Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.12.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189912103
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-10
- Monat1899-12
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.12.1899
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Größere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis,. Tabellarischer und ZtfferasaH nach höherem Tarif. Extra «veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Aunahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. An;eigen sind stets au die Expedition z« richte«. Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig. 828. Sonntag den 10. December 1899. 93, Jahrgang. Aus der Woche. Der Versicherung, daß der Colonialminister Chamberlain in Leicester ganz uuv gar auS dem hohlen Faste gesprochen, haben in Deutschland nur die allerartigsten Kinder undedingteu Glauben geschenkt. Und eS scheint, als ob die Kinder der national-egoistischen Finsterniß wieder einmal klüger gewesen wären, als die Kinder des — officio- mit blutsfreundlich' zanzibaritischem Lichte genährten — Lichtes. Die Engländer, LaS erleidet keinen Aweifel, wollen auf alle Fälle Deutsch land als eine mit Großbritannien eng verstrickte Macht hin stellen. Aber was die deutschen Officiösen auf that- sächliche Angaben englischer ZeitungScorrespondenten, die, wie ebenfalls officiös zugegeben wird, auf Anfrage an „maßgebender" Berliner Stelle Antwort er halten haben, zu sagen beauftragt worden sind, klingt sehr wenig vertrauenerweckend. Man nennt die englischen Be hauptungen „Ausstreuungen", die „offenbar lediglich" be zwecken, „irgend welche Erklärungen deutscherseits Hervor zurufen". Mag fein! Aber wenn irgend etwas „offenbar" ist, so ist eS das britische Bestreben, die Welt an «ine deutsch-englische Verständigung glauben zu machen. Will man also „drüben" deutsche Erklärungen provociren, so muß man dort gewiß sein, daß solche Erklä rungen, wenn sie erfolgen, die englischen officiellen und osficiösrn Schilderungen de- Verhältnisses zwischen England und Deutschland nur bestätigen könnten. Wenn man „irgend welche" Kundgebungen, also möglicherweise auch eine DeSavouirung Chamberlain's zu riskiren hätte, so würbe man deutsche Erklärungen „offenbar" nicht Hervorrufen. Englische Correspvndenten haben unter Berufung auf kompetente deutsche Mittheilunge» versichert, daß der vom Frhrn. v. Marschall gekennzeichnete Stand- punct zur Dela goabai - Frage und zu der TranSvaal-Convention von 1884 in Berlin als ein überwundener angesehen werde. UnS ist nun zwar, wie wir in der „Politischen Tagesschau* unserer Abendausgabe vom Freitag mitgetheilt haben, von einer Seite, die wir für wohl unterrichtet halten, versichert worden, daß eine solch« Er klärung von deutscher Seite nicht abgegeben, eine Antwort auf die Frage nach der jetzigen Stellung Deutschlands zu dem Erlasst des Frhrn. v. Marschall vielmehr ausdrücklich ab- gelebnt worden sei. Zn Berliner Blättern aber, deren vfficiöse Beziehungen notorisch sind, liest man Anderes, so daß wenigstens die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, da von den englischen Correspvndenten in Bezug auf die TranSvaal-Convention Behauptete sei zutreffend. Zu der englischen Behauptung, „eS sei Deutschland augenscheinlich unmöglich, auf der Beobachtung eines Ab kommens zu bcsteben, das von den Boeren, wie von den Briten zerrissen worden sei", hat nämlich da vornehmste Beschwichtungsorgan unseres Auswärtigen Amte- nur zu bemerken: „Tbatsächlich ist Deutschland in dem Conflicte zwischen England und Transvaal nach wie vor entschlossen, eine strenge Neutralität zu wahren." Zn dem Conflicte, d. h. während deS Kriege». Wird dieser schließlich zu Gunsten England- entschieden, so stellen wir uns — so muß man auS der Bemerkung de- officiösen Organ schließen — auf den englischen Standpunkt, daß die Worte deS Freiherrn von Marschall nicht mehr gelten, weil ein Krieg, der ja obne Zweifel die früheren Verträge zwischen den Kriegführenden aushebt, stattgesundea bat. Bei dieser Rechnung würbe nur Eine- nicht zu übersehen sein, da nämlich, daß Freiherr v. Marschall, dessen Erklärungen be kanntlich durch den Telegraphendraht ein sehr gewichtiger Nach druck verliehen worden ist, nicht da- Boerenintereffe, sondern da- Interesse Deutschland- an der Erhaltung deS Status quo in Transvaal in den Vordergrund gerückt hat. Diese- deutsche Zntrrrsse hat sich in den letzten Zähren nickt gemindert, sondern verstärkt; wenn aber nur ein Fünkchen Wahrheit in deq rngliscken Darstellungen brennt, so ist auf seine fernere Wahrung Verzicht geleistet worden. Da- scheint auch die „Kreuzztg." zu besorgen, denn sie bemerkte am Donnerstag: „Die uncontrolirbaren Gerückte, die von eng lischen Ministern, Politikern und Zeitungen in die Welt gesetzt werden, mögen den britischen Sonderinteressen ja recht förderlich sein, zur Beruhigung ter durch Chamberlain'- Rede trotz Allem besorgte» öffentlichen Meinung in Deutschland sind sie aber nicht geeignet. Daß eine Er klärung jedoch baldigst dem wachsenden Unbehagen steuere, ist schon im Zntereffe der Regierung selbst äußerst wünschenSwerth." Die Beruhigung erwartet da gar nickt „alldeutsche" und in auswärtigen Dingen äußerst zurückhaltende Blatt von einer recht bald erfolgenden, möglichst erschöpfenden Klarstellung von autoritativer Seite. Wir für uusern Theil hegen diese Hoffnung nicht; dir Regierung wird die Grenzen der Möglichkeit für eine er schöpfende Klarstellung eng zieben. DeS Einen kann eine ab- speisung-lustige Regierung gewiß sein: je stärker der Verdacht uneingestandener gouvrrnementaler Englaodfrrundlichkeit, desto größer die Flottenunlust bei den Wählern, und je größer die Flottenunlust, desto schwieriger das Centrum. Da- Centrum, dir Mehrheit de» Centrum- ist nur zu haben, wenn sie von Neuwahlen zu fürchten hat. Deshalb brauchen wir stärkere Belehrung de« Herrn Chamberlain, al« sie in nicht ungeschickt gesetzten Worten gefunden werden könnte. Nichtsdestoweniger werden vom nächsten Montag an, wo die Etatsdedalte beginnt, Diplomaten und Herren über ibrr Zeit die Tribünen deS Reich-tageS füllen. E- ist eine Seltenheit, daß da« Reich-Parlament vor der ersten Lesung de- Etat- Leistungen hinter sich hat; die-mal ist da- der Fall, und man darf sagen: e- ist nicht schlecht gearbeitet worden. Der Besuch freilich war kläglich; aber da »an etwa- vor sich brachte, ist d«r AbsentjSmu» nur insofern zu beklagen, al- er verbot, die socialdemokratischen „CoaluionS'-Anträge so zu behandeln, wie sie eS verdienten. Ein völlig nichtachtende» Brrfadren gegen di« daß socialpolitische Bedürfniß der Zeit im Selbstinterefle ausbrutende Partei wäre um so erwünschter gewesen, al- der Reichstag in diesen weaigen Wochen sehr viel zum Besten der Arbeiter und der Angestellten von Unter nehmern, und zwar nicht in gerragem Maß« au- eigener Initiative, gewirkt und die Behauptung vom „Stillstand der Socialpolitik* wieder einmal gründlich Lügen gestraft hat. Die conservativen Recriminationeu wegen der Beseitigung deS VerbindungSverbotS für Vereine durch den BuodeSrath gehen weiter, unbekümmert um die von anderer Seite beleuchteten beiden Thatsachen, daß die beiden conservativen Fractionen in dieser Frage ihren Mit gliedern die reichlich genützte Freiheit der Abstimmung gelassen und daß die meisten Deutsckconservativea eS gar nicht der Mübe wertb gefunden baden, bei der Rettung des durch ReickStagsmebrheit und BundrS- rath bedrohten Vaterlandes „dabei" zu sein. Der conserva- tive Zeituogssturm hat den nur schlecht verhohlenen Zweck, den Fürsten Hohenlohe, den „bayerischen Aristokraten", wegzublasen. Vorläufig besteht keine Aussicht für diesen Plan der — daS muß zugestanden werden — gar nicht aristo kratischen preußische» Adligen an der Spitze der deutschcouser» vativen Partei. Daß das Ansehen Preußens durch den Aus gang der VereinSangelegenheit Schaden leide, haben wir nicht geleugnet. Nur sollte man nickt verkennen, daß da» Ende die Frucht des Anfangs ist, und dessen Keime sind gegen Wunsch und Willen, wahrscheinlich sogar obne Vorwissen deS Fürsten Hohrnlove in deu Boden gesenkt worden. Verwandt mit Erörterungen, die man an diese Pflanzung knüpfen könnte, sind Betrachtungen, die einige Blätter vom reich-politischen Standpunkte über Vie „Zuchtbausgesetz"- Debatte in der Stuttgarter zweimt Kammer anstelle». Es wird dem Minister Pischek verdacht, daß er sich wegen der Haltung der württembergischen Regierung in dieser An gelegenheit förmlich verantwortet habe, und es wird ihm ge- göunt, daß sein Parlament neben der Befriediauug über die im Bundesrath gegen die Vorlage erhobenen Einwendungen auch den Tadel dafür, daß Württemberg nicht gegen daS Ganze gestimmt, ausgesprochen hat. Im Allgemeinen sind solche partikular-parlamentarischen Exkursionen auf da- Gebiet der Reich-politik allerdings nicht zu loben und patriotische Zurück haltung wird sie umlomebr auf daS notbwcndigste Maß reducirru, als unverkennbar reich-feindliche Teneenze» auf diese Weife sich wirksam zu machen suchen. Aber wenn überhaupt rin Recht anerkannt wird, ReichSangelegenbeiten. in den Eiuzel- landtagen zu besprechen und zum Gegenstand von Resolu tionen zu machen — und dies Recht hat Fürst Bismarck an erkannt—, so forderte die „ZuckthauS"-Borlage durch ihre Vor geschichte eine Kammer wie die wüntembergische förmlich heraus, von der Befugniß Gebrauch zu machen. Za den „Münchener N. N." war kurz nach dem Erscheinen des Ent wurfs versichert worden, eine Reihe von Negierungen hätte nur auS „Courtoisie* der preußischen oder „Präsidial"- Vorlage — wie sie war — zugestimmt. Das ist bis auf den heutigen Tag unwidersprochen geblieben, und wenn man die Erklärungen deS Ministers Pischek ihrer diplomatischen Hüllen entkleidet, so findet man das Ein- gesiänbulß, daß zu diesen Regierungen die württemberyiscke gehört hat. Ander- bat der der deutschen Partei angehörige Äbg. v. Geß die Erklärung anscheinend auch nicht aufgrfaßt. Dies hat mau in den dortigen Kammerkreisen wohl gewußt, und so ist die Anfassung de- Gegenstandes kaum zu tadeln. Denn der Geist der RrickSverfassung verbietet eS den Bundesregierungen, abgesehen etwa von Fragen, die die äußere Repräsentation deS Reiches betreffen, ihr Votum im BuneeSratb nach höfischen Gesichtspunkten abzugeben. Daß vaS Reich selbst bei der Courtoisie nicht gewinnt, reizt eben diese „Zuchthausvorlage*. Um wie viel besser waren wir beute daran, w nn der BuudeSrath e- verhütet hätte, daß jener Beiname einer Gesetzesvorlage über deu Schutz der Arbeitswilligen hätte angrheftet bleiben können! Deutscher und französischer Einfluß und Handel in Syrien. Nachdruck auch mit Quellenangabe verboten. Aus Haifa, 20. November, schreibt uns unser ständiger Herr Mitarbeiter: Am 14. d. M. kam ein französischesGeschwader, bestehend aus elf Panzerschiffen verschiedener Gattung, von Jasst, her in die hiesige Bucht. Am Abend deS folgenden Tages wurde von neun derselben durch elektrische Scheinwerfer etwa Iß Stunden lang di« Gegend nach allen Richtungen hin be leuchtet, wodurch nicht nur di« Bewohner der S.vdt, sondern auch Re weiter im Land Wohnenden durch zeitweilige Er leuchtung der Wolken auf die französische Macht und Civilisation aufmerksam gemacht wurden. Der Admiral war in Jaffa cuSgefiiegrn und fuhr von dort in Begleitung von 300 Marine soldaten ebenfalls am 14. in zwei Extrazügen nach Jerusalem; ver Pascha dieser Stadt fuhr ihm entgegen und empfing ihn feierlich. Der Admiiral und seine Begleiter hielten sich vier Tdg« in Jerusalem auf und besuchten die heiligen und unheiligen Orte in und um Jerusalem. Am Sonntag, den 19., schifften viele Matrosen und Officirre au», und besuchten das auf dem Vorgebirge de» Karmel gelegene Kanneliterkloster, wo die Musik capelle des Geschwaders ein Concert gab. Einig« Schifft ver ließen am 19. die hiesig« Bucht, die üböigen fuhren am 20. ab. Selbstverständlich bleibt ein solcher Bestich nicht ohne Wirkung für den Einfluß Frankreichs; dieser wird zudem sehr unterstützt und gefördert durch die Schulen der krdro« oiirLtisriNs». Ein ähnliches große» französisches Geschvader war vor ca. acht Jahren schon einmal hier, während vor. einem Jahre ein noch größere» englisches Geschwader von IS Kriegs schiffen sich zwei Tag« in hiesiger Ducht «ufhielt. Don deut schen Kriegsschiffen erscheint die „Loreley" jährlich ein mal an der Hefigen Küste, um die Musterung der, deutschen Militärpflichtigen vorzunchmen. Dann, war im vergangenen Jahre die „Hohenzollern" mit dem erlkuchten Kcnserpaar, be gleitet von noch zwei wideren Panzerschiffen, hier. Der hohe Besuch durch unser erhabene» »nd leutselige» Kaiserpaar hat im ganzen Orient einen sehr großen Eindruck gemacht; doch ver wischen sich dk daraus genommenen UrtheNe bald, wenn nicht von Zeit -u Zeit etwa» -«schicht, um sie wi«d«r auszufrischen; und -war geschieht da» um so schneller, wenn von Seiten anderer Nationen große Anstrengung«» gemacht werden, dem deutschen Einfluß entgegenzutreten. Eine größere deutsche Flotte hatdie syrische Küste seit 1877, also seit 22 Jahren, nicht gesehen. Und doch wäre es für den deutschen Einfluß, besonders auch auf demGebietdes Handels, von großer Bedeutung, wenn den Eingeborenen öfter zerr Anschauung gebracht würde, daß nicht blos England und Frankreich mächtige und in jeder Hin sicht vorgeschrittene Staaten sind, sondern daß dies auch von Deutschland durchaus grtt. Allein es wird uns hier in dieser Hinsicht Nicht besser und nicht schlechter ergehen, als allen Deutschen in überseeischen Ländern, Deutschland hat eben zu wenig Schiffe, um allen Anforderungen Nachkommen zu können. Was den deutschen Handel in Palästina und Syrien betrifft, so ist darüber Folgendes zu bemerken: Zur Zeit >der Gründung der hiesigen deutschen Tempel-Colonien (1868) und noch in der ersten Zeit bis etwa 1878 waren Deutsche Er zeugnisse im hiesigen Handel so ziemlich unbekannt. Die Groß händler in Beirm bezogen ihre Maaren aus England, Frank reich und Oesterreich, mit welchen Ländern sie Schiffsverbindung hatten; von ihnen bezogen dann die Kaufleute in den anderen Küstenstädten, und von diesen wieder diejenigen aus dem Inland ihren Bedarf. Seit jener Zeit vollzog sich aber allmählich ein bedeutender Umschwung, die deutschen Colonisten bezogen, trotz der ungünstigen Schiffsverbindung, ihre Maaren aus ihrer früheren Heimath; die aus ihrer Mitte hervaigegangenen Kauf leute suchten den heimischen Artikeln auch unter den Eingeborenen Absatz zu verschaffen. Und da diese bald merkten, daß sie reell bedient wurden, und daß auch die Maaren immer gerade so gut, oft aber besser als die bisher gekauften waren, sogewöhnten sie sich immer mehr und mehr an die deutschen Fabrikate. Da Zwischenhändler fvrtsielen, so konnten Vie Maaren auch trotz erhöhter Fracht ebenso billig abgegeben werden, ails die französischen und österreichischen. Gegenwärtig be herrschen manche den hiesigen Markt, und zwar find eS folgende Artikel, die ähnliche aus anderen Ländern ganz oder wenigstens zmn> Theil verdrängt haben: Kleineisenroaaren, als Schlösser und andere Baubrschiäge, Werkzeuge u. s. w., Dampfkessel für Mahl- und Sägemühlen, Nähmaschinen, Ackevgeräthr, Kochherde, Velo- crpedt, Spielzeuge, Manusacturwaaren — die deutschen Kauf leute hier tn Jaffa und Jerusalem beziehen ihre gesanimten MamHactmNwaaren aus Deutschland, sonst verschwinden die französischen Marken seit etwa 1888 immer mehr und deutsche treten an ihre Stelle; doch find auch manche Maaren mit deutscher Bezeichnung aus Oesterreich Aus Deutschland werden Tricot-Sachen aus Württemberg, Regenmäntel aus Hamburg bezogen. Fertige Kleider kommen aus Oesterreich, Baurnwollen- und Kattunwauren aus England. Ferner kommen aus Deutsch land: Cigarren, Lampen, Schreibmaterialien aus Nürnberg und Chemnitz, Porzellan- und Steingutgeschirr aus Saargemünd, Gummli-Stempel und Galanterie-Maaren. Mäh- und Futter schneidmaschinen und Wägen und hier in Haifa auch gebleichtes und ungebleichtes Baumwollenzeug werden aus Amerika be zogen; die erwähnten amerikanischen Sachen sind praktischer ein gerichtet als die deutschen. Biere werden auch aus Bayern, mehr aber aus Oesterreich, Dachziegel und Cement aus Frank reich, weil dabei kxr Landtransport wegfällt, und Conserven aus England bezogen. Letztere halten sich im hiesigen warmen Klima besser, als die deutschen. Zucker kommt meistens aus Triest; es sind schon große Anstrengungen gemacht wotoen, deut schen Zucker in den hiesigen Markt zu bringen, es ist dies aber bisher nicht gelungen, da der Triester Zucker eben viel billiger ist. DaS Roheisen kommt auS Antwerpen, und zwar hat neulich ein Kaufmann aus einer syrischen Stadt mit der Verwalrung der deutschen Levante-Lime einen Beitrag abgeschlossen auf Ueberführung von 5000 Tonnen im Laufe eines Jahres; dies macht etwv die Masse eines jährlichen Umsatzes an Roh eisen aus. Bisher lief kein deutsches Schiff die syrischen Häfen an, die Kaufleute ließen nun manches aus Norddeutschland über Antwerpen kommen, von wo es mit den Schiffen der Prinz-Linie befördert wurde. Diese Schiffe hatten aber nicht regelmäßige Fahrten, weshalb dir Maaren meistens zu lange unterwegs waren. Von jetzt an sollen auch die Schiffe der deut schen Levante-Linie Beirut, Haifa und Jaffa anlaufen; heute Nacht soll das erste Schiff, die „Naxos", Herkommen, doch soll dies auch nur monatlich einmal geschehen, was für den Bezug verschiedener Maaren noch ungünstig ist. Doch wird das schon einen guten Einfluß auSüben, daß wenigstens Gelegenheit zum d-rrecten Bezug vorhanden ist. Kleinere Bestellungen werden vielfach durch Versendung als Postpackete über Triest auSgeführt, die verhaltnißmäßiq schnell die erwünschten Sachen in die Hände der Empfänger bringt. Der Krieg in Südafrika. L. 0. Lautzon, 8. December. Präsident Krüger befindet sich entgegen gegentheiligrn Meldungen durchaus wobl und wünschte sich au die Front zum Tugelaflusse, wurde daran aber durch einen formellen Beschluß des au-führenden RaabS gehindert. Seiu College, Präsident Steijn, hat sich zu Comman- dank Ervnje und seinen Truppen am Mobderfliisse begeben, vir, wie au- Boerenquelle gemeldet wird, voller Begeisterung deu Feind erwarte». General Methuen stand am 6. d. M. noch südlich vom Modkrrslusse und zwar nach englischen Quellen. Er hatte da» Odercommando persönlich wieder übernommen und man darf deshalb hoffen, daß seine leichte Verwundung glück lich geheilt ist. Ob der englisch« Garvengeneral die ihm be stimmten Verstärkungen inzwischen erhalten bat, ist osficiell immer noch nicht festgestellt. Die Meldungen, wonach ihm 10 000 Mann au« Eapstadt nackgeschoden worden, beruhen lediglich auf privaten Mittheilunge», die zum größten Tdeil offenbar in« Gebiet der Fabel gebören, denn selbst nach den höchsten officiösen Schätzungen hat General Wauchope böchsten» 4000 Mann zur Verfügung und selbst deren Eintreffen am Movverfluffe ist amtlich immer noch nicht coastatirt worden. Au« dem Laaer am Movverfluffe fehlen im Uebrigen immer noch alle Nachrichten. Wir bezeichnen selbstverständ lich als „Nachrichten" nicht jene phantastischen Meldungen, welcke, wie die „Time-" behaupten, die „Boerenzenerale seien in Hellen Streit unter sich auSgebrochen, die TranSvaalboeren klagten die Freistaatboerea der Feigheit an, der Erfolg der britischen Truppen habe die Boeren demoralisirt und dieselben stellten sich freiwillig als Ueberläufer im britischen Lager." Es ist offenbar gleickgiltig, ob derartige „Nachrichten" auS dem Lager am Modderfluffe gekabelt over in London selbst zu Papier gebracht wurden. AIS einzig ThatsächlicheS wissen die „Times" zu melken, daß die eigentliche Brücke über den Modderfluß vollständig zerstört worden uud man damit beschäftigt sei, eine „permanente Brücke" östlich der alten Brücke zu construiren. Ganz uncvntrolirbar sind die verschiedenen Meldungen, welche General Zoubert bald am Tugelaflusse, bald vor Ladysmith commandiren und dann plötzlich bei Bloemfontein oder gar am Modderflusse erscheinen lassen, um dort periön- lich den Angriff zu leiten. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehören sie sämmtlich in das Gebiet der Phantasie. Vernünftigerweise kann man nur den Berichten Glauben schenken, Welche General Zoubert seine Kräfte am Nordufer des Tugela conceotrien lassen. Dabei mag immerhin wahr sein, daß ein Theil der im Oranje freistaat bi» dahin al- Reserve gehaltenen Truppen westlich gegen die Bahnlinie Oranjefluß-Station—Modder fluß-Station gezogen, um General Methuen dort ab- rujchneiden oder den ihm zu sendenden Verstärkungen in die Flanke zu fallen. Aus Natal fehlen alle wichtigeren Nachrichten. Es heißt, General Clery sei in Frere eingetroffen und habe dort da- Commando der zum Entsätze von Ladysmith bestimmten Tivisionen formell übernommen. Die gleichzeitigen Meldungea über Ausfälle auS Ladysmith u. s. w. sind wieder durch Kaffeiläuser überbracht und in ihren Daten ebenso wenig controlirbar, wie jene Mittheilungen, nach denen „große Borrenzüge" nach dem Vanreenenspaß abgezogen seien. Ernst lauten die Nach/ichten aus der Capcolonie. Zm Norden derselben befindet sich offenbar die gesammte Bevölkerung in offenem Aufruhr. Von den englischen Generälen Gatacre und French fehlen alle Nachrichten, dagegen wird jetzt osficiell zugegeben, Paß das gesammte Griqualaud von den Boeren bereit- am 17. November aunectirt worden, einschlicßlich der wichtigen Stadl Dortrecht, und daß die Boeren, oder besser gesagt die holländischen aufständigen Afrikander ihre Commando- be reits bis dickt unter die Mauern von Queenstown vor geschoben baden, obne daß General Gatacre, der nach eng- lisch-osficiellen Angaben dort bereits über 7000 Mann ver fügt, auch nur ihnen entgegen zu treten gewagt hätte. Da gegen Haufen sich die Stimmen der ehrlichen Warner. So kabelt der gefangene englische Correspondent, Mr. Winston Churchill, seinem Blatte, der „Morning Post": „Ein schwer verwundeter englischer Osficier sagte zu mir, alle diese englischen Colooisten erzählen unS, die Boeren verlangten nur eine gründliche Tracht Hiebe, um zu Kreuz zu kriechen. Glauben «ie kein Wort von alledem. Die Boeren sind entschlossen, biS zum Aeußersten zu gehe». Die englischen Correspondentea melden übereinstimmend, baß die BoereucoinmandoS vor Queenstown überaus kampfeSlustig sind, und daß Comman dank Groebler alle Mühe bat, sie im Zaume zu halten. Dortrecbt wurde, nach englischen Angaben, von 1200 Mann am 2. December besetzt. Ueber die Operationen der zum Abschneiden der Comwuni- cationSlinien General Metbuen'S gegen die Bahnlinie de Aar- Belmonte entsandten BoerencorpS fehlen alle Nachrichten, was im Uebrigen nicht verwunderlich ist. Präsident Steijn hat einen geharnischten Pro test zegeu die Bezichtigung deS MißbrauchS der weißen Fabne in einem an Sir Alfred Milner gerichteten Schreiben erlassen, in welchem er den Spieß umdreht uud Vie Engländer dieses selben MißbrauchS bezichtigt, mit dem Hiazufügen, er babe einen diesbezüglichen feierlichen Protest zu Händen der auswärtigen in Bloemfontein beglaubigten Consuln erlassen. Der TranSportdampfer „Urmstoa Grange" ist in Durban eingetrcffen, hat aber in zwei Siürmea fast seine gesammt» Ladung an Cavalleriepferden vrrlorea. * Hamburg, 9. December. Nach einer Erklärung der Rbederei Wörmann hat eine Durchsuchnag deS Dampfer- „Ella Wörmann" durch ein englische- Kriegsschiff nicht stattgefundeu, eS wurde nur durch die spanifchea Be hörden die übliche zollamtliche Revision vorzenommeu, weil in der letzten Zeit mebrere Fälle falscher Declaration«» vor gekommen sind. Die Untersuchung ergab, daß die Papiere deS Dampfer- „Ella Wörmann" voüstäudig iu Ordnung waren. * Nach Meldungen auS Lourenzo MarqueS befindet sich der deutsche Militär-AttachS Hauptmann v. Lüttwitz am Tugela. Sehr deachten-werth ist folgende Meldung: * Petersburg, 9. December. Der Oberstleutnant Gurko vow Beneralsrab ist vom krieg-ministerium in da- Hauptquartier derBoereo commandirt Word«». Derselbe nist zusammen on< der russische» Abtheiluug de« Rothe» kreuze- »ach Transvaal. Ein französischer Osficier soll bereit- nach dem Hauptquartier der Boeren adgegangeu seiu. Die Regierungen Frankreich« und Rußland- ziehen mit den bezüglichen An ordnungen zunächst wohl uur die formelle Folgerung auS der Anerkennung der Boereu al- kriegführender Macht durch England. BemerkruSwerth bleibt «S aber immerbio, dH gerade diese beiden Regierung«« die erwähnt« Folgerung zuerst ziehen uud in die Praxis umsetzea. Ltzdditgeschaffe. * AuS Anlaß deS Boeren krieg«» sind bi« Lydbitgeschoffe dee englischen Anilleri« in den Blättern viel genannt worde», und da bei wird ofieubar meist angenommen, daß die oanzi enalisch» Feld' artilleri« mit lochen »„«gerastet sei. Unsere» Wissen» ist da» nicht der Fall. Di« Feld- »ab reitenden Balteri«» führ«, MS Einheit geschoß da- Vadrnkammershrapnel, LydditgranMe« gehören nur zur Ausrüstung der Feldbau bi».Batterie». England bat in d«n letzieu Jahren «iu« Anzahl seiuer sahrrndea Batterie» (soviel un bekannt 6 oder 7) in Houbitzbotterten umgewaudelt, oha» ihn».
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