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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.01.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010129016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901012901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901012901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-01
- Tag1901-01-29
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52 Bezugs «Preis ß» Ger Hanpkexpeditton oder den im Gtabk- bezirk und dm Vororten errichteten Aus gabestellen 'bgehblt: vierteljährlich 4 50, bet zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau- ^l 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland «. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man avmnnrt ferner mit entsprechendem Postaasschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland. Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di«, Expeditton dieses Blatte» möglich. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag» um 5 Uhr. Le-action und Erpeditio«: JohanniSgafle 8. Filialen: Alfred Halm vorm. O. Klemm'» Sortim. LmversitätSstraße 8 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, part. und Königsplatz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Ämtsvlatt des Lönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes nnd Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. DienStag den 29. Januar 1901. Anzeigen-Preis die 6g„'paltene Petitzeile SS Reklamen unter dem RedactionSstrtch (»gespalten) 75 H, vor den Familiennatsp richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffrrusatz eatsprecheud höher. — Gebühren für Nachweisungen uad Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderung 60.—, mit Postbrsörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedstiss zu richten. Die Expeditton ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig. 95. Jahrgang. I ja gegensätzlich bis zur scheinbaren Unvereinbarkeit waren, Eine I sich seitdem so sehr einander genähert haben, daß eine AuS- Deutscke KeleUsckllft für saciaie Reform" I ölk'chung derselben in einem Mittelpunkte und das gleich, „vrutsmr sUb fvLIUlc meiorm ' mäßige Vorgehen aller Mitglieder nach einem gemeinsamen Am 6. Januar d. I. bat in Berlin eine Versammlung I Ziele zu erwarten stehe. zum Zwecke der Gründung einer „Deutschen Gesellschaft für I Dabei würde auch zu Tage kommen, wie die neue Gesell- sociale Reform" statlgefunben. Die Einberufer derselben l schäft — als Ganzes oder doch in der ausschlaggebenden Mehr' waren den Zeitungsberichten zufolge „hervorragendeMitglieder I beit ihrer Mitglieder — sich zur Socialdemokratie stellt aller Parteien mit Ausnahme der sociatvemokratischen". und weiterhin stellen wird. Daß letztere von der Einladung Unter diesen „hervorragenden Mitgliedern aller Parteien" zur connituirendcn Versammlung ausgeschlossen blieb, war sind indcß wohl nur die der wirthsckastlich-socialen, nicht der I selbstverständlich. In derselben Weise wird die Gesellschaft politischen, zu versieben. Denn es fehlen unter den dort eine scharfe Grenzscheide zwischen fick und jener Partei auf angeführten die bekannten Namen solcher aus den mehr recktS I richten und streng daraus hallen müssen, daß diese Grenzscheike stehenden Parteien, der conservativen und der freiconscrvaliven. I weder überschritten noch verwischt werde. Sie wird daher Vielleicht wäre eS zweckmäßiger gewesen, auck diese an der solchen Neformvorschlägen (selbst wenn sie aus ihrer Milte Gründung der neuen Gesellschaft'sich betheiligen zu lassen, kämen) ihre Unterstützung zu versagen haben, welche da man bei ihrem Reformwerke jedenfalls in erster Linie zwar scheinbar harmlos, aber in der Auslegung, die sie auch die gesetzgebenden Gewalten des Reicks, vor Allem den Uicht erhalten, der Mißdeutung fähig sind, wie z. B. daS Reichstag, zur Mitwirkung wird herbeiziehen müssen. neuerdings beliebt gewordene Schlagwort „Organisation", Die Gesellschaft soll (nach der einleitenden Ansprache dcS welches, wie die Erfahrung gezeigt bat, zu einer V.rwand- StaatsministerS a. D. v. Berlepsck) in einer doppelten Rich- lung der gesetzlichen Coalitionsfreibeit in einen widergesetz- tung tbätig sein, der internationalen und der nativ- Uchen CoalitionSzwang, zu einer Ausschließung aller nicht nalen. Sie soll die deutsche Sektion der Internationalen organisirten Arbeiter von der Arbeit der organisirten, ja zu Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz bilden und in dieser Gewaltlbäligkeiten, wie die in Löbtau, mißbraucht werben kann. Eigenschaft im Zusammenwirken mit den Vertretern anderer! Bei einer solchen negativen Abwendung von der Social- Staaten die Hindernisse beseitigen helfen, „die der Förderung! demokratie wird es aber die Gesellschaft für Socialreform reS ArbeitersckutzeS mit Rücksicht auf die Concurrenzsähigkeit nickt bewenden lasten dürfen, sondern eö wird auch eine unserer Industrie entgegengestcllt werden". positive Mitwirkung zur Bekämpfung der Socialdemokratie Die „Internationale Vereinigung" ist, wie derselbe Redner von ibr zu fordern und zu erwarten sein. Von Freunden anSfübrt, auf einem Congreß zu Brüssel 1897 angebahnt, im der Arbeiter und von Freunden beS socialen Friedens vorigen Jabre auf einem zu Paris „unter Tkeilnahme von I fckost ost die Frage eiörtert worden, ob eS Vertretern einer großen Anzahl industrieller Staaten", auch! denn nickt möglich sei, durch eine aufrichtige und Deutschlands (nur England seblte), begründet worden, consequcnte, wenn auch vorsichtige Socialreform und „Nationale Sectionen" derselben sind indeß zur Zeit nur „in I eine dadurch bewirkte sichtbare Verbesserung des Looses den meisten dieser Staaten" (nicht in allen) „in der Bit- der Arbeiter diese dem verderblichen Einflüsse der Social- düng oder Vorbereitung" begriffen, wirklich begründet ist I demokratie zu entziehen. Bisher sind alle Hoffnungen eine einzige, die in der Schweiz. I dieser Art eitle gewesen. Nicht die von den beiden hoch- Bei solcher Sachlage scheint ein rasches Vorgeben Deutsch-I herzigen Kaisern Wilhelm I. und Wilhelm II. angeregten und lands nack dieser Seite hin kaum räthlich. Deutschland ist! von den bürgerlichen Parteien im Reichstage — gegen den anerkanntermaßen gegen alle andern Staaten mit seinen I Widerspruch der socialdemokratischen Abgeordneten — be- Maßregeln der Arbeitersürsorge weit im Borsprunge. ES willigten ArbeitervrrsicherungS- und Arbeite,sckutzgeietzc, durch muß daher, wie unser großer Staatsmann Fürst Bismarck! welche schon bi» jetzt nahezu 2000 Mill. Mark «heil« aus ost mahnte, mit weiteren Schritten auf dieser Bahn so lange! den Casten des Reichs, theils aus den Taschen der Arbeit et,, langsameres Tempo einbaltcn, bis andere Staaten durch lieber für die Arbeiter aufz wendet, zugleich diesen werlhvolle ihre Nachfolge die Hindernisse beseitigt haben werden, welche Bürgerschaften für Schonung ihres Lebens und ihrer Gesundheit, zwar nicht einer „Fötderung des ArbeitersckutzeS" überhaupt, I >breS häuslichen und Familienlebens gegeben sind; nicht die zahl- wobl aber einer zu hastigen, mit Rücksicht auf die Concurrenz- reichen vom Staate, von Gemeinden, von Körperschaften und fäbigkeit unserer Industrie sich enlgegenslcllen. Sollte nun von Einzelnen, nickt am wenigsten auch von Arbeitgebern, ins die „Gesellschaft für Socialreform" mit neuen, viel- Leben gerufenen und unterhaltenen Anstalten zum Wohle leickt weitgehenden Neformvorschlägen hervortrelen, so der Arbeiter nnd ihrer Familien (Volkskindergärten, würde der Abstand zwiscken Deutschland nnd den Volksküchen, Heilstätten für Jung und Alt, Seriencolonien, anderen Industriestaaten ein noch größerer, die Con- Volksbibliotheken, Volksnnterhaltungsabende u. s. w.); nickt currenz unserer Industrie mit der jener Länder eine noch die ziffernmäßigen Nachweise, wie viel noch außerdem fort schwierigere werden. Was die nationale Ausgabe der und fort aus bürgerlichen Kreisen für die Arbeiter geleistet neuen Gesellschaft betrifft, so springt die Wichtigkeit einer wird (indem einen Jahre 1897 82 Stiftungen im Be- Gründui-g ins Auge, die sogleich in ihren ersten Anfängen so! trage von 27'/z Mill. Mark, eine Spende von 60 Arbeit- Großes unternimmt, wie die Zusammenfassung aller social- g-bern, zusammen 8 Mill. Mark rc.), dagegen so gar nickts reformatoriscken Ricktungen und die Vereinigung der auf aus socialdemokratischen, wie umgekehrt die den „Genossen" diesem Gebiete thätigen namhaftesten Gelehrten, Schriftsteller abgepreßlen, sauer verdienten „Arbeitergrmchen" wohl (10 und Parlamentarier zu einem gemeinsamen reformatorischen I bis 15 im Jahre) zum allergeringsten Tbeil für Zwecke Werke. . I der Arbeiterwoblfahrt, zum allergrößien für Parleizwecke Freilich aber erwachsen gerade hier auch gewisse Be- verwendet w.rben — nicktS von Alledem hat vermocht, die denken. Dieselben betreffen theils die zu große Allgemeinheit Arbeiter darüber aufzuklären, auf welcher Seile sie ihre und Unbestimmtheit des Zieles, welche« die Gesellschaft sich setzt, wahren, auf welcher sie ihre nur erheuchelten Freunde zu theilS eben jene Bersckievenheit dcS Standpunktes, auf welchem I suchen hätten. in Betreff der sociale» Frage viele ihrer Mitglieder stehen. I Einzelne wohlgesinnte und hochbegabte Männer haben sich Beides zusammen läßt befürchten, daß, wenn es erst zur I zum Z'-le gesetzt, die Arbeiter auS dem Bann» der Social- näbern Präcinrung und vollends zur praktischen Ausführung I demokratie zu erlösen und deren Leitung selbst zu über- deS GtsellschafrsprograminS kommen soll, entweder die Gesell- nehmen, allein ihre Erfolge sind nur mäßige gewesen; zum sckaft sich spalten, oder aber die thatenlustigeren unter den Mindesten prahlen socialdemokratische Führer, eS seien dadurch Mitgliedern die ruhigeren und besonneneren mit sich fortreißen I ihnen mehr Anhänger zugeführt, als abspenstig gemacht möchten. Nach der Erklärung des Herrn von Berlepsck soll worden. Die sogenannte „VersöbnungspoUnk", die aus eine die Aufgabe der Gesellschaft die sein, „die verschiedenen Be- .Mauserung" der Socialdemokratie, ras heißt eine Per- strebungen, welche in Deutschland für die sociale Reform Wandlung derselben in eine „bürgerliche Parte,", specuiirte, tbätig sind, zu stärke», sowie Verständlich und Mitarbeit ! >st auf svclaldemokratischen Parteitagen mit Hohn abgewiesen anzuregen". I Worden. Hier ist von einem einheitlichen und gleichmäßigen Wirken H'»r eröffnet sich für die neue Gesellschaft rin weite« Feld derGescllschaftinallenibrenMitgliedern nicht dieReve,vielmehr fruchtbarer und, wenn sie erfolgreich ist, in hohem Grabe nur von einer „Stärkung" dieser so „verschiedenen" Be- verdienstlicher Wirksamkeit. Von einer Umwandlung der strebungen, von einem „Berständniß" dafür und einer „Heran-! Socialdemokratie als Partei wird sie allerdings abseben ziehung derselben zur Mitarbeit". I müssen. Wohl aber mag eS ihr gelingen, durch eine be- Die Gefahr einer Zersplitterung der Gesellschaft liegt um sonnene, aber energische Socialreform zunächst einen Tbeil, so näber, als die Gesellschaft nach den Erklärungen deS Herrn allmählich einen immer größeren, der Arbeiter den Um- von Berlepsch „nicht wissenschaftlich, sondern vor Allem I str>ckungen der Socialdemokratie zu entziehen, ihr Vertrauen praktisch wirken", als sie auf jeve Weise agiriren und so „die i» gewinnen und umdilbend auf ihre Denkart einzuwirken, Goldbarren de« Vereins für SocialpoUtik in kleine Münze I die von dem Emflusse der Socialdemokratie aber noch frei- umsrtzen soll". I gebliebenen ober schon befreiten vor einen Rückfall in Es war ein Verdienst deS „Vereins für Socialpolitik", I deren Schlingen zu bewahren. daß er sich einer unmittelbaren praktischen „Agitation"! E« war gewiß eine sebr richtige Taktil auf Seiten der enthielt, daß er die ihm notbwendig scheinen-1 Gründer der neuen Gesellschaft, daß sie sich alsbald in Ver den socialen Reformen nur durch wissenschaftliche Er-1 bindung setzten mit solchen Arbeitervereinen (den evangelischen örterungen vorbereitete und sie dann ruhig reifen ließ,l und den katholischen, dem christlichen Bergarbeitervereine u. a.), ohne durch eine hastige Agitation sie vielleicht zu übereilen. I die zwar für die „berechtigten" Forderungen der Arbeiter Auf diese Weise Hal er während der nun fast 90 Jahre > entschieden rintreien, aber ein friedliche» Verbältniß zu den seine» Bestehens zu so vielen wichtigen socialen Reformen den Arbeitgebern wünschen und suchen, daher die Streiks nur als Anstoß gegeben und den Grund gelegt. Sollte der neuen I ein äußerstes Mittel der Nothwehr betrachten. ES ist in Gesellschaft eine solche stille, aber nachhaltige Wirk-1 der Tbat „erfreulich", zu vernehmen, daß alle diese Vereine samkrit nicht genügen, sollte sie oder doch ein Tbeil ihrer I (die zusammen immerhin eine Zabl von nabezu 1 Million Mitglieder nicht rasch genug in die Oeffentlichkrit und den ! auSmacken mögen), sich ihr ohne Zögern angeschlossen haben. Kamps der Parteien hinrintreten können, so wäre r» ihre I Durch sie wird sie auch mit den zur Zeit ihr noch fern- erste und dringendste Pflicht, ihr GesellsckaftSprogramm stehend,n Arbritergruppen Fühlung gewinnen können, schärfer zu präcistren, damit Jedermann, Freunde wir Feinde I Ein weitere- wirksame» Mittel der „Agitation auf jede einer socialen Reform, genau wisse, wa» er von dieser neuen I Weise", welche die Gesellschaft betreiben will, könnte Wohl Partei (denn eiue solche würde e» doch sein) zu hoffen oder I darin bestehen, daß die Mitglieder des GesellichaftSauSsckuste», zu fürchten, wie er sich selbst zu ihr zu stellen hätte. Am! die so ziemlich in allen Theilra Deutschland«, in Nord und Besten würde dir« wohl in rmer zweiten, speciell der Be-1 Süd, in Ost und West, wohnen, Mittelpunkt« und anstoß spreckung de« Programm« gewidmeten Versammlung ae-! gebende Leiter der ru bildenden „Zweigverrine" würden und schrben, da die constituirende Versammlung vom K. Januar sich I daß sie in dieser Eigenschaft die Fühlung dieser Zweigvereine eigentlich nur mit Fragen de« Statut« beschäftigt hat. 1m>t den VolkSkreisen der Umgebung vermittelten. Wenn eS Eme solche Programmdedatte würde zugleich am besten! dann gelänge, zu bewirken, daß Wünsche, Klagen, Beschwerden zeigen, inwieweit die Standpuuet« der einzelnen Gesellschaft«-1 der Bevölkerung in Bezug auf öffentliche, politische, wirth- Mitglieder, di, »Lerding« früher »um Lheil s,hr verschieden, I schafrlich», social, Zuständ, nicht «ehr socialvemokratischea Agitatoren zu hetzerische» Zwecke», sondern diesen Zweig vereine» der Gesellschaft zum Zwecke einer Erledigung auf gesetzgeberische», Wege anvertraut würden, und wenn dann eine günstige Erledigung solcher Beschwerden mit Hilfe von parlamentarische» Mitgliedern der Gesellschaft erreicht werden könnte, so wäre damit der wüsten Agitation gewissenloser Hetzer mittels Entstellung oder Uebertreibung von Thatsachen ein gut Tbeil ihres Geschäfts verdorben. Eö ist in der Versammlung vom 6. d. M. Klage darüber geführt worden, daß der größte Tbeil der Unternehmer sich bis jetzt ziemlich spröde gegen die „Deutsche Gesellschaft für Socialreform" verhalte. Auch daS wird anders werden, we»n die Unternehmer nur erst darüber klar und in Sicherheit sind, was sie von der neuen Gesellschaft zu erwarten haben. Sie mußten erleben, daß der Streik der Hamburger Hafen arbeiter, der nach statistischen Nachweisen nickt wegen zu niedriger Löhne, sondern nur als eine „Kraft probe" gegen die Roeder in Scene gesetzt uno fortgefübrt worden war, die Unterstützung von Männern fand, die sich Socialresormer nannten, daß aus einem eben solchen Kreise heraus gegen die Unternehmer in Bausch und Bogen und ohne Unterschied der Person auf das Gehässigste gehetzt, daß daS Gesetz zum Schutze der Arbeitswilligen von den Ver tretern bürgerlicker Parteien im Reichstage als ein Attentat auf die Coalitionsfreibeit gebrandmarki und gleichzeitig einem arbeiterfeindlichen Einflüsse des UnternehmerthumS bei gemessen wurde. Wenn die Gesellschaft für sociale Reform erst be- tbäligt haben wird, daß sie solchen Angriffen auf bas Unteriiebmerrhum fremd und abhold ist, sowie daß die von ihr betriebenen socialen Reformen nach allen Seiten bin wohlerwogene, weder überbastete, noch un gebührlich verzögerte sind, daß sie weder zu viel noch zu wenig fordere und gebe, so werden auck die Unternehmer gleich den Arbeitern sich der Gesellschaft vertrauensvoll näbern und deren Bestrebungen unterstützen. Und bann wird sich auck die „Kampfesstellung" Beider zu einander mit Hilfe der von der Gesellschaft in Wirksamkeit zu setzenden Mittel je länger je mehr in eine „Frievensstellung" ver wandeln — !zuin Wohl beider Theile und zum Heil der ganzen Nation! Karl Biedermann. Die Wirren in China. Von militärischer Seite geht der „Nordd. Allg. Ztg." folgende Uebersicht über die Theilnahme der drutfchcu Kriegsschiffsbrsatznnge» an den Kämpfen in Tschili zu: Zu einem Seegefecht, wie es die anfänglichen Nachrichten über die Bewegungen der chinesischen Kriegsschiffe erwarten ließen und aus dem unsere Marine praktische Lehren hätte ziehen können, ist sie im Verlaufe der Chinesischen Wirren nicht berufen gewesen. Die Eroberung der Takuforts kann man als ein solches nicht bezeichnen, war doch der Gegner nicht die feindliche Flotte und fand doch auch dieser Kampf nicht auf offener See, nicht einmal von der Seeseite aus, sondern in der Flußmündung statt. An anderer Stelle aber ist nirgends unseren Kriegsschiffen der geringste Widerstand ent gegengesetzt worden. Als Ende September das Panzergeschwader für die Fahrt nach Schanhaikwan bei Taku zusammcngezogen wurde, da mochte wohl Mancher hoffen, daß nun der Moment gekommen sei, wo auch die mächtigen Schiffsgeschütze ein deut liches Wort mit den Chinesen reden könnten, aber die eilige Flucht der Fortbesatzung von Schanhaikwan vereitelte auch diese Hoffnung. Dennoch hat die Marine ihren hervorragenden und wohl beneidenswerthen Antheil an der Niederwerfung des Boxer-Auf standes nicht nur auf ihrem eigenen Element, dem Wasser, sondern auch in Vertretung der Landstreitkräfte auf dem Lande gehabt. Unter all den Kämpfen, die sich im vergangenen Jahre in Tschili abspielten, nimmt derjenige um die Takuforts eine besonders ehrenvolle Stelle ein. Hier waren es lediglich Marinetruppen, die die deutschen Waffen zum Siege führten, und in Aller Er« innerung lebt noch das heldenhafte Verhalten der „Jltis"-Mann- schaft unter ihrem tapferen Capitän Lans, welcher als die Seele des Unternehmens nicht nur der Deutschen, sondern aller ver bündeten Truppen hervorgehoben wurde. Während hier der „Iltis" vom Perho aus und Landungstruppen S. M. SS. „Hertha", „Hansa" und „Gefion" (3 Officiere, 117 Mann) unter Führung des Capitäns zur See Pohl von der Landseite her einen harten und ruhmreichen Kampf gegen den energisch sich vertheidigenden Gegner führten, drangen bereits andere Marine truppen zur Befreiung der Gesandtschaften gegen Peking vor. Landungsdetachements S. M. SS. „Hertha", „Hansa", „Kaiserin Augusta" und „Gefion" waren es, die unter der Führung des Capitäns zur See v. Usedom an der „Seymour- Expeditton" theilnahmen. Der Erfolg, den sie erhofft, wurde ihnen freilich nicht zu Theil. Der brennende Wunsch, dort Hilfe zu leisten, wo jede Stunde den Untergang bringen konnte, war die Veranlassung, daß diese kleine Truppe auszog, ohne den ungeheuren Schwierigkeiten gewachsen zu sein, die sich ihr in um so höherem Maße entgegenstellten, je mehr sie in daS Innere des Landes vordrang. Bon allen Seiten von einem heimtückischen Feinde bedroht, von der Verpflegungsbasis abgeschnitten und ohne die Aussicht, unter solchen Umständen ihr Ziel erreichen zu können, mußte sie umkehren. Die Hahl der Tobten und Ver wundeten giebt Zeugniß von den Kämpfen, die sie zu bestehen hatte; das Aussehen des Detachements bei seinem endlichen Ein treffen in Tientsin war ein Beweis einerseits für die über standenen Strapazen und Entbehrungen, andererseits aber in demselben Maße für den hervorragenden Geist und die Dir- ciplin der Trupp«. Auch unter diesen ungünstigen Verhältnissen hatte sich die kleine deutsche Marinetruppe bewährt. Kein Todter, der nicht mit militärischen Ehren begraben worden war, kein Verwundeter, der nicht von den Kameraden getreulich heim- gebracht wurde, und auch keine Waffe war in FeindeShand ge fallen. Dem Führer deS deutschen Lontingents wurde di« be sondere Anerkennung des englischen Admirals zu Theil; seiner Umsicht und seinen trefflichen Anordnungen sei es zu danken gewesen, daß die Expedition noch so, wie e» geschehen, sich vom Feinde lo-l'osrn konnte. In Tientsin haben zu derselben Zeit Landungstruppen G. M. G. „Irene" und ein kleine« Ge,s»ld»t«nd»tach«mrn1, tm Ganzen 6 Officiere, 170 Mann, an dem beständigen, aufreiben den Wacht- und Gefechtsdienst zur Vertheidigung des Europäer viertels theilgenommen. Am 17. Juni waren von allen Nationen zusammen nur 2000 Mann zum Schutze der weit läufigen Fremdewniederlassungen vorhanden. Wie stark der Gegner um jene Zeit war, tvar nicht bekannt, sicher war aber, daß er in bedeutend größerer Stärke in und um Tientsin stand und daß seine Zahl von Tag zu Tag noch zunahm. Am 23. Juni endlich nahte der Entsatz für die schon nach allen Seiten abgeschlossenen Vertheidiger, indem sich im Verein mit russischen, englischen und amerikanischen Truppen die aus Tsingtau herangezogenen zwei Compagnien des 3. Seebataillons nach der Fremdenniederlassung durchkämpften. Schon cm 3. Juli mußte aber die Marine-Infanterie, da sie in der eigenen Garnison benöthigt wurde, dorthin zurückkehren, und wiederum waren es die Landungscorps allein, welche an der Seite der Verbündeten die immer heftiger werdenden Angriffe der Chinesen abzuschlagen hatten. Als endlich am 14. Juli die Chinesenstadt Tientsin gefallen war und die nach und nach eingetretene Ver stärkung der Verbündeten einen Vorstoß nach Norden zur weiteren Vertreibung des Gegners gestattete, betheiligten sich unter Capitänleutnant Philipp 180 deutsche Matrosen an dem Gefecht bei Peitsang am 5. August. An dem darauf folgenden SiegeSzug nach Peking theilzunehmen, war ihnen leider nicht vergönnt, da sie schon, bevor der Beschluß zu diesem Vormarsch gefaßt wurde, zur Verstärkung der Besatzung von Tientsin dorthin zurück gezogen worden waren. Sobald die Absicht deS Vorgehens auf Peking in Tientsin bekannt wurde, folgte zwar noch an demselben Tage, dem 9. August, Capitän zur See Pohl (Commandant S. M. S. „Hansa") mit 4 Officieren, 107 Mann und am folgen den Tage Capitänleutniant Hecht (1. Officüer S. M. S. „Henha") mit 2 Officieren, 150 Mann dem Expeditionscorps, doch trotz beschleunigter Märsche und außerordentlicher An strengungen vermochten sie nicht so zeitig vor Peking einzutreffen, um bei der Eroberung am 14. und 15. August mitwirken zu können. Es war ihnen nur noch möglich, an den Kämpfen im Innern der Stadt zur Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung Theil zu nehmen. Nach dem Eintreffen des 1. und 2. Seebataillons und dec Marine-Feldbatterie in Taku am 15. August konnten die Landungscorps der Kriegsschiffe aus.Peking, Tientsin und dem Südfort von Taku zurückgezogen werden, eine Maßregel, die auch für dic Verwendungsbereitschaft der Kriegsschiffe wünschens werth war. Die Thätigkeit unserer Matrosen an Land war beendet. Volle zwei Monate hindurch aber hatten sic — von den kleinen Seesoldaten-Detachements in Peking und Tientsin abge sehen — allein mit hervorragender Ausdauer und Tapferkeit die deutsche Kriegsmacht in der Provinz Tschili vertreten. * Tientsin, 27. Januar. (Telegramm.) Berittene Briganten, ungefähr 2000 an Zahl, darunter Deserteure aller Nationen, bedrohen die Eisenbahnverbindungen; eine britisch deutsche Expedition ist gegen sie abgesandt worden. — Die chinesischen Blätter veröffentlichen eine lange Liste von Namen der- jenigen Orte, die von fremden Truppen auSgeplündert worden seien, und verlangen Schadenersatz. (Franks. Ztg.) * London, 28. Januar. Nach hier eingetroffenen Meldungen auS Hsianfu habe der Gouverneur von Sbansi mehrere Hundert Gesäbrte bestellt, um den Hof Ende Februar nach Peking zu befördern. (Boss. Ztg.) * Shanghai, 28. Januar. (Reuter's Bureau.) Ein chinesisches Blatt meldet: Rußland Hobe ringrwilligt, die Mandschurei China wieder zu übergeben und keine Kriegsentschädigung zn verlangen. (?) * Berlin,*28. Januar. (Telegramm.) Au« Tsingtau ist hier die Nachricht ringetroffen, daß der Gouverneur de» Kiautschau- Gebietes, Capitän zur See J äschke, am 27. Januar an den Folge erscheinungen eine» DarmthphuS verstorben ist. * Köln, 28. Januar. Die „Kölnische Zeitung" berichtet auS Peking unter dem 27. Januar: Zur Feier deS Geburtstages des deutschen Kaisers wurde heute Vormittag im Verbotene» Vorhof rin Feldgottcsdienst obgrholten. Feldmarschall Graf Waldersee brachte ein Hoch aus de» Kaffer aus. An die Feier schloß sich eine von prächtigem Wetter begünstigte Parade über die deutschen Truppen, der auch chinesische Prinzen beiwohnten. Der Krieg in Südafrika. ES wird von Tag zu Taz deutlicher ersichtlich, daß die voere» in »er Vapeolonte so rasche und ungehinderte Fortschritte machen konnten, weil die englantfeindlicben Afrikander iynrn jede Unter stützung angedeihen lassen, ohne ihr Leden durch Ee- dedung der Waffen auf» Spiel zu fetzen. Alle Mel dungen stimmen darin überein, daß Hertzog'« Commando nur wenige neue Anhänger unter de« Emwobnern der Colontk erwarb, aber die bereitwillige Versorgung seiner Truppen mit Remonte», Proviant nnd Futter setzt ihn in die Lage, seinen Gegnern zu eatzeben, di» infolge der feindseligen Haltung der Bevölkerung auf die Erkaltung ihrer Rückverbindunzen angewiesen sind. Selbst di« Küsten plätze sind nicht sicher, wenn eS den britischen Truppen nicht gelingen sollte, alle Pferde uod Lebensmittel in den um liegenden Farmen auszukaufeu. Einen komischen Eindruck machte«, daß kau« angeworbeue englische Polizeitruppen sichdeuBorre» ohne geglichen Widerstand ergeben. Ta» sieht ja so au», al« ließen sie sich von den Engländern nur mit Uniform, Schießgewehr und Munition auSrüsten, um daun al« fettige Verbündete zu den Borren überzugeben! Lord Kttchener, der kürzlich bei Middelburg beinahe den Boeren iu di« Haube fiel, resv. mit sammt dem Eisenbahnzug, mit dem er fuhr, in die Lusr gesprengt wurde, war schon einmal, vor etwa 5 Monaten, in äbnlicher Gefahr. Er eilte auf eiue» ge wöhnlichen Truppevtran«porl»uae südwßrt«, Word« dabei aber von der Nacht überrascht und mußte für »iui-e
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