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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991025021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899102502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899102502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-10
- Tag1899-10-25
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8284 tu tetrSchtlicher Sahl in nnetunehiubarer Ttel» t«u> »eftlich der Hauptftrafte von Ladysinith »uch Dundee sich feftgeseftt hätten. Ach erhielt edeuso die Nachricht, »atz unsere Trnvvcu in TnnLee, die früher von LhmonS, nunniehr von Pule bciehligt sind, jetzt nach Ladysmith ans dem Neue «der Beith und über die Thäler de» Waschbant- nnd des Sonntag- -luffe» »urückgehen nnd heute im Thalr 0cs2on»tag- Alusse» etntresfe« sollen. Ach zog mit starten Kolonnen au», um die Beweguu« de» Generals Aule zu decken. Der Ketud wurde etwa 7 Meilen von Ladysmith tu einer »ou Natur ausnehmend starken Stellung west lich »an der Strafte entdeckt. Als der Feind die Bor- bereitunyen sah, eröffnete er das Fener mit einem Geschütze von yrotzrr Präcision. Unsere Artillerie er widerte das Fener bald nnd brachte das Geschütz zum Schweinen. Unsere Truppen wnrden sodann be ordert, Sen Höhe»;«!, parallel ;u der Stellung des Feindes, aber nnr an der Strafte zu besetze». Ach beschränkte mich darauf, de» Feind genügend ,;u cngagiren nnd somit zu verhindern, gegen Vnle's Truppen etwas zu unternehmen. Gegen 2 Uhr war das Feuern im Wesentlichen beendet." * London, 25. Oktober. (Telegramm.) „Daily Mail" berichtet aus Kapstadt unter Sem 24. v. Mts.: Aule hat eineBereinigung mitWhtte etwas nördlich vonLavy- smttb bewirkt. Nach der im Moraenblatt veröffentlichten Depesche aus London sind eS die Ladysmith bedrohenden Oranjeboercu, welche mit White zusammengetroffen sind. Die von Norden kommende Hauptmacht der TranSvaalbocren ist noch im Bormarsch auf Ladysmith begriffen. Hier wirb sich für die nächste Zeit der Schauplatz des Krieges befinden, und der Entscheidungskampf muß auf diesem Theil des KriezS- lheater» erwartet werden. Ist Ladysmith den Boeren in die Hände gefallen, so sieht ihnen der Weg nach Pietermaritzburg und Durban offen, da die Engländer fast ihre gesammte, ihnen fetzt zur Verfügung stehende Streitmacht bei Ladysmith con- centrirt habe. Erst in drei Wochen kann das von London abzusendende Armeecorps an Ort und Stelle sein. — Wie uns beute weiter auS London telegrapbirt wird, besagt eine Drahtnachricht Milner'S an Chamberlain, die Bemühungen, die Basutos ruhig zu erhalten, seien durch das prahlerische Verhalten der Boeren an der Grenze, die vor und nach Beginn der Feindseligkeiten offen gedroht batten, Maseru und andere Stationen anzugreifen, erschwert. Sie hätten auch versucht, den Gehorsam der Basutos gegen England zu erschüttern und die Bemühungen zu vereiteln, sie in Ruhe zu erhalten. Die Boeren seien daher verantwortlich, daß sich die Sorge vor den Einfällen der Eingeborenen geltend mache. AuS Brüssel meldet uns dagegen ein Telegramm, die Be hauptung, daß die Boeren die Hilfe der Basutos angerufen Kälten, werde von dem Gesandten der Transvaalrepublik, Dr. Leyds, als eine Verleumdung der Boeren bezeichnet. Anfangs hieß es in englischen Berichten, die Basutos begännen sich gegen die Boeren zu erheben. Wenn die Eingeborenen jetzt gegen die Engländer schwierig werden und die Boeren sie nicht daran hindern, so kann den Letzteren daraus doch in keiner Weise ein Vorwurf gemacht werden. Selbst wenn sie die Basutos zum Kampfe gegen die Engländer aufslachelten, tbäten sie nichts Anderes, als was die Letzteren in den früheren Kämpfen mit den Boeren gethan haben. — Auf dem westlichen Kriegsschauplätze soll die Lage für die Engländer, be sonders bei Mafeking, gut sein. So versichern englische Drahtnachrichten. Zn Wirklichkeit steht cS doch etwas anders, wie aus folgender Meldung kervorgehi: * LvnSon, 25. October. (Telegramm.) „Daily Telegraph" berichtet aus De Aar vom 23- d. M.: General Cron je, obwohl zweimal ans Mafeking zurückgcworfen, soll aus Kimberley marsch iren und Mannschaften, Vorrüthe und Munition aus britischem Gebiete rcquiriren. Er hat eine kleine Adtheilung zur Belagerung MasekingS zurückgelafsen. Die Freistaat- Boeren marschiren westlich, um sich mit Cronje zum Angriff auf Kimberley zu vereinigen. Also genügt rur Einschließung MasekingS eine Hand voll Boeren. Die Vcrtheidigung muß unter Oberst Baden- Powell eine reckt schwache, oder recht geschwächte sein. „Daily Mail" berichtet aus Capsiadt, die Negierung der Südafrikanischen Republik habe von Pretoria fünf schwere Geschütze nack Mafeking geschickt. Der Fall der Stadt dürfte demnach bald zu erwarten sein und dann auch Kimberley nicht mehr lange Stand halten. — Mittlerweile beginnen schon internationale Schwierigkeiten aus dem Engage ment Englands in Südafrika, oder wenigstens die Furcht davor sich bemerkbar zu machen. So berichtet man uns: * London» 25. October. (Telegramm.) „Daily Telegraph" schreibt, es könne kaum bezweifelt werden, daß die Admiralität beabsichtige, einen Theil der Reserveflotte mobil zu machen, man glaube aber, der Persische Meerbusen sei die Ursache der in Erwägung stehenden Maßnahmen, da Rußland dort einen Hafen wünsche. Rußland wäre auch thörickt, wenn es jetzt die Gelegen heit, mit England anzubinden, nicht ergriffe; so günstig kommt sie ihm schwerlich wieder! Deutsches Reich. Berlin, 2l. October. (Die ReichStag-neuwahl für Ealbe-AscherS leben ) DaS Urtbeil, daS in dem Majestätübcleidiguugsproces; gegen den socialdemvkratischen Abgeordneten Schmidt wegen eines in der „Magdeburger Volkssiiinme" unter seiner Verantwortung veröffentlichten, schwer verletzenden Artikels vor einiger Zeit gefällt worden, ist vor ein gen Tagen rechtskräftig geworden, und da es nicht nur auf drei Jahre Gefängniß, sonder» auch auf den Verlust sämmtlicher auS öffentlichen Wahlen hcrvorgegangeneu Ehrenämter lautet, so ist daö ReichStagSmandal für Calbe- AscherSleben damit frei geworden und hier eine Neuwahl zu vollziehen. Zn diesem Wahlkreise ist die Socialdemokratie in den letzten Jahren sehr gewachsen und fast die stärkste Partei. Unter diesen Umständen ist cS begreiflich, daß die focialdemolratische Parteiführung die Bestrafung ihres Parteigenossen gerade wegen Majestätsbeleidigung mit Hilfe der Ersatzwahl auSnutzen will, um „dem Wabrspruche des Gerichtes den Wahrspruch des Volkes entgegenzustcllen", der unzweifclhast dahingehen werde, daß Genosse Schmidt nach wie vor werth bleibe, das höchste Ehrenamt zu bekleiden, das vom Volke zu vergeben sei. Um diesen Appell nicht nur an die Parteigenossen, sondern an alle Männer von Ehre und Charakter zu verstärken, wird Schmidt zum doppelten Märtyrer gemacht, zum Märtyrer der socialdemokratischen Uebcrzengung und Les „socialdemvkratischen Pflichtgefühls", weil er sich selbst dem Gerichte als Opfer angeboren hat. Der „Vorwärts", der diese Phrase münzt, verschweigt dabei, daß Herr Schmidt daS Gegcntheil von dem gewesen wäre, waS ihm jetzt nach gesagt wird, wenn er sich nicht „geopfert" bätte. Denn statt seiner war zu vier Jahren Gefängniß sein Parteigenosse Müller verurtheilt worteu, dessen Name als verantwortlicher Nedactcur auf der incrimirten Nummer der „Magdeburger Volksstimme" gestanden, während thatsächlich Schmidt die Redaction geführt und auch allein, ohne Beihilfe jene Nummer redizirt batte. Wie wenig die Svcialdemokratie über die Classenjustiz klagen kann, geht daraus hervor, daß auf Anordnung der Staatsanwaltschaft ungesäumt die Strafverbüßung deS Genossen Müller auSgesctzt und da» Wiederaufnahmeverfahren eingeleitet worden ist. Die Wähler der nicht-sccialdeinokratischen Parteien in AickerSlebeu-Calbe werden daher durch die socialdemokratische Mache sich nicht beirren lassen. Für die Neuwahlen kommt in Betracht, daß in AscherSleben-Calbe bei den im verflossenen Jahre vor genommenen Neuwahlen 41 629 Wahlberechtigte vorhanden waren; davon stimmten am 16. Juni v. I. leider nnr 34 503, und von riesen 17 090 für die Socialdemokratie. In der Stichwahl siegten sie mit 18 300 Stimmen über den nationalliberalen Canditaten und bisherigen Ver treter Placke, der mit 18100 Stimmen in der Minder heit blieb. Die Verantwortung für diesen Ausgang trugen die Antisemiten und Freisinnigen, die im ersten Wahlgange, der die Socialdemokraten in die Minder heit brachte, 3500 Wähler zu ungefähr gleichen Tbeilen für fick absplitterten. Hoffentlich werden die Lebren dieser Wahl für die kommenden Tage beherzigt: soll ein Ver treter der staatserhaltenden Parteien diesen Wahlkreis ver treten, dann kann eS nur ein nationalliberaler sein, denn dieser Kreis ist alter Besitzstand der nationalliberalen Partei, und außerdem brachte sie selbst bei der lauen Betheiligung im Vorjahre noch nahezu 14 000 Stimmen im ersten Wahlgang auf. Zwischen Len letzten Wahlen und den kommenden Ersatzwahlen liegen zwei social demokratische Parteitage, auf denen allen bürgerlichen Parteien ohne Unterschied neue Feindickaft geschworen worden ist. Der Entschluß, gleich im ersten Gang emmüthig voranzu geben, kann nicht schwer fallen, wenn sich die bürgerlichen Wähler vor Augen hatten, daß seit 1884 bis zum vorigen Jahre von Len abgegebenen Stimmen die socialdemvkratischen von 1l auf 49 vom Hundert gestiegen sind und daß, wie unlängst die mit freisinniger Hilfe ermöglichte Wahl de» Antisemiten Lotze in Pirna beweist, was bei einsichtigem Zusammenwuken selbst in so hart angegriffenen Wahlkreisen zu erreichen ist. Die Nationalliberalen des Wahlkreises werden dafür den geeignetsten Canbidaten stellen, den all gemein geachteten früheren Vertreter deS Wahlkreises, Kauf mann Placke in Aken. * Berlin, 24. October. Die brandenburgische Pro vinzialsynode hatte beute folgenden Antrag der Kreis synode Linbow-Gransee zu berathen: „Die Synode bedauert tief, daß abermals eine deutsche evangelische Prinzessin auS irdischen Rücksichten ihren Glauben aufgegeben hat. Sie erklärt gerade den Abfall von Mitgliedern aus fürstlichen Häusern für »in schweres Aergerniß der evange lischen Christenheit." Berichterstatter Syn. Frhr. v. Soden führte auS: Der Fall, auf den sich dieser Antrag bezieht, ist uns Allen hinlänglich bekannt und verträgt kaum eia näheres Eingehen vor der Lessentlichkeit. Ich glaube Namens der Provinzialsynode ausspcechen zu könneo, daß wir in der Sache ganz einig mit der Kreissynode sind, daß auch wir einen Confessionswechsel auS rein weltlichen Beweggründen mit dem Gewissensrrnst und der Pflichttreue für unvereinbar erachten und ihn doppelt beklagen, wenn er in den Kreisen vorkommt, aus di« unser Volk als Vorbilder auszublickeu ein gute» Recht hat. Andererseits können wir uns kaum verhehle», daß der hier ongezogene Fall kein Gegenstand der Beschlußfassung einer Provinzialsynode der preußischen evangelischen LaudeSkirche sein kaun. Noch anders würde dir Sache liegen, wenn es sich um die Herbeisührung eines Votum» der Gencralsynode handeln würde. Wir können um so mehr von einer Beschlußfassung objehen, als die Geistlichkeit der lutherischen Landeskirche de» brtheiligten Landes ihrer Ansicht über diese Angelegenheit mit männlichem Muthe Ausdruck gegeben hat. Deshalb beantrage ich folgende Beschlußfassung: „Proviuzialsynode weiß sich mit der Kreissynode Lindow- Gransee in der strengen Verurtheilung eine» ConsessionS- wechfels aus weltlichen Beweggründen rinS, erachtet es aber als Provinzialsynode nicht als ihres Amtes, den in der Zu schrift der KreissynoLe behandelten Fall ihrer Beschlußfassung zu unterziehen." Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Ferner theilte der Vorsitzende v. Levetzow den Eingang eines An trages mit folgendem Inhalt mit: Proviuzialsynode wolle das Consistorium ersuchen, sich mit dem Magistrat und dem Polizeipräsidium in Verbindung z» setzen und zu beantragen, daß der Ladruschluß an den Sonntagen nicht erst um 10 Uhr, sondern schon um 9 Uhr stattfindr. — Angesichts der Verleihung des RecktS zur Ertheilung wissenschaftlicher Grade an die Preußischen Technischen Hoch schulen wird auS sicherer Quelle gemeldet, daß die anderen deutschen Bundes st aalen Preußen folgen werden. Ein entsprechendes PromolionSstatut soll bereits ausgearbeitet sein und an Strenge alle anderen bisherigen Promotions ordnungen deutscher Hochschulen übertreffen. So sollen die zugezogenen Professoren z. B. keine besondere Vergütung erkalten; auch kann der „Dr.-Jng." erst ein Jahr nach bestandener Staatsprüfung gemacht werden, und nur bei ganz außerordentlich befähigten Studirenden soll hiervon abgewichen werden dürfen. — DaS CultuSministerium wird der Charlotten burger Technischen Hochschule noch eine Medaille in Silber und Bronce zustellen, welche von der Hochschule selbst zum Andenken an die hundertjährige Feier verliehen werden soll. — Die durch Vertreter der Aerztekammern erweiterte wissenschaftliche Deputation für das Medicinal- wesen wird morgen zu ihrer diesjährigen Sitzung zusammentrelen, welche voraussichtlich mehrere Tage dauern wird. Nach Schluß der Sitzung werden sich die Mitglieder zu einem gemeinschaftlichen Mittagessen vereinigen, zu dem auch der CultuSminister vr. Stud t sein Erscheinen zugesagt hat. — Die Ausgabe der neuen deutschen Briefmarken steht nahe bevor. Außerdem ist die ReichSdruckerei gegen wärtig mit der Herstellung der in Folge der Ausgestaltung Les Versicherungsgesetzes erforderlich werdenden neuen „Klebe marken" beschäftigt, von denen eine ganze Reibe neuer Sorten angefertigl wird. Darunter sind die Marken für die neugesckaffene fünfte Lohnclasfe, ferner Gesammtmarken für alle fünf Classen, deren Ausgabe im Jahre 1900 für die verschiedenen Lohnzeiten (2, 4, 6, 13 Wochen) beschlossen worden ist. — Der „Berl. Loc.-Anz." erfährt: AuS Anlaß des eben in Moabit beendeten SpielerprocefseS wird ver schiedentlich eine Aenderung bezw. Verschärfung des Straf gesetzbuchs angeregt. Es ist indeß schwerlich anzunehmen, daß die verbündeten Regierungen einer solchen Anregung ftattgeben werden. Vielmehr glaubt man, daß die bestehenden Bestimmungen auSreichen und auch die Rechrsauffafsung deS Reichsgerichts vom gewerbsmäßigen Glücksspiel den Straf richter keineswegs unzulässig beenge. Der Staatsanwalt habe ja auch auf Grund dieser Auffassung den Thatbestand der Gewerbsmäßigkeit als vorliegend erachtet, welchem Standpuncte auch der Gerichtshof sich hätte anschließen können. Ebenso wenig werde man wohl daran denken können, weitere Beschränkungen des VerfügungSrechtS der Hotelbesitzer u. s. w. über ihre Räume vorzuschlagen oder gutzuheißen. — Fürst Günther von Schwarzburg-Rudolstadt hat s nach kurzem Aufenthalt seine Reise nach Rudolstadt fortgesetzt. — Ter Oberpräsident z. D. Udo Graf zu Stolberg-Wernigerode hat sich nach mehrtägigem Aufenthalt von hier nach Schlesien be geben. — Der Wirkt. Geheime Rath, Gesandter z. D. Freiherr v. Gutschmidt ist aus Schloß Barrenslein und der großherzogl. mecklenburgische Kammerderr v. d. Lühe au» Neustrelitz hier ein getrosten. — Der hiesige württembergische Gesandte Frhr. v. Varn- büler ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Ge- schäfte der Gesandtschaft wieder übernommen. — Der großherzogl. sächsische Cultusminister v. Pawel ist nach kurzem Aufenthalt hier gestern Abend nach Weimar zurückgekehrt. — Die brasilianische Regierung hat in Berlin ein Con- sulat errichtet und den Posten eines Consuls ihrem bisherigen Viceconsul Moritz Herrmann übertragen. * Oldenburg, 24. October. Der Landtag ist zum 4. November einberufen. Die Session währt bi» zum 22. December. * Bremen, 24.Octvber. DaS DiSciplinarverfahren gegen den Bauratb Flügel wegen Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung wurde heute abgeschlossen. DaS Urtheil lautet auf AmtSentsetzung und Gewährung deS halben gesetz lichen Ruhegehaltes. * Elberfeld, 21. October. Der christlich-sociale Parteitag, der in Bielefeld stattfand, hat bezüglich der Landwirthschaft folgende Entschließung angenommen: 1) Ein einfaches und eiiiheitliches Mittel, der Landflucht länd licher Arbeiter zu wehren, giebt es nicht. Eine gute WirthschastS- politik muß die Arbeiter kräftigen; an diese ist dann aber die Forderung eines christlich-socialeo Verhaltens gegen die Arbeiter zu stellen. Die Möglichkeiten, kleinen Besitz zu erwerben, sind zu vermehren. Die Hausindustrie muß da, wo sie lebens kräftig ist, gefördert und in gesunder Weise gestaltet werden. 2) Der christlich-sociale Parteitag spricht sich für Ausstellung eine» autonomen Zolltarifs aus, durch welchen sowohl die natürlich erwachsenen Industrien zu schützen sind, wie auch die Landwirlh- schast in ihren Hauptzweigen: Viehzucht und Getreidebau, mit den selben auch die Schälwaldcultur. * Köln, 24. October. Ueber den Lebenslauf des neuen Erzbischofs von Köln werden folgende Angaben gemacht: Hubertus TheophiluS Sim ar, Doctor der Theologie und bis heriger Bischof von Paderborn, wurde am 14. December 1835 in Eupen (Regierungsbezirk Aachen) geboren, wo sein auS Clermont im belgischen Luxemburg stammender Vater ein Manufacturgeschäkt betrieb. In Bonn und München studirte er drei Jahre Theologie und trat dann in das Priesterseminar in Köln ein. Am 2. Mai 1859 wurde er hier zum Priester geweiht und kam als Caplan an die Bonner Stiftskirche. Nach anderthalb Jahren folgte Simar, dem schon 1858 von der theologischen Fakultät der Akademie zu Münster die Würde eines Licentiaten zuerkannt worden war, einem Rufe als Repetent an dem Bonner erzbischöflichen theologischen Convict, während er gleichzeitig in dieser Stellung als Privatdocent Vor- lesungen über das Neue Testament hielt. 1865 zum außerordent lichen Professor ernannt, erhielt er 1867 von der Miinster'schtn Akademie den Ehrendoctor und wurde 1880 zum ordentlichen Pro fessor der Dogmatik ernannt. 1887 erhielt er vom Papst Leo die Würde eines Hausprälaten. Zum Nachfolger Les Bischofs Drobe von Paderborn wurde Simar 1891 gewählt nnd 1892 geweiht. Simar ließ sich die Förderung der Görres-Gesellschaft zur Pflege der katholischen Wissenschaft und des Borromäus-Vereins zur Ver breitung guter Bücher besonders angelegen sein. Er ist auch Ver fasser mehrerer Werke über die Theologie deS heil. Paulus, von Lehrbüchern der Moraltheologie und der Dogmatik, über den Aber glauben rc. (-) Neusalz a/O., 24. October. Heute wurde hier das erste GetreibelagerhauS in Schlesien eröffnet. Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein, Oberpräsident Fürst Hatzfeld, Regierungspräsident von Heyer, der Präsident der Eisenbahndirection und Landrath von Eichmann nahmen an der Feier Theil. Der Vorsitzende des Vorstandes v. Reiche und der Vorsitzende des AussichtSralheS Ebhardt wurden Lurch kaiserliche Auszeichnungen geehrt. Bei dem Festessen brachte der Oberpräsident Fürst Hatzfeld daS Hoch auf den Kaiser auS. Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein gedachte des KornlagerhauscS als eines Mittels zur Hebung der Landwirthschaft und als eines Bindemittels zwischen dem großen, mittleren und kleinen Grundbesitz. * BreSlau, 24. October. Die schlesische Provinzialsynode ging über den Antrag der Synode Görlitz, bei Feuer bestattungen eine kirchliche Mitwirkung zu erlauben, zur Tagesordnung über, nachdem mehrere Redner, darunter der königliche Commiffar, Consistorialpräsident Or. Erd mann, sich auf das Entschiedenste gegen den Antrag ausgesprochen batten. * Mannheim, 24. October. Die Demokraten be schlossen, bei der Landtagswahl für die Social demokraten zu stimmen. * Baven-Baden, 24. October. Gestern wohnte der Großherzog der Landesaussckußsitzung der badischen Gewerbevereine bei. Auf die Begrüßungsansprache des Vorsitzenden des Verbandes erwiderte der Großberzog u. A.: „Seien Sie überzeugt, daß die Gefühle, die Sie Mir aus gedrückt haben, Mir tief in das Herz eingegraben sind, weil ich mit Ihnen fühle, welche Bedeutung es hat, sich zu vereinigen, um sich zu kräftigen. In diesem Sinne begrüße Ich Ihre Vereinigung ganz besonders, da Ich überzeugt bin, daß die Kraft die Sie suchen, in der Einigkeit begründet ist. Ihr Streben wird das herbei- führen, was Ich zu erreichen suche, und diese Bestrebungen zu unterstützen, ist eine der schönsten Ausgaben der Regierung und des Fürsten. Seien Sie überzeugt, daß Ihren Verhandlungen zu folgen Mir eine besondere Befriedigung gewährt. Diese Befriedigung wird aber gesteigert, wenn Ich sagen kann, ich stimme mit Ihnen überein. Ich wünsche Ihnen segensreiche Erfolge für Alles, was Sie unternehmen. Gott behüte Sie." Der Erzbischof von Freiburg, der beim Festbanket anwesend war, betonte, die Socialdemokratie sei ein vorüber ¬ ein mattes Abendroth hing am Westhimmel wie der letzte Schein eines ausgeblasenen Lichtes; von den Kirschbäumen am Wege flog das leicht« Gezweig in die aufgewühlten Staubwolken. Und «in solcher Stürm von Gedanken und Empfindungen regte sich in der Brust des wandernden Mädchens. Das Eine stand fest bei ihr: das ist das Unglück! So sieht es aus — so sieht es uns an mit dem erbarmungslosen Blick, starr und hohl — so umklammert es uns mit eiserner Kraft, daß es uns den Athen, nimmt und jede freie Regung — und wenn wir den Blick weiter wenden, dürstend nach einem Hellen, freundlichen Licht schein, so sehen wir nur noch den Nachschimmer einer versunkenen Hoffnung — den rasch verlöschenden Nachschimmer. Und da draußen Alles dunkel war, so prüfte Alice mit Peinlichkeit, ja mit Grausamkeit ihr Inneres. Trug sie irgend welche Schuld an dem Unglück, das über ihren Vater herein gebrochen war? Einen Zusammenhang zwischen ihrer Flucht aus dem Vaterhause und dem Verbrechen ihres Vaters konnte der unerbittlichste Verstand nicht entdecken — und doch — das sagte ihr «ine dunkle Stimme, die irgend woher kam aus den Tiefen ihrer Seele, der Oratolspruch eines Gewissens, das mehr mit dem Gefühl zu thun hatte, als mit verstandesmäßigen Er Wägungen: es wäre anders geworden, wenn sie den Vater nicht verlassen, wenn sie seinen Wunsch erfüllt hätte! Schuld reiht sich an Schuld, oft an einem unsichtbaren Faden — und eine Schuld war die rücksichtslose Bethätigung des eigenen Willens. Sir hatte sich selbst zu einer Heimathlosen gemacht, und jetzt hatte sie mit der Heimath zugleich den Vater verloren. Als sie im Dorf« angekommen, schlich sie sich durch di« Hinter- thüre in den Garten des Jnspectorhauses. Ein Lichtschein fiel aus den Fenstern des SPrisesaals auf dir verkrüppelten Obst bäume, die dort ein unschönes Spalier bildeten; verworrener Stimmenlärm ertönte; offenbar war der Gutsverwalter ohne Gehalt, Herr Hugo Trams, bei der Arbeit und zechte nach des Tages Mühen mit einigen geladenen Genossen. Alice zögerte, in ihr Zimmer hinaufzuzchen; sie mußte durch den Corridor bei der Saalthüre vorübergchen und diese stand meistens offen, so daß sie fürchten mußte, bemerkt zu werden. Sir setzt« sich daher in die Laub«; sie wußte nicht, wie lange sie da würde warten müssen; es war «in frostiger Abend und der Sturm hatte sich noch nicht gelegt. Nun, di« Herren waren ja hier nicht «zu Hause, und ihr war's, als hört« sie im Hofe nebenan bereit» die Kutscher, wie sie, nicht weniger lärmend als ihre Herren im Speisesaalr, das Anspannen der Pferde besorgten. In ihre düftern Gedanken versunken, bemerkt« sie kaum, wie der Kies des Gartenweges knisterte unter Schritten, die sich d«r Laube näherten. Nun fuhr sie von der Bank empor — Hugo Trams stand vor ihr; er war aus dem qualmigen Speisesaal herausgetreten, um etwas frische Lust zu schöpfen; doch die Wirkung derselben war keine günstige; er hatte dem Sherry zu sehr zugesprochen und gerieth in ein leichtes Schwanken, wie ein Segelboot, in das eine frische Brise fährt. „Wetter noch eins — die Alice", rief er halb ungläubig, seinen eigenen Augen nicht trauend, „wahrhaftig, sie ist's! Was hat denn das Unglückskind hierher verschlagen?" „Ich habe meinen Vater besucht, Herr Trams, — und da der Baron ihm noch nicht gekündigt hat, so bin ich hier noch immer in meines Vaters Hause." Sie wollte ihre Anwesenheit rechtfertigen, ein anmaßliches Benehmen ablehnen. „Fürchten Sie nichts, Fräulein? Wir hätten um Ihre Er- laubniß nachzesucht, wenn wir gewußt hätten, daß Sie hier zu gegen waren! Sie sind hier die Hausherrin gewissermaßen, und was mich persönlich betrifft, so mache ich Ihnen mit Vergnügen die schuldigen Honneurs." „Und Sie würden diese Rücksichten, die Sie mir schuldig zu sein glauben, am besten bewähren, Herr Trams, wenn Sie mich jetzt hier allein ließen, schon um jedem müßigen Gerede vorzu beugen." „Aha, Sie mckinen wegen der Brautschaft — o, das hat keine Noch, das ist längst gestrichen. Niemanv wird wohl so thöricht sein zu glauben, daß ein Herr Hugo Trams noch ernste Ab sichten habe auf die Tochter des Betrügers und Fälschers Bärmann." „Sie beleidigen mich, Herr Trams", sagt« Alice auffahrend. „Das ist nicht meine Absicht. Ich sehe die Ding« nur, wie sie sind; denn ich bin ein sehr praktischer Mann — das sagen auch meine Freunde. Gewiß, ich kann Ihren Vater ganz aus dem Spiele lassen; einem soliden Staatsbürger wird wohl Niemand zutrauen, daß er seine Hand ausstreckt nach einem Mädchen, welches auS dem elterlichen Hause fortgelaufen ist, um unter die Komödianten zu gehen." „Sie versperren mir hier den AuLweg, Herr Trams; Sie nöthigen mich, Dinge mit anzuhören, die mich empören müssen." „Das macht mir eben Spaß", sag!« Trams, bei dem die Wirkungen des Rausches sich in der frischen Luft gesteigert hatten; „ich bin eben bei guter Laune und da plaudert's sich so reizend mik einem hübschen Mädchen; denn daS muß ich Ihnen doch sogen, di« Braut ist in dkc Versenkung verschwunden, aber das hübsche Mädchen ist geblieben. Das wird Sie weder be leidigen, noch empören — das hören sie alle gern, die niedlichen Krabben! Und am Ende ist eine Braut etwas Genirendes nicht nur für andere Leut«, sondern auch für den Bräutigam selbst; von einem hübschen Mädchen aber ohne den fatalen Ring sagt schon der muntere Kriegsknecht in Wallenstein's Lager: „Einer Dirne schön Gesicht Muß allgemein sein wie's Sonnenlicht!" Alic« rang verzweifelt die Hände. „Und derselbe Dichter", fuhr Trams fort, dem der Sherry aus allen Winkekn seines Hirns Schulcitaie und poetische Er innerungen von der landwirthschaftlichen Akademie hervor gelockt, „singt auch anderswo: „Es Prüfe, wer sich ewig bindet. Ob sich das Herz zum Herzen finde!.* Doch man ist eigentlich dumm, wenn man sich ewig bindet — ewig — das ist etwas zu lang«! Darüber sollten wir hinaus sein, wir gebildeten Menschen des zu Ende gehenden Jahr hunderts. Auf Zeit, das ist das Richtige, das einzig Richtige, und wenn man irgendwo ewig gebunden ist, da muß man sich noch nebenbei auf Zeit binden; man muß seinen Grundsätzen ein kleines Zugeständniß machen. Die Ewigkeit ist uns zu Wasser geworden, Alice, reizendes Alicechen — da sind Sie selbst Schuld daran — fortlaufen und dann «in solcher Vater; doch wie gesagt — das ist Alles sehr hinderlich für die Eh:, aber nicht für die Liebe, die scheert sich den Teufel darum. Und ich liebe Dich, Alicechen! Komm a» mein Herz, kleine Aus reißerin!" Doch als sich TramS der Geliebten näherte, stieß sie ihn mit dew vollen Ausbruch eines lang eingehaltenen Zornes von sich; er taumelte zurück, glücklicherweise in die Arme des zier lichen EliaS von Bitterbach, der eben gekommen war, um den Freund, der allgemein vermißt wurde, zur Abfahrt abzuholen. Elias, der nichts weniger als ein Athlet war, hatte selbst Mühe, sich ausrechtzuhalten, als ihm der abgelehnt« Liebhaber in die Arme slrg. Er bemerkte mit Erstaunen, daß ihm die thrure Last von zarter Hand aufgenöthigt worden war, und als er in seinen Erinnerungen blätterte, besann er sich auf eine ähnlich« Ablehnung — und «s war dieselbe zarte Hand, die ihn so rücksichtslos bei Seite geschoben. „Ah, Fräulein Saiorin — «ine talentvolle Künstlerin, Hugo! Respekt vor ihr! Sie gastirt hier und, wie eS scheint, als Heroin« — viel Ehre für unS! — wir quittiren gerne dafür! Doch mit Frauen zu kämpfen, bringt wenig Ruhm — und dies« Damen bringen Alles gleich in di« Blätter. Komm, komm, wir rüsten uns All« zur Heimfahrt!" Doch Trams, hochroth vor Zorn, rief aus Leibeskräften: „Ausspannen, wieder ausspannen, Ihr Kutscher! Wir bleiben hier — vielleicht die ganze Nacht. Mein Wagenfutter ist noch nicht verbraucht. Sherry her! nur mehr Sherry! Doch ohne Passirschein kommt Niemand da unten bei uns vorüber — und wenn das Fräulein in ihre Koje kriecht — wir werden sie zu finden wissen. Treppe oder Leiter, Thllre oder Fenster, wir holen sie herunter! Sie soll uns etwas vortanzen und Vorspielen. „Komm, Hugo! Komm!" Und Elias zog den Zögernden mit sich fort, der lebhaft gesticulirte und drohend die Faust ballte. Alice hatte das Gefühl grenzenloser Demüthigung; wo fand sie Schutz gegen die Angriffe wüster Gesellen? ^Timotheus mußte ihr diesen Schutz gewähren; er war der Einzige, der die Pflicht dazu hatte, und dann, ihr gutes Recht wollte sie nicht ausgeben — komme was da wolle! Doch hier in des Vaters Hause konnte sie nicht nächtigen, und wenn auch die Drohungen von Trams leere Prahlereien waren — schon daran denken zu müssen, war ihr ein« Entwürdigung. Was blieb ihr übrig, als zu ihrem alten Freunde, dem Milchmann Brendel, ihre Zuflucht zu nehmen und ihn um ein Nachtquartier zu bitten? Und so wurde ihr eine Schlafstatt neben dem Bette der Frau Brendel aus der Erde improvisirt, doch schlummerlos sah sie den Morgen heraufdämmern und eiAe noch in der Dämmerung auf den Bahnhof. , Viert«» Capitel. Unordentlich sah es in dem Zimmer aus, das Timotheus be wohnte. Bücher, Papiere, Handschuhe und Schlipse — alles lag durcheinander aus dem großen Tische, und wenn Einiges auf der Erde lag, so blieb es dort liegen. Ein« so jämmerliche Unord nung herrscht« auch im Geiste des jungen Schullehrer»; er war verstört bis zur gänzlichen Willenlosigkeit, und nur wenn er die Feder zur Hand nahm, ordneten sich seine Gedankenreihen zu geregelten Sätzen oder zu taktmäßigen Versen; denn auch die Muse besuchte ihn ja bisweilen, di« aus der leidenschaft lichen Verwüstung seines Innern noch einige poetische Funken herauSschlug. (gortsetzun, folgt.)
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