarkenverein bctheiligt sei. Wie man jetzt der „Voss. Ztg." mittheilt, haben der Hauptvorstand des deutschen Ostmarkenvereins und dessen Geschäftsstellen in Berlin und Posen von dieser Gründung überhaupt erst durch die Zeitungen erfahren. Weder der Hauptvorstand des Ostmarkenvereins, noch die Ortsgruppe Gnesen, noch einzelne Mitglieder dieser sind an der Gründung irgendwie bctheiligt. — Der Verband der deutschen Lebensversicherungs-Gesell schaften bat auf seiner am 3. d. M. abgebalteuen Verbands versammlung beschlossen, eine bereits anSgearbeitete Denk schrift, worin die Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des ReichsversicherungS - Gesetzentwurfes zusammen gestellt sind, den in Frage kommenden amtlichen Stellen zu unterbreiten. Der Gesetzentwurf wird der „D. VersicherungS- ztg." zufolge einer gründlichen Umarbeitung unterzogen werden. Daß seine Vorlage noch in dieser ReichStagö-Tagung erfolgt, daran sei nicht zu denken. — Wie man neuerdings auS Erhebungen der Polizei- direction in Hamburg schließen will, wird beabsichtigt, die Bäckereiverordnung vom 4. März 1896 dahin abzuändern, daß anstatt deS zwölsstündigen Maximalarbeitstages eine Minimalruhezeit von acht Stunden festgesetzt wird. Von der Hamburger Polizeibehörde ging dem Vorstand der organisirten Bäckereiarbeiter Deutschlands (Sitz in Hamburg) mit dem Ersuchen um schleunige Nückäußerung eine dahin lautende Anfrage zu. Die Anregung ist damit begründet worden, daß die Verordnung deS BundeSrathS 1) nicht durchzuführen sei, 2) viel Unzufriedenheit zwischen Meistern und Gesellen hervorgerufen habe, 3) denjenigen Unter nehmern, welche bemüht gewesen seien, die Vorschriften nach Möglichkeit durckzuführen, erheblichen materiellen Schaden zugesügt habe. Thatfächlich steht fest, daß die verbündeten Regierungen von dem mit der Bäckereiverordnnng einge schlagenen Wege der Maximalarbeitszeit zurückgekommen sind und an seine Stelle grundsätzlich die Minimalruhezeit setzen wollen. — In der Delegirtenversammlung der Papiermacher- BerusSgenossenschaft wurde ein Antrag auf Verlegung der Geschäftsführung von Mainz nach Berlin gegenüber dem bestimmten Vorschlag deS Vorstandes, der mit allen gegen zwei Stimmen die Beibehaltung de» gegenwärtigen Zustandes empfahl, auf Weiteres zurückgezogen. — Nachträglich sind bei dem socialdemokratischen Partei- cassirer noch über 3000 für die Verurtheilteu des Löbtauer Krawallprocesses eingegangen. Der Betrag wurde dem UnterstützungsfondS der socialdemokratischen Partei überwiesen. — Der „NeiLSanzeiger" veröffentlicht das Gesetz, den Ankauf der Bernsteiuwerke der Firma Stantirn L Becker in Königs berg betreffend. — Freiherr v. Stumm hat sich im Reichstag aus drei Wochen beurlauben lassen, weil er noch unter den Folgen des ihm zu Pfingsten zugestoßenen Unfalles leide. Er wird nach der „Post" kaum vor einigen Wochen im Stande sein, den rechten Arm völlig zu gebrauchen oder auch die Reise nach Berlin ohne Be denken zu untrrnehnien. — Ter Generalsekretär des Tuberkulose.Congresses Stabsarzt PannWitz ist zum Oberstabsarzt und RegimentSarzt deS zweiten Eisenbahn-Regiments, vorläufig ohne Patent, befördert worden. Auszeichnungtn rin« Belohnung für dl« noch in letzter Zeit müer- nommenen Versuche der Jnscenirung eine- kleinen Culturkampfe- sein, wie sie bei der Berathung der AmortisationSgesetze sich zeigten, oder gar eine Anerkennung für den sich immer breiter machenden Vaticanismu» undJesuttlSmu» im Ceutrum? Man denke nur an den Fall Schellt ES ist nicht der Mühe werth, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Wir gönnen den beiden CrotrumSmata- doren von Herzen ihre neuen Würden und gestehen sogar der ge- sammten Fraktion und Partei mit dem ultramontaneo Blatt «inen Antheil an den Ehren zu. Die Herren haben e» verdient; sie haben in den letzten Jahren wahrlich Alle» aufgrboten, um in Rom Zu- friedenheit zu erwerben. „Monsignore Daller" kann nun da- Schiboleth für den kommenden Wahlkampf werden." Oesterreich-Ungarn. AuSgleichSmühen. * Wien, 6. Juni. Wie nach der „Neuen Freien Presse" verlautet, hat Ministerpräsident v. Szell einen Compro» miß-Borschlag in der Äankfrage mitgebracht. Frankreich. Sur Lage; vergartzeiterftreik. * Paris, 6. Juni. Die Anklagekammer hat die Beschluß fassung in der Sache Picquart vertagt. Wahrscheinlich wird dieselbe am Freitag erfolgen. * Part», 7. Juni. (Telegramm.) „Petite Republique" veröffentlicht Einzelheiten über ein royalistischeSComplot, auS dem die Kundgebungen in Auteuil hervorgegangen sein sollen und behauptet sodann, Herzog Philipp von Orleans sei seit Sonntag in Pari» und halte sich in der Wohnung de» Grafen Harcourt verborgen; er gehe nur Nachts verkleidet auS. DaS Blatt behauptet, Dupuy habe die» bereits früher gewußt und fragt, warum der Minister präsident nicht schon gehandelt habe. — Alle republikanischen Blätter besprechen da» Votum des Senats und äußern ihre Freude darüber, daß Loubet auf diese Weise für die Beleidigungen einiger Aufrührer gerächt wäre. — Der „GauloiS" wollte General Pellieux über die gegen ihn gerichtete Untersuchung befragen lassen. Der General lehnte eS jedoch formell ab, irgend welche Auskunft zu geben. * PtBNtke«u les Mine», 7. Juni. (Telegramm.) Hier ist ein allgemeiner AuSstand der Bergarbeiter auSgebrochen. Großbritannien. Arauentvahlrecht. * London, 6. Juni. Bei der Beratbung des AuSschuß- berichteS über die Vorlage, betreffend die Verwaltung von London, nahm das Unterhaus mit 196 gegen 161 Stimmen einen Antrag Courtney an, der Frauen die Wählbar keit zu GrafschaftSräthen oder Aldermen verleiht. Dänemark. Arbeitersperre * Die dänischen Arbeitgeber haben lange gezögert, ehe sie den letzten, entscheidenden Schritt thaten und die GenrralauSsperruug ihrer Arbeiter versuchten. Es ist ohne Weiteres klar, daß ein Fabrikant oder Handwerker einem geradezu unerträglichen Zustande gegenüberstehen muß, ehe er sein Geschäft still legt. Jetzt aber, nachdem die Ent scheidung gefallen ist, sind sie gewillt, den Kampf mit aller Schärfe durchzufechten. Den Beweis hierfür liefert das nachstehende Rundschreiben, welches der dänische Arbeit geber- und Meisterverein an das Geschästsamt des deutschen ArbeitgeberbundeS für daS Baugewerbe gesandt hat. ES ist datirt Kopenhagen, den 29. Mai 1899 und lautet: In Veranlassung des großen hier in Dänemark herrschenden ConflictS zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern, namentlich im Baufache, erlauben wir uns hiermit, da- Interesse deS geehrten Verbände- in Anspruch zu nehmen, und ersuchen wir um Ihre werthe collegiale Stütze dadurch, daß die Mitglieder de» Verbandes in folgenden Innungen: 1) Maurer, 2) Zimmerer, 3) Tischler, 4) Maschinentischler, S) Sägemühlen, 6) Maschinenbauer, Schmiede und Mechaniker, 7) Stuckateure und 8) Klempner keine von Däne mark ankommende Gesellen in Arbeit nehmen wollen. Der hier entstandene Streit dreht sich keinenfalls um eine Lohn- frage, sondern nur um des Meisters Mitbestimmung-recht, die Ordnung und Vertheilung der Arbeit, der Arbeitszeit u. dergl. sest- zustellen. Unsere Arbeiter haben in den letzten Jahren durch große Nachfrage und dadurch entstandenen hoben Arbeitslohn ihren Arbeitgebern gegenüber ein so übermüthiges Betragen bewiesen, daß der jetzt etablirte „I,oclk-out" eine nothwendig» Folge geworden ist. — Für die Ausnahme der Arbeit haben die Arbeitgeber folgende Bedingungen aufgestellt: 1) Ein zwischen den Hauptorganisationen abgeschlossener Vertrag darf zukünftig nicht nur zur Abstimmung in den speciellen Organi sationen eingelassen werden. 2) DaS Recht deS Arbeitgeber», seine Arbeit zu leiten und zwischen den Arbeitern zu vrrtheilen, sollen die Arbeiter anerkennen. 3) Festgelohnte Poliere, Wrrksührer und ähnliche festangestellte Functionaire dürfe» zukünftig nicht Mitglieder der sachlichen Gesellenverrine fein. Andere Bestimmungen haben nur »Ine locale Bedeutung und wollen wir Sie damit nicht bemühen. . Wir erlauben uns, dieses Schreiben in mehreren Exemplaren zu senden mit der Bitte, dieselben in interessirten Kreisen der Arbeit- scharf pointirt, wenn es sich um di« Auseinandersetzung mit Partei- und Lehrmeinungen handelte, bald warm und schwung haft, sobald er die Gemüther packen und zu entschiedenem Vor gehen fortreißen wollt«. Er überblickte die bisherigen Partei bildungen, zeigte, was sie gefördert, aufgehalten und verkümmert habe, kritrsirte die Bestrebungen der Gegner mit Schärfe, aber ooch zugleich auch mit unbefangener Anerkennung ihrer Nothlage in Folge der veränderten wirthschaftlichen Verhältnisse, brachte oadurch die Opposition im Saale zum Schweigen und sogar zu beistimmenden Zwischenrufen, und entwickelte dann ebenso geist voll als volksthümlich „das Programm des Antiparticularis- mus", indem er Preußen am wenigsten schonte und sich dadurch zum Ausfall gegen die Kleinstaaterei freieste Bahn schaffte. Er sprach fast zwei Stunden ohne Unterbrechung, sich bis zum Schlüsse steigernd. „Meine Herren", rief er, „die mächtigste Fraktion ist heute unzweifelhaft das Centrum. Weshalb ist sie's? Weil das Centrum unter einem obersten idealen Princip alle Parteiunterschiede ausgleicht, alle Gegensätze zusammenfaßt, zu den Thatsachen Stellung nimmt. Wir verwerfen dieses Princip, die Höchststellung der konfessionellen Interessen, als im tiefsten Grunde staatsfeindlich, aber wir haben seine Machtwirkung vor Augen. Nun denn, es giebt einen anderen vereinigenden Ge danken von noch größerer Stärke: Kaiser und Reich! Erst und obenan immer Kaiser und Reich als das unantastbar Feste, durch den Willen der Nation Geheiligte. Dann, was uns sonst am Herzen liegt und ohne Gefährdung des großen Banners zu er- streiten ist. Kein schwächlicher Verzicht auf die selbstständige Be- thätigung der Meinungen, aber opferwillige Unterordnung, wenn es den gemeinsamen Halt zu stützen gilt. Meine Herren! Täuschen wir uns doch darüber nicht: das Reich ist nur möglich mit einem Kaiser an der Spitze, der Macht hat über die Einzelgewalten; und dieser mächtige Kaffer ist nur möglich, so lange ihm der vom deutschen Volke, nicht von Preußen, Sachsen, Bayern und Württembergern gewählte Reichstag zur Seite steht, für den jeder deutsche Mann gleichberechtigt seine Stimme abgegeben hat. Wehe dem deutschen Kaiser, der an seinen Grundlagen rütteln wollte, um sich eine gefügigere Volksvertretung zu schaffen: er würde die Wurzeln seiner eigenen Machstellung untergraben. Wehe aber auch dem Reichstage, der vergessen sollte, daß er die Nation repräsentirt und ihr Oberhaupt hochzuhalten hat über allen Einzelgewalten im Reiche! Lassen Sie mich mit dem Rufe schließen, der nie aushören soll, in den deutschen Herzen freudig wiederzuklingen: Kaiser und Reich!" Als er sich verneigte, brach die ganze Versammlung in einen donnernden Beifallssturm los, die Hände schienen sich wuttd klatschen zu wollen, und die Füße stampften den Boden. Die Herren vom Wahlcomite traten nm ihn herum und gratulirten. Der Freiher drückte ihm die Hand. Aus die Frage des Com- merzienraths, ob noch Jemand das Wort wünsche, erfolgt« keine Antwort; der Saal fing schon an, sich durch die weit geöffneten Thüren zu entleeren. Er schloß die Versammlung geschickt mit einem Hoch aus Kaiser und Reich, das sich dann noch bis auf die Straße hin fortsetzte. . -- Fünfzehntes Capitek. Herr von Jttenborn hatte schon von Horseln aus ein Abend essen bestellt und die Leiter der Wahlbewegung dazu eingeladen. Er durfte nun nicht dabei fehlen, und bemühte sich sogar nicht ohn Erfolg, sein Ungemach fortzuscherzen. Der humoristische Toast auf seine Gäste, den er nur säuseln zu können bedauerte, gelang vorzüglich, wurde wenigstens mit Jubel ausgenommen. In dergleichen kleinen, glatt ausgerundeten und feinzugespitzten Tischreden war er sehr geübt und als Meister bekannt. Schorn brachte vollbackig sein Hoch aus, worauf der Freiherr nochmals aufstand und um gütige ErlaNbniß bat, mindestens zwei Drittel davon auf seinen Nothhelfer Doctor Junge übertragen zu dürfen, der dann nur mit einer stummen Verbeugung dankte. Die Lustigkeit war doch nicht recht naturwüchsig. Der frühere Mi nister hätte sich auch zu anderer Zeit in dieser Umgebung kaum recht behaglich gefühlt, bat, auf sein fortdauerndes Unwohlsein freundliche Rücksicht zu nehmen, und verabschiedete sich vor dem letzten Gange mit dem Wunsche, daß es den Herren auch ohne den Wirth gut schmecken möge. Im Wagen saß er neben Jungenheim längere Zeit schweigend in die Ecke gedrückt und, wie es schien, Schlaf suchend. Die Nacht war längst angebrochen und bei dem bedeckten Himmel so suntel, daß di« Chauffeebäume nur wie Schatten an den ge schlossenen Fenstern vorbeihuschten. Jungenheim hielt sich ganz ruhig, schloß wohl auch die Augen, blieb aber wach. Die innere Aufregung, deren er sich vorhin nicht bewußt gewesen war, zitterte nun doch in seinen Nerven nach und nöthigte ihn, nochmals durch zudenken, was er gesprochen hatte und was unausgesprochen ge blieben war. Er wußte, daß Vieles, was er sagte, über die Absicht seines Auftraggebers weit hinausging, und zweifelte, sich dessen volle Zufriedenheit verdient zu haben. Aber auch mit sich selbst war er unzufrieden: er meinte, er hätte noch ganz anders gesprochen, wenn er für sich hätte sprechen können. „Schläfst Du?" fragte der Freiherr endlich. „Nein", antwortete er, sich aufrichtend. ^Willst Du schlafen?" „Nein." „Ist Dir's recht, wenn wir das eine Fenster öffnen und unS eine Cigarre anzünden?" „Sehr." , Es geschah. Die kühle Nachtluft drang erfrischend ein. Noch erfrischender wirkte das edle Kraut aus des Freiherrn Tasche. „Wirst Du aber Deinen Hals nicht schonen müssen?" fragte Jungenheim vorsorglich. „Ach — die kleine Indisposition hat nichts zu bedeuten", war die Antwort. „Was mir in der Kehle steckte . . . Mir war wirklich im Augenblick sehr schlecht zu Muth, ich fürchtete, um fallen zu müssen. Aber ich kann mich darüber nicht täuschen, daß mehr die Beängstigung von innen her... Es ist ja lächerlich, daß mich so etwas beängstigt. Was ist dagegen zu thun? Ich fürchte, ich würde — so leicht es mir wäre, vom Bundesrathstisch aus zu sprechen — nicht im Stande sein, als Abgeordneter im Reichs tage eine Rede zu halten, falls ich gewählt werden sollte." „ES Ist die Ungewohntheit —" ' „Nein, nein! Ich würde mich nie überwinden können, mich den Eingebungen des Augenblickes zu vertrauen und von der Begeisterung für die Sache treiben zu lassen. Eine Rede aus zuarbeiten und auswendig zu lernen, versuche ich aber sicher nach diesem Fiasko nicht mehr." „Der Einzelfall beweist nichts. Du warst wirklich recht un wohl. Ich sah Dir's an." „Ohne Frage. Aber ich werde stets so unwohl sein, wenn ich auf die Rednertribüne trete, und ich kann sie doch nicht ein zweites Mal mit dieser Entschuldigung verlassen." Der Doctor entgegnete darauf nichts. Seine Cigarre, die er nicht aus dem Ntunde ließ, glühte im Dunkel der Wagenecke. Nach einer Weile begann der Freiherr wieder: „Du darfst auf Deine Leistung stolz sein, HanS — ich weiß sie nach Gebühr zu schätzen." „Sie war sehr unbedeutend. Wir hatten ja Dein« Rede so gründlich durchgenommen —" „Daß Du sie hättest halten können. Du hast sie aber nicht gehalten." „Nicht Wort für Wort. Es war aber Deine Ordnung de» Stoffes, Dein Gedankengang —" „Nein, auch das wicht. Ich habe sehr scharf aufgepaßt. Was Du gabst, war etwas durchaus Selbstständiges, Eigengedachtes." „In den vorgezeichneten Grenzen vielleicht." „Ich merkte nicht, daß Du Dir Grenzen hattest vorzeichnen lassen. Wenigstens waren ei nicht die Grenzen, die ich mir ge steckt hatte." ,/Dann würdest Du allenGrund haben. Dich über sehr schlechte Vertretung zu beschweren." Der Freiherr legte ihm die Hand aufS Knie. „Ich denke", sagte er, „Du hast wohl statt meiner, aber gar nicht für mich sprechen wollen. Weißt Du, welchen Eindruck ich empfing? Als ob mir das Alles gesagt sein sollte, damit ich es mir annehmen könnte und damit ich mich gleichsam darauf festgenagelt fühlte. Aber ich kann damit wenig anfangen. Es wächst zu sehr aus dem Boden heraus, den Du durch Deine Geistesarbeit cultivirt hast — es läßt sich nicht versetzen. Auf dem Wege von Dir zu mir wandelt es sich um nach dm Bedingungen meiner Aufnahme fähigkeit, und in Kurzem würde es Dir fremd geworden sein. Ich habe zu viel Eigenerfahrung und vielleicht auch zu viel Eigen- art, um mich zu allen diesen Dingen anders stellen zu können, als sie mir selbst erscheinen. Drin politischer Idealismus erfreut und erhebt mich, aber zum Fliegen fehlen mir die Organe; ich kann nur Schritt für Schritt vorwärts und muß Zusehen, wie ich um ein Hinderniß auf gehbarem Wege herumkomme. Darum magst Du mir mit noch so zwingenden Worten zurufen: schwinge Dich darüber hinweg, schwinge Dich auf — es nützt nichts, daß ich die Arme wie Flügel bewege, ich komme nicht vom Erdboden los. Dich aber, mein junger Freund, sehe ich mit freudiger Be- wunderung da in den Lüften wandeln; und daß ich Dir's zu gleich gern gestehe, Du hast für mich da oben einen ganz glaub haften Schritt, als bewegtest Du Dich auf sicherstem Grunde und habest rund um Dich herum Platz für die ganze Welt. Was bist Du für ein Redner! Wenn ich's nicht ganz bestimmt wüßte, daß Du heute Mittag noch keine Ahnung davon gehabt hast, wa» Dich Abends erwartete, ich würde Dir'» auf den Kopf sagen, daß Du Dir die Rede ausgearbeitet und eingepaukt hättest, so wenig sie auch den Eindruck einer ganz freien Schöpfung verfehlte. Du hast die Courage, drauf los zu gehen, und verlierst doch nicht einen Augenblick die Besonnenheit, gerckde DaS zu sagen, was Du sagen willst, nicht weniger und nicht mehr. Du hast auch ein große» Ziel und gehst überhaupt darauf lo»; deshalb reißt Du die Masse Dir nach. Weißt Du, wa» mir sehr klar wurde, al» ich Dich sprechen gehört hattr? Daß Dd eigentlich der richtige Wahl- candidat wärst und von Rechr» wegen an meine Stelle treten müßtest." lyortsetznng folgt.)
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