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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.11.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991128012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899112801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899112801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-11
- Tag1899-11-28
- Monat1899-11
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Bon einem der nationalliberalen Partei sehr nahestehenden Organe wird eS als selbstverständlich bezeichnet, daß da preußische Abgeordnetenhaus aufgelöst werden müsse, wenn die Canalvorlage wieder abgelehnt werden sollte. Wenn die Aeußerung allein stünde, wäre «S gefährlich, ihr au dieser Stelle entaegenzutreten, denn man könnte unS einer unbe rechtigten Einmischung in „fremdländische Angelegenheiten beschuldigen. Gleichzeitig aber schreibt, wohl auch unter den Berliner Einflüssen, die „Köln. Ztg.": „Für unS unterliegt r» reinem Zweifel, daß, wenn der Reichstag die Flottenvorlage und wenn der preußische Landtag die demnächstige Canal vorlage verwerfen sollte, nicht» Andere- übrig bleibt, als für beide gesetzgebenden Körperschaften Neuwahlen zu veranstalten." Hier ist der Nexus zwischen Canal und Flotte zwar auch nicht ausdrücklich anerkannt, aber es wird in ähnlicher Weise mit keinem Worte die Be hauptung gewagt, daß dir beiden Angelegenheiten unabhängig von einander bis zum Aeußersten verfolgt werden könnten. Das wäre absolut unmöglich. Würden die Wähler unter dreißig Millionen Deutschen wegen deö Canals an die Urne gerufen, so entstände unvermeidlich eine so heftige Erbitterung zwischen den Nationalliberalen und der freisinnigen Vereinigung einer seits und den beiden conscrvativen Parteien andererseits, daß bei einer Wahl wegen der Flotte die Parteivorstände zwar schöne Wahlaufrufe, die daS Gemeinsame dieser Richtungen betonen, erlassen könnten, daß cs aber unmöglich sein würve, die nun einmal nicht diplomatische Wählermafse unter einen Hut zu bringen. Der Gegensatz, die Verfeindung würbe aber — dafür wurden die linksliberale und die bündlerische Presse sorgen —auch außerhalb Preußens das Zusammenwirken der nationalen Parteien bei außerordentlichen Reichstagswahlen hier erschweren, dort unmöglich machen. Worauf die an geführten Preßstimmen dringen, ist also nicht mebr und nicht weniger als ein preußisch - particularistischer Exceß, mit dem verglichen der ja auch nicht gerade sympathische bayerische Widerstand gegen die EinbeitSbriefmarke als harmlose Neckerei erscheint. Den Bortheil von der rücksichtslosen Verfolgung der res bc>rus8iea hätte bei einer Reichstagswahl das Centrum nebst den regelmäßig mit nnd unter den Ultramontanen gewinnenden Parteien, der Socialdemokratie und der BolkSpartci. Es ist wohl nicht unbescheiden, wenn man angesichts dieser so eben von den „Mittheilungen für die Vertrauensmänner der nationalliberalen Partei" sehr anschaulich geschilderten Ge fahren für die nationale Sache den Nationalliberalen Preußens den Wunsch entgegcnbringt, sie möchten die nationale Bedeutung, die ihrer häuslichen Angelegenheit gegenüber der Flottensrage beikemmt, nickt verkennen und insbesondere den von dem eben genannten Organe gemachten Versuch nicht wiederholen, da- Eingreifen der Krone in die Canalangelegenheit der preußischen Regierung al- da- noth- wendig bestimmende Moment zu bezeichnen. Da der Kaiser auch in der Flottenfrage persönlich hervorgetrcten ist, riese sogar angeregt hat, so brauckt man die Conflicte nicht zu schildern, zu denen ein Nebeneinander von Wahlen wegen deS CanaleS in Preußen und von Wahlen wegen der Marine im ganzen Drutsckland führen müßte. Schwer kann die Erfüllung dieses Wunsches den Preußischen Freunden nicht fallen, denn dienationalliberalcn „Mittheilungen" sagen selbst: „Der nationalliberalen Partei kommt eS in aller erster Linie zu, die äußeren Machtinteressen des Reiches im Volke verständlich zu machen und ihnen iu den breitesten Schichten derart geeigneten Boden zu bereiten, daß sie aus dem opferwilligen Sinne der Gesammtheit heraus ihre Befriedigung finden." Mit diesen Worten ist da« Hauptstück der geschichtlichen Mission de- Nationalliberalismus treffend umschrieben. Aber zur Erfüllung gehört auch die Klugheit, die nickt darauf besteht, daß an sich vollberechtigte, aber mit den äußeren Machtinteresseu des Reiches auch nicht einmal in unmittelbarem Zusammenhänge stehende Fragen mit Mitteln gelöst werben, deren Anwendung im Augenblicke die äußeren Machtinteressen beeinträchtigen würde. Die natioualliberale Partei Preußen- muß diese Selbstbeschränkuug üben, wenn sie da» Recht behalten will, auch künftighin daS Urtheil zu fällen, das die „Mittheilungen" über gewisse propagandistische Erscheinungen der Neuzeit sprechen. Nämlich: „Es ist keine gesunde Entwickelung mehr, wenn in jedem Einzelfall oder für jedes besondere Machtbedürfniß deS Reiches eine besondere Organisation bervortritt, die für sich in Anspruch nehmen möchte, wa« in erster Linie wir (die Nationalliberalen) zu leisten hätten. Auf die Dauer darf sich dergleichen nicht wiederholen. Wie sollte denn sonst die Abwägung aller in Betracht kommenden Interessen — der politischen, der volkSwirthschaftlichen und der finanziellen — bei solchen Machtfragen gesichert sein?" Ganz zutreffend, aber wenn di« volkSwirthschaftlichen, die wohlverstandenen volkSwirthschaftlichen Interessen GrsammtpreußenS dem Eanal gar nicht und die finanzielle» s, gut wie gar nicht entgegen sind, so müssen doch di« politischen Interessen Gesammt- deutschlands einer Partei wie der nationalliberalen in diesem Augenblick da« Drängen auf Eanal-Nruwahlen verbieten. !vas von dem Parteiorgan über die Tpecialisirung der nationalen Agitation Gesagte ist, was wiederholt sei, an sich vollkommen richtig. Jetzt — in der Flotten sache — wird freilich „n,chts mehr z« machen" sein. Höchsten», daß man Verirrung», «atgegentreten könnte, wie deren einer da« Regierungsblatt, die „Nordd. Allgem Ztg.", Vorschub leiste», indem e» dem Aufruf eine» „Manne» au» dem Volke" Unterkunft gilbt, der zu einer freiwilligen Flottenspend« — Zeder solle etwa den hundertsten Tbeil jeine» GikammtvrrmögenS geben — auffordert. Die Auf nahme dieser Kindlichkeit ist natürlich nur auf die UrtbeilS- losigkeit de« Redakteurs des Regierungsorgans und nicht aus Träumereien maßgebender Persönlichkeiten zurückzuführen. Unter einem Volke, da» politisch gereift sein will, sollten solche Einfälle zu den Unmöglichkeiten gehören. Daß sie nur schaden, ersieht man bereit« aus der flottenfeindlichen Presse, die, die Thorbeit de» Ausrufes erkennend, ihn zu einer Action aufbauscht und meint, der Erfolg der angeregten Sammlung sei „ein Prüfstein der Ehrlichkeit der Flottenbegeisterung". Wir könnten un« übrigens anck für eine Collecte er wärmen — zu einem spanischen Röhrchen, Herrn v. Heeringen mit der Bestimmung zu verehren, daß damit ungeschickten Flotten-Officiösen auf die plumpen Finger geklopft würde. Die Rückkehr zum Absolutismus in Korea. Nachdruck auch mit Quellenangabe verboten. L. Bon besonderer Seite wird un- aus Söul, 10. Ok tober, geschrieben: Die gegenwärtige Lage inKorea verdient deshalb besondere Aufmerksamkeit, weil jene Zustände wieder eingetrrten find, die im Anfang« dieses Jahrzehnts Japan den Vorwand zum Eingreifen in dir koreanischen Verhältnisse gaben und Vie dann weiter zum chinesisch-japanischen Kriege und zu der ge waltigen Umwälzung aller Verhältnisse in Ostasien führten. Di« ehrenwerthe „Gilde der Lastträger", die von hoher Stelle dafür besoldet wurde, daß sie die Nationalversammlung mit Gewalt au-einandertrteb, wie einst am 18. Brumair« die Grena diere Napoleon'» dir Lvgi-lative, sollte den im vorigen Spät herbste zugesagten Reformen zum Opfer fallen. Es wurde ein entsprechende- Decret erlassen, aber eS kam nicht zur Ausführung. Die Gilde besteht nach wie vor und geht Hand in Hand mit der Polizei bei der rücksichtslosen Verfolgung der Anhänger kon stitutioneller Ideen. Ja, der König, der ihr sehr wohl will, hat ihre Macht durch Zulassung zum „Geheimen Rath" gestärkt. Dem „Geheimen Rath", dessen Neubegründung der König zugesagt hatte, sollte eine Initiative bei der Gesetzgebung zu stehen und alle Beschlüsse des Staat-rathes sollten ihm vorgelegt werden; außer den sämmtlichen Staatsministern sollte er aus 50 Mitgliedern bestehen, von denen die eine Hälfte durch den Staatsrath, die andere vom Volke, zunächst vom Unabhängigkeitr- clu'b, zu wählen war; die Staatszeitung publicirte aber einfach di« Namen der Leute, die ihm angrhören sollten; davon waren 35 Mitglieder des Club- der Lastträger und sonstige Personen, die notorisch im Solde der Hofpartei standen und 15 Mitglieder des Unabhängigkeitsclubs; von den Letzteren nahmen di« Meisten die Ernennung nicht an. Als dann der Geheime Rath Vorschläge über die Zusammensetzung eines neuen Cabinets berieth, beging er den Fehler, als Miniftrrcandidaten auch den Pak youg hio aufzustillen, einen der Verschwörer vom Jahre 1884, der damals nach Japan entflohen war, 1895 nach Korea zurück und ins Cabinet kam, aber, des Hochoerraths angeklagt, wieder nach Japan flüchten mußte; der Präsident deS Geheimen Rathes weigerte sich, den Namen des Pack dem Könige zu unterbreiten und als dann di« Nationalversammlung ebenfalls für die Zurück berufung des Pa! eintrat, gelang es der Regierungspartei, beim Volke den Verdacht zu verbreiten, daS Ziel der ganzen Bewegung sei überhaupt nur die Rückberufung der nach Japan entkommenen Verschwörer; indem sich so dir öffentliche Meinung gegen sie kehrte, verlor die Nationalversammlung ihren einzigen Rückhalt und die Regierung konnte nun fernere Zusammenkünfte überhaupt vereiteln. Unter der Reaktion, der kein Hinderniß mehr im Wege stand, sind die Dinge in Korea wieder auf einen Standpunkt gekommen wie vor dem Kriege, in Hinblick auf den die japanische Negierung damals ihr Vorgehen mit der Erklärung recht fertigte, daß eine Reform der inneren Verwaltung zur Erhaltung nicht nur guter Beziehungen zwischen Japan und Korea, sondern überhaupt zur Aufrechterhaltung des Friedens in Ostasien erforderlich sei. Die Verfassung des Geheimen Rathes wurde Ende Mai dieses Jahres dahin abgeändcrt, daß die 50 Mitglieder nicht mehr je zur Hälfte vom Volke und vom Staatsrathe gewählt, sondern daß 10 Mitglieder vom König direkt, 40 vom Präsidenten deS Staats raches nach Genehmigung des Königs ernannt werden. Vom Präsidium sollte ursprünglich der Präsident vom König direct ernannt, der Bicepräfident vom „Geheimen Rath" gewählt und vom König bestätigt werden; nach der jetzigen Ordnung hat der König sowohl den Präsidenten als den Vicepräsidenten selbst ständig zu ernennen. Sitzungen deS „Geheimen RatheS", die täglich abgehalten werden sollten, haben Monatelangnichtstattgesunden. Da» alte koreanische absolutistische Regierungssystem wurde im Jahre 1896 durch eine CabinetSregierung rn Form eines StaatSrathe» erseht, wobei dem König kaum mehr al- ein SanctionlrungSrrcht zustand; in Folge der Ereignisse der letzten Monate desselben Jahre- wandte sich aber die Stimmung gegen die neue Regierungöflorm und der Staat-rath wurde im Sep tember 1896 neu constituirt; er behielt seine weitgehenden Auf gaben, die frühere Beschränkung der königlichen Mitwirkung wurde aber durch die Bestimmung aufgehoben, daß der König jedem im Staatsrache gestellten Anträge, ohne Rücksicht auf den Ausfall der Abstimmung des StaatsratheS, seine Ge nehmigung ertheilen und dadurch Gesetzeskraft verleihen kann. Der StaatSvath bestand aus einem Präsidenten, dem Minister deS Innern als Vicepräsidenten, fünf vom König er nannten Rächen und den sämmtlichen aktiven TtaatSministern mit Ausnahme deS Minister» des königlichen Hause-; die somit noch verbleibende Trennung zwischen den Privatinteressen deS königlichen Hause- und den öffentlichen Interessen de» Staates ist vor einem Jahre dadurch beseitigt worden, daß er dem Minister de» königlichen Hause- Sih und Stimme im Staatsrathe gab; zugleich vermehrte man die Zahl der Mitglieder durch Hinzu fügung eine» besonderen Vicepräsidenten. Der Krieg in Südafrika. La» Gefecht bet Grasvan. -p. Der Berickt Metbuen'S über da« zweit» Treffen mit vrn Boeren bei GraSpan befriedigt in London nicht völlig. Man hofft, daß die 9. Ulanen, denen di« Auf gabe zugesallen war, den Boeren den Rückzug abzusckneiden, nicht da» Schicksal der 18. Husaren nach der Schlacht bej Dundee erleiden werden. „Daily Mail" meint, da der Bericht nicht» über Kriegsgefangene und Wegnahme von Kanonen sage, könne der Sieg nicht als vollständig bezeichnet Werren. So hartnäckig sei der Widerstand des Feindes, so unerwartet stark feien seine Streitkräfte in der Nackbarsckafl von Kimberley, daß eS weise sein dürste, den Vormarsch nach Kimberley einzustellen, bis MethuenS kleine Colonne verstärkt worde» sei. Schwach an Cavallerie, sei sie außer Stande, dem beweglichen Feinde entscheidende Niederlagen zu bereiten, und laufe Gefahr, isolirt zu werden. „Daily Mail" dringt auf die sofortige Einschiffung der 5. und 6. Division nach Südafrika. Der Kampf bei Belmont (Saffir » Kop). Ueber das erste Gefecht (am Mittwoch und Donners tag) südlich von Kimberley erhalten wir von unserem Spccial- correspondenten jetzt folgenden Bericht: Im Bivouac am Oranjefluß, 24. November, Morgen-, Der Vormarsch unseres stolzenGardecorpS und der Marine artillerie ist zu einem unerwartet schnellen Stillstände ge kommen. Wir sind al» siegend« Besiegt« in unser Lager hier am Grenzfluss« de» OraujesnistaateS zurück gekehrt, nachdem wir einen Theil unserer besten Offictere und «ine lang« Reihe Todter und Verwundeter auf dem Kampfplatz« gelassen haben. Wie viel« von unserenOffieieren und Leuten gefallen, weiß zur Stund« noch Niemand, selbst nicht der commandirrnde General Lord Methuen, der sich damit be gnügen mußte, in seiner officiclleu Depesche, wie das überhaupt hier üblich, lediglich di- ersten, bis zum Abgänge seines Telegramms eingebrachten Tobten uud Verwundeten aufzuzählen. Diese betrugen einschließlich der Gefangenen nahe an 300 Mann, eine Zahl, die sich aber noch sehr wesentlich erhöhen dürste. Wir traten den Rückzug unter einem solchen Regenslurm und Hagelwetter an, nachdem wir bereits eine Nacht vorher, bi» auf die Haut durchnäßt, in der bitter» Nachtkält» auf offenem Felde gelegen. Laß von einer schnellen Bergung der Verwundeten und gar der Tobten um so weniger di« Red« sein konnte, als un- alle Transportmittel so gut wie gänzlich fehlten. In dem Augenblicke, wo ich Ihnen telegraphire, sind auch erst dl« Grenadiere und die Scotsguard» in« Lager gerückt, all» übrigen Truppen aber noch unterwegs, und unsere Cavallerie steht als NaLhut, den Rückzug deckend, bei Dcvendale, etwa 18 Kilometer von hier auf dein Wege noch Belmont. Die Garden haben sich glänzend und mit dem Muthe alter Soldaten geschlagen, aber strategisch ist das Resultat gleich Null. DaS Gefecht am Kafsir'S Kov hat das mit dem Kamps« am Talanahügel vor Gleucoe gemein, dessen fast lebensgetreue Wieder holung es war, nur mit dem einen Unterschiede, daß Lord Methuen nicht so unvorsichtig war, wie General Aule, und seine schwache Cavallerie lieber zur Deckung seine» Rückzuges verwandte, al- sie den Feind „verfolgen" und sich selbst nachher gefangen nehme» zu lassen. Mißlungen ist unser Vormarsch völlig, indeß nur, sofern es wirklich die Absicht de» Obercommandos war, direkt zum Ent sätze von Kimberley aufzubrechen. Ich selber glaube nicht, daß Lord Methuen das wirklich beabsichtigte. Dagegen sprach schon, daß wir ohne Train auSzogen, unsere Artillerie sich mit derjenigen der Boeren, welche eine ganz« Reihe von Positionen von 8000 bi- 4000 Fuß Höhe, zwischen Belmont und Kimberley, halten, sich vorläufig gar nicht messen kann, da uns selbst daS nöthigstc brauchbare Zugthiermoteriol fehlt, nnd wir so gut wie gar keine Cavallerie haben, mithin gar nicht in der Lag« wären, selbst Le» vollständigsten Sieg irgendwie aukzuiiutzeii. Unter diesen Umständen konnte höchstens davon die Rede sein, einem Angriffe der Boeren auf unser Lager zuvorzukommen und sie durch einen energische» Vorstoß an weiterem Vordringen z» hindern. Aber selbst daS ist unwahrscheinlich, denn unsere Kundschafter ließen keinen Zweifel darüber, daß Belmont selbst und der etwa 8 bm südöstlich davorliegende Kafsir» Kop nur von einer ganz schwachen Vorhut der Freistaatbocren gehalten wurde, die von ihnen verschieden auf dreihundert bis siebenhundert Mann ange- geben wurde. Mehr standen uns gestern auch offenbar uicht gegenüber, und so bleibt wohl nur die Erklärung übrig, daß Lord Methuen den Auftrag hatte, möglichst schnell eia rnergische- LebeuSzeichen von sich z» geben und um jeden Pret» «inen Sieg zu erfechten. Da« Terrain zwischen unserem Lager am Oranjeflussr nnd der Station Belmont besteht au» einer fast flachen Hochebene, die, durchschnittlich etwa 3000 Fuß hoch, nur von dem Kafsir'S Kop und einigen hundert bi» zweihundert Fuß hohe», leichten Hügeln vor demselben durchschnitten wird. Di« Entfernung vom Lager bt» Belmont betrügt etwa dreißig Kilo- meter, bl» zum Kafsir'S Kop etwa fünfundzwanzig Kilometer. Um diesen fand der Kampf statt und endete damit, daß die Boeren ihre Vor posten von den drei, dem Kop selbst vorgelagerten, leichten Hügel ketten zurückzogcn, al» die Garden diese mit großer Todesverachtung und mehr denn zehnfacher Uebermacht stürmten und den Angriff des Gegner» auf ihr« Hauvtposition, den Kotfir'S Kop selbst, er warteten. Lord Methuen aber begnügte sich mit seinem ersten Er- folge, al» s-In Versuch, die ganze Boereuposition zu umgehen, an dem überlegenen Artilleriefener deS Feinde» und der Unmöglichkeit silr die Cavallerie scheiterte, die scharf zerrissenen Vorhügel deS Kop» zu ersteigen. Wir waren schon am Dienstag Morgen, nur mit dem Brod- beutel, Gewehr und Patronen versehen, aus dem Lager auSgerückt und hatten auf dem 374L Fuß hohen Plateau, bei Wtteput», nut» strömendem Regen und schneidendem Nachlwind», campirt. Nachtruhe hatten wir nicht, denn Li« Boeren erschienen gleich nach Anbruch der Dunkelheit und unterhielten di» ganz» Nacht hindurch mit ihren berittenen Plänklern »in intermittirendes Ge- wehrseurr, sodaß unser« «eoigen Lanzrnreiter, zwei Lompoguien be rittene Infanterie und schließlich di« vier Marineg'scküpe ihnen »ntgeg,»geben, und «n» wenigste,» vor einem nüchttichen Ueber- sell schützen mußte». Am Mittwoch rückt» di« G-rdebrigade, mit den Geschützen voran, bis Devendale, ihre linke Flanke aus Quagals Pan stützend und mit der rechten bis nach BlaawboschSba > ausholend. Nach einer kurzen Rast brach die Gardebrigade, unser Centrum, wieder auf. Es war gegen 2 Uhr Morgens, am Donnerstag. Sie marschirte etwa 8 Kilometer gegen Kafsirs Kop vor und machte dann Halt, während die Artillerie linls gegen Schalk Farm und unser rechter Flügel diesseits Luipers Kop eine Uin- gehungöbewcgung auSsührten. Gegen 4 Uhr befahl Lord Methuen den Gardegrenadirren und Northumberland-Füsilieren, gegen die erste Hiigelwelle lautlos Vorzug ehe» und diese ohne einen Schuß abzufeuern, im Sturmschritt zu besetzen. Tort standen die ersten Vorposten der Boeren. DaS Manöver gelang glänzend. Die Boeren waren völlig überrascht und die Garden oben, ehe jene im Dunkel der Nacht den Feind bemerkt. Dann begann von der zweiten Hügelreihe ein starkes Gewebrseuer, aber die Garden, ihre Osficiere voran, jagten mit wildem Hurra!» und aufgepflanztem Bajonnet dir zweit« Terrainwelle hinauf, von der sich die wenig mehr denn 200—300 Mann dort liegenden Boeren, ihr Centruin öffnend, recht- und links auf die dritte Hügelrcihe, etwa 200 m weitrr hinauf, langsam zurückziiziehen be- gannen, fortwährend »in vernichtende« Feuer auf di, wild weiter stürmenden Garden richtend. Inzwischen hatten sie nufere vier Marinegeschütz« in der rechten Flank« unter ein scharfe- Feuer genommen, während die leichte Infanterie (Dorkshire) unsere Reiterei und die ScotSgards von ihrer Hauptstcllung abzusckueideu suchten. Gleichzeitig warf Lord Methuen die ganze S. Brigade und das Northampton-Regiinent vorwärts, so daß jetzt unsere ganze Colonne, nominell 7000 Monn (in Wahrheit nur 5400), im Gefecht stand. Die Boeren hatten auf der dritten Hügelreihe ein kleines Nachtlager au- einer Anzahl Ochsenkarren, etwa 10 bi- 15, ge. bildet, brachen diese- jetzt, von drei Seiten beschossen, ruhig ab und zogen mit Karren und Gespannen zum Plateau des Kops hinauf, nur zwei Mnn itionSkarren zurücklassend, um de Kämpfenden mit Patronen neu zu versehen. (Diese wurden später erbeutet.) Der Tag war indessen angebrochen, und al- die Boeren jetzt erkannten, welcher erdrückenden Uebermacht sie gegenüberstanden, begannen sie schrittweise auf ihre Hauptposition zurück- zugehen. Jetzt befahl General Methuen den allgemeinen Sturm. Ais die Garden die dritte Hügelwelle erreichten, sanden sie dieselbe völlig menschenleer; ringsum war kein Feind mehr zu sehe», ober vom Kassir'S Kop selbst, welcher sich hier 700—800 Fuß hoch steil von dein vorliegenden Terrain abhebt, empfing die stürmenden Garden ein vernichtender Kugelhagel. An ein Nehmen dieser Position ohne starke Artillerie war gar nicht zu denken, und nun ließ der General zum Sammeln blasen. Tif Truppen gingen langsam aus Schußweite zurück und um 8 Ubx Morgens war da- Gefeckt zu Ende. Wir hatten Len Boeren, dank der umfassenden Flankenbewegung, soviel bisher seftgestcllt, 47 meist verwundete Gefangene abgenommen, hätten die-aber säst durch den Verlust unserer ganzen Cavallerie bezahlt. — Diese hatte sich zuweit zwischen die zweite und dritte Hügelwelle vorgewagt, noch elv erstere völlig von de» Boerenposten gerönmt war, wurde von diesen umstellt und in ein Kreuzfeuer genommen, und wäre zweifellos gefangen in deren Hände gefallen, wären nicht die Garden und zwei Geschütze ihnen rechtzeitig zu Hilfe geeilt. Trotzdem verloren wip «ine Anzahl Mannschaften, angeblich 22. Erbeutet hatten wir über dies, in einem Busche abseits, dreißig weidende Ponics und zwei Halbleere Munitionskarren. WaS nun wird? Vorläufig sind wir zurückgekehrt, aber eS heißt, Lord Methuen wolle uni jeden Preis morgen den Vormarsch wieder anfnehmen, lediglich ein kleines Bcobachtungscorps am Kafsirs Kop zurücklasscn und mit einer Schwenkung über Schalk Farm den Theil der Straße umgehen, den die Boerengeschütze beherrschen. Soweit unser Corresponvcnt, dessen Meldung dreißig Stunden verspätet eintraf. Seine Angaben widersprechest den sensationellen Siegcsberichten der Londoner Blätter, diese aber dcmentiren sich selbst; ihre ersten Telegramme sprachen nur von 700 Boeren, die dann sofort auf 7000 cv- bödt wurden. „Daily Telegrapb" bat heute nur noch 5000 besiegt, die „TinicS" begnügen sich bereii» mit 3500, andecv sogar mit 2400, während daS angr eisen de britische Corp- von Allen auf 7000 Mann angegeben wird. Die „Time-" constatiren ausdrücklich, daß die Boeren ihren ganzen Train (Transport) glücklich wea- gebrackt, und ihr KriegScorrespondent sagt wörtlich: „Allee, fiel zu Gun sten der Boer«n auSMvei^tkivg vor in tuvour <^k tks öoer8 to ckvy), womit die Aufschneidereien der englischen Siegesberichte wohl genügend gekennzeichnet werden. — Mittlerweile ist General Methuen bekanntlich an- dein Lager am Oranjefluß wieder aufgebrochen und ist mit den Boercn bei GraSpan von Neuem zusammcugestoßen, worüber bereit» au»führlich berichtet wurde. Neber die Laar tu Natal sind im Lause deS gestrigen Tage-(Montag) eine Reibe eng- lischcr Meldungen eingelaufen, welche alle darin überein stimmen, daß btk vaere« auf dem Rück-ugo nach Lolcnsa, Ladysmith und Sen Tuaelaftust begriffen find, während die Engländer, nachdciii sie üstcourt entsetzt (nach einem Telegramm unsere» Londoner Berichterstatter» wird der letztere Meldung allerdings demenrirt), nach Norden ver stoßen. Es ist nickt unmöglich, daß der Geueralcomnian- dirende der Boeren, Joubert, welcher bis Pietermaritzburg vorgestoßen sein sollte, erkannt bat, daß dir Eng länder überlegene Streitkräfte entfalten uuv er gezwungen ist, sich auf dir Drfrfnsiv« in sicbrrer Stillung am Tugrlaflusse juriickzube geben, um dort dem Angriff der Engländer erfolgreich Stand zn halten. Nur ist e» dann nicht verständlich, wir »r sick zu i-cin Parsorcemarsch geczen Estcourt, Weston und Maritzluig bat verleit«» lasse«. Er hält« sick dann rinr» taktischen Fehler» sonder Gleichen fchulvijs gemacht. Völlig ge klärt ist dir Situation indessen noch nicht, und wir müssen
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