Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.10.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991026022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899102602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899102602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-10
- Tag1899-10-26
- Monat1899-10
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8312 Ton gegen Deutschland «»Zuschlägen beliebt hatte. Warnte dock dieser Tage erst „Daily Telegraph" davor, zwischen Eng land und Teutschlaud die Saat der Feindsckaft Zu säen, sprach das Blatt dock fast begeistert von der wachsenden Freund- sckafl zwischen Deutschland, England und Amerita und hieß Kaiser Wilhelm in England willkommen! Der galligc Erguß der „Saturday Review" ist offenbar auf den Aerger seiner Redaclion und deren Hintermänner über die unverhohlene Stellungnahme der deutschen Presse für die Bocren und ihre ablehnende Haltung in Bezug auf die „Samoa-Compcn- falionen" zurückzusühren. Aber unseres Erachtens sieht da» Blatt schärfer und kennzeichnet die Stimmung in England richtiger als „Daily Telegraph". Der deutsche Handel über flügelt denjenigen Englands. DaS ist eS, was man unS jenseits des EanalS nickt verzeiht und weshalb eS nie zu einem aufrichtigen Zusammengehen kommen kann. Das vsficielle England wird einst, wenn man ihm nicht unter dessen von anderer Seite einen Dämpfer aufsetzt, die Sprache der „Saturday Review" sich aneignen. DaS fühlt die öffentliche Meinung in Deutschland — einige radikale Sc»n- tagSpolitiker ausgenommen — nur zu deutlich heraus und deshalb weiß sie, auf welcher Seite sie jetzt schon Anschluß zu suchen hat. Da« an die Adresse Frankreichs gerichtete Avis dürste gerade jetzt nicht verfangen, wo die Pariser Presse das Vordringen der Boeren in Natal mit Freude be grüßt, und Rußland ist nicht so dumm, sich an Deutschland zu bereichern, auf die Gefahr hin, die Macht seines größten Rivalen dadurch ins Ungemessene zu vergrößern. Auch heute muß man sich mit spärlichen Nachrichten vom Kriegsschauplatz in Südafrika begnügen, mit dem, was das englische Kricgsamt zu verlautbaren, für opportun hält. Daß i» dem Gefecht nördlich von Ladysmith, welches General Wbite am Dienstag den Oranjeboeren geliefert hat, um die auf Ladysmith im Rückzug befindlichen Truppen unter General Hule zu decken, die Engländer einen Verlust von 12 Tobten und 88 Verwundeten hatten, wurde schon gemeldet. Ueber die Verluste der Boeren und alle Einzelheiten des Kampfes schweigt sich die amtliche Mittheilung vollständig auS, man darf also annehmen, daß Wbite den Zusammenstoß di-Smal nicht als eine „vernichtende Niederlage" der Boeren in Anspruch zu nehmen den Muth besitzt. General Hule hat bei seinem fluchtähulichcn Rückzug von Glencoe Dundee nach Ladysmith nickt de» bequemsten und geradesten Weg längs der Eisen bahn, sondern den weiten Umweg über Beitb und die Tkäler des Waickbank- und de« SonntagS-FlusseS (östlich der Bahn linie) gewählt. Der Grund hierfür ist einfach der, daß die Eisenbahn nicht benutzt werden kann, weil die Brücke über den Waschbankfluß gesprengt worden ist, hauptsächlich aber wohl deshalb, weil die Boeren trotz des englischen Sieges bei Elandslaagte fast die ganze Eisenbabustrccke von Glencoe bis Ladysmith beherrschen, lieber die LercinigungS- versuche der beiden englischen HecreSabtheilunge» wird uns nock gemeldet: * London, 25. Oktober. Ein amtliches von beute Nachmittag LotirtcS Telegramm des Generals White an das Kriegs Ministerium besagt, daß die Vorhut, die heute früh von White ansgcsandt worden war, um mit dem General Hule Fühlung zu suchen und ihm zu Hilfe zu kommen, drei englische Meilen von Lessen Abthei- lung entfernt ist, die zeitweilig am Sonntagiflusse Halt gemacht hatte. White fügt hinzu, er habe alle feste» Stellungen a uf der Straße nach Ladysmith besetzt (?) und sei um diesen Platz nicht mehr in Sorge. White hat von dem signalisirenden Osficicr die besten Nachrichten über den Geist und die Leistungsfähigkeit Lcr Truppen eihalten. AuS diesem amtlichen Rapport geht hervor, daß die Meldung ter „Daily Mail", die Vereinigung White's mit ..».»Iley «.oir vcrei»» »»sulgt, irreführend und falsch war. Noch nicht einmal die Borhut beider Abtdeilnngen ist sich begegnet. Jedenfalls Werken die Truppen Jule'S stark von den Boeren belästigt, die sich an verschiedenen Punctcn der Straße eingenistel haben werden. W-nu General Wbite repcsckirt, er habe dort alle feste Stellungen besetzt, so ist das offenbar stark übertrieben, gab doch erst gestern das KriegSamt bekannt, die Boeren Kälten westlich der Straße in uneinnehmbarer Stellung sich festgesetzt. Hier gerietb Wbite ja auch am Dienstag mit den Boeren in den Eingangs erwähnten Kamps! Ausfallend ist, daß man von dem Vormarsch des HauptcorpS der Boeren unter Joubert nichts hört; möglich, daß sie nach Ausbesserung des Schieucnstranges und ter Wiederherstellung der Brücke über den Waschbauk-Fluß die Bahn benutzen wollen. Vielleicht aber ist General Joubert einzelnen in der zweiten Schlacht bei Glencoe zersprengten Ablbeilungen Hule'S nock auf Len Ferseu, worauf folgende Melkungen zu deuten scheinen: * London, 25. ketober. Das KricgSmiiifterinm er fährt ans nichtnnitljchcr Lnrlle, Satz zwei Officiere des 18. Husaren - Regiments und sechs Offeriere der Tnblincr Ansilirc z» Gefangene» gemacht wurde». Man nimmt an, Satz eine ganze Schwadron Hnsaren, Sie nach der Schlacht bei Glencoe vermitzt wnrve, gefangen genommen wnrdc. Tie „Evcnmg RcwS" veröffentlichen indessen ein Trlegra«» an» eaßtzsmttß von, 2'3. d. Mts.. nach dem »,c Husaren, die sich bei der Brrfolgi!», von fliehenden M Boeren verirrt hatten, heute rurncktthnen, nachdem sie sich den Rückweg erkämpft hatten. "London. 25. Oktober. Tas Kriegsamt erklärt, es habe trotz des Telegramms der „Vvcning RewS" keinen Grund, die Glandwürdigkeit seiner nichtamt lichen Nachricht über die Gefangennahme Ser Hnsarcn- schwudroii z» bezweifel». So sind c-Z am Ende unr Brnchstücke der au» weiteste» nach No ten vorgeschobenen englischen Truppenmacht, welche jetzt die Bereinigung mit General Wbite anstreben. — Vom westlichen Kriegsschauplatz auch heute nichts Neue-! Nur folgende Meldung liegt vor: * London, 26. Octobcr. (Telegramm.) Den „TnncS" wird aus Mascking vom 18. d. M. gemeldet: „Der Boerea- general Cronje hat einen großen Thcil seiner Truppe», die vor Mascking lagerten, zurückgezogen. Man glaubt, daß ei» heftiges Geiccht an einer anderen Stelle ihre Mithilfe nölhig gemacht habe, oder Laß eS sich um eine List der Boeren handle, die Oberst Baden. Powell verleiten soll, «inen Ausfall zu machen. „ES ist kaum mehr möglich", heißt eS in dcr betreffenden Meldung weiter, „die Operationen der Bvcren an der Wcstgrenze noch ernst zu nehmen." Uns dünkt, die Meldung der „Times" sei nicht ernst zu nehmen. Eronje befindet fick nach gestrigen Telegrammen englischer Blätter auf dem Weg nach Kimberley, um dort einen Hauprschlag zu führen, während eine kleine Abteilung vor Majeklng zurückgelassen ist, um dieses in Schach zu halten. — Die ausfallendste Erscheinung in den Nachrichten über die Gefechte bei Glencoe und ElanbSlaagte ist — schreibt dir „Köln. Ztg." — der gewaltige Verlust an Officieren, Len die „siegreichen" Engländer erlitten haben. Er zeugt einerseits von der tapferen, vielleicht tollkühnen Opferwillig- kcit dcr englischen Officiere, ist aber auck andererseits ein Beweis dasür, daß die Behauptung, die Boeren hätten im Laufe der Jahre erheblich an Schießfertigteil ciugebüßt, falsch war. Die Instruction ihrer Scharfschützen lautete offenbar dahin, die Chargen der Gegner aufs Korn zu nehmen, und mit welchem Erfolge sie dies gelban haben, dafür liefern die Bcrlustzifferu ein erschreckendes Beispiel. Im Gefecht von Glencoe betrug der e n glif che Verlu st an Off >cie ren 14 v. H. des Gesanimtvrrlnstes, darunter sind l General. 2 Obersten, 1 Oberstleutnant, 3 Majors, 9 Hauptleute; bei ElantSlaagte beträgt nach den bis jetzt rorliegendcn Zahlen — sie scheinen noch nicht vollständig zu sein — dcr Verlust an Osficiereu 13 v. H. Wie gewaltig dieser Verlust ist, erhellt am besten, wenn wir ihn an dem Officiersbestande der deutschen Truppen (Infanterie) und deren Verlusten im Kriege von 1870/7 i messen. Die Stärke des JnfantcriebataillLus betrug 1002 Köpfe, darunter 22 Osficiere, oder 2,2 v. H. Officiere. Der deutsche Verlust in der Schlackt bei Spicheru, die tie Engländer als Gegenstück zu dem Gefecht von Glencoe an- fübrcn, betrug nun 4871 Kopfe, darunter 223 Officiere, also 4>/r v. H. an Ofsicieren, während die Engländer bei Glencoe, wie gesagt, 14hz v. H. an Ofsicieren verloren haben. Dabei erscheinen fortwährend NachtragSverlnstlisten, die den Verlust an Lsficiercn geradezu entsetzlich erscheinen lassen. Man will offenbar dem britischen Publicum die bittere Pille nur in ganz kleinen Dosen verabreichen. Deutsches Reich. * Vertin, 25. October. (DaS Dementi des Ge schäftsträgers des päpstlichenStuhles inMünchen.) Die „Münch. Reuest. Nachr." schreiben: Die ullramontanc „AllgSb. Postztg." kann sich über die Nürnberger Vorgänge «>-.»> «,jcht beruhigen. Heute komm« sic nochmals auf das Dementi des päpstlichen Nuntius in München zu sprechen, indem sie eine Vorgeschichte dcr Angelegenheit giebt. Ob sic damit dem päpstlichen Stuhle einen Gefallen erweist, lassen wir dahingestellt, denn die Enthüllungen über die Verhand lungen zwischen dem Ministerium des Aeußeren und dcr Nuntiatur lassen ersehen, daß der Vati c an nicht aus eigener Initiative eü der Mühe wertb gefunden hat, die unflälhige Beschimpfung der Protestanten, wie sie im „Osscrvatore Romano" enthalten war, zu desavouiren, sondern daß da« Dementi einer Anregung des bayerischen Ministerpräsidenten entsprach. Freiherr v. Crailsheim hat in ter ganzen Angelegenheit durchaus correct gehandelt. DaS gebt ans der Darstellung der „AugSb. Poslzta.", die wir hier folgen lassen, unzweideutig hervor: Sobald di« protestantische Diöcesansynode zu Nürnberg ihre Ver sammlung gehalten hatte und dcr Protestatio» der 52. Versamm lung des Gusiav-Adols-Vercins zu Braunschweig sich angeschlossen hatte, begab der päpstliche Geschäftsträger zu München sich zum Minister LeS Aeußern, Excellenz Freiherr» v. Crailsheim, um sich darüber zu beklagen, was in dcr vorgenannten Versammlung über den Papst gesagt worden war, und um zu gleicher Zeit den authentischen Text der Worte, welche man dem Heiligen Vater in den Mund gelegt hatte, zu verlangen. Ce. Excellenz Freiherr v. LkSil-heia» Hst daraufhin eine Note an den päpstlichen Geschäfts, träger, Monsignore Ricotra, geschickt, mit mehreren Dokumenten und Berichten über die 52. Versammlung des Gustav-Adols-VereinS, der Diöcesansynode zu Nürnberg und der letzten Versammlung deS Evangelischen Bundes, in welcher er «io förmliches Dementi ver langt, wen» die dem Heilige,, Vater in den Mund gelegte» Worte von di,sein nicht gesprochen worden wären. Die Not» des päpst- licken Geschäftsträgers, wie sie durch di» Sligieruug dcr Presse initgeiheilt wurde, ist also uur rin« Antwort aus die vorher- gehende, vom Minister de« Arnßer» an den Monsignore Nicotra gerichtete Noie. * Perlt», 25. Octobcr. (Das Berliner Schloß und die Commune.) Eine in Berlin großes Aufsehen er regende Rede hielt dcr LandtagSabgeordnele Stadtverordnete R. Kreitling im „Fortschrittlichen Verein vor dem Halleschen Tbor". Er sagte, daß lick das Projekt verwirklichen solle, auf dem Schloßplatze vor dem Schlosse eine 12 m breite Terrasse zu errichten. Das Projekt sei keine Vermuthunz mcbr, eS Kälten vielmehr bereits Verhandlungen mit dem Hofmarschallamt» stattgefunden, und letzteres habe gedroht, falls die Stadt sich nicht nachgiebig zeige, den Schloß bezirk als sel st ständigen Gutsbczirk zu erklären und eine hohe Mauer um denselben ziehen zu lassen. Zu Liesen sensationellen Neußerungcn wird dem „B. T." jedoch u'.itgctheilt: „Vor Jahr und Tag fanden zwischen dem Hofmarschallamt und den siädtiicheu Behörden Pourparlers statt, die eine Umgestaltung deS Schießplatzes zum Gegenstand hatten. Wie damals auch in der Presse mitgelheilt war, wurde die Anlage von Terrassen, ja sogar eines Wasserspiegels erörtert. Tie städtischen Behörden ließen keinen Zweifel daran, daß die großen Summen, di» zur Realisirung solcher Projekte nüthig wäre», keine Bewilligung finden könnten, und die Verhandlungen zerschlugen sich bald. Keineswegs drohend, sondern nur im Lause der damaligen Pourparler« wurde von Seiten eines Vertreters LeS HofniarichaUanits daraus hingewiesen, daß ans Grund alter Karlen und Urkunden der Schloßbezirk ein selbstständiges Gemeinwesen zu bilden berechtigt sei und daß man gegebenenfalls von diesen« Rechte Gebrauch machen werde. Seit Jahr und Tag ist jedoch jede Art von Verhandlung in dieser Sacke abgebrochen, so daß die Mittheilung des Stadt- verordneten Kreitling, die mit den Worte» begann „und jetzt soll sich nun LaS Prostet verwirklichen", eine absolut irrthümliche ist. Niemals und in keinem Stadium der Verhandlungen ist davon die Rede gewesen, den Schloßbezirk durch „eine hohe Mauer" abzu schließen." Eine andere vssiciöse Auslassung klingt dagegen Weit rcscrvirter; die „B. P. N." schreiben nämlich: Oü die Milthcilungen, welche dcr Stadtverordnete und Land- tagS-Abgeordnete Kreitling über Verhandlungen wegen Aus gestaltung deS königlichen Schlosse« in einer Wähler- Versammlung gemacht hat, im Uebrigen zutreffen, kam» dahin gestellt bleiben. Sicher aber ist, daß sein» Behauptung, es solle für den Fall de« Scheitern- solcher Verhandlungen aus Grund einer alten oufqefuudcnen Kort« der Schloß» bezi.k zu einem eigenen GutSdezirk erklärt werden, den That- jachen nicht entspricht. Denn das Schloß gehört schon jetzt in conimunaler Hinsicht nicht zur Stadt Berlin, bildet vielmehr einen Comin unal bezirk für sich. Wenn von einer alten Karte die Rede ist, so dürste cs sich darum gehandelt haben, dir nicht zweisel- sreie Grenze dieses Schloßbezirk« gegenüber dem GcmeiuLebezirk Berlin fcstzustclleii. Dies gilt namentlich von dcr Abgrenzung des Schloßbezirks gegenüber den ihn umgebenden Straßen und Plätzen." — Der Präsident des Reichstage- versendet die Tagesordnung für die erste Sitzung nach der Der- tagung, die hnndertstr der laufenden Session. Diese Sitzung findet statt am Dienstag, l4. November, Nachmittag« 2 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen Berichte dcr PetitionS- commission und der WablprüfungScommifsiou über die Wabl deS Abgeordneten v. Kardorff und des Abgeordneten Smalakys, außerdem dir zweite Bcratbung dc« Gesetz entwurfes über Aenderunzen von Bestimmungen über da« Postwesen und die zweite Berathung de« Entwurfs einer Fcrnsprechgcdührenordnung. Für diese beiden Gesetze ist Abg. l)r. Paasche Berichterstatter der Commission. Da dieser aber bis zum Beginne der Plcnarverhandluugen von seiner Reise zum Studium der Verhältnisse der Zuckerindustrie in Nordamerika und ans den westindischen Inseln noch nicht znrückgekehrt sein wird, so muß ein andere« Mitglied der Commission an seine Stelle trete». — In Sachen de« NamenSwechsel« de- zum Marine- Professor ernannten Assessor« Levy, der jetzt von Halle genannt wird, war von einem Verwandten der Familie von Halle Strafanzeige wegen widerrechtlicher Führung de« Adel« titel- bei der Staat-anwaltichaft eingercicht worden, die auch noch auf de» Kaufmann Bern hard von Halle, den Großdestillatcur Philipp von Halle und den Kaufmann Ernst von Halle ausgedehnt worden war. Der Strafantrag ist jetzt vom Ersten Staatsanwalt beim Land «ine solche Lady gefunden; da müssen Sie aber auf glatter Bahn vorcmgehen und nicht daneben über Sturzäcker stolpern." Jetzt war Krcuzmmer in der That offenherzig; er plaudert« unwillkürlich aus der Schul«. Valesca hatte ihm bnläufig den Wunsch ausgedrückt, er möchte die Satorin kritisch aus dem Wege räumen, die Dirne genirc sie — und so war er schon tapfer -ei der Arbeit, da er auch persönlich mit diesem „Schmacht lappen", wie er sie nannte, keine Sympathien empfand. „Lassen Sie nur Ihre Lady nachher nicht im Stich! Sie erwartet Sie ganz bestimmt heute Abmd — das sagte sie mir noch eben, als sie vom Pferde stieg. Sie haben einen Stein -ei ihr im Brette — und das wäre unverantwortlich von Ihnen, wenn Sie das Spiel nicht gewönnen!" Mit einer gewissen gönnerhaften Herablassung verließ brr Redakteur dm Schullehrer, dem «in« Laune, ein« Grille, eine Verwirrung der schönen Weltdame ein fast bmeidmSwerthcS Relief gab. Doch diesem war zu Muth«, als hätte er Opium genommen; die letzten Worte Arouzmaier'S versetzten ihn in einm seligen Rausch; sein ganzer Aerger über den impertinenten Kritiker war verflogen das Bild seiner Alice verschwand wie der Schatten einer Jammergestalt, deren Klagen kein Echo zurücklaffen: er wollt« dann in di« andere Waagschale auch ein berauschendes Glück Wersen — noch heut« Abend; er faßte sich ein Herz, er sprack (ich Muth zu. Und was auck kommen mochte — Alice bli«d ihm ja, er konnte stets zu ihr zurückkchrm. Da k.opst« es — uno in seine Junggesellenstube trat eine fremde Dame, nicht allein, eingeführt von seiner Schwester Eulalia. Er erschrak — di« Unordnung in seinem Zimmer! Er warf den ganzen gekehrten Ballast von dem Sopha, auf dem er sich «»gehäuft hatte und schob mit dem Fuße die Toilettengogenstände, di« Handschuhe und Schlipse, die im Wege lagen, unter das Sopha. Eulalia stellt« ihre Freundin vor, em Fräulein Schirrmacher, und sagte, nachdem sie mit derselben Platz genommen: „Lieber Bruder, wir tvenden un« an Deine Protection. Fräulein Schirrmacher will hier «ine Mädchenschule begründen; sie hat dir besten Zeugnisse, auch ausreichende Mittel, doch sie braucht Empfehlungen in der Presse. Di« Inserate hat sie schon bei der Expedition abgegeben; wir wissen ja, daß sonst leine Äeclaincn im Text zu erlangen find. Das ist so der Brauch der wahrheitiKirbenden Presse. Wenn m«n lein Geld- Mck in den Automaten steckt, so liegt auch keine Empsehlung rm Schubladen." Der Lehrer betrachtete die junge Dame; sie machte ganz den Eindruck einer schütz befohlenen Künstlerin, die sich an einen einflußreichen Beherrscher der Presse nxndet: ein süßeS Lächeln auf den Lippen, jeder Zug Hochachtung, Ergebenheit, fast -ine vielsagende Koketterie. Und dabei war sie ganz hübsch — nur entsprach ihr Stumpfnäschen wenig dcr pädagogischen Würde, di« sie als Jnstitutslciterin in Anspruch nehmen mußte. „Ich bin gern bereit, mein Fräulein, einen solchen Artikel zu schreiben, der Ihnen Nutzen bringen kann; nur fehlen mir die näheren Angaben übcc Ihr: bisherigen Lristnngen auf diesem Felde." „Die finden Sie hier", sagte Fräulein Schirrmacher, und zog ans einer Ledertasche, dir sie umgchängt, eine Zahl unter schriebener, untersiegeltcr Actenstücke, Zeugnisse jeder Art hervor; auch fand sich einiges Gedruckt- darunter; denn sir war mit ihren Schülerinnen mehrfach öffentlich ausgetreten „Und lv-as den P«an Ihrer Anstalt, die Classcneinthrilung, die Lchrgegenstände betriff! — Las finden Sie Alles hier, Herr Blomer", sagte die jung: Lehrerin und grub aus der uner gründlichen Tasche einem Stoß tttingeschrjebener Notizen heraus; „Sie werden manchrs Neue sind:». Ich übertrumpfe mit meinen Lchrcursm die anLeren höheren Mädchenschulen; sonst kann man einen solchen Wettbewerb gar nicht tvagen." Timotheus sortirte gewissenhaft das Actenmattrial, das er auf den Tisch lcgte, rechts die glänzenden Zauqnisse für die Vergangenheit, links diö verheißungsvollen Pläne für die Zukunft. Fräulein Schirrmacher warf »hm einige bittende, fast zärtliche Blick« zu. ' „Sie find ja auch vom Lehrfach, Herr Blom», Sie wissen unsere Bestre-ungen zu würdigen; Sie werden den Artikel gewiß recht bald veröffentlichen. Und wenn ich meine Anstalt eröffne, da rechne ich bei dcr Frier auf Ihre Gegenwart. Das könnte wieder ein hübscht» Artilekchen werden — und bei der ersten Prüfung werden Sie dann nicht fehlen; auch da« dürft« ein willttommener Stoff sein für einen stilgewandten Autor wie Sie." Timotheus verneigte sich dankbar für diese Anerkennuitg, im Stillen aber befremdet über dir Menge von Znmuthungen, die hier ineinem Athem an ihn gestellt wurden. „Ich werde Jhncn sehr dankbar sein, Herr Blomrr; doch jetzt will ich Sie nicht länger stören! Geschwister haben über Manche- zu »erhandeln, was Mr frckmd« Ohren nicht geeignet ist,* Und sie reichte ihm mit einem jener fiesen Blick«, au- denen die ganze Seele spricht, di« Hand und ließ sie lange, rccht lauge in der scinigen ruhn. Als sic das Zimmer verlassen, sagte Timotheus zu seiner Schwester: - „Das waren ja fast Liebkosungen! Ich hätte nicht geglaubt, daß die Damen vom Lehrfach soviel Gemüth haben." „Spotte nur! Wenn man Euch Männer braucht, kann man's nicht anders anfangcn; wir wissen im Ucbrigen Alle recht gut, was wir von Euch zu halten Haden.' „Doch die Leiterin einer Schule, einer Pension —" „Hat viel zu rechnen und muß mit Biclem rechnen; im Kampfe für'» Dasein steht sie in erster Linie und da muß jedes Wesen sich der Waffen bedienen, welche di« Natur ihnen mii- g^ebrn." „Doch ich sollte meinen, edle, zurückhaltend: Weiblichkeit —" „Wahren wir trotzdem; doch wir müssen uns bisweilen den Schein geben, sie zu verleugnen." „Fräulein Schirrmacher ist gewiß ein vermögende» Mädchen.' „Sie hat leinen Pfennig, ganz wie ich; wir find Beide zwei Fräulein Habenichts." „Doch sie braucht Geld, um ein« Anstalt gründen zu können." „Sie hat etwas vor mir voraus; sie hat Credit und Freunde, di« für sie sorgen, während ich arm -in wie «in« Kirchenmaus, für welche kein Klingelbeutel herumgeht." „Und wer sind diese Freunde?" „Soviel ich weiß, erhält sir von dem Bankier Sainbart daS aöthige GeVv." „Sambart? Dieser verrufene RonS!* „Eins der ersten Häuser der Stadt; sie geht in diesem Hause auS und ein!" „Ich muß sagen, daß ich die Herkunft des Geldes aus der Schatulle d«S Herrn Sambart Ledenklich finde." „Woher das Geld kommt, danach fragt Niemand", sagte Eulalia mit dem Ton unerschütterlicher Uederzengung, „wenn es mir vorhanden ist! Mo aber kein! vorhanden ist, — wehe uns Armen! Mit Geld — ein Paradiesvogel, dem man einen goldenen Käfig kauft; ohne Geld — eine Fledermaus, die man an's Scheunen!hör nagelt!" „So mögen die Lent« denled -—* « Luch Vie Behörden!" „Dach wir Anderst Missen uns« siNMiHige« Urtheik wahren, und wir, die wir mitgrbeften »st dcr Erziehung deß gericht I abschlägig beschiedea wordrn, und zwar mit folgender Begründung: „Das königliche HeroldSamt bat di» amtlich« Auskunft ertheil», daß, soweit vorliegend zn verfolgen, die Familie der drei Erst- genannten sich stets „von Halle" und nicht „von Halle" gruonut hat und daß dem Professor Lenst von Hall» die Führung Les Familiennamen« „von Hall»" behördljcherseit« gestattet worden ist, fo daß all» Bier befugt erscheinen, sich „von Halle" zu nenncu. Da« Herold«amt bat dabei ausdrücklich hiiizugesügt. daß di» hem Namen voranstehcnde Präposition „von" vorliegend keinesfalls ein AdclSprädikat sei, weshalb „unbefugte Führung deS AdelsprädikatS" nicht angenommen werden könne." — Dem Marine-Hafen-Bauiuspector Groin sch bei dem kaiserlichen Gouvernement Kiau» schau ist per Charakter al« Marine-Bauratb mit dein persönlichen Range eine- Raths vierter Classe verliehen. — Der hier verstorbene Reich «gerick t-rath a. D. Rappold ist 1844 al« AuScultator beim OberlandeSgerickt in Posen in den Justizdienst getreten. Am 16. Juni 1849 wurde er zum Assessor ernannt und im Januar 1850 als KreiSrickter in Rogasen angestellt. Von dort kam er 1859 al« Deputationsdirigent nach Gostyn, wo er im August l86l KceiSgerichtSrath wurde und im December 186t die Befug- niß erhielt, den Titel „Director" zu führen. Im Februar >862 wurde er DeputationSdirizent in Frausiadt und im Mai desselben JabreS Kreisgericklsvirector in Wrrschen. Im Januar 1865 wurde er zum Appellationsgericht-rgth in Marienwerder und im September 1870 zum ObertribunalS- rath befördert. Im Nebenamt wurde er Mitglied de« Ge richtshofes für kirchliche Angelegenheiten. Bei Auflösung des böcksten preußischen Gerichtshöfe« wurde er am 1. Oktober 1879 NcichSgerichtSrath. Seit 1886 lebte er im Ruhestande. — Die Conferenz der Ober- und Post-, sowie Telegraphendirectoren hat unter dem Vorsitz de« Staats sekretär« von PodbielSki am Montag nnv Dienstag im NeichSpostamt getagt und am zweiten Tage ihre Berathungen geschlossen. Es sind nur Fragen internen Charakters in ein- gcbendster Weise erörtert worden. Die am 27. d. M. ihren Anfang nehmende Conferenz über die Postcheckordnung, Ein richtung von BriefabbolunqSfächern, den Fernsprechverkehr zwischen Deutsckland und Frankreich wird von 24 Handels kammern beschickt werden. — Zur Beseitigung der Hochwassergefahr im Sprc ege biet hat die StaatSregierung 520 000 -L zur Ver fügung gestellt. Vorläufig handelt e« sich jedoch nur um die Beseitigung der angescbwemmten Sandmassen im Spreebette zwischen dem oberen Spreewald und Cottbus. Der Vcranscklag für die Regulirung de« Spreelaufc« be ziffert sich, wie die „Boss. Ztg." schreibt, aus 14'/« Millionen. — Bon dem Berichte, den da« Centralburrau der uationalliberalen Partei über die verflossene Land tags session erstattet hat, liegt das erste Heft vor, das den„Rhein-Weser-Elbecanal" in IsCapiteln behandelt. E« beginnt mit einer Schilderung der Allgemeinen Ent wickelung der Verkehrspolitik in Preußen, dann folgt eine Darlegung der Regierungsvorlage, der dabei in Betracht kommenden land- und forslwirtbsckaftlicken Interessen, deS Ver hältnisses vom Canal zur Eisenbahn und der Rückwirkung des CanalvrrkehrS auf die Eisenbabnfinanzen; die folgenden Capitel behandeln die Rentabilität, Beiträge der Interessenten, ihre Bedeutung für vie LandeSvertheidigung, die Decentralisation der Industrie durch den Canal, ferner alle angeregten technischen Fragen und die Canallinie, wobei insbesondere die Forderung LcS Küstencanals beleuchtet wird. Darauf folgen dann in drei Capiteln die Verhandlungen im Abgeordnetenbause: die Compensationen und die Ablehnung der Canalvorlage. Die Schrift, di» zum Preise von 1 --il vom Centralbureau der nationalliberalen Partei zu beziehen ist, bietet eine sehr in struktive Darstellung der bisherigen Kämpfe um den Rhein- Elbe-Canal und bat ganz besonderen Werth für die Arbeiten des kommenden Winter«, da ja, wie bekannt, die Canalvorlage dann wieder eingebracht wird. — Stadtratb a. D. vr. zur. Krause zu Berlin, der frühere NeichStagSabgeordnete der freisinnigen Volkspartei, ist nach kurzem Krankenlager im Alter von 62 Jabren ver storben. Krause vertrat in der freisinnigen Partei von 1890 bi« 1893 den Wahlkreis Sangerbausen-EckartSberga, unterlag al-dann al« Candidat der freisinnigen Volkcpartei bei der Neuwahl im Jabre 1893. In den siebziger Jabren gehörte Krause der nationallibrralen Partei an und vertrat im Reichstage von 1874 bi« 1877 den Wahlkreis Plauen- OelSnitz in Sachsen. — In der heutigen Sitzung der Brandenburgischen Provinzialsynvde theilte der Vorsitzende vr. v. Levetzow mit, daß von der Kaiserin aus die Geburtstag«-Glück wünsche der Synode folgende« Antwortschreiben eingegangen sei: „Ich danke Ihnen persönlich und der Proviuziatjyuode für die treuen Segenswünsche, mit denen Sie mich auch in diesem Jahre erfreut haben. Gott walt» üb»r Ihren Berathungen. Auguste Victoria." Der Präsident theilte ferner mit, daß der Vorstand in gewohnter Weife dem Kaiser den Zusammentritt der Synode künftigen Geschlechtes, wir können nicht gleichgiltig dagegen sein, wem: diese Erziehung in Hände geräth —" „Ereifere Dich nicht so, lieber Bruder! Willst Du Dir einen Verleumdungsproceß an den Hals schwätzen? Was weißt Du von Fräulein Schirrmacher? Was kannst Du ihr nachsagen? Sie hat di« besten Zeugnisse!" Und nun wuchs die kleine Eulalia, dies wesenlose Wesen, dessen körperliche Unschttnbarkcrt bezweifeln ließ, ob sie wirklich von Fleisch und Blut sei, zu einer Vorlämpfnin für unerlaubte Kühnheiten, di« Ivohl ihre Phantasie beschäftigen mochten, denen sie selbst aber fremd bleiben mußte, weil sie im Wettkampf mit Anmuth und Schönheit stets den Kürzeren zog: „Und wie ist's denn weiter? Darüber bin ich mir selbst klar und ich glau.be, ich fürchte fast. Du hast auch Anlaß, Di- darüber klar zu werden. Hinter der Welt, die wir sehen, liegt eine zweite, die wir nicht sehen — uckd da sieht «S cven ganz anders aus! Nur der Vorwitz guckt durch's Schlüsselloch, ua^ nur selten, sehr selten öffnet die Justiz einmal ein wenig di» Thiire, und man erstaunt dann, daß dieselben Leute, die man draußen im Lichte wandeln sicht, da drinnen so merkwürdige Gesichter annrhmcn. „Jeder kehre vor seiner Thiire", sagt ein altes Sprichwort, und tniit compi onckrc <:'er>t tank parckouuer — ein neues. Die Anstalt d«S Fräulein Schirrmacher kann «ine Musteranstatt werden; es ist «in großes Verdienst von ihr, daß sie vie nutzlosen todten Capitalien deS Herrn Sambart in lebendi gen Fluß bringt zum Heil für die Jugend, zum Nutzen der Mensch heit — und wen kümmerns, waS sie für Opfer gebracht hat.* „Opfer — Du sprichst wie ein Advocat! Ich erkenne Lich itbrrhanpt gar nicht wieder! Seit wann hegst Du solche, ich möchte sagen, unweibkichen Ansichten?" „Utvweiblich sind sie durchaus nicht, und sie rühren her von meiner inneren Verbitterung über die unwürdigen Zustände, kn denen gerade wir Lehrerinnen uns befinden. Da müssen wir uns ja auflehnen gegen eine Staats- und Weltordnung, di« unS zu Aschenbrödeln stempelt, und da wir's öffentlich nicht thu» dürfen, so thun wir's insgeheim, indem wir den hochwohlwsiseck Conduitmlistrn ein« Nase drehen." „Nun, Schwester, das wird bei Dir so schlimm vicht sei«*, versetzte Timotheus lächelnd. lS-rlfitun« frl-tJ
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder