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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.12.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991222018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899122201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899122201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-22
- Monat1899-12
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Oktober, schreibt unser ständiger Herr Mitarbeiter: Nachdem nunmehr in fast allen Provinzen Chinas die Be- rheiligung fremden Capitols an der Entwickelung des Bergbaues gesichert ist, sollte man glauben, daß jetzt, Ende 1899, der Berg bau in China, wenn auch noch nichr im vollen Gange, so doch in erfreulichem Aufschwünge befindlich sein müßte. Und doch hat bis heute keine der seit 1896 concessionirten Minen genug Kohle, um einen Dampfer zu Heizen, und genug Eisen gefördert, um einen Nagel zu schlagen. Schon im Herbst vorigen Jahres hatre der englische Gesandte Gelegenheit genommen, in einem an das Foreign Office gerichteten Telegramm auf den peinlichen Ein druck hinzuweisen, der dadurch hervorgerufen wur've, daß das Peking-Syndikat seine Operationen noch nicht begonnen hatte. Die Gründe für diese auffällige Verzögerung in der Betriebseröffnung sind verschiedener Art. Die deutschen Syndikate für die Ausbeutung der in Schan- tung von der deutschen Regierung erworbenen Gerechtsame haben sich erst vor Kurzem constiruirt, die Eröffnung der Bergwerke in Schantung wird nicht als so dringend angesehen, wie der Bau der Eisenbahn. Immerhin ist zu wünschen, daß der Abbau der Kohlengruben nicht zu lange hinausgeschoben wird, da die gedeih liche Weiterentwickelung von Kiautschau doch hauptsächlich von dem Berkaus der gewonnenen Kohle abhängen wird. Don einzelnen Bergwerksconcessionen, wie z. B. der von Herrn Luzatti für das Peking-Syndicat und der von Herrn Pöitchard Morgan erworbenen, "darf man anrwhmen, daß die Triebfeder für ihre Erlangung weniger in dem Wunsch lag, schleunigst dem Schooß der Erde die darin schlummernden Mmeralschätze zu entlocken, als in der Hoffnung, diese Conccs- sionen als Objecte für Börsenspekulationen zu benutzen. Di« von den Franzosen bei Chungking erworbenen Bergwerks rechte sollen wohl nur politischen Zwecken dienen, denn an einen gewinnbringenden Berkaus 'der geförderten Kohlen und Eisenerze in und um Chungking ist nicht zu denken, und der Transport nach der weit entfernten Küste, wobei die gefährlichen Stromschnellen des Dangtsrftromes zu überwinden sind, muß die Preise so vertheuern, daß die Concurrenz mit anderen Minen so gut wie ausgeschlossen ist. Ein anderer Grund für di« jetzt vovwaltenve Zurück haltung des europäischen Capitals und die da durch verursachte Verzögerung, der Betriebs-Eröffnung liegt in Sem in Europa und Amerika herrschenden Mangel an Vertrauen in chinesische Anlagen. Dieses Mißtrauen mag zum Theil durch die reaktionäre und reformfeindliche Haltung der chinesischen Regierung und ungünstige Berichte über deren finanzielle Lage veranlaßt sein. In England hat es durch Len Courssturz der im Februar dieses Jahres von der Hongtong-Banl auf den Markt gebrachten Eisenbahn-Anleihe von zehn Millionen Pfund Ausdruck gefunden. Diese Anleihe ist zu einem Cours von 97 emittirt worden, aber, obgleich vielfach überzeichnet, balo auf 91 Gesunken. Der Correspondent einer in Shanghai erscheinen den englischen Zeitung forscht nach dem Grunde für diese über raschende Erscheinung, da doch die gegebenen Garantien genügen, di« Bahn den stets wachsenden Verkehr kaum bewältigen könne und die chinesische Regierung voraussichtlich in der Zukunft ebenso wie bisher ihre Verpflichtungen gewissenhaft erfüllen werde, so lange sie nicht durch force inajcurc daran verhindert würde. Diese Möglichkeit einer gewaltsamen Ver hinderung durch Rußland, dessen Forderungen gegen über die Regierung Lord Salisburh's andauernd die größte Schwäch« gezeigt habe, sei aber eben die Wolke, welch« über der sonst ungetrübten Aussicht für Kapitalanlagen in China hänge, und die, wenn sie nicht vertrieben werde, solche Anlagen in das Licht von unsicheren Geschäften setze. Ein weiterer Hinderungsgrunü für die Verwendung von euro päischem Capital bei Minenanlagen in China liegt in den von der chinesischen Regierung im vorigen Jahre erlassenen und in diesem Sommer mit Zusätzen versehenen Bergwerks-Be stimmungen, die zum Theil dem Wesen einer Actien-Ge- sellschaft direct zuwider laufen und den chinesischen Aktionären die Controle über die Leitung der Minen-Unternehmungen Vor behalten. Auf der anderen Seite gehört die chinesische Regierung zu denjenigen, di« wegen der Verzögerung in der Eröffnung der Bergwerke am meisten enttäuscht sind. Die glänzenden Visionen von den ihr von den fremden Syndikaten zu zahlenden Abgaben, die durch die obengenannten Bestimmungen aus 26 Proc. vom Reingewinn festgesetzt wovden sind, erweckten bei ihr Hoffnungen, daß sie mit diesen Ein-ahmen die immer zunehmende Ebb« in ihren Kassen zuriickstauen könnte — nachdem ihr einmal di« Zustimmung zur Concessions-Er- theilung abgerungen worden war, wollte sie nun auch einen mög lichst großen Profit daraus ziehen. Um zu erzwingen, daß ein einmal concessionirtes Bergwerk auch wirtlich eröffnet wird, ist die Bestimmung getroffen worden, 'daß eine ertheilte Con- ceffion als annullirt gelten soll, wenn nicht innerhalb von zehn Monaten nach d«r Ertheilung der Betrieb der Ausbeutung be gonnen hat. Es mag hier noch erwähnt werden, daß, um die Berechtigung zum Bergbau in China zu erltangen, außer der Genehmigung durch die Regierung, der Erwerb von Eigenthums- rechtenan 'dem Grund und Boden, auf dem das Bergwerk an gelegt werden soll, nothwenvig ist. Die Concessionsertheilung Lurch die Regierung ist für den Bergbau ebenso vorgeschrieben, wie für lxn Bau einer Eisenbahn oder die Anlage einer Fabrik. Aber ebenso wie durch die Concrffion zum Eisenbahnbau oder zur Fabrikanlage das hierzu nöthige Terrain dem Unternehmer nicht vom Staate geschenkt wird, sondern von dem bisherigen Eigen- thümer erworben werden muß, so muß auch der für eine Berg werks-Anlage nöthige Grund und Boden erworben w«rden. Daß nach chinesischer Auffassung der Eigenchümer der Oberfläche auch das eignet, was sich darunter befindet, ist ganz unzweifelhaft. Alle Verträge, Vie neuerdings von chinesischen Behörden mit fremden Unternehmern, wie z. B. mit dem Pcking-Syndicat, Pritchard Morgan, dem französisck)«n Syndikat u. s. w., geschlossen worden sind, sprechen sich ebenso wie die von der Central-Regierung erlassenen Bergwerks Bestimmungen ganz klar dafür aus, daß das Eigenthumsrecht an einer Mine von den bisherigen Besitzern de« Grund unDBvtdens erworben werden muß. Der Krieg in Südafrika. Bom Kriegsschauplatze. * Loutza», 21. December. Aus dem Lager von Lhieveley wird der „Morn.-Post" vom 15. December gedrahtet, daß die Boeren ihre Kanonen nach der die ne»en britischen Lager be herrschenden Stellung bringen, sie dämmten deu Lugela» flug unterhalb der Bridle-Furlh eia. Bei dem Versuch« der Dubliner Füsiliere, diese zu überschreiten, ertranken vier. Leute, die daS Land kennen, bezeichnen die Borrenstellung als die stärkste in Natal. (Boss. Ztg.) L.-6. Lauda», IS. December. Auch heute fehlen alle officiellen Nachrichten wieder. Seit dem Tage der Niederlage Buller'« haben Censur und KriegSamt jede Meldung unerbittlich zurückgebalten und heute wie gestern erklärt das Kriegsamt, e« habe „keine zur Mittheilung an die Presse geeigneten Nachrichten erhalten". Aber emgetroffen sind solche Nachrichten. In bestinformirten Militärkreisen will man bestimmt wissen, daß General Buller einen zweiten Versuch gemacht hat, den Tugela zu überschreiten. Hat ein solcher wirklich stattgefunden, so kann er nur mit einer neuen Niederlage geendet haben, denn einen Sieg oder auch nur ein erfolgreiche« taktisches Manöver hatte da« Kriegsamt zweifellos sofort verkündet. Der AfrikaudnEiptz lyr B oe r en benutzte selbstverständlich daS Gerücht, um daraus einen großen Sieg zu macken und diesen zu einer künstlichen Hausse nach Kräften zu verarbeiten. Er hatte das um so nöthiger, als zu Beginn der Börse in Conventionalsprache abgefaßte Depeschen aus Capstadt (wie schon durch Privattelegramm mitgetbeilt) eine weitere Niederlage Lord Methuen'S meldeten. Danach hätte dieser am 14. und 15., und zwar nachdem Cronje jedes Vorgehen gen Norden durch Zer störung der Eisenbahn und Besetzung sämmtlicher den Modderstuß beherrschenden Höhen auf dessen Nord ufer nicht nur, sondern auch auf dem Delta seines Südufer« zwischen IacobSdaal, Modder- und Rietfluß unmöglich gemacht, versucht, sich nach Süden aus der Bahn linie GraSpan-Belmonte Lurchzuschlagen und seine Ope rationsbasis, da« Lager am Oranjeflnsse wieder zu gewinnen. Der Versuch sei mißglückt. Die Boeren hätten die Bahn zwischen GraSpan und Belmonte zerstört und Methuen ge zwungen, in sein verschanztes Lager zurückzukehren, wo er letzt vollständig eingeschlossen und seine Bahn- wie Tele- graphenverbindungen mit der Oranjefluß-Station abgeschnitten seien. Eine Anfrage beim Krieg«amte hatte nur den Erfolg, daß dieses sich weigerte, die Nachricht, sei es zu bestätigen, sei e« zu dementirrn — wa« allerdings einer Bestätigung ziemlich gleichkommt. Uetzer tzie Schlacht am Dugela-Flusse wird der Londoner KriegScorrespondenz ausführlich berichtet: Die Gesammtstellnng der Boeren war weit stärker, al« irgend Jemand, der General nicht ausgenommen, geahnt. Nicht etwa nur diejenige ihrer sorgfältig befestigten Positionen auf dem südlichen wie nördlichen User deS Tugela nm Colenso, sondern und vor allen Dingen ihre Gesammt- stellung, welche unS, wie wir jetzt erst wissen, in einer Weir ausholenden Umarmung umfing. Während ihre Haupt macht allerdings un« gegenüber die Uebergänge um Colenso schützte, hatten die Boeren drei CommandoS, deren genau« Stärke nicht feststand, an der bei Springfield über den kleinen Tugela führenden Brücke postirt, von wo sie die Straße nach Frere beherrschen, und unS jederzeit in die linke Flanke fallen können und heute mehr denn je bedrohen. Die Entfernung zwischen Colenso unk Springfield beträgt etwa 28 lcm, aber auf der ganzen Strecke giebt eS keine Brücke und keine brauchbare Furt über den Fluß, während daS ganze in dem Dreieck Colenso-Frere- Springfield liegende Terrain stark hügelig, von keiner Straße durchschnitten, unseren Truppen einen Flankenmarsch verbietet. Die berittenen, so außerordentlich beweglichen unv mit dem Lande vertrauten Boeren könnten zur Noth selbst quer über Hügel und Veldt uns in die Flanke fallen, selbst wenn wir uns zu Herren der von Frere nach Springfield führenden Straße gemacht hätten, was nicht geschehen war und auch jetzt noch nicht gethan ist. Auf unserer Rechte» ist die Lage eine noch gefährlichere. Der Feind hält nicht nur die Brücke über den Tugela, welche dieStraße von Ladysmith nach Weenen führt (dort wo der BlaauwkraanS Spruit in den Tugela stießt) sondern auch diese« selbst, di» ganz« Straße bi« weit hinunter gen Estcourt, und da« grsammte Land zwischen Tugela, Blaauwkra?.nS Spr-il . BuschmanSstuß. Wenn sie stark genug sind, brauchen sie nur ihre beiden Flügel gegen Frere oder Estcourt convrrgiren zn lassen, um un« in eiserne Umarmung zu nehmen, und da« ist auck offenbar ihr Plan, derselbe, den sie vor Ladysmith und am Modderstusse mit solchem Erfolge durchgrführt. General Buller hätte offenbar weit lieber den Uebergang über den Tugela bei Springfield oder an der Einmündung de« Blaauw kraans Spruit versucht (eine andere Stelle gab e« für un« überhaupt nicht), aber den letzteren Weg halte ihm bereits vor drei Wochen General Joubert noch selbst verlegt, al« er seinen eigenen Sohn damit betraute, Weenen und damir den Uebergang über den BuschmanSstuß und den Kreuzuugs- punct der Straßen nach Colenso - Estcourt - Maritzburg- Ladysmith zu besetzen und unter allen Umständen zu halten. Dadurch blieb Joubert Herr des strategischen Aufmärsche«, und konnte un« vorschreiben, wo wir ihn anzugrrifen hätten. Wa« damals sehr thörichtrr Weise al« ein Rückzug der Boeren auSposaunt, war der empfindlichste taktische Schlag, den der Feind uns überhaupt zufügen konnte. Aus der Linken, d. h. nach Springfield zu, konnten wir aber ebenso wenig operiren, denn hier, wie am BnschmanSslusse mußten wir die Bahnlinie verlassen, hätten nur eine einzige, überdies kauen wegbare und für Artillerie ganz unbrauchbare Feldstraß« zu unserer Verfügung gehabt, auf der wir in endlosen schutzlosen Colonnen den Seitenangriffen de« Feindes fortdauernd aus gesetzt gewesen wären, wahrend wir die Bahn und unsere ganze Verbindungslinie nicht entfernt genügend schützen konnten. Aber selbst wenn da« der Fall gewesen wäre, so konnte der Feind seine Haupttruppen weit schneller von Colenso — dort nur ein kleines Beobachtung»' corps lassend — nach Springfield gelangen, al- wir Ein Weihnachtsgeschenk. Von HannS Alb recht. Nacht lu.l votoi-n. Wie ost hatte man sie schon gefragt: Haben Sie Familie? Und ihr „Nein" hatte immer ein wenig hart und lurz geklungen — di« Frage war ja auch so entsetzlich alltäglich und sogar ein wenig unzart — denn wer sich nur etwas Mühe geben wollte, konnte einer Frau die Mutterwürde bald anmerkrn; welche Mutter kann wohl tm Gespräch« länger als rin halbe« Stündchen ihrer Kinder unerwähnt lassen? Es ist ja auch so natürlich, daß dem der Mund überläuft, dessen Herz von irgend etwas ganz ausgefiillt ist. Also Frau Margarethe'- Herz war leer oder wenigstens von diesen Freuden leer — sie hatte wohl vieles Andere für'S Herz, sie hatte ihren geliebten Mann, sie halt« ihre Eltern und Gechwistrr, sie hatte liebe Freund« — aber Kinder hatte sie nicht. Und wenn man sie dann Wetter fragte, ob sie sich nicht recht nach einem Kinde sehnte, so mußte sie wieder mit einem kurzen „Nein antworten. Denn sie sehnt« sich auch eigentlich nach keinem Kinde. Ihr Leben war ausgefüllt und reich, di« Zeit, die ihr nach der Erfüllung ihrer häuslichen Pflichten blieb, widmete sie ihren Interessen ffir Kunst und Literatur, für Musik, Theater u. s. w. Es gab ja so unendlich viel Schöner in der Welt, und ihr« Seel« war so empfänglich dafür, daß ihr Mann nichts Schöneres kannte, wie seiner geliebten Margarethe ein berathender Freund und Führer durch eben diese Welt de« Schönen zu sein; ihre Begeisterung und ihr DeNstandniß entzückten ihn und waren ihm zugleich der höchst« Lohn. Doch jedeS Jahr einmal kommt daS Weihnacht»stst! Weih nachten acht seinem duftenden Dannengrün und Hellen Lichtern, Weihnachten, dvS man auch daS Fest der Kinder nennt. Und der fromme Kinderglaube und dir strahlenden Kinderaugen machen j« eigentlich erst da« Weihnachten zum Fest! Im Jubel der Kinder vergessen Vie Menschen ihr Weh und werden jung und froh mit -en Kleinen. Frau Margarethe tonnt« es sich gar nicht vorstellen, wie solch «in Weihnachtsfest mit Kindern war. Ihr Männ und sie deckten am Christabend Jeder ein Tischchen und legten die Geschenke daraus, die sie für den Anderen getauft halten; manche schon be kannt oder gewünscht, manche als UeberrasckMg. In «der Mitte stand ein Bäumchen mit Lichtern und kleinen Gegenständen aus Flittergokd geschmückt, die von einem Jahre zum anderen auf bewahrt wurden. Dir ganze Bescheerung 'war eigentlich ein bischen prosaisch. Die Leute würden gesagt haben: eS fehlen eben die Kind«r — und zu Weihnachten fehlten sie der Frau Margarethe wirklich Jeder der Bekannten versicherte ihr, wie sehr sie sich aus Weihnachten freuten, und wie Mizzi und Karl und wie dir Kinder Alle hießen, über ihre Geschenke jubeln würden! Nein, die entzückende Puppenwiege und daS wunder bar« -Schaukelpferd! Margarethe müsse kommen und sich die Bc- scheerung ansehen, sie werd« wirklich zu schön ausfallen. Alle» dacht« nur an dir Kinder, wie sie zu erfreuen wären, Alle« ar beitete für die Kinder — man zog Puppen an und richtete Kaufläden ein, und sogar dir Väter mußtrn mit helfen bei den großen Vorbereitungen. Margarethe hatt« eigentlich gar keine Vorbereitungen, ihr« Geschenk« waren schnell gekauft und schnell bescheert, da war nicht viel Mühe nöthig. So waren die Jahre dahingegongen — zehn Jahr« und zehn Weihnachten hatten si« in ihrer Ehe erlebt, und zehn Weihnachten allein verlebt. In kurzer Zeit würden sie das elfte, gemeinsame WeihnachtSfest feiern. Die Läden der Stadt glitzerten wieder im hellsten Lichte, di« prächtigsten Sachen war«n in den Schaufenstern ausgrlegt, so wunderschöne Spielsachen, ko entzückende Jäckchen und Kleid- chen und Hütchen für die Kleinen. Frau Margarethe wäre gar zu gerne stehen geblieben, um sich di« Herrlichkeiten in der Näh« anzusehen, aber sie wagt« es nicht — es könnte sie Jemand sehen und sich lustig über sie machen, oder gar ein Bekannter, der sie ansprach und dann rin paar witzige Bemerkungen machte — und solche Bemerkungen kränkten sie, sie wußte selbst nicht, warum. To eilt« si« weiter — zu Hause nähte sie ein reizendes Kleidchen für dos kleine Mädchen ihrer Schwester: weiß mit rosa Bändern und zarten Spitzen; aber al- es fertig war, gefiel ei ihr so gut, daß sie sich nicht davon trennen konnte — sie legt« e« in ihren Wäscheschrank und beschloß, eü zu behalten — ivenn auch nur, um es anzusehen. Jedes Weihnachten war es trauriger in Margarethe's Herzen geworden, jede» Weihnachten erschien es ihr einsamer um sic her. Wohl feierte sie da» Fest vereint mit ihrem geliebten Mann«, aber der Jubel fehlte und der Glanz, der nur auS Kindermunde und au» Kinberaugen kommen kann. So sagt« sie dieses Jahr zu ihrem Manne: „Otto, wir wollen keinen Baum wieder schmücken — wir legen uns die kleinen Geschenke so auf den Tisch — ich sorg« für ein nettes Abendessen und eine gute Bowl«, so können wir den Christabend feiern; der Lichterbaum macht mich immer «in birchen tmurig, wie Du weißt." Zu ihrer Verwunderung billigte ihr Monn auch gleich den Vorschlag. Nun wurde e» Margarethe erst recht weh um» Herz; schon oarum, weil sie dieses Jahr keinen Baum mehr schmücken wollte. Thränen standen in ihren Augen, wenn sie die verlockenden Schaufenster sah, oder wenn Leut« mit glücklichen Gesichtern und Puppenwagen oder Schlitten o>oer Schaukelpferden unter dem Arme an ihr vorüber eilten. Sir wunderte sich fast über sich, baß ihr gerade da» Christfest so schwer wurde, sie war doch eine sonderbar« Frau. Acht Tag« vor Weihnachten verschloß ihr Mann den Salon uno 'senkte den Schlüssel in die Tasche — oft kam er früher al» sonst aus dem Geschäfte nach Haus«, verschwand im Salon, das Mädchen mutzte eine Lampe hrneintragrn, und nach einer Weil« erschien er wieder mit einem ganz leisen Lächeln, da» aber kaum zu sehen war. — So war der heilig« Abend gekommen. Mar garethe ging beim Dunkelwerden in die Christmettr wie alle Jahre. Da sang der Knabenchor die schonen Wcihnacht-lieder und der Prediger las oa» Weihnachtsevangelium und legte es aus. — Dabei wurde r» ihr so wohl, und auch ihr Herz wurde ein wenig leichter. Um sechs Uhr, von Glockenläuten begleitet, ging sie nach Hause. Otto würde bald kommen, sie mußte eilen. Belm Thür'öffncn lächelt' das Dienstmädchen so fonoerbar, ihr Mann aber kommt ihr schon entgegen und sagt: Heute habe ich Dir eine kleine Bescheerung gemacht, meine liebe Margarethe, komm' Herrin und steh' — und er nimmt si« bei der Hand und führt sic in den Salon, und da sieht sie einen allerliebsten Lichter baum mit Confect behangen, darunter di« buntesten Spielsachen, uno auf einem ganz kleinen Stuhl daneben sitzt ein kleines Mädchen in weißem Kleide mit hellblonoen Locken und tiefblauen Augen unv sieht sie ängstlich an — mit einem Jubelschrei stürzr Margarethe auf das Kind zu und herzt und küßt es unter Thränen so lange, bis die Kleine anfängr kläglich zu weinen. Und dann muß st« sie erst wieder beruhigen und trösten, sie reiß: die Spielsachen oon dem Tische uno Confect vom Baum uno breitet Alles vor dem Kinoe aus, sie plaudert und erzähl: und lacht, und die Kleine wird schließlich auch ganz zutraulich und wird ruhig unv fängt an zu spielen. Jetzt erst besinnt sich Mar garethe auf den, der die geheimsten Wünsch« ihrer Seele er- raihen 'hat, unv sie geht hin und dankt ihm aus der Tiefe ihres Herzens heraus, eines Herzens, das so arm war, unv oas er so überreich nun gemacht har. — Dann macht sie auf dem Sopha rin Lager für vas Kino zurechl und giebt ihm Milch und Burter- brod und dringt es zu Bett. Mit glücklichem Lächeln sieht ihr Mann ihrer rührenden Geschäftigkeit zu — 'sann erzählt er ihr die Geschichte ves KindeS, und wie er auf den Gedanken ge kommen ist, ein Kind anzunehmrn, und daß sie es halten uns lreben wollen wie ihr eigenes. Dann, al» ihr Mann zur Ruhr gegangen ist, seht sich Margarethe noch einmal an oa» Lager des Kindes, ihre» Kindes, und nimmt die kleine, zarte Hand in ihre Hand, und ihre Gedanken eilen in die Zukunft: sie Hot nun ein Kind, für das sie sorgen, dem si« ehre Liebe weihen bann, und da» ihr Herz ouSfüllt — wie bald w«rv«n die Jahre vergehen, un>o sie wird die Klein« zur Schul« bringen — dann die feierliche Confirmotion, — dann kommt die fröhliche PensionSzrit — dann die Tanzstunde — si« schmückt ihr Kino zu seinem ersten Balle, und wie bald oann die Verlobung, ein schöne», glückliche» Fest, und zuletzt die Hochzeit — sie drückt ihrem Liebling da» Myrthenkränzchen in das blonde Haar — sie weint die Thränen einer echten Mutter in der Kirche und beim Abschiede — — — und dann wird sie wieder einsam sein, wie sie e» bi» jetzt war, — oder vielleicht noch einsamer? Denn sie hat etwa» besessen und hat e» vrrkoren — oder doch nicht so »infam? Denn si» hat ja dir Erinnerung — dir Erinnerung an »in« zarte, süße Menschen knospe, Ai«, von ibker Liebe gepflegt, zum Leben »ufgeblüht kst.
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