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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.01.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010121018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901012101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901012101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
- Tag1901-01-21
- Monat1901-01
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so lange er denken konnte, und zu der er jetzt endlich voll Stolz sagen konnte: werde mein! Längst wußte er, daß sie im Herzen ihm angehörte, obgleich in den seltenen Briefen, die sie tauschten, nur immer zwischen den Zeilen gestanden hatte: warte auf mich, ich komme, — und: ich bin Dir treu; da sei Du sicher. Nun malte er sich auf dem ganzen Weg« ihr Erstaunen, ihre Fassungslosigkeit, den seligen Unglauben aus, wenn er sagen wurde: in vier Wochen sind wir Mann und Frau. Wie Du da bist, ohne Aussteuer, ohne Mitgift führe ich Dich tiberS Meer in mein HauS! Endlich war er in Berlin und stieg auf die Stadtbahn über, um nach Treptow zu fahren. Elisabeth's Vater besaß dort einen kleinen Sommersitz, und bei dem herrlichen Octoberwetter waren sie gewiß noch nicht wieder in die Stadt übergesiedelt. Nun fuhr er mitten durch kas Herz des Riesenorganismus und fühlte das Zucken und Schlagen der gewaltigen Verkehrs ader, in die überall von rechts und links Stränge und Aederchen einmündeten. Er blickte auf die lebendigen Blutkörperchen, die wimmelnden Leben-träger — Menschen genannt, — die eilig ab und zu strömten, unbewußt ihren Zweck erfüllend, Nahrung erzeugend, umbildend, einsaugend, davontragrnd — bis in die fernste, fernste Verästelung an der Epidermis des Kolosses. Der Weltfahrer guckte mit einer kleinen Regung von gut« müthigem Mitleid hinab. Kleines Berlin! dachte er, wie Einer, der in Krähwinkel geboren ist und sich des TodeS wundert, daß ein Mensch wir er überhaupt in Krähwinkel hat geboren werden können. ES blieb Alles so unter ihm. Er freute sich nur, daß die Sonne so schön schien zu Ehren seiner Heimkehr, ganz ausnahms weise schön und warm, und daß die Millionen von Fenstern so d°ldig im Nachmittagsscheine blitzten, daß man nirgends hinemsehrn konnte. Licht und Glanz und blendende Funkengarben überall. Im Treptower Park war'S noch ganz grün, hoffnungsgrün, wie's zu seiner Stimmung paßte. Manchmal ein braunes oder gelbe? Zweiglein an den Bäumen, ein Busch, der in Purpur oder Silber stand. Und auf den weiten Rasenflächen lag der rothe Httbstsonnenglanz. Da» Herz begann ihm zu schlagen, je näher er der Villa kam. Er kannte sie genau. Sie war das Eldorado seiner Jugend ge wesen, und wie an ein verlorene» irdische» Paradies hatte seine Erinnerung ihr Bild aufbewahrt. Tausendmal in der Fremde hatte er sich's ausgemalt, daß er darauf zuschritte, wie heute, mit der Gewißheit, Elisabeth zu sehen, bald, gleiH, im nächsten Augenblick. Und heute, da eS endlich Wirklichkeit geworden war, ging es ihm sonderbar: er meinte zu träumen. Er meinte, das Glück der Erfüllung sei doch zu groß für einen sterblichen Menschen. Nun stand er vor dem zierlichen Häuschen wie mit einem Hammer in der Brust, der so gewaltig darauf loSschlug, daß es ihm in den Ohren dröhnte und der Kopf ihm wirbelig wurde. Ein« unsägliche, eine entsetzliche, mörderische Angst über kam ihn plötzlich. Wie eine kalte, knöcherne Hand griff sie in seine Freude hinein und preßte sie vernichtend zusammen. Bald aber sprach er sich Muth ein: Du Narr, wovor fürchtest Du Dich? Hast Du nicht ganz andere Dinge wagen müssen, als eine Liebeserklärung? Und festen Schrittes ging er durch den sauber geharkten Garten, ein bischen steif aufgereckt, um sich selber zu imponiren, ein bischen blaß und blaulippig, ein bischen fröstelnd — vor dem großen Glück. Ja, die Herrschaften wären zu Hause, sagte der Diener. „Nun war Alles gut! Davor hatte er gebangt. Da» leer« Nest zu finden, seine Sehnsucht ungestillt zurücktragen zu müssen. Im Salon brauchte er nicht lange zu warten. Der alte Herr kam, wie er war, im Schlafrock, mit dem kurzen Pfeifchen, so ungenirt, als wäre der Gast noch immer der NachbarSjunge, der nur mal — wie früher fast täglich — mit einer Bestellung von seinem Pater herüberkam. Und er wurde mit einer Herz lichkeit begrüßt, die Alles übertraf, wa» er an kühnen Wünschen gehegt hatte. „Nein, was wird die Lisel bloS sagen", rief der alte Herr immer, wenn er zwischen Umarmungen, Händeschütteln, prüfen dem Anstarren Zeit und Athem zu einem Worte fand. Er war noch ganz derselbe klapperdürre, zappelnde, cholerische, Ubersprudelnde Mensch von damal», trotz seiner siebzig Jahr« und de» kahlen, mit einem blauen Sammetkäppchen br- deckten Schädels. Und sogleich fing er wieder mit den alten Späßchen an, die dem Gaste manche Wiedersehensfreude bereiteten. So heimlich, so traut war Alles. Die altmodischen Möbel, die er damals als Kostbarkeiten angestaunt hatte, und deren spieß bürgerliche Schlichtheit ihm jetzt beinahe rührend erschien, die Helle Sonne, die tief ins Fenster und über den großblumigen Teppich spielte, die Familienbilder an den Wänden, winzige Oelgemälde in nachgedunkelten Goldrahmen — Alles weckte und schürte die Sehnsucht nach der Jugendgespielin zu immer unwiderstehlicherer Gewalt. Sie blieb so lange. Warum kam sie nicht? Er wartete, wartete — fieberte. Papachens Späße zogen nicht mehr. Sein« eigenen Berichte über sein Leben „drüben" und „draußen" kamen dermaßen confu» herau», daß der alte Hrrr sich mehrmals in erstaunten „Ei der Tausend!" und „Wohl nicht möglich!" Luft machen mußte. Elisabeth — Elisabeth. Weiter dachte er nichts. War er ihr nicht gemeldet worden? Wollte sie ihn nicht sehen? War sie vielleicht gar — nicht mehr im Hause? Ging e» ihr nicht gut? Aber der alte Herr war so lustig, so aufgeräumt. Schlimmes konnte e» nicht sein. Endlich faßte er sich ein Herz. „Fräulein Elisabeth befindet sich doch wohl?" fragte er. Der Papa rieb eifrig s«ine knochigen Finger und nickte dazu wie rin Pagode. „Derhältnißmäßig — o ja. Verhältnißmäßig. Sogar — wenn man's nehmen will — vortrefflich, ganz vortrefflich —" „Wie denn — derhältnißmäßig —?" stammelte der Gast. „Nun ja, wir sind zufrieden. Unser Docterchen — der alte Hahn, den Du ja auch noch kennst — und meine Wenigkeit. Was soll man denn sonst —? Man mu tz ja, lieber Heinrich, immer das Beste hoffen! Immer Kopf hoch, Ohren steif. Roch ist Polen nicht verloren —" „Herr Stadtrath", würgte Heinrich mühsam herau», „wa» ist denn? Ich weiß ja von nicht» —" Da» lang«, dürre Männchen nahm die Pfeife au» dem Munde und starrte ihn mit großen Augen an. fehlte, so mußte sich auch Zwickau bald ergeben. Indessen stand der Kurfürst mit dem Bundesheere in Bayern, er rückte nach Sachsen vor und entriß Moritz seine Beute, nur die Städte Zwickau, Leipzig, Dresden und Pirna blieben in seinem Besitze. Im Frühjahr 1547 kam Kaiser Ferdinand mit einem mächtigen Heere nach Sachsen, bei Mühlberg an der Elbe wurde der Kur fürst geschlagen und gerieth in die Gefangenschaft. Er verlor den größten Theil seiner Lande und die Kurwürde, dies beides erhielt Moritz vom Kaiser als Löhn. Nach der Uebcrgabe der Stadt an Moritz brach das Unheil über die Stadt herein. Viele Bürger hatten der Uebergabe nicht zugestimmt, die beiden Bürgermeister Mylau und Lasan nebst einigen Rathsherren verzichteten auf ihre Aemter und verließen die Stadt, ihnen schlossen sich eine Anzahl Bürger an. Moritz, der den Zwickauer» nicht traute, über nachtete nicht in der Stadt, ließ aber die Bürger aufs Kaufhaus bescheiden und nahm dort die Huldigung entgegen. Am 23. No vember 1546 erschien ein Befehl von Morij^ nach welchem die ausgewanderien Bürger wieder nach Zwickau zgrückkehrcu sollten, wenn sie daS innerhalb 14 Tagen nicht' thun würden, so sollten sie ihrer Güter verlustig sein. Als Moritz vom An rücken des kurfürstlichen Heeres Kunde erhitit, ließ er die Bürger am 31. Januar 1547 auf das Rathhaus bescheiden, hier wurde ihnen eröffnet, „daß sie noch denselben Tag sammt und sonders dir Stadt zu räumenhätten, und zwar auf so lange, als der Feind in der Nähe sein würde, und wer vor dieser Zeit zurllckkehrte, sollte ohne Gnade und Barmherzigkeit an einem auf dem Markte errichteten Galgen gehenkt werden." Von dieser grausamen Maßregelung wurden nur die Handwerker insoweit verschont, als sie zur Herstellung der nöthigsten Ar beiten für die Besatzung nöthig waren, alle übrigen Bürger mußten bei einer harten Kälte auswandern, das freundnach barliche Schneeberg nahm die Vertriebenen auf. In Zwickau übte nun Moritzens Besatzung ein Gewaltregiment aus, die um liegenden Dörfer wurden geplündert, die Vorstädte gingen in Flammen auf, selbst die Gotteshäuser wurden nicht geschont. Um vor den zurückgebliebenen Handwerkern Ruhe zu haben, mußten diese alle Waffen auf dem Rathhause niederlegen. Am 28. April 1547 traf die Nachricht in Zwickau ein, daß der Kurfürst bei Mühlberg besiegt und in die Gefangenschaft des Kaisers gerathen sei. Die noch in der Stadt anwesenden Bürger ,rußten in der Marienkirche erscheinen, einem Dank gottesdienste beiwohnen und das Do veum lauciamus mit anstimmen. Durch die segensreiche Negierung des Kurfürsten Vater August ward auch in Zwickau manche Wunde, die der Schmal- kaldische Krieg der Stadt und der Bürgerschaft geschlagen, ge heilt, noch aber hatte sich die Stadt noch nicht völlig von diesem unheilvollen Kriege rrbolt, als der für Zwickau noch unheil vollere Dreißigjährige Krieg ausbrqch. Bis zum Jahre 1632 war in Zwickau von diesem furchtbaren Kriege ver- hältnißmäßig wenig zu spüren, das Jahr 1632 gestaltete sich aber zu einem Unglücksjahre. Am 15. August 1632 erschien der berüchtigte Holcke mit seinen zügellosen Schaarcn vor Zwickau. Nach kurzer Vertheidigung mußte sich ihm die Stadt ergeben. Die Bedingungen waren günstigere, als man sie von dem hartherzigen Manne erwartet hatte. Am 18. August zog di« kaiserliche Besatzung in Zwickau ein, Holcke aber zog mit dem Heere nach Zschopau. Mitte October traf Wallen stein in Zwickau rin, nun begann die Bedrückung. Er forderte von der Bürgerschaft 14 000 und von den in die Stadt ge flüchteten Edelleuten 10 000 Thaler. Um diese Summen so gleich aufbringen zu können, mußte vieles Geschmeide mit ein- geliesert werden, trotzdem war es nicht möglich, diese 24 000 Thaler sofort zu zahlen. Aus diesem Grunde nahm er drei Edelleute und einige Rathsherren als Geiseln mit sich. Nach der Lützener Schlacht wurde Zwickau mit kaiserlichen Truppen überfüllt; die Häuser waren so vollgepfropft, daß manches 30 bis 40 Kroaten beherbergte, die Pferde waren zum Theil in den Stuben mit untergebracht. Täglich mußten die Bürger Schanz arbeiten au-führen, die in den Vorstädten noch stehenden Häuser wurden niedergerissen oder niedergebrannt, damit die anziehen den Schweden keine Stützpunkte finden sollten. Am ersten Weihnachtsfeiertage 1632 kam die schwedische Hauptmast vor Zwickau an, und begann alsbald die Be schießung. Diese war so wirksam, daß die Stadtmauer bald eine Bresche von 21 Ellen zeigte. Dies veranlaßte den kaiser lichen Oberst Suys, mit dem Herzog Bernhard von Weimar der Uebergabe wegen in Unterhandlung zu treten; die Be dingungen waren bald vereinbart, und die laiserlick)« Besatzung zog mit fliegenden Fahnen nach Böhmen ab. Eine große Plage ward dadurch von der bedrängten Stadt genommen, denn sie hatte wöchentlich 550 Thaler Tafelgelder für die drei Obersten der kaiserlichen Besatzung aufbringen müssen und außerdem noch die Vcrpflegungsgelder. Einen schrecklichen An blick bot die Stadt nach dem Abzüge der Kaiserlichen. Ein Augenzeuge schildert ihn folgendermaßen: „Damals war eine solche Verwüstung in der Stadt, in allen Häusern aber und auff allen Gassen ein solcher Unvlat und Stanck, darneben todte Kühe, Pferde u. s. w., daß einem, der daran gedencket, noch dafür grauset." Die Vorstädte glichen einer Wüste, alle Vor- räthe waren ausgcplündert oder verwüstet, bald trat Nahrungs mangel ein, so daß die Verpflegung der starken Besatzung große Beschwerde verursachte. Aon: Lande hatten viele Bewohner Schuh in der Stadt gesucht, die Häuser waren mit Flüchtlingen überfüllt, wodurch die traurige Lage der Einwohner noch ver stärkt wurde. In Folge der überaus traurigen Wohnungs- und Ernäh rungsverhältnisse machten sich zu Anfang des Jahres 1633 be reits recht bedenkliche Krankheiten bemerklich. Um das gräßliche Elend zu vollenden, trat von Mitte Mai ab die Pest auf, die täglich 50—60 Menschen dahinraffte. Zu diesem Schrecken ge sellte sich abermals die Ankunft Holcke's, der sofort eine be deutende Kontribution erpreßte. Seine entmenschten Schaarcn plünderten, trotz der Pest, abermals die Stadt, wobei kein Stand verschont ward, selbst der Kranken in den Betten und der Tobten in den Särgen schonten sie nicht. Als auch die Pest Holcke's Räuberschaaren ergriff, zog er ab, um auch bald selbst diesem Würgengel zu verfallen. Wie cs in Zwickau während und nach dem Auftreten der Pest aussah, beschreibt Dr. Herzog in der Zwickauer Chronik also: „Ganze Häuser, ja ganze Straßen waren auSgestorben und verödet, in allen Winkeln, besonder« unter den Läden am Markte und in den Töpferkammern beim Fleischerthurme, lagen, von herrenlosen Hunden und Katzen benagt, die Leichen schichten weise, und die Hunde verwilderten dadurch so, daß sie schaaren- weise auf den Straßen und in der Umgegend herumschweifend, selbst lebende Menschen anfielen. Da weder die Todtengräber durchkommen konnten, noch auch der im Juni angeschaffte Leichenwagen zureichte, so mußten Viele die Leichen ihrer An gehörigen selbst begraben. Leiterwagen, Schubkarren, Mist tragen u. s. w. dienten zum Hinausschaffen aus den Gottesacker, wo man die Tobten, meist ohne Särge und sonst übliche Cere- monien, haufenweise in große Gruben einscharrte. Zum Ab fassen der Testamente wagte sich der Stadtschreiber nicht in die Häuser, sondern pflegte, vor den betreffenden Häusern auf der Gasse stehend, den zum Fenster heraus zu erkennen gegebenen letzten Willen der Jnficirten zu protokolliren." In den folgenden Jahren trafen noch andere schwere Heimsuchungen die Stadt Zwickau, 1639 und 1641 waren besondere Unglücksjahre, die Schweden erpreßten innerhalb zweier Jahre von der Stadt 160 256 Thaler, dazu kommt noch der an den Gebäuden angerichtete Schaden von 120 000 Thalern. Nach Hasche betrug der durch die Schweden in Zwickau über haupt angerichtete Schaden mehr als 1s/z Million Thaler. Vom August 1756 ab machte sich in Zwickau der Aus - bruch des Siebenjährigen Krieges bemerklich. Noch hatte man keinen Feind gesehen, so hatte Zwickau schon Lieferungen aufzubringen. Am 4. September mußte es nach Freiberg an die preußische Heeresverwaltung liefern 5130 Pfund Brod, 997 Pfund Fleisch, 94 Scheffel Hafer und 72 Centner Heu. Von nun ab hörten die Lieferungen, die Einquartierung und die Durchmärsche kaum wieder auf, hierzu gesellten sich noch die gewaltsamen Recrutirungen und da» Stellen von Arbeitern zu allerlei Schanzarbeiten. Die um Zwickau her aufgeworfenen Schanzen wurden später von den Preußen wieder geschleift. Der Rath mußte das Holz, das er zum Schanzenbau hatte liefern müssen, den Preußen wiederum für 60 Thaler abkaufen. Das Jahr 1758 brachte der Stadt bald preußische, bald österreichische, bald Einquartierung von der Reichsarmee, Alle wollten haben, und bald sollten Rath und Bürgerschaft Diesem, bald Jenem den Eid der Treue leisten. Je länger der Krieg sich ausdehnte, desto härter und unmenschlicher wurden die Bedrückungen, kam es doch soweit, daß Frauen in das Lager geliefert werden mußten. Den 1. Dccembrr 1762 traf Friedrich der Große in Zwickau ein, man hoffte, er würde die schweren Lasten rin wenig erleichtern, er ließ aber Niemand vor sich; so blieb es denn dabei, daß Zwickau für die Jahre 1762 und 1763 eine Kriegscontri- bution von 200 000 Thalern aufbringen mußte. Wie schwer Zwickau während des Siebenjährigen Krieges zu leiden hatte, ersieht man daraus, daß die haaren Geldliefe rung en sich auf 381 560 Thaler stellten; erst 1823 wurden die letzten Kriegsschulden von dieser Zeit her gedeckt. In diese Summe sind die Naturallieferungen nicht eingeschloffen; die Schuldenlast der Stadt stieg bis auf 106 496 Thaler. Die Zahl der Bewohner war seit 1755 um ein Drittel gefallen, die Erwerbslosigkeit nach dem Friedensschlüsse war allgemein. Kurz, der Siebenjährige Krieg, bei dessen Ausbruch schon große Erwerbslosigkeit herrschte, war für Zwickau fast verhängniß- voller als der Dreißigjährige, mußten doch zur Tilgung der Schuld und zur Beschaffung der Zinsen mitunter städtische Grundstücke veräußert werden. Während der Napoleonischen Kriege von 1806 bis 1813 wurde Zwickau zwar nicht dircct von dem wilden Kriegs treiben berührt, aber immerhin war der Einfluß dieser Riesen kämpfe für die Stadt recht empfindlich. Zu dem Ungemach des Krieges gesellte sich eine Theuerunq, die von 1802 bis 1809 anhielt. Ihren Höhepunkt erreichte dieselbe im Jahre 1805. Es galt Ende August der Scheffel Weizen 18 Thaler, Korn 16 Thaler, Gerste 12 Thaler und Hafer 4 Thaler 18 Groschen. Die allgemeine Nothlage ward durch die große Geschäfts- und Arbeitslosigkeit verschärft. Wie schwer diese Zeiten waren, er sieht man am besten daraus, daß am 10. Jun 1809 zweiund zwanzig Bürger auf einmal die Schlüssel ihrer Häuser auf das RathhauS brachten und sich für insolvent erklärten. Die schlimmsten Zeiten hatte Zwickau im Jahre 1813 zu erleben. Hatte schon das Jahr 1812 massenhafte Einquartierung gebracht, so war dies 1813 noch weit mehr der Fall, besonder» waren dt- Monate August und September reich an Einquartierungen. Nach der 'Leipziger Schlacht kamen viele Verwundete nach Zwickau, bald fehlte es an Aerzten und Pflegern, die Lazarethe waren überfüllt. Bei diesen Umständen brech alsbald der Typhus aus, am furchtbarsten wüthete dirs« Krankheit in den Monaten No vember und December, es blieb da kein Haus verschont, erst da» beginnende Frühjahr 1814 ließ diese Äeuchc zum Erlöschen kommen. An Kriegskosten hatte Zwickau von 1806—1816: 243 318 Thaler 21 Groschen 2 Pf. aufzubringen. Alle dies« Heimsuchungen würden sich in Zwickau noch em pfindlicher bemerkbar gemacht haben, wenn nicht seit altersher «in blühendes Gewerbe und ein reger Handel den Einwohnern lohnende Beschäftigung gegeben hätten. DaS Hauptgewerbe war seit den ältesten Zeiten di« Tuchweb « r «i, im Jahre 1348 erhielten die Tuchmacher ihre Statuten und bil deten die vornehmste Innung. Zwickau und Oschatz lieferten in d«n Meißnerlanden die besten Tuche. Besonders gerühmt wurde das Zwickauer rothe Tuch. Zur Zeit der höchsten Blüthe soir dieses Gewerbe in Zwickau 600 Meister gehabt haben; 1540 gab es unter den Hausbesitzern 230 Tuchmachermeister. Durch den Siebenjährigen Krieg und durch die in den Nachbarstädten Kirchberg, Werdau, Crimmitschau und Reichenbach entstandene Concurrenz kam das «inst blühende Gewerbe fast gänzlich in Verfall, so daß es in der Gegenwart in Zwickau von keiner Be deutung mehr ist. In höchster Blüthe stand vor vcm Dreißig jährigen Kriege das Braugewerbe. Seit uralten Zeiten Morgen-Ausgabe. b L » eipMtr TllgcblM d. Montag den 21. Januar 1901 Berlin. i- ii »ter so» äer la- rrs8»ei>- 1750 400 2425 7800 1275 8. vsiter rksre 175.50 7875 193.75 31450 174.25 172.25 184.25 14850 13190 11890 110.25 131.40 142,60 136,30 133,— 118 60 111 25 100.50 44,- 155.10 101.50 75- 198 50 132.25 122.25 218,-- 179.50 155.75 188, - 64,50 139.25 190, - 333, - 172,— 160,— 72,— 75,— 139,— 168.50 53,75 208.10 101.80 181.50 84,95 215.75 213.25 215,95 85,— 216.40 I>. I >o II <t d k. l. 4. 5 r t- v a i. L. ilauo" II) ia dsiss, st.cde mpler ' (lSI, >sroll^ a O»r- »soll '«rpes kl-lu. lsveo, klkr- ?oode, roter- «iter« rs «r- kwen oocii »ckLkr »t cka- am-o. in oocN kis- »xlicv ; nur voll- li.a »icU r rm sroei eilten beste »ecken »ecke Ik> -bös I>l»eU «r»li- osil »t so »ecken »8SN- nnck »des «ilin leer, /.eit teilt »rnir »es » ckw -cken, Lio »leck cven Anzeiger. Ämtsölatt -es Äömgkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Aathes nn- Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. in Sachsen einfielen, kamen sie am 14. Januar 1430 auch Zwickau an. Da aber die Stadt wohl befestigt war und gi vertheidtgt wurde, zogen sie voller Ingrimm wieder ab. W dem Abzüge aber brannten sie die Vorstädte nieder und plüi drrten die Umgebung. Nach dem Tode des Kurfürsten Friedrich dei Sanftmüthigen regierten dessen Söhne Ernst und Albrecht gemeinschaftlich bi» 1486 da» väterliche Erbe. Bei der Lei p- ziger Theilung am 26. August 1485 kam Zwickau unter di« Herrschaft de» Kurfürsten Ernst. Am 8. Juni 1486 be stätigte Kurfürst Ernst alle Privilegien und Statuten der Stadt aufs Neu», Zwickau blieb fortan bei der Kurlinie. Die Reformation fand 1521 in Zwickau Eingang. Der erste vom Rathe bereit» 1520 erwählte evangelische Prediger war Nikolaus HauSmann. Der bekannte ReligionSschwärmer M. Thomas Münzer, der 1620 al» Prediger an die St. Katha rinenkirche gekommen war, fand besonders unter den Tuchknappen viele Anhänger. Nach seiner Flucht setzte in Zwickau sein eifrigst« Schüler Meister Nikolaus Storch daS Miinzer'sche Unwesen fort. Große» Unheil bracht« der Schmalkaldische Krieg über Zwickau, das gut protestantisch und durchaus kur fürstlich gesinnt war. Herzog Moritz rückte als Vollstrecker der ReichSacht gegen Kurfürst Johann Friedrich den Groß- müthigrn ins Feld. Nirgend» fand er nennenswerthen Wider stand, nur das wohlbefestigte Zwickau machte den Versuch, ihm zu widerstehen, doch da e» an einer planmäßigen Oberleitung Mr Alle! Nodelletke von Gertrud Franke-Schievelbrln-! Nachdruck verboten. Direkt von „drüben" kam er, und «rster Classe fuhr er von Hamburg au», in dem stolzen Gefühle, ich kann'S! Es stachelte ihn förmlich, al» er den Boden der Hetmath wieder betrat, den er vor acht Jahren al» blutarmer Jung« verlassen hatte, in solchen kleinen äußerlichen Zeichen sich'» vorzuhalten: Dazu hast Du's gebracht! Zwar bätte kein Hahn danach gekräht, wenn «r „vierter Güte" gekayren wär». Wer kannte ihn denn in Hamburg? Und wer in seiner Vaterstadt Berlin ahnte, daß er ihr oi^ Ehre seine» Besuche» zugedacht? Kein«! Lieber Gott! Es kam ihm doch Alles so klein, eng und alt modisch vor — die Häuser, die Einrichtungen, die Menschen. Die v« Allem. Und während er sich in den rothen Plüsch polstern räkelte — in seinem unvergleichlich feinen Anzug, mit all den vornehmen Reiserequisiten um sich herum —, da war'» ihm, al» sperre ein« unsichtbare Schranke ihn ab gegen seine Rtisegenossen, ihn, den sieghaften Wrltfahrer. Stillvergnügt lächelte er vor sich hin, während er den Dampf seiner feinen Cigarre in dir Luft blie». Ja, wie ihn da» Leben in seine Krallen genommen und geschüttelt hatte! Wie'» ihn hatte ducken wollen: nieder auf die Knie«! Und wie er trotzdem, zähneknirschend, kausteballend, immer wieder den Kampf mit ihm ausgenommen und e» gezwungen hatt«! Da» hebt! Da» giebt so «in Gefühl der Kraft, ein Ueber- menschenbewußtsein, den Rausch der Unabhängigkeit. DaS läßt gleichgiltia herabsehen auf da» Heerdengewühl, die compacte Mass» Derer, di» im Schweiße ihre» Angesicht» um» Satt- wrrden kämpfen oder in einem Aemtchen still zufrieden mit trotten. Er kam von drüben, um dem stolzen Bau de» Erreichten die Kron« aufzusetzen. Dir »raut wollt, er sich holen, die Jugend, gespielin, die reich« Nachbarltochter, die er von ferm angrbetet, StSdtebil-er aus Sachsen. Nachdruck verdate«. Zwickau. L Zwei äußerst günstige Umstände haben Zwickau zum Ent stehen und zur Blüthe gebracht: erstens seine vortreffliche Lage an der großen Handelsstraße von Norden nach Süden, die unser Vaterland mit Böhmen und, von Leipzig ausgehend, über Nürnberg, mit Süddeutschland verbindet; zweitens waren es die reichen Kohlenschätze, auf denen Zwickau selbst ruht und die in der nächsten Umgebung in großen Mengen dem dunklen Schooße der Erde seit Jahrhunderten entnommen werden. Beiden Umständen verdankt Zwickau seine Wohlhabenheit und seine Bedeutung, bi» auf den heutigen Tag. Wie der Name der Stadt andeutet, ist Zwickau eine Gründung der Sorben-Wenden. Man leitete früher den Namen von dem wendischen Worte „Wiki" ab, das würde auf Markt, Marktplatz Hinweisen, eine Deutung, die durch di« Lage Zwickaus an der großen VerkehrSstraße passend erscheint. Eine andere Ableitung stammt von dem Namen des Feuergottes Zwicz und würde bedeuten Zwicz-Aue (Aue des Zwicz). Beide Ab leitungen hat man in neuester Zeit für verfehlt erklärt, man ist vielmehr der Ansicht, daß der Name von Cvik abzuleiten ist, Cvikor, CvikovL oder Cvikovö — Siedelung des Cvik, etwa gleich bedeutend mit Schlauenheim. (Hey.) Die Schreibweise des Ortsnamens hat nach Hey im Laufe der Jahr hunderte folgende Wandelungen durchgemacht: 1118,1290, 1324 Zwikowe, 1125 Zwicowe, 1151 und 1152 Zwickow«, 1219 Zwiccowe, 1290 Zvikov, 1306 Zvickov, 1307 Zwickou, 1331 Zwickaw, 1368, 1445 Cwickaw, 1429 Czwigkau, 1449 Zcwickow, 1449 und 1455 Czwigkaw, 1470 Zcwickau, 1471 Zcwickau und Zcwigkaw, 1389 öfter Czwigkove und -ow, 1390 und 1441 Zcwigkaw, 1429 Czwigkau. Durch die günstige Lage mag sich die Siedelung bald über die umliegenden Orte erhoben haben. Um 1118 wird der Land schaft Zwickau zuerst urkundlich gedacht, und zwar im Stif- tungsbviefe der altehrwürdigen Marienkirche. Zur Stadt erhoben wurd« der Ort zwischen den Jahren 1192 und 1212, 1290 wurde sie Reichsstadt. Nach vielfachen Verpfändungen kam 1348 Zwickau als erbliches Eigenthum an das Haus Wettin, bei welchem eS auch beständig geblieben ist. Don nun an war die Geschichte der Stadt mit der Geschichte deS Hause» Wettin auf das Engste verknüpft, Freud und Leid theilte die Stadt mit seinem Herrscherhause. Als mitten im Winter 1429/30 die ergrimmten Hussiten "vor gut wr plün- BezugS-Preis tz, tz« Hauptexpedttton ob« den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Au«, gabrstrllen 'bgrholt: vtertrljäbrltch ^l 4.60, bet zweimalig« täglich« Zustellung in» Hau- ^l d.so. Durch di« Post bezogen für Deutschland «. Oesterreich: virrteljährl. S. Man avmnnrt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland. Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Douaustaaten, der Europäischen Türkei, Eguptru. Für alle übrigen Staaten ist d« Bezug nur unter Kreuzband durch dpi Expedition diese» Blatte» möglich. Die Morgen-Au-aab« erscheint um '/,? Uhr, die Abend-AuSgab« Wochentag» um S Uhr. Nkdartion »ad Expedition: IsohanniSgaffe 8. Filiale«: Alstetz Hahn vorm. v. Klemm'» Gortim. LaiversitütSstraße 8 (Paultnum^ . Loutt Lösche, Katharineustr. I», Part, und KäuigSplatz 7. m/Nalir rdotev.» s Lriek j 35 ) 3900 » 3500 >15150 ), 3250 i! 3550 > 1125 > 8900 16800 9150 > — > 7250 > — » 2925 1 3425 i 525 1325 »j 3075 850 ( 1775 ! 2100 2550 14400 1325 1025 120 1825 40 18700 1150 ! 272!) ! 350 12800 110 — 98 25 164,25 Anzeigen-Preis die Sgkspaltene Pttitzeik LS H. Reklamen unter dem Redaction»strich (»gespalten) 7S H, vor den Familteanack^ richten («gespalten) SO H. Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und . Osfkrtenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbefärderung 60.—, m i t Postbesörderung 70.—» Änaahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eia« halbe Stunde früh«. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geüssnrt von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Volz in Leipzig. 95. Jahrgang.
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