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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991016021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899101602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899101602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-10
- Tag1899-10-16
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zler Fvrst Nachmittag tke in der den Vers usbeförbert. : heute hier llvator bei- ;f ist heute die änder ten Rabah hagle sei ater Vorsitz listische s Carmaux aren. Im ndgebungen «n Sälen «em Locale, Bezus--PrelS W der Hauptexpedition oder den t» Gtadd» hezirk und den Vororten errichteten Aus» «abrstellen ab geholt: vierteljährlich ^l4L0, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus 5L0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich- »ierteliährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzdandieudung in» Ausland: monatlich 7.ÜO. Die Morgen-AuSgabe erscheint m» V,? Uh», die Abend-Ausgabe Wochentags »» - Uhr. Ne-artion »n- Erve-Mo«: Johannis,affe 8. ^ie Expedition ist Wochentag» nnunterbroch« Geöffnet von früh 8 bis Abends Uhu. Filiale«: vtt» Klemm's So.tim. (Alfred HaDttX llniversitätsstraße L (Pauliuum^ Louis Lösche, Latharinrnstr. 14. pari, und LSutg-platz 7. Abend-Ausgabe. MpMer TaMalt Anzeiger. Amlsöllttt -es Sönigkichett Land- IM- Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Vatizei-Ämtes -er Lta-L Leipzig. Montag dm 16. October 1899. AnzeigenPrei- die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4gm spalten) üO/C, vor den Familieaaachnchte» (6 gespalten) 40 Gröbere Schriften laut unser« V«tB» verzeichniß. Tabellarischer und Ztfferniap uach höherem Laris. Cptra-Veilageu (gefalzt), uur mit d« Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördenuig -4 SO.—, mit Postbeförderung ^8 70.—. Jt«»ahmeschl«ß fiir I«zei-e«: Ab «ud-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je et» halb« Etu»de früher. Anreise» find stets au die Grpedttio» ,» richte». Druck und Verlag vo» E. Volt t» LsipzlL 131 ipzig. rter'schen irke von Richtung uter'schen :rg und — Einer isenbabn- n südlich :uter'schen iufden t worden. Gerücht, geschlagen o, südlich nbeamten vattele- zentur" :m Winde enr Laufe int. In big zer- sagiere leidet, der ierung die er Anleihe uchen solle, ute Nacht an Bord Man be- 'laren das t General- ründet. :lche sich in n getheilt !ie Polizei olizist ver- ncongreß lmmlungS- g erklärte Ule daran olgte Ver- ärischen ünisterium nackträg- !inisteriuin eranlasien. ten Jahre :chfllhrung e er, daß ein werde. )rinzen >ie Tempe- zthätigkeit llgemcinen Uer'schen ickt aus Neldung, toeren- zangenen ?ewcastle ;r amm.) daß der rüher von von best- er Be- Castiglione >aS Decret hr lebhaft Äuf freien Lahnen. Roman von Rudolf von Gottschall. Nachdruck dkriolin. Braucht Ihr unser Geld für Eure' Wünsche, für Eure Unter nehmungen, so werbt um unsere Gunst. Wir selbst allein ver fügen über dasselbe: das ist eines der ältesten Menschenrechte, wir wollen nicht länger die Enterbten sein; wir wollen Alles unser eigen nennen, was uns das Gesetz nicht rauben darf. Die Frau muß selbst ihr Vermögen verwalten dürfen — schießen wir ein« Bresche in das Bürgerliche Gesetzbuch, rasten wir nicht, bis unsere Petitionen die Gesetzgeber bestimmt haben, dies alte, sich ewig forterbende Unrecht aus den Paragraphen auszumerzen, welche im nächsten Jahrhundert unser Leben regeln sollen! Auf dem Tisch des Hauses liegt eine Petition zur Unterschrift vor — damit bekennen Hunderte und Tausende, daß das Gefühl des ihnen zugefügten Unrechts in ihnen lebendig ist. Das haben vielleicht jene Herren nicht geglaubt, die über uns verfügen wie über willenlose Sklavinnen!" Als der Beifall verrauscht war, drängte sich Alles an dM Vor- standstisch zur Unterschrift. Roch eine Sprecherin trat auf, und diese war eine Rednerin von Talent, mit schönem, wohlklingendem Organ: ihre Rede hatte etwas Schwung- und Weihevolles; sie hielt sich ans Allgemeine, aber es war ein Trompetenruf im Morgengrauen, der entflammend« Ruf zum Kampf, der be geisterte Gruß einer schöneren Zukunft. Der Baron hörte aufmerksam zu — sie selbst war begehrens wert!), ein feuriges Weib, Alles an ihr war Rerv und Leben. Merkwürdig — sie verdarb ihm die Stimmung, in der er sich so wohlgefühlt, die behagliche Stimmung des überlegenen KopfeS, der sich dabei amüsirt, wenn ein Chor von hunderttausend Narren spricht. Sollte das Alles doch «ine Zukunft haben? Die Frauen sind siegreiche Apostel, wenn sie Geist und Schönheit vereinigen, und er war im Bann dieser Rede, wie die ganze andächtig lauschende Versammlung. Zündende Worte packen auch den Widerspenstigen; er überraschte sich selbst dabei, daß er apvlaudirte, als nach dem Schluß der Rede «in stürmischer Bei fall losbrach. Nichts ist ansteckender als die Begeisterung! Die Weltgeschichte ist eine Geschick;:- der großen, geistigen Epidemien und das Unglück von Jahrtausenden geht oft von einem einzigen Infektionsherd aus. elegramm raai Pan geborener :n. Der eS, deren annimmt, eutnantS, ührer ist Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. Oktober. Das preußische TtaatSministcrium hat sich am letzten Freitag in einer langen Sitzung über eine Kundgebung geeinigt, die noch am späten Abend in der „Nordd. Allgem. Ztg" veröffentlicht wurde und bekanntlich in der Versicherung gipfelte, daß „über die entscheidenden Fragen unserer inneren Politik Meinungsverschiedenheiten im Schooße des Staatsministeriums überhaupt »icht bestehen." Diese Versicherung vermeidet es allerdings, die Vergangenheit zu berühren und in Abrede zu stellen, daß Meinungsverschiedenheiten bestanden hätten, aber die die Gegen wart betreffende Erklärung lautet so bestimmt, daß man keinen Zweifel in sie zu setzen braucht. Und da nun inzwischen daß Gerücht, der Kaiser habe ein von Herrn von Miquel unlängst eingereichtcS EntlassungSgesuch abschlägig beschicken, „authentisch" als unbegründet bezeichnet Worten ist, so liegt auck kein Grund vor, mißtrauisch die Information der „Nat.-Lib. Corresp." aufzunehmen, daß sowohl Fürst Hohenlohe, als auch Herr von Miquel im Besitze des allerhöchsten Vertrauens seien, daß die Versuche, Mißtrauen zwischen die Mitglieder des Staats ministeriums zu tragen, mißlungen seien und im Winter ter Rechten des preußischen Abgeordnetenhauses mit der wieder cinzubringenden Canalvorlage Gelegenheit gegeben werden solle, ihre Versicherung der Fürsorge um daS allgemeine Wobl in Thaten umzusetzen. Aber wenn auch das Ministerium einig in dieser Absicht ist oder geworden ist, so ist damit noch nicht bewiesen, ob eS auch nur bis zum Winter einig bleibt. Mit der bloßen Wiedereinbringung der Canalvorlaze ist natürlich noch nicht viel gelhan; es handelt sich darum, inzwischen die Aussichten ter Vorlage zu verbessern und die ausschlaggebenven Parteien einer Zustimmung geneigter zu machen. Nun bat, wie wir hören, am Donnerstag der konservative (»lfcransschnß in Berlin getagt. Daß bei seiner Beratbung die Canalfraze nicht nur, sondern auch die Frage der überhaupt von confervativer Seite cinznscklagendcn Gesammtrichtung eine große Nolle gespielt hat, ist Wohl selbstverständlich. Um so bemerkenS- werther ist es, daß die „Kreuzztg." plötzlich ihre Vorwürfe gegen das wider Herrn v. Miquel intriguirende Cent rum einstcllt und die Gefolgschaft des Herrn Or. Lieber gegenüber einen Ton anschlägt, der auf einen völligen Umschlag der Gesinnung schließen läßt. Es heißt in diesem bemerkenswerthen Artikel: „Kein verständiger Conservativcr denkt im Ernste daran, dem Cenlrum in Preußen die Rolle eines „Anhängsels der herrschenden Partei" zuzumulhen. In Wirklichkeit muthet die konservative Partei dem Centrum nichts weiter zu, als daß eS auf denjenigen Gebieten, wo die Anschauungen beider Parteien sich berühren, sich zu einem sreundnachbarlichen Neben einanderarbeiten auf dem Boden der Gegenseitigkeit entschließt und daß es bei der Austragung von Gegensätzen sich in Bezug aus die Form des Kampfe- diejenigen Beschränkungen auf- erlegt, die durch die Rücksicht auf die Nothwendigkeit einer ge meinsamen Arbeit bei anderen Gelegenheiten geboten sind. Der Berührungspunkte zwischen dem Centrum und den Conservativen giebt es mancherlei, und zwar liegen sie aus dem Boden der Reichsgesetzgebung ebenso wie auf dem Boden der Landesgesetzgebung. Das zeigt schon rin ober flächlicher Rückblick auf unsere innere Politik seit Ausgang der siebziger Jahre. Durch Zusammenwirken deS Eentrums und der Eonsrravativen ist e» möglich gewesen, unsere Zoll» und Wirthschaftspolitik iu gesunde Bahnen zurückzuführen, die Auswüchse zu beseitigen, welche unser gewerbliches Leben unter der Herrschaft der liberalen Gesetze zu verderben drohten, und den berechtigten Forderungen des Handwerks entgegenzu kommen." Und weiter schreibt der conservative Moniteur: „Eine Aufgabe giebt es, die in ersprießlicher Weife ohne ver- stäudnißvolleS Zusammenwirken deS Centrums und der Conservativen überhaupt nicht gelöst werden kann, und daS ist dir Schaffung einer gesunden gesetzlichen Grundlage für unser Volksschulwesen. Diese Aufgabe ist vielleicht di« vornehmste, vor welcher seit dem Inkrafttreten der Verfassungsurkund« die preußische Volksvertretung gestanden hat. Bei ihrer Lösung handelt es sich um die Frage, ob unserer Jugend die christliche Erziehung gesichert werden, oder ob sie durch Beseitigung des berechtigten Einflusses der Kirche auf die Volksschule der finsteren Macht deS Unglaubens uud des Materialismus preisgegeben werden soll. Hier sollen sich die Angehörigen beider christlichen Bekennt nisse des gemeinsamen Ursprunges ihrer Kirchen erinnern und aus dem Boden der christlichen Welt anschauung den Kampf gegen den Geist des Unglaubens führen Ein wirkliches Bündniß und eine Uebereinstimmung in allen wichtigen Fragen ist nicht erforderlich. Am allerwenigsten besteht dafür ein Bedürfniß hinsichtlich LerWerthschützung maß- gebender Staatsmänner. Namentlich wird die thatsächlich vorhandene Verschiedenheit der Auffassungen über die Amtsführung des Herrn v. Miquel für eine gemeinsame Arbeit der Conser vativen und des Centrums auf einzelnen Gebieten des öffentlichen Lebens kein Hinderniß sein." Nun wird in diesem Artikel allerdings nicht gesagt, ob das Ccntrum als Bundesgenosse gegen den Canal ge worben oder ob mit den Herren vr. Lieber und Gen. die Canalvorlage gemacht werden soll, um dann eine klerikal konservative Herrschaft zu etabliren. Die der Verleugnung deS CulturkampfeS gleichkommende Wendung der „Kreuzztg.", namentlich aber daS Anerbieten konservativer Dienste zur Be friedigung ultramontaner VolkSschulgelüsle läßt ebcr daS Letztere vermuthen. Selbstverständlich schwebt dieses Anerbieten und schwebt der ganze Bundesplan in der Luft, so lange sich die preußische Regierung nicht willig zeigt, die konservativen Versprechungen einzulösen. Es fragt sich also jetzt, wie das Centrum die Werbung der „Kreuzztg." aufnimmt, wie die dann beginnenden Verhandlungen verlaufen und ob, wenn sie Erfolg haben, die jetzt bergestellte oder ernstlich niemals ge trübte Einigkeit des Ministeriums vorhält. Von Herrn v. Miquel, dem Herr vr. Lieber sein ganzes liebevolles Herz in Mainz geöffnet hat, ist kaum zu erwarten, daß er, um diesen Feind zu versöhnen, die soeben auf dem Congreffe des Evangelischen Bundes und in anderen protestantischen Ver sammlungen laut gewordenen Warnungen in den Wind schlägt; und da er außerdem erst in jüngster Zeit erfahren bat, wie wandelbar die Gunst der „Kreuzztg." und ihrer Hintermänner ist, so wird er, wenn Fürst Hohenlohe geneigt sein sollte, aus eine konservativ-klerikale Coalition sich zu stützen, wohl nicht umhin können, wirklich Len Schritt zu thun, den er angeblich bereits gethan hatte. Vielleicht ift's auch so mit der Frauenbewegung, dachte der Baron, ein Unglück für den Mann ist sie jedenfalls. Er eilte vom Orchester herunter — er wollte um jeden Preis seine Frau sprechen. In der Hast kam er mit der Baßgeige und der großen Trommel in zu nahe Berührung; doch das Stöhnen und Dröhnen der beiden beleidigten Instrumente wurde beim allgemeinen Lärm des Aufbruchs nur von Wenigen bemerkt. Auf der Straße ging er vor der Eingangsthür des Restaurants auf und ab. Die Damen, die heraustraten, bemerkten alle den ele ganten Herrn und sahen, daß sie von ihm beobachtet wurden. Das blieb nicht ohne Einfluß auf ihre Haltung und ihr Be nehmen. Einige gaben sich recht geziert und affektiert; andere sprachen besonders lebhaft mit ihren Begleiterinnen, lächelten und lachten, weil sie meinten, daß dies ihnen Vortheilhaft zu Gesicht stand. Zwei oder drei der vorübergehenden Damen warfen ihm einen vielsagende'n Blick zu; er war hier der markirte Feind, er vertrat das Ungeheuer „Mann", aber di« auf ihn ge schleuderten Geschosse waren nicht lebensgefährlich; es waren einige stumpfe Pfeile aus Amors Köcher dabei. Endlich kam Clara — als er sie herauskommen sah, wandte er sich um und schritt auf dem Weg« voraus, den sie gehen mußte. Erst in dem zweiten Gäßchen, das weiterhin dicht an ihrer Wohnung vorbriführte, wandte er sich um und begrüßte seine Frau. „Gott — wie Du mich erschreckt hast", rief sie aus. „Ich darf doch einer hübschen Frau, die Abends allein über di« Straße geht, meine Begleitung anbieten", sagt« er. „Du bist galant! Das sieht ja fast wie ein Abenteuer aus!" „Ich bin seit einigen Tagen in der Stadt. Doch ich wollte Dich nicht aufsuchen, da Du offenbar hierhergezogen bist, um mich auf einig« Zeit los zu werden. Doch sehen wollte ich Dich wieder einmal; ich habe darauf ja rin gewisses Recht — und deshalb besucht' ich die Frauenversammlung." „Du? Aber wo in aller Welt hast Du gesteckt?" „Oben hinter der Baßgeige im Orchester." „Das ist reizend — solch' ein Lauscher! Wie der Aktäon, den ich neulich auf einem Bilde der Secessionisten sah —" „Doch ein Geweih wäre mir nicht gewachsen, denn es gab hier keine „Diana im Bade". Gott sei Dank! möchte ich sagen — die Schönen im Plural sind gefährlich, doch die Häßlichen im Plural sind es noch mehr." „Der Plural — ja, ja — das ist so etwas für Dich! Das wirst Du nie lernen, Dich mit dem Singular zu begnügen." Sie hatten inzwischen di« HauSthiire erreicht. „Hier wohnst Du ja — richtig! Und Deine Schwester?" Von den Befürwortern einer möglichst baldigen Zusammenberufung der französischen Kammern wird es dem Ministerium Waldeck-Rousseau als ein Zeichen der Unschlüssizkeit ausgelegt, daß eS noch immer zögert, den Termin der Berufung endgiltig sestzusetzen. Daß die Kammern im November ihre Tbätigkeit eröffnen müssen, steht ja außer Zweifel; ob dies aber am 7. oder 14. oder selbst noch später geschehen wird, ist noch ungewiß, und diese Un gewißheit machen sich Diejenigen zu Nutze, welche Gefallen daran finden oder ein Interesse daran nehmen, die Lage des Ministeriums als noch weit prekärer erscheinen zu lassen, als sie eS infolge deS Entgegenkommens des Conseil präsidenten gegen die HerrschaflSgelüste der Socialdemokratie thatsäcklich geworden ist. Trotz dieses Entgegenkommens fehlt noch viel daran, daß die Lage in Creu zot eine das Mini sterium zufriedenstellende ist. Von einer Wiedereröffnung der Arbeit im vollen Umfange kann vor dem 20. d. Mts. nicht die Neve sein, da die infolge des Ausstandes ein getretenen Betriebsstockungen sich nicht im Handumdrehen beseitigen lassen. Die Arbeiter müssen sich also ge dulden, wozu sie sich aber umso zögernder und miß gestimmter entschließen, als ihnen von den Pariser Hetzern eingeredet wird, der Auschub sei gar nickt in tecknischen Ursacken begründet, sondern sei ein Ausfluß der Nancüue deS Arbeitgebers Schneider, um sich an den Arbeitern wenigstens in etwas dafür zu rächen, daß Waldeck-Rousseau mit seinen Sympathien mehr auf ihrer als auf der Seite der Arbeitgeber sei. UebrigenS zeigt es sich schon jetzt, daß Diejenigen Recht hatten, welcke in der moralischen Unter stützung der socialdemotratischenBestrebunzen durch Ankündigung Les Waldeck-Nousseau'schen Gesetzentwurfes, der den Gewerk schaften juristische Persönlichkeit zuerkannt wissen will, nur eine Einladung an den Umsturz zur Entfaltung gesteigerter Thätigkeit erblicken. Während die Agitatoren in Crcuzot schon jetzt daran gebe», den halben Erfolg, den sie dem Schiedsspruch des Conscilvorsitzenden verdanken, bei nächst bester Gelegenheit in einigen ganzen umzuwandeln, regen sich neue Streikgclüste in den Grubenbezirken von Montceau- leS-MineS und Carmaux, sowie au einigen anderen Stellen. Ueberall sind eS die Beaustrazlen der Pariser socialdemokratischen Nebenregierung, welche den Funken der Zwietracht schüren und den Arbeitern die Nothwendigkeit vordemonstriren, bis zum Beginne der Parlamentstagung eine Situation zu schaffen, welche der Regierung nur die Wahl lasse, vor der royalistischen Verschwörung zu capituliren oder sich ganz und gar in die Arme der Socialdemokratie zu werfen. Da die Behörden, hoch und niedrig, keinen Finger zur Beschränkung der socialdemokratischen Massenaufwiegelungen rühren, so sagt sich das Publicum natürlich, daß die Regierung mit diesem Treiben im Grunde einverstanden sei, und die Folge davon ist eine Verwirrung der Begriffe, die sich ackch den Tepulirten mittheilt und nicht wenig zur Erschwerung der parlamentarischen Action beitragen dürfte. Die Stratzennnruhen in Barcelona, welche einen bedenk- licken Charakter angenommen hatten, sind der Ausfluß eines ConflictS zwischen der Steuerverwaltung und den säumigen Steuerzahlern. Diese letzteren sind nicht etwa arme Leute, welche die Steuern nicht ausbringen könnten, eS ist ihnen einzig und allein darum zu tbun, der Negierung Schwierigkeiten zu machen und wenn möglich einen folgenschweren Conflict beraufzubcschwören. Der größere Theil der Steuerverweigerer sind separatistische Catalanen. Sie finden in dem Bürgermeister von Barcelona, vr. Robert, einem geborenen Mexikaner, die tatkräftigste Unterstützung; den» dieser lehnt eS ab, die Steuerbeamten zur Pfändung der säumigen Steuerzahler zu bevollmächtigen. Ohne Bevollmächtigung durch den Bürgermeister können die Steuerbeamten in Spanien kein Haus betreten und eine Pfändung vornehmen, ebenso wie in Criminalfällen nur die Gemeioderichter sich im Namen des Gesetzes Eingang verschaffen können, während das der Polizei, Gendarmerie oder sonstigen Organen der Obrigkeit absolut verboten ist. Weder der Finanz minister, noch der Minister des Innern, noch der Zustizminister könne» den Bürgermeister zwingen, die von dem Vertreter dcS ersteren verfügte Pfändung vor nehmen zu lassen. Sie müssen den rebellischen Bürgermeister durch einen andern ersetzen, der sich ihren Wünschen unbedingt unterwirft. Warum setzt man aber einen so widerspenstigen Bürgermeister, wie es Or. Robert ist, nicht ohne Weitere» ab, da man doch in ähnlichen oder unbedeutenderen Angelegen heiten mit absoluter Willkürlichkeit vorzugeben pflegt? Da ist eben eine besondere Sache; die Bürgermeister vou Madrid und Barcelona werden direct von der Königin ernauut; eS bandelt sich also in allen Fällen um Vertrauenspersonen der Negierung, für welche diese in jeder Beziehung der Kron« gegenüber verantwortlich ist und stets auch die volle Ver antwortlichkeit übernimmt. Fällt einer der genannten Bürger meister in Ungnade, so bedeutet das ein Mißtrauensvotum für die Regierung, oder erweist er sich al» unmöglich, so ist die Regierung dafür verantwortlich. Der letztere Fall ist jetzt in Barcelona eingetreten; ein Bürgermeister, der sich weigert, zur Eintreibung der Staatssteuern seine Unterstützung zu gewähren, ist nach allgemeiner Ansicht unmöglich und mit ihm eine Negierung, die es nicht wagt, ihn abzusetzen, wenu der Betreffende es nicht vorzieht, seine Entlassung ein zureichen. Das sckeint dem Bürgermeister von Barcelona aber nicht zu passen. Die Lage der Regierung ist darum eine sehr verzwickte; entschließt sie sich, den Bürgermeister abzusetzen, so sieht sein Protektor, der Justizminister, darin eine persönliche Beleidigung und veranlaßt eine neue Minister krisis, welche die Regierung unter den obwaltenden Ver hältnissen um jeden Preis vermeiden muß; weiter werden die Rebellen in Catalonien in einem solchen Vorgehen gegen ihren Bürgermeister ein neue- Motiv sehen, um gegen die Vergewaltigung durch die CastcllaniS — so neunen sie alle Nicht-Catalanen — zu protestire» und ihre revolutioaär« Propaganda fortzusetzen. Wie uns heute au» Barcelona gemeldet wird, sollen bis jetzt vou 13 000 Steuerpflichtigen 9000, unter ihnen große Kaufleute, ihre Steuern bezahlt haben, und die meisten Läden sind wieder geöffnet, e» restiren aber immer noch 4000 Steuerpflichtige, so daß man noch nicht sagen kann, daß der Conflict schon beendet und die Erneuerung der Unruhen ausgeschlossen sei. Auf dem südafrikanische« Kriegsschauplätze nimmt die Lage jetzt sckon einen ernsteren Charakter an und die Spötte leien englischer Blätter über die „pomadigen" Boeren find verstummt. Wir stellen die folgende Meldung voran: London, 16. Oktober. (Telegramm.) „Dailtz News" melden aus Kapstadt vom 13. d. M.: Die Boeren unter General ikronse sind jetzt bei der Erstürmung von Mafeking. Man fürchtet für das Schicksal der Stadt. Gouverneur Milner hat das tzabinet zu einer Morgensitzung zusammen berufen, die bei lebhafter DiScnssio» drei Stunde» dauerte. Ferner wird wiederholt gemeldet, patz -er Premierminister der Eap-Kolonie Schreiner von „Ist in Florenz!" „So bist Du ganz allein?" „Mit meiner Zofe, der Sophie!" „Ich brauche also nicht mit Heine zu fragen: „Wo wohnst Du, schönes Frauenbild, Und darf ich Djch begleiten?" Wenigstens die erste Frage kann ich mir schenken . . . was die zweite betrifft — nun, wenn die Schwester nicht da ist und die gnädige Frau ganz allein sind, so ist es vielleicht kein allzu großes Wagniß — es ist keine Gefahr dabei!" „Immer boshaft — doch das steht Dir nicht übel! Komm nur mit!" Der Schein der Straßenlaternen war auf das Gesicht des Barons gefallen; es sah so frisch und blühend aus; es lag darin ein so schalkhafter Uebermuth — und dabei die edle, schlanke Ge stalt, das ganze ritterliche Wesen. Clara fand den fremden Mann, der ihr auf der Straße so nahe getreten war, höchst liebenswürdig und öffnet« ihm die Pforten ihrer Wohnung und ihres Herzens. Bald saßen sie droben im traulichen Gemach. Sophie hatte die Lampe angezündet, auch die Ampel in dem Boudoir nebenan, die ihren rötthlichen Schimmer durch die offene Thüre ergoß. Siebeneck meinte': „Alles sehr elegant, sehr schön! Deine Schwester hat Ge schmack, doch fühlst Du Dich hier nicht sehr einsam, seitdem sie in Italien ist?" „Durchaus nicht, ich hab« meine Bücher." „So, so!« Der Baron erhob sich und musterte die zahlreichen Bände, die, schön eingebunden, in zwei Repositorien aus Jacarandaholz an der Wand standen. „Sieh, sieh! Schiller, Goethe, Wieland, Geibel — nun, das ist für den klassischen Anstand! Doch Romane von Zola — das ist auch ein Geschmack! Doch hier, was seh' ich? Eine ganze juristische Bibliothek — Ehegesctzgebung, Kommentare zum Landrecht, über das Bürgerliche Gesetzbuch — Du willst wohl das große Staatsexamen machen?" „Nein, ick brauch« diese Bücher, wenn ich mich mit meinen Freunden berathe." „Also auch ungedruckte Freunde und Rathgeber! Sieh, sieh! Doch dann wird hoffentlich diese Thür geschlossen! DaS schnee weiße Himmelbett im magischen Licht der Ampel würde die Ge danken zu sehr von der Jurisprudenz ablenken. Nun, und worüber beröchst Du denn mit Deinen Freunden?" „Wenn Du mein«! heutige Rede gehört hast, so wirst Du r» wissen! Beiläufig, wie hat Dir denn diese Red« gefallen?" „Eitles Närrchen! — So willst Du Dein Lob hören?" ' j „Auch «in frecher Eindringling hat das Recht, zu loben." ' „Und zu tadeln! Nun, der Inhalt derselben war mir nicht ganz neu, da ich schon lange die Ansichten des Redners kenne; ichon lange war es mir ehrenvoll und Gewinn, mit dem Herrn Doctor zu verkehren. Im Uebrigen hast Du recht gut ge sprochen, deutlich, scharf und spitz, nicht ohne Zusammenhang und Logik, nicht ohne die Advocatenknisfe, deren ein« schlechte Sache bedarf. Und vor Allem — Du standest da oben zur Schau als ein reizendes Weibchen. Was kümmerte mich Dein« ganze Logik? Ich zerriß alle Deine Schlußletten und kam zu einem ganz anderen Schluß, der mit der Logik und der Jurisprudenz nichts zu thun hat, dem Schluß, daß Du hübsch bist und begehrens- werth, und daß ich Deinen thörichten Redefluß mit meinen Küssen ersticken möchte." — Am nächsten Morgen reist« der Baron auf sein Schloß zurück, nicht ohne Gewissensbisse; es kam ihm fast vor, als hätte er eine Untreue gegen Valesca begangen, und wie sollte er ihrem Wunsche gerecht werden, wenn sich das Weibchen jetzt wieder wie eine Klette an ihn hing? Doch darin irrte er sich. — Am nächsten Abend schlürfte Clara em volltönendes Lob, das ihr der Berichterstatter des Localblattes spendete, noch ehe er ihre Rede mittheilte, und si- las diese Rede selbst, die ihr im Druck als etwas Fremdes gegen übertrat, mit schweigender Bewunderung, und fest stand e» bei ihr, sie müsse handeln, wie sie gesprochen, ihre Grundsätze durch kämpfen im Leben ohne jeden Rückfall, ohne jedes Zugeständniß. Ihr: Liebe zu ihrem Gatten erschien ihr als verboten und un erlaubt, bis er ihre gerecht« Forderung erfüllt. Und so setzte sie sich hin und schrieb «inen Brief an ihn mit dem Verlangen, er solle! ihr Vermögen ihr herausgeben zu eigener Nutznießung und Verwaltung, und ihr Rechnung ablegen über alle bisherigen Verausgabungen. Sie erkenne zwar an, daß er da» gesetzliche Recht für sich habe; aber daS Recht selbst könne sie nicht aner kennen, und wenn auch ihre Ehe darüber aus den Fugen gehen sollte. Höher als das Glück der Liebe stehe das unveräußerliche Menschenrecht der Frau, «inen eigenen Willen zu haben und selbst zu verfügen über Das, was ihr gehört. Und sie siegelt« diesen Brief mit dem Wappen der Siebeneck, noch besaß sie ja dies theuer erkaufte Recht. Es war schon gegen Mitternacht; doch es ließ ihr kein« Ruhe, bis diese Kriegserklärung an den Feind abgr- gangen war. Oder fürchtete sie ein« Anwandlung von Schwäche am nächsten Morgen, die sie veranlassen konnte, dies« Erklärung zu mildern, den Brief umzuschreiben oder gar prriick-ubehalt«?
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