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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.01.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010117024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901011702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901011702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
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Das Kriegsamt gesteht jetzt offen ein, daß es mit General Kitchener verabredet habe, aus schließlich die Sicherung der beiden Verbindungslinien nach dem Cap und nach Natal im Auge zu behalten. Es werden daher alle übrigen Theile der beiden Republiken nacheinander geräumt werden; auch die Bahnstrecke nach Lourengo Marques ist voll ständig ausgegeben uns alle verfügbaren Truppen werden längs der berven Bahnlinien nach Süden zusammengezogen, wobei Pretoria, Johannesburg, Kronstadt und Bloemsontein möglichst starke Besatzungen behalten sollen. Sobald dann dieser Auf marsch vollzogen sei, würde Kitchener selbst mit seinem Stade nach Süden gehen, um Vie Operationen gegen Dcwet und die in die Capcolonie cingebrochenen Commandos persönlich leiten zu können. Nun, den Aufmarsch der Engländer haben die Boeren bis jetzt zum größten Theil zu verhindern gewußt, und Kitchener's Dispositionen gegen Dewet müßen auch noch einmal vollständig umredigirt werden. Denn Dervet steht gar nicht mehr im Frei staat. Er ist nicht, wie vielfach irrthümlich vcrmuthct wurde, auf dem Wege nach dec Capcolonie, sondern hat sich nördlich gewandt, um sich mit Botha zu vereinigen, was ihm nach der folgenden Nachricht auch gelungen ist. Man berichtet uuö: k. London, 17.Januar. lPrtvattcl.) Aus Pretoria wird «eme dct: Tewet drang tu Transvaal westlich von Billiersdorp ein und vereinigte sich mit Botha. Tie lKesaiumlilreitmacht vou «00» Boeren beabsichtigt einen »rotzen Borstotz auf der Linie Pretoria- Johannesburg. Hiernach wird Lord Kitchener mit seiner Abreise nach dem Süden sich wohl noch etwas gedulden müssen, denn Botha und Dewet vereint dürsten ihm im Transvaal noch mancherlei zu thun geben. Ter iSothaische Hoskalcnder. In der „Münch. Allgem. Ztg." lesen wir: Allzu gewissenhaft, jedenfalls aber sehr voreilig, hat sich der Gothaische» Hofkalender" von Justus PertheS für 1901 mit den in Südafrika geschaffenen „Thatsachen" ab gefunden, Thatsachen, dir jedoch noch lange nick: als „vollendet" gelten können. Die Redaction des Kalenders, die sich sonst in anerkennenswerther Weise bemüht, dem Geographen und Stati stiker das neueste und beste Material vorzulegen, verzeichnet nämlich unter denenglischenColonienauf Seite 715 die „Oranje Rivea Colony, Gouo. (....) — Polizeikruppc (der Druckfehler steht im „Hofkalcnder". D. Red.), Baden-Powcll, Gen.-Maj und auf der Seite 716 die Baal River Colony, Gouv. .... — Polizeitruppe, Laden-Powell, Gen.-Maj. Bei den Artikeln, die die betr. Republiken an der früheren Stelle behandeln, ist zu lesen: „der Freistaat wurde 28. Mai 1990 unter dem Namen Oranje River Colony dem Bri tischen Reiche einverleibt" und „die Südafrikanische Repu blik wurde am 1. September 1900 dem Britischen Reiche als Baal River Colony e i n v e r l e i b t". Gegen eine derartige vorbehaltlose Registrirung von Annexionen, die zunächst lediglich auf dem Papier stehen und von dem anderen, noch erfolgreich im Felde sich hebauptenden Theile, der legalen Regierung, nicht anerkannt worden, möchten wir doch Verwahrung einlegen. Wir haben durchaus nichts dagegen, wenn der Gothaer Almanach die beiden Einverleibungstund gebungen verzeichnet und damit die englischen Aspirationen markirt, die Unparteilichkeit aber hätte erfordert, daß er seinen Lesern von den thatsächlichen Verhältnissen Kunde gebe, die beiden Republiken, die bisher weder den Wille», noch die Kraft zur Bethätigung ihrer Selbstständigkeit verloren haben, also nicht einfach auf der Karie Südafrikas auslöschte. Zum britischen Generalgouverneur beider „Colonien" ist inzwischen Sir Alfred Milner ernannt worden. Der neue Gouverneur ha! so wenig in der ihm übertragenen Colonie zu sagen, daß er sogar Vor kehrungen treffen muß, um seine 1200 Kilometer von seinem zukünftigen Gouvernement entfernte bisherige Residenz, die Cap stadt, vor dem ihn bedrohenden Feinde zu schützen, und der so genannte „Gouverneur der Polizeitruppe", der Generalmajor Baden-Powell, befindet sich so wenig wie der Civilgouverneur in dem Lande, in dem er die militärische Verwaltung leiten soll. Da der „Gothaer" so überaus gewissenhaft ist, hätte er eben sogut, wie diesmal die Annexion der Boerenrepuöliken, im vorigen Kalende: mittheilen können, „Betschuanaland und Griqualand wurden den Boerenstaaten einverlcibt", und das hätte der Wahrheit weit mehr entsprochen. England nämlich ist in jenen Gebieten auch heute noch nickt der anerkannte Herr und vermag seine Oberhoheit nur durch Militärgewalt in weit ver streuten Garnisonen aufrecht zu erhalten. Und da seit 1884 der politiscke Grundsatz gilt, das; die factische Occupatio» eines Gebietes allein das Aesitzrecht verleiht, so müßte der „Gothaer", entsprechend den neueren Ereignissen in Südafrika, im nächsten Jahre vermelde», ein großer Theil der Capcolonie sei — den Boerenstaaten einverleibi. Natürlich wäre das un sinnig, aber unsinnig -ist es auch, auf die Weise, wie cs im „Gothaer" im gezeigten Falle geschehe» ist, Geographie zu machen. Als 1884 dir sogenannte Congo-Conferenz zusammentrat, erschien Englands Vertreter mit einer Karte von Afrika, a>'f der nahezu alles Land, in dem etwa mal ein Engländer gereist war, so z. B. der ganze Süden und das ganze Flußgebiet des Niger, mit der bekannten rothen Farve auszeichnet, kurzweg ..britisch" gemacht war. ES wurde dem englischen Herrn, Sir Francis de Winton, von den übrigen Mitgliedern der Cont'erenz sehr schnell klar gemacht, man vermöge in einer solchen Karl: teineswegs ein Documint zu seben, daS den wirklichen Be sitzstand Großbritanniens in Afrika darstelle. Darauf wurde jene Karte zurückgezogen, mit der verlegenen Ausr-de, es band'e sich um eine für — britische Missionäre bestimmte Karte und deren Missionsqebiete! Hoffentlich rieben neuere Ercian'ssc in Südafrika auch dem „Gothaer" unrecht hinsicktlick der Boercn- staaten — der „Hokkalender" möge mit der Eintragung der Revnbliken als englische Colonien geduldig warten, bis d'e Ein verleibung eine Tbatsacke ist, die nicht bloZ auf dem Papiere steht, und bis sie als vollendet von den Mächten anerkannt ist. Beides ist noch lange nicht der Fall! Die Wirren in China. In Londoner Blättern, die dem englischen Auswärtigen Amte nahestehen, wird daS bisherige Ergebniß der FrieScnsniitcrhandlnngc» recht kühl beurtheilt. So schreibt der „Daily Telegraph": Die Durchführung des Vertrages, so weit sie von dec Ehrlichkeit Chinas abhänge, sei lediglich Sache ver Kaiserin, die den Ver trag ebenso sehr hasse wie die Barbaren. Von dem, was man vor einigen Monaten verlangt und erwartet habe, sei herzlich wenig erzielt worden. Peking sei nicht -dem Ervboden gleich gemacht, die Kaiserin nicht abgeseht, Prinz Tuan habe wenig oder nichts zu fürchten, selbst Tungfuhsiang's Aussichten seien nicht hoffnungslos. In der Hauptsache habe China das Spiel gewonnen, die Dynastie sei unversehrt geblieben uns keine wesent liche Sühne für ein Verbrechen ohne Gleichen verhängt worden. Ter Hauptzweck im Herbste sei gewesen, einen mächtigen Eindruck auf die chinesisch: Einbildungskraft zu machen, was aber schwer lich gelungen sei. Von den einzelnen Errungenschaften bezeichnet weiterhin der Artikel die 'Sühnemission nach Berlin und die Er richtung eines Denkmals für den ermordeten deutschen Gesandten in Peking als die vielleicht wirksamsten für die Gemüther der Chinesen. Die Entschävigungsvortheile hingen wesentlich ab von der Frage, wie die Anleihe aufgebracht werde. Es stehe zu hoffen, daß Sir Robert Hart und das Seezollamt dabei nicht unter internationale Controle gestellt werden, denn in diesem Falle würde später versucht werden, die Ernennung des Zoll amtsleiters zu einem Collectivaitribut der Mächte zu machen, waZ den Aussichten der britischen Candidaten ungünstig wäre. Die Errichtung von Denkmälern für ermordete Christen beruhe auf dem guten 'Willen vielfach wenig gutwilliger Provinz beamten. Von der Rückkehr des Hofes nach Peking werde kein: Rede sein, bis Sie verbündeten Truppen der Hauptstadt und Taku den Rücken gekehrt hätten, vielleicht aber auch dann noch nicht. Wenn aber der Hof nicht zurückkehre, wäre der ganze Vertrag hinfällig, ebenso wie das Verbot der Waffeneinfuhr, das hier, wie in Südafrika, durch falsche Zolldeklaration umgangen werden könne. Komme jedoch der Hof wirklich zurück, so werde er aller dings darauf besucht sein, sobald nicht wieder auf Reisen zu gehen. Inzwischen seien allerdings die Mächte in einer wichtigen Sacke einig geblieben. Freilich auf Kosten ihrer Wirksamkeit. Das mag richtig sein. Im Hinblick auf die außerordentlichen Schwierigkeiten, die nicht blos auf chinesischer Seite, sondern namentlich auch zwischen den intervenirenden Mächten zu über winden waren, wird man sich mit dem Erreichten als dem eben Erreichbaren üe.inüaen müssen und nur Vorkehrungen zu treffen haben, um die Erfüllung der China auferlegtcn Verpflichtungen zu sickern. Vorläusia ist wenigstens das Friedensinstrument unterzeichnet und consignirt, tvas schon viel heißen will. Politische Tagesschau. Leipzig, 17. Januar. Ter Reichstag bat gestern die am Freitag begonnene Beraibnng über einen Komplex von Anträgen auf weitere Umgestaltung des Gewerbegerichtswesens zu einem vorläufigen Abschlüsse gekrackt. Sowohl der svcialbemo- kratiscke Antrag, der die obligatorische Errichtung von Gewerbegerickten und dir Ausdebnung ihrer Zuständigkeit auf alle im Gewerbe, Bergbau, in der Land-, Foistwirtb- sckasl und Flickerei, im Handel und Verkehr oder als Gesinde beschäftigten Personen verlangt, als auch der einem früheren nationalliberalen Anträge entsprechende Antrag Trimborn, für Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern die Erricktung von Gewerbegerichten obligatorisch zu machen, wurden, da cS fick bei beiden um formuline und einer Detailprüfung bedürftige Gesetzentwürfe bandelt, einer besonderen Commission überwiesen, nährend die den Namen Leg Abg. Hitze tragende, von zahlreichen Mitgliedern des Centrums und der natioualliberalen Partei beantragte Resolution, welche die endliche Verwirklichung der kaiserlichen Februarerlasse im Puncte der Betbeiligung der Arbeiter an der Regelung gemeinsamer Angelegenheiten deS ArbeitSverbaltnisses fordert und den verbündeten Regierungen nrr Erwägung giebt, ob diese für die Pflege des Frierens zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern notb- wendige gesetzliche Regelung auf dem Wege einer weiteren Ausgestaltung der Gcwerbegerickte erfolgen kann, vom Hause gegen wenige Stimmen der deulsckconservativen und die der gesammien Reich-Partei angenommen wurde. Er fragt sich nun zunächst, welche Folge der BundeSratd die'er Kund gebung der großen Mazoriiät de» Reichstags geben und waS die einzusetzende Commission au» den ihr über wiesene > Anträgen herausoestilliren wird. Da gestern ebensowenig wie am Freitag vom Tische de- BundeS- ratbS em Wort fiel, so fehlt es an jedem positiven Anhalt zu einer Vermutbung über die Lösung der ersteren Frag«; ea aber die Erfahrungen, die man mit den Gewerbegerickten gemacht bat, im Großen und Ganzen erfreulich sind und da- Ziel, raS die Resolution im Auge bat, auch da» Ziel der verbündeten Negierungen sein muß, so darf man sich wobl der Erwartung bingeben, daß im Reich-amte deS Innern wenigstens der Versuch gemacht werden wird, dem Ersuchen der Reichstagsmajorität zu entsprechen. Und be schränkt sich die Commission im Wesentlichen auf die gemäßigten Reformvorschläge des Abg. Trimborn, so wird ihren Beschlüssen wobl auch die Zustimmung weder deS Plenums noch des BundeSratbeS fehlen. — DaS preutztsche Abgcor-nctcnhaus ist gestern mit der ersten Lesung deS Etats zn Eure gekommen — einen Tag später, al- man am ersten BeratbungStage annebmen durfte. Die Hauptschuld an der Ausdebnung der Debatte trugen die Polen, die gestern abermals Len größeren Tbeil der Sitzungsdauer für ibre Klagen in Anspruch nahmen. Der Schuld folgte aber auch die Strafe. Gestern endlich fanden die Vertreter der Negierung, besonders der Minister von Rbeinbaben, den reckten Ton für ihre Antworten auf die Beschwerden der polnischen Wölfe, denen die preußischen Lämmer daS Wasser trüben. Und was da- Bemerken-» mertbestc ist: daS Centrum verhielt sich za den polnischen Klagen eben so schweigsam, wie zu den scharfen Entgeg nungen vom Ministertiscbe. Sollte der CentrumSdiplomat Dr. Lieber vielleicht gar gesunden haben, daß eS vort deilbast für ihn sein würde, nickt nur die Welfen, sondern auch die Polen zu opfern? Dann würde man allerdings auck energische Tbalen der preußischen Regierung erwarten dürfen — aber auch freilich Tbaten, mit denen daS CentriHn zufriedener sein dürfte, als seine Gegner. Die für morgen bevorstehende -reuhische KrönungS- fcier benutzt der Klerikal« SmuS zur Propaganda für die Beseitigung deS Jesuitengesetzes und zur Empf.dlnng des Jesuitenorden-. Das war zu erwarten, da die Jesuitea- patreS Wolff und Vota mit Erfolg für die Erhebung Preußen- zum Königreiche gewirkt baden. Es war aber auch zu erwarten, daß die klerikale Press«, nm den Anspruch deS Jesuitenordens auf Dankbarkeit der preußischen Krone zu begründen, die Motive, welche die genannten Patte ans die Seite deS Kurfürsten Friedrich führten, in einer Werse darstellen würden, die von der historischen Wahrheit gröblich abweickt. Besonder- beachtenSwerth ist die Entstellung dieser Motive durch daS osficielle Organ deS bayerischen CentrumS desbalb, weil dieses Blatt sich auf den Führer der deutsche« CenirumSfractivn, Herrn vr. Lieber, beruft. Dieser bat in dem Vorworte zu einem klerikalen Sckriftchen über den Antbeil der Jesuiten an der preußischen Konigskrone von den Patres Wolff und Vota gesagt: „Tie beiden einflußreichen Söhne Loyola'S habe« eifrig u«d er folgreich (an dem krönungsplanr) mitgearbritet, um Drutschlaad vor dem Schicksal zu bewahren, halb türkisch uad halb französisch zu werden." 14) Das neue Lahuprojttt. Roman von Paul OSkar Höcker. Ausdruck verboten. Oft trat Elisabeth vor's Haus — besonders wenn die winter liche rothe Abendsonne bei leichtem Gewölk im Westen das Alpen glühen hervorrief. Wenn über Wängli und das Trübtenthai längst die Abenddämmerung hereingebrochen war und auch von ven Schneeriesen selbst der letzte Schimmer des Aöenvroths ge wichen war, dann leuchteten die bizarren Gletscherhäupter noch einmal von unten herauf, win in innerem Feuer erglühend, wie flüssiges Gold schimmernd. Jeden einzelnen der Zacken und Grade, die aus dem wild zerklüfteten Schneegebirgr gen Himmel ragten, kannte Elisabeth Leim Namen. Stellte sie sich auf die oberste Stufe der Steintreppe, dann konnte sie, nach links über das Hausdach des Gemeindeältesten hin- wegsehrnv, gerade noch daS Löffelhorn erkennen, daS über dem Oberaargleffcher emporragte. Dicht neben ihm erschien das Rothhorn, begleitet von den Walliser Dieschrrhörnern. Auch sas Haupt deS Aletschgletscher- und deS Finste-aarhorn war von hier auS sichtbar. Als mächtige Eoulisse traf die rechte Schulter de» letzteren aber der gewaltige Brandeisgletscher, dessen Riesen- wände bi» zu dem das Panorama nach rechts hin begrenzenden Unteraargletscher abstürzten. Der Brandeisgletscher war nicht so hoch wie das Finsteraar- Horn, die Besteigung seiner Spitze aber mit noch größeren Schwierigkeiten verknüpft al» die seine» allgemein gefürchteten Nachbarn. Vom Osten her, über Wängli, ward er am seltensten besucht; erst in den letzten paar Jahren hatte sich ein größeres Interesse für diesen Aufstieg entwickelt. Bei ganz klarem Wetter vermochte Elisabeth mit ihrem vor trefflichen Auge die in der Luftlinie immerhin eine Meile rnt- fernte .Jägerhütte" zu erkennen, die hoch da droben auf der Schutthalde unterhalb der Moräne des Brandeisgletscher» stand, dort, wo sich die Uebergänge nach dem Rothhorn, dem Oberaarhorn und den Kammfortsätzcn der Lautcraarhörner be fanden. fünfzehn Jahren war diese Hülle erlichtet worden, ^hre Ausrüstung hatte seiner Zeit groß« Bewunderung erregt »an? hatte sie gewissenhaft alle Frühjahre von den Lädi- rungen curirt, die ihr Wind und Wettersturm, Schnee und Eis während deS Winters zugefügt hatten; neuerdings war dies unterblieben, weil sie für meteorologische und anvere wissen schaftliche Beobachtungen doch nicht die richtige Lage hatte. Es war an einem bitterkalten, aber klaren Februartage, als Elisabeth, von einem Krankenbesuche außerhalb deS Dorfes hcimkehrend, vor dem Pfarrhause noch ein Weilchen stehen blieb und ihre Blicke über das leuchtende Alpenbild schweifen ließ. Dabei stieß ihr auch die Hütte wieder auf, deren Existenz sie im Verlaufe ihrer Abwesenheit von hier fast ganz vergessen hatte. „Ist sie denn bewirthschaftet?" fragte Elisabeth plötzlich die in die Thür tretend« Lencli. Die Alte mußte drei, vier Mal gefragt werden, ehe sie bei ihrer Schwerhörigkeit verstand. „Eh, aber nein", erwiderte sie kichernd, als sie endlich be griffen, wem das Interesse der Pfarrersschwesier galt, „wer sollte sich denn im Winter in das Häuslein hineinsrtzen!" „Ich sehe aber doch Rauch aufsteigen dort!" sagte Elisabeth, schärfer hinölickens. Lencli glotzte mit ihren trübe gewordenen Augen gleichfalls in die Richtung. „Wird Nebel sein!" meinte sie, sich über die Augen fahrend. Anderen Tages aber machte Elisabeth dieselbe Wahr nehmung, und da ihr Bruder gerade daheim war, lenkte sie seine Aufmerksamkeit auf den ihr unerklärlichen Vorgang. Alexander runzelte leicht die Stirn- „Ja, sie können's schon nicht mehr erwarten!" sagte er etwas verlegen, gleichzeitig aber sichtlich verstimmt. Elisabeth verstand ihn nicht und ihat deshalb eine weiter; Fruge. „Mit dem Bau natürlich — mein' ich!" ergänzte Alexander. „Oh, man wird die Bahn schon in diesem Frühjahr in An griff nehmen?" „Wenigstens scheinen sie mit den Vorarbeiten bereits be gonnen zu haben." „Du wußtest schon länger darum, Alex?" „Ja, als ich neulich in Wingäll drüben da» Begräbnis, hatte, erfuhr ich'»." „Warum sagtest Du mir nichts davon?" Der Pfarrer zuckte die Achsel; sein Antlitz nahm einen gräm lichen Zug an. „Ich wollte Dich nicht immer an den — den schrecklichen Menschen erinnern." „Oh — cs ist also Orell?!" entfuhr es Elisabeth. „Ja, vermuthlich." Mehrere Tage spater berichtete die Botenfrau, daß von Hauseck h«r vier Karren nach Windgäll unterweg» ftic», theil» von Pferden, theils von Ochsen gezogen, die so vollüeladen seien, daß die Thiere durch den fußhoch liegenden Schnee auf dem schmalen Saumpfad kaum vorwärts kämen. Elisabeth genirte sich vor dem Bruder, besonderes Interesse für diese Botschaft zu zeigen; war eS ihr doch klar, daß die Ladungen irgendwie mit dem Bahnöau Zusammenhängen müßten. Aber während sie den Bruder bei der Ausarbeitung seiner Predigt wußte, machte sie sich selbst auf den Weg am Trllbtenbach entlang dis zu der Gabelung, an der der Saumpfad nach Windgäll und zum Grünberg hinüberführte. Sie hatte sich in früheren Jahren, wenn sie deS Winters, in den Weihnachtsfcrien etwa, vom Conservatorium herkam, ein besonderes Costüm hergerichtet, in dem sie de» Kälte und dem Schnee trotzen konnte. Das suchte sie nun wieder hervor, um für weitere Märsche gerüstet zu sein: ein Paar Schaftstiefel aus Alexander» Knabenzcit, einen derben Lodenanzug mit fuß freiem Rock und eine Pelzmütze, deren Ohrenklappen mit einem Riemen unter dem Kinn zusammengehalten wurven. An den G-birgsstock hatte sie sich seit ihrem Hiersein auch wieder ge wöhnt, überhaupt sachgemäß das Wandern wieder ausgenommen; sie war als halbflügger Backfisch häufig der Marschiamerao ihres Bruders gewesen, der gleich ihr viel für's Bergsteigen übr'g gehabt hatte. Eine Sehnenzerrung am linken Fuße, die er sich vor Jahren durch einen verunglückten Sprung bei der Besteigung de» Brandeisgletschers geholt und an der er Monate lang laborirte, um zu verhüten, daß der Fuß nicht dauernd steif blieb, hinderte ihn in der Folge aber, größere Touren mitzumachen. In der Ebene bewährte sich Alexander ja auch jetzt noch al» aus dauernder und geübter Fußgänger, mit dem Klettern schien eö dagegen ein für alle Mal für ibn vorbei. Elisabeth scheut« den weit«» Weg nicht; denn eü drängte sie, Näheres über den Bahnbau zu erfahren. An den Gleisen, die sich im Schnee gebildet hatten, dem zerstampften und zertretenen Erdreich beim Uebergange über die aus Baumstämmen gebildete Brücke, deren Zugang etwas bergan führte, erkannte sie, daß ver Zug der Karren schon auf d«n nach Windgäll führenden Weg abgezweigt war. Obwohl es bereit» dunkelte, folgte sie den Fuhren. Sie hörte da» Schellen der Fuhrleute, daS heisere An treiben, das Knallen der Peitschen schon von Weitem. Al» sie näher kam, sah sie die Begleiter deS Transport» zuerst aber gar nicht, so dick war oer Dampf, der von den erhitzten, schwitzenden Zugthieren aufstiea. Unwille regle sich in ihr. Sie redete den Männern zu, die Thiere zu schonen. Die fremden Fubeleule, di« uilterwegS, um sich von innen zu erwärmen, fleißig der Flasche zugesprochen haben mochten, blickten die fremde, etwas seltsame Erscheinung bloS stumpf und starr an. Der Windyäller aber, der den Transport leitete, vermuthete gleich in ihr die Schwester des Pfarrer», von deren Rückkehr er gebärt hatte, und entschuldigt« die Ueberanstrengung der Thiere mit der miserablen Beschaffenheit de» Dege» und der Schwer« der zu befördernden Lasten. „Ja, Fräulein, das geht halt nicht so, wie Sie denken. Di« da vorn haben ja nur Holzbohlen und Bretter aufgeladen, aber da hinten ist Kupfer zu schleppen." Er nahm eine der Kupfer platten herunter und schwenkte sie mit beiden Händen, wie zur Probe, durch die Luft. „Lüpfen Sie blo» einmal; e» ist keine Kleinigkeit." „Das ist wohl schon Material für die neue Bahn?" fragte Elisabeth beklommen. „Bewahre, zuerst wird eine neu« Hütte droben gebaut." Er machte ein wichtiges Gesicht. „Zwölfhundert Kilo Kupferplatten und dreizehnhundert Kilo Holz. Seit acht Tagen sind wir unterwegs. Der Herr wird schon arg warten dadroben. Jetzt hockt er ja noch in der alten Hütte — aber noch höher hwauf müßte er, sagt er. Seit zwei Wochen ist da» Zeug da bereits bestellt gewesen. Aber unterweg» auf der Bahn war es irgendwo liegen geblieben." „Da» ist ein .Herr au» Zürich, nicht wahr, der den Bau unternimmt?" „Freilich. Und der Kaspar Wurmspach und sein Bub, dec Gottfried, sind di« ganze Zeit schon bei ihm öden. Die graben und hacken und schaufeln — und wa» Teufel» nicht Alle» noch!" „So, so. Also eine neue Hütte soll droben zunächst gebaut werden. Aber j«tzt schon — im Winter? Ist'» denn dort ob«N auSzuhalten vor Kälte?" „Selber bin ich noch nicht oben gewesen. Der Wurmspach kommt da eines Tage» herunter — er hat doch immer den Pro oiant aus dem Dorfe hinaufqeschleppt — und brmat mir das Geld. Gleich aufmachen müßt' ich mich uns die Sachen von ser Bahn abholen. Ich denk', ein Korb wird reichen. Iber der lacht mich aus und sagt: „Du Chaid, wa» alaubst Du, über tausend Traglasten wird da» geben von Windgäll bi» hinauf — uns Du willst es in einem Korbe Herdringen?" .... Jetzt haben wir es aber geschafft mit dem Teufellzeug!" „Urder tausend Lasten?" wiederholt» Elisabeth verwundert. „Das soll da Alle» hinaufkommen? Und auf den Schultern wird man es tragen? Da wird sich wohl da» ganze Dorf be theiligen?" Der Mndgäller nickte vergnügt lachend. „Ja freilich, frei lich. Wa» nicht krumm und lahm ist. kann jetzt ein schöne» Stück Geld verdienen. Und wen» die Wanglssscheu Berben
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