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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.10.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991023018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899102301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899102301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-10
- Tag1899-10-23
- Monat1899-10
- Jahr1899
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Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr, di« Aveod-AuSgabr Wochentags um S Uhr. NeLactlon und Erveditiou: AohanntSgasse 8. Dir Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: kttn Klemm'« Sortim. (Alfred Hahn), Uuivrrsitätsstrab» 3 (Paulinum), Lent« Lökche, Katharinenstr. 14, part und Köet^Splah 7. Bezugs-Preis I» d« tzauptexpedttton oder de« i« Stadt, hezirk und den Vororten errilbtrteu AuS- aabestellrn abgeholt: vierteljährlich ^l4.ü<^ vei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« ^l b.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierleliährlich S.—. Direkt» tägliche Kreuzbanbiendung in« Ausland: monatlich 7.bO. Morgen-Ausgabe. ApMer TaMaü Anzeiger. Ämtsölatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes «nd Molizei-Nmles der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prei- die S gespaltene Petitzeile KO Pfg. Nrclamen »»ter dem RrdacttonSstrlch l4g»- spalten) SO-4, vor den Familiennachrtchten (6 gespalten) 40-^. 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Er sollte „sie besehen, ob er ihr gerathen könne". Indessen die Behandlung seitens der Juden machte große Schwierigkeiten, weniger von den Juden, als von der Kirche. Albrecht's Mutter schreibt einmal, daß man einen ihrer Beamten, der von dem „alten Inden aus Dresden" curirt war, nicht absolviren wolle, weil er zur „heiligen Osterzeit von dem Juden Arznei genommen habe und sich dieser auch fürder nicht ent- schlagen wolle". Die Herzogin mußte deshalb auf einen Dispens antragen, der ihr für diesen Beamten natürlich gewährt wurde. Im klebrigen huldigte man der Prophylaxis. Nicht der modernen mit ihren luftigen Wohnräumen, Bädern und mäßigem Essen und Trinken, sondern der auch hier und da noch beliebten Kräuterprophylaxis. Man gebrauchte nämlich, auch ohne daß man krank war, zu gewissen Zeiten allgemeine Euren. So findet sich in der Hofapothekenrechnung jährlich zwei Mal ein Mittel eingetragen, dos aus „Kalmus, Ingwer, Zittwer und langem Piper" bestand und 7 Groschen kostete. Diese Tränklrin im Frühjahr und Herbst ersetzten unsere Badereisen. Sie waren ohne Zweifel billiger und halfen wahrscheinlich ebenso wenig oder viel. Andere Mittel, die nichts kosteten und doch schwer zu beschaffen waren, waren die Reliquien, die gegen bestimmte liebel oder gefährliche Zustände angewendet wurden. So ließ sich im Jahre 1478 Sidonie von der Gemahlin Wilhelm's von Thüringen, Bruders Friedrich's des Sanftmüthigen, „Kopf gürtel und Löffel" der heiligen Elisabeth schicken, um ihre schweren Stunden besser durchzubringen. Die Seelsorge be sorgte ein Schloßkaplan. Er wurde von der fürstlichen Familie besoldet, indessen hatte er auch noch sonstigL Einnahmen. Es gab da gewisse Kircheneinkünfte von einem „Altar im Schlosse zu Dresden" oder dem „guten Altar zum heiligen Kreuz", die manches Schock Groschen brachten^ Die sonstigen Beamten und die Dienerschaft erhielten festen Lohn oder Sold. Bei dem öfteren Umzug mußten so ziemlich alle reiten können, und in den Hausrechnungen Albrecht's kamen oft genug Ausgaben für Pferde für die vielen Köche vor. Auch Ausgaben für lustige Räthe oder Hofnarren, die auch einmal Ritter genannt werden, finden sich. „Zwei Gülden für Ritter Claus, des Fürsten Narren", findet sich neben der Ausgabe für ein Kleid für der Fürstin Zwergin. Die Einrichtung in der Hofburg läßt sich gleichfalls aus den Rechnungen und Ausgaben wenigstens einigermaßen bc- urtheilen. Das Inventar an Silberzeug, Betten und Haus- geräth überhaupt mochte den damaligen Verhältnissen ent sprechen, an sich war es aber gewiß sehr unbedeutend. Wir finden jedoch schon zur Zeit Albrecht's ein- Silberkammer, für deren Vervollständigung zuweilen gesorgt ward. Im Jahre 1471 sind 6 Gr. verzeichnet, „das Schloß in der Silberkammer wieder schloßhaftig zu machen". Die Thürschlösser fertigte der „Kleinschmidt" zu Dresden, und es wurde für jedes derselben 6 Gr. ausgezeichnet. Der Goldarbeit«, Meister- Paul zu Dresden, erhielt für vier silberne Löffel 1 Gülden 34 Gr. aus gezahlt. Die Tafelwäsche und was dazu gehörte, wurde eben falls in sehr kleinen, zuweilen aber auch in größeren Quantüäten awgeschafft, und däbei wohl kaum sehr genau auf Ueberrin- stimmung des Stoffes mit den schon vorhandenen Gedecken ge sehen. Im Jahre 1471 finden sich 26 Groschen verausgabt für „33 Tischtücher und Qwelen zu machen in die Silberkammer". Die Leinwand wurde theils gekauft, theils von dem Garne, «welches dazu bestimmt war, gewebt. Es heißt u. A. in der dfr erwähnten Rechnung: „35 Gr. meiner gnädigen alten Frauen etzliches Leinwand zu wirken." Die Vorräthe zu Erleuchtung des Schlosses wurden in der Silberkammer aufbewahrt. Es finden sich z. B. „2 Schock 41 Gr. für Dvchtgarn in die Silber kammer, zu Rochlitz gekauft". Die Lichte wurden in Schocken oder auch in halben Schocken angeschafft. In den Jahren 1469 bis 1478 hatte sich, nach Langen», der Vorrath an Silberzeug und anderen Dingen von Werth bedeutend vermehrt; da findet sich denn eine bedeutende Zahl von silbernen Köpfen (kleinen Bechern oder Schalen) und größeren Trinkbechern. Auch „ver- guldete Flaschen, Köpfe" (Becher mit Verzierungen), besonders mit Helmen, „Miinnichen" und Eicheln kommen in jenem Ver zeichnisse vor; ebenso silberne „Geblichen" (kleine Gabeln); ferner wurden aufgezählt: „6 silberne Geblichen mit Eorallen und Serpentin, da man gebratene Aepfeln mit pflegt zu essen", auch „Mei silberne Schäufelchen, da man Confert mit pfleget zu essen oder Pulver von Confect", letzteres wurde in „Pulverschüsseln" aufgesetzt. Auch hatte man beim Essen des Confecis besondere Tischwäsche, denn es kommen in dem erwähnten Verzeichnisse darauf bezügliche Stücke vor, namentlich „Conferiguelen von rvthcm Taffant und weiße mit Gold gefaßt"^ Nächst den kost baren Grräthen verwahrte man in der Silberkammer werlhe Andenken und Gegenstände, welche hochgehalten wurden, z. B. „des Papstes von Rom Kerzen"; in einem Sacke „terra saneta"; in einer Schachtel die fliegenden Fische, welche Albrecht von seiner Wallfahrt als Naturseltenheit mitgebracht hatte, ebenso „einen heidnischen Rock", aber auch das Trinkgeschirr Friedrich'? des Sanftmüthigen, „des alten Herrn seeligen". Albrecht hatte auch „das Panier", wie er sagt, „das wir auf dem Schiffe gehabt haben", daselbst aufbewahren lassen. Stücke von besonderem Werth waren „ein Credenzbaum mit seiner Zugehörung, ver goldete -Flaschen und ein vergoldeter Mörser mit blauen Blumen, auch 6 Stück vergoldete Koppe", welche der Kaiser dem Herzog Albrecht in Neustadt geschenkt; für 22 Personen fand sich in der Silberkammer „Essestlber" (Silberservice) mit 24 silbernen Bechern. Hiernächst wurden dort auch die werthoollsten Urkunden aufbcwährt. Als Hanns Mergenthal seines Amtes als Rentmeister ent höben wurde, verzeichnete er alle Bücher und Rechnungen, die in der Silberkammer sich vorfanden, und machte auch zu einigen be sondere Bemerkungen; so beginnt er mit Beschreibung des ältesten Rechnungsbuches, welches unter Friedrich dem Sanftmüthigen anzefangen worden und setzt hinzu: „Darinn sind bis aufs 68. Jahr (alle Rechnungen), da man alle Stücke nicht so weit gezogen und geschrieben, als itzunt bisher geschehen ist"; ferner beschreibt er ein fehlende« Buch, welches sehr stark und gewichtig gewesen wäre, „da «in groß Gebund einer zu tragen satt hat". Endlich waren auch geschichtliche, die sächsischen Länder angehende Nachrichten, welch« Mergenthal als in der Silberkammer auf bewahrte Urkunden seinem Nachfolger im Amte übergab: „woraus er, wenn ihm Gott Stärk« gäbe, mit der Hülfe Gortes nach Ge fallen seiner Herren zur Letze (zur- Erholung) ein Erbbuch Zu sammentragen wolle". Doch mochten sich gegen das Ende von Albrecht's Negierung die Acten (Register und Briefe werden vor zugsweise erwähnt) mehren, denn im Jahre 1494 wurden 2 Gülden 18. Gr. in Mbrrcht's Rechnungen bemerkt, „vor ein Schreibestüblein zu machen, darin des gnädigen Herrn Briefe und Register zu verwahren". Das Hausgeräth bestand, soweit wir dies aus den Rech nungen ersehen können, vorzüglich in Tischen und in Bänken. Unter letzteren sind vielleicht auch Sessel und Stühle begriffen. Zur Aufbewahrung der Sachen hatten die Fürstinnen „Küsten" (Kisten); der Kammerschreiber, Hanns Günterrode, bemerkt „11 Schock 13 Gr. 6 Pf. dem Tischer vor Tische und Küsten und vor Bänke meiner gnädigen Frauen und Herrn". Di« Ummer, zum Theil -wenigstens. wurden mittels Lampen erleuchtet, die man iw Leipzig zu kaufen pflegte, sie mögen von den heutigen, selbst geringeren Industrie- rz eugnissen dieser Gattung sehr weit ent fernt gewesen sein, denn cs wurden einmal für mehrere dergleichen 4 Gr. ausgegeben; doch hatte man in den Prunkzimmern auch „hängende Leuchter" zu dem Preise von 6 Gülden- Die Oefen der Zimmer und Gemächer besorgten die Töpfer, ebenso die Ein richtung Dessen, was zur Heizung gehörte ober zur Abstellung von daher rührenden Uebelständrn. Albrecht hieß im Jahre 1486 „dem Töpper (Töpfer) von (für) der Feuermauer in der Silber kammer den Rauch recht zu fassen". D«r darauf bezüglichen Ausgabe folgt eine ebenfalls zur Silberkammer gehörig«: „2 Gr. für Mausefallen in die Silberkammer". Bemerkenswerih wegen der Leistungen mancher Handwerker in jener Zeit ist's, daß der Gürtler es war, welcher das Blei auf den Dächern zu untersuchen, es in Stand zu sehen und mehrere Theile des Daches damit zu decken hatte. Obgleich Dresden damals, schon weil es die Hauptrrsrd«nz war, nicht zu den unbedeutenden Städten gehörte, so bezogen doch die fürstlichen Frauen, was sie in ihrem individuellen Haus halt 'besuchten, meist von Leipzig, und es wurde das Er forderliche auf den Messen oder Märkten daselbst in nicht ganz kleinen Quantitäten gekauft. Zur Bestreitung von dergleichen Ausgaben erhielt Albrecht's Gemahlin vierteljährlich 100 Gülden, welche sich als „der gnädigen Frauen Quatembergeld" eingetragen finden. Hanns von Mergenthal besorgte „für seines gnädigen Herrn Herzog Albrecht's Gemahl zur Zeit des OstermarkieS in Leipzig 6 Unzen Goldes; blaue, braune und rothe Seide, von jeder Sorte etwa vier Loth; zwei Stück« Welisch Leinwand; fünf zehn Pfund Seife; fünfhundert Stccknolden (Stecknadeln); ein Pfund gebleichten Zwirn; Mei kleine Scheeren"; entschuldigte sich aber wegen des rothen Atlasses, davon er drei Ellen kaufen sollte, „man habe ihn nicht bekommen können"; auch waren „zwei Paar höhe Trippen und zwei Pockichen" (vielleicht Stickrahmen?) be stellt und gekauft worden. Doch wurden auch Aufträge von größerem Umfange ertheilt. Auf dem Ostermarkte 1476 kaufte Sidonie durch dem beauftragten Kammermcister 8 Ballen welsche Leinwand, welche überhaupt sehr geschätzt wurde und deren oft Erwähnung geschieht; sie bezahlte dafür 7 Schock 20 Gr.; des gleichen wurden „2000 Skcknolden und 200 Nähnolden" an geschafft, sowie für 42 Groschen Zwirn. Zugleich ließ jedoch Sidonie für ihren Gemahl Barbierbecken und vier Barbier- scheeren kaufen. Außerdem bezog man auch andere zur Kleidung und Pracht, zu Spielwerk und Ergötzlichkeit, oder zur Aus schmückung der Zimmer und sogar die zum Gottesdienst nöthigen Dinge von dorther. In die eine oder andere Kategorie ist'« ge hörig, wenn Sidonie, wie das RechnungSbuch sagt: „3 Alabaster Bildichen" mit 3 Gülden in Leipzig bezahlt (1476), mehrere „Messingringichen" kauft und wenn für die alte gnädig« Frau, Ernst's Gemahlin, 3 Schock 57 Groschen „für eine kleine Mon- stranzien" ausgegeben werden (1472). Auch deS Schreibmaterials wird gedacht, denn Sidonie bestellt« 1476 in Leipzig zur Messe „5 Techvr Pergament" für 5 Gülden und „drei Schr-eibmäsi'gen" (Lineale) für 4 Groschen, obwohl zu Albrecht's Zeit meist auf Papier geschrieben wurde, wovon sich das Buch mit 1 Gr. 6 Pf. in der Ausgabe verschrieben findet. In den letzten Jahren von Albrecht's Regierung stieg der Papierbedarf bedeutend, auch häuften sich freilich da schon dir Geschäfte, und man zahlt« 1494 180 Gülden dem Papiermüller zu Dresden. Albrecht führt« ein Schreibzeug für 2 Groschen. Zum Siegeln brauchte man Wachs; im Jahre 1472 finden sich davon bemerkt 7 Pfund für 28 Gr. und 8 Pfund für 32 Gr. in die Kanzlei. Gewissermaßen gehört hierher auch der Schreibelobn, welchen man für Abschreiben be zahlte; im Jahre 1476 bezahlte Herzog Albrecht 2 Gülden einem Schreiber, d«r ihm zu Rochlitz «in Buch geschrieben; 1476 erhielt ein anderer 1 Gülden für Jlluimniren und Rubriciren eine? Buches der jungen gnädigen Frau (Sidonie). Die Bücher wurden zuweilen sehr gut eingebunden, besonders „Betbuche" (Gebet bücher), „pLsnionnlia und Messebücher". Der Buchbinder, der für Sidonie ein Buch in Seide band und mit einem silbernen „Knauf" versah, erhielt 10 Gr. (1472). Endlich finden sich An sätze für Buchstaben zu malen und zu illuminiren, wahrscheinlich Anfangsbuchstaben in Büchern oder auch für die Kinder zum Unterricht. Sidonie zahlte für 84 Buckstaben 1 Schock 20 Gr. (1472). In einer Recknung vom Michaelis-Jahrmarkt (wahr scheinlich die Messe zu Leipzig), wo Albrecht Bücher gekauft, und zwar „4 Alexander (vielleicht Xlexoncler cka villa clei. ckaatrinals pueronnm) und 2 Donat", wurde 1 Gülden bemerkt, sowie 12 Groschen für die Briefe des heiligen Hieronymus; die ersteren wohl für den Unterricht der Prinzen. Ebendahin gebären die ,8ariptnra6 für die jungen Herrn" (eS waren vielleicht Schreib muster oder Vorschriften). Für ein Buck: cks torra nunc-ta, dem Herzog Georg bestimmt, wurden (1486) 42 Groschen bezahlt. Herzog Albrecht hielt auch auf stattliche Kleidung, und die Einkäufe, die er für sich und sein« Gemahlin zuweilen machte, waren bedeutend. Im Jähre 1477 sendete er seinen Hofschneider. Matthes Singkenthaler, zugleich mit einem der Rentmeister „nach Venedi-en, ihm etliche Kleinod daselbst zu kaufen"; die Ab gesendeten kauften bei Andreas de Benedicta in Den-edig für „1475 Ducaten 12 Venediger Groschen Sammt, Gold- und Sikberstoffe, als: roth gülden Stück, braun gülden Tuch, schwarz silbern Tuch, silber Atlas und blauen Sammt". Auch der Kauf mann Thcaldrini wurde in Nahrung gesetzt Michael und Feuillrtsn. Memoiren der Gräfin Potocka. i. Die Napoleonliteratur der letzten zehn Jahre neigt sich , ihrem Ende zu. ES ist kaum mehr möglich, irgend was noch über den kleinen Corpora! oder großen Corsen zu sagen, was nicht schon dagrwesrn wäre. Die Herren Masson und Turquan haben di« Untersuchung Napoleon's, besser der napoleonischen Zeit, mehr als gründ- lich besorgt und ihrem Scharf- und Spürsinn ist nichts entgangen. Nicht nur wie er sich räuspert und spuckt, sondern auch wie seine Frauen, seine Schwestern, seine Brüder cs gethan haben, das haben sie getreulich auSgegraben und zusammengestellt, dabei ist recht viel überflüssiger Kram zu Tage getreten, aber auf der andern Seite haben sie ein Bild jener Zeit gezeichnet, das mit photographischer Treue da- Leben jener Epoche darstellt. Wir haben es dabei nur mit den Kleinarbeiten zu thun, sie lassen sich nicht vom großen geschichtlichen Standpuncle leiten, sondern sie haben mit rührender Genauigkeit die tausenderlei Kleinigkeiten geschildert, aus denen sich jene- Leben zusammengesetzt hat, und dabei ist das rein Menschliche am besten weg gekommen. Liebe und Haß, Küche und Keller, Nock und Hose spielen eine große Nolle, und die Menschen erscheinen uns in ibrer Wiedergabe gar nicht so groß, sie treten uns mehr nahe, so nabe, daß wir am liebsten ihre Bekanntschaft nicht gemacht batten. Zwar Napoleon bleibt immer da» welterobernde Genie, auch wenn er sich barbieren läßt, er bleibt der große Schlächter um seines Ruhmes willen, auch wenn er seinen kleinen Neffen, den späteren Napoleon III., auf den Knieen schaukelt, weil ibm erst später rin Knabe selbst bescheret wurde, er bleibt der rücksichtslose Selbstherrscher, auch wenn er einer schönen Frau eine Schmeichelei sagt. Aber dir andere Gesellschaft, die Generäle und die frisch gebackenen Fürsten, seine Schwestern und seine sauberen Brüder, die um ibn herum steht, verliert in der scharfen Beleuchtung, in die st« gerückt wird, aber sie zeigt uns doch wieder so viele Genrebilder, daS Ranken werk der Weltgeschichte nimmt so verschiedene Formen an, daß man doch immer wieder zu den Büchern greift, die uns in so guter Uebersetzung von der BerlagSbandlung Schmidt u. Günther geboten werden. Und ihre Sperialität betreibt die Ver lagshandlung weiter. Sie erweitert den Krei« der Bericht erstatter über jene Zeit der Wende des JabrhundertS und bringt unS jetzt ein neues Buch, das dem Bild, das die Herren Turquan und Masson entwarfen, neue Lichter aufsetzt. Diesmal sind eS die Memoiren der Gräfin Potocka, welche un« in ihrer anziehenden Form gefangen nehmen. Wer kennt nicht die Gräfin Potocka, wenigsten« ihr Bild! Der schwarze KrauSkopf mit dem kindlichen Ausdruck, mit der kleinen Nase und den strablenden Augen ist tausendfach verbreitet. Wir stellen uns eigentlich eine Polin ander« vor. Wir verlangen, daß ein schwermüthiger Zug durch ihr Ge sicht gebt, ein Zug, der an daö verlorene Vaterland erinnert. Nichts von alledem im Gesicht der schönen Gräfin, noch weniger in ibren Memoiren, die StryienSki berauvgegeben und Marschall-Bieberstein übersetzt hat. DaS ist ein so köstliches, oft wiHigeS Geplauder, eine leichtherzige Auffassung des Leben-, eine Tändelei inmitten einer ernsten Zeit, ein großer Sterro- skopkasten, so daß man ihre Bekenntnisse ohne Unterbrechung zu Ende liest. Die Memoiren beschäftigen sich durch aus nicht immer mit Napoleon. Im Gegentheil, er nimmt nicht allzuviel Platz darin rin. Gräfin Anna Potocka war eine geborene Gräfin ThSzkiewicz. Von mütterlicher Seite stammte sie von Stanislaus Ponja towski ab. Ihr Großonkel war StaniSlauS August Ponia- towSki, der letzte König von Polen. Verwandt war sie mit dem Hockadrl so ziemlich ganz Polen«. Ihre Jugendjahre verlebte sie in Poleu und davon die meisten oder weniasten« die Jahre der Entwickelung in Bialystock bei ihrer Groß tante, der Gräfin Branicka, Frau v. Krakau. Zu jener Zeit war Polen von Rußland und Preußen zugleich bedroht und trotzdem lebte man ein lustige« Leben. Von der Ver schwendung oder, wenn man eS nicht so nennen will, von dem herrschaftlichen Leben giebt die Schilderung deS Aufent halts in Bialystock Kunde. Französische Tapezierer, die mit großen Kosten verschrieben waren, hatte» Mobiliar, Spiegel, Holzbekleidungen mitgrbracht, di« deS Versailler Schlosse würdig gewesen wären. Die Säle waren von gewaltigen Proportionen, die Vestibüle mit Marmorsäulen geschmückt. Das Schloß batte Alles gesehen, was Polen an großen Herren und berühmten Reisenden aufzuweisen batte. Der Kaiser Paul, damals noch Großfürst, und seine Gemahlin hatten sich einige Tage in Bialystock aufgebalten, als sie jene denkwürdige Reise antraten, welche ganz Europa beschäftigte. Die An ordnungen des Parke-, die verschiedenartigen prachtvollen Treibhäuser, die herrliche Orangerie — da- Ganze machte aus Bialystok eine in der That königliche Residenz. Zu Lebzeiten der Frau von Krakau gab eS im Winter eine französische und eine polnische Sckauspirlertruppe, auch eine Balletgesellschaft im Schloß. DaS Theater, von einem «talientschen Architekten hergerichtet, faßte 300 bi« 400 Per sonen. Man kann sich ungefähr «inen Begriff mache«, wie damals die polnischen Grandseigneurs lebten. Al« Anna Tyszkiewicz zu ibrer Großtante zog, war diese Wittwe. Aber sie batte durchaus noch die Allüre» der Frau von Krakau; ihr Mann Graf Branicka war Castellan von Krakau gewesen und sie führte noch den Titel einer Frau von Krakau. Es herrschte bei ihr un beschränkte Gastfreibeit. Fünfzig und sechzig Personen waren in Bialystok immer zu Tische und in den weitläufigen Räumen de« SchlosseS konnte Jeder tbun und lassen, waS ibm gefiel. Man nahm gemeinsam das Frühstück ein und dann war man bis zum Essen gegen 5 Uhr Nachmittag- ganz frei, auch da« Essen brauchte man nicht mnzumachen, eben so wenig die Vorlesungsstunde von 7—v Uhr zu besuchen. Aber gerade diese Lebrstunden waren eine Erbauung inmitten deS zügellosen Lebens, sie sparen voller Geist und der feine Duft, der sich über daS Schloß auSbreitete und es zu einem großen französischen Salon gestaltete. Man laS alle neuen und alten französischen Werke, und jedes Buch von einiger Bedeutung fand sich kurz nach seinem Er scheinen in Paris im Bialystock vor. Natürlich waren die Sympathien der Schloßherrin auf Seite des legitimen Königs von Frankreich und sie nahm sich nach der Revolution in thätiger Weise der Emigranten an. Daß unter der Bezeich nung Emigranten eine ganze Menge Leute umberzogen, die eigentlich gar keine Emigranten waren, die aber Franzosen im Vertrauen auf die Gastlichkeit deS polnischen Adel-, diesen brandschatzten, davon giebt die Familie Bassompierre ein Beispiel. Die Gastfreiheit, die die Franzosen beanspruchten, nahmen sie mit einer Herablassung in Empfang, die schlecht zu ihren ärmlichen Verhältnissen paßte. Der alte Bassom pierre war uralt, man nannte ihn den Marquis, dann kam sein Sohn, der „Graf", der etwa fünfzig Jahre alt und der Gemahl einer jungen, recht hübschen Frau war, die er erst zur Zeit der allgemeinen Umwälzung gebeirathet batte: unter anderen Verhältnissen hätte Fräulein de Rigny eine angeblich so glänzende Partie nicht machen können. Der Graf, klein, schmächtig mit wohlgepudertem Haar — zwei Locken an der Schläfe, hinten ein Zöpfchen — war eine nichts weniger als angenehme Persönlichkeit; er hatte eine lange spitze Nase, «inen finsteren Blick und einen verkniffenen Mund. Man bezeichnete ibn als einen Schöngeist, er machte auch ganz niedliche Vers». So oft eS irgend etwas AcißergewöhnlicheS gab, eine Feier, ein Fest, wurde er um ein Couplet gebeten. Er ließ sich meist lange bitten, bis er Vie Kinder seiner Muse schenkte, was stets von dem Wunsche begleitet war, man möchte dieselben nicht verstümmeln. Die Mutter der Gräfin zeigte Spuren früherer Schön heit und schien sehr klug zu sein. Vielleicht halt« sie durch frühere Opfer die „ruhmreiche" Verheiratbung ber Tochter zuwege gebracht. Ein Neffe, der etwa 23 Jahre alt war und noch hätte ein KindrrwamS trage» können, sowie ein kleines liebliches Mädchen, Amalie mit Namen, vervollstän digten die Familie. Zunächst wollten sie nur »in bescheidenes Obdach annehmen; später fand man aber die Zimmer zu klein, meinte auch, eS genüge nicht, nur zu Mittag zu speisen — man hatte so viele, unabweisbare Bedürfnisse! Man entschloß sich also, die volle Pension anzunehmen. Nach einigen Monaten sprach man den Wunsch nach einem stän digen „Absteigeauartier" au- — eS ist so angenehm, bei sich zu Hause zu sein! Man erhielt auch wirklich eine hübsche kleine Villa zugewiesen, die etwa eine Viertrlmeile vom Schloß entfernt lag. Solche eine neue Einrichtung erfordert aber mancherlei. Der Graf, von polnischen Interessen ganz in Anspruch ge nommen, konnte oder wollte sich nicht darum kümmern — die Gräfin war noch so jung! Sie wußte zu wenig Bescheid, auch riskiren Fremde stets, betrogen zu werden. Die kluge Mama übernahm eS also, Frau von Krakau die Verlegenheit abnen zu lassen, in welche die Familie durch diese Ver besserung deS Daseins gerieth. Sogleich wurden die nötbigen Befehle ertbeilt und das kleine Haus für die neuen Gäste bestens in Stand gesetzt. Die Räume wurden neu möblirt, einfach aber elegant, die Speisekammer reichlich versorgt, daS Taubenhaus besetzt, der Garte» i» Ordnung gebracht, die Wege mit KieS bestreut, sogar für Remise und Ställe wurden Anordnungen getroffen: die Familie bedurfte doch der Trans portmittel nach dem Schloß. Der Onkel war zu alt, Amalie zu jung, um einen so weiten Weg zu Fuß zurücklegen zu können. Trotz dieser vielen, ihr zugewendeten Wohltbaten hörte die ganz fremde Familie nickt auf, Vergleiche zwischen dem Einst und dem Jetzt anzustcllen, unhöfliche Anspielungen zu macken über Vermißtes, in wenig zarter Weise zu klagen! Wurden die Emigranten von einem neu Angekommencn ihrer kleinen Villa wegen beglückwünscht — sie war in der That reizend — so antwortete man mit einem tiefen Seufzer, durch ein Niederschlagen der Augen, welches Resignation auS- drückte, oder auck durch einige zusammenhanglose Worte, welche besagen sollten: „Für Andere wäre daS Alles gut, aber für unS!" Dann sprach man von den Schlössern, welche zu verlassen man genöthigt worden war, von dem herrlichen, opulenten Leben, welches man dort geführt batte. Von da kam man auf dem Marschall Bassompierre, auf die Freundschaft zwischen dem großen König und diesem großen Mann zu sprechen. War man einmal auf diesem Terrain angelangt, so gab eS kein Ende mehr, — endlich wurden aus Seufzern Tbränen, aus Anspielungen Flüche. Man wird zugesteben, daß das Ertragen solcher Gäste einen Grad von Gastfreundschaft bedingte, wie er beute wohl selten «„getroffen werden würde. Da« Schönste an der Sache ist, daß als Ludwig XVIII. einmal nach Bialystock zu Besuch kam, er die BassompierreS gar nickt kannte. Es stellte sich heraus, daß sie zwar auSgerissene Franzosen waren, die aber zu Hause auch nickt- zu essen gehabt batten und e- sich nun in der Fremde auf Kosten Anderer wohl sein ließen.
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