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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.12.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991228013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899122801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899122801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-28
- Monat1899-12
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Luxmanu, Marschallstraße 1, - Herr 0. 8oümiüt, Kohlgartenstraße 67, - Herr LernI». IVebvr, Mntzengeschäst, Gabelsbergerftraße II, Thonberg Herr L. üüntseü, Reitzenhainer Straße 58, Bolkmarsdorf Herr OeorZ, ^lemaun. Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das I. Vierteljahr 1900 Laldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 LO mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen S 50 durch die Poft bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 0 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedit io«: Johannisgafse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr L. 0. Llttvl, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr Uleoü. 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Wer so argumentirte, beurtheilte die traditionelle Bedächtigkeit und Wohlabgewogenheit der russischen Politik falsch. Es ist nichl Art dieser Politik, einen anscheinenden Vortheil sofort wahrzu nehmen, wofern die Möglichkeit vorliegt, daß einige Zeit später der Vortheil noch viel bedeutender geworden sein kann. Es liegt aber auf der Hand, daß England natürlich um sw mehr geschwächt wird, je länger der Krieg dauert und je mehr durch die Erfolge der beiden Freistaaten auch andere Elemente in Süd afrika dazu veranlaßt werden, das Kriegsbeil gegen England auszugraben. Die Richtigkeit dieser ab wartenden russischen Politik bat sich bereits gezeigt. Wäre Rußland gleich am Beginne des Krieges losgebrochen, so wäre es für England nicht allzuschwer gewesen, auf der Basis des status <zuo den Frieden in Südafrika sofort wieder herzustellen und sich dann mit aller Kraft gegen Rußland zu wenden. Jetzt aber hat sich England derartig fest gelegt und haben sich die Dinge derart verwickelt, daß weder England noch die Freistaaten so leicht zu einem Frieden kommen können, denn die beiden Boerenrepubliken können sich jetzt, wo der Krieg auch ihrerseits bereits schwere Opfer an Gut und Blut ge fordert hat, nicht mehr mit der Herstellung des bloßen statug quo begnügen und ihre Siege geben ihnen auch einen wohlbegründeten Anspruch darauf, höhere Forderungen zu stellen. England aber ist, wenn es nicht mit einem Schlage seiner ganzen Stellung in Südafrika verlustig gehen will, nicht in der Lage, derartige Forderungen, die auf eine Schwächung Englands an Ansehen und Besitz hinauslaufen müßten, einzugchen. Ja, es würde sich nicht blos um den Verlust der Stellung in Südafrika handeln. Eine Aufgabe dieser Stellung käme einer direkten Aufforderung an die Indier, sich im blutigen Aufstande die Unabhängigkeit zu erringen, gleich, und auch die großen englischen Colonien mit weißer Bevölkerung würden ermuthigt werden, sich von dem Mutterland? loszureißen. Schon jetzt sieht sich England durch den unglücklichen Verlauf des Krieges genöthigt, nicht nur Großbritannien selbst, sondern auch einen Theil der Colonien von Truppen zu entblößen. Noch schlimmer würde es natürlich werden, loenn etwa der Mißerfolg in Südafrika die Eingeborenen englischer Colonien ermuthigte, sich gegen das verhaßte Jnselreich — und in welcher Kolonie mit nichteuropäischer Bevölkerung wäre England nicht verhaßt? — zu erheben. Dann wäre für Rußland der Zeitpunkt gekommen, ein zugreifen, denn dann wäre England einem russischen Vorstöße in Asien gegenüber ziemlich wehrlos, da ja bei einem solchen Vor stoße die Ueberlegenheit der englischen Marine nur von be dingtem Nutzen sein könnte. Denn England hätte nichts davon, wenn es bei einem Vorstöße Rußlands nach Indien seine eigenen großen indischen Seehandelsstädte bombardiren müßte. Auch die Zerstörung des russischen Handels zur See würde wenig Erfolg haben, denn Rußland ist, wie kein anderer europäischer Groß staat, im Stande, den größten Theil seines ganzen Export- und Jmporthandels über die Landgrenzen zu dirigiren. So ent spricht es also durchaus dem russischen Interesse, in jedem Falle zunächst die möglichste Schwächung Englands sowohl an Prestige, als an militärischer Kraft abzuwarten. Es verfährt damit eben so, wie die Amerikaner in den Jahren 1896—98 mit Spanien verfahren sind, wie es selbst in den Jahren 1875 und 76 mit der Türkei verfuhr, deren Schwächung durch die Revolution der Balkanländer »S erst abwartete, ehe es 1877 den Krieg erklärte, und wie endlich ihm selbst gegenüber von England im Jahre 1878 verfahren wurde, als England dem durch den blutigen und langen türkischen Krieg geschwächten Rußland e» verwehrte, die Vortheile des Sieges völlig auSzunuhen. An diese englische Intervention, die Rußland» Pläne im europäischen Orient auf Jahrzehnte hinaus vertagte, wenn nicht überhaupt unmöglich machte, dürfte man wohl in Rußland noch lange denken. Und vielleicht wird man in Rußland genau nach jenem Recepte verfahren, indem man die Engländer erst durch einen langwierigen und blutigen Krieg mit den süd- afrikanischen Republiken ihre Kräfte erschöpfen läßt und sie dann, wenn sie endlich die Boeren niedergerungen haben, ver hindert, ihren Erfolg auszubeuten. Er wäre die» ein Vorgehen, dar derhalb allgemeinen Beifall finden würde, weil damit den Engländern die Frivolität ihre» Angriff- auf die Unab hängigkeit der Boerenrepubliken in greifbarer und sehr empfind licher Weise vor Augen geführt würde. Der Krieg in Südafrika. Lord Robert»' Plan. * London, 27. December. (Telegramm.) Einige Morgcn- blütter wollen aus angeblich guter Quelle wissen, Roberts werde den ursprünglichen Feldzugsplan wieder aufnehmen, dir Divisionen Gatacre, Warren und French mit einander verschmelzen und direct nach Bloemfontein marschiren, wodurch, wir gehofft wird, viele Boerentruppen von Ladysmith und der Westqrenze des Cap lands abgeleokt werden würden. Inzwischen werden Maseking nnd Kimberley ihrem Schicksal überlassen und nöthigen» salls dem großen Zweck, den Krieg in Feindesland zu tragen, zu baldmöglichem Abschluß zu bringen, geopfert werden. Alle Ber- stärkungen, die unterwegs sind oder noch einzuschiffen sind, würden nach der Süd- und der Westgrenze de» Oranjefreistaates gesandt werden; aller Wahrscheinlichkeit nach werde Melhurn stark genug sein, um seinen Marsch gleichzeitig mit dem Hauptvorstoß auf Bloemfontein auszunehmen. Nach dem Ermessen kompetenter Be- urtheiler sei keine Nothwendigkeit für eine unziemliche Eile vor- Händen, der Verzug könne bis zu einem gewissen Puncte die britische Stellung nur stärken. (Voss. Ztg.) Au» Natal. * Loudon, 27. December. (Telegramm.) Aus Chieveley- Lager wird dem „Daily Telegraph" vom 20. December telegraphirt, daß die Boeren eine neue Brücke über deo Tugela un weit der Station Pieters geschlagen haben, die die des Tags vorher von der britischen Artillerie zerstörte Fußgängerbrücke ersetzen soll. Bon Pieters ging »in starkes Commando ab, das die Landwanabrrg-Hügelkrtte weiter östlich befestigt. (Boss. Ztg.) * Pretoria, 27. December. (Telegramm.) Joubert, der bei seinem Eintreffen im Hauptquartiere am 18. LS. MlS. von den Boeren herzlich begrüßt wurde, hielt eine Ansprache an die Boeren. * Chieveley, 27. December. (Telegramm.) Lydditgeschütze beschossen heute die Stellungen der Boeren. Die neuen Generäle. * Gibraltar, 27. December. (Telegramm.) Der Dampfer „Dunottar Castle", mit Feldmarschall Roberts an Bord, ist gestern Abend hier ringetroffen. Lord Kitchener begab sich an Bord de- „Dunottar Lastle", der heute früh nach Südafrika weiter fuhr. Voerenreserve. * London, 27. December. (Telegramm.) Der Capstädter Correipondent der Zeitung „Daily News" meldet, er höre au- Asrikanderquellrn, dir bislang sich al» ausnahmsweise gut unter- richtet erwiesen hätten, daß 8000 europäische Truppen mit geschickten Officieren und vorzüglicher Artillerie sich in Pretoria al» Reserve brsänden. (Mgdb. Ztg.) Von unserem Londoner Correspondcuten. X. 6. London, 25. December. Auf dem Kriegsschauplätze herrscht fast vollständige Ruhe. Der zweite Act des Krieg-drama- ist mit Buller'S Niederlage vor Colenso zu Ende gekommen, der dritte Act soll erst beginnen, wenn die neuen britischen Streitkräfte in Südafrika angelangt sind, sofern die Boeren nickt auf eigeue Faust einen kleinen Zwischen- acter einschieben. Inzwischen bereiten sich beide Tbeile zu neuen Tbaten vor und wir hören von Nicht» al» Rüstungen, hüben wie drüben. Daneben kommen höchsten« noch Nach klänge von dem, wa« bereit« hinter un« liegt. So melden Augenzeugen der Kämpfe vor Stormberg, daß die englischen Truppen zum Tode erschöpft und fast sämmtlich 36 Stunden ohne jede Nahrung gewesen seien und sich in kleinen Trupp«, ohne auch nur die weiße Fahne zu bissen, einfach hätten «infangen lassen. Die meisten seien Nachzügler gewesen, welche gar nicht die Kraft gehabt hätten, dem in ausgelöster Flucht zurückgrhenden Hauptcorp« zu folgen. Die Gefangenen trafen am Montag Abend in BurgherSdorp ein, und zwar in einem Zustande, der jeder Besckreibung spottet. Biele der Gefangenen waren barfuß, Andere in ganz zerlumpten Uniformen und schrecklich ab- gemagert. Selbst osficirll wird jetzt englisckerseit« zugestanden, daß da« ganze Gebiet nördlich von Stormberg, Middelburg und Bictoria West in vollem bewaffneten Aufstande sich befinde und daß au« dieser ganzen Gegend die Farmer zu den Boeren 'gestoßen seien. Da« Auftreten bewaffneter Holländer trupp« zwischen Bictoria West und der Oranje fluß-Station beunruhigt hier um so mehr, al« dadurch die Verbindungslinie mit Capstadt fortwährend bedroht wird und die Aufbietung ganz bedeutender Streitmächte allein zur Sicherung des Bahnkörpers absorbiren wird. So hat man bereits darauf verzichten müssen, die zur Verstärkung Lord Methuen's bestimmten, während der letzten acht Tage in Capstadt gelandeten Truppen nach dem Oranjefluß hinauf zu senden und sich gezwungen gesehen, dieselben au( die Bahnstationen zwischen Worcester und de Aar und nach Natal zu vertheilen. Von General Buller halten wir seit dem Kampf am Tugela nichts weiter gehört, als daß er 10 000 Mann Cavallerie und Artillerie gefordert, bevor er die Offensive wieder ausnehmen könne und dann war seine RückwärtS- concentration zuerst auf Frere, und dann auf Cstcourt gemeldet. Nun erfährt London zu seiner nicht geringen Neberraschuug durch ein vom 17. December datirteS Kadel- tclezramur auS dem Lager von Cbiveley, daß General Buller verwundet ist. Die Verwundung wurde also von der Censur und dem KriegSamte nach der alten Weise wieder acht Tage verheimlicht und auch jetzt heißt eS, dieselbe sei „leicht", eine „abgeirrte Schrapnellkugel habe den General aus der Seite deS Körpers getroffen und seine Haut durch schnitten". Was das beißen soll, weiß wahrscheinlich nur der Censor, denn der Absenver kann unmöglich in so sinnloser Weise die Verwundung beschrieben haben. Vielleicht erfahren wir später auch über diesen Unglücksfall die ganze Wahrheit, die jetzt offenbar verhehlt wird. Ueber den Kampf vor Colenso bringt der „Natal Advertiser", der sonst alles zu Gunsten der Engländer ent stellt, einige, die Vorgänge zenes TageS noch in schärferes Licht rückende Einzelheiten. So sei Oberst Long mit den Geschützen nickt, wie behauptet war, bis dicht an daS Tugela- ufer gegangen, sondern nur bis auf 700 m von demselben und biS 1000 m von der feindlichen Position auf dem anderen Tugelaufer, welche er befchießen sollte. Kaum sei er an gekommen, so hätten ihn drei Schützengräben in der Front und beiden Flanken, und zwar vom Süduser und nicht vom Nordufer aus unter Kreuzfeuer genommen. Als Oberst Long seine Batterien im Galopp an die Front führte, rief ihm Hauptmann Dick von den schottischen Füsilieren zu: »Wo wollen Sie denn hin ?" Long antwortete: „Ich habe Befehl, bis an den Saum des Waldes vorzugeben und dort zu halten." Darnach wäre eS also gar nicht wahr, daß Long, wie behauptet, auS eigener Initiative sich zu weit vorgewagt und dadurch seine Batterien verloren hätte. Als seine Bespannungen und der größte Theil der Oificiere und Mann schaften gefallen waren, noch ehe seine Geschütze überhaupt das Feuer eröffnet, eilten die wenigen Ueberlebenden in eine 15 m hinter den Batterien liegende Donga. Oberst Bullock eilte ibnen mit zwei Compagnien zu Hilfe und die Haupt leute Congreve, Kieed und Schofield galoppirten mit frischen Bespannungen trotz eines alles niederfegenden Kugelhagels über daS offene Feld zu der Donga und versuchten von dort auS die Batterien zurückzubringen. Alle Pferde fielen, ehe man auch nur ein einziges Gespann vor die Lafetten ge bracht, und die Ueberlebenden konnten sich wieder nur in die Donga zurück retten. Dann stellten die Boeren daS Feuern ein; sobald sich aber irgend Jemand zeigte, wurde er sofort zur Zielscheibe für die nun auS ihren Lauf gräben auf die Donga zueilenden Boeren und den dort befindlichen Engländern blieb nicht» weiter übrig, al« sich zu ergeben. So der „Advertiser". Nach dieser Darstellung wären Geschütze und Mannschaften, sowie die ihnen zuHilfe eilenden beidenCompagnienInfanterie von den Boeren genommen worden, ohne daß sie auch nur zum Kampfe gekommen wären und daS unter den Augen de« Ober befehlshabers und seiner vier Corps, von denen nicht «in einzige» den Bedrohten zuHilfe zu kommen auch nur versucht bätte. Zur Erklärung dessen wird jetzt angeführt, die Boeren hätten, wa- man bi» dabin gar nichl gewußt, für ihre voll ständig unsichtbaren Schützengräben nicht die bisher übliche Form einer geraden Linie gewählt, sondern ihre Trancheen in Form eines großen 8 aufgeworfen, wa« sie vollständig vor dem feindlichen Feuer geschützt und ihnen gleich zeitig eine außerordentliche Bewegungsfreiheit gegeben habe. Di« Boeren haben da» von ihren alten Feinden, den Basuto«, gelernt. Auch die Zahl der Boeren wird jetzt auf englisch, officieller Seite nur auf 12 000 Mann geschätzt, wädrend General Buller nach denselben Quellen „mindesten« 20 bi» 25 000 Mann", nach anderen englischen Angaben sogar einig« 30 000 Mann zur Verfügung hatte. Ebenso wird jetzt zu gegeben, daß die Boeren weder ihre eigentlichen Hauptstreit- «äste, nock ihr« Artillerie in» Feuer gebracht und daß die fünf englischen CorpS sich bereits an ihrer ersten Vorposten linie verbluteten. Sine englische Kritik Ser vocrenftrategie. Die „Army und Navy Gazette" schreibt heute: Die Boereneriolqe der militärischen Geschicklichkeit von Aus ländern zuzuschreiben, stellt unsere Officiere in rin Licht, da- sie nicht verdienen. Wenn Deutsche, frisch vom Paradeplatze, fähig sind, ihre Methoden den Bedingungen der südafrikanischen Krieg führung mit solchem Geschicke anzupassen, daß sie ruropäische Wissenschaft in ein Boerengewand stecken, jo ertheilen sie englischen Lsficirren, welche über die ganze Welt hin gefochten haben, die derbste Lrction, denn nur in Transvaal haben wir schwere Niederlagen erlitten. Zum Glück thnn sie nicht» Der artiges. Dos einzige Gefecht, in welchem sich eine Spor höchsten militärischen Wissens findet, war der Kampf am Togela, wo die Boeren sich ein ausgezeichnetes Zeugniß in der Strategie au-gestellt. Bei Nicholsons Neek, Stormberg und am Modderfluß verdankte der Feind seinen Erfolg ausschließlich der eigenen Gewandtheit. Mn leichten Variationen wurden in jedem Falle dieselben Taktiken von Sadowa oder Sedan angewandt und diese waren auf den Schlacht feldern Südafrikas bereits eingebürgert. Zweifellos giebt e» viele deutsche Officiere bei den Boeren, aber sie sind Schüler der süd afrikanischen Kriegskunst nnd nicht Lehrer. Daß die Strategie und die Taktik der Boeren bewunderuags- werth gewesen, ist von allen Seiten anerkannt; daß sie das Ergebntß fremder Leitung, ist fraglich. Zweifellos ist e« besser, zuzugeslehen, daß wir un- in unserer Schätzung der Kampsähigkeiten de- Boereu getäuscht, als ihm auch nur ein Iota des ihm zukommenden Lobe ais Soldat vorzuenthalten. In seiner eigenen besonderen Art brr Kriegsführung ist er unübertroffen, und diese ist eS, nicht aber die Regeln wissenschaftlicher Handbücher oder des ParadeplatzeS, welche unsere Generäle vor den Kops gestoßen hat. Der Boer ist ein geborener Soldat, das Product einer mehr denn rin Jahr hundert alten, ununterbrochenen Krieg-sührung wider die Eingeborenen. Seine Theorie mag ganz falsch sein, aber da er eia fähiger Schüler in der Schule praktischer Erfahrung ist, so stört ihn daS wenig. Er adoptirt seine Methoden in jo bewunderungswürdiger Weise Len Umständen, daß eS thatjächlichem Genie gleichwerthig ist. Biele dieser Methoden sind den Kassern, manche den Bafntos, andere den Hottentotten entlehnt, manche das Ergebniß der Natur des Landes, aber das wir von ihnen allen in einem früheren Kriege bereits die Folgen kennen gelernt und unter ihnen gelitten, hätte man erwarten dürfen, daß eine Wiederholung dessen unmöglich wäre. In demselben Militärorgan finden wir folgende Kritiken der letzten Niederlagen und ihrer Urheber: „Unsere Generale auf dem Kriegsschauplätze haben mit der einzigen Ausnahme des General» French alle Fehler gemacht, einige davon sehr ernste. Die Niederlage von Colenso war eine überaus ernste und was noch weit schlimmer ist, sie war charaktrrifirt, wenn nicht vollständig verschuldet durch militärische Unfähig keit unsererseits. Der Ernst der Niederlage (da« Wort ist «in häßliches, trifft aber hier zu) wird durch 1100 Todte und Ver wundete und den Verlust von 12 Kanonen illustrirt. Die moralischen Folgen werden zahlreich und weitreichend sein und, was daS Schlimmste ist, sie werden niemals ganz verwischt werden können, selbst wenn sofortige oder schließliche Erfolge unserer Waffen erwarten. Der Angriffsplan Buller'» (den man endailtig noch nicht kritisiren kann) erscheint auf den ersten Blick ganz außer gewöhnlich unüberlegt; er führte gegen einen in starker Stel lung befindlichen Feind zwei Brigaden, welche zwei englische Meilen von einander entfernt, eine der schwierigsten der Militärwissenschaft bekannten Bewegungen aussühren sollten, nämlich den Urbergang über einen schnellfließenden Fluß, unter schwerem Feuer, noch ehe der eigentliche Angriff begonnen. ES ist richtig, daß General Buller »ine Brigade zur Unterstützung jede» dieser Vorstöße bereit hielt, und daß er einen Theil seiner vierten Brigade und seine gejammten berittenen Truppen zum Schutze seiner rechten Flanke zu ver brauchen gezwungen war. Aber General LyNlrton's Brigade scheint ganz untbätig zugrsehen zu haben, während die übrigen zwei Brigaden einzeln geschlagen wurden. Da Seorral Boller mindesten einige 20000 Mann bei sich hotte, ist r» kaum obznsrhrn, wir er dieselben in zweckloserer Weise zersplittern konnte. Die Abwesenheit jeder ernsten RecognoScirung ist be- sonders zu tadeln, so zum Beispiel, daß di» Truppen nickt einmal wußten, daß der Feind den Floß unterhalb Eolrnsos gedämmt und dadurch die zu durchwatende Brtdle Drift nnpassirbar gemacht hatte (e» stellt sich jetzt heran», daß die Avant garde Hart'S gar nicht über den Fluß hinüber kam, sondern die Leute sofort nmkehrtrn, al» die vordersten im Wasser verschwanden und ertranken). DaS Vorgehen Oberst Long'S bi» zum Flußnfer ohne Plänkler, und ohne ha» Terrain irgendwie ausgekundschaftet zu haben, beweist eia« voll ständige Abwesenheit der alleraewöhnlichsirn Vorsicht auf Seiten der commandtrenden Officiere. Lord Met hu en'» Stellung ist höchst besorgnißerregend, ob seine Verbindungslinie sicher, ist überaus zweifelhaft. Mafeking ist fast Hoffnung«!»«; Kimberley k«,» kaum noch widerstehen."
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