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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.12.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991204019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899120401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899120401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-04
- Monat1899-12
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Morgen-Ausgabe. WpMrr.TagMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anz: eigen Prei- die 6gespaltc»,ae Petitzeile 20 Pfg. «eelamen nntei: demRedactionsstrich (4g» spalten) 50^L. w»r den Familiennachricht« (6 g> »(palten) 40 >4. Größere Schrift, »i laut unserem Pr*i». verzrichniß. Taltellariicher und Ziffernjatz nach höherem Tarif. 0MV > Sxtra-Bei lagen (gefalzt), aur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuug 60.—, m»t P «stbrförderung ^l 70.-. Annahmeschl nß für Anzeige«: Abeud'AuSgabrr Vormittag- 10 Uhr. Margen.AuSgalke: Nachmittag» 4 Uhr. Lei den Filialen uns» Annahmestelle» je ein« halbe Stu ade früher. Anzeigen sind stets» an die ExM-ttim» zu richten. Druck und Verlag von L. Potz in Leipzig Montag den 4. December 1899. Bezug-.PreiS Nt der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und dai Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^l4.S0, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Han« ü.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestährlich ^l 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung i»S Ausland: monatlich 7.S0. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ne-acüon vn- Lrpe-itiou: I»hanni«gaffc 8. Di« Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: Dtt» Klemm'« Tortim. (Alfred Haha), Universitätsstraße 3 (Pauliuum), Laut» Lösche, Katharinrnstr. 14, pari, und König-Platz 7. «l6. Zur Geschichte der Stadlbibliothek. Bon G. Wustmann. I. Ink Mai und Juni d. I. habe ich im Tageblatt drei Aussätze veröffentlicht: „Die Anfänge der Leipziger Stadtvibliochek 1677—1711" (Leipz. Tagebl. Nr. 267, 280, 293), worin ich über die ersten 34 Jahre ihres Bestehens von ihrer Stiftung durch Huldreich Groß an bis zu ihrer Eröffnung im Zeughause be richtet habL Die nachfolgenden Mittheilungen aus der Geschichte der Biblio-Hel im achtzehnten Jahrhundert schließen sich unmittel bar an jene Aufsätze an. Man kann die fünfzig Jahre von 1711 bis 1761, wo die Bibliothek unter der Verwaltung von Götze, BaudiS und Mascov stand, in vieler Beziehung als eine Glanzzeit der Bibliothek bezeichnen. Ließ auch die Verwaltung, wenn man sie an ^den Anforderungen mißt, die heutzutage an eine öffentliche Bibliothek gestellt werden, viel zu wünschen üb-rig, so war doch die Bürgerschaft über ihre Bibliothek, die damals der Wissenschaft wie der Kunst diente, insofern sie zugleich das erste und einzige Museum der Stadt und eine ihrer Hauplsehens- würdigkeiten für die Fremden war, mit Freude und Stolz erfüllt und der Rath sorgte für ihre Bereicherung mit großer Opfer willigkeit. Die Liebe und Therlnahme und die reichen Mittel und Schenkungen, die heute — allzu ausschließlich! — den Museen der Stadt zugewendet werden, kamen damals einzig der Bibliothek zu Gut«. Ihren glänzendsten Ausdruck fand die damalige Werthschätzung der Bibliothek in der Erbauung des großen neuen Büchersaales im Gewandhause, in dem sie sich noch heute befindet; und auf den Mann, unter dessen Verwaltung dieser Bau beschlossen und ausgeführt wurde, auf den großen Historiker Johann Jakob Mascov, blickt die Bibliothek heute mit ähnlichem Stolze zurück, wie die Thomasschule auf Bach, die Nikolaischule auf Reiske, die Kunstakademie auf Oeser. Ich knüpfe zunächst wieder an an die Eröffnung der Bi bliothek 1711 in den bescheidnen Räumen im Zcughause auf der Universitätsstraße, wohin sie 1683 aus dem Rachhause gebracht worden war. Die Brbliothekräume rm Zeughause bestanden aus dem eigent lichen Büchersaal und einem Dorgemach oder „Atrium". Das Atrium, in das man vom Treppenhause aus kam, war 40 Fuß lang und 56 Fuß breit und hatte an der Straßen- wie an der Hofseite 4 Fenster. Der Saal war 120 Fuß lang und 56 Fuß breit und hatte an der Straßenseite 11, an der Hofseite 8, außer dem noch an der Rückseite (am Kupfergäßchen) 4 Fenster. Dorn waren vom Saal die beiden kleinen Lesecabinette (wnseol», wie sie Götze nennt) von je 8 Fuß im Geviert abgetrennt, deren behaaliche und vornehme Einrichtung sich auS den Rechnungen ergiebt: die Wände mit Leder und weißem Zwillich auSge- schiagen, die Arbeitstische mit goldbetreßten grünen Decken be hängt, dazu Nutzbaumstühle mit Rohrsitzen und Rohrlehnen. Den Saal entlang standen zwei Reihen von je neun Bücher schränken, die quer aufgestellt waren, so daß das von den Fenstern kommende Licht zwischen je zwei Schränke fiel. Durch die beiden Schrankreihen wurde der Raum in drei Gänge getheilt, einen vierzehn Fuß breiten Mittelgang und zwei schmälere Scitengänge an den Fenstern. In den Fensternischen standen niedrige Tafelschränke, die gleich als Arbeitstische dienten, dabei im Saale vertherlt eine Anzahl Rohrstühle. Endlich standen nocb hinten im Saal in dem breiten Mittelgang zwei Dafelschränke FsrriHetsn. Sraun oder weiß? Don Christian Benkard. Korallen ringsum. Der weiße Meeresgrund erglänzte unter dem kristallklaren Wasser wie die Quecksilberunterlage eines Spiegels, trotzdem der Mann am Loth Tiefen von 5—6 Faden auLsang. Nur hier und da reichte ein Korallenblock bis fast an di« Oberfläche, und da hieß eS aufpassen, daß ich mit meinem Schuner nicht festkam. Zum Glück fehlte eS mir nicht an einer zuverlässigen Landmarke; zwischen dem scheunenartigen Factorei- gebäud« und dem von etwa einem Dutzend Insulanern belebten Strande stand nämlich mein Freund Pahlen, Agent des bekannten Südsee-HauseS HernSheim, und wreS unS durch leicht zu deutende Armbewegungen an, wie wir steuern sollten. Nachdem er uns mit seinen Freiübungen eine Viertelstunde lang tüchtig in Athem gehalten, hob er plötzlich beide Arme über den Kopf und rief: „Fallen Anker!" „Fallen Anker!" hallt« es am Waldsaume wider. Uöberrascht blickte ich hinüber; ein solch' deutlicher Echo hatte ich noch nie gehört. Bei schärferem Hinblicken sah ich denn auch, daß daL Echo Menschengestalt hatte und merkwürdiger Weis« Frauenkleider von europäischem Schnitt trug. Die zierliche Er scheinung hatte die Arme erhoben, wie soeben Pahlen «ihan; als dieser sich jetzt, anscheinend unwillig, nach ihr umkechrde, ver schwand sie in dem von einem BambuSzaun umschlossenen Hofe der Factorei. DaS konnte nur Toe gewesen sein, mein« junge Freundin von Apia her. Schnell gab ich meinem Steuermann, einem etwas derben Mecklenburger, der mit unserer farbigen Mannschaft WrigenS sehr gut zurecht kam, einige Winke in Bezug auf die Ladung und fuhr in gespannter Erwartung ans Land, um in der Factorri die Dame deS Hause» zu begrüßen. Man erzählte sich ja im BiSmarck-Archipel bis hinaus wach Jaluit wahr« Wunderdinge über die glücklich« Eh« Pahlen's mit der samoanischen Häupt- lingStochter. Der auf seinem vorgeschobenen Posten schon halb verkümmert« Agent hatte jedenfalls sehr wohl daran gethan, das lustige Ding zu seiner Lebensgefährtin zu machen, denn daß Toö «och lustig war, hatte ich ja vorhin gehört und gesehen. ES war ja auch sonst wahrlich kein beneidenSwerthes LooS, so jahrein, jahraus als einziger Weißer unter noch ganz wilden, gum Theil der Menschenfresserei ergebenen Insulanern Kopra und Sandelholz gegen Messer, Nägel und Glasperlen einzu tauschen und in einer blockhausähnlichen Wohnung sein Leben von abgelagerten Conserven zu fristen und von dem, was der nicht «ben saubere fadbige Diener sonst noch zurechtschmorte. Gesund und ganz am Ende drei „Cabinette" (Schränke) für die Urnen, die Antiquitäten und die Münzen. Die Bücherschränke waren durch Gitterthüren verschlossen und, wie Götze in seiner Be schreibung rühmend hervorhebt, nicht höher, als wie man mit dem auSgestreckten Arm reichen kann, r) Alle Schränke waren grün angcstrichen. Im Treppenhause, im Airium und im Bücher saale waren zahlreiche Gemälde ausgehängi, im Büchersaal namentlich viel Porträts. Im Atrium hingen die Bildnisse von Huldreich Groß und seinen Ettern und Geschwistern. Auch die „Euriositäten", wie die Luftpumpen, die Erd- und Himmels globen, die Naturalien usw. waren auf das Atrium und den Büchersaal vertheilt, die kleineren Gegenständ« thcils auf Tischen, theils in GlaSschränken ausgestellt. Einige Noth hakte die Bibliothek, bis sie den geeigneten Bibliothekar gefunden hakte, den wirklichen Bibliothekar. Denn das 'war doch der „Assistent", wie man ihn anfangs nannte, im Gegensatz zu dem , Mbliotdeenrills", den der Rathsherr vor stellte. Mgr. Jacobi legte sein Amt schon im Juni 1712 wieder nieder und folgte einem Rufe an das Marien-Maghalenen- gymnasium seiner Vaterstadt BreSlau. -) Der Rach muß aber mit ihm zufrieden gewesen sein, denn statt der festgesetzten 50 Thaler erhielt Jacobi für das eine Jahr 62 Thaler Gehalt. Als bekannt wurde, daß er Weggehen würde, waren sofort fünf andere Bewerber La, darunter Mgr. Johann Christian Schöttgen, der bekannte später« Historiker und Rektor der Kreuzschule in Dresden und Mgr.Johann Christoph Ortlob, der Tertius der Nikolaischule. Es wurde aber keiner von beiden gewählt, obwohl Götze zwei Bibliothekare angestellt zu sehen wünschte, sondern ein Mgr. Christian Siegmund Liebe, ein Theolog, und ein Mgr. Friedrich Menz, einMediciner. Menz wurde von Götze selbst empfohlen; für Liebe hatte sich irgend ein hoher Gönner verwendet — man stelle mit seiner Wahl einen Patron zufrieden, heißt eS im Rathsproto koll, und da man ihn schon einmal bei der PeterSkirche über gangen habe, könne man ihn nicht gut zum zweitenmal übergehen. So wurden diese beiden zu Nachfolgern Jacobis gewählt uns sollten sich nun in den Aahresgehalt von 50 Thalern theilen. Beide dankten aber schon nach einem Vierteljahre wieder ab, und wie eS scheint, aus folgendem Grunde. Es war ihnen unrer dem 15. Juli 1712 eine Instruction ertHerlt worden, offenbar dieselbe, die schon Jacobi gehabt hatte.-) „Demnach E. E. Hochweiser Rath dieser Stadt bei nun mehr «rfolgter Eröffnung d«rv Vibliotdse Herr bis auf Widerrufen zu gebrauchen resolviret, als soll derselbe r 1) wohlgedachtem Rath«, was diese Verrichtung betrifft, treu, hold und gewehr sein -), dessen, wie auch deS zur Vibliotdee verordneten Herrn ääminiktrntarw Anordnung nachleben. 2) An denen Tagen, da die LibUotste« ordentlich geöffner wird, sich fleißig finden lassen und dieselbe zu gesetzter Zeit *) clatdris prods wuaita et elaura, neo altiora, quam ut exarto draedio eumwow platvi ettmxers quea». r) Am 23. Juni 1712 wurde er dort in die dritte Lehrerstelle eingewiesen. Vier Wochen später, am 21. Juli 1712, starb er, noch nicht ganz 32 Jahre ält. r) Wenigstens geht das gleich auS den ersten Worten hervor. -) Die gewöhnliche Formel hieß von Alters her: treu, hold und gewärtig fein; der Abschreiber hatte das offenbar nicht mehr verstanden. und kräftigend sei wenigstens ein solches Robirtsonleben, wenden Manche ein. Du lieber Gott! Don meinen damaligen Collegen waren Vie vierzigjährigen, wenn sie nicht außerordentlich mäßig gelebt hatten, fast alle schon graubärtig und durch die stete Lebensgefahr so nervös geworden, daß sie über daS Zuwerfen einer Thüre vor Schreck laut herauSschrieen. Pahlen war freilich noch ein ganzer Mann, und hier auf der Gazelle-Halbinsel herrschten auch leidliche Sicherheit-Verhältnisse, seiiidem der Commandant der deutschen Corvette „Ariadne" den Eingeborenen klar gemacht, daß deutsches Eigenthum, „Tabu", unantastbar, sei. Auch hatte man die wichtigeren Häfen auSge- lothet und auf den Seekarten die Küsten festgelegt, Alles sehr verdienstliche Arbeiten, um so verdienstlicher, als auf der englischen AdmiralSkarte von 1878 di« Neu-Lauenburg- (Duke of Park) Gruppe noch als einerinzigcJnsel von ziemlich unbestimmter Form eingezeichnet stand! Neuerdings war sogar die deutsche Schutz herrschaft über daS ganze Jnselmeer erklärt worden, und di« ge waltige Insel, deren Strand ich zu betreten im Begriff stand, ward statt Neu-Britannien jetzt Neu-Pommern geheißen. Die Landschaft um mich her sah gar nicht übel auS: ein weißer, von Korallenriffen umlagerter Strand und dahinter leichtgewelltes, von dichtem Urwalde bestandenes Hügelland. Im Norttwesten erheben sich drei vuloanische Spitzen, die Mutter mit Len beiden Töchtern, von denen die Südtochter — die Berge haben diesen Namen von dem deutschen „Gaz«lle"-Commando erhalten — sich vor gar nicht langer Zeit erst wieder recht ungeberdig be nommen und solche Bimssteinmassen auSgeworfen hatte, daß man in dem die Insel trennenden St. GeorgScanal durch eine Stein wüste zu segeln glaubte. Mit «inem Ruck fuhr daS Doot auf den Sand, und ich wäre, vorn im Bug sbhend.kopsülber hinauSgeslogen, hätte mich nicht einer meiner am Ufer harrenden neupommerschen Landsleute mit den Armen aufgefangen. Für diesen Liebesdienst verlangte der Mann natürlich eine Belohnung, und da ich kein Diwarra (Muschel- gÄd) bei mir hatte, ging er mir nicht mehr von der Seite, bis ich die Factor« betrat, wo ich Pahlen anpumpt«. „Abscheuliche Bettelei!" knurrte der, indem er von einer arm langen Muschelkette ein Stück herunterschnitt, dar er dem Ein geborenen zuwarf. „Alles will dieses Volk bezahlt haben; der kranke Vater wi^d von den eigenen Kindern gebvandschatzt, wenn er einen Trunk Wasser von ihnen vrrlantzt." Ich entgegnete: „DaS ist nun einmal so", und schüttelte dem alten Bekannten herzhaft die Hand. „Wie geht'« im Ehestande? Und wo ist Tos?" Di« ekste Frage ließ er ganz unbeantwortet, auf die zweite entgegnete er mit einem gewissen Nachdruck: „Meine Frau wird gleich erscheinen", und dann Sam er wieder auf die Trinkgeld- Unsitte zurück. Er wollte diese Verhältnisse von Grund auS um gestalten, wie auS seiner Rede hrrvorging; jedenfalls konnte ich. eröffnen, auch nach deren Derfließung wieder zuschließen und wohl verwahren. 3) Denen Liebhabern derer Ltuäien die verlangten Bücher vorlegen und ihnen mit aller Bescheidenheit begegnen. 4) Nach deren Gebrauch dieselben wiederum an ihren ge hörigen Ort und Stelle bringen. 5) Auf die Bücher, daß nichts davon zerrissen, raaouürer oder gar veruntreuet werde, fleißige Acht haben. 6) Ein gleiches auch bei denen andern Sachen de: Libliotkec, es sei an numismstidns, wiovralibus, naturali- du8, lidiis maouscriptis oder anderen darinnen vorhandenen Dingen, woferne ihm etwas hiervon anoerirauet werden sollte in Acht nehmen und darüber allenthalben sorgfältige Obsicht tragen und was ihm davon unter seine Hände kommen möchte, Wohl bewahren. 7) An denen Tagen, da die LidUotttee geschloffen ist, wenigst ein paar Stunden, auch außer denen ordentlichen Tagen, wenn eS verlanget und von dem Herrn ^äministratora verordnet werden sollte, zugegen sein, die neu angeschafften Bücher über- schreiben, selbige in die Öatalogos eintragen und was sonst bei der Lidliotdee zu verrichten ist, bewerkstelligen. 8) Auch was übrigens zur üidliotkeo Nutz und Bestem gereichen kann, mit allem Fleißc und Sorgfalt beobachten. 9) Dor diese seine Bemühung sollen aus wohlgebachten RathS Einnah-mstube ihm jährlich fünf und zwanzig Thaler in dje (Zuartale eingetheilet zur Besoldung gereichet werden. 10) Dargegen er sich hiermit verbindet, daß, was diese Ver richtung betrifft, er E. E. Hochiw. Raths ^urjsäiction unter worfen sein und dieselbe sxaoseiren, auch sich mit dem koro aeackcunioo diesfalls nicht schützen wolle, zu dem Ende er m soweit demselben hiermit ranuneiret. Wann dann mehr erwähnter Herr demjenigen allen, wie obstehet, treulich nachzukommen angelobet, solches auch eidlich bekräftiget, als ist ihm hierauf oieses, welches er seines Theils auch vollzogen, unter dem gemeinen Sta-t-Sseret ausgestellet worden." Von dieser Instruction hatte wohl die Universität Kunde er halten. Sie legte Verwahrung dagegen ein, daß der Rath aka demische Bürger eidlich verpflichte, und so mutzten beide ihr« Stellen nzch wenigen Wochen wieder aufgebrn. Hs wird ihnen das keinen großen Kummer gemacht haben, denn der Gehält war doch gar zu gering. Die Stelle blieb darauf ein ganzes Jahr lang unbesetzt, was um so auffälliger ist, als es nicht an Anzeichen dafür fehlt, daß die Bibliothek viel besucht wurde, und zwar keineswegs bloß von Schaulustigen, sondern auch von solchen, die dort arbeiten wollten Mußten doch gleich im ersten Jahre (1711—12) noch ein Dutzend „englische" Rohrstühle für 44 Gulden nachbestellt werden, und im Juli 1713 erhielt der Korbmacher schon 1 Gulden 15 Groschen, „die Stühle mit spanischem Rohr auszubessern". Auf welch« Weise sich Götze in dieser Zeit beholfen hat, ist nicht za sagen. Vielleicht begnügte er sich mit der freiwilligen Hilfe eines armen Teufels von Studenten namens Anton Weiz, der schon vor Eröffnung der Bibliothek Zettel auf die Bücherrücken hatte kleben helfen, und der seitdem selber an der Bibliothek kleben geblieben war und so lange aushielt, bis er sich ein Ämtchen ersessen hatte. Vielleicht sprang auch Ortlob zunächst frei willig und ohne Gehalt ein. Und da er als Lehrer der Nikolai schule ohnehin unter der Jurisdiktion deS Rathes stand, man also während er sprach, in aller Ruhe von dem unter einem Palm- blattdache seiner Verladung entgegenharrenden Koprahaufen auf sein Gewicht atbschätzen und ein Versuch-beet mit vielversprechen den Dohnen und Gurkenpflanzen besichtigen. Dann aber verspürte ich Sehnsucht nach einem schattigen Plätzchen, Lamm verzichtete ich auf weitere Belehrungen, warf den Rest meiner Cigarre zwischen die im Hofe scharrenden mageren Hühner, und trat über die Veranda ins HauS ein. Und zwar unmittelbar in den „Salon", denn von einem Vorplatz hatte der Erbauer abgesehen, weil auch von den übrigen Räumen, Schlafzimmer, Küche und Gesindegelaß, Thüren inS Frei« führten. Ich warf den Hut auf den Tisch, wischte mir die Stirn und schaute mich angenehm überrascht rm Zimmer um. Hier sah es ja riesig wohlhabend aus! An den übrigen, kleineren Factorei gebäuden im Bismarck-Archipel war die weitausladende Veranda das Best«, im Innern stieß man sich die Knie an ungefüge, aus Kistenholz gezimmert« Möbel, und wo Bilder und Vorhänge hin gehörten, krabbelten fingerlange Tausendfüß«. Dagegen wies daS Pahlen'sche Heim zierliche Pfefferrohrstühle auf, einen eichenen Ausziehtisch und Kaiserbilder in Oeldruck mit Gold rahmen. Und welch «ine fast übertriebene Ordnung darin herrscht«! „Großartig! Hat Tos dies AllrS mit in die Ehe gebracht?" sagte ich und warf mich in den einfachsten und am solidesten aus sehenden Sessel. Statt zu antworten, nahm mein Gastfreund meinen Hut vom Tisch, hing ihn fein säuberlich n«ben daS Fenster an einen Kleiderhaken und ging dann inS Nebenzimmer. Gleich darauf trat er. Tos an der Hand führend, wieder ein und sagte auffallend förmlich: „Hier ist mein« Frau." Ihr aber erklärt« er, indem er mich mit einem flüchtigen Blick musterte: „Du siehst, mein Freund ist in der Vorfreude deS Wiedersehens, wie er ging und stand an Land gefahren." Ich fühlte den Hieb und stand im nächsten Augenblick, mich sehr gesittet vor der Hausfrau verneigend, auf meinen schon ziemlich hart mitgenommenen Segeltuchschuhen. Mit der Hand fuhr ich dabei betroffen nach meinem unbekleideten Schwanenhals und nahm mir vor, morgen «H«nfallS mit einem Papierkragen zu protzen, wie et Pahlen heute schon Hat. Jetzt verstand ich ihn erst: er wollt« To« wie eine mit unS auf der gleichen Kulturstufe fwhende Dame geachtet wissen. Ihre Kleidung war sogar von einer gewissen Eleganz, aber sie selbst fühlte sich sichtlich unbehaglich in der engen Gchnürbrust und dem hochschließenden Tarlatankleide, und als mein Blick dem ihrigen begegnet«, schien dieser zu sagen: „So Hut er mich zugerichtet; ist'S nicht 'n« Affenschande?" „KinnerS, Ihr wollt mich wohl verulken?" hatte ich nun beinahe doch noch gerufen. Mir war To« in samoanischer Tracht, wie ich sie zu Apia, im Falrtele, im Gemeindetanzhause, gesehen, noch vollständig gegenwärtig; es war «in« Lust gewesen, daS 93. Jahrgang- ' I bei seiner Verpflichtung keine Unannehmliä'sseit mit der Universi tät zu fürchsteu hatte, er auch „m ttugujs orieutrUibus Wohl versiert" trtzir, und schließlich es doch sehr nah« lag, einem tüch tigen städtischen Lehrer durch das Bibliothekamt eine Zubuße zu seinem bescheidnen Lehrergehalt zu gewähren, so übertrug man im SepLember 1713 Ortlob die Stelle, und zwar nun wieder ihm allein, sä' daß er den vollen Jahresgehakt von 50 Thalern bezog. Als Zehrer und da er doch auch in gewissem Zusammen hänge mit der Universität stand, — er war Collegiat deS kleinen Fürstencollegrums — mußte er versprechen, sich nicht „mit dem toro Lonsistcnnali und ^eLäewica schützen zu Vollen". Im übrigen glich finne Instruction (vom 9. September 1713) der seiner Vorgänger. Nur im 2. Abschnitt heißt es von den Schlüsseln: „nicht weniger die Schlüssel, welche ihm, sowohl zu Venen HauptthiLren als auch zum Vorlegeschlosse, anvertrauer worden, sorgfältig in Acht nehmen und in keine frembde Hände kommen lassen", und zum 5. Abschnitt ist noch hinzugefügr: „auch niemandem, w«r der auch sei, gestatten, einig Buch zum Gebrauch mit nach Hause zu nehmen, wie er denn ebener maßen von seiner Person dergleichen ohne Vokbewußt des Herrn äckmimstr-Ltcu-is Her Bibliothek zu thun sich zu enthalten hat? Das letzte hatte rmrn wohl hinzugesetzt, weil man seinen wissen schaftlichen Eifer kannte, und wußte, was für ein Bücherfreund er war. So waren denn endlich einigermaßen dauernde Zustände ge schaffen. In den Leipziger Adreßbüchern, dem „Jetzt lebenden Leipzig"')und dem„.ä.uuo 17l3 Üorirenden Leipzig" ist 1713 unter der Abtheilung über daS Rathscollegium zum erstenmal mit verzeichnet: „Di« Raths-Libliotdso. Herr v. Gottfried Christian Götze, Lidliotkeogrius. Ll. Johann Christoph Ortlob, Vioe-ttibliotdecarjus." Im „lebenden" Leipzig steht die Be merkung am Schlüsse der Abtheilung, im „slorirenden" ist sie sogar zwischen das Verzeichniß des Rathscollegnrms und das des augenblicklichen St.udtregiments eingeschoben. Die eigenen Mittel der Bibliothek waren nach wie vor schwankend und sehr bescheiden. Was ihr an Capitalzinsen, .Bürgerrechts- und Dept ttationsgebühren, Waagestrafgeldern und Succumbenzgeldern zuflv'ß, belief sich jährlich etwa auf 200 bis 300 Thaler. Aber eien paarmal half die Einnahmstub« mit gtößeru Betragen auS, ueud auch die üblichen Geschenk« der neu- gewShltrn Rathsherren ktzieben sticht üuS; die Trinkgelder, die bisweilen den Überbringe rn gezahlt wurden, und die dann in den Rechnungen gebucht sind, btzetcn dafür einen Anhalt. Auf diesem Wege erfahren wir auch, tdaß 1713—14 Pastor Edelmann auS Lauben ein türkisches MamUscript schenkte, und daß 1715 —16 daS Bildniß des verstorbenen Bürgermeisters Georg Winckler (f 1712) auf die Bibliothek gebracht wurde. Einmal versuchte die lstibkiothekSmste ihr Glück in der Lotterie. Es war das nichts Ungewöhnliches in jener Zeit. Selbst Kirchen- und Hospital caffen spielten in der Lotterie, und um so unbedenklicher, als eiv: Theil der Lotterieeintünfte dem r) DaS von Sicul herairsgegebene „Jetzt lebende Leipzig" war seit 1700 fast regelmäßig jedes Jahr erschienen, bis 1713 zwölfmal. Als ihm 1713 in dem von Rumpf herausgegebenen „Florirenden Leipzig" ein Concurrenzunternehmen erstand, ging es in Sicul'S Xeo-^nnalss ^rpsienxss mit über. Im „Jetzt lebenden Leipzig" ist noch fälschlich hinzugefügt: „Ist Mitt wochs und Sonnabends Nachmittag von 2 bis 7 Uhr geöffnet." munter« Ding anzäsehen, mit trem grellfarbenen Hüftentuche, einem frischen Blättettranz auf den entblößten Schultern, und daS Rabenhaar mit Rewa-Rewq, den schneeweißen Schößlingen der jungen Kokospälme, durchflochttn. Doch ich unterdrückte meine von ihrem heutigen Aeußercn hi'rausgefordrrte Heiterkeit; was ging es mich an, wie Frau Pahlen sich auf den Wunsch ihres Satten kleidete? „Willkommen in Ruanna; wir freuen uns. Sie hier zu sehen", begrüßte sie mich in gutem Deutsch; schade nur, daß die Anrede so eingelernt klang. Nachdem wir Platz genommen, sprach sie noch ein mal ein Paar Work, dann aber zog sie erst ganz sachte den einen und dann den anderen Fuß auf den Stuhlsitz, offenbar in der Meinung, ihn langes Kleid verhülle das Hocken mit unter geschlagenen Beinen, das sie von Haus aus gewohnt war. In dessen auch ihr Eheherr bemerkte dos mit vieler List und Heim lichkeit ausgefiihrte Manöver, und er bereitete der bequemen Lage seiner Frau ein jähes Ende mit der an Toö gerichteten Auf forderung, etwas Trinkbares zu holen. Es herrschte zwischen uns Männern eine recht unbehagliche Still«, bis Toö wieder hercinkam, um uns aus frischer Kokosmilch und Rum einen köstlich duftenden kalten Punsch zurecht zu brauen. Ich fah eS ihrem Blick an, si« hätte fürs Leben gern mitgetrunkcn, ihr Mann winkte ihr aber mit den Augen ab, und so ging sie, ohne daß ihr Wunsch erfüllt war. „Erziehung, lieber Freund; die Erziehung thut Alles", be gann darauf Pahlen, indem er mir nach dem ersten Schluck «ine Handvoll setbstgefertigter Cigarren auS Neu-Guinea-Tabak hin schob. „Habe ich mit Toö'S Erziehung nicht schon Großes er reicht? Betrachten Sie die kleine Frau einmal genau: sie bettelt nicht niehr und ißt mit Messer und Gabel, lügen thut sie nur noch selten, lind den Eingeborenen gegenüber ist sie stets eine wohl wollend« Lady. Ist Ihnen nicht ausgefallen, daß unser« Insu laner h-ter Lendenfchürzen tragen, während doch sonst die Nationaltracht nur im Färben der Kopfhaar« besteht und aus einer Halskette auS Harzperlen und PandanuSzapfen oder Opossumxähnen? Das ist ihr Werk!" Ich rnckte und that, als lachte ich über Pahlen'S Cigarren, die nicht rechl Luft hatten. Bis zu einem gewissen Grade hatte mein Frernd übrigen» recht, wahrte ich doch ebenfalls, selbst in meiner eiwsamen Cajüte, gewisse Formen, weil die Weißen hier draußen, kie sich gehen ließen, unglaublich schnell verwilderten, vielleicht n»rr eS gar nicht so unrichtig, der leichtblütigen Toö den Stempel europäischer Gesittung aufzudrücken, damit ihr nicht etwa eines Tages einfiek, auf Nimmerwiedersehen zu den Wilden in den Busch zu laufen. „Man komn aber auch im Civilisiren zu viel thun", wendete ich im Gedaivken an di« arme To« ein. worauf mein Gegenüber lebhaft erwflerte: „So lange wir es hier noch mit Kannibalen zu thun Habeh, gewiß nicht. Denken Sie doch nur daran, wie
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