Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.12.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189912318
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18991231
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18991231
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Ausgabe beschädigt; Images 31-32 : Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-12
- Tag1899-12-31
- Monat1899-12
- Jahr1899
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.12.1899
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Di» Morgen-Au-gabr erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um L Uhr. Nrdaction unL Erpeditiou: JohanniSgasse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ktto Klcnnu's Gortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharineustr. 14, -art. und Königsplatz 7. DezugS'Prei- in der Hauptexpedition oder de^ im Stadt« bezirk und den Vororten errichteten Lus« gaoestrllen adgeholt: vierteljährlich ^l4.b0, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau» 5.00. Durrl, die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung ins Auslnud: monatlich 7.50. MMerIaMM Anzeiger. Ämtsvlatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes «nd N-lizej-Ämtes der Ltadt Leipzig. K63. Sonntag den 31. December 1899. Anzrigert-Prei- dle Sgespattme Petitzeile B0 Pfg. Reklamen unter dem Kiedaktionssteich (4go- spalten) Ü0>^, vor de, Famtltennachrtch»» (SgeMaltra) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeiämiß. Tavellartsch« nick MMknsoH »ach höherem Laris. ErtraeVeiI««e» (gefalzt), nur mit der Morge,.Ausgabe, »du« Postbefördenmg >4 SL—, mit Postbesörderuug ^l 70.-^ Junahmrschluß für Anzeigen: »beud-A-rsgab«: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittags 4Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« froher. Anreise« sind stets an di« Expedition zu richte». Druck »nd Verlag vou E. Pol» in L'.ipzig. 93. Jahrgang. Plagwitz Herr 6. ttrütxiumni, Zschochersche Straße 7 a, Reudnitz Herr IV. Lo?m«itu, Marschallstraße 1, - Herr 0. 8ol»miüt, Kohlgartenstraße 67, -- Herr Leinli. IVvder, Mützengeschäft, Gabelsbergerstraße 11, Thonberg Herr 11. Lüut86Ü, Reitzenhainer Straße 58, Volkmarsdorf Herr tteoiK Xlemanu. Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). In» Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das I. Vierteljahr 1900 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 LO mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragcn L LV durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn H In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpeditio«: Johannisgaffe 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstrafre 3L Herr L. 0. L Ittel, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr lUeoü. Leier, Colonialwaarenhandlung, , Brühl L3 0. L. Keliuderl's >Hltoller, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Thomasiusstr -Ecke) Herr Otto Llaut^kke,Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste IL Herr L(lu»r«i Letrer, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straste 4L Herr Ä. L. ^IdreeUt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Holbert (»reiner, Zweinaundorfer Straße 18, - Connewitz Frau k'iseüer, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Lodert Bitner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Herr widert Lindner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr Laut LueL, ^nnoneen-LxpetUtton, Eisenbahnstraße 3, Rauftsche Gasse 6 Herr Lrieür. Liseiler, Coloniallvaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LnKelmann, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraste L Herr.lui. 8ellüinieden, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 3Ä Herr U. Littrled, Cigarrenhandlung, Uorkstraste 32 (Ecke Berliner Straße) Herr L. >V. Lltztr, Coloniallvaarenhandlung, Zeiher Straste 3L Herr V. Lüster, Cigarrenhandlnng, in Plagwitz Herr 6. ttrüt/.iuunn, Zschochersche Straße 7 a, Än der Wende -es Jahrhunderts. L2 Unsere Zeitrechnung, obwohl sie an einem göttlichen Ereigniß einseht, ist eine willkürliche und Zufall ist es, einen ihrer arithmetischen Wendepunkte zu erleben. Aber wie der Einzelne eS nicht liebt, die Kalenderabschnitte seines Lebens unbeachtet vorübergeben zu lassen, so bat die Gesammthett da» Bedürfniß, in den scheinbaren Rubepausen der Zeiten- ubr Rückblick und Ausblick zu halten. So, wenn das Jabr seinen Kreislauf beende:, so in noch stärkerem Grad?, wenn, wie eS nach allgemeinem Übereinkommen beute um Mitter nacht gescheben soll, ein Jahrhundert sich schließt, ein Augen blick, den die.Matur dem Mcnschen nur einmal zu erleben vergönnt. Und wie sich von selbst versteht, sixirt auch die Zeitung, die momentpbotographische Platte für die vorüber- ballenden Erscheinungen des Lebens, den Augenblick, in dem das Zifferblatt der Zeit einen großen Zeiger wechselt. Freilich sein Jabrbundert im innersten Wesen und in eigenster Bedeutung zu erfassen, vermöchte auch ein auf höchster Warte siebender, durchdringender Geist selbst dann nicht, wenn die MenschbeitS- und Völkergeschichie sich nach dem Kalender richtete. Am allerwenigsten ein Jahrhundert, das, wie das neunzehnte, an Reichthum welthistorisch wirkender Ereignisse und Ent deckungen vielleicht keinem seiner Vorgänger nachsteht, an Bewegtheit, an Mannigfaltigkeit und Buntheit der Er scheinungen alle übertrifft. Aber die Stunde verlangt ibr Neckt, der menschliche Drang, zu kennzeichnen, zu stempeln, trachtet nach Be friedigung. Und wenn man sich nicht darüber streitet, daß das Jakrl-nndert ein großes gewesen, so wird unter den denkenden der nach Cbristi Geburt zählenden Völker kein Zwist darüber entstehen, daß unter den großen Erbstücken dieses Jahr hunderts das größte eie Aufrichtung eines neuen deutschen Reiches gewesen. Man weiß oder man fühlt: daS warkcine häusliche Begebenheit der Deutschen; mit dem Wieder eintritte deS einstmals politisch größten, dann, obwohl geistig unübertroffen gebliebenen, politisch nichtig gewordenen christ lichen Volkes in die Staatenpolitik ist die Welt eine andere geworden. Denn es ist die Politik, die die letzten Folgerungen aller geistigen und wirtbschaftlichen Erscheinungen zieht. Die einer Tageszeitung gezogenen Grenzen gestatten nicht einmal einen Ueberbtick über die Gänge und die Ruhepuucte unseres Volkes in diesem Jahrhundert, geschweige ein Zu- sammenfasscn des Werdegangs der Menschheit. Und an den Geschicken Deutschlands zeigen sich deutlicher, als an einem anderen Gegenstände, der sich zur Betrachtung böte, die un geheuren Wandlungen keS abgeschlossenen Zeitraums, wie nicht minder seine wunderbaren Zusammenstellungen, die dem für das klare geschichtliche Sehen noch nicht genugsam ge schärften Auge der Zeitgenossen als Widersprüche erscheinen. Dieses Jahrhundert, um dem Gebiete der philosophischen und - künstlerischen Weltanschauung ein Beispiel zu entnehmen, nennt neben einem das Größte von seiner Art schaffenden Goethe einen Heine und einen Nietzsche sein eigen. Und der Rahmen dieses Säculum» umfaßt Jena und Leipzig und Sedan, den Rheinbund und die Kaiser- proclamanon von Versailles, Metternich und Beust und Bismarck, Hannibal Fischer und eine staatlich geordnete, rüstige deutsche Macktentfaltnng zur Ser. Kein Land, trotz Italien und Japan, hat in dieser für die Weltgeschichte kurzen Spanne Zeit ein Gleiche- erlebt, kein Volk ist so umber gewirbelt worden wie da» deutsche, aber auch, trotz der schier unermeßlichen Gebietserweiterung Rußland», ungeachtet der wachsenden Ausdehnung deS an der vorigen Jahrhundertwende schon übermächtigen Groß britannien» und ungeachtet de» stauneuerregenden plötzlichen Hcrvortreten« Amerika», kein Volk so hoch gestiegen. Ferne bleibe undeutsche Ueberhebung, aber wenn hier Zuwachs ist, so erblickt da» zwanzigste Jahrhundert bei seinem Aufgang rin feste», erleuchtete», erwärmte» deutsche» Hau», wo beim Sinken de» achtzehnten Nackt und Nicht« gewesen. Keine Ueber hebung auch wegen unserer Großen! DaS Jahrhundert hat zu Beginn in Napoleon einen Gewaltigen gesehen,und wenn er die Welt schwer geschlagen, so bat da» Blut au» ihren Wunden und auch au» den Wunden Deutschland», de» von dem Eroberer am schwersten heimgesuchten Lande«, doch manche gute Saat aufgehen taffen. Aber noch zeitlich vermochte Deutschland in Goethe Napoleon einen Großen «ntgegenzustellen und ter andere Deutsche überragt den watschen Easar wie sein Werk dessen Gebilde. Bismarck hat sich von seinem über mächtigen Können nicht, verführen .lassen, an anderen Völkern Unrecht zu verüben, und da» Volk de» deutschen Reiches ist wobl unter die Nationen gestellt als ein gleich berechtigtes, nickt aber als ein zur Unterdrückung Fremder iark und mächtig gemachtes. Otto v. BiSmarck hat nicht, wie Napoleon, sein Größtes allein getban. Seinem Ruhme tbut die Hilfe keinen Ab bruch, uns aber ist e» ein beglückendes Recht, neben dem deutschen Heroen Goethe, dem im Morgenrotbe deS Jahr- mndertS erglühenden Schiller und Bismarck einen Vierter^ u nennen, der ein Großer ist, weil er dem Größeren, ' oeil er den strahlenden Nebensonnen Bismarck, Moltke un Roon zu leuchten und zu wirken ^»erstattete: Wilhelm Diesen weisen und treuen ersten deutschen Kaiser ma. höfische SangeSkunst von seinem Platze wegzusingen nocl, o sehr sich bemühen, er bleibt stehen, wohin er sich selbst gestellt, denn dort ist er verankert in den Herzen des deutschen Volkes und in dem Urtbeile der Geschichte. DaS ist eine Stelle, ö bock, wie sie ragender ein Hobenzoller veS neunzehnten Jahrhunderts nickt erklimmen konnte. Wilhelm I. bat die Hoffnungen und Wünsche erfüllt, die sich schüchtern zu regen begannen, als sein Abu Friedrich II. einen zukunftsreichen deutschen Staat im deutschen, von einer seit Jahrhunderten undeutschen Macht überschatteten Slaalengewirre begründete; die Hoffnungen und Wünsche, die in diesem Jahrhundert mächtig ansckwellcn sollten. Wilhelm I. dankt Deutschland das Heer, welches ihm die verlorene Ehre und Sickerbeit wiedergab. Und dies Mittel zur Erreichung des nationalen Zwecks sollte zugleich einer der wobltbätigsten Culturtbaten des Jahrhunderts werden. Indem Wilhelm die mit seinem Vater ersonnene und ver wirklichte allgemeine Wehrpflicht durch die — glänzend bewährte — Erweckung und vollkommene Ausbildung der in ibr schlummernden Kraft allen festländischen Mächten aufzwaug, bat er der Sache des Friedens unter den Völkern einen jedenfalls in der Geschickte der Technik des Krieges einzig dastehenden Dienst erwiesen. Gewiß, die allgemeine Wehrpflicht bebt die Natur der menschlichen Dinge nicht auf, sie bietet keine absolute Friedensgarantie. Aber sie siebt an kriegshemmender Wirkung über Allem, was wohlmeinende Privatpersonen und — dies darf am Schlüsse dieses JahreS und Jahrhunderts mit seinem Haager Congresse gesagt werden — waS wohlmeinende Negierungen durch Ver einbarung zu erzielen vermögen. Auch dicS Jahrhundert scheidet im Sturm und „daS neue öffnet sich mit Mord"; aber würde der Krieg in Südafrika entbrannt sein, wenn die britischen Mütter und Frauen nach dem Gesetz ihre Söbne und Gatten dem Golddurste von Abenteurern hätten opfern müssen? Dreier Kriege noch nach dem Befreiungskriege im zweiten Jahrzehnte bat es bedurft, um den deulschcn Embcitslraum in Erfüllung zu bringen. Sie alle drei aber waren gereckt und nolbwendig, nachdem ein anderer EinigungS-Vcrsuch fehl geschlagen, da rin Häuflein im Norden der deutschen Nation Hohn sprach und in Frankreich rin ganzes Volk seinen Ruhm, ein Kaiser seine Existenz in ver Verweigerung eines Natur- recht- der Deutschen suchte. Diese Kriege haben Deutsch land nickt nur — soweit alte, unvertilgbare Schuld der Habsburger e» erlaubte — geeint, durch sie ist auch da» verstümmelte Vaterland wieder vollkommen geworden. Schleswig-Holstein, Elsaß-Lotbringen für immer deutsch: welch ein beseligender Gegensatz zum Beginne deS JabrbundertS, wo das Zerreißen und Äbreißen vom unseligen alten Reiche Alltägliches war, und welch ein Ab stand von den Tagen de« Wiener Congresse», der den Bundes tag einsetzt« und die deutsche Uneinigkeit verewigt zu Haden hoffen durste! Wir sollten da» „Volk der Dichter und Denker" bleiben. Daß da» al» Ehrenname gerufene Wort ein Wort der Miß achtung gewesen, beute wissen wir eS. Aber eS hat langer Schulung bedurft, bi» di« Deutschen e« begriffen. In der Politik nickt nur, auch im WirthsckaftSlebeu. Unser Vater land, einst die Heimath der größten Kaufleute und gewerb lichen Meister, blieb lange hinter anderen Völkern, nicht our den Briten, zurück. Zwar nicht an Erfindungen — wir haben der Dampfkraft deu Telegraphen entgegenzustelleu —, aber in der Nutzbarmachung deutschen Sinnens und Arbeitens für deutschen Wohlstand. Doch die Nachkommen ter Hansa- kaufleut«, sowie der Mechaniker und Bildner de« fünfzehnten und de» sechzehnten Jahrhundert« besannen sich allgemach aus die Timten der Ahnen, mäcktig wuck« die industrielle Kraft, die Wissenschaft befruchtete deu Erfindergeist, aus dem Arbeits- sckwerte, da» Deutschland in das zwanzigste Jahrhundert hinübrrträgt, wurden — nach einen, Vierteljahrtausend — die Sckarten deS dreißigjährigen Kriege» anSgewetzt. An den ungeheueren Umwälzungen des Verkehrs, auf dem Gebiete der Arbeitsmittel, die nächst der Gründung des deut'chen Reiches dem Jahrhunderte den Stempel anfdrücken, ist das verjüngte deutsche Volk nicht nur als Lehrer Klügerer, sondern als ein von den Früchten Mitgenießcndcr gleichberechtigt be teiligt. DaS deutsche Gewissen bat auch die socialen Aufgaben, die die neue Entwickelung stellt, erfaßt, wie eS sonst nirgends geschehen. Industriell daS jüngste unter den großen Wrtt- «.werbsländcrn, ist Deutschland bahnbrechend in der Arbeiter- . -iorge geworden und, ohne auf bekannten Wegen zurück zu bleiben, hat cs mit noch heute mehr angestaunter als nachgeabmter Kühnheit und Gerechtigkeitölicbe durch die Arbciterversicherung ein neues Gebiet erscklossen, ein neues goldenes Blatt in die Mcnschheitrgeschichte gefügt. ES geschah nickt um Dank und eine selbstische Partei sinnt unausgesetzt aus Mittel und Worte, den deutscken Arbeiter dessen nicht froh werben zu lassen, was er vor den BerusSgenossen aller Länder voraus hak. Aber daö anbrechende Jahrhundert, dessen sind wir getrost, wird die Erkenulniß über die Täuschung sieben lassen. Verkehr und Industrie haben dir Interessen erweitert und dadurch iu nicht geringem Maße die politischen Interessen verschoben. „Weltpolitit" ist kein leeres Schlagwort, es bezeichnet auch für Deutschland nicht eine neue Sacke, schon Wilhelm I. und Bismarck haben mit der Erwerbung von Colonien durch staatliche Maßnahmen der Ausdebnungskrast und AusdehnungSpslicht des deutscken Volkes Rechnung getragen. Was Neues geworden in der Welt, waS Neues werden will, das ist an dieser Jahrhundert wende in Aller Mund. Auch Streit berr'ckt noch darüber. Aber es wird und muß die Uebcrzcngung Gemeingut werden, daß deutsche Arbeit unter gutem Schutz in die Weite driugen darf und s"ll. Erwerb und Ausdehnung sollen und müssen aber nicht bewirken, daß der Deutsche sich selbst verliert. Wie der Realismus sich in unserem größten Dickter mit dein Idea lismus zu schöner, fruchtbringender Harmonie verschmolzen, so mag cS ,.n ganzen Volke werden, mag die Mehrung des Wohl standes die Bedürfnisse von Geist und Geuuith steigern, Kunst und Wissenschaft daS Ringen um Wohlstand veredeln! Der Geist muß uns doch bleiben, er muß sckon deshalb, wenn wir staatlich nicht wieder bcrabgeben sollen, weil daS scheidende Jahrhundert dem Vaterland« trotz der deutschen Siege starke Feinde in eiserner Rüstung hinterlaßt und weil cs trotz allem Stieben nach vorwärts die große, dem Denlschrhum abholde geistige Macht, den l'.ltramontaniömuS, in unverminderter (stärke hat bestehen lassen. Abseits von dem bellen Lichte, daS das Jahrhundert anSgcgossen, blieb ein Dunkel bestehen, in dem das UnfchlbarkeitStogma auisprießen konnte. Das „Bereichert Enck", bas die Zeit Deutschland zürnst, soll nicht verstanden werden, wie eS im Frankreich Louis Philipp s uud dem vor- märzlichen Oesterreich begriffen worden ist, alseineAufforderung zur Abkehr von den Idealen. JnS neue Jahrhundert begleitet unS ein neues Werl, das Bürgerliche Gesetzbuch. Hervorgegangen aus dem idealen Wunsche nach einem Rechte für alle Deutschen, soll es prak tischen Nutzen bringen und, soweit em Geietz dies vermag, die edle Sitte hüten helfen. Möge es so für daS deutsche Volk ein Sinnbild seiner Ausgaben im neuen Zeitabschnitte werden! Der Krieg in Südafrika. ES scheint, als ob die internationalen Ver wickelungen Englands nunmehr beginnen. Es ist an anderer Stelle schon mitgethcilt worden, daß ein englische- Kriegsschiff den deutschen RcichSpostdampser „BunteSrath" wegen angeblicher Führung von Eontre- bande antgezriffen und in Gwabrsam genommen habe. Aber nicht nur in deutschen Schiffen vrrmntben die Engländer Eontrebande; wie ein Telegramm au» Kopenhagen vom 30. December besagt, wurde der dänische Dampfer „Wladimir Sawin" in Fowey von der englischen Negierung angehalten, weil der Dampfer Munition an Bord führte. Nun ibcilt die dänisch russische Tanipsschiffs-Gesellsckast dem „Nitzau'scken Bureau" mit, daß daS Schiff von der russischen Regierung abgesandt worden sei. Die Munition sei für einen ans der Eramp'scken Werft in Philadelphia iin Bau begriffenen russischen Kreuzer bestimmt. Die Engländer erinnern sich augenscheinlich ihrer Haltung im deutsch-französischen Kriege und glauben nunmehr, daß andere Nationen ebenso treulos verfahren, wie sie damals. Besonders interessante Meldungen kommen über Paris. Die Quellen dort sind zwar etwas trübe, allein wir sich beute die Sache zugespitzt hat, kann man aus Alle» gefaßt sein. Eine von „Woiff'S Bureau" verbreitete Depesche lautet: * Paris, 30. December. Dem „Echo de Paris" zufolge hat der Commaudant der französischen Flottendivision der indischen Gc wässer den Auftrag erhalten, seine Schiffe in einem Hasen MadagaScarS zu versammeln. Ossiciell sei der Befehl mit der Nothwendigkeit begründet worden, die Einjchmuggrlnug von Waffen zn verhindern, welche arabische Kutter nach Madagascar bringen. DaS Blatt glaubt jedoch, daß die Maßnahme in Wirklichkeit durch die Besorgnis; vor einer Besetzung der Telagoabai durch die Eng länder veranlaßt worden sei. DaS Letztere erscheint erklärlicher als daS Erstere. Hier mag auch gleich die Ablängnunz der Meldung, England habe die Pforte uin Erlaubmß gebeten, egyptische Truppen nach Südafrika entsenden zu dürfen, sowie die Nachricht, England beabsichtige in der Türkei Maultbiere bebusS Ver wendung in Südafrika aufzukaufen, Platz finden. Auf dem KrlcgSschan-latze hat sich die Lage für die Engländer nicht gebessert. Jin Gegcntbcil meldet man aus Paris: ' Paris, 30. December. Der Londoner Berichterstatter des „Temps" meldet heute Abend seinem Blatte, das Kriegsamt habe sehr wichtige Depeschen erhalten, von denen es jedoch der Presse keine Mittheilnng gemacht habe. Wie der Berichterstatter auSsührt, lauteten diese Depeschen folgendermaßen: Aus Eopftcidt wird der offene Ausstand der Afrikander bis auf weniger als 30 Meilen (80 km- Entfernung von dieser Stadt gemeldet, lieber die Lage bei Le Aar sei berichtet worden, die Verbindung zwischen den Generälen French und Gatacre sei durch die aufständischen Holländer unterbrochen worden, und die beiden Generäle selber seien sehr eng durch die Oranjer eingeschlossen. An, Modder River habe »in blutiger Kamps slattgesunden; Lord Methnrn habe sich südlich vom Flusse verschanzen müssen; auch hier seien die Verbindungen unterbrochen. Von der Route Durban- Ladysmith sei berichtet worden, General Buller habe seine Au- g-iffSIinie auf Pietermaritzburg zurückverlegen müssen. Die Lage von Ladnsmith sei verzweifelt, es hcrrja-e furchtbare Hitze. Die Nachricht von einer RückwärtSconcenlrirung Buller's wird aus London der „M. Z." durch folgende» Telegramm wenn nickt bestätigt, so koch wahrscheinlich gemacht. * Loudon, 30. Deceniber. Dem „Daily Telegraph" wird auS dein Ehicveleylager vom 28. d. MtS. gemeldet: Genrrai Buller verlegte sein Hauptquartier nach Fr er«. Er wurde seit der Schlacht am Tugcla um 8000 Mann und 18 Geschütze verstärkt (?). Es verlautet, daß er einen neuen Schlag vorbereite. Die Boeren zogen sich vom Südufer des Tugela nach dein Norduser zurück, um sich nicht den Rückzug durch den hochangejchwollenen Fluß abschneiden zu lassen. Tie letzten Sätze sind die gewöhnlichen Versüßungen uuangcnehmcr Nachrichten. Zu diesen Versüßungen mag auch eine Nachricht gezählt sein, die au» Ealcutta kommt: * Calcntta, 30. Teceiuber. (Telegramm.) (Meldung des „Reuter'icheu BureauS".) Die Fürsten von Kaschmir, Mysore uud Jodhpur haben de: britischen Regierung Mannschaften und Pferde zur Verwendung tu Südafrika angeboten. Jodhpur stellte alle seine Pferde der Regierung zur Verfügung. S« ist beschlossen worden, von jedem der Fürsten eine Anzahl Pferde aiizunehmen. Der Politische Ltand-unet »er Voeren wird durch eiuige Acußeruugen deS I)r. Lcyd» in Brüssel, welch« er in einer von der „Rhein.-Wcstf. Zta." bericktetr» Jnterviewung getban bat, gekennzeichnet. Die Möglichkeit eines F r i e d cns s ck l u sfe ö aus Grund des Status czuo auto verneinte er. Er sagte: „Es ist ganz unmöglich, daß wir die nn« zu Hilfe eilenden Afrikander und deren Grund und Boden den Engländern wieder auSliesern sollten. Tie erUäreu fick für un», opfern Gut i und Blut, sie werten mit uu» stehen oder fallen. Nunmehr
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite