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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010123020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901012302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901012302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
- Tag1901-01-23
- Monat1901-01
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Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile 2S Reklamen unter dem Redactionsstrich (»gespalten) 78 vor den Familiennaöb» richten (6 gespalten) 8V H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgeu-Ausgabe, ohne Postbesürderung 60.—, mit Postbesörderung .ck 70.—. Iinnahmeschluß für Iiryeizen: Abend-AuSgabe: BormittagS 10 Uhr. Morgen.Ausgabe' Nachmittags 4 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestelle» je et»« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet oon früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Polz t» Leipzig. 42. Mittwoch den 23. Januar 1901. 85. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Ter To- der Königtu von England. Ob der Thronwechsel in England irgend welchen Einfluß auf den Gang der Kriegscreig nisse in Südafrika haben wird, entzieht sich noch jeder Berechnung. Der Prinz von Wales ist politisch nie hervorgetreten. Er hat zwar den englischen Truppen vor ihrem Abgänge nach dem Kriegsschauplätze gute Wünsche mit auf den Weg gegeben und die Heimkehrenden in London begrüßt, doch verpflichtet ihn dies zu nichts. Alles kommt darauf an, ob England den Krieg, der Unsummen an Geld und Blut verschlingt, besten Verlauf Englands Prestige schwer ge schädigt hat und noch schädigt, und besten Ende nicht abzusehen ist, bereits satt hat oder nicht. Sucht man nach einer Pastenden Gelegenheit, um durch ein größeres Entgegenkommen den Wünschen der Boeren gegenüber sich aus der Affaire zu ziehen, so wäre diese Gelegenheit jetzt gegeben. Königin Victoria hatte die Kriegserklärung unterzeichnet, sie konnte also nicht wohl In einen Frieden willigen, der in zu auffallendem Widerspruche mit den großen Worten und dem „Niemals!" Chamberlain's und Salisbury'L gestanden haben würde. Jetzt, wo die Königin todt ist und ein neuer Herrscher den Thron bestiegen hat, der politisch noch ein, wenn auch schon vom Alter etwas angegilbtes, aber doch noch unbeschriebenes Blatt darstellt, könnte man, zur Noth wenigstens, hinter dem Personenwechsel einen Conlissen- wcchsel sich vollziehen lasten. Trotz oes parlamentarischen Ne. gimes hat der König von England noch so viel Macht, oder sagen wir richtiger, Einfluß, ihm unbequeme Minister, selbst einen Chamberlain, kalt zu stellen und sich mit besseren Rathgebern zu umgeben. Nun, was werden wird, werden wir ja ehebaldigst erfahren. Hoffen wir im Interesse der schwer geprüften süd afrikanischen Republiken, daß der Tod der Königin von Eng land das Ende des Boerenkrieges bedeutet, wenn diese Hoff nung auch nur eine sehr schwache ist. Die Wirren in China. Nach einer Depesche vom Commando des ostasiatischen Ex- peditionscorps ist das Unglück beim Salutschicszen zur Jahreswende im Peitangfort dadurch herbeigeführt worden, daß nach einem Schlagrohrversager mit Feuer-Er scheinung der Verschluß des eroberten Küstengeschützes zu früh zeitig geöffnet wurde. Die Vorschrift sagt ausdrücklich, daß eine ganz bestimmte Zeit nach derartigen Versagern mit dem Oeffncn des Verschlusses gewartet werden soll, damit man gewiß ist, daß die Kartusche durch die Schlagröhre nicht in Brand gesetzt worden ist. Oeffnet man also den Verschluß zu zeitig und ist die Kar tusche doch in Brand gerathen, so schießt ein starker Feuerstrahl rückwärts und seitwärts heraus und kann der Bedienung große Gefahr bringen, wie es bedauerlicher Weise in diesem Falle ge schehen ist. Hinzu kam noch, daß dieser Feuerstrahl, wie cs in dem Telegramm heißt, in Folge Fahrlässigkeil der Bedienung den in der Nähe befindlichen Kartuschraum in Brand setzte, wo durch das Unglück natürlich bedeutend verschlimmert wurde. DaS Geschütz war eine eroberte 15-Centimetcr-Kanone. Die Nachricht einiger Tagesblätter, daß es sich um ein schweres Feld- haubitzrohr der deutschen Fußartillerie handelt, bestätigt sich so nach, wie vorauszusehen war, nicht. Belgische Interessen. Der „Köln. Ztg." schreibt man aus Antwerpen, 21. Januar. Der frühere belgische Generalconsul für Guate mala, Duckerts, war vom König zu Forschungen im Interesse Belgiens nach China entsandt worden. Dem hiesigen „Matin" wird dazu aus Brüssel geschrieben: Tas Ergebniß der Sendung des Herrn Duckerts hat den Erwartungen des Königs nicht ent sprochen. Herr Duckerts erklärte offen, daß man die Bedeutung Chinas als Absatzgebiet für die b e l g i s ch e n E r z e u g n i s s e und als Markt zur günstigen Anlage riesiger europäischer Capi talien stark übertreibe. China ist allerdings ein unermeßlicher Marktplatz, aber die Käufer besitzen nur geringe Kaufmittel; die Bevölkerung muß sich daher mit einigen großen gangbaren Artikeln begnügen. Damit sei nicht gesagt, daß unsere Indu striellen und Kapitalisten dieses Absatzgebiet vernachlässigen sollten; nur wird ihnen Vorsicht empfohlen. Man kann dort nur geringen Gewinn erzielen. Seit einer Reihe von Jahren hat man die Gründung einer chinesisch-belgischen Bank empfohlen, die die Handelsgeschäfte erleichtern und in ruhigen Zeiten durch Darlehen auf Maaren einen Gewinn von 7 oder 8 Procent Jahreszinsen finden würde. Die unter dem Schutze des Königs gegründete Orient-Gesellschaft wird ein Geldinstitut schaffen, das sich mit diesen Operationen befassen soll. Verlustliste. Abkürzungen: T. — Todt. L. v. — Leicht verwundet. D. — Vermißt. Laz. --- Lazareth. fr. — früher. A. H. --- Amtshauptmannschaft. Bez. A. — Bezirksamt. Gouv. — Gouvernement. Kr. — Kreis. Landw. B. — Landwehr bezirk. Oberamt. — Dberamtsbezirk. St. --- Stadt. — Die fehlenden Angaben über Zeit und Ort des Todes, Todesursache, Art der Verwundung und solche über Vermißte werden den An gehörigen sofort nach Eingang weiterer Nachrichten mitgetheilt werden. Gefecht bei Uung-tsing-hsien am 15. De- cember 1900. 3. Ostasiatisches Infanterie-Regiment. Stab des 2. Bataillons. 1) Major Bernhard v. Haine, aus Kunners- dorf, Kr. Hirschberg; fr. Jnfantr.-Negt. Nr. 53, Verletzung durch schwere Brandwunden. 5. Compagnie. 2) Hauptm. Erich Schäffer, aus Düsseldorf, St. Düsseldorf; fr. Jnftr.-Regt. Vogel v. Falckenstein, Verletzung durch schwere Brandwunden. 6. Com pagnie. 3) Oblt. Edwin Cremer, aus Burtscheid, Landkr. Aachen; fr. Jnftr.-Regt. Freiherr von Sparr, L. v., Säbelhieb über die Hand. Außerdem gestorben b e z w. vermißt. 1. Ost- asiatisches Infanterie-Regiment. 1. Com pagnie. 4) Musk. Hermann Dernbach, aus Mettmann, Kr. Mett mann; fr. 3. Garde-Regt. z. F., 8. Comp., T. 2. Compagnie. 5) Musk. August Lampen, aus Merzen, Kr. Bersenbrück; fr. Garde-Gren.-Regt. Nr. 5, 1. Comp., T. 6) Musk. Albert Weiß, aus Marbach, Oberamt. Marbach, Württemberg; fr. Württ. Jnf.-Regt. Nr. 180, 2. Comp., T. 7) Musk. Josef Tuechter, aus Meppen, Kr. Meppen; fr. Königin Elisabeth- Garde-Gren.-Regt. Nr. 3, 4. Comp., T. 3. Compagnie. 8) Musk. Gustav Knospe, aus Neuendorf, Kr. Teltow; fr. Füsil.-Regt. Prinz Heinrich von Preußen, 6. Comp., T. 4. Compagnie. 9) Musk. Gustav Mategat, aus Ragnit, Kr. Ragnit; fr. Gren.- Regt. König Wilhelm I., 1. Comp., 2. 6. Compagnie. 10) Gftr. Karl Schütze, aus Friedersdorf, Kr. Sorau; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 45, 4. Comp., T. 7. Compagnie. 11) Musk. Hermann Blümel, aus Pernau, Kr. Pernau, Gouv. Livland, Rußland; fr. Jnftr.-Regt. Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz, elfte Comp., 2. 8. Compagnie. 12) Musk. Heinrich Haack, aus Schürensöhlen, Kr. Hzgth. Lauenburg; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 47, 3. Comp., T. 13) Musk. Ludwig Hüttmann, aus Sibbersdorf, Fürstenth. Lübeck, Oldenburg; früher Jnftr.-Regt. Nr. 50, 7. Comp., V. 2. O st asiatisches Infanterie-Regi ¬ ment. 2. Compagnie. 14) Musk. Otto Griesheim, aus Alto schätz, A. H. Oschatz, Sachsen; fr. Sächs. Jnftr.-Regt. Nr. 134, 11. Comp., 2. 17. November 1900. Laz.-Schiff „Savoia", Typhus und Lungenentzündung. 4. Compagnie. 15) Gftr. Theodor Czezatka, aus Branitz, Kr. Leobschütz; fr. Sächs. Jnftr.-Regt. Nr. 178, 8. Comp., T. 22. October 1900 in Lin-tschong, Ruhr. 6. Compagnie. 16) Musk. Willy Kirsch, aus Bitterfeld, Kr. Bitterfeld; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 72, 7. Comp., 2. 7. Compagnie. 17) Gftr. Horst Clauder, aus Gotha, Kr. Gotha, Sacbsen-Coburg-Gotha; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen), 7. Comp., T. 3. O st - asiatisches Infanterie-Regiment. 5. Compagnie. 18) Musk. Franz Busch, aus München-Gladbach, St. München- Gladbach; fr. Jnftr.-Regt. Herwarth von Bittenfeld, 2. Comp., 2. 7. Compagnie. 19) Gftr. Peter Born, aus Urweiler, Kr. St. Wendel; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 70, 1. Comp., 2. 4. O st - asiatisches Infanterie-Regiment. 1. Compagnie. 20) 2rainsold. Matthias Daleiden, aus Kreutzdorf, Kr. Bitburg; fr. Jnftr.-Regt. Markgraf Karl, 1. Comp., 2. 5. O st - asiatisches Infanterie-Regiment. 2. Compagnie. 21) Musk. Emil Brandenburg, aus Wißmar, Kr. Naugard; fr. Landw. Bez. Stargard; 2. 4. Compagnie. 22) Musk. Ernst Eulner, aus Arolsen, 2wistekreis, Waldeck; fr. Jnftr.-Regt. von Wittich, 9. Comp., 2. 7. Compagnie. 23) Musk. Friedrich Brandt, aus Frankfurt a. M., St. Frankfurt a. M.; fr. Landw. Bez. I, Dortmund, 2. 6. O st asiatisches Infanterie- Regiment. 2. Compagnie. 24) Musk. Wilhelm Krause, aus Sangerhausen, Kr. Sangerhausen; fr. Füsil.-Regt. Gen.- Feldm. Graf Blumenthal, 12. Comp., 2. 5. Compagnie. 25) Musk. Jacob Gloßner, aus Königsbrunn, Bez. A. Augsburg, Bayern; fr. Landw. Bez. Augsburg, 2. Ost asiatische Jäger-Compagnie. 26) Jäger Friedrich Schultchen, aus Naundorf, Kr. Cola»; fr. Jägcr-Batl. Nr. 3, 1. Comp., 2. O st asiatische Munitions-Colonnen - Abthei- lung. Jnfanterie-Munitions-Colonnc Nr. 2. 27) Kanonier Philipp Guth, aus Trippstadt, B. A. Kaiserslautern, Bayern; fr. 5. Bayer. Cheveaurlegers-Regt. Erzherzog Albrecht von Oesterreich, 5. Esc., T. Artillerie-Munitions-Colonne Nr. 1. 28) Kanon. Paul Mühle, aus Altsärichen, Kr. Rothenburg; fr. 1. Sächs. Feldartill.-Ncgt. Nr. 12, 6. Batt., 2. 29) Kanon. Adolf Hoyer, aus Eldena, Kr. Ludwigslust, Mecklenburg; fr. .Feldartill.-Rrgt. Nr 62, -.!. Batt Ostasia^rfK,« F e l v l a z a r e t h N r. 1. 30) Trainsold. Gustav Mylord, aus Halberstadt, Kr. Halberstadt; fr. Train-Barl. Nr. 4, 3. Comp. 2. Berichtigungen zu Verlustlisten Nr. 4 und 5. Die in der Verlustliste Nr. 4 unter 2., 3. und 4., sowie in der Verlustliste Nr. 5 unter 1. aufgcführten Mannschaften, Mus ketiere Hermann RUbesam, -Alexander Hinz, Pionier Otto Werdermann (1. nicht 2. Compagnie Ostasiatischen Pionier- Batl.) und Kanonier Karl Schüle sind nicht im Gefecht bei Tse- kingkwan gefallen, sondern an Krankheiten verstorben bezw. ver unglückt. Es sind im Gefecht bei Tsekingkwan am 29. October 1900 gefallen (in Verlustliste Nr. 4 unter 8—11 als an Krank heiten gestorben, geführt): 2. Ost asiatisches In fanterie-Regiment. 7. Compagnie. Gftr. Otto Hoff mann, aus Ostramondra, Kr. Eckartsberga; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 96, 2. Comp., 2. Schuß in den Unterleib. Musk. Anton Gaffe, aus Zabern, Kr. Zabcrn; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 94 (Groß herzog von Sachsen), 10. Comp., 2. Brustschuß. 8. Compagnie. Musk. Johannes Baumgard, aus Rhina, Kr. Hünfeld; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 81, 10. Comp., 2. Schuß in den Unterleib. Musk. Karl Christ, aus Freiendiz, Unterlahnskreis; fr. Jnftr.- Regt. Nr. 87, 2. Comp., 2. Brustschutz. Z u V e r l u st l i st e Nr. 6. 1. O st asiatisches Infanterie-Regiment. 8. Compagnie. 8) Musk. Karl Burmeister. Lies: 2. nicht 8. Compagnie. 3. Ost asiatisches Infanterie Regiment. 5. Compagnie. 16) Musk. Armin Schulz. Lies: Bez. A. Mellrichstadt, nicht Bez. A. Würzburg. Politische Tagesschau. * Leipzig, 23. Iauuar. Im Reichstage, der mit der Debatte über den Etats titel des Staatssekretärs des Innern immer noch nicht zu Ende ist, baden es gestern die Socialdemokraten nicht für räthlich erachtet, auf die neueste „Enl hü klung" des „B or- wärts", den vom 7. Juli 1896 batikten Brief deS Geschäfts» fübrers des Centralverbandes deutscher Industrieller Bueck an den damaligen Vorsitzenden des BerbandeS von Haßler in Augsburg, zurückzukommen. Wahrscheinlich ist diese Zurück- bal tung auf dw Erwägung zurückzufübren, daß der „Vorwärts" auch in diesem Falle die saubere Rolle eines Hehlers gespielt bat und daß mit einer solchen Rolle im Reichstage nicht Staat zu machen ist. Den „Genossen" gegenüber, die an die Moral der socialdemokratischen Führer uud ibreS CentralorganS ge wöhnt sind, braucht man sich wegen einer solchen Rolle ebenso wenig zu schämen, wie der Verbindung mit Spitz buben, und so besorgt denn die socialdemokratische Presse, unterstützt von der demokratischen, die von den parla mentarischen Vertretern gestern unterlassene Ausbeutung des Briefes. Dabei muß, wie zu erwarten war, in erster L-nie die von Herrn Bueck gebrauchte Wendung berbasten, „daß wir (der Centralverband) endlich doch Herrn v. Berlepsch klein bekommen haben" und „mit dem Tausch zufrieden sein können". Wir haben schon gestern erklärt, daß Herr Buckk sich einer Renommage schuldig gemacht, als er das und AebulicheS schrieb. Uud das muß jeder erkennen, der sich die Thatsachen vergegenwärtigt. Frhr. v. Berlepsch, daS wird ja in dem Briefe auch erwähnt, strebte eine staatliche Organisation der Arbeiter au. Wenn nun von seinem Nachfolger Brefeld in dem Briefe gesagt wird, daß dieser die Gefährlichkeit dieser extremen Maßregel vollkommen anerkannt babe, so ist daS , - chlig, aber eS w-ist keineswegs auf eine Uebereinstimmung des neuen Ministers mit dem Ccntralverbande allein, sondern auf eine Uebereinstimmung desselben mit der großen Mehrheit der deutschen Politiker bin. Jener Plan deS Herrn v. Berlepsch hat zu seinem Rücktritte beigetragen und neben ibm die vom BundeSrathe erlassene Verordnung über eine Maximalarbeitszeit im Bäckereigewerbe. Bei der Be kämpfung Vieser rhn nickt berührenden Maßregel stand aber der Centralverband, wenn er auch aus principiellcr Erwägung daran theilnahm, keines wegs in vorderster Reibe. Sie erschien und erscheint Vielen bedenklich. Die Commission für Arbeiterstatistik batte sie angeregt, aber der Vater dieser Commission, der damalige Abgeordnete für Stuttgart Siegel, den selbst Bebel einmal einen woblwollenden Arbeitgeber nannte, war ein Gegner der Verordnung, die auch erst vorgestern von einem Sachverständigen und Nicktinteressenten, dem ebemaligen Bäckermeister und Münchener Abgeordneten, im Reickstaae als für kleinere Betriebe undurchführbar erklärt worden ist. Der Centralverband ist eS sicherlich nicht allein gewesen, der Herrn v. Berlepsch „klein bekommen" hat, und ganz zweifellos vergrößert Herr Bueck die Wahrheit, wenn er Herrn v. Haßler schreibt: die Ablehnung eine- „im Frurlleton» Das neue Lahnproject. Roman von Paul Oskar Höcker. Nachdruck vcrbotrn. So gut es ihre erstarrten Hände vermochten, wusch sie die Stirnwunde aus. Dann trennte sie den Aermel des Verun glückten auf. Ein schmerzliches Zittern ging dabei durch seinen Körper. Schrecklich war der Anblick, der sich ihr bot: die Schulter 'chien geradezu zerschmettert. Mit jäher Wucht mußte ihn da »in Felsstüü getroffen haben, und zwar ein größeres, als wie jenes, das die Stirnwunde hervorgcrufen hatte; ein Wunder, daß die Gewalt ihn nicht ganz und gar hinabgerissen hatte. Hätte sic ihn in jener Secunde nicht angeruien, als er in einer ihr unerklärlichen Sorglosigkeit so dicht am Rande des Couloirs stehen blie>b — unrettbar wäre er in die 2iefe gesunken — auf Nimmerwiedersehen. Es war nicht nur eine lurze Ohnmacht, die Arnold's Willen lähmte — denn es währte eine Viertel-, eine halbe Stunde, ohne daß er ein Lebenszeichen von sich gab. Sie rieb seine Stirn mit Essenzen, besprengte sein Gesicht mit Wasser — er rührte sich nicht. Endlich mußte sie sich sagen, daß Schwereres vorlag: er schien bei dem Sturze oder auch durch den Schlag gegen den Kopf eine Gehirnerschütterung davongetragen zu haben/ Der Sturm halte draußen mit erneuter Kraft eingesetzt. Sie merkte es daran, wie schwer eS ihr ward, Feuer zu machen. Durch alle Fugen drang der eisige, scharfe Lnftstrvm herein. Unheimlich heulte und wimmerte, ächzte und stöhnte es dabei. Die Sorge um Arnold ließ sie des eigenen leidenden Zu standes völlig vergessen. Es war vielleicht auch besser so, denn sie wäre ohne diese aufopfernde Thätigkeit sicher ganz haltlos zufammengesunlcn. Das furchtbare Abenteuer dieser Nacht hätte sogar auf ihren Geist, auf ihr Gemüt!) von unheilvollsten Folgen sein können, wenn nickt die zwingend: Notbwendigkeit an sic herangetreten wäre, zur Errettung d-s Geliebten alle ibre Kräfte znsammcnznnehmen. Ihrem Bruder hatte sie einige .Handgriffe in der Wund behandlung abgesehen: was ihr an Wisse:: abging, ersetzte ihr weibliches Geschick. Nicht eher rubte sie, als bi- die Verbände in Ordnung waren. Erschöpft sab sic sich dann um. Nur wenig« Vorriithe befanden sich noch in der Hütte. Sie mußte aber endlich, um vor Erschöpfung nicht niederzusinken, etwas zu sich nehmen. Am Feuer erhitzte sie ein wenig Wein, den sie in langsamen Zügen trank. Das innerliche Frösteln ward sie aber danach noch immer nicht los. In Decken eingehüllt, ließ sie sich an Arnold's Lager nieder. Grauenvoll war diese Vereinsamung in der Eis- und Schnee region — noch dazu in einer Nacht, wie dieser. Der Schnee sturm hatte nur für eine kurze Spanne Zeit ausgesetzt. Als es Morgen wurde, als die siebente, die achte Stunde herannahte, erreichte er seine höchste Gewalt. Elisabeth fürchtete jeden Augen blick, daß der elementare Hcxentanz die ganze Hütte aus dem Felsen reißen und in den Abgrund fegen werde. Arnold lag regungslos da, mit leicht geschloffenen Lidern. Er athmete leise und unregelmäßig. Ein paarmal schlug er die Augen auf; aber sie waren glanzlos, trübe und fiebrig, die Pupillen weit geöffnet und nicht im Mindesten lichtempfänglich. Die Trockenheit des Mundes, den mehr und mehr zum Durch bruch kommenden Fieberzustand versuchte Elisabeth durch Ein träufeln von kleinen Dosen Wasser zu lindern. Fortgesetzt erneuerte sie die Compressen. Trotz des furcht baren Schneesturmes, der ihr's kaum ermöglichte, die Thür zu öffnen, trotz des Schüttelfrostes, der ihr die Herrschaft über ihren Körper raubte, wagte sie sich wiederholt hinaus, um von der Eis rinde, die an dem Dache haftete, Theile loszuschlagen, die sie für die Umschläge verwandte. Langsam schlich der Tag weiter. Nun kam ihr auch der Gedanke an Alexander. Die Nacht über hatte der Bruder sie gewiß wohlbehalten in Wndgäll ge wähnt. Da sie zur Mittagsstunde aber noch nicht in Wängli eingetroffen war, zudem dieser grausige Schneesturm sein Un wesen trieb, mußte er sich um sie zu ängstigen beginnen. Womit aber konnte er ihr helfen? So lange das Unwetter wüthete, war die Hütte unerreichbar, — denn Weg und Steg waren ver schneit, die meisten Stellen waren zudem durch Steinschlag oder Lawinen gefährdet. Ihr that der Bruder herzlich leid; sie kannte ja seine treue Liebe zu ihr und wußte, wie schwer er unter der gebotenen Unthätigleit leiden würde. Auf dem Tisch aufgeschlagen lag die Bibel. Daoei befanden sich verschiedene Blätter, zum Theil beschrieben. Sie hatte in der ersten Hälfte deS Tages nicht die Sammlung, zu lesen. Auch waren ihre Augen noch so angegriffen, daß ihr die Buchstaben durcheinander.ulausen schienen. Nachdem sie von den Vorräihen sich ein kärgliches Mahl be reitet batte — es hieß sparsam wirthschasten, denn sie konnte nicht wissen, wie lange ihre Gefangenschaft hier oben währen würde — erholte sich ihr Körper jedoch allgemach wieder von den furchtbaren Strapazen der vorigen Nacht. Nun stellte sich aber ein fast lähmendes Ruhcbcdürfniß bei ihr ein. Sie erschrak darüber, denn sie sagte sich, datz die Eisumschlägc nicht unter brochen werden dürsten. Um vom Schlaf nicht überrascht zu werden, wollte sie ihren Gedanken eine intensive Beschäftigung geben. Sie setzte sich also am rohgezimmertsn Tisch nieder und zwang sich, zu lesen. Dabei fiel ihr Arnold's Brief in die Hände. Sie glaubte ihren Augen nicht trauen zu dürfen, — las sie doch ihren Nomen auf dem Umschlag! Er hatte an sie geschrieben? Und er hatte gewußt, daß sie in Wängli lebte bei ihrem Bruder? Also hatte Alexander ihm an jenem Abend doch wohl mehr verrathen, als er zugeben wollte.' Mit zitternden Händen öffnete sie das Schreiben und las. Entsetzen erfüllte sie, als sie gleich aus der ersten Seite ersah, welchen Schritt zu thun er im Begriff gewesen war. Also hatte ihre Ahnung sie nicht betrogen. Mehr und mehr riß sie dann ein unsagbares Mitleid mit dem Hartgeprüften hin. Offen lag seine Seele vor ihr. Sie erlebte die Dualen, die namenlosen Leiden, die er durchgemachk hatte, mit ihm. Sie bewunderte seinen Ehrgeiz, der ihn, den stillen Gelehrten, zu solch' thatkräftigem Vorgehen bewogen hatte. Aber schließlich begriff sic auch den ungeheuerlichen Entschluß, so sündhaft er sein mochte: dem unlösbaren Conflict aus dem Wege zu gehen, indem er seine Spur vom Erdboden ganz und gar tilgte. Wenn sie im Morgengrauen dieses Tages seinen Lebensweg nicht gekreuzt hätte — dann würde er die große Sünde unfehlbar begangen haben! Heiße Thräncn rannen über ihre Wangen. Sie stürzte an Arnold's Lager, preßte ihr Antlitz in seine Hand und rief seinen Namen in bittendem, verzweifelndem Tone. -Ob er es wirklich über's Herz gebracht hätte, so von ihr zu scheiden? Der Gcdanle an Anna ritz sie dann jäh empor. Sie hatte ja kein Recht an ihren Jugendgeliebten — er ge hörte einer Anderen — Jener, die geduldet hatte, daß man ibn verhöhnte! Und dabei hatte lediglich der Gedanke, daß er als Mann von Ehre an sie gebunden war, daß es kein Glück für ihn auf der ganzen weiten Welt mehr gab, ihn zu dem ungeheuer liche» Entschluß getrieben. Es waren bittcre, gualvollc Stunden, die sic in Verzweif lung und Trostlosigkeit am Lager des. bleiche», schweigenden ! Mannes hinbrachtc. Was war für sie jetzt noch das Leben? — so klang «S einem wilden Aufschrei gleich aus ihrer Seele. Ging es ihr besser, als ihm? Sie hatte auf ihr eigenes Glück verzichtet, weil sie das seine nicht trüben wollte. Leer, kalt und einsam war es nun rund um sie. Aber hatte sie darum etwa gleich ihm an Gott ver zweifelt? Wieder fanden sich ihre Hände zum Gebet. Aus inbrünstigem Herzen erflehte sie vom Himmel Verzeihung für den verzweifelten, verzagten Entschluß deS Irrenden. Sie pries Gott für seine Führung — sie dankte ihm, datz seine Fügung sie hierher geleitet hatte. Gern wollte sie jetzt die Qual der Schrcckensnacht, die hinter ihr lag, auf sich genommen haben — weil ihr Unglück nöthig gewesen war, um ihn, den Verzweifelten, von der grauen vollen That abzuhalten. Ja, sie ersah in seinem jetzigen Leiden die weise Fügung des Himmels, der ihm damit die Möglichkeit genommen hatte, gegen sein Leben zu freveln. Die Aussprache im Gebet gab ihr neuen Muth und neue Kraft. Sie empfand nun die ganze Verantwortung ihres Amtes. Nicht allein die Pflegerin seines siechen Körpers mußte sie ihm sein — nein, es war in noch viel stärkerem Maße ihre Aufgabe, den irrenden Weltflüchtigen auf den rechten Weg des Gewissens, der höchsten Pflicht — der gegen Gott — zurückzuleiten. ... Zu vorgerückter Nachmittagestunde war es, als durch das Heulen und Sausen des Windes, der mit der Sonne zu gehen schien, und jetzt darum wieder ein Weng nachließ, Stimmen gewirr, Poltern und Scharren an ihr Ohr klang. Hastig eilte sie zur Thür. Sie wollte sie öffnen — aber eine unsichtbare Macht preßte sich dagegen an. Ohne Zweifel war es eine schwere Schneelast, die der Sturm vor der Thür auf- gethürmt hatte. Nun vernahm sie ganz deutlich das Arbeiten mit Hacke und Schaufel. Ilnd wenige Minuten später ward die Thür auf- gerissen. Ter Wind trieb eine Wolke Schnee herein. Schützend stellte sie sich an das Lager deS noch immer Bewußtlosen. Es waren Leute aus Winbgäll. Der alte Wurmspach hatte ihnen als Führer gedient. „Wo ist unser Herr?" war seine erste Frage. „So ein häß^ licheu Welter. Wir haben unS doch so grausam gelangt, daß er über's Joch nach dem Rhonethal könnte hinüber gestiegen sein. Nachher wäre Matthäi am letzten gewesen." Erleichtert othmeten sie auf, als sie ihren bisherigen Brod- Herr» erspähten; aber der Verband, den seine Stirn trug, ängstigt; sie. Elisabeth, die sie zu äußerster Ruh« ermahnte, gab rasch Bescheid über da? Nöthigste.
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