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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.01.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190101270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010127
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
- Tag1901-01-27
- Monat1901-01
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.01.1901
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Januar 1901. Anzeigen Preis die 6 gespaltene Petitzeile 2S Reclamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten («gespalten) 5V H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend hoher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Vrtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung .Xi 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmelchlub für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags lO Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck u«-d Verlag von E. Dolz in Leipzig. 95. Jahrgang. Rus der Woche. Fern von der Heimath vollendet Kaiser Wilhelm II. beute daS zweiundvierzigste Lebensjahr. Die Feier seines Geburtstages ist in weiterem Umfange verschoben auf Be fehl des Monarchen, der sich entschlossen zeigt, der tobten Großmutter dieselbe unbegrenzte Pietät zu erweisen, die er der sterbenden gewidmet. Um an das Krankenlager zu eilen, hat der Kaiser ein ihm ob der damit verbundenen Erinnerungen besonders am Herzen liegendes Fest abbrechen lassen und um weithin erkennbare Zeichen der Trauer von britischem Boden auf deutschen zu übertragen, gebot er die Vertagung der am 27. Januar gewohnten Veranstaltungen, insbesondere auch derjenigen, die von seiner Vertretung im Auslande an diesem Tage auszugehen pflegen. Dies Letztere bekundet, baß Wilhelm II. die ganze Welt zur Zeugin seiner Anhänglichkeit an die Verstorbene zu machen wünscht, eine Herzensregung, die ihren Eindruck nicht verfehlen wird. Der Familiensinn deS Kaisers, der sein häusliches Leben zu einem vorbildlichen gestaltet, tritt auch in diesem Verhalten beim Tode seiner Großmutter zu Tage. Das deutsche Volk fühlt sich von dem Zartgefühl seines Oberhauptes sympathisch berührt und unbekümmert um den Wegfall und die Minderung von Feierlichkeiten bringt es dem Kaiser die herzlichsten Wünsche für sein ferneres Wohlergehen und sür ein glück liches Walten an der höchsten Stelle des Vaterlandes dar. Ihnen gesellt sich nicht nur der aufrichtige Wunsch für die endliche Wiedergenesnng der leidenden Muller deS Monarchen und die Fortdauer der gedeihlichen Entwicklung deS ältesten Sohnes, dessen GroßjälirigkeitSerklärung dein Kaiser in dem verflossenen Kalenderjahre eine so sichtliche Freude bereitet bat. Möge ihn der Verlauf des neuen reich für den Schmerz entschädigen, der heute die Feier trübt. Der Tod der Königin Victoria hat in ganz Deutsch land Tbeilnabme erregt und von der gesummten Presse ist bei der Besprechung des Ereignisses anerkannt worden, daß Großbritannien unter der langen Regierung dieser Frau einen beispiellosen Zuwachs an Macht und Neicktbum erfahren hat. Seltener wurde darauf hingewiesen, daß das durch seine geographische Lage wie kaum ein anderes Land der Welt gegeu feindliche Waffen geschützte England unter der Königin Victoria der kriegerischste Staat der Welt gewesen ist. In den 64 Jahren ihrer Regierung sind, von den „Expeditionen" genannten militärischen Unternehmungen abgesehen, 16 Kriege geführt werden, durchschnittlich ist mitbin in jedem vierten Jahre die britische Streitmacht in Thätigkeit gewesen. Gegen Deutschland wirdvon Philanthropen häufig der Vorwurf erhoben, eS sei das Land gewesen, welches nach Beendigung des nagel neuesten Krieges vor allen dem 19. Jahrhundert den Stempel eines kriegerischen aufgevrückl habe. Aber obwohl das heutige Deutsch land als Staat sich erst zu bilden hatte, wozu die eisernen Würfel rollen mußten, hat eS in 85 Jahren nur 4 Kriege geführt, und daS neue Reich, das bei seiner Gründung Viele die Rolle deS Störenfrieds in Euroa übernrbmen zu sehen glaubten, hat während seines nun 30jährigen Bestehens, wenn man die chinesischen Wirren, an denen alle Mächte betheiligt sind, außer Betracht läßt, nicht einmal zu den Waffen gegriffen. Der soldatische Kaiser Wilhelm I. bat nach Zurückweisung deS französischen Angriffe« 18 Jahre in Frieden regiert, wäbrend in dem von einer Frau regierten England der JanuStempcl selten ge schlossen war, und selbst die von gesprochener Friedens liebe triefenden englischen Liberalen haben die Kanonen häufiger sprechen lassen, als der deutsche „Mann von Blut und Eisen". Wenn die Demokratie mit Vorliebe das „freie England" dem „deutschen Mililärstaate" gegenüber stellt, so kann sie den Conlrast jedenfalls nicht in dem Hauge, kriegerische Entscheidungen belbeizuführen, finden. In Wahr heit, daS lehrt die Statistik der Feldzüge, in die die Königin Victoria sich einließ, bewirkt die allgemeine Wehrpflicht, die Deutschland jenen Namen eingetragen, da« gerade Gegen- tbeil von dem, was man billiger und anständiger Weise „Militarismus" nennen könnte. DaS Aufgeben der germanischen Auffassung, wonach der Herrscher zugleich der Führer des zum Streite auSziehenden Volkes ist, trägt neben der Wchrordnung natürlich dazu bei, daß in England Kriege leichteren Herzens begonnen werken, al« in anderen germanischen Ländern. Das natürliche Hinderniß, da« Staatsoberhaupt an der Spitze der thätigen Kriegsmacht zu sehen, ist nun allerdings für die Briten durch den Tod der regierenden Krau in Wegfall gekommen. Daß der neue Herrscher seinen UnlertbaneN das Schauspiel eine« über das Schlachtfeld reitenden Monarchen gewähren werbe, wird jedoch, obwohl man ibn al« Jmperalisten kennt, nicht angenommen. Man hat den nunmeyrigen König Eduard VH. in seinem Heimathlanke früher nicht ungern mit dem „Prinzen Heinz", dem nachmaligen fünften Heinrich, verglichen, zunächst deshalb, weil dieser Königssohn, wenn auch vielleicht nickt nach der Historie, so koch nach Shakespeare, in jungen Jahren ein lockeres Leben geführt hat. Insoweit hinkte der Vergleich nickt; der bisherige Prinz von Wale« hat auch seinen — natürlich modernisirten — Falstaff gekannt. Wa« aber die Parallele den loyalen Engländern sonderlich schmackhaft machte, war die geschichtliche Thalsache, daß der tolle, wilde Heinz sich alsbald nach seiner Thron besteigung al« einen im Frieden wie im Krieg gleich vortreff lichen Regenten entpuppte. Freilich hat da« Schicksal inzwischen einen großen Unterschied zwischen beiden Thronerben ent stehen lassen. Heinrich war 26 Jahre alt, al« er König wurde, Eduard VII. steht im sechzigsten. Die Gelegenheit, sich sein Arincourt zu erjagen, hat aber der neue Brileokönig au« dem Welfengeschiechtebeim RegirrnngS- antritl so aut wie der zweite Herrscher au« de», Haus« Lancaster. Ja, man gelangt heute sogar bequemer von London auf südafrikanischen Boden, al« im fünfzehnten Jahrhundert von dort auf französischen. Und wie e« scheint, warten die Boeren auf ihn. Es ist jedenfalls merkwürdig, daß seit dem großen Ereigniß von OSborne die gefürchteten Voerenführer nicht da« Geringste von sich haben hören lasse» Die greise Königin hat auf ihrem Sterbebette keine Kriegs- Meldung versäumen müssen. . - , , Der Reichstag kann mit Befriedigung auf seinen Erfolg in der Frage der Jnvaliden-Fürsorge blicken. Er soll ibn nicht zum Wenigsten der Reise des Grasen Bülow an die mittelstaatlichen Höfe zu verdanken haben. Bei diesen Besuchen, so erzählt man, habe der Reichskanzler die Ucberzeugung gewinnen müssen, daß die kühle Zurückhaltung, mit der Frhr. v. Tkielmann diese nationale Frage behandelt hatte, nicht den besten Eindruck gemacht habe. Die Sache gebt also, obwohl der Reicksinvalidensonds „bankrot" ist. Vielleicht kommt Graf Bülow bald wieder nach Dresden und bringt von dort aus seinem Eollegen von der Eisenbahnverwaltung eine bundeSpclitisck brauchbarere Auf fassung von dem, was man im Eisenbahnwesen anderen deutschen Staaten gegenüber zu tbun und zu lassen bat, als Reise geschenk mit nachHause. Herr Tbielen bat im Abgeordnetenhause als „blödsinnig" bezeichnet, zu sagen, Preußen lasse auS Bos heit gegen Sacksen „kranke" Wagen über die Grenze rücken, damit sie im EisenbabnauSlandc rcparirt werden müßten. Nun, diese« Motiv haben wir den sreundnachba, licken preußischen Maßnahmen nicht unterschreiben hören. Da gegen vernahmen wir did Vermuthung, daß Preußen „aus Pläsir" so bandle, wie eö unzweifelhaft geschieht, aus P äsir an Ersparnissen und vielleicht auch aus gewissen Vorstellungen von der künftigen Gestaltung deü preußisch-sächsischen EisenbahnverbältnisseS. Vielleicht aber, daß bei den „kranken" Wagen keine Absicht und nur — freilich häufig — Mißgriffe obwalten. Aber Herr Tbielen bat auch auf die Behauptung, daß Preußen unserer Eisenbalmverwaliung den Verkehr entzöge, die gewählte Bezeichnung „blödsinnig" angewandt und damit in Sachsen allgemein gefühlte Thatsachen unberechtigter Weise in Abrede gestellt. Zeugniß dessen ist u.A. die Klage der Leipziger Handelskammer. Die Sprache, die Herr Thielen führt, könnte beinahe zu der Annahme fübren, der preußische VerkehrSminister beabsichtige nur noch den Mittellandcanal durch- und fick hierauf zur Rübe zn setzen. Bei der preußischen Krönungsfeier hat ein „Pairsschub" stattgefunden und man findet, daß dadurch der hcckcoiiser- vative, nm nickt u sage», reaktionäre El rrakter « 'S Herrenhauses eu.^ weitere Befestigung erfahren habe. Jedenfalls ist es ausfallend, daß Graf Bülow nicht einmal etwas gegen die Berufung eines Herrn v. Buch ein zuwenden hatte, der wegen seiner Opposition gegen den nickt zu den konservativen Parteimännern zählen den früheren Minister des Innern Herrfurth als Negierungsratb zur Disposition gestellt, später jedoch an die Regierung in Aurich als Oberpräsidialrath versetzt wurde. Die Auszeichnung politischer Beamter, die sich eine Maß regelung zugezogcn haben, ist nun im heutigen Preußen etwas Gewöhnliches. Da aber Herr v. Buch es gewesen ist, der als Abgeordneter nächst den Herren Slöcker und v. Hammerstein an der lange verzögerten Entschließung der konservativen Fraciion, das Schnlge'etz von 1892 zu accep- tiren, den hervorragendsten Antbeil gehabt, so hat seine Berufung in da« Herrenhaus eine besondere Bedeutung. Frhr. v. Bülow hat hier bedenklich debutirt. Die Wirren in China. Die chinesische Denkschrift. Dem „Bureau Laffan" wird aus Peking vom 16. Januar gemeldet: Die den Gesandten überreichte chinesische Denkschrift giebt die Gerechtigkeit der meisten Forderungen der Mächte zu und bemerkt, daß, da China dieselben erfüllt habe, nun der Tag bestimmt werden möge, an dem die ausländischen Truppen mit Ausnahme der Gesandtschaftswachen und der Wachposten zwischen Peking und dem Meere zurückgezogen würden. Außer dem sollten bis zur Zurückziehung der Truppen keine Expeditio nen mehr stattfinden, alle von den Verbündeten besetzten Plätze und alles öffentliche Eigenthum, darunter auch das bewegliche Eigenthum, sollten an einem festzusetzenden Datum China zurückgegeben werden. Da der Schadenersatz wahrschein lich sehr hoch sein und es darum nöthig sein würde, die kaiser lichen Abgaben zu erhöhen, sollte eine Berathung darüber statt finden; ferner sollten die genauen Grenzen der GesandtschaftS- concrssionen, welche die Mächte selbst bewachen, sofort festgesetzt werden, ebenso auch die Größe und Position der Garnisonen, welch« an der Straße zwischen Peking und dem Meere Zurück bleiben. Die Antwort des diplomatischen Corps liegt bereits in dem Brief desselben an Li-Hung-Tschang vor, in welchem es bekannt lich heißt, die Maßnahmen der Mächte über die militärischen Fragen würden von der Raschheit abhängen, mit der die chine sische Regierung ihre übrigen Verbindlichkeiten vollziehen werde. Chinesische Truppenansammlnngen. Wenn man den neuesten Nachrichten Glauben beimessen kann, so stehen 25 000 Mann regulärer chinesischer Truppen den südlich von Paotingfu vorgeschobenen französischen Truppenabtheilungen unmittelbar gegenüber. Tschöntinfu liegt 75—80 Kilometer südlich von Paotingfu. An letzterem Orte befinden sich außer 3500 Franzosen noch 4000 Deutsche, und zwar die 2. Infanterie- Brigade (Regimenter 3 und 4) unter General v. Kettler, 1 Es kadron Lanzenreiter und ein« Abtheilung Feldartillerie. Bor einigen Tagen war zu lesen, daß die russischen Truppen (etwa 3000 Mann) Tientsin zu verlassen sich anschickten, aber im letzten Augenblick Gegenbefehl erhielten und in Tientsin verblieben. Ob dieser Befehl mit der obigen Nachtlicht zusammenhängt? Wohl möglich; denn eventuell müßten sowohl aus Peking, wo 20 000 Mann, als auch aus Tientsin, wo 18 000 Mann stehen, Truppen zur Unterstützung auf Paotingfu nachgeschoben werden. Der Vorgang zeigt, wie richtig von deutscher Seite dir Lage auf gefaßt worden ist, indem der von Amerika gemacht« Vorschlag, die Truppen «auS Petschili zurückzuziehen, auf das Bestimmmteste abgelehnt wurde. Di« amerikanische Regierung hat überhaupt von Anfang an eine sehr falsche Auf- fassung der Lage bekundet und, gelinde gesagt, ein« sehr merk würdige Haltung eingenommen, indem es den anderen Verbün deten, deren Einigkeit ohnedies Viele- ,u wünschen übrig ließ, unausgesetzt Schwierigkeiten aller Art bereitet». Bon amerika nischen Truppen stehen nur noch 1500 Mann in Petschili; die anoeren find fämmtlich nach den Philippinen geschafft worden, wo sie allerdings nothwcndig gebraucht werden. Ein gutes An denken haben sie jedenfalls nicht hinterlassen, dies geht aus allen Privatnachrichten, deutschen, französischen und englischen, über einstimmend l)«rvor. Bor einigen Tagen berichteten Correspondenien des „Berk. Loc.-Anz." über den seiner Zeit ausgeführten Vormarsch über Tientsin nach Paotingfu, daß dabei deutscherseits eine Milde nnS Schonung beobachtet worden sei, die allgemeines Befremden und Kopf schütteln erregt habe, am meisten Wohl bei den Chinesen selbst, die daran gewöhnt sind, daß man mit ihnen nicht viel Federlesens macht. So habe u. A. General v. Kettler aus einer Stadt die regulären chinesischen Truppen abziehen lassen, ohne sie zu ent waffnen, eine andere Stadt habe die Thore verschlossen und da seien die deutschen Truppen gutmüthig darum herum marschirt. Die deutschen Berichterstatter betraten vom entgegengesetzten Thore, das offen war (!), während dessen die Stadt und früh stückten beim chinesischen Oberbürgermeister (!). Das ist doch mehr als harmlos und beiläufig eine sprechende Illustration zu den „Hunnenüriefen". Wir können nur mit dem „Schwab. Merc." wünschen und hoffen, daß sich dies und so vieles Andere, was in dieses Gebiet gehört, nicht rächen möge, denn von den heimtückischen und hinterlistigen Chinesen kann man sich Alles versehen. «Vorläufig bleibt — nach wie vor — ihr Bestreben darauf gerichtet, die Fliedensverhandlungen auf die lange Bank zu schieben, um Zeit zu gewinnen. Der Krieg iu Südafrika. So machen cs die Boeren. Der Berichterstatter des englischen liberalen Blattes „Man chester Guardian" tclegraphirt seinem Blatte Folgendes: „Am 30. December haben etwa 1000 Boeren, alles Freistaatler, aber von Transvaalern geführt, dic Wohnung eines englischen Boeren im Distrikt Middelburg in der Transvaal-Colonie, eines ge wissen Huntley, besucht. Huntley gab ihnen etwas Nahrung und Futter für die Pferde. N'.S Boeren darauf weiter zogen, feuert« aus einem anderen Theil der Wohnung eine eng lisch e P a t r o u i l l c auf sie. Am folgenden Morgen kehrten die Boeren zurück, zogen den Engländer ganz aus, übergossen ihn mit Petroleum und zündeten «ihn und sein Haus an. Nein, nicht doch, so etwas hätte man nach dem Beispiel der Engländer erwarten können; das Gegen theil aber geschah. Die „un gebildeten Banditen" fragten Huntley, weshalb er sie verrathen habe, sie durchsuchten sein Haus, und als sich keine Patronen vorfanden, glaubten sie seiner Versicherung, daß er nichts von der Anwesenheit der Patrouille gewußt habe, und zogen ab, ohne den Bauer und ohne sonst etwas mitzunehmen. Wir bemerken, daß obige Depesche schon vergangenen Dienstag Abend in Kapstadt angeböten, aber vom Censorzurückgehalten wurde. Geschichten, wie diese, sind freilich nicht geeignet, die Begeisterung für den Krieg und den Haß gegen die Boeren zu vermehren." Oberstleutnant Henderson ist beauftragt worden, die amtliche Geschichte SeS südafrikanische» Krieges zu schreiben. Er war Professor der Kriegsgeschichte am Staff College (Kriegsakademie), ehe er nach Südafrika ging, um unter Sir Redners Buller als Director der militärischen Intelligenz und später unter Lord Roberts zu dienen. Man sagt, daß Henderson den Plan für die mit Paardeberg endenden Opera tionen entworfen hat. Lord Roberts schätzte ihn hoch und soll ihm, als er um die Zeit, da Bloemfontein besetzt wurde, als Invalide nach England zurückkehrte, beim Abschied gesagt haben: „Leben Sie wohl; ich denke, ich kann jetzt ohne Sie fertig werden." Indessen ist der Bericht der englischen Commission über die Fürsorge für die Kranken nnd Verwundeten während des Krieges in Südafrika und ihre Behandlung als Blaubuch erschienen. Die Commission wurde in Folge der An schuldigungen des Parlamentsmitglieds Burdett-Coutts nach Südafrika gesandt und hat in vielen Punkten die den sanitären Maßregeln gemachten Vorwürfe bestätigt. Sie erklärt zunächst, daß „das Royal Army Medical Corps" (die Sanitätstruppcn bilden im englischen Heer ein besonderes, eigens organisirtes und ausgebildetes Corps) „an Personal und Ausrüstung völlig unzu reichend für einen solchen Krieg gewesen sei und keine Organisation besessen habe, um das Personal bedeutend zu vermehren oder die vorhandenen Mängel prompt abzustcllen". Die Tüchtigkeit und Pflichttreue der Sanitätsofficiere, sowohl im Felde, als in den stehenden Lazarethen, wird gerühmt. Es wird zugegeben, daß es bezüglich der Fähigkeiten Ausnahmen gab, und Fälle von Rücksichtslosigkeiten und Mangel an Auf merksamkeit gegenüber den Bedürfnissen der Patienten bei einigen Officieren werden dargelegt. Leider seien unbegründete An klagen gegen die Sanitätsverwaltung als Ganzes gemacht worden. Viele der Officiere hegten ein Gefühl des Mißtrauens gegenüber der Fähigkeit und beruflichen Geschicklichkeit der Aerzte des königlichen Sanitätscorps im Vergleich zu Civilärzten. „Größtentheils halten «wir dieses Mißtrauen für unbegründet. Daß esnichtyänzlichunbegründetist, läßt sich durch die Schwierigkeiten erklären, unter denen die Sanitätsofficiere bisher zu arbeiten hatten. Das Corps war selbst in Friedenszeiten zu schwach und sein Personal sehr überanstrengt." Es werden dann Vorschläge zur ständigen Ver mehrung deS Corps und zu Maßregeln für weitere schnelle Ver mehrung in Zeiten großer Kriege, ferner für gründliche Aus bildung deS Personals, Verwendung von Krankenwärterinnen in stehenden Lazarethen in größerem Maßstabe und baldige Er nennung einer Commission zur Ausarbeitung deS nöthigen OrganisationSvlanes gemacht. Auch wird empfohlen, strenge Untersuchung in den Lazarethen in Südafrika anzustellen und etwa vorhandene Unredlichkeiten und Fälle, wo die Ordonnanzen sich von den Patienten bestechen lassen, zu unterdrücken. „Don einem Scandal bezüglich der Fürsorge für die Kranken und Verwundeten kann nicht die Rede sein, ebensowenig von all gemeiner Vernachlässigung der Patienten oder Gleichgiltigkeit gegen ihre Leiden. Alle Zeugen der Erfahrung In anderen Kriegen find einstimmig darin, daß im Großen und Ganzen in keinem Feldzug so gut für die Kranken und Verwundeten ge sorgt worden ist, wie in diesem." * Capstadt, 26. Januar. (Reuter.) Die Boeren sprengten einen Bahnübergang in der Nähe von FausternstreamS in die Lust und nahmen einen Militärzug weg. * Kapstadt, 26. Jauuar. (Reuter.) Zwanzig neu angeworbene Polizisten haben sich am 21. d. M. den Boeren in Devondale ohne den geringsten Widerstand ergeben. Deutsches Reich. -r Berlin, 26. Januar. (JesuitiSmuS und Wissen schaft.) Als im September v. I. auf dem Münchener internationalen Congrcß katholischer Gelehrten von dem Jesuiten Professor Grisar der „HyperconservatiSmus der Kritik" gegenüber haltlosen religiösen Volksüberlieferungen und unechten Gegenständen der öffentlichen Andacht beklagt wurde, weil er die Kirche compromittire, war unsere Eentrnmspresse darob des Ruhme« voll. Da sehe man, so hieß eS, wie gut KatholiciSmus und Wissenschaft sich mit einander vertrügen und wie unberechtigt besonders der Vorwurf Hegen die Jesuiten sei, daß sie Feinde der Wissenschaft wären. Daß dieser Jubel sehr unangebracht war, wird unsere Centrumspresse höchst ungern aus dem Hauptorgan deö Jesuitenordens, der„Civiltü Catto- lica", jetzt erkennen. DaS genannte Organ veröffentlicht soeben einen von einem Ordensbruder des Professors Grisar abgesagten Auszug auö des Letzteren Münchener Rede, zu dem bemerkt wird, „daß der Vortrag Pater Grisar'S in keiner Weise für daS große Publicum bestimmt war, sondern nur für die Mitglieder der historischen Section des Münchener Congresses, sonst würde der Redner, welchem erst im letzten Momente mitgetheilt wurde, daß er vor einem größeren Publicum sprechen sollte, sich einige Einschränkungen auf erlegt Haden." Dieser Bemerkung hält sogar die „Germania" entgegen: „Es giebt nur eine Wahrheit und nicht eine solche für Gelehrte und eine andere für das Volk." Ganz richtig! Aber im Jesuitenorden ist man, wie die obige Bemerkung in dem Hauptorgan des Jesuitenordens beweist, anderer Ansicht. Im Jesuiten orden herrsckt eben die Ueberzeugung, daß eS eine Wahr heit mit doppeltem Boden geben müsse: eine für die Gelehrten, die andere für das Volk. Solche Bekenntnisse auS Jesuitenmunv bilden eine sehr willkommene Ergänzung zu der Tbatsache, daö Niemand weniger das Recht zu Klagen, wie die Eingangs erwähnte deS Professors Grisar, bat, al« ein Mitglied deS Jesuitenordens. Denn gerade Jesuiten verbreiten haltlose religiöse VoikSüberlieferungen auf dem Gebiete der Heiligcnlegende, Reliquienverehrung u. s. w. Auch die allerneueste Zeit hat hierfür Beispiele genug aufzu weisen. Wir erinnern nur an die Schrift des Jesuiten Schouppe „Lehre vom Fegfcuer" (1897), ferner an die Schrift deö Jesuiten Zimmermann „Der heilige Camillus de LclliS" (1897), ferner an die gegen die Freimaurer gerichteten, deren angeblichen Satanismus beweisenden Schriften und Aufsätze der Jesuiten Gruber, Meurin, Franko u. s. w. L. Berlin, 26. Januar. (Immer wieder neue socialdemokratische Dividendenjäger?) Wäbrend ter „Vorwärts" in einer Polemik gegen ein Berliner Blatt versichert, daß in der Frage der Besoldung der Lager halter in socialdemokratiscken Consumvereinen „das Verhalten der Partei und ihrer führenden Personen keine Kritik zu scheuen hat", veröffentlicht ein sächsisches Socialistenblatt eine Mittbeilung, die im Gegensatz zu der vorstehenden Behauptung Kritik an dem Verhalten ver social demokratiscken Mitglieder deS ProducteuvertheilungS- vereinS in der sächsischen Ortschaft WittgenS- vorf übt. Die Angestellten dieses Arbeiterconsumvereius waren dabin vorstellig geworden, ihre Löhne nach der von der Organisation der Lagerhalter seinerzeit beschlossenen Resolution zu regeln, in der Mindestlöhne ausgesührt und Staffeltarife gefordert werden. Eine Generalversammlung deS WittgenSdorfer ConsumvereinS beauftragte dann auch den Vorstand mit der Ausarbeitung einer Lobnstaffel und letztere wurde der kürzlich abgehaltenen Generalversammlung zur Beschlußfassung vor gelegt. Aber obwohl die vorgeschlagenen Lohnsätze noch lange nicht der erwähnten Resolution entsprachen, lehnte die Generalversammlung die Vorlage der Verwaltung ab, ob gleich, wie das sächsische Socialistenblatt hervorbebt, meisten« Parteigenossen der Versammlung beiwohnten. Daß der Consumvcrein mit finanziellen Schwierigkeiten, die einen solchen Beschluß rechtfertigten, absolut nicht zu kämpfen bat, gebt au« seiner Bilanz hervor: bei einem Umsätze von 172 404 Mark erzielte er «inen Reingewinn von 22 848 und ver- theilte 15 Proc. Dividende. „Diese Angaben beleuchten die Dividendenjagerei so grell, daß ein weiterer Commentar überflüssig ist" — fügt sogar da« socialdemo kratische Blatt hinzu! 6. 8. Berlin, 26. Januar. (Bergarbeiterbe wegung.) Der erbitterte Streik der Bergleute in Montceau les Mines lenkt natürlich die Aufmerksamkeit auf die deutsche Bergarbeiterbewegung. Da- Jahr 1900 ist ja ohne nennens- werthe Bergarboiterstreiks in Deutschland vorübergegangen; aber mit großen Plänen haben sich dir Möller, Schroeder und Ge nossen doch getragen und tragen sich heute noch. Zunächst ist eine Generalversammlung de» Verbände« deutscher Berg- und Hüttenleute soeben in Cassel einbrrufen, wo am 26. Mai die Delegirten de» Verbandes Zusammentreffen, um Uber die Lage der deutschen Berg- und Hüttenleute und da», wa» im ver gangenen Jahre zu ihrer Vevbesserung geschehen, zu berathen. Um die Massen in Bewegung »u halten, ist kür di« nächste Zeit eine Unzahl von kleineren Versammlungen anberaumt; nament lich da» Zwickauer, da» Braunschweiger und da» Lothringische Revier sollen bearbeitet werden. „Gerade fetzt", so hettzt ü in dem Aufruf, „ist e» Zeit, die Agitation für den verband energisch zu betreiben. Zahlreich» Lohnkürzungen werden »orge- nommen, di» Schichten versucht man zu verlängern, dir Aptzand»
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