02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010126024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901012602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901012602
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- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Abend-Ausgabe Druck und Verlag von T. Pol- t» Leipziß. 95. Jahrgang. Sonnabend den 26. Januar 1901. Herr Schwändi, bedenken 2Sj an da !S,— .6,25 0 0 3 2 5 5 ISS >e»l- >tltr vor- »cl»- >deu. 400 2300 7700 1300 r. Im II. »7.75 '5,40 '7,75 >4,10 .1,75 '2 IO iS 50 10,80 Ü?10 .8,75 öed». proc. Slll- si-rlis drtsa Oivi. wir's — dahin haben Sie mich gebracht!" »Mi- Vortr; Wdit« ; ck«r (2S,D u»ct> <24/I> okeli" Ertra - Beilagen ^gefalzt), nur mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbefördrruug ./t 60.—, mit Postbesörderung .-l 70.—. treter Bayerns, Ritter v. Herrmann, ausdrücklich, daß die bayerische Regierung dazu in keinerlei Beziehung stehe, daß vielmehr die Erklärung deS Grafen Poiadowsky vollkommen dem Reichsverfassungsrecht und den Anschauungen der ver bündeten Negierungen entsprochen habe. Damit sind die Gegner des Staatssekretärs im Reichstage abermals um eine Angriffswaffe gegen den Verhaßten ärmer gemacht. 3375 500 1325 2825 850 1775 2125 2550 4310 1325 525 1625 IIO 2675 1700 30 :870O 1125 2700 30 ^I0 :2800 „No, was sind das für Sachen. Wird wieder eine Bettelei" sein." „Ja, und am Tage sei sie auch schon hier im Hause gewesen, sagte die Mareili, und habe noch unserem Fräulein gefragt." Ungeduldig wackelte Schwändi mit dem Kopfe. „Wann sie da ist, die Anna, will ich Bescheid haben." Als die Wirthschafterin draußen war, bearbeitete Orell seinen Schwiegervater von Neuem. „Für alle Fälle scheint mir's das Sicherste: ich verbrenne die Papiere auf der Stelle. Der einzige Zeuge für ihr Vor handensein hat das Zeitliche gesegnet — wer könnte also ihrs Existenz je wieder beweisen?" Schwändi quälte die Sache ganz schrecklich. Er räsonnirte noch eine Weile, aber schließlich gab er seinem Schwiegersohn in Allem nach. Am liebsten hätte Orell nun sofort das Packetchen an sich genommen und damit das Haus verlassen; es war aber anzunehmen, daß er Anna begegnete, die natürlich sein Fortgehen in dieser Minute sich nicht würde erklären können, da sie doch selbst jeden Augenblick daheim erwartet wurde. Die Papiere wanderten also in die Tasche seines Paletots — und man brachte eine recht unbehagliche Wartefrist hin. Punct sieben Uhr war der Zug aus Locarno eingetroffen — jetzt ging die Uhr auf neun, es war stockfinster draußen geworden — und Anna ließ sich noch immer nicht blicken. Ihr langes Ausbleiben gab Schwändi Beranlassung zu neuen Besorgnissen. Warten zu sollen, war für ihn die härteste Auf gabe — besonders unter so ungemüthlichen Verhältnissen. Es kam nämlich hinzu, daß er während seiner gichtischen Anfälle äußerst diät leben mußte; nicht einmal rauchen durfte er. Darüber haderte er besonders grimmig mit aller Welt. Fräu lein Hubinger, die fii>- die Ausführung der ärztlichen Vorschriften verantwortlich war, behandelte er in solchen Zeiten geradezu als persönliche Feindin. Endlich ging die Gitterthür des Vorgartens und gleich darauf klingelte es. Orell riß die Thür zur Diele auf und stürmte hinaus, seiner Braut entgegen. War nur die fahle, weiße Beleuchtung d»S Bogrnlichtes, da» vom Flur hereindrang, daran schuld — oder hatte Anna wirklich eine s« krankhaft bleiche Gesichtsfarbe? s Er streckte ihr in seiner lebhaften Art gleich beide Hände ent gegen, sie mit einem Schwall überflüssiger Worte begrüßend — aber sie warf ihm aus ernsten, kalten Augen einen nieder schmetternden Blick zu, erwiderte kein Wort und stiizms^ai^ 0,80 8.50 4^— 6^10 3.25 7.50 8,— 0,25 5.50 0,30 2.25 5.50 O,— 0,25 8,80 8, — 5,— 7 75 9, — 0,10 2,— 850 8.25 0,10 5.25 18.50 2.25 0, >2.10 5.25 >4,80 2 Udr wUrr- kosll- t", i« -on/v Die radikale deutsche Partei in Lesterreich hat sich, wie sie letzten Wahlen gezeigt haben, als weit lebenskräftiger und ein flußreicher erwiesen, als Mancher, auch im Reiche, gedacht. Wir haben stets den Standpunct vertreten, daß nur ihre consequente, wenn auch mitunter höchst rücksichtslose und wildverwegene Politik auf die Kautschukmänner der österreichischen Regierung Eindruck machen und dem Deutschthum zu seinem Rechte ver helfen könne. Wir begrüßen daher ihren Sieg mit großer Genug- thuung, halten es aber mit der „Täglichen Rundschau" gerade darum für angezeigt, sie vor Unbesonnenheiten und Unklugheiten bei ihrem weiteren Vorgehen freundschaftlich zu warnen. Sehr treffend schreibt Hugo Rippler in seinem der deutschen Bewegung in Oesterreich mit großem Wohlwollen folgenden Blatte u. A.: Für ebenso bedenklich halten wir die Forderung Schönerer'», zur Vorbedingung für den Beitritt zu seiner Gruppe den Aus tritt aus der katholischen Kirche zu fordern. Der Los von Rom - Bewegung könnte kein schlimmerer Dienst geschehen, als wenn sie mit den Bestrebungen irgend einer politischen Partei verquickt würde. Es freut uns, daß die radicalnationale Partei die Los von Rom-Parole aus dem Wahlkampf ganz weglieb, '..nn sie ha! in dem Streite politischer Parteien nichts zu thun; aber um so unbegreiflicher fänden wir es, wenn man nun plötz lich nach dem Kampfe die religiöse Losung in den Tagesstreit Wersen wollte. Wolf hat wiederholt und in Wahrheit erklärt, daß die Bewegung mehr und mehr in die Bahnen einer reli giösen cingelenkt habe, daß wohl der Anstoß zu ihr ein natio naler, oder wenn man will, ein rein politischer gewesen ist, daß sie sich aber von Tag zu Tag mit religiösem Gehalt gefüllt habe, und daß sie nunmehr ihre Bahn neben den Parteiströmungen und Parteiwünschen gefunden habe. Auf dieser Bahn soll man sie auch belassen. Wenn aus ihr auch der deutsche Gedanke Frucht zieht, wie cs natürlich ist — um so besser; aber das ist dann eine Begleiterscheinung. Zur Dienerin und Helferin im Parteistreite steht die Los von Rom-Bewegung zu hoch. Ilebrigens würde mit solch einer gewaltsamen unnützen und beiden Parteien schädlichen Zusammenkoppelung nur Wasser auf jene ultramontanen Mühlen geleitet werden, die der Los von Rom-Bewegung nur mehr dadurch beizukommen glauben, daß sie sie als staatsgefährlich anschwärzen. 4.20 4,30 2 — 0,20 8.50 8.50 3.10 8.10 4.20 9.90 8.60 261, 0,90 2,— 5.50 9.60 0 — 8^0 Minderheit von 1899 in eine Mehrheit zu verwandeln. Die Regierung selbst kann dazu sehr viel beitragen, wenn sie für baldige Einbringung des neuen Zolltarifs in den Reichs tag sorgt." Die Herren wollen also, bevor sie der neuen Canalvorlage gegenüber fick, irgendwie binden, über die Stellung der preußischen Regierung zur Getreidezollfrage ein Papier seben, Las so gut wie baareS Geld ist, und lehnen es ab, sich mit einem „faulen Wechsel" abfinden zu lassen, der nur einen „gesicherten" Zollswutz ver spricht. WaS sie, mit diesem Papiere in der Hand, dann mit ter Canalvorlage machen, und wie lange sie besten Falles die Inangriffnahme und die Durchführung der Wasserstraßen hinauszögern wollen, bleibt ihr Geheimnis;. Es würde daher kaum zu versieben sein, wenn Graf Bülow beute seinerseits in der Getreidczollfrage baares Geld sich abdrängen und mit dem „faulen Wechsel" halber Zusagen bezüglich der Canal frage sich abspeisen lassen wollte. „Ta sind sie wohl schon! Sie, was auf dem Spiel steht! „Ja, ja — Millionen!" klagte der Dicke. „Und auch schon um der Andern willen, die sich doch fest auf uns verlassen haben — Bonstett und Erikon — müssen Sie's durchsetzen!" „Ja, da haben „Aber, wenn's gut ausschlägt, habe ich Ihnen zum besten Geschäft verhalfen, das in den letzten zwanzig Jahren in der Schweiz überhaupt gemacht worden ist." „Ach, aber die Nachrede hinterher — und der Neid — und die Anna, was die sagen wird?!" Orell hatte die Papiere in einen neuen Umschlag gethan und hastig verschnürt. „Herr Schwändi", zischelte er, sich wieder nach der Thür umblickend, „also wir sind einig, nicht wahr? Ich nehme die Sachen da an mich, — denn sie dürfen nicht hier im Hause bleiben, irgend ein Zufall könnte uns einen Streich spielen!" Eine neue Angst prägte sich in Schwändi's verschwommenen Gesichtszügen aus. „Das ist's ja, das ist's ja!" wimmerte er. „Am Ende weiß sie schon etwas davon! Oder gar der Bund! Wenn sie seine Leiche gefunden haben und Anzeige erstattet worden ist? Dann ist gewiß nachgeforscht worden da oben — und man hat die Bauerei, die vertrackte, auf dem Brandeis dort entdeckt und einen Bericht nach Bern geschickt — und morgen kommt Eins von uns hin, um das Geld zu holen, und es heißt plötzlich: „Nichts da, nichts da, wir warten noch, bis die Sache aufgeklärt ist?! . Barmherziger Vater, das überleb' ich ja nicht!" „Bscht! Fassung! Haltung!" ermahnte Orell. Man hatte die Thür geklopft. „Wer ist'S?" polterte der Hausherr. Fräulein Hubinger zeigte sich bescheiden in der Thür. „Blos melden wollt' ich dem Herrn Schwändi, daß ich bin." „Das seh ich!" brummte der Kranke grob. Die Wirthschafterin verschwand wieder. „Halten sollen Sie, potzblitz!" schrie er ihr nach. „Ist daS eine Art jetzt? ... Ob meine Tochter nicht mitgetommen ist, will ich wissen." Gehorsam tehrte das alte Fräulein zurück. „Das Fräulein hat mich auf dem Bahnhof warten geheißen, weil ein junges Mädchen heran gekommen war, das schon lange auf den Zug gepaßt hatte. Sie müßte mit ihr sprechen, hieß cs. Ich blieb also beim Wagen — eine ganze Weile — aber dann kam unser Fräulein wieder heran und schickte mich fort." Im preutzischcn Abgeordnetenhaus!: wird heute beider Berathung Les landwirthschaftlichen Etats der von den beiden conservativen Fraclionen und dem Centrum unter zeichnete Antrag, die Regierung aufzufordern, darauf hinzu wirken, daß bei der bevorstehenden Neuordnung unserer handelspolitischen Verhältnisse der Landwirtbschaft ein wesentlich gesteigerter .Zollschutz zu Theil werde und daß baldigst die Vorlage LcS in Vorbereitung befindlichen Zolltarifs an den Reichstag erfolge, Len breitesten Raum ein- nebmen. An der Annahme dieses Antrags ist um so weniger zu zweifeln, je dringlicher die Führer der genannten Fractionen ihre Freunde zur Tbeilnahme au der Berathung aufgefortert haben. Es fragt sich alio nur, ob die Regierung, ui deren Namen, den „Berl. Polit. Nachr." zufolge, der Reichskanzler und Ministerpräsident Graf Bülow das Wort nehmen wird, zu einer bindenden Erklärung sich drängen läßt. Vor allen Dingen kommt es Len Antragstellern darauf an, Len Reichskanzler, der bekanntlich bei der Einbringung der Canalvorlage im Abgeordnetenhaus« einen „gesicherten" Schutz der Landwirtbschaft zugesagt bat, Liese Zusage erweitert und sich zu einem „gesteigerten" Schutz: verpflichtet, ja wohl gar eine bestimmte Grenze angiebt, unter die er beider Steigerung nicht berabgehen zu wollen erklärt. Warum man eine solche Festnagelung des Reichskanzlers er strebt, spricht der Organisator der vorjährigen Niederlage der preußischen Regierung in der Canalfrage, Freiherr von Zedlitz, in einem Artikel über die Aussichten der wasserwirthschaftlicken Vorlage offen ans: „Sehr wirksam würden die Aussichten der Eaual- vorlage gefordert werden, wenn erst für die Zeit nach 1903 für Landwirthschaft und Industrie Zollschutz nach dem Gutachten deS wi rthschaftli chen Ausschusses gesichert wäre. Wenn natürlich auch die Meldungen von einem Abkommen zwischen der Regierung und den gemäßigten Agrariern frei erfunden sind, so liegt es doch auf der Hand, daß schutzzöllnerische Abgeordnete die 1899 so entscheidenden finanziellen Bedenken gegen die Vorlage ungleich leichter über winden können, wenn die ihrer Ansicht nach nothwendigen Vor aussetzungen für eine gedeihliche Entwicklung des heimischen Erwerbslebens auf lange gesichert sind, während zugleich auch die aus der Gebührenfreiheit der großen Strome hergeleiteten agra rischen Bedenken gegen die Wajserstraßeupolitik der Vorlage durch Erhöhung der Zollsätze, wenn auch nicht gehoben, aber doch sehr erheblich abgeschwächt werden. . . . Wenn so die Aussichten der jetzigen wasserwirthschastlichen Vorlage besser sind als 1899 und sich noch besser gestalten werden, wenn die künftigen Schutz zölle in einer den gemäßigten Schutzzöllnern genügen den Höhe feststehen, so läßt sich doch noch nicht mit Sicherheit beurtheile», ob die günstigeren Momente ausreichcn, die schwache Anzeige« »Pret- tzie 6 gespaltene Petitzeile SS Reklamen unter dem Rrdaction-strich (4 gespalten) 75 H, vor den Familieunack» richten (K gespalten) 5V H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahine 25 H (excl. Porto). Politische Tagesschau. Leipzig, 26. Januar. Eine Antwort auf die Frage, WaS die plötzliche Wandlung der Ansichten der „Reichsregierung" über die Pflichten deS Reiche- gegen die Invaliden der großen deutschen Kriege und die Hinterbliebenen Lieser Invaliden berbei- gefübrt, wurde dem Herrn Reichskanzler in der gestrigen Sitzung des Reichstags erspart. Man begnügte sich mit seiner vorgestrigen Erklärung, daß diese Invaliden und ihre Hinterbliebenen noch in der lausenden Session aus die selben höheren BersorgungSsätze gestellt werden sollen, wie sie in dem neuen Entwürfe den Invaliden und den Hinterbliebenen der Soldaten des ostasiatischen ExpeditionScorps zugebillizt werden; man begnügte sich um so lieber, je erfreulicher die weitere Zusage war, di« gestern der bisher so zähe ReichS- schatzsekrelär im Namen deS Reichskanzlers machte, die Zu sage nämlich, dafür zu sorgen. Laß denjenigen später unter stützungsbedürftig gewordenen Teilnehmern an Len deutschen Kriegen, denen die Beihilfe von 120 bisher noch nicht zu gewendet wird, demnächst diese Unterstützung ebenfalls zu Theil werden kann. Damit ist endlich daS Bemühen der Fürsprecher für LaS berechtigte Interesse der Invaliden und Veteranen der großen Zeit zu seinem Erfolge geführt, und die Frage, warum dieser Erfolg so spät und so über raschend kommt, kann nm so eher fallen gelassen werden, je weniger zu bezweifeln ist, daß der Reichskanzler nm die plötz liche Wandlung sich verdient gemacht bat. Ihm wurde denn auch ebenso einmüthig, wie der Reichstag die wiederholten Anträge deS nationalliberalen Abg. Grafen von Oriola unterstützt batte, der Dank des Hauses ausgesprochen. Dem genannten Abgeordneten blieb nur übrig, die AuSvchnung des vorgelegten Gesetzentwurfs dahin zu empfehlen, daß auch die Marineangedörigen und die Beamten der übrigen Schutz gebiete derselben RechtSwoblthaten theilhaftig werden sollen. Nachdem dann der Gesetzentwurf betreffs der Versorgung der Invaliden aus Ostasien der Budgetcommission überwiesen worden war, wurde nochmals die Berathung des Etats deS Reichsamts des Innern ausgenommen. Aus der Debatte ist lediglich ein Zwischenfall hervorzubeben, der unseren Lesern au- de« Sitzungsberichte nicht klar geworden sein dürfte. Nachdem Graf PosadowSky vor einigen Tagen im Reichs tage den Socialdemokraten entgegengebalten hatte, daß er nicht allein den Gang der socialpoiitischen Arbeiten be stimmen könne, sondern abhängig sei von den Negie rungen der Einzelftaaten, erhob sich in einigen süd deutschen Blättern ein mehr oder minder heftiger An sturm gegen den Staatssekretär. Unter Verkennung der Thatsache, daß eS Aufgabe der Leiter der Reichsämter ist, die Initiative zu ergreifen, wurde behauptet, da» Reichs amt deS Innern gehe selbstherrlich vor und berücksichtige nicht genügend die einzelstaatlichen Wünsche; gleichzeitig aber wurde dem Staatssekretär vorgeworfen, daß er sich bei jener Aeußeruug hinter die Bundesregierungen versteckt habe. In verschiedenen Zeitungen klammerte man sich besonders an einen in diesem Sinne gehaltenen Artikel der „Augsburger Abeudztg.", weil man hinter ihm die bayerische Regierung vermutbete. Wir waren nicht dieser Meinung und haben den Artikel nicht erwähnt. Gestern erklärte nun der Ver- V^rrgr-Pret- k, tzer Hasptexpedition oder den t» EtnbS bezirk und den Borvrten errichtete» An-- aabestellen abgeholt: vierteljährlich.4 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: Vierteljähri. 6. Maa abonuirt ferner mit entsprechenden, Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaateu, der Europäischen Türkei, Egnpten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese- Blatte- möglich. Die Moroea-Au-gabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Au-gave Wochentag» um 5 Uhr. Ne-artio« und Expedition: Johannisgasse 8. Filialen: Alfred Lahn vorm. O. Klemm'» Torti». Lnwersitätsstraße 3 (Paulinum), Lout» Lösche, Krtharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. Die Freude der „Times" über die Ablegung de» „fremden" Namens Albert dnrch König Eduard VII. deutet wohl die Richtung an, in welcher die Namensänderung des neuen Königs von England hat wirken sollen. Wollte König Eduard wirklich die eigene Popularität auf Kosten seines deutschen VaterS vermehren, so wird man sich in Deutschland dadurch nicht sonderlich verstimmt fühlen. Denn die Form, in der König Eduard fernen Ent schluß kundgab, war überaus geschickt und einwandS- frei. König Eduard erwiderte, daß er den Namen Albert, den er von seinem stets betrauerten großen und weisen Vater geerbt babe, nicht unterschätze, vielmehr wünsche, daß Albert'ö Name allein in der Geschichte dasteben solle. Je pietätvoller mitbin die Form erscheint, in der König Eduard seine Namensänderung kundtbat, um so bedauerlicher ist eS, wenn ein deutsches Blatt die Ablegung deS Namens Albert durch den neuen englischen Monarchen zu einer Verzerrung des geschichtlichen Bildes benutzt, das vom Prinz-Gemahl Albert fortlebt. Dieses deutsche Blatt ist daS in bekannten höfischen Beziehungen stehende „Kleine Journal", da heute u. A. daS Nachstehende schreibt: „Prinz Albert war eine Erscheinung, auf welche die gute, alte und kleindeutsche l!) Zeit ihr ganze- Wohlgefallen ausgehäuft hatte, er war in seiner beschränkten Art ein Mustermensch." Nach der vorstehenden Probe wird sich Niemand im Zweifel darüber befinden, daß daS „Kleine Journal" dem neuen König von England eine byzantinische Begrüßung gewidmet bat. Da dieser Byzantinismus auf Kosten eines deutschen verstorbenen Fürsten geübt wird, ist cs angezeigt, zur Steuer der geschichtlichen Wahrheil einige Worte aus der Würdigung zu wiederholen, die Gustav Frey tag dem Prinz-Gemahl Albert als dem Regenten Englands während 20 Jahren eines großen Gedeihens und großer Gefahren Hal zu Theil werden lassen. „Es war", so schreibt Freytag, „ein öffentliches Geheirnniß, welches anszusprechtil Stolz und Vorurtheil der Engländer sich sträubte, Laß Albert der Staatsmann war, dessen Politik die höchsten Geschicke deS Staates so weit bestimmte, als das Köoigthum in England dieselben in der Gegenwart überhaupt zu leiten vermag, d. h. weit mehr, als solche meinen, weiche nach den Debatten der Häuser und den Reden der Parteiführer den Gang der Staats geschäfte in dem Jnselrrick beurtheilen. Erst dem Verstorbenen gegen über findet der rühmende Nachruf großer englischer Blätter warmen Ausdruck für die Dankbarkeit, welche ihm ein großes Reich seit zwei Jahrzehnten schuldet. .. Albert hat in kurzer Zeit verstanden, der hochmüthigste» Anmaßung den Dämpfer kalter Würde entgegru- zuletzeu, und bevor noch die Tüchtigkeit seines WesenS sich Achtung erzwungen hatte, erhielt, wer von Engländern in seine Näh« kam, Respect vor einer Haltung, welche noch exclusiver auSsah, als die des stolzesten der Briten... Ter Königin Victoria wurde eS die höchste Genugthuung, die umfassende Bildung, Len durchdringenden Geist ihres Hausherrn auch in den Regierungsgrschästen zur vollen Geltung gebracht zu sehen. Sie war in der That Königin; denn keine Maßregel, weder groß noch klein, bei welcher ihre Entscheidung nothwendig war, fertigte sie ab, bevor sie sich ein eigenes Urthcil darüber gebildet hatte. Aber für dieses Urtheil war ihr die Ansicht des Gemahls die höchste irdische Autorität. . . Und §9° Hnnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgab«: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Di« Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet oon früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Bogen und Blätter an. „Er hat sich selbst! . . ." Feig hielt er inne. Er wagte das Wort nicht auszusprechen. Orell reichte ihm die letzten beiden Bogen hin, die der Kränke zaudernd in Empfang nahm und mit einem unheimlichen Ge fühl überflog. Immer starrer ward sein Ausdruck, immer fahler seine Gesichtsfarbe. Es bewegte ihn doch etwas in dem Ton, in dem der Unglückliche da vom Dasein Abschied nahm. „Das ist ja — ganz gruselig! Herr meines Lebens!" Die eigene Krankheit, die Menge der Aufregungen in der letzten Zeit hatte ihn ziemlich sentimental gemacht.^ Er fing plötzlich laut zu schluchzen an. „Huijeh! Huijeh! O mein Himmel — was wird die Anna dazu sagen!" Orell ging nervös und hastig auf und nieder, immer wieder nach draußen lauschend. Er hatte eine Heidenangst davor, daß Jemand vom Gesinde lauschen könnte. Auch war die Zeit so weit vorgeschritten, daß anzunehmen war, Anna müsse mit Fräulein Hubinger bald von der Lahn kommen. Wenn sie den Vater so aufgeregt sah, war's sicher, daß sie ihn nach dem Grund aus fragte, und das gab dann wieder «in schwieriges Drehen und Wenden und Lügen und Ableugnen, bei dem sich ein so launen hafter, unberechenbarer Mensch, wie der alte Schwändi, leicht ein Dutzend Mal in einem einzigen Satz verrathen könnte. Während sein Schwiegervater sich seinem nicht ganz echten Schmerz um das Dahinscheiden des Professors hingab, suchte Orell vorsichtig die im ganzen Zimmer zerstreuten Papiere zu sammen, sie aufmerksam ordnend. „So!" sagte er erleichtert, nachdem dies geschehen, „nun habe ich Ihnen einen Vorschlag in Güte zu machen, Herr Schwändi." „Lassen Sie mich blos aus!" rief der Alte zornig. Kein Herz haben Sie, kein bissel Herz, Sie Wüster, Sie!" Orell lachte cynisch. „Ich ehre Ihren Schmerz, Herr Schwändi. Nur meine ich: Ihnen ist der Herr Professor auch nicht gerade zur Unzeit gestorben." „Was, Sie wollen auch noch unverschämt werden — zu Ihrer Frechheit? Ich kann Ihnen blos sagen: zwischen uns ist Alles au»'." „Ich nehme an, daß Sie mir morgen Mttag um zwölf eine freundlichere Gesinnung entgegenbringen werden." „Ach was — gehen Sie weg — jetzt wollen Sie mich wieder damit fangen!" „Herr Schwändi, es bandelt sich um unser gemeinsames Wohl. Seien wir nicht kindisch. Es ist ja allerdings pein lich, daß Ihre Tochter gerade in dieser Stunde zurückkehrt. . . ." Et klingelte prautzen. Beide fuhren zusammen. . - - Das neue Sahnproject. Roman von Paul Oskar Höcker Nachdruck verboten. Der Blonde durchmaß das Zimmer mit hastigen Schritten, dabei nervös an seinem Schnurrbart drehend. Plötzlich blieb er stehen. „Es ist ja nicht unbedingt nöthig, daß wir den Brief sogleich an Ihre Tochter aushändigen, wie?" „No, das muß ich schon sagen: Sie haben «ine gute Schule durchgemacht. Und so ein Windhund soll mein Mädel kriegen?" „Herr Schwändi, haben Sie sich nicht so, wir sind doch keine Kinder!" „Nein, Sie schon lange nicht. Von Ihnen kann eins noch lernen, und wenn's schon seine hundert Jahr .... abge sessen hat!" Orell machte eine Bewegung, als wollte er zornig auffahren. Lässig zuckte er dann mit der Achsel, ohne etwas darauf zu erwidern. „Und was nutzt das am Ende?" brummte der Dicke weiter. „Wenn die Anna sich nicht regt, dann schreibt er ihr halt ein zweite» Mal — und dann sitzen wir erst recht in der Patsche." Ein überlegenes, böses Lächeln tauchte in Orell's Ant litz auf. „Das ist nicht zu befürchten, Herr Schwändi. Einmal wird doch schon morgen Mittag der Vertrag unterzeichnet und un» alckchzeitig die Kaufsumme ausbezahlt. Und selbst wenn ihre Tochter, sagen wir 'mal, um ein Uhr das Schreiben be käme — und da natürlich ein wenig gekürzt, redigirt, Sie ver stehen — dann würde eS ihr ja beim besten Willen nicht mehr möglich sein, durch irgend eine — eine idealistische Thorheit unser Geschäft zu stören." Schwändi'» Augen verschwanden immer mehr in den Fett falten seines Gesicht», das einen äußerst pfiffigen Ausdruck an- Nahm. . Plötzlich zuckte er aber zusammen und ritz die Augen iviedrr weit auf. „Aber der Professor — ha? Was ist'S her nach mit dem?" „Der Herr Professor dürfte uns ebenso wenig stören. Er weilt überhaupt nicht mehr unter den Lebenden." „So? So? Schreiben Todt« etwa Briefe?" „Da» hier war die letzte Lebensäußernng Zwyler's — sein Abschied von der Welt." NHtrsukfch sah Schwändi Pi« durcheinander gewühlten Labe oteuo öriek —"25 3850 3450 4800 3225 3525 1125 6750 8000 1800 7300 1850 KMer TlkgMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Aattzes und Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig.
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