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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.10.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991007021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899100702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899100702
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- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
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7756 Li« Unabhängigkeit Transvaal- zu rühren. Er könne nicht einfehrn, weshalb eS Großbritannien und Transvaal unmöglich sein sollte, sich zu einigen. In allen seinen bisher gehaltene» Reten habe er eS Transvaal stets dringend nahtgelegt, Grob britannien auf halbem Wege entgegen zu kommen. Er bedauere, daß Transvaal das Anerbieten, den UfllanderS nach fünf- jährigem Ausenthalte im Lande das Wahlrecht zu gewähren, zurück gezogen habe. Nichtsdestoweniger sei cs Pflicht Großbritanniens, die Thür sür weitere Verhandlungen noch offen zu halten. Diese Argumentation wird in Transvaal und im Freistaat nicht verfangen. Sie zeigt nur, daß selbst die englische Opposition in dem naiven Wahn befangen ist oder sich doch so stellt, Großbritannien wolle die Unabhängigkeit der Süd afrikanischen Republik nicht antasten. Freilich wäre eS Herrn Chamberlain ganz recht, ja vielleicht sehr lieb, wenn er uni die officielle Annexion des Boerenstaatcö und damit um einen langwierigen und kostspieligen Krieg herum käme, aber was die TranSvaaler friedlich - schiedlich zugesteben sollen: völlig gleiche Rechte für die Uitlanders wie für die BurgberS, kommt ja ganz auf das Gleiche, auf die Majorisirung de- HolländerthumS und die Ueberlieferung der Republik in die Hände englischer Capitalisten, d. h. auf die Entnaliona- lisirung Transvaals hinaus. Im Grunde sind also die Parteien in England einig, nur daß die Ministeriellen das Ziel mit Waffengewalt, die liberale Opposition durch das Mittel der Verhandlungen, bei denen aber, wohlgemerkt, Transvaal „auf halbem Wege" entgegenzukommen bat, zu erreichen suchen. Am offenste» sind die „Times", LaS Haupt- organ der meistinteressirten Capitalisten. Sie schreiben: „Es giebt immer noch einige Leute, welche nicht verstehen können, daß der fünfjährige Stimmrechtsvorjchlag und alle anderen gleichfalls illusorischen Vorschläge, mit denen die Boeren-Regierung die Unterhandlungen verwirrt hat, durch den Lauf der Ereignisse ganz obsolet geworden (veraltet) sind. An Reformen aus dem Papier kann nicht mehr im Traume gedacht werden, auch können wir uns nicht länger mit dem Theile von Milners Programm sür besriedigt halten, der in Bloemfontein discutirt wurde. Gleiche Rechte für alle weißen Einwohner müssen garantirt werden durch die gleiche Macht, diese Rechte zu er zwingen. Sonst fallen die Dinge wieder in den alten un erträglichen Zustand zurück, sobald unsere Soldaten zurück- gezogen sind." Das ist der Wind, der im Londoner Ministerrathe wehi- DaS wissen die Boeren ganz genau und deshalb halten sie eS auch für überflüssig, mit Herrn Cbamberlain noch weitere Noten zu wechseln. Der „Westminster Gazette" zufolge telegrapbirte ein hoher Beamter der Transvaal-Regierung an einen Freund in London: Wir wollen keinerlei Garantie sür die Unabhängkeit, wir halten an der Londoner Convention fest. Wir haben alles Vertrauen in englische Staats männer verloren und haben nichts mehr zu sagen.— Wie die „Times" hören, ist cndgiltig beschlossen worden, daS englische Parlament am 17. October zusammentreten zu lassen. Dann muß die Entscheidung fallen, unv so lange scheint Krüger mit der Eröffnung der Feindseligkeiten noch warten zu wollen. Die militärische Situation ist denn auch völlig unverändert: beide Tbeile nehmen eine abwartende Haltung ein und nur die „kriegerische Presse" bläst noch die Fanfare. So berichtet man unS: * London,7. October. (Telegramm.) Die„TimeS" melden aus Mafeking vom 5. d. M.: Die Bewegung der Boeren an der West grenze Transvaals wächst. Die Lage ist acut. Ein CommanLo unter Führung CronjeS in Stärke von 6020 Mann mit Artillerie steht in der Nähe von Ramathlabama bei der Rovigruud Bomos Farm. Im klebrigen liegt noch folgendes Situationsbild deS „Reuter'schen Bureaus" vor: * Johannesburg, 6. Oktober. Tausende von Eingeborenen kommen gegenwärtig vom Lande in die Stadt. Die Be hörden haben beschlossen, sie durch Escorte wieder auf- Land bringen zu lassen. Gestern Abend betraten zwei Eingeboren« den Laden eines jüdischen Kleiderhändlers, stachen ihn in den Nacken und schnitten ihm die Gurgel durch. Auch in East Raud wurden zwei Juden durch Eingeborene er mordet. Die Eingeborenen, besonders die Kaffern, plündern alle Stellen, wo sie Schnaps vermuthcn. ES läßt sich natürlich nicht controliren, ob diese Nach richten den Tbatsachen entsprechen, jedenfalls hat da- „Reuter'sche Bureau" ein Interesse daran, möglichst aufzutragen und die Boeren zu verdächtigen, daß sie im eigenen Hause, das als Räuberhöhle denuncirt wird, nicht Ordnung zu halten vermögen. Zweifellos werden die Eingeborenen schwierig werden, aber ebenso wie in Transvaal, am Cap, und daß eS zu Excessen, wie die von dem „Reuter'schen Bureau" geschilderten, gekommen ist, glauben wir kaum. Im Lügen ist diese Presse ja virtuos und auf einen Mord mehr oder weniger kommt eS ihr nicht an, er steht ja bloS auf dem Papiere. Auf den Philippinen bleibt die Lage für die „Befreier des Archipels von dem spanischen Joch" nach wie vor prekär. Eiue Drabtmeldung aus Manila besagt, daß die seit acht Tagen wieder im Gange befindliche» kriegerischen Operationen für die Nordamerikaner keinerlei Erfolg gebracht haben. General Otis hatte angekündigt, er werbe sofort den Angriff auf der ganzen Linie eröffnen und die Stellungen der Tagalen durch einige kräftige Schläge vernichten. Seit etwa vier Wochen batte er auch diesen Vorstoß in umfassender Weise vorbereitet. DaS Ergebniß ist jedoch, daß die Truppen nach mehrtägigen aufreibenden Märschen nach Angeles zurückkehrten, wo jetzt daS Hauptquartier eingerichtet werden soll, vorausgesetzt, daß die 10 Kilometer lange Straße von Manila b,S Angeles nicht von Eingeborenen beunruhigt wird. Die Generale Arthur und Wdceler rübmen sich, auf ihrem Marsche drei siegreiche Gefechte bestauben und bie Tagalen auS allen ihren Stellungen vertrieben zu haben. Dies heißt jedoch nichts Anderes, als daß die Tagalen ihre alte Taktik fortsetzen, jedem ernsten Kampfe auSweichen und die Amerikaner durch kleine Scharmützel in sumpfigen Wäldern ermüden. Jedenfalls sind die ersten Erfolge des von OtiS mit so großer Siegeszuversicht angekünbigten „neuen großen Feldzuges" recht bescheidene und stehen in keinem Ver- hältniß zu der selbstbewußten Art, in der General Otis jede Verhandlung mit een Abgesandten der Philippiner zurück gewiesen hat. Mittlerweile hat Admiral Dewey, der Sieger von Cavite, in Washington dem Präsidenten der Republik den Staar über die Qualification des Herrn OtiS gestochen, und es soll nunmehr eine Parforce-Cur versucht werden. Ein neues starkes Geschwader soll nach den Philippinen geschickt und der Krieg mit äußerster Energie geführt werden. Der Erfolg wird voraussichtlich der gleiche fein. Deutsches Reich. U Berlin, 6. October. (DieinderTabakindustrie beschäftigten Werkmeister.) Auf eine Anregung des Vorstandes der Jnvaliditäts- und Altersversicherungsanstalt Westfalen war das Reichs-Versicherungsamt in eine Erörterung der Frage eingctreten, ob die in der Tabakindustrie beschäftigten Weltmeister, auch Commissionswertmeister oder Commissionsfabrikanten genannt, im Allgemeinen als selbst ständige Bctriebsunternehmer oder als Betriebsbeamte anzu sehen seien. Das Reichs-Versicherungsamt hat vor der Ent scheidung eine Erhebung bei sämmtlichen Versicherungsanstalten über die Frage veranstaltet. Auf Grund der dabei gewonnenen Ergebnisse ist das Amt zu einer Entschließung gelangt. Wie es in einem Rundschreiben an die Versicherungsanstalten mittheilt, neigt es bis zu einer etwaigen Entscheidung im Spruchverfahren dahin, den Commissionsfabritantcn im Allgemeinen nicht als einen Beamten in einem fremden Betriebe, sondern als einen selbstständigen Gewerbetreibenden anzusehen, und zwar um so mehr, als bereits auf dem Gebiete der Unfall versicherung ähnliche Entscheidungen des Amtes gefällt sind. Im klebrigen wird durch die Verneinung der Betriebsbeamteneigen schaften die V e r s i ch e r u n g s p f l i ch t der Commissions fabrikanten nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Vielmehr kann nach Lage des einzelnen Falles ein Commissions fabrikant sehr wohl als Hausgewerbetreibender der Tabak industrie nach Maßgabe desBnndesrathsbeschlufses vom December 1891 versicherungspflichtig sein. Außer in Westfalen sind Ver hältnisse in der Tabakindustrie, die von dieser Entscheidung be rührt werden, auch in Pommern, Schlesien, Sachsen-Anhalt, Hannover, Rheinprovinz, Pfalz und Königreich Sachsen vorhanden. Berlin, 6. October. (S t a at li ch e V e r g a u f s i ch t.) Vor einigen Tagen haben wir mitgetheilt, welche Mübe die preußisch« Bergverwaltung hat, um die mit dem laufenden Etats jahr im Interesse des Bergaufsichtsdienstes neu bewilligten 50 Revierunterbeamtenstellen zu besetzen, und daß wegen der starken Nachfrage nach tüchtigen Kräften in dem augen blicklich der günstigsten Conjunctur sich erfreuenden Privatbergbau es allem Anscheine nach bis in den kommenden Sommer hinein dauern kann, bis für alle Stellen die geeigneten Persönlichkeiten sich beschaffen lassen. Weil damit zugleich der Beweis erbracht war, daß socialpolitisch« Neuerungen, zu deren Durchführung tüchtige Leute nothwendig sind, ihre Zeit brauchen, so mußte man auf „Anklagen" der Socialdemokratie gefaßt sein, und so schreibt denn auch richtig das socialdemokratische Central organ voll sittlicher Entrüstung: „Wie unzulänglich müssen die Gehaltsange bote sein, wenn nicht einmal 50 Steiger aufzutreiben sind, die eine gesicherte staatlich« Anstellung ihrer Berufs- thätigkeit vorziehen. Es ist das in der That im höchsten Grade beschämend für den preußischen Staat, um so mehr, als dadurch den steigenden Anforderungen des Bergaufsichtsdienstes nicht entsprochen werden kann. Um so befremdender ist es, als wir im deutschen Reich sowohl, als auch im preußischen Staat gewöhnt sind, für andere Dinge merkwürdig viel Geld übrig zu haken. Und e» muß um so lauter gegen diese Knickrigkeit pro« testirt werden, als es sich hier um die größere Sicherstellung der Gesundheit und des Lebens Tausender handelt." Wie hoch die Gehälter der Revirrunterbeamten sind, ist schon seit einem vollen Jahre bekannt; über „Knickrig keit" hätte der „Vorwärts" sich dah«r früher er eifern müssen. Von den 50 neuen Revieraufsichts beamten sollen 33 das Gehalt deroberenWerksbcamten erster Claffe erhalten, das sind 2000 bis 3400 <^, 17 das Gehalt der oberen Werksbeamten zweiter Classe, das sind 1800 bis 2800 Mark, dazu kommt dann noch der WohnungSgeldzuschuß. Dazu war weiter bemerkt, diese Revierunterbcamten, von denen vor läufig 11 für den Breslauer, 84 für den Dortmunder und 5 für den Bonner Oberbergamtsbezirk bestimmt sind, seien schon mit Rücksicht auf die Bedeutung der ihnen zu übertragenden Verant wortung den oberen Werksbeamten gleichzustellcn. Das hätte das socialdemokratische Centralorgan wissen können; es brauchte nur die Nase in den letzten Bergetat zu stecken, um weiter zu be greifen, daß so wichtige Beamte schwerer zu beschaffen sind, als socialdemokratische Agitatoren, an die man die „Groschen der Arbeiter" verschleudert, namentlich, wenn diese Beamten, die aus dem Bergarbeiterstande hervorgegangen sind, sich sagen müssen, daß sie selbst von ihren Kameraden bei erster Gelegenheit unter das Feuer socialdemokratischer Verhetzung genommen werden. — Der Kaiser und die Kaiserin sind heute Abend 10»/i Uhr auf Station Wildpark eingetroffen. — Die „Kreuzztg." meldet noch zum bevorstehenden Besuche der Königinnen der Niederlande: Die Königin, deren Aufenthalt in Potsdam bis zum 11. October dauern wird, kommt mit dem General-Avjulant General- Leutnant Du Monceau, dem Flügel-Adjutant Ionkbeer v. d. Staat, dem Chef deS Civilcabinets Ionkbeer Vcgelyn van Claerbergen und der Hofdame Baronin Sloet. Zum Ehrendienst sind befohlen der Prinz Eduard zu Salm Horstmar und der Kammerherr v. Vcltbeim-Schönfließ. Zum Ehrendienst bei der Königin-Mutter sind befohlen der General der Infanterie z. D. v. Mischke und der Kammer herr v. Hessenthal. — Der Capitänleutnant und Flügeladjutant Graf v. Platen zu Hallermund ist von den ihm übertragenen Functionen als stellvertretender Militärgouverneur bei den Söhnen deS Kaisers, dem Prinzen August Wilhelm und Oskar, enthoben, dafür ist Hauptmann v. Strempel, Batteriechef im dritten Garde-Feldartillerieregimeut, auf scckS Wochen als stellvertretender Militärgouverneur bei diesen Prinzen commandirt. — Ten Nachrichten über die BeratbungSgegenstände der letzten BnndeSrathösitzung ist noch binzuzufügen, daß auch über den dem Kaiser zu unterbreitenden Vorschlag wegen Besetzung einer RatbSstelle beim ReichSgerickt, über ein Gesuch um Ertbeilung der Erlaubniß zur Beför derung von Auswanderern, sowie über Eingaben Be schluß gefaßt wurde. — Dem Minister Studt ist nach der „Märk. VolkSztg." schon früher einmal daS Cultuöministerium angeboten worden, und zwar nach dem Falle des CultuSminister» Grafen v. Zedlitz-Trützschler. Studt bat es damals abzelehnt mit der Begründung, daß er kein Redner sei, in dem durchaus berechtigten Empfinden, daß ein Minister ohne Rednergabe, zumal ein Cultusministcr, nicht erfolgreich genug wirken könne." — Wenn gemeldet wird, der Reichscommissar für die Pariser WeltauSstellungGebeimrath vr. Richter werde vom November ab seinen Wohnsitz nach Paris verlegen, so darf diese Mittheilung nur dabin aufgefaßt werben, daß Herr Geheimrath vr. Richter in den nächsten Monaten häufiger und länger als bisher seinen Aufenthalt in der AnSstellungS- stadt nehmen wird. An eine völlige Uebersiedelung deS ReichscommissarS mit dem Bureau nach Paris, wie dies seinerzeit bei Chicago der Fall war, wird nicht gedacht. In Chicago verblieb der Reichscommissar Monate lang ohne Unterbrechung. Die jetzigen Verhältnisse werden eS dem Reichscommissar ermöglichen, auch in den nächsten Monaten hin und wieder in Berlin zu verweilen. — Wie die „Magd. Ztg." „auS gut informirter Quelle" hört, sollen heute im Kriegeministerium Berathuugen darüber stattfinden, ob angesichts des jetzt ziemlich gleichen Preises für Weizen und Roggen eS angebracht sei, dem Roggenmebl zur Herstellung deS MiltärbrodeS ein Drittel Weizenmehl bei zumischen. Schon seit einigen Tagen kommen Nachrichten aus der Provinz Sachsen, daß dort Proviantämter sich über Preise für Weizen informiren. — Die militär-ehrengerichtliche Untersuchung gegen den „Afrikareisenden" vr. Esser hat ihren Abschluß gefunden, vr. Esser gehört, wie verschiedenen Blättern mitgetheilt wird, dem Officiersstande nicht mehr an. — Der Großfürst Georg von Rußland hat sich nach kurzem Aufenthalt hier gestern Abend nach München begeben, während die Großherzogin Anastasia von Mecklenburg-Schwerin mit ihrem Kammrrherrn Graf v. Voß nach Dresden gereist ist. — Fürst Hatzfeldt, Ober-Präsident von Schlesien, ist gestern Abend von hier nach Breslau zurückgekehrt. — General der Infanterie v. Lig- nitz, commandirender General deS 3. Armercorps, hat mit Urlaub Berlin verlassen. — Der deutsche Gesandte in Brüssel, Wirkl. Geh. Rath v. AlvenSleben-Erxleben, ist gestern von dort hier an gekommen. — Der niederländische Gesandte Jonkheer Tets van Goudrioan ist von seinem Sommerurlaub nach Berlin zurückgekehrt. — Der LegationSsekretär bei der deutschen Gesandt- schäft in Stockholm, v. Below, hat sich nach mehrtägigem Aufent halt hier gestern nach Schlawe begeben. — Der Bevollmächtigte zum Buudeerath, Grobherzoglich mecklenburgische Ober-Zolldirrcwr Kunckel ist in Berlin eingetrosfen. — Der kaiserliche Commissar und Militär-Jnspektcur der freiwilligen Krankenpflege Friedrich Graf zu Solms-Baruth ist zu mehrtägigem Aufenthalt hier eingetroffen. — Die „Germania" berichtet: Am 20. August d. I. wurde dem deutschen Gesandten in Rio de Janeiro, Grafen Emmerich von Arco-Vallry, dem Superior des FranziSkaner-Klosters San Jojö in PetropoliS, ?. Cyriakus, der Rothe Adler-Orden 4. Claffe und dem k. Nicolaus der Kronen - Orden 4. Claffe überreicht. Anlaß zu dieser Auszeichnung mag der Umstand gewesen sein, daß der Pater Superior und Pater Nicolaus während des Aufenthalts zweier deutscher Kriegsschiffe im Hasen von Rio de Janeiro sür den katholischen Thril der Besatzung die Seelsorge auSübten. — Der Amtsgerichtsrath Greiss auS Fürstenwalde ist zum Geheimen Justizrath und Vortragenden Rath im preußischen Justiz-Ministerium ernannt. * Gucfen, 6. October. In de» nächsten Tagen treffen hier zwei Priester der Erzdiöcese Köln ein, welche von ihrer vorgesetzten Behörde auf ein Jahr beurlaubt sind, um sich hier die polnische Sprache in Rede und Schrift anzu eignen. Sie werden im Priesterseminar Wohnung nehmen, wie ihre beiden Vorgänger, welche zu demselben Zwecke bierber gesandt waren und nunmehr unter der polnischen Bevölkerung der Erzdiöcese Köln die Seelsorge auSüben. Nach der „Germania" schätzt man am Rhein die Zahl der dort wohnenden Polen auf nicht weniger als 40 000. * Vrauuschwcig, 6. October. Die Stadtverordneten be schlossen die Einführung einer Bier steuer und zwar von 65 pro Hektoliter. «. Gotha, 6. October. In dem Decket, welches dem Landtag betreffs Zurückziehung deö AuSführungS- aesetzeS zum Bürgerlichen Gesetzbuch zugegangen ist, heißt eS, daß der Beschluß deS Landtags über das Fidei- commißrecht wohlerworbene Reckte beeinträchtige und in die Rechtsverhältnisse der Domänenfideicommisse eingreife. Die letzteren aber beruhten nicht ausschließlich aus Gesetzen, sondern hätten Verträge zur Grundlage, welche nur durch Vereinbarung beseitigt oder verändert werden könnten. Für diese Verhandlungen sei aber der gemeinschaftliche Landtag nicht zuständig. Indem die Regierung den Gesetzentwurf zurückziehe, hoffe sie baldigst zu gelegener Zeit auf die einzelnen in denselben ausgenommen«» höchst . wünschenS- werthen Bestimmungen zurückkommen und dem gemein schaftlichen Landtag wiederholt Vorlage machen zu können. * An- Weimar, 6. October, schreibt man der „National- Zeitung": „Während des Aufenthalts des Großherzogs auf der Wartburg haben Minister und Geheimräthe sich wöchentlich mehrmals dahin zu begeben, um Vortrag zu kalten oder unter Vorsitz des Landesherr» zu Sitzungen ver einigt zu sein. Wenn nun dieser Tage über letztere gemeldet wird, daß eine schärfere Bekämpfung der Socialdemo kratie und die Einbringung eines Vereinsgesetzes beim Landtag beschlossen worden sei, so ist beides nicht als zutreffen v zu erachten. Der neue Chef des Ministeriums deS Innern Gebeimrath v. Wurmb zieht zwar, wie vorauszuschcn war, die Zügel gegen die socialdemokratische Bewegung etwas straffer als sein Vorgänger v. Groß an und ließ erst jüngst eine ganze Reihe von socialdemokratiscken Versammlungen ver bieten, doch ist er hiermit in den Grenzen landeöpolizeilicher Maßnahmen geblieben; an ein weiteres Vorschreiten seitens der Staatsregierung kann in den Grenzen unseres kleinen Einzelstaats aber nicht gedacht werden, weil eine solche Taktik in ihrer Vereinzelung gar nicht die erhoffte Wirkung haben kann. Daß also in Weimar der Auszangspunct für eine besondere Verschärfung der Haltung gegenüber der Social demokratie sich finden werde, ist als ausgeschlossen zu erachten." * Schlettsta-t, 6. October. In Schlettstadt wird bei der Ersatzwahl gegen den klerikalen Rechtsanwalt v. Der- scheer der liberale Lederfabrikant Dirion-Schlettstadt candibiren. * Sigmaringen, 6. October. Das Befinden der Fürstin Mutter von Hvhenzollern läßt bekanntlich seit niedreren Tagen sehr viel zu wünschen übrig, eS bat sich große Schwäche eingestellt. AuS dem Grunde hat bie Fürstin Infantin ihren Aufenthalt auf der Weinburg abgekürzt und ist um 5 Ubr 10 Min. gestern Abend in Sigmaringen eingetroffen. Mit dem gleichen Zuge trafen hier ein: Erbprinz Wilhelm von Hvhenzollern mit Kindern, Prinz Friedrich von Hvhenzollern mit Gemahlin und Prinz Karl von Hvhenzollern mit Ge mahlin und Kindern. Die Königin von Sachsen traf gestern Mittag auS Bremen mittels ExtrazugS in Sigma ringen ein. Ein vom fürstl. Leibarzt vr. Schwaß gestern ausgegebenes Bulletin lautet: „I. K. Hoh. die Frau Fürstin Mutter von Hvhenzollern er- krankte vor vier Wochen mit heftigen Nervenschmerzen der ganzen rechten Seite. Gleichzeitig entwickelte sich infolge von Alters- „Und ich selbst . . ." „Sie haben dafür das Recht, Ihren Mann zu lieben, ein Recht, das Sie sich mit solchen Opfern erkauft haben."' „Und ich kann nicht mitsprechen?" „O, das bleibt Ihnen unbenommen." „Ich mein«, ich habe nicht das geringste Verfügungsrecht über dies Geld, das ich von meinem Vater geerbt, das dieser, wenn auch nicht im Schweiße seines Angesichts, doch in rastloser Dhätigkeit für mich erworben hat?" „Nein, gnädige Frau!" „Und finden Sie das in der Ordnung?" Der Justizrath lächelte mit einer gewissen Heimtücke, die man stets aus seinem Lächeln herauSlesen konnte. „Wenn wir uns auch ein Urtheil über die Gesetze erlauben wollten, das würde uns zu viel Zeit kosten und zu wenig ein bringen. Di« Gesetz« sind einmal da, wir müssen sie beobachten, Alle, wir Juristen so gut wie die Anderen, mögen sie uns nun schaden oder nützen. Wir zerbrechen uns nur darüber den Kopf, wie wir sie am besten zu unserem Nutzen anwenden können." „Doch man sieht", sagt« di« Baronin eifrig, „die Männer haben die Gesetze gemacht." „Ohne Zweifel, und dies ist sehr erklärlich, da die Frauen bisher nicht in uns«ren Parlamenten und Ministerien Sitz und Stimme haben. Ist dies einmal der Fall, so werden sie daran mithelfen; ob aber dadurch die Gesetze besser werden . . „Si« sind wenig galant, Herr Justizrath!" „Galanterie, wo sie hingehört, und so schönen Damen gegen über ist sie gewiß am Platze; da giebt'S ja hundert Vorzüge zu rühmen; aber es wäre doch unbescheiden von mir, wenn ich be sonders einen Vorzug hervorhoben wollte, d«n ich gerade mit Ihnen gemein habe, nämlich daß wir, Sie und ich, gute Juristen sind, lind das muß, was die Damen betrifft, erst be wiesen werdrn; denn vorläufig können sie sich aus keine anderen Plaidoyers berufen, als auf ihre Gardinenpredigten — und da führen sie auch mähr die mir sehr fremde Rolle des Staats anwalts durch!" „Gewiß, so viel«» kaustischen Witz bringen wir nicht zu sammen, wie di« Herren Juristen, aber die Fähigkeit, unser Ver mögen zu verwalten besitzen wir doch. Giebt'S denn gar kein Mittel, den Männern dies angemaßte Recht zu entreißen?" „O gewiß — die Gatten können sich verständigen, die Frau kann'- dem Mann« abschwahen in einer süßen Stunde — es giobt ja auch Frauen, die nicht nur ihr eig«n«s Vermögen, son dern auch dasjenige ihres Mannes verwalten oder auch durch bringen. DaS sind aber Paragraphen, die nicht im Eherecht stehen; der Wohlthätigkeit ist keine Schranke gesetzt; «ine christliche Ehe braucht sich nicht um die Paragraphen des Contractes zu kümmern, höchstens um die des Criminalrechts — und es ist am basten, wenn sie mit der ganzen Jurisprudenz nichts zu thun hat. Sind Mann und Frau ein Herz, ein Geist, so giebt es für sie kein geschriebenes Recht, sondern nur rin unge schriebenes und Liebe und Vertrauen löschen jeden Paragraphen aus." „Sie sprechen wi« «in Prediger", versetzte Eulalia. „Nun, die Bäffchen wachsen mir nicht um den Hals und meine Predigten werden mir nicht bezahlt wie den Herren aus d«r Kanzel." „Die Männer sind eben nicht so vertrauensselig", sagte Clara, „sie steifen sich auf ihr Recht und lassen uns so wenig als möglich in ihre Karten blicken. Da liegt nun das Gesetz buch zwischen uns — und was sollen wir da anfangen?" „Es bleibt nichts übrig, gnädige Frau, als dem Gesetz« zu gehorchen. Zunächst leiten in der Welt einmal die Männer all« Geschäfte, alle Staats- und Finanzgeschäft«, fast alle kauf männischen und wirthschaftlichen Angelegenheiten; sie haben also die Uebung für sich und die Geltung in der öffentlichen Meinung und die Gesetze werden ja nicht in einem Wölken kuckucksheim gemacht, sondern aus unseren Verhältnissen und Zuständen heraus. Daß die Frauen dos auch verstehen würden, will ich nicht leugnen; an Schlauheit würde es ihnen gewiß nicht fehlen und sie zeigen oft in solchen Dingen «inen verabscheuens- werthen Verstand." „Aber Herr Justizrath", warf Eulalia ein — „Ich meine diejenigen, dir ein solches Metier betreiben, eS ist ja doch ein Lob, das ich hier ausspreche." „Doch wenn nun in der jetzigen Weltlage die Männer unser Vermögen verschleudern und wir mit offenen Augen zusehen müssen, wie wir dem Ruin «ntgegengeführt werden — waS sollen wir da thun?" „Ihnen ins Gewissen reden." „Und wenn das nichts hilft?" „Vermögende Mädchen brauchen ja nicht zu heirathen; wenn sie eS doch thun, so geschieht's auf ihre eigene Gefahr." „Das ist wenig trostreich", warf Eulalia ein. „Und dann", fuhr der Rechtsanwalt fort, „giebt «s ja «in Radikalmittel, die Ehescheidung, wobei aber wohl zu bemerken ist, daß di« Gattin, di« ihr Vermögen retten will, in keiner Weise der schuldige Theil sein darf." „Davon kann gar nicht die Rede fein", versetzte Clara. „Sie denken sich also, gnädige Frau, schon in die Situation hinein. Lieben Sie denn ihren Gatten nicht?" „Gewiß — doch wenn diese Liebe mit einer unwürdigen Erniedrigung verbunden ist, dann habe ich auch den Muth, si« beiseite zu werfen; ich will Herrin meines Besitzes sein und Herrin meiner Handlungen." „Doch die Ehefrau muß nicht blos unschuldig fein im Sinne des Gesetzes — natürlich, geheime Sünden zählen nicht; sie muß auch Nachweisen können, daß der Gatte schuldig ist — und da giebt'S allerlei Schuldposten: körperliche Mißhandlung, langjährige Zuchthausstrafe, böswillige Verlassung, Ehebruch. Sie haben die Wahl! Was gegenseitige Verständigung be trifft —" „Mein Mann würde nie darauf eingehen, vielleicht aus Liebe, sicherlich aber, weil er mein Geld braucht." „Haben Sie irgend welche Handhaben und wollen Sie «inen solchen Proceß führen, ich stehe zu Diensten. Bin ich nun in Gnaden entlassen?" „Ich danke Ihnen, Herr Justizrath! Sie lassen mir da einen ganzen Köcher mit Pfeilen zurück — und di« Wahl wird nicht ganz leicht sein. Daß ich aber vor eine solche Wahl gestellt bin, ist wenig trostreich. Ich hoffte, das Gesetz würde mir andere Mittel an die Hand geben, damit ich als ein selbstständiges Wesen, wofür ich mich doch halten muß, über mein Vermögen ver fügen kann. Es bedarf langer, ernster Erwägung, ehe ich mich dafür entscheide, meine Ketten zu brechen — die eisernen Ketten gesetzlicher Zwangspflicht, doch auch einige Rosenketten werde ich dabei zerreißen müssen." Der Justizrath war für solche Bekenntnisse wenig empfäng lich; er erwog nur, ab diese junge Dam« für seine Praxis er giebig sein, oder ob sie sich wieder in ihren Rosenketten ver wickeln werde. Verstand hatte sie gewiß und Willenskraft; doch Alles an ihr war sinnliche Regung und sie würde wie eine honig saugende Bien« in den Blumenkelch, in die Arme ihres Gatten zurücktaumeln. Er steckte das Blättchen, auf dem er sich einige Aufzeichnungen gemacht, in die klein« Mappe, die er bei sich trug, und schied mit einer geschäftsmäßigen Verbeugung. Draußen wartet« auf ihn der Schullehrer, der noch etwas auf dem Gewissen hatte, und geleitete ihn zum Gärtchen hinaus, lebhaft gesticulirend auch noch weiterhin auf der Dorfstraße. Eulalia sah ihm lächelnd nach. „Der Vater hat gewiß wieder einen Geist gesehen, den er dem Herrn Justizrath verstellen will. Da kommt er an den Rechten — der kennt keine Geister und keinen Geist, nur den Buchstaben des Gesetzes. „Hat Dein Vater noch immer seinen Verkehr mit den unsichtbaren Mächten nicht aufgegeben?" „Das beunruhigt mich weniger als sein aufgeregtes Wesen", sagte Eulalia, „er ist oft wie im Fieber. Er hat irgend einen Gedanken, ein« fixe Ide«, die ihn so beschäftigt, daß er für alles Andere keinen Sinn hat." „Ich begreife das", versetzte die Baronin, „ich fürchte nur, mir wird es bald ebenso ergehen, obschon ich mit Geistern keinen Verkehr habe. Mein Recht, das ich behaupten muß, das mir von dem Gesetz und der Gesellschaft verkümmert wird, läßt mir keine Ruh«, ich könnte vielleicht glücklich sein in blinder Hingebung; doch im Traum selbst kämpf' ich mit meinem Gatten auf Tod und Leben — in der nächsten schlaflosen Nacht werden mir die Paragraphen des Justizraths vor den Augen herumtanzen — und ich werde keine Ruhe haben, bis ich «inen erhasche. Lebewohl, Eulalia! Komm bald zu mir aufs Schloß — ich muß mich wenigstens aussprechen können — sonst erstick« ich an meinen eigenen Gedanken." Und das bntseidene Tüchlein überwerfend, flatterte die junge anmuthige Frau wie ein gaukelnder Schmetterling von bannen, und Niemand hätte «s der Leichtbeflügelten angesehen, daß solch eine schwere Gedankenlast auf ihrer Seele ruhte. Fünftes Capitel. Jeden Morgen fuhr Alic« in di« Stadt — kein unglück licher Zufall hatte ihr Geheimniß verrathen. Der Vater war stets auf dem Felde und der alte Milchmann plauderte nicht. Nur einmal war sie dem Baron in der Stadt begegnet, der aber ein Helles G«lächt«r aufschlug, als er sie vom Milchwagen heruntersteigen sah. „Mein schönes Kind — Sie breiten wohl wie ein Schutzengel ihren Flügel über die Dominialmilch? Sie sind wohl von Ihrem Papa dafür angestellt?" „Bitte, Herr Baron", versetzte Alice, die sich ein Herz gefaßt hatte und wohl wußte, daß man sich auf die Ritterlichkeit deS großen Herzenseroberers verlassen konnte, „sagen Sie meinem Vater nichts davon!" „Also Geheimnisse? Die sind bei mir gut aufgehoben, ans liebsten wäre es mir freilich, wenn ich mit dabei im Spiele wäre — dann würde ich ein doppeltes Schloß Vorhängen. Doch auch so sind Sie meiner Discrrtion sicher." . „Ich danke Ihnen!" „Doch sagen Sie mir in aller Welt, steht das Melken in meinen Kuhställen jetzt unter Ihrer Aufsicht? Hat Ihr Herr Vater das so angeordnet?" (Forsetzung folgt.)
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