Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991213028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899121302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899121302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-13
- Monat1899-12
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Die Morgen-Ausqab« erscheint um '/,7 Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ne-action und Expedition: Johanni»,affe 8. Die Lxvedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen; Lttn klemm'- Lortim. (Alfred Hahn), Universitätsslratze 3 (Paulinum), LouiS Lüsche, Katharinenstr. 14 Part, und Königsplatz 7. BezugSPreiS in der -auptexvedition oder den An Stadt bezirk und den Vororten errichteten Ans- aaoestellen ab geholt: vierteljährlich ^l4.öO, vei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haut ö.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Lesterrrich: vierteljährlich ^l . Direkte tägliche Kreuzbandiendung in» Ausland: monatlich 7.SO. Abend-Ausgabe. UpMer TaMatt Anzeiger. ÄmLsvkatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Natljes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Aazeigeu'PreiS die -gespaltene Petitzeile 10 l Dfg. Reklamen unter dem Rrdactionsstris i (4ge- spalten) SO-4, vor den Familieunaä jrtchtea (8 gespalten) 40^ Größere Schriften laut unserem PreiS- verzeichnib. Tabellarischer und Zi ffernsatz »ach höhere« Tarif. G?tra-Beilage« (gefalzt), nur > nit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbefö pderuug 60.—, mit Posibrsörderung ^l 70.—. Aa«ah«eschluk für Anze igen: Abend-Ausgab«: Bormittag» « Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filiale« und Annahmestelle e je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Erl »editiou zu richte». Druck und Verlag von E. Pol» in »Leipzig. «3t. Mittwoch den 13. December 1899. 93. Jahr- ing. Politische Tagesschau. * Leipzig, 13. December. Ob die vorgestern von der Regierung im Reichstag beobachtete Methode eine- umfassenden parlamentarischen Prävenire in der Flottenangelegenheit die richtige war, muß eine spätere Zeit lehren. Der gestrigen Rede des Führer» de» CentrumS, also der einzigen Partei, die zum Wesentlichen der Marinefrage etwa« zu sagen bat, wa» nicht vorauSzusehen ist, ließ sich nicht entnehmen, daß die außer ordentlichen ministeriellen Anstrengungen von Erfolg gewesen sind. Herr vr. Lieber dankte und zwar zweimal für die durch die Erklärungen vom BundeSrathStische erfolgte „Stellung der Angelegenheit auf den korrekten, verfassungs mäßigen Loden", aber diese» Licht war offenbar nur in der Absicht aufgesetzt, die Schatten der bisherigen Behandlung der Flottenverstärkung um so schwärzer bervortreten zu lassen. Herr Lieber fand für die officiöse Behandlung harte Worte und für die Hamburger Karserrede den Ton de« Gekränkten. DaS letztgenannte Ereigniß ist aber vielleicht auch nicht um seiner selbst willen, jedenfalls nickt allein seiner selbst wegen angezogen worden, es mußte den Anknüpfungspunkt zu einem sehr scharfen Ausfall gegen den nicht mit Namen genannten, aber durch einige grobe Striche zum Greifen deutlich gezeich neten Finanzminister vr. v. Miquel bieten. Herr vr. Lieber fuhr nämlich, nachdem er die Hamburger Kaiserrede mit der „ein Jahr fünf Monate und zwölf Tage früher" im weißen Saale deS königlichen Schlosses zu Berlin gehaltenen Rede verglichen, nach dem ausführlichen Berichte der „Köln. Ztg." wörtlich fort: „Ich frage noch einmal, wa» ist in diesen eineinhalb Jahren vor gegangen, um in Sr. Majestät erlauchtem und erhabenem Herzen eine solche Wandlung seiner Vorstellungen über das deutsche Volk hervorzuruseu? Wir würden der Verehrung, die wir für da- Haupt de» deutschen Bundes, für unfern herrlichen Kaiser, in unserm Herzen haben, Abbruch thun, wenn wir nicht zu den harten» Worten, die in Hamburg über un» gefallen sind, diese Frage stellen würden. Ich kann mir, so weit ich mich in den Ereignissen, die hinter uu» liegen, umsehe, nur denken, daß unverantwortliche Rathgeber (lebhaste Zustimmung) Sr. Majestät in dieser Weise da» deutsche Bolk ve rdäcktigt haben. Von den verantwortlichen Männern, die hier sitzen — dafür leg» ich die Hand in« Fener (stürmische Heiterkeit) —, ist «» keinet gewesen. (Anhaltende Heiterkeit. Hört, hört! Glocke des Präsidenten.) ES giebt aber ja Leute, die vom Communisten bi» zum Agrarier alle Parteiungen durchgegangen sind (große Bewegung, vr. Lieber mit erhobener Stimme:), die vom Communisten bi» zum Agrarier alle Stufen der Parteien durchlaufen sind, die dann von der Höhe ihrer Parteilosigkeit, die sie zwar nicht hindert, die noch bestehenden Parteien Tag für Tag gegeneinander aufzuhetzen (große Bewegung), von der Höhe dieser ihrer Parteilosigkeit herab alle Parteien für überlebt erkläre« und von diesem Standpunkte au» jede, auch die legitimste Parteiregung in Deutschland für ein Verbrechen am Wohle der Nation, für eine Versündigung an der Führung der Krone halten, nicht nur halten, sondern auch erklären. (Große Bewegung.) Ich hoffe, die Vergangenheit, di« hinter un» liegt, ich hoffe, auch die Zukunft, die vor unS liegt, wirb Sr. Majestät den Beweis erbringen, daß er über die Gesinnungen deS deutschen Volke», als er in Hamburg «rach» falsch, ebenso falsch belehrt war, wie er e» nicht war, FcrsrHrton. Vas verkaufte Genie. Ein SommernachtStraum. Novelle von Anton Freiherrn v. Perfall. Er wird wenigstens Hintreten vor ihn, den Falschen, und ihn anklagen, entlarven. Haß erfüllte ihn jetzt, gerechter Zorn. Rasch trat er vor, zu idem Knecht. „Melden -Sie Ihrem Herrn, ein alter Freund von ihm sei da und wolle ihn sprechen." Der saih den herabgekommenen Gre-iS von oben bis unten ver ächtlich an. „Sie sind wohl verrückt! Mein Graf hat keine Freundschaft mit Bänkelsängern." „Ihr Graf? Wer ist denn Ihr Graf?" fragte Isländer erstaunt. „Nun, wer wird er denn fein? Der Schloßherr", war die barsche Antwort. Isländer versagte die Sprache. „Aber wir wollen ja gar nicht zu Ihrem Grafen", erklärte jetzt Marie. „Wir wollen ja zu Mister Float, dem doch da» Schloß gehört." Da lachte der Reitknecht. „Ah so, zu Dem? Ja, das glaub« ich eher. Der hat schon längst kein Schloß mehr. Da müßt Ihr über den Fluß, in die alte Hütte da oben mit dom Thurme." Er wieS auf die ander« Seite, aüf welcher die Billa Jolander'S stand. „Da hat er sich eingenistet, der Narr." „Der Narr? Warum nennen Sie ihn einen Narren?" fragte Isländer. „Mrd wohl ein Narr sein! Sein schönes Geld zum Fenster hinauswerfrn, um dann einen Maler zu machen. Arm ist er jetzt wie eine Kirchenmaus. Wird nicht viel herausschauen für Euch da drüben." Jetzt war es an Isländer, Marie zu stützen, den Weg hinab, den er eiliger einschlug, als er gekommen, -so hatten die Worte de» Diener» das Mädchen erschüttert. Ihn selbst durchschauerten un sagbare Gefühle. — Hoffnung, Schadenfreude, Mitleid, dann wieder tödtliche Angst. Ja, wenn er jetzt mit der Million zurück käme, dann wäre ja Alles gut, aber mit leeren Händen wird er unter den Umständen erst recht nicht willkommen sein. Er betrat mit Marie sein altes Heim. al» er io Berlin am 6. Mai 1898 vor dem deutschen Reichs tag sprach." Herrn v. Miquel al» Inspirator der Hamburger Rede und al» einen Hauptbetbeiligten am Flottenplane binzusiellen, ist baarer Unsinn. DaS weiß aber Herr Lieber auch. Ibm war nur darum zu tbun, da» Kesseltreiben gegen den Finanzminister auS der CentrumSprefse in- Parlament hinüber zu spielen, um Ministerstürzerei zu „machen". Ob er damit Glück haben wird, bleibt dahingestellt, jedenfalls berührte er mit dem Vorstöße gegen Herrn v. Miquel den Gegenstand de« Tagesgespräches, die Frage nach der Festigkeit der Stellung deS Vicepräsiventen de» preußischen Staat-Ministerium», und das ist für einen von Eitelkeit nicht ganz freien Herrn, wofür der Nachfolger Windtdorst'S allgemein ailt, auch etwa». Die gestrigen Ausfälle bilden wohl nur den Anfang der von Herrn Lieber längst angekündigten „Wäsche". Daß Herr v. Miquel, der wobl hätte darauf vorbereitet sein können, daß gestern da» Waschgeschäft beginnen würde, am BundeS- ratbStische fehlte, und daß auch der Reichskanzler sich nickt veranlaßt sah, seinen abwesenden preußischen Minister college» gegen die Verdächtigung, den Kaiser falsch unter richtet zu haben, in Schutz zu nehmen, braucht noch nickt als Beweis dafür angesehen zu werden, daß H:rrn v. Miquel „der Lucanlj» drohe". Auch die Entgegnungen, die von klerikalen, freisinnigen und socialdemokratischcn Blättern auf seine „Erklärung" erfolgt sind, haben nicht viel zu bedeuten, da sie ausschließlich Ergüsse von Leuten sind, die Nicht wissen, deren Phantasie aber durch den Haß mächtig beflügelt wird. Erst wenn sich berauSstellt, ob Herr v. Kröcher, der dem Reichskanzler bekanntlich Herrn v. Miquel angebende Aeußerungen in den Mund gelegt haben soll, vom Fürsten Hohenlohe zu einer Erklärung veranlaßt, wird oder nicht, wird man mit einiger Sicherheit auf den Ausgang der „Affäre Miquel" schließen dürfen. Gestern führten die Einwendungen deS Centrum-führrrS gegen die Hamburger Rede den bereit» in unserem ParlamentSberichte ausführlich genugberichtetenZwisckenfall Fürst Hohenlohe — Graf Ballestrem herbei. Wir wünschten, dieser Vorfall wär« ari der parlamentarischen Geschichte de» Reichskanzler» weg geblieben. Der Präsident konnte nach einer früheren, vom Reichstag nicht beanstandeten Kundgebung an» formellen Gründen nicht ander», al- Herrn Lieber reden lassen, und sachlich sind an sich gewiß sehr bedauerliche Erwiderungen, wie die gestern gekörte, einfach unvermeidlich geworden. DL» Correlat für da» Nichthineinzichen der Person de« Kaiser in die Debatte ist eben verschwunden. Um auf den Abg. Lieber zurück;-kommen, so sprach er über den Ciat nicht sehr kurz, aber seine Bemerkungen zu diesem Gegenstände waren durchweg auf die Flotte zugeschnitten. Dabeiwarer grausam genug, Herrn Richter seinen stereotypen HauptetatSwitz vorweg zu nehmen, daß nämlich die Regierung vor Forderungen für Heer oder Marine die Finanzlage rosig und vor der Forderung neuer Einnahmequellen dunkelfarbig schildere. Glücklicher Weise bietet sich dem volk-parteilichen Führer eine neue piöos äs rosiztLnco in den Erklärungen gewisser, von der vorgestrigen Rede deS Grafen Bülow nickt durchweg ent zückter Blätter, daßGroßbritannien nun auch auf eine SchiffS- vermebrung sinnen müsse. Es steckt aber schon kopfüber inFlotten- verstärkung und hat zufällig auch einigen Anlaß, über sein Land heer nachzudenken. Herrn Lieber also diente derEtat al» Sprung brett zur (slottenfrage. Er betonte aber, wegen dieser Angelegen heit, bei der eine jährliche Mehrausgabe von 49 Mill. Mark und ein Gesammtaufwand von 783 Millionen Mark in Betracht kommt, bedürfe der Reichshaushalt besonders sorgfältiger Prü- Keine Ros« bkühte mehr im Garten, Alles verwildert, ver wachsen, daS Haus verwahrlost, da» Bild der Trauer. Er pochte, — keine Antwort! „Spiele die GuSla, Later, daS Lied der Rukmini", bat Marie. „Dann wird er kommen." Und er nahm die Harfe von der Schulter und spielt« das Lied der Rukmini. Di« Tön« brausten, als ob Hunderte spielten, und immer leidenschaftlicher griff er in die Saiten. Plötzlich öffnete sich die Thür«. Die Brust entblößt, über die daS braune Gelock siel, in einen zevschliffenen Sammetrock gekleidet, daS Antlitz bleich, ver stört, erschien Floot. Der stöbernde Blick starrte auf daS Paar. ,Mer bist Du? Woher kommst Du in dieses verfluchte Haus? Wer ist dieses Mädchen an Deiner Seite?" „Kennst Du mich nicht mehr?" fragte Isländer. „Wie soll ich Dich kennen? — Aber daS Mädchen?" — Er strich sich das Gelock auS der Stirne. Wie eine süße Erinnerung huschte es durch seine gramdurchfurchten Züge. „Ich bin Isländer!" Der Name weckte das Echo in den Bergen, so wurde er ge rufen. Der Jüngling stürzte, ohne weiter soir^AeußerrS zu be achten, aus den Spielmann zu. „Isländer!" Da lag er schon an seiner Brust und Beide weinten. „Zehn Jahre sind haute vorüber", begann zögirick Jokander, „erinnerst Du Dich noch de» Parte», den wir schloffen?" Floot sah ihn groß an. „Deshalb bist Du hier? Du wolltest wirklich —? Du? Du würdest einwilligen —?" Sin Schauer seliger Freud« flog üb«r daS bleiche Antlitz. Aus Isländer drückte jetzt doppelt die Schwere seiner Lage. „DaS heißt — Du selbst wärest bereit — den Handel rück gängig zu machen? Wenn ich Dich recht verstehe —" „Aber mit tausend Freuden", jubelte Floot. „Ja, ist es denn möglich? — Ich wogte ja längst nicht mehr zu hoffen. — Du siehst ja selbst. — Nein!" Sein Antlitz verdüsterte sich, er drückte die zarte Hand auf da» Herz mit einem Ausdrucke unendlichen Lecken». „WuS Du siehst, ist nicht- gegen Da», waS ich da drinnen leide. Aber jetzt kommt! Tritt ein. Du edler, guter Freund! Und Deine Marie! — O, ist sie schön geworden! Daß ich das früher nicht gesehen! Und ich wollte ein Künstler sein." Isländer betrat die Schwelle nicht. Mrm«r Freuitd, wie schwer fällt e» mir, mit einem Worte all« Deine Hoffnungen zerstörrn zu muffen", sprach er, tief bewogt. fung, bei welcher Gelegenheit dem CentrumSführer rin Compli- inent für die finanziellen Grundsätze de» nachher so bösartig behandelten Herrn v. Miquel entschlüpfte. Herr Lieber er klärte zur Flottenfrage nicht- Greifbare». E» ist aber viel leicht nicht bedeutungslos, daß er mit peinlicher Sicherheit die Weigerung seiner Partei, den ganzen Mehrbedarf auS Anleihen zu decken, in Aussicht stellte und meinte, wenn e- wirklich ernst werden sollt«, müßten die Regierungen wenigstens bezüglich der Art der Kostendeckung mit sich reden lassen. Solche Sorgen braucht sich eine zu einem ausschlag gebenden Nein entschlossene Partei nicht zu machen. Den vom Redner gekennzeichneten Standpunkt, daß das Centrum, da» nicht einmal bei erst.ea Lesungen auS- gearbeiteter wichtiger Vorlage» ja oder ueia sage, für Skizzen sich erst recht nicht engagiren werde, muß man, weil e» sich um da« Centrum handelt, acceptiren. Hoffent lich hat es die Regierung nicht zu bereuen, daß sie zu reger Unterhaltung über Marinefragen, anstatt zur Stellungnahme zu einem Marinegesetze veranlaßt hat. Einst weilen bleibt da- Centrum, wa» diese Angelegenheit angebt, ein weiße» Blatt. Herr Lieber bat nicht unterlassen, der politischen Darlegung de» vorhergehenden Tage» Bedeutsam keit zuzuerkennen, er bat erklärt, daß den Rückfall in die alte Ohnmacht Deutschlands auch seine Partei nicht wolle, aber er hat auch für den Fall der Ablehnung von Marioeforberungen für das Centrum den Titel einer patriotischen Partei reclamirt und in seinen Protest gegen die Unterstellung von „Handelsabsichten" die Jesuiten hineinver woben. So bat der gestrige Tag keinerlei Klärung gebracht, wa» freilich auch nicht erwartet wurde. Daß die Conservativen, für die der Abg. Freiherr v. Limburg-Stirum sprach, mit der Bereitwilligkeit zu Marinebewilligungrn nicht zögern würden, war vorher in Rechnung gezogen worden. Im Uebrigen suchte der deulsckconservative Redner, wenn auch in weniger persönlicher Form, dem Fürsten Hohenlohe zu thun, wa» der Abg. Lieber Herrn v. Miquel zugefügt batte. Die Dennnciation, der Reichskanzler gebe tropfenweile wesentliche Rechte der Regierung an den Parlamentarismus preis — wozu die Aufhebung deS VerbindungSverbote» nicht herhalten muß! —, war recht verständlich; ob sie auch so, wie sie gemeint war, verstanden wird, muß dahingestellt bleiben. Herr B « bel, der letzt« Redner de» Tage», rechtfertigte selbstverständlich dse in ihn gesetzte Erwartung sowohl hinsichtlich der Flotte als in allem Uebrigen. Graf: Bülow hätte vorgestern seine Schilderung der deutschen Zustände in den Zeiten der Wehr losigkeit durch ein Citat Lassalle'» vervollständigen können. Der Begründer der socialdemokratischen Partei hat «S einmal bitter beklagt, daß da» deutsche VolkSthum — eben wegep seiner politischen und militärischen Schwäche — nur zum „Völkerdünger" gut gewesen sei. Herr Bebel hat natürlich gegen «ine solche Rückbildung nicht» einzuwenden. Deutschen Anwandlungen ist er nicht au-geseyt, und Lassalle'» National bewußtsein war da- Erste, wa» nach seinem Tode au» seinen Lehren „ausgemausert" worden ist. Die englische Presse ist naturgemäß nicht sehr begeistert darüber, daß «raf v. Bülow bei seiner Rede zum Etat wohl auf da» Verbältniß Deutschland» zu den beiden anderen DreibundSmächten und zu Rußland in herzlicher Weise Bezug genommen hat, nicht aber auf da» Verhälimß zu England. Gras v. Bülow muß, wenn er im deutschen Reichstage spricht, in erster Reihe auf die Empfindungen der deutschen Reichs boten, nicht aber auf die Sentiments der englischen Presse Floot zuckte schmerzlich zusammen. „O, ich wußte eS ja! Aber warum kommst Du »dann? Um Dich an meiner Qual zu weiden? So sprich es denn aus das häßliche Wort, das mich für immer zum Wahnsinn verdammt." „Ich komme als Bettler, Henry. Don Deiner Million bringe ich nichts zurück, als die Harfe in meiner Hand, die Harfe Rukmini'S, deren Töne Dich herausgelockt. Du wirst Dich schwer lich damit zufrieden geben." „Und das ist daß Wort? Das einzige Wort? Du hast kein anderes auf den Lippen? Keine Weigerung? Du gingest auf den Händel ein, wenn ich mich zufrieden gebe mit dieser Harfe?" Isländer blickte, keines Wortes mächtig, auf den Freund. „Du bist verarmt, Henry", sprach er dann mit bebender Stimme. „Die Harfe giebt nur wenig Brckd. Ich habe gehungert dabei mit meinem Kinde." „Du giSbst sie und nimmst dafür das Genie, das ich Dir nahm, mit seiner Lust und Qual?" fragte Floot, cchne auf seine Worte zu achten. Isländer nickte nur stumm mit dem Haupte. Da riß ihm Floot die Harfe auS der Hand, daß ihre Saiten klangen, fiel vor ihm auf die Knie und küßte fein Hand. „O Dank! Tausend Dank! Du edler Freuick! Du weißt ja nicht, waS Du mir nun thust. Ich will ja gern hungern, düvsten, mir die Füße wund treten, durch da» ganze Land ziehen, betteln, Wohllust muß e» sein gegen DaS, wa» ich gelitten. Aber jetzt komm, tritt «in, nimm Alles wieder, was Du einst ver schmäht." Er eilte hastig voraus in das Haus. Isländer folgte mit Marie. Sie bttraten da» Atelier. In wildem ChaoS thürmte sich hier Leinwand auf Leinwand, dir meisten Bilder waren zer rissen, wie von Fäusten zerschlagen. Sin bis an die jetzt hinauf geschraubte Decke reichende», riesiges Gemälde blendete den Blick, eine solche Favbenorgie tobte darauf. Trotz der Unerklärlichkeit de» Vorgänge-, der unzähligen Farbeirschichten, die eS zu bilden schien, erkannte Isländer sich selbst, so fern die Idee ihm auch lag. Eine indische Landschaft, loderndes Feuer im Walde. Phan tastisch gekleidete Tänzer und Tänzerinnen. Floot griff mit, beiden Händen in die Fülle der aus- gethliomten Bilder und riß eine» heraus. - ' ^Siehst Du, so begann er! Da fühlte ich Mich selig. Nur einmal, dann kam der Zweifel. Ich glaubte mir selbst nicht mehr, ich fühlte mich so rasch finken wie ein Stück Blei im Wasser. Ich klagte Dich an. Du habest mich um mein Geld betrogen, mir ein gefäffchte» Genie gegeben, nicht da» Deine. Der alte Wahn Rücksicht nehmen. Im Uebrigen ist sein kühler 2 wohl auch daraus zurückzuführea, vaß Herr Chamb« irlain in Leicester de» Guten etwas zu viel getban hat. So war Graf v. Bülow darauf angewiesen, eher etwa« zu kühl, , »ls etwas zu herzlich zu sein, um daS Gleichgewicht wird« rr herzu stellen. Die Engländer könne» sich damit tröst en, daß, wenn man eine Addition der Reden der deutscher i Staats männer im letzten halben Jahrzehnt einerseits un d die der englischen Politiker andererseits vornehmen wollte, auf der deutschen Seite immer noch ein Plus von Herzli, bkeit vor handen wäre. Herr Cbamberlain hatte wobl das E mpfinden, daß er ein große« Deficit zu decken habe, Graf v. Bi ilow aber, der dies Empfinden nicht zu baden braucht, weil er sich Eng land gegenüber immer höflich verhalten hat, batte? e» also nicht nötbig, sich in Ueberschwenglickkeiten, über da? deutsch englische Verbältniß zu ergehen. Im Uebrigen wird natürlich daS thatsächliche Verhättniß zwischen den beiden > Neichen weder durch Reben im Parlament, noch durch R ieden von anderen Körperschaften beeinflußt, sondern es reichtet sich lediglich nach den praktischen Bedürfnissen beider N keiche. — Ueber die Beurtheilung der Bülow'schen Rede in Fr aakreich wird uns gemeldet: * Part», 12. December. Sämmtliche Blätter bespreche« die gestrige Rede de» deutschen Staatssekretärs Grafen v. Bülow. Der „TempS" sagt, auS der Rede geh« ebevzlo wie au» den Handlungen und Plänen deS deutschen Kaiser» mit glänzender Deutlichkeit hervor, daß der wahre Charakter der Politik ! >es Kaisers der sei: vollständig« Selbstständigkeit und der lebhafte Wunsch, Unabhängigkeit sowohl Jenen gegenüber, webL>erin Zer würfnis mit England anstreben, al-auch England selb-st gegen über zu wahren. Die „RLpublique Fran^aise" sck,reibt: Die Deutschen ziehen zu viel Nutzen aus der riesenhaften C »twickelung ihres Außenhandels, als daß sie nicht Anhänger »in, r ausge sprochen friedlichen Politik sein sollten, aber diese Friedens politik darf nicht mit her Entwicklung von Deutschlands Macht nach außen unvereinbar sein. Diese Politiik hat Graf v. Bülow mit großer Klarheit in seiner Rede vertheidigt, aiz« der auch hervorgeht, daß Deutschland sich in keine fernen Abenteuer eialassen will. — Die Zeitungen bezweifel» bei der L-efprechung der Lrrdoppelang der deutschen Flotte nicht, daß di« Regierung ihr Ziel erreichen wird, wodurch Deutschland zur zweiten Seemacht der Welt vorrückt. Wir können un» dazu beglückwünschen, daß hervorragende und einflußreiche französische Blätter rie bochbedeuten'de politische Orientirung v. Bülow'» so ruhig, sachlich und — t icktig auS- legen. Selbstverständlich befriedigt in Frankreich am meisten der zurückhaltend« Ton der Rede England gegenüber, aber man ist doch klug genug, sich gleichzeitig einzugesteben, daß auch für die Hetzer zwischen Deutschland und England — und zu ihnen gehört vor Allem die französische Presse — in der Rede des deutschen Staatssekretär» keinerlei Ermutbigung zu finden ist. Mit Genugthuung quittiren wir auch über da» Zeugniß, welche- die „Rep. Franc." unserer Frierensliebe ausstellt. DaS harmonirt ja trefflich mit den letzter Tage mitgetbeilten Aeußerungen deS französischen Marineministers skockroy, die bis jetzt nicht dementlrt worden sind. Viel wird freilich darauf ankommen, ob der „TempS" und die „stkcp. Franc." vereinzelte Stimmen von Predigern in der Wüste sink, oder ob sie ven HauptchoruS der französischen Presse hinter sich haben. packte mich, mein Reichkhum sei daran schuld, er allein kaffe mich nicht zur Entwickelung kommen. Ich verschwendete ihn, ich verschenkte ihn, ich wollte nur mehr auf die Kunst an gewiesen sein. In weniger als zwei Jahren war ich e». Ich arhertete im Fieber. Man lobte mich, feierte mich, zahlte mich. Meine Arbeiten befriedigten mich trotzdem nicht. Der Ausdruck blieb hinter ber Empfindung weit zurück. Ich rang und rang bis zur Entkräftung. Und hinter mir her hetzte wie «ine Meute das Publicum, die Presse mit lächerlichen Lobsprüchen und Ber himmelungen. Dann ging es auf einmal nicht mehr. Ich bracht- nichts mehr fertig, wllthcte, zerriß und zerschlug Aves. Nichts sollte mehr ans meinem Atelier ohne den Stempel der Voll endung. Ich machte mich an dieses Werk", er wieS auf das groß: Bild. „Es soll etwas Gewaltiges werben. Ich schloß mich ein. Das Gelb ging zu Ende, ich litt Noch, ich hungerte, — gleich viel, ich ließ nicht ab. Kaum war «S fertig, vernichtete ich es wieder. Das war Alles zu matt, farblos. Wieder begann ich — und wieder — und wilder, und die Feuer wollten nicht leuchten, die Tänzer sich nicht bewegen. Ich litt unsäglich. Ich begann die Kunst zu hassen, mich selbst. Aber jetzt ist Alles vorbei wie ein böser Traum. Ich fühle es jetzt schon. Ich athme schon leichter, wie von einem Alp befreit, hebt sich die Brust." Er näherte sich dem Fenster und blickte hinaus in die Land schaft. „Und dieser herrliche Morgen draußen, die liebe Sonne — leb' wohl. Isländer! E» duldet mich nicht mlhr hier. Nimm wieder Besitz von Deinem Reich, in dem ich nicht athmen kann. Ich will den Weg gehen, den Du gekommen. Mit der Harfe will ich mein Brod verdienen und dazu singen — singen." Er begann wirklich zu singen, und, die Harfe im Arme, wie von einer sonderbaren Glorie umflossen, schritt rr der Thüre zu. Plötzlich -kieb er stehen. Marie trat ihm in den Weg. Er breitete di« Arme nach ihr aut, sie warf sich an seine Brust. Dann verließen sie Beide, Arm in Arm, den Raum. Isländer wollt« ihnen zurufen, ihnen Nacheilen. Er wollte sein Kind zurückhalten. Vergebens! Er fühlte sich festgewurzelt an diesem Boden. Und durch di« offene Thüre, durch die jetzt durchsichtige Wand de« Hause» erblickte rr noch immer daS Paar, sich dicht umschlungen haltend, im Glanze der jungen Sonne. ES schien in unendlicher Ferne zu wallen, über endlose, blumige Wiesen, auf denen roth« und blaue Dluprn sproßten, und da» Lied der Rukmini, da» er eben selbst gespielt, klang in sanft gespielten Weisen an sein Ohr. (Schluß folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite