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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991207017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899120701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899120701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-07
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Reclamen unter dem Rcdactivnsstrich (4g* spalten) 50/li,, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40-ij. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zisfernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeige«: Ab end-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen» Ausgabe: Nachmittags 4 Uh», Bei den Filialen und Annahmestellen je elu» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Ertzeditl«« zu richten. Druck und Verlag von E. Polz iu Leipzig 93. Jahrgang. Der englische Welterbe. i. -X- Es mulhet wie eine Kunde aus der „Verkehrten Welt" an, wenn wir in englichen Blättern gegenwärtig Betrachtungen begegnen über die zukünftige Weltherrschaft Englands, die dieses mit Amerika und Rußland zu theilen haben werde. Deutsch land bleibt dabei selbstverständlich außer Betracht. Sollte man sich wirklich in England die Tatsache des eigenen Akt ive roe ns noch so wenig zum Bewußtsein gebracht haben? Für jeden Unbesangenen verliert die englische Zuiorrsicht immer mehr an Berechtigung, und er steht genug Anzeichen dafür, daß die englische Vorherrschaft im Weltver kehr im Rückgang begriffen ist. England hat seine heutige Machtstellung einer Reihe von aus nahmsweise günstigen Umständen zu verdanken gehabt, unter denen die Thatsache, daß es keinen Concurrenten hatte, gewiß nicht an letzter Stelle zu erwähnen ist. Wenn in damaliger Zeit das heutige deutsche Reich bestanden hätte, das durch seine Colonialpolitik in der Lage ist, der deutschen Entnationalisirungs- sucht eine Schranke zu setzen — dann hätte England seine heutige Machtstellung nie erlangt. Von dem Moment an, wo andere Völker ebenfalls freie Hand bekamen und neben England auf dem Plane erschienen, zeigte es sich auch schon, daß es unfähig war, der Concurrenz auf die Dauer die Spitze zu bieten; es trat ein Rückgang auf allen Gebieten ein. Zweifellos hat bei den englischen Kaufleuten gerade die Ge wohnheit, leichtes Spiel zu haben und keine Concurrenz zu finden, mit dazu beigetragen, daß sie es vernachlässigten, mit der Zeit fortzuschreiten und sich Len Wünschen ihrer Kunden anzupassen. Aber der wirkliche Grund des Rückganges liegt doch tiefer! Wir finden ihn hauptsächlich darin, daß man beim Durchschnitts engländer mit einer nur beschränkten natürlichen In telligenz, verbunden mit einer mangelhaftengeisti gen Ausbildung, zu rechnen hat. Allgemeiner gebildete Menschen, wie wir sie bei uns eigentlich in jedem gewesenen Aka demiker zu suchen gewohnt sind, sind in England eine Seltenheit; sie gelten dort schon beinahe als Gelehrte. Bei der großen Mehr zahl auch der zu den höheren Gesellschaftskreisen Gehörigen ist dagegen die Bildung eine nach unseren Begriffen recht mangel hafte und einseitige. Entsprechend ist aber auch der Gesichtskreis des Durchschnittsengländers ein recht begrenzter; nicht nur seine geistigen Interessen, sondern auch sein Denken, seine geistigen Fähigkeiten bewegen sich ausschließlich auf einem enzbegrenzten und althergebrachten Gebiete. Was 'darüber hinaus, oder rechts oder links davon liegt, sieht er nicht und ist er auch gar nicht fähig, zu sehen, weil ihm dies nicht gegeben ist, oder weil ihm die Fähigkeit dazu seit Generationen verloren gegangen ist. Dieser sprichwörtlich gewordene englische „Sechwinkel" existirt keineswegs nur in Büchern und Zeitungen, sondern er ist eine bittere That sache! Dieser geistige „Defect" haftet den Engländern aller Stände an. Es darf im Hinblick auf diese Begrenzung des geistigen Horizontes nicht Wunder nehmen, daß der Engländer es nicht versteht, sich in die Denkweise anderer Völker hineinzu versetzen: er versteht es ebensowenig, überhaucht etwas Neues, Ungewohntes in sich aufzunehmen, oder gar selbst zu produciren; verständnißlos steht er der neuen Thalsache gegenüber und bemerkt dabei gar nicht, wie die Welt fortschrritet und er zurllckbleibt. So ist es erklärlich, daß wir heute in wenigen Ländern so viel veraltete Institutionen, so viel Zopf finden, wie in dem freiheitlichen England. Tie Gewohnheit, im alten, bequemen Gleise, im Voll bewußtsein seiner Macht, unbekümmert um die Außenwelt, fort zuwursteln, hat einen Mangel an geistiger Beweglichkeit, eine Schwerfälligkeit hervorgerufen, die auf den, der zum ersten Male Englands Boden betritt, geradezu verblüffend wirkt. Auf allen Gebieten, in allen Volkskreisen wiederholt sich uns diese Beob achtung, überall sehen wir aber auch die Folgen davon: einen Rückgang, wo nicht ein Zurückgebltebensein. Wie wenig der englische Kaufmann — und dieser interessirt uns am meisten, um so mehr, als er den großen Kern der intelligenteren Be völkerung ausmacht — gegen früher auf der Höhe ist, zeigt am besten der englische Handel, der seinen Höhepunkt überschritten hat. Daß in den unteren Ständen die Schwerfälligkeit eher noch größer ist, wird man uns gerne glauben. Die akademisch gebildete Kaste im weitesten Sinne bildet einen verschwindenden Bruch- theil der Bevölkerung. Was die Kunst anlangt und künstlerisches Können sowohl als künstlerisches Verständniß, so hüllen wir uns- am besten in Schweigen, denn viel Ernsthaftes läßt sich darüber nicht sagen. Natürlich gilt bei allem Gesagten und zu Sagenden der Satz, daß Ausnahmen die Regel bestätigen. Es versteht sich von selbst, daß es auch sehr fein und allseitig gebildete Engländer giebt, namentlich unter den obersten Zehntausend. Mit diesen haben wir es hier aber nicht zu thun, sondern mitdemDurchschnitt. Und bei diesem steckt hinter dem äußerlich tadellosen, häufig sogar sehr distinguirt aussehenden „Gentlemen" leider keine geistige Elite, sondern ein so schwerfällig arbeitender und einseitig thätigcr Geist, daß es Einem um die wirklich anerkennenswerth schöne Hülle leid thun kann. Kein Wunder, daß englische Atmosphäre und Lange weile gleichbedeutende Begriffe sind! Die Schwerfälligkeit er streckt sich sogar auf viele Dinge des täglichen Lebens. Selbst über der englischen Küche schwebt dieses Aroma von Geistlosigkeit und Langerweilr. Gewiß gehört zu den Kennzeichen einer hoch entwickelten Civilisation auch die Kunst, sich da» Leben schön und angenehm zu gestalten; es bedarf keines Hinweises auf die alten Griechen und Römer. Diese heitere Kunst ist in der englischen Atmosphäre nicht lebensfähig, trotz allen ComfortS des englischen „Home". Kurz, überall machen wir dieselbe Beobachtung, die übrigens hochgebildete Engländer selbst zuerst gemacht haben. Man braucht nur an Byron zu erinnern. Und welche derben Wahr heiten läßt Bulwer seinen „Pelham" den Landsleuten sagen! „Ein Hauch von Geistlosigkeit, der sie unschön macht, bei aller Verfeinerung, ruht Uber Lieser Civilisation. eine Avathie, die die Menschen allmählich in Schlaf einlullt, einen geistigen Schlaf, auS dem sie erst erwachen weiden, wenn cs zu spät ist, wenn sie den Schaden besehen." Zu der von uns gekennzeichneten geistigen Ver- ständnißlosiqkeit des EnglanderthumS für alles Ungewohnte kommen noch alS weitere Merkmale des englischen CivilisationS- systems, die ebenfalls zeigen, daß wir eS mit einer Hülle ohne Kern zu thun haben, jene bekannte Un ¬ natürlichkeit und Heuchelei des englischen Voltscharakters, die schon unendlich viel Schaden ange- richtet haben und das schließliche Ende der englischen Supre matie mit besiegeln helfen werden. WaS daS englische Volk nicht sündigt, daS thut nach dieser Richtung die englische Regierung, die englische Politik, die es so weit gebracht haben, daß ihnen Niemand mehr über den Weg traut und England nirgends einen wirklichen Freund findet. Aber es ist noch manches andere Moment zu betonen! Wir haben früher einmal in diesem Blatte geschrieben, daß im wirth- schaftlichen Existenzkämpfe einst die zäheste Rasse den Sieg er ringen werde, d. h. die bedürfnißlosesie, sparsamste und fleißigste, und erkannten diese Palme den Chinesen zu. Zweifellos find Intelligenz und Bildung, überhaupt geistige Disposition, ein bei der Frage nach dem endgiltigen Siege nicht zu unterschätzendes Moment, das nimmt aber nicht weg, daß unserer Ueberzeugung nach die eben genannten „chinesischen" Eigenschaften nicht minder ins Gewicht fallen. Der Engländer besitzt sie nicht. Sein Auftreten ist gerade das Gegentheil von An spruchslosigkeit. Er imponirt damit zeitweise auch, aber aus die Dauer reicht das Jmponiren nicht aus.. Und es giebt gewiß keinen verkehrteren Weg, als eine Lösung wirthfchaftlicher Schwierigkeiten etwa von einer Steigerung der wirthschaftlichen Ansprüche und Bedürfnisse zu erwarten. Das sollten sich Vie Engländer sagen! Ueberall bringen sie ihre eigenthümlichen Be griffe von englischem Comfort mit, sie erwarten, diesen sogar in der Wildniß zu finden; sie entwerthen das Geld überall, wo sie hinkommen, und erwarten bei mittelmäßigen Leistungen große Gewinne. Daß das gerade Eigenschaften sind, mit denen ein Volk auf die Länge im Kampfe ums Dasein der Völker sich werde an der Spitze behaupten können, glaubt wohl kein ernsthaft denkender Mensch. Der Krieg in Südafrika. —Entweder e« »«schiebt nicht» auf den drei Kriegs schauplätzen oder die Londoner Tensoren wollen nicht, Latz etwa- geschehen sei. So ist heute die gesammte aktuelle KriegSbericbterstattung zusammengeschrumpft auf eine einzige Meldung über Ladysmith-Lolenso. * London, 6. December. (Telegramm.) „Reuter s Bureau" meldet aus Ladysmith vom 29. November: Die Boeren feuern, aber ohne Wirkung und, wir es scheint, um ihre Rück- wärtsbrwrgung zu verbergen, da verschiedene Truppenkörper der Boeren gestern auf dem Marsche nach den Drakenbergen ge sehen wurden, während andere Heereskörper der Boeren heute gesehen wurden, wie sie mit Wogen nach Nordosten abzogen. Unter dem Feinde scheint «ine Krankheit zu herrschen; rS geht daS Ke- rücht, daß zwischen Len Boeren von Transvaal und denen de» Oranje-Freistaate» Streitigkeiten auSgebrochrn seien. Um Ladysmith sind jetzt 26 Geschütze ausgestellt, die wenig Schaden an richten. Wie berichtet wird, haben die Boeren di« Anhöhen zwischen Ladysmith und Colrnso mit Redoutrn und Brustwehren stark befestigt. Die letztere Constatirung ist nicht neu und wa» die Mel dung sonst enthält, ist Geschwätz, das absolut nichts zu be deuten hat. Soitsal Marr««. * Weshalb der amerikanische Eonsul Macrum in Pretoria so dringeud wünscht, von dort abberufen zu werden, ist in Washington immer noch Gegenstand vieler Ver- muthungen. Er hat abgelrhnt, schriftlich oder telegraphisch seine Gründe anzugeben, und daß er die Uebermittelung seiner Ansichten auch auf dem Wege des chiffrirten Telegramms verweigert, dient nicht dazu, die Lage zu klären. Macrum gilt, so schreibt die „Nat.-Ztg", als ernster und umsichtiger Beamter, und man nimmt an, daß nur sehr schwer wiegende Gründe ihn veranlassen konnten, um Ent- Hebung von seinem Amte, zu dessen Functionen auch die Wahrnehmung der Interessen der englischen Unterthanen in Transvaal gehört, zu bitten. E- heißt, er habe seiner Regierung sehr wichtige und entscheidende Erfahrungen, die er gelegentlich der Entwickelung der Dinge in Trans vaal in den letzten Monaten gesammelt, zu unterbreiten, wünsche aber auf jeden Fall, vorher eine vertrauliche Besprechung über die Lngrleaenheit mit Staatssekretär Hay oder dem Präsidenten zu haben. DaS Gerücht, er habe sich mit Reitz nicht verständigen können, kommt a«S englischer Quelle und wird in Washington nicht geglaubt; andererseits ist aber auch di« Meldung, wAcrum werde seiner Regierung eine besondere wohlwollende Haltung den Boeren gegenüber empfehlen, mit Vorsicht aufzunehmen. Za jedem Falle ver sichern Leute, die Macrum persönlich und dienstlich nahe stehen, daß er wegen privater Rücksichten, am wenigsten unter den gegenwärtigen Umständen, nicht so plötzlich seiueu Posten aufgegeben hätte. Sein Nachfolger, ein Sohn deS Staat-- sekrrtärS Hay, ist erst 24 Jahre alt und war bi« jetzt über haupt noch nicht im diplomatischen oder Eonsulardienst thätig, er gilt aber als klug und enorgisch und war lang« Zeit die rechte Hand seine« Vater». Niederländer und Engländer; vetzandlung der Gefangenen in «apftadl. * Atnsterda«, 4. December. Einem auS Aden vom 17. November datirten Privatörirfr, der in diesen Tagen in Amsterdam angekommen ist, entnimmt das „Allg. Handels blad" über di« Fahrt d«r ersten Nirdrrländischen Am bulanz auf dem deutschen Dampfer „König" die fol genden Einzelheiten: „Ja dem Suez.Canal fuhr ein holländisch«- auS Indien kommende« Echtff an un- vorbei. Sowohl bei un« an Lord, ol» ouch auf dem anderen Schiffe spielte di« Musik: „De Boeren debben 't gewonnen." Sodann begegneten wir rtnem englischen Postdampser. Zuerst begonnen sie dort an Bord zu winken, al« aber Niemand von un« znrückwinkte, fing auf beiden Setten «in gegenseitiges AuSpfeifen an. Gestern sahen wir «In deutsche« Schiff der Lst-Afrika-Linie dicht an un« vorüber ¬ fahren und diesem telegraphirten wir: „Ein englischer Kreuzer verfolgt uns, bald ist er vor, bald hinter unserem Schisse. Der Lapitän findet das unstatthaft und bittet Sie, darüber in Suez Klage zu führen." Bei der Ankunft in Aden klagte unser Capitän selbst bei dem deutschen Admiral, der sich dort auf einem deutschen Kriegsschiffe befand. Das Schiff, daS unser Signal empfing, antwortete uns. Der Inhalt dieser Antwort wurde indessen nicht bekannt gegeben, so daß ich fürchte, daß es schlechte Nachrichten für uns sind. Auch in einem aus Aden vom 23. November gestempelten Briefe eines transvaalischen Studenten, die in Leiden studirt haben, heißtz eS: .Ilnsere Reise ist bis hierher ohne Hindernisse vor sich gegangen. Von Port Said auS wurden wir von einem englischen Kreuzer verfolgt, der erst gestern Nacht an uns vorüber- dampfte und unS wohl in Aden erwarten wird, um uns dann weiter im Auge zu behalten. Aus Furcht, festgenommen zu werden, geben wir in Aden nicht an Land, sondern bleiben ruhig an Bord. — An Bord befinden sich 13 deutsche Officiere, 2 franzö sische Officirre und 1 Schwede, die mit uns gegen die Eng länder fechten werden. Ferner ein russischer Arzt, der auf seine eigenen Kosten die Reise nach Transvaal macht." Der „Niuwe Notterd. Courant" veröffentlicht heute ein längeres Schreiben au- Simonstown vom 5. November auS der Feder eines der bei Elandslaagte gefangen genommenen Hol länder, in dem es im Gegensatz zu den Mittheilungen deS „Arnh. Courant" über di« Behandlung der Gefangenen in Capstadt heißt: „Wir werden hier ausgezeichnet behan delt, haben gutes Essen und Lager, und die Seeluft wird uns gut bekommen. (Frkf. Ztg.) Von dem Kampfe am Modderflnffe beginnen die leitenden englischen Blätter, mit Ausnahme der „Times", welche ihre Kriegsberichterstatter diesmal vollständig im Stiche gelassen zu haben scheinen, jetzt die ersten Berichte ihrer SpecialcorresponLenten zu bringen — volle fünf Tage, nach dem di« deutsche Bresse ihnen mit ausführlichen Kabel- berichten vom Schlachtfeld» zuvorgekommen. Ob Liese- Schweigen die Folgen eines mot ä'orckre gewesen, oder ob die Tessier sich Len englische» College» als besonders rigoros erwiesen, mag dahingestellt bleiben. Beides erklärt die gereizte Stimmung der englischen Blätter, welche, die „Times" voran, die deutschen Blätter gar nicht bitter genug ob ihrer „Verdrehung der Thatsachen", „freier Erfindung derselben" und „directer Fälschung der eigenen Angaben englischer Blätter" angreifen können. Die angesehensten Blätter Deutschlands und deren Londoner Specialcorrespondenten werden besonders von dem Berliner Correspondenten der „Times" der bewußten und Planmäßigen Fälschung bezichtigt. Der Bericht von der Schlacht am Modderflusse, welchen die deutsche Presse allein und vor der jedes anderen Landes bereits am 30. v. M. bringen konnte, ist den „TimeS" ein besonderer Dorn im Auge und da» leitende Cityblatt brauchte einen anerkennenswerth zartfühlenden Ausdruck, wenn es denselben in demselben Augenblicke als „freie Combination" bezeichnete, wo sie die ersten Repräsentanten der deutschen Presse in London saus pbrars und saus xöne als Fälscher an ihren Privotpranger stellte. Wir Deutsche dürfen den „Times" und ihrem College» das großmüthig nachsehen. Sie befinden sich in der peinlichen Lage desjenigen, der um jeden Preis seine Misöre zu verhüllen wünscht und daran durch Dritte unerbittlich verhindert wird. Wenn jetzt die englischen Blätter mit der Veröffentlichung ihres ModdrrslußberichteS beginnen, so liegt das wenigstens zum Theil offenbar daran, daß auch der „New PorkHerald" sich nicht mehr zurückhalten ließ und die Wahrheit schließlich doch eingeslandrn werden mußte, und diese Wahrheit deckt sich, wir constatiren das ausdrücklich und formell an der Hand aller vorliegenden englischen Scklachtberichte, bis zum Punct über dem i mit dem Berichte unseres Kriegscorrespon« deute», abgesehen davon, daß jene behaupten, das Gros der Armee Methuen's habe den Moddersluß überschritten, was bekannt lich »och keineswegs erwiesen ist. Unser Bericht eilte dem englischen um volle fünf Tage vorauf. Die „Times" hatten als einzigen Be weisgrund für die „freie Combination" unseres Berichtes dessen — Länge angegeben. Die jetzt veröffentlichten Meldungen der eng- lischen Correspondenten sind zum Theil noch aussührlicher, ja weit- schweifiger, ohne Neues zu melden. Den interessantesten von Allen bringt da» „Daily Chronicle", dem wir dir charakteristischen Stellen in Folgendem entnehmen: »Im Feldlager am Modder River, 80. November, 8,15 Morgens. Der voraussichtlich schwerste Kampf des ganzen bisherigen Feldzuges wurde gestern an den Ufern de« ModderflusseS gefochten. Fast 14 Stunden lang (Lord Methnen wußte bekanntlich nur von 10 Stunden, während unser Correspondent constatirte, der Kampf dauere bei Abgang seiner Depesche in der Entfernung noch an) wüthrte die Schlacht furcht- bar. DerFeind hirlt eine stark verschanzte Stellung mit einer 8 üw langen, dem Ufer folgenden Front. Er war gut mit Artillerie versehea und focht verzweifelt. Unsere Streitmacht bestand aus den zweiten Coldstream Guards, ersten Scot Guard», dritten Grenadieren, ersten Northumberland Füsilieren, zweiten leichten Horkshire - In- fanterie, einem Theil deS ersten Nortblancashire-Regimentr», den neunten Lanzenreitrrn, berittener Infanterie und drei Feldbatterien, sowie den ersten Argyll und Southerland Highländern, welche zu unserer Verstärkung von General Wauchope's Brigade gekommen und gerade zum Kampfe rechtzeitig «intrasen (letztere Thatsache wyrde später dazu benutzt, glauben zu machen, General Wauchope's Brichtd« selbst fei z» Methnen « Corp«, einige Lage nach der Schlacht, gestoßen und daran« der Beweis abgeleitet, daß die Communiration-lintr Methuen» im Süden nicht unterbrochen sei). Die Schlacht begann bei Tages- anbruch mit unserer Beschießung de« linken Boerenslügrls und Her Feind antwortete mit seiner Artillerie und Hotchkiß- und Mariti. geschlißen, und ein wüthende« Artillerieduell tobte mehrere Stunden lang. Dann trat ri»e kurze Pause in drS Feindes Operationen ein, von denen der General sofort Bortheil zog. Unsere Jnsantereie rückte über hi» Ebene gegen de» Fluß in zwei Brigaden vor, die Gardea aus der recht«. Sie wurden von einem furchtbaren Kugelhagel der feindlichen Scharfschützen empfangen, welch« dicht am Rand« d«S gegenüber- liegenden Ufer« postirt war,». Unser« Leute waren ganz ohne Deckung und wurden einfach niedrrgemacht. Es schien unmöglich, unter diesem furchtbaren Feuer lebendig zu bleiben, aber unsere braven Leute wichen keinen Zoll breit. Da» Boerenfeuer war ürchterlich sicher, ihre Stärke muß mindesten» 10000 betragen haben. (Methuen taxirt sie osficiell auf nur 8000, welche Ziffer unser Correspondent für hoch angenommen hielt.) Tie Scot Guards gingen 500 Meter vor, mußten sich dann aber niederlegen, um der tödtlichen Fusilade zu ent ¬ gehen, welche den ganzen Tag hindurch ohne Unterbrechung aew dauerte. Die Highländer machten verschiedene Versuche, eine Passage über den Fluß zu erzwingen, aber die Leute waren einem so mör derischen Seitenfeuer ausgesetzt, daß sie zurückgehen mußten — nicht ohne daß sie furchtbar gelitten hatten. Schließlich gelangt« «in« Abthei- lung der Garden hinüber und hielt sich stundenlang gegen eine weit über- legene Streitinacht. (Das scheint anzudeuten, daß diese Stellung schließlich doch wieder ausgegeben werden mußte, wenn nicht an dieser Stelle wieder die Censur eine Lücke gerissen hat. Unser eigener Bericht zeigte deren sechs; so war die Verwundung Methuen's gestrichen und ebenfalls ein PassuS hinter der Beschreibung des UeberfetzenS einer kleinen Abtheilung.) Die allgemeine Meinung im Stabe geht dahin, daß niemals rin ähnlich ununterbrochenes Feuern in den Annalen der britischen Armee stattgefunden hat. Unsere prächtigen Jungen fielen dutzendweise bei dem Versuche, die Brücke (?) zu erreichen. Eine der heroischsten Thaten der Schlacht war der Versuch des Oberst leutnants Codrinton (Coldstream Guards), mit einem Dutzend Leuten schwimmend das andere Ufer zu erreichen, aber sie wurden zurück getrieben und ertranken beinah«. Die britischen Kanonen unterhielten den ganzen Tag hindurch ein schweres Feuer. Furchtbar wurde in den Boerenstellungen aufgeräumt und der Feind gezwungen, aus seinen Verschanzungen zu flüchten. Die Nacht macht« dem furcht baren Blutvergießen ein Ende. Tie Jnfanteriebrigade war schrecklich decimirt." Und angesichts dieser gewiß nicht den Engländern ungünstigen Darstellung will man glauben machen, daß dieser den ganzen Tag hindurch wüthende Kampf den Engländern kaum 400 Mann gekostet abe, nachdem sie in dem kleinen Vorpostengesechte bei EnSlin- Graspan mindestens so viel verloren, und die „Time-" haben die Stirn, die deutsche Presse der systematischen Uebertreibung anzu klagen, weil sie constatirte, daß Meihncu's Corps „decimirt" worden, und das, nachdem eine angeblich von Lord Mrlhuen und jedenfalls von einem seiner Untercommandanten in der Gardecaserne (Vietoria- barracük,) eingetroffene Depesche Len Kampf als den „blutigsten und mörderischsten des Jahrhunderts" bezeichnet hatte. (Die Behauptung, die KriegScorrejpondenten könnten nur drei hundert Worte pro Tag kabeln, ist in dieser Fassung irrig. Lord Methuen hat den Umfang der auf der äußersten, seiner Colonne nächsten Telegraphenstation, respective dem Fetdtelegravhen aus gegebenen Meldungen aus 300 Worte beschränke, die Correspondenten haben aber gerade deshalb ihre Depeschen sämmtlich in einer weiter zurückliegenden Station aufgegeben, wo sie nicht limitirt waren.) Deutsches Reich. Berlin, 6. December. Zur Flottenfrage ver öffentlicht Wie „Berl. Corr." einen neuen, ersichtlich autorisirteir Aufsatz. Darin wird die gesetzliche Festlegung de: geplanten Florkenverstärkung begründet mit dem Endschluß: „Wer 'die Novell« zum Flottengefetz nicht will, will auch Vie Flotte nicht!" Der Artikel führt aus, daß die Verstärkung des im Flottengesetz festgelegten Sollbestanscs erst in Angriff ge nommen werden soll, wenn fämmtliche Schiffe, die der Soll bestand 'des Floncngesetzes Vorsicht, in Bau genommen sind. Nachdem dieses Ziel gesetzlich gesichert ist, sollen sich Bunoesrath und Reichstag über das weitere Ziel einigen und das Resultat der Einigung festlegen. Das aber gehe nur auf gesetzlichem Wege. 16 Jahre feien für das zweite Dvppelgeschwader in Aussicht genommen; die Innehaltung des Tempos habe der Reichstag vollständig in der Hand. Dieses Ziel müsse nach der gegenwärtigen Wellconstellation ins Auge gefaßt werden. Trinen neue große historische Ereignisse ein, so daß Deutschland keine große Flotte brauchte, so würde die beabsichtigte Novelle kein Hinderungsgrund sein, im Ausbau der Flotte innezuhalten. Alle großen Nationen bauen Linienschiffe über Linienschiffe, nuc von Deutschland verlange Vie Flottrnopposition, daß das Pro gramm nicht gesetzlich fixirt werde, well mit der Möglichkeit ganz neuer Erfindungen zu rechnen sei. Die verbündeten Regierungen würden keinesfalls weitere Linienschiffe fordern, wenn deren Unbrauchbarkeit wirklich nachgewiesen würde. Das Reichs mvrineamt würde in einem solchen Falle zuerst die Aenoerung des betreffenden Gesetzes herbeizuführen suchen. Zum Beweis der Nothwendigkeit der gesetzlichen Festlegung des Sollbestandes wird dann auf die Gründe hingewiesen, die auf dem Gebiete der auswärtigen Politik liegen: „Wirs die gesetzliche Fixirung vom Reichstag crbgelehnt, so wird dos Ausland glauben müssen, die Majorität des deutschen Volkes wolle eine Flotte nicht." Ferner weist der Aufsatz auf die gesammten Marineverhältniffe hin uns darauf, daß die gesetzliche Fixirung die Möglichkeit eröffne, sich auf lange Jahre rationell einzurichten, anstatt wie früher von der Hand in den Mund zu leben. So weit die neuen An deutungen über die angekündigte Flottennovelle. Ammer mehr offenbaren sich die Gründe der Flottrnopposition dagegen als fadenscheinig, haltlos und 'den vitalen Interessen der Nation zuwider. ID Berlin, 6. December. (Entbindung der Ge- werbeaufsicktSbeamten von der Dampfkessel revision.) Mit dem April kommenden JabreS geht ein langjähriger Wunsch der staatlichen GewerbeaufsichtSbeamten in Preußen in Erfüllung; sie werden vollständig von der Dampfkesselrevision entbunden, die ibnen seiner Zeit über tragen wurde in der Hoffnung, daß sie vermittelst dieser Nebentbätigkeit in nähere Berührung zn Arbeitgebern und Arbeitnebmern gebracht würden. Da- ist auch in einigen Bezirken der Fall gewesen, znmrisi ist aber di« Hauptaufgabe, der eigentlich« AussichtSdirnst,
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