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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.06.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990627016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899062701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899062701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-06
- Tag1899-06-27
- Monat1899-06
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Nrclamen unter demRrdaetionsstrich (»ge spalten- 50^, vor den FamUienimchrichtea (6 gespalten) 40/4- Kröver« Schriften laut unserem PreiS- verzeickniß. Tabellarisch« und Ziffernsatz nach höherem Laris. Extra »Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen»An«gab«, ohn« Postbisörderung ^l SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Rnnahmeschluß fir Anzeigen: Ab end »Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morg«n»AuSgabe: Nachmittag» »Uhr. Bei d«n FUiale» und Annahmestellen j« eine halbe Stunde früher Auzeigei» sind stet« an di« Grpedttisn z» richt«». Druck und Verla, von E. Polz in Leipzig. 93. Jahrgang, Dienstag den 27. Juni 1899. sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 3» Her: Plagwitz Herr 6. brütLwann, Zschochersche Straße 7n, Reudnitz Herr Marschallstraße 1, - Herr 0. Sellmiät, Kohlgartenftraße 67, - Herr llernll. ^eder, Mützengeschäft, Leipziger Straße II, Thonberg Herr II. Üüntsed, Reitzenhainer Straße 58, Volkmarsdor- Herr 6eor§ Xlemavn. Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das III. Vierteljahr 1899 baldgefälligst veranlaßen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher Vierteljähruch für Leipzig 4 ^8 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen 5 50 durch die Poft bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 0 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannisgaffe 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze S, ' eNen: Nrndtstraste 85 Herr L. 0. Kittel, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr llieoä. ?eter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 t). k. 8edudeit's XaoUkolKer, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Thomasiusstr.-Ecke) Herr Otto Klautselike,Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Muarü lletrer, Colonialwaarenhandlung, Naschmarkt 3 Herr U. 0. Selmlre, Nürnberger Straste 45 Herr Ll. L. Aldreoltt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lobort Oreluer, Zweinaundorfer Straße 18, - Connewitz Frau Llsober, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Robert Bitner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lobert mittler, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Herr Albert Lindner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr Raul Luest, Annoneen-Lxpedltton, Eisenbahnstraße 3, Universitätsstratze S, Ranftsche Gaste 6 Herr Lrledr. Lieber, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. Lnxelniann, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraste 5 Herr dul. Zebüinlcben, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 3S Herr ll. Vittrlvb, Cigarrenhandlung, Aorkstraste 32 (Ecke Berliner Straße) Herr L. U . Kletr, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Sttaste 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr 6. OrütLwann, Zschochersche Straße 7», Der Kaiser und -er Reichstag. 6 Dir „Zusammenstoß" zwischen dem Präsidenten Grafen Ballestrem und dem Handelsminister B re seid in derReichS- tagssitzung vom 2l. d. M. läßt noch immer gewisse Winkel unseres öffentlichen Lebens nicht zur Ruhe kommen. ES besteht unverkennbar da und dort das Bestreben, einen Protest gegen das Verhalten des Präsidenten und somit einen Conslict berbeizuführen. Selbstverständlich fehlt eS dabei nicht an Hinweisen auf die Differenzen, die in den sechziger Jahren Bismarck und Roon mit dem Präsidium des preußischen Abgeordnetenhauses gehabt. Man kann^davon absehen, daß jene Vorgänge in die Zeit eines Verfassungsconflicte» fallen, sie sind an sich mit dem jüngsten Ereignisse nickt zu vergleichen. BiSmarck und Roon sollten von dem Präsidenten in ihren Ausführungen unterbrochen werden und konnten sich deshalb vielleicht auf das — auch den BundeSrathSmitgliedern im Reichstage zustehende — Recht des Ministers be rufen, im Adgeordnetenhause jederzeit gehört zu werden. Herr Brefeld hingegen durfte seine Rede ungestört beenden. Was hierauf geschah, war nichts Neues und erst vor wenigen Jahren gegenüber dem Bevollmächtigten eines norddeutschen Bundesstaates von dem damaligen Präsi denten von Levetzow in Anwendung gebracht. Der Fall lag diesmal formell noch ungünstiger für das BundeSrathS- mitglied, da Minister Brefeld ohne Frage materiell eine Kritik an dem Verhalten des Präsidenten, der die Erwähnung des Kaisers ausdrücklich gestattet hatte, übte. Und eS liegt sachlich verzweifelt für den preußischen Minister, weil laut nunmehr vorliegendem stenographischen Berichte der Abgeordnete Rösicke die von Herrn Brefeld getadelten Einwendungen und Vorwürfe durchaus nicht gegen den Kaiser, sondern gegen die „Räthe der Krone" gerichtet halte, gegen die er die „Anklage" er hob, „daß sie nicht versucht hätten, die höchste Stelle im Reiche darauf aufmerksam zu machen, daß die Ansichten, die in dieser Rede (von Oeynhausen) niedergelegt sind, nicht die richtigen wären". Indem der Minister Brefeld diese aus drücklich an die verantwortlichen Räthe gerichteten Vor würfe als gegen den Kaiser erhobene zurückwies, hat er seine eigenen Worte von der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers Lügen gestraft und thatsächlich die Minister durch die Krone zu decken gesucht. Seine Erklärung läuft zugleich auf einen Protest gegen das Verlangen hinaus, daß die Minister den Kaiser berat den, und bedeutet die reine Negation de« Berantwort- lichkeitSsystem», auf da« er sich berief. Herr Brefeld bewies nur, daß die herrschenden Regierung»verhältniffe die Nicht erwähnung de» Kaiser» in der parlamentarischen Debatte zur Unmöglichkeit gemacht haben, und ein ähnlicher Beweis ist, gleichfalls sehr wider Willen, der „Köln. Ztg." gelungen. Diese« Blatt schreibt: „In diese» letztere» Erörterungen (in der Presse und in Versamm lungen) untersteht die Kritik kaiserlicher Wort« dem Strafgesetz buche; schwer« Strafe» treffe» Den, der bei einer solche» Kritik de» Respect vor dem Träger der Krone verletzt. I« der parlamentarischen Erörterung aber ist «in solcher Kritiker unverletzlich; von ihm muß daher verlangt werden, daß er srinerseit» sich enge Schranke» setzt und die unbedingte Unverletzlichkeit de» Tröger» der Krone anerkennt und nicht beein- trägtigt. Ei» Herrscher kann kein Unrecht thun, da» ist «tu alter Grundsatz, d«r auch noch heut« im modernen Staate vollauf an erkannt wird. Für die RegierungShandlungcn eine» Herrscher« hat stet«, sei es der Kanzler, sei e« «in Minister, dem Parlamente Red« »ad Antwort zu steh«a. Auch «in Herrsch« muß doch, wie j«d»r ander« M«nsch, da« Recht hab«n, s«iu« Privatmetuvng zu äußern, Prlvatgrspriiche zu führen, ohne daß durch sie sofort di« RtgieruugSmaschinr i» Vang gesetzt wird. Selbst d«r begabteste Herrscher wird sich sehr häufig nicht der NothweadigkeU entzieh«» könne», eine Metauug zu äußern, ohne daß er den betreffenden Gegenstand vollaus beherrscht; eia Herrscher hat nicht di« Ber- Pflichtung, «in geprüfter Jurist oder 0erwaUu»g«beamter zu sei». Wenn ihm da« Recht, seine privat, Meinung zu äußer», «»tzoge» würde, so würde er ei» »»a»«stehliche« Lebe» führe» müffru. Eia freier und gerecht denkender Man» wird auch vo» seinem Herrscher nicht verlangen, daß er in jedem Augenblick» seine Wort» aus di« Goldwaage lege. Wir könnte sonst ».B. überhaupt eia Fürst eia Lob oder riaen Tadel über etu Kunstwerk, über «in« Dichtung abgeben, zumal in den jetzigen Zeiten, wo die verschiedenen Kunst richtungen so scharf aufeinandcrplatzen und selbst der Kunstgeschmack der ewig wechselnden Mode unterworfen wird? ES hieße doch Un mögliche» fordern, wollte man einem Fürsten, der eine gewisse Vor liebe für die eine oder die andere Kunstrichtung hat, es wehren, dieser, wenn auch durchweg dilettantischen, Vorliebe Ausdruck zu geben. Di« wahre Kunst wird darunter sicherlich nicht leiden. Wir haben oft genug darauf hingrwlesen, wie es zur Zeit eine höchst bedauerliche Manie geworden ist, an solche Privatüußerungen, namentlich unseres frischen und impulsiven Kaisers, die Sonde der schärfsten Kritik zu legen. An sich mag da» menschlich erklärlich sein; auch die menschlichen Wespen suchen sich mit Vorliebe da beste Obst an»; und in der Leffentlichkeit, die Heuzutage zum Glück unserer Staat-einrichtungen bis in die dunkelsten Winkel eindringt und Alle« hell erleuchtet, ist das auch nicht zu hin dern. Daß in dieser Hinsicht kein dauerndes Unheil geschieht, dafür sorgen, wie oben gesagt, unsere Strafgesetze in ausreichendem Maße; dafür kann auch jeder Herrscher selbst am besten sorgen, der einsichtig erkannt hat, welche Macht ihm für die Controle des ganzen Staatsmechanismus in der modernen Oeffentlichkeit zur Seit« steht. Aber im Parlament handelt es sich nicht um di« Kritik solcher privaten Aeußerungen. Hier stehen ausschließlich Re- gierungshandlungen in Frage und für diese hat die Verfassung in unantastbarer Weise fest« Grenzen gezogen. Wer im deutschen Reichstage mit Regierungshandlungen de- deutschen Kaisers nicht zufrieden ist, der sollt« sich an den Reichskanzler halte». In diesem besonderen Falle kann man sich allerdings über die Heranziehung einer kaiserlichen Aeußerung kaum verwundern, da man «ine un bedingt gebotene authentische Richtigstellung unterlassen und damit die Stimmung gegenüber der Vorlage verdorben hatte." ES ist wohl keine Frage, daß solche RaisonnementS im Interesse der kaiserlichen Autorität besser unterbleiben. Ein ver fehlteres Beginnen, als daS Mitleid für den Kaiserzu erwecken,der — von wem? — gezwungen werden solle, stumm durchSLeben zu wandeln, läßt sich nicht ersinnen. Hat man Wilhelm I., der Reden von der Art, wie sie das öffentliche Auftreten des jetzigen Kaiser« beinahe ausnahmslos kennzeichnen, nicht hielt, beklagt, oder beklagt man einen der anderen jetzt regierenden Bundes fürsten, die eS wie Wilhelm I. halten und doch allesammt nicht nach der Trappistenregel leben? Die „Köln. Ztg ", und das gereickt ihr zur Ehre, ist übrigens selbst nickt stark genug, daS von ihr beabsichtigte Opfer de» Intellekts ungeschmälert darzubringen. Ihr Muth, di« Oeynhausener Rede eine Privatkundgebung zu nennen, hält nicht vor, sie findet selbst, daß man aa dieser kaiserlichen Aeußerung, nachdem die Re gierung sie nun einmal nicht „authentisch richtiggestellt", d. h. nach einer Falschmeldung mitgetheilt hatte, nicht leicht im Reichstag stillschweigend vorübergehen konnte. Der Lerliner Maurerausstand vor -em Einigungsamt. Im Bürgers««! d«» Berliner Rathhause» trat am Sonnabend Vor mittag da» EinigungSamt des Berliner Gewerbegericht« in Sachen de» Au»staade» der Maurer und Bauarbeiter Berlin- zu sammen. Als Zuhörer Ware» u. A. erschiene» di« Führer der Ausständigen mit etwa hundert Arbeitern, sowie eine gleiche Anzahl Arbeitgeber. Sprecher der Arbeitgeber waren Baumeister Döbler und Amt»manrrrmeister Westphal, für die Arbeiter sprachen der«» Vertreter Böm«lburg, Kater, Silberschmidt, Panser, Mrtzke und Millarg. Der Vorsitzende Assessor v. Schulz eröffnet« di« Sitzung mit d«m Wunsch«, daß dir Ver handlungen Erfolg haben möchten, und theilte mit, daß da« EinigungS- amt auf Ersuchen des Verein» der Arbeitgeberbeisitzrr zusammen getreten sei. Als erster Sprecher der Arbeiter trug Herr Silber schmidt vor, aus welchen Ursache» die Arbeiter in den AuSstand getreten seien. Lnd« vorigen Jahre» sei man allgemein der Ansicht ge- wesen,an den bisherigen Lohn- und ArbeitSbedingnngen festzuhalten und diese auf eine längere Zett mit den Arbeitgebern festzulegeu. Am 3. Ja nuar d. I. hätten dir Maurer sich an einige Arbeitgeber gewandt und im Februar ein Schreibe» an de» Arbeitgeberbuud mit dem Ersuchen um Untrrhaudlungeu gerichtet. Der Bund hab« geantwortet, daß «r zu schriftliche» Verhandlungen b«r«it s«i, worauf di« Maurer zehn verschieden« Forderungen dem Bund« untrrbrrititen, der abrr den Maximallohn von 60 zH nur für leistungsfähige Maurer anerkennen wollte. Mit der Abweisung dieser Forderungen seien die Gesellen auf den Weg der Selbsthilfe gedrängt worden. Die Aufstellung des 65-/4' Stundenlohns sei kein lange vorbereiteter Schlag der Maurer gewesen, sondern nur eine Folge der Ablehnung ihrer Forderungen und eine Abwehr gegen Maßregeln des Arbeitgeberbundes. Der Congreß der Bauarbeiter habe auch nicht über Lohnsorderuvzen der Gesellen, sondern nur über Schutzmaßregeln auf Bauten berathen. Der Ü5-/H-Stundenlohn sei berechtigt, an den 75-^Stundenlohn und die achtstündige Arbeitszeit hätten dir Maurer noch gar nicht ge dacht, wen» auch der Achtstundentag in Zukunft nicht werd« von der Hand zu weisen sein. Die Maurer hätten gegenüber den übrigen Arbeitern in Fabriken u. s. w. nur «in kümmerliche« Einkommen. Unbedingt nothwendig sei es, um «inen dauernden Frieden zu haben, eine Commission au« je drei Arbeitgebern und Arbeitern zu er- nennen, die ständig über all« Frage» im Baugewerbe zu berathen habe, bevor man ernstere Schritt« thue. Der Sprecher der Arbeitgeber, Baumeister Döble«, trat den Ausführungen des Vorredner- al- nicht geeignet, di« Verhand lungen zu fördern, entschieden entgegen. Er könne erwidern, daß die Arbeiter durch ihr Verhalten bei der Annahme und Entlastung von Arbeitern die Arbeitergeber unzählige Male gereizt hätten, daß in Berlin nicht allein der höchste Arbeitslohn, sondern auch di« kürzest« Arbeitszeit herrsche. Die Arbeit geber müßten stets ihr« Verträge genau innehalten, da gegen hätten Arbeiter diese Verträge ost verletzt, ohn« daß die Arbeitgeber das Geringste dagegen unternommen hätten. Auch der zweite Sprecher der Arbeitgeber, Amt-maurermeister Westphal- Steglitz, sprach sich gegen die Ausführungen des Arbeitervertreter- aus. Er bezeichnete das Vorgehen der Crntralorganisation im Frühjahr als verfehlt; erst dadurch sei der feste Zusammenschluß der Arbeitgeber herbeigeführt worden. Die Lohncommission der Eentralorganisation habe für dir Maurer Berlin» und der Vor orte Forderungen gestellt, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein. In Berlin bestehen mindestens vier Organisationen und daneben sind eine Menge Nichtorganisirte vorhanden. Die Central organisation vertrete nur einen Theil der Maurer. Es wäre jeden falls richtiger gewesen, erst eine Einigung unter den Maurern selbst herbeizuführen. Darum hätte die Antwort der Arbeitgeber auf di« Forderungen der Eentralorganisation gar nicht ander- lauten können. Die Leistungsfähigkeit der Gesellen sei in der letzten Zeit unter dem Einfluß bestimmter Personen herab- gegangen. Die Forderung auf Abschaffung der Accordarbeiten, Zahlung eine» Mindestlohne» von 60 /4, auch für minderwerthig« Leistungen, würden di« Arbeitgeber nie bewilligen. Wenn be- hauptet werde, daß die Maurer nur 230 Tage im Jahre Arbeit hätten, so müsse doch berücksichtigt werden, daß nur Einzeln« so kurz« Zeit arbeiteten und daß alljährlich Ausstände stattfänden. Maurermeister Lachma»» (Firma Lachmann L Zauber) gab den Vertretern der Arbeiter den Rath, nicht immer so gereizt z» sprechen und zu bedenken, daß er und alle übrigen Arbeitgeber, die dem Bunde noch nicht angehören, bet Ablehnung der Einigung«. Vorschläge gezwungen wären, dem Arbeitgeberbunde, dessen Schritte sie billigten, beizutretev. Der Sprecher Kater von der Localorganisation dir Maurer führt« u. A. au«, daß den Arbeitern der fest« Zusammenschluß der Arb«itg»ber nur sehr lieb sein könne; um so fester würde» sie, die Arbeiter, zusammenhalten. Der Vorsitzende de- Cevtralverbande» deutscher Maurer, Th. Bömelburg-Hamburg, erklärte, daß di» Organisationen nicht» sehnlicher wünschten, al« daß endlich einmal Ruhe und Frieden im Baugewerbe eintröte. Eia dauernder Friede» im Baugewerbe könne uur durch eia Gegrnseitigkeitsverhältniß h«rb«igeführt werden, nicht ob«r durch dir bedingung«los« Unter werfung «iner der Partei«» unter di« Bedingung«, d«r a»d«r«n. W» durchschnittlicher Jahre»verdi«ust von 1500 ^kl für ei»e» verheirathetrn Maure, sei nicht zu hoch, würde ab« bei dem heutig«» Stuodenlohn von SO Pfennige» nicht erreicht. E« sei jetzt die Möglichkeit gegeben, einen dauernde» Frieden herzuftellen, »nd er mache den Vorschlag, den Arbeitslohn stufenweise bi- zur Höh« von 65 Pfennigen festzusetze«. Da ein gegenseitiges Vertraue» nicht vorhanden sei, w«rd« es sich empfehlen, wenn von beide» Orgauisationt» feste Abmachung«» getroste« würde». Im Name» L«S Eentralverbande« kö»»« er erkläre», daß Maurer, di« gegen solch« Abmachungen verstoßen würden, in Zukunft von den Organisa tionen nicht mehr würden unterstützt werde». GrwerkschastSsekretär Millarg schloß sich dies« Erklärung im Namen der Gewerk- schastscommission an. Auch diese würde keinen Vertragsbrüchigen unterstützen. Baumeister Döbler verla» nun folgende Bedingungen, unter denen bei den Mitgliedern dr« Arbeitgeberbundes am 23. Juni 1899 die Arbeit wieder ausgenommen werden kann: 1) Arbeitszeit Nenn Stunden täglich (wirkliche Arbeitszeit), Sonnabend ist »m 5 Uhr Feierabend (ohn, Vesper). 2) Di« Tag« vor den großen Feste» (Weihnachten, Oster» und Pfingsten) ist «m 4 Uhr Feterab„d und werden für voll bezahlt. 3) Die Lohnauszahlung findet Sonnabend »ach Schluß der Arbeit möglichst auf dem Bau statt. Die Abrechnung erfolgt von Freitag zu Freitag. 4) Der Maximallohn für tüchtige Ge sellen beträgt für dir Stund« 60 ältere und invalide Gesellen «halte» einen Lohn von 50 Junggesellen, die noch nicht «in Jahr Geselle sind, erhalten «inen Lohn von 4ü /H. b) Ueberstnnden werden berechnet in der Zeit von 8 Uhr Abend» bis 6 Uhr Morgen» und werden mit einem Zuschlag vo» 20 v. H. bezahlt. 6) Die Vergebung der Arbeiten im Accord bleibt jedem Arbeitgeber Vorbehalten. 7) Jedem Arbeitnehmer und Arbeiter steht «S frei, di« Arbeit zu jeder Zeit auf« zukündlgea (also Kündigung-ausfchluß) ohn« Angabe der Gründe. 8) Bei »intretendrn Zwistigkeiten unter den Arbeitnehmern, sowie zwischen Arbeitgebern oder deren Angestellten »nd den Arbeit nehmern ist zur Beilegung der Zwistigkeiten die auf jedem Bau sofort zu wählende und au» drei Arbeitnehmern bestehende SchlichtungS-Tommission anzurusen, die sich an den be treffenden Arbeitgeber oder dessen Stellvrrtreter al» Obmann zu wenden hat. Sollte diese Commission einen Frieden nicht herbeifiihren können, so ist der au» 10 Arbeitnehmern und 10 Arbeitgebern bestehenden Zehner-Commission di« Angelegen heit zu unterbreiten; den Vorsitz führt der Vorsitzende de- Arbeit geberbund«». Der Entscheidung dies« Commission haben sich beide Parteien zu fügen. 9) Bausperren sind für die Folge ausgeschlossen; Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entjcheidet di« Zehner-Commission. 10) Dies« Vertrag gilt aus di« Zeit vom 28. Juni 1899 bi- 1. April 1902. 11) Um auch für die Zukunft ein gedeihliche- Znsammrnwirken za erzielen, verpflichten sich beide Parteien, alle Fragen, die sich auf Lohn, Arbeitszeit rc. beziehen, bi» spätesten- 1. Tecember «ine» jeden Jahre- d« Zehner- Commission zu unterbreiten, mit d«r Maßgabe, daß beide Parteien di« Entscheidung dies« Lommtssion a»«ken»«n müssen. Diese Bedingungen fanden bei den Vertretern der Arbeiter zuerst keine irgend welchen Erfolg versprechend« Aufnahme. Da» Gericht zog sich de-halb zu rin« längeren Berathung zurück »nd verkündete «inen Vergleichsvorschlag, d« di« Parteien veranlaßt», noch mal- in Berathungen einzutretea, di« hiat« verschloffenrn Thüren stattfanden. Da da» Ergebniß auch dies« Berathungen nicht be- friedigend war, zog sich da» Eiaiguug-amt nochmal» zurück. Nach beinah« sechs Stunde», währe»d welch« Zett zwischen de» Parteien fortwährend verhandelt wurde, »«kündete der Arbeitgeber beisitzer vr. Gerschel folgende» neue» Vergleich-Vorschlag de» Gerichte-: „1) Die Arbeit wird am 27. d. M. früh wieder ausgenommen. Die von den Arbeitgeber» verhängteAu-sperruag wird zum gleichen Tage aufgehoben. 2) Der Lohn beträgt bi» 31. December 1899 einschließlich 60/4 dieVtnnd«, vom 1. Januar 1900 bi» 30. September 1900 62'/. /4, vo» 1. Ociob« 1800 bi« 31. März 1901 einschließlich SL /4- Der Lohnsatz für durch Unfall, Alter, Invalidität wind« leistung-fähig« Geselle», sowie für Junggesellen im erste» Grsellenjahr«, soweit sie bet ihrem Lehrmeister thättg find, unterliegt der freie» Vereinbarung. Di« Arbeitszeit beträgt neun Arbeit-stundi». De» Arb^tgebern n»d Arbeitnehmer» steht es frei, da« ArbeltsverhSItniß jederzeit ohne Kündigung «ad ohne Angaben von Gründe» aufzugrbea. 8) G» Wird eine Lom- missto» gebkidet, di« aa« »»an Arbeitgeber» »ad »en» Arbeit nehmer» besteht. Die Wahl d« Mitglied« dieser Commission «folgt dnrch die Arbeitgeber und di« Organisation«» d« Arbeitnehmer. Unter den Arbeitnehmer-Mitglieder« sollen mindesten« je «in Mitglied d« Loralorganisatlo», der Eentralorganisation und d« Berliii« Gewerkjchaftscommission, sowie dem Vorstand« de» Eentralverbande« deutsch« Maur« angehöre». Di« Geschäft«, ordoung wird von d« Commission sestgestellt. 4) Der unter Rr. S bezeichneten Commission liegt di« Regelung der Arbeitszeit.
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