Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.11.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991101010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899110101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899110101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-11
- Tag1899-11-01
- Monat1899-11
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis kn drr Hanptexpedition oder den km Stadt« lezirk und den Vororten errichteten Aus- Ladestellen adgeholt: vierteljährlich ^l4.öO, bei zweimaliger tägltcher Zustellung inü Haus 5.L0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandirndung ins Ausland: monatlich 7.S0. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um S Uhr. Redaktion und Expedition: Johannisgaffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrocheu geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ktt, «lrmin's Lortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinuni), LoniS Lösche, Katharinenstr. 14, part. und Königsplatz 7. Morgen-Ausgabe. WpMer TaMaü Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4g»> spalten) b0/^, vor den Familien Nachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib- Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Ektra-Beilagen (gesalzt), nar mit der Morgen-Ausgabe, ohue Postbeförderung Vt 60.—, mit Postbeförderuug 70.—. Annahmeschluß für Äuzeige«: Abend-Ausgabe: BormittagS 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle« je et« halbe Stunde früher. Anreisen sind stets an die Gtzpedttia« zu richte«. Druck und Berlag von E. Pol- tu Leipzig 558. Mittwoch den 1. November 1899. 93. Jahrgang. Von Leipzigs Kirchen und anderen. D. Die Entwürfe zu einer neuen Kirche in Kleinzschocher sind zur Zeit in der 25. Bezirksschule ausgestellt. Wie schon ihr Aeußeres auf den ersten Blick verrälh, ist di« jetzig« Kirche alt und klein. Einige Verbesserungen, z. B- die Anlage eines Bet stübchens und einiger steinernen Stufen zum Eingang« auf den Kirchhof, hatte si< der Schloßherrin Christiane Sibylla von Dieskau, geb. von Vitzthum zu verdanken. Eine gründlichere Reparatur nahm man im Jahre 1744 vor. Dazu waren 100 Thaler gesammelt worden. 30 Thaler steuerte die Eigerrthümerin des Vorweits Schleußig, Johanne Elisabilt Stolle, die Witrwe e^nes zu seiner Zeit berühmten Leipziger Gold- und Silber- Scheiders, bei. In der Kirche liegen di« Besitzer von Klein zschocher, die Herren vom Hahne und von Dieskau, mit ihren Familien begraben. Eine Grabplatte aus Sandstein mit Figur, fünf Wappen und einer Inschrift, die sich auf die 1564 ver storbene Frau Agnes v. Heldorf, geb. v. Dieskau bezog, schenkte 1804 der Baron von Tauchnttz dem Dresdner Alterthums- museum. Nich: allgemein bekannt dürste es sein, daß in der Kirche von Kleinzschocher am 29. August 1847 die ausgezeichnete Sängerin Wilhelmine Schröder - Devrient mit dem sächsischen Officiec von Döring getraut wurde. Ist nun auch diese Kirche alt, so wird sie darin von vielen Kirchen Leipzigs und seiner Umgebung, wenn wir auf ihre erste Gründung, so weit sie bekannt ist, zurückgehen, überflügelt. Der Fe'idsteinbau der Thekla- Kirche blickt mindestens auf 7, vielleicht sogar auf 8 Jahr hunderte zurück. Die Kirche wurde während des Dreißigjährigen Krieges im Innern arg verwüstet und 1658, sowie vor Kurzem restaurirt. Zwei Jahre nach der ersten Erwähnung Leipzigs als Stadt ist auch schon (1017) von der N i c o l a i k i r ch e die Rede. Ihr Neubau stammt aus den Jahren 1513—25, ihr Thurm vom Jahre 1555, die Umgestaltung ihres Inneren durch Oeser und Dauthe aus den Jahren 1785—96- Die Thomaskirche entstand 1213 mit dem Thomaskloster, wurde erneuen 1355, blieb von 1412—74 ohne Thurm, der eingestürzt war, erhielt einen aus Holz, der in einer hohen Spitze austief, und einen zweiten Neubau 1482—96, sowie einen neuen Thurm 1537. Sie verlor 1877 die auf der Südseite angebauten Capellen und wurde von 1883 an durch den Bauratb Lipsius völlig umgrstaltet. Die Einweihung fand am 9. Juni 1889 statt. Gleichzeitig mit der Thomaskirche tritt die Peterskirche als capella beati 1'otii zuerst urkundlich auf. Ihr erster Neubau begann 1507. Nach der Reformation büßte sie ihr« Eigensckwst als Gotteshaus ein und sank zur Kalkhütte und zum Soldatenquartier herab. Beinahe hätte sie der Rath in ein Hospital verwandelk, aber der Pastor an der Thomaskirche Romanus Teller setzte es durch, daß die durch Einbauten, Altersschäden und absichtliche Verwüstungen verunstalteten Räume ihrer ursprünglichen Bestimmung zurück gegeben wurden, aber nur als Capelle, die kein Recht auf Aus übung der Sacramental'ien hatte. Einen Thurm besaß die alte Peterskirche nicht, nur einen niedrigen Bau zum Aushängen der Glocken bekam sie in den siebziger Jahren. Zur Parochialkirche erhoben, erwies sie sich bald als zu klein. Sie wurde 1886 abge brochen; an ihrer Stelle steht jetzt di« Reichsbank. Die Ein weihung der neuen Peterskirche am Schlettevplatze ging am 27. December 1885 vor sich. Die Paukinertirche entstand ungefähr gleichzeitig mit der Gründung des dazu gehörenden Dominikaner- (Pauliner-) Klosters (1229). Nach der Refor mation geschloffen, diente sie zuerst unter dem Rektorate Börner's 1543—44 akademischen Versammlungen und Feierlichkeiten und nach Luther's Einweihungs'preoigt am 12. August 1545 auch wieder religiösen Zw«cken. Einen förmlichen Gottesdienst erhielt sie trotz des Rathcs Einspruch 1710. Einen besonderen Univer sitätsprediger hat sie erst seit 1834. Ihre Giebelseite nach Osten erfuhr 1838 und ganz vor Kurzem Erneuerung und Verschöne rung. Die erste Barfüßerkirche entstand mit dem Kloster der Barfüßer (Franziskaner) um 1250. Von 1494—1502 kam es zu einem Neubau der Kirche, die nach der Reformation als Blaufarbeniederlage diente, bis sie auf Kosten Leipziger Bürger renovirt wurde. Der 24. September 1699 war ihr Einweihungs tag. Von da an hieß sie die Neue Kirche. Der Thurm entstand erst 1702—1703. Die Umwandlung der Kirche in die heutige Matthäi- und Parochial-Kirche ging 1879—1880 vor sich, die Einweihung am 26- September 1880. Die älteste Johann is- kiiche entstand jedenfalls zugleich mit dem Leprosen- (Johannis-)Hospital im Jähre 1278 als kleine Capelle, Vie nur für die Hospitanten bestimmt war. Anderen Personen war ihr Besuch verboten; «ine Bestimmung vom Jahre 1373 verwies sie auf die Nicolaikirche. Im Jahre 1538 wird sie als Parochial kirche erwähnt, diese Würde ihr jedoch wieder genommen, obgleich ihr schon 1502 der Rath einen Taufstein „versprochen" hatte. Im Jahre 1547 pflanzten die Belagerer Leipzigs auf der Johannis kirche Geschütze auf. Dabei litt die Kirche so, daß sich (1582—84) ein Neubau nöthig machte. Der alte Thurm wurde 1746—49 durch einen neuen, den jetzl noch stehenden, ersetzt. Derselbe er hielt 1797 eine Uhr, die zuerst am 16. August 1797, Mittags 12 Uhr schlug, und am Johannistag« 1841 drei neue Glocken. Er blieb erhalten, als 1894—97 die Kirche erweitert und ver schönert wurde. Die Einweihung der neuen Kirche erfolgte am 28. März 1897, am Sonntage Laetare. Noch aus dem 13. Jahr hundert stammt endlich der Kirchthurm von Panitzsch, denn das Kirchenschiff selbst wurde 1706 umgebaut. Im Jahre 1870 erfolgte eine gründliche Reparatur des Inneren und Aeußeren dieser Kirche. Aus dem Anfänge des 14. Jahrhunderts stammt die Kirche von Hohenheida, deren Thurm eine ihrer beinahe zuckerhutförmigen Gestalt wegen sehr eigenthümliche Glocke ent hält. Die Kirche wurde 1715—16 neu gebaut und 1864 restaurirt. Die Kirchen, deren Gründung auf das 14. Jahrhundert zurück deutet, sind folgende: Die Eutritz scher Kirche, wenigstens deren Schiff, hat „ein Alter von mehr als 500 Jah-en auf Grund von Beobachtungen b«i früheren Bauten." Auf der Außenseite des Altarraumes ist die Jahreszahl 1403 (1503?) zu lesen, am Thurm stand früher die Jahreszahl 1449 (1489?). Renovirt wurde die Kirche 1695 und 1887. Die Sakristei stand früher auf der Nord-, seit 1787 auf der Süd- und seit 1847 auf der Ostseile des Altarplatzes. Aus dem 15. Jahrhundert stammen ferner die Kirchen von Wahren (auf dem Thurme statt dec Wetterfahne ein Halbmond zur Erinnerung an die Entsetzung von Wien 1683, der der Besitzer des dortigen Herrenzutes bei wohnte), Machern (der schön gewölbte Chor ist uralt) und Lausen (der Thurm 1544, das Thor am Gottesacker 1575 ge baut). Die Kirche (Capelle) von Großzschocher wurde 1406 geweiht, erhielt 1679 eine neue Orgel, 1711 eine neue Schlag-Uhr, wurde 1713—14 neu gebaut und enthält Begräb nisse aus den Jahren 1570, 1620 und 1735. Der älteste Theil der Kirche zu Leutzsch, das unter dom Thurme befindliche Gewölbe, gehört dem 15. Jahrhundert an. Das Kirchenschiff wurde 1852 umgebaut, die ganze Kirche 1734 und 1890 restaurirt. Mindestens 400 Jahr« alt war die 1865 durch einen Neubau ersetzte Kirche vonPortitz, die noch ein Holzstandbild der Jungfrau Maria mit dem Christustinve enthält, das in katholischen Zeiten für wunderlbätig galr. Die Kirche von Podelwitz zeigt auf einem Fenster die Jahreszahl 1490 und enthält prachtvolle Schnitzereien aus dem 16. und 17. Jahr hundert u. A. Im Jahre 1894 wurde sie renovirt. An der Kirche von Oetzsch au trägt ein Stein die Jahreszahl 1510. Die mittlere de: jetzt umgegossenen Glocken deutete mit ihrer nicht mehr zu entziffern gewesenen Umschrift auf ein hohes Alter hin. Die erste Kirche von Reudnitz stand auf dem alten Gottesacker, mit dem zugleich sie 1544 auftritt. Der Grundstein zur jetzigen Marcuskirche wurde am 11. Mai 1882 gelegt, die Einweihung fand am 23. März 1884 statt. Das 17. Jahrhundert mit seinen Kriegswirren und der darauf folgenden tödtlichen Ermattung des deutschen Volkes bracht« in der Leipziger Gegend keinen einzigen Kirchcnbau zu Stande. Die Kirche von Groß-Deuben wurde 1716 vom Gaschwitzer und Debitz-Deubener Gerichts herrn, Generalmajor Georg Friedrich von Hcpffgarten, erbaut. Das uralte G a u tz s ch hat gewiß schon frühzeitig eine Kirche be sessen; deren Pleban wird erst 1375 erwähne. Die jetzige Kirche ließ der Besitzer des Gautzsch«r Rittergutes, Kammerrath Wolf gang Jöcher 1717 bauen und am 31. Oktober dieses Jahres ein- weihen; der Thurm kam erst 1718 völlig zu Stande. Die Filial kirche von Kleinzschocher in Groß-Miltitz baute 1739 und 1740 der Maurermeister Johann Christoph Steinmüller, uno Johann Friedrich Gottlob Vollhagen malte sie aus. Die jetzige Kirche von Cröbern ist vom Jahre 1750. Die alte Kirche in Connewitz wurde am 3. November 1771 cingeweihk- Sie erwies sich als zu klein, be sonders nachdem am 7. Oktober 1875 die Gemeinde sich von Probstheida losgelöst' hatte und selbstständig ge worden war. Der Grundstein zur jetzigen Kirche wurde am 12. Juni 1898 an Stelle einer Begräbnißcapelle gelegt. Die Nachwehen der Napoleonischen Kriege verursachte wieder eine lange Pause im Kirchenbau. Am 19. September 1847 fand die Einweihung der von Heideloff erbauten katholischen Kirche in Leipzig, am 10. September 1855 die der Syna goge ebendort, am 14. April 1868 die der Kirchs in Thon berg, 1873 die der Kirche in G o h I i s start. Seit den achtziger Jahren aber erbebt sich stolz ein« ganze Reihe von neuen Gottes häusern: 29. Juni 1884 die Kirche von Lindenau, 8- No vember 1885 die anglo-amerikanische Kirche in Leipzig, 4. April 1886 die Lutherkirche ebendaselbst, am 27. September 1891 die von Anger-Crottendorf, am 10. Juli 1892 die katholische Nothkirche, am 19 März 1893die Kirche inV o lk m a r sd o r f, am 3. December 1893 die Andreaskirche in Leipzig, am 31. Oktober 1898 die in L e i p z i g - Ne u st a d t und zuletzt noch die der Leipziger resormirten Gemeinde, die seit 1707 ihre Religions- übüngen im Amtshaüse in der Klostergaffe ausübtc und dieses Grundstück dem Rathe gegen das Berndt'sche am Löhrsplatze abtrat. Leipziger Lehrerverein. Donnerstag, den 26. Oktober. Die Versammlung ist stark besucht, auch wohnt ihr Herr Schulrath vr. Kühn als Gast bei. Herr Professor Guthe hält seinen zweiten Vortrag über die Grundlagen der geschichtlichen Auffassung des alten Testa mentes, in dem er, wie schon angekündigt, die Beispiele aus den Vorschriften über die Feste und Opfer bei den Israe liten entnimmt, aber im ferneren Verlaufe auch der Frage nähez treten will: Welche inneren Kräfte haben den Wechsel in der Auffassung dieser Dinge bedingt? Daraus wird sich gleichzeitig ergeben, welche Stufen des Wechsels nach unserem Urtheil die niedrigen, welche die höheren sind. — Ueber die Feste finden sich einige kurze, aber verständliche Vorschriften im 2. Buch Moses, Cap. 23, und zwar werden daselbst drei Haupt feste erwähnt, das der ungesäuerten Brode, daS der Korn- (Weizen-) Ernte und das der Herbstlese, mit dem das Jahr sein Ende erreicht. Bei diesen Festen sollen alle männlichen Volks genossen vor dem Herrn erscheinen. Abweichend von diesen Vor schriften wird in 3. Mos. 23 die Feier von 5 Festen angeordnet. Darnach wird mit dem Feste der ungesäuerten Brode das Passah fest verbunden, das Fest drr Kornernte wie früher gefeiert, ein besonderes Neujahrsfest und der große Versöhnungstag neu ein gesetzt und das Fest der Herbstlese als Laubhüttenfest bezeichnet. Zu beachten ist, daß einige Feste geschichtlich begründet werden. Das in 2. Buch Mose erwähnte Fest der Herbstlese ist nichts anderes, als das Freudenfest über die glückliche Einbringung der Ernte, die man damit als abgeschlossen betrachtete, daß man Obst und Wein abnahm und die gedroschenen Feldfrüchte von der offenen Tenne in die Magazine führte. Mit diesem Fest» schloß gleichzeitig das Jahr, das somit nach der Landwirtschaft abgegrenzt war. In 3. Buch Mose wird dasselbe Fest mit einem Namen versehen, der aus dem Umstand abgeleitet ist, daß die Landleute während der Herbstlese in Laubhütten in ihren Wein bergen wohnten. Diese Gewohnheit wird nun 3. Mos. 23 in geschichtlicher Weise damit begründet, daß die Israeliten in der Zeit des Wüstenzuges in Hütten (oder Zelten) gewohnt hätten. Sonach erscheint das Laubhllttenfest hier als ein Erinnerungs fest, nicht als ein landwirtschaftliches Fest, während der Ver fasser von 2. Mos. 23 eine geschichtliche Begründung nicht kennt. Er faßt das Herbstlesefest außerdem als d«n Jahresschluß aus, während -s nach 3. Mos. 23 in der Mitte des Jahres (im 7. Monat) gefeiert wird; es liegt demnach ein anderer Kalender z>: Grunde. Aehnliche Widersprüche finden sich bei den An gaben über das Passahfest. Dieses ist zum ersten Male erwähnt 2. Mos. 5, wo Moses von Pharao verlangt, er möge das Volk in die Wüste ziehen lasten, um dort ein Fest mit Opfern zu feiern. Es handelt sich dabei offenbar um ein bekanntes Fest. In 2. Mos. 13 liegt die Sache so, daß das Passahfest zur Erinnerung an die Vernichtung der egyptischen und Verschonung der israe litischen Erstgeburt gefeiert wird, in 2. Mos. 12 aber so, daß das Passahfest dazu dienen soll, die Verschonung der israelitischen Erstgeburt herbeizuführen. An letztgenannter Stelle wird auch das Passahfest an den Anfang des Jahres gestellt, so daß das landwirthschaftliche Jahr für die Feste nicht mehr in Betracht kommt. Ein völliger Fremdling unter den israelitischen Festen ist der große Versöhnungstag; denn während jene durchaus fröhlicher Natur waren, finden wir hier tiefsten Ernst, ein völliges Sühnefest in Reue und Zerknirschung. Diese Gegensätze und Widersprüche werden verständlich, - sobald man die Angaben der geschichtlichen Bücher und der Propheten über die Feste damit vergleicht. Das Herbstlesefest (Richter 9) wird den heidnischen Kanaanitern bereits gefeiert, ist aber zur Zeit Elis in den Jehovacult ausgenommen (1. Sam. 1). Hosea weist darauf hin, daß Gott den Israeliten ihre Feste rauben werde, indem er ihnen die Feldfrüchte versagt, FrnZHeton» Südafrikanische Negervölker. Von Otto Leonhardt. Nachdruck verboten. Eine furchtbare Gefahr lauert hinter dem südafrikanischen Kriege, dessen allmähliche Entwickelung gegenwärtig die ganze Welt mit der größten Spannung beobachtet: der schwarze Schrecken. Werden die Negervölker, die einst die Herren dieser fruchtbaren Länderstriche waren und erst nach wiederholten blutigen Kriegen von den Fremden unterworfen wurden, sich einzeln oder gemeinsam erheben, um ihre verlorenen Reich« wieder zu erobern, oder wenigstens sich an ihren Unterdrückern schwer zu rächen? Thun sie es, so sind Südafrikas Staaten greuelvolle und gefährliche Zeiten gewiß, und leicht mag gar Vieles von dem zerstört werden, was die Cultur hier in Jahrhunderten ooer Jahrzehnten mühsam g«schaffen hat. Und schon hören wir auch, daß die Zulus zu ihren Assegais greifen, daß die Basutos sich erleben wollen, daß es hier und dort unter den Negern gährt. Da ist es gewiß angebracht, sich einmal mit den südafrikanischen Negervölkern d«s Näheren zu beschäftigen. Diese Völker werden bekanntlich unter dem Namen „Kaffern" zusammengrfaßt, obgleich sie selbst trotz ihrer nahen ethno graphischen Verwandtschaft keine gemeinsame Bezeichnung für die Gesammtheit drr Stämme besitzen. Die Kaffern haben von je die Aufmerksamkeit der Europäer in besonderem Maße erregt, weil sie eine der hervorragendsten Gruppen unter den Neger völkern Afrikas bilden. Vorwiegend Hirtenvölkrr, haben sie Alle Milch und Fleisch zur Hauptnahrung und sind daher ge« wohnlich sehr gut und kräftig gebildet. Der Kaffernkrieger ist auffallend schön und stattlich, und 6 Fuß hohe Häuptlinge mit rosigem Brustkasten und intelligentem Gesichte sind bet ihnen keine Seltenheit. Sie haben eine eigenthümliche sociale Organi sation, einen hohen Unabhängigkeitssinn und in Folge davon eine seltene Kriegstüchtigkeit entwickelt. Di« besten Eigenschaften dies«r Stämme entfalt«» sich, wenn ein despotischer Fürst ihre Kräfte straff zusammenfaßt: dann bringen sie es sogar zu festerer Staatrnbildung; und das Kafsernvolk, dessen Geschichte haupt sächlich sich in dieser Richtung bewegt, ist daher da» führende, das Heldenvolk der ganzen Gruppe geworden. Das sind die ZuluS. In den ZuluS prägen sich di« Eigenheiten der Kaffern- stämme am klarsten und am vollkommensten aus. Schwere, noch in allgemeiner Erinnerung lebende Kämpfe hak es die Briten gekostet, eh« sie dies Volt unterworfen hatten; und auch diese „Unterwerfung" ist schließlich nicht mehr als ein Kompromiß. Denn die 300 000 Zulus, die heute als englische Unterthanen in Natal und Zululand sitzen, haben nach wie vor ihren eigenen Fürsten — gegenwärtig Dinizulu — und ihre Häuptlinge, die den Stamm nicht nach Weißen-Recht, sondern nach dem alten angestammten Schwarzen-Recht regieren. Polygamie und Sklavenhandel blühen bei ihnen unter stillschweigender Zu stimmung Englands weit«r. Die Streitigkeiten der Zulus unter einander schlichtet der Häuptling nach Stammesrecht; nur gegen den Weißen klagt der Zulu beim englischen Gerichte. Die einzige reelle Leistung der Zulus für die britische Regierung ist die von ihnen zu zahlende Hüttensteuer — und die bleiben sie oft schuldig! So führt dieser Stamm unter der fremden Oberhoheit that- sächlich eine anerkannt« Sonderexistenz; und das Gefährliche hieran ist, daß ihre vorzüglich« militärisch« Organisation gleich falls unangetastet fortbesteht. Die Zulus sind eines der größten Kriegervölker unter allen Naturvölkern überhaupt; sie üben sich nicht nur von frühester Jugend auf stetig im Waffendienste, — es ist sogar die ganze Organisation des Stammes eine streng militärisch«. Die Städte (Ekandas) nämlich, in die die Be völkerung verthrilt ist, sind nichts Anderes, als eine Art be festigter Lager; ihre Bewohner bilden jr eine Heeresabtheilung unter einem Kommandeur (Jnd-una). Sie haben also nicht die Stellung von Familienhäuptern resp. Familienmitgliedern, sondern rangir«n nur militärisch. Erst wenn ein Regiment sich mehrfach im Kriege ausgezeichnet hat und seine Angehörigen be reits im vorgerückteren Alter stehen, erlaubt der König ihnen wohl, sich zu verheirakhen, und dann verliert die Ekanda den militärischen Charakter für den Siner wirklichen Familiennieder- laffung. An der Spitze dieser ganzen Organisation steht nun ein König, der die Stellung eines boschräickten Despoten einnimmt. Die Beschränkung liegt in den Personen der beiden Haupt- Jndunas, die zugleich Minister und Obergenerale darstellen, und gegen deren Willen der König sehr selten handelt. Dagegen kann er über daS Eigenthum und dos Leben seiner Unterthonen nach freiem Ermessen verfügen, und die Zulufürsten haben von diesem Rechte oft genug Gebrauch gemacht. Denn für die Geschichte des Volkes ist die Reihe von starken Fürsten charakteristisch, die nach einander sein« Geschicke leiteten, und von denen Tschako, Dingaan und Ketschwoyo vielleicht am bekanntesten sind. Wie tief der monarchische Sinn in den Aulus steckt, wird vielleicht durch nichts so kkar erwiesen, al» durch die tief« Anhänglichkeit, die str aller Grausamkeiten und Willkürakte ihrer Fürsten unrrachtet für diese hegen; nicht weniger als 800 Häuptlinge und Veteranen er schienen einmal im Jahre 1882 in Pierermaritzburg, um die Wiedereinsetzung Ketschwayo's zu verlangen — eine sicherlich imponirende Manifestation des Volkswillens. Unter diesen starken Fürsten hat sich drr Charakter der Zulus in fortwährenden Kriegen so entwickelt, daß sie ein Herrrnvolt unter den Negervölkern geworden sind. Sie sind stolzer, selbst bewußter, entschlossener, als di« anderen Kaffernneger; sie sind muthig und tapfer — aber Alles nur im Negersinne. Denn seine Tapferkeit kommt am Günstigsten im Massenverbande zur Gel tung, und sein Stolz hindert ihn nichi, seinem Fürsten gegen über knechtische Ehrfurcht zu beweis«» oder einen Europäer um Tabak anzubetteln. Aber unter energischen Führern ist er noch heute zweifellos ein furchtbarer Gegner. Unter seinen friedlichen Beschäftigungen steht di« Viehzucht obenan. Der Besitz an Vieh bestimmt das Ansehen; nur mit Vieh kann man ein Weib kaufen, repräsrntiren und die Be dürfnisse des Lebens decken. Der König selbst ist der oberste Verwalter der Rmderherrden, sie zu hüten, gilt ihm als ein Sport, und jeden Morgen läßt er sich einrn bis ins kleinste Detai gehenden Bericht über sie abstatten. Die Arbeit im Viehkrak ist daher auch als die ehrenvollste dem Manne allein Vorbehalten; er melkt, w«id«t, tränkt dir Thier«, während er sonst die Arbeit gern seinen Weibern überläßt. Diese letzteren werden ganz allgemein durch Kauf erworben; die Weiber selbst halten kaum weniger streng als die Männer an di«s«r Sitte fest, da sie ihren eigenen Werth nach ihrem Kaufpreise schätzen. Uebrigens herrscht die Polygamie, theoretisch wenigstens, ganz unbeschränkt, und die Stellung der Frau ist eine sehr niedrige. Die Eigenthümlichkeiten der Zulus finden sich nun, wenn auch meist weniger scharf ausgeprägt, bei allen Kafstrnstämmen wieder. Nur bei einigen, in der Capcolonie selbst wohnhaften Stämmen, hauptsächlich den Kosa und den Fingu, ist es den Engländern gelungen, sie der Civitisation wirklich zugänglich zu machen, und es scheinen diese Stämme seit ihrer Angliederung an die Cultur an Zahl, Wohlstand und Gesittung bedeutend zu- zunrhmen. Dagegen steht die zweite Hauptgruppe des Kaffern- volkes den Engländern ähnlich, wie die Zulus, gegenüber. Dies sind die Betschuanen, die das gany« Innere Südafrikas von den Drakenbergen bis zur Kalahari und vom Oranjesluss» bi» zum Sambesi bewohnen. Die Betschuanen sind trrffend als eine weichere, mildere Ausprägung d«s Kaffe'rntypus bezeichnet worden. Sanftmuth, Gefügigkeit, häufig auch Schlaffheit fand Fritsch vor Allem in ihren Gesichtszügen ausgeprägt. Ihre Er scheinung ist gewöhnlich nicht so stattlich, so kriegerisch, so woP> ausgebildet, wie die der Zulus; sie sind weniger kriegerisch, si« hoben seltener bedeutende und starte Führer gefunden. Die angestammten militärischen Fähigkeiten der Kaffern haben sie öfters erst gezwungen, selbst im Dienste von Fremden — den Matabelrs z. B. — bewährt. Merkwürdig ist dabei ihre her vorragende Tüchtigkeit in der Erzeugung von Waffen. „Die Betschuanen sind viel bewunderswürdiger in der Herstellung.-der Waffen, als in der Führung derselben." Das gesammte Staats leben der Betschuanen ist nicht so streng militärisch gegliedert, wi« das der ZuluS; ihr Fürst ist durch einen Rath der Aeltesten und durch eine kräftig sich äußernde öffentliche Meinung be schränkt. Ost sind di« Betschuanen von ihren Stammesver- toandten, den Zulus, bedrängt worden, und auS einem dieser Kriege entwickelte sich ihr kräftiger Stamm, die Ost-Betschuaneu oder Basutos. Als nämlich der Zulukönig Mosilitatse die zahl reicheren, aber uneinigen Betschuanen in den 20er Jahren vom Vaalflufse in die Drakenberg« zurückgedrängt hatte, sammelte ein Häuptling Namens Moschesch im Jahre 1831 die Verspreng ten im Gebirge zu einem Volke, das sich die Basutos, d. h. Bettler nannte. Diese Basutos bild«» heute d«n Haupidestandtheil der schwarzen Bevölkerung im Oranje Freistaate und bewohnen außerdem das sogenannte Basutoland, eines der schönsten, ge sundesten und fruchtbarsten Gebiete von ganz Südafrika, das England sich aneignete, nachdem die Oranje Boeren es mit großer Zähigkeit und Mühe unterworfen hatten. ES ist aber di« Auto rität Englands in Basutoland noch heute recht gering, obwohl die Capcolonie bis 1881 bekanntlich einen blutigen Krieg gegen die Basutos führte. Auch sie pflegen die vereinbart« Hütten steuer nicht zu zahlen, auch sie kümmern sich um ihre Häuptlinge weit mehr, als um die britischen Beamten, und halten an ihren alten Gewohnheit«» fest. Vor de» Boeren, deren schwere Faust sie «inst empfanden, haben sie allerdings mehr Respekt, aber sie haben ihnen auch den, alten Haß noch nicht vergessen, und wenn sie sich jetzt erheben, so dürfte es vornehmlich den Oranjeru gelten. Uebrigen» sind di« Basuto» gewöhnlich recht verschmitzte Kerle, sie sind gut mit Flinten bewaffnet und in der Mehrzahl kräftig und kriegerisch, wenn sie auch hinter den ZuluS zurückstehen. Alle diese Stämme heißen, wie gesagt, unterworfen, sind aber in Wahrheit fast selbstständig. Der alten Kriege und Schlachten mit den Weißen — seien es die Boeren, sei«n es dir Briten — gedenken sie wohl, und Rachsucht, UnabhängigkeitSdrany und Kriegerstolz können leicht Zusammenwirken, um von der Küste des indischen OceanS bis zur Wüste Kalahari ein« gewaltige Regrrerhebung herbeizuführen, wie sie Süd-Afrika noch nicht erlebt hat.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite