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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010208010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901020801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901020801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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D>e Fülle sich drängender politischer Ereignisse hat die Aufmerksamkeit von einem Vorgänge in Afrika abzelentt, welcher sür die Verhältnisse am Nöthen Meere und damit für Westasicn von grösster Bedeutung ist. Die französischen Unter nehmer der Eisenbahnlinie Dschibuti - Hacrar - Adis - Abeba haben, wie vor Kurzem gemeldet wurde, mit mehreren grossen englischen Gesellschaften einen Vertrag geschlossen, der letztere verpflichtet, das Geld für den Bahnbau zu beschaffen und die Linie zu vollenden. Damit ist es sicher, dass die Bahn nicht nur unter den Einfluß britischer Capilalisten geräth, sondern auch der Eontrole der englischen Regierung unterstellt wird; diese ist nunmehr in die Lage gesetzt, den vollen Nutzen in wirth- schastlicher und politischer Beziehung aus der erwähnten Ver- kehrsstrasse zu ziehen. Es handelt sich hierbei wahrlich nicht um Kleines. Die Be deutung der Linie ergiebt sich schon daraus, dass sie die erste und directe Verbindung der Hauptstadt Abessiniens mit dem Meere darstellt. Weiterhin durchschneidet sie fruchtbare Landestheile, die bedeutende Naturschätze in sich bergen. Für diese letzteren wird die Eisenbahn den natürlichen Ausgang zum Meere b lden und ihre Verwerthung und Beförderung auf die Märkte er möglichen. Die Strecke Dschibuti-Adis-Abeba gewinnt endlich dadurch besonders an Werth, als sie keine Concurventen besitzt, denn die Nilstrasse, welche ebenfalls in Betracht gezogen werden muss, ist andauernd fast vollständig unverwendbar. Alle Dortheile, welche den Franzosen aus dem erwähnten Bahnbau winkten, haben sie durch das Abkommen preisgcgeben. Es macht das einen um so befremdlicheren Eindruck, als zwischen der Nepublik im Bunde mit Rußland seit Jahren ein yestiger und erbitterter Kampf um den bestimmenden Einfluß in Abessinien gegen Großbritannien geführt worden war. Russ land war freilich die Vormacht gewesen, aber die französischen Interessen wurden deshalb nicht aus den Augen gelassen und hatten durch die erwähnte Eisenbahnconcession im Grunde noch realere Erfolge errungen. In Petersburg wurde vorläufig weniger Gewicht auf die wirthschastliche Ausbeutung, als viel- mehr auf die Hineinzichung Abessiniens in die politische Ein flußsphäre des Zarenreiches Gewicht gelegt. Die zarischen Diplomaten hatten längst erkannt, welche Bedeutung das abessinische Land und Volk für die ausgedehnten Gebiete am Rothen Meere und die Straße nach Indien besitzen; man hatte deshalb mit verschiedenen Mitteln auf eine Stärkung seiner Position am Hose des Negus hingcarbeitet. Es ist bekannt, dass „wissenschaftliche Expeditionen" mancherlei Art aus Peters burg nach Abessinien gingen, angeblich, um das Land zu er forschen. in Wirklichkeit aber, um politische Beziehungen anzu knüpfen und zwischen dem Zarenreiche und dem Negus ein ähn liches Verhältnis! herzustellen, wie es zwischen ersterem und ver schiedenen centralasiatischen Staaten besteht. Di« Glaubens verwandtschaft in beiden Ländern trug das Ihrige dazu bei, daß Rußland sich in Adis Abeba immer mehr festsetzte und einen immer größeren Einfluss gewann. Anfangs wurden diese Vorgänge im Osten Afrikas nur wenig beachtet und eigentlich nur als der Ausfluss einer Richtung betrachtet, die mehr theoretisch, als praktisch die Welt zu erobern trachtet. Da kam es zum Eonflictc zwischen Italien und Abessinien, und in der Schlacht bei Adua brach die ganze italienische Colonialmacht in Afrika zusammen. Nun erkannte man di« ungeheuren Fortschritte, die Abessinien in l«htcr Zeit gerade auf dem Gebiete des Kriegswesens gemacht hatte. Der bi-her ge ringschätzig angesehene Staat war über Nacht zu einer Militär macht geworden, welche namentlich Großbritannien bei der Dicdereroberung deS egyptischen Sudan gefährlich erschien. Tas war zum grössten Theil Rußlands Werk. England ent schloss sich in Folge dessen zu einer Action, die den Zweck ver folgte, Frankreich und Rußland in Adis Abeba das Gleich gewicht zu halten. Im Frühjahr 1897 reiste ein« Gesandtschaft aus London nach Abessinien, die unter der Führung Sir Reunel Rodds, eines hervorragenden Kenners der Verhältnisse, stand und den Negus wirklich rasch zu wichtigen Zuaeständnissen zu bewegen verstand. England wurde damals die Offenhaltunz des KarawanenwcgeS zwischen Zeyla und Harrar, sowie die zoll" freie Einfuhr aller sür Aethiopien erforderlichen Maaren über Zeyla gestaltet. Gleich nach der Veröffentlichung deS Vertrages wurde dir Ansicht ausgesprochen, daß die Franzosen mit den Engländern nicht mehr zu concurriren im Stande seien. Trotz der früheren Eisenbahnconcession Frankreichs besaßen die Engländer den be quemeren Zugang zum Innern Abessinien- und konnten mit besserer Aussicht aus Erfolg die Ausbeute der Naturschätze be- ginnen. Die Nichtigkeit dieser Annahme hat sich in der That bestätigt. Zeyla hat einen günstigen Aufschwung genommen und dem englischen Handel ein neues, reiches Arbeitsgebiet er öffnet, dem die Russen und Franzosen wahrscheinlich völlig fern bleiben werden. Zum Theil dürfte darin der Grund gesehen werden, der die Franzosen zur Aufgabe ihrer Pläne — denn etwas Anderes liegt im Abkommen nickt — veranlaßt hat. Den Ausschlag ober hat da- wirthschastliche Erstarken Groß britanniens kaum gegeben. ES ist nicht unwahrscheinlich, daß die Engländer und Fran zosen ganz allgemein über den Osten und Nordwesten Afrika- zu einer Einigung gelangt sind. Auffälliger Weise hat man in London den Fortschritten der Franzosen im Sahara-Feldzuge gar keinen Widerstand entgegengesetzt. Diese Haltung der Eng länder widerspricht ihrem sonst recht rücksichtslosen Auftreten und erklärt sich auch nicht durch die Misserfolge im Süden Afrika-. Die Annahme ist de-halb wohl gerechtfertigt, dass da« Abkommen der Eisenbahnunternehmrr nur den Deckmantel zu einer Verständigung !m Großen bildet, und daß die Franzosen durch den Verzicht auf die abessinischen Eisenbahnen die britische Neutralität für die Eroberung der Tuat-Oascn erkauft haben. Es bleibt nun abzuwarten, wo- die Russeii zu diesen Ab machungen sagen. Sie sind ihnen sicherlich recht störend ge- kommen. Die VundeSgenosscnschaft Frankreich- im Reiche d:« Negu- ist Rußland auf diese Weise in Frage gestellt. Auf- geben wird letztere» seine wohl vorbereiteten und umsichtig be triebenen Pläne in Abessinien de-halb nickt; et hängt für Rußland zuviel davon ab. Menelik» Freundschaft zu besitzen, der bei Gelegenheit al» Factor gegen England «»»gespielt werd n sollte. Liese« Wohlwalle» wird man sich zu erhalten suchen, auch wenn im Augenblick wegen der chinesischen Wirren und sich vorbereitender Verwickelungen in Mittelasien etwas Grosses nicht unternommen werden kann. In Petersburg versteht man zu warten. Der Gegenzug wird gewiss nicht ausbleiben und die Engländer zu einer Zeit treffen, da sie die Wirkungen eines Stoßes schwer empfinden müssen. Der englisch-französische Eisenbahnvertrag ist unter diesen Umständen die Ankündigung wichtiger Ereignisse in Abessinien und am Rothen Meere. Oer Krieg in Südafrika. Sin Brief Botha'S. General Botha hat an Lord Roberts nachfolgenden Brief geschrieben. Wenngleich von altem Datum, ist er doch interessant, da er das Verhältniß zwischen den beiden Gegnern scharf kenn zeichnet. Zu Anfang des Briefes beklagt sich General Botha darüber, daß Lord Roberts Familien auswieS, die eigene Häuser besaßen, dazu für 6 bis 12 Monate Mundvorrath und überdies genügend Geld. Niemals hätten diese Leute von der englischen Negierung Unterstützung genossen. Er findet es unerhört, dass diesen Aus gewiesenen während der Reise auch noch Wagen und Bespannung abgenommen wurde, so daß schwache Frauen und Kinder ge zwungen waren, stundenweit zu Fuss zu gehen. . . . „Ich kann nicht umhin, Ew. Excellenz darauf aufmerksam zu machen, daß die Handclsweis« Ihrer Truppen über das Maß der KriegS- führungswrisc civilisirter Nationen hinausgeht . . . und erwarte ich, daß Ew. Excellenz diesen Gräuelthaten und dem barbarischen Vorgehen eine Ende machen werden. Mit Bezug hierauf wünsche ich zu bemerken, dass überall Truppen in kleinen Gruppen weit von der Hauptmacht entfernt durch uns gefangen genommen werden; sie geben vor, Kund schafter zu sein, in Wirklichkeit aber rauben sie einsam stehende Bauernhöfe aus. Sie können nicht von mir erwarten, daß ich solche Leute in Zukunft als Kriegsgefangene behandele. ES ist mir unbegreiflich, wie Ew. Excellenz das Aufbrechen von Schienen und die Unterbrechung der Communication als Thaten von Räubern gualificircn können. Ich betracht« als eine Räuberbande eine Anzahl britischer Unterthanen in Lebombo deren Anführer eine Anstellung von britische» Militär-Auton- tätzcn besitzt, und welche Räuber, im Verein mit Kaffern, die Linie nach Komatipoort vernichten. Schon einmal haben diese Leute eine Brücke vernichtet, wodurch ein Zug verunglückt und unschuldige Menschen ihr Leben verloren. Ew. Excellenz drohen, solche Gefangene, in deren Besitz .,«l>lluoset" Kugeln gefunden werden, anders zu behandeln, wie Kriegsgefangene. Diese Maßregel würde ich mit der gleichen beantworten, und füge ich noch hinzu, daß die Gefangenen, die wir kürzlich bei Olifantsfontein machten, ausschlirßlich Dum- Dumkugeln bei sich trugen. Ich protestire gegen die willkürliche Vernichtung so vieler Wohnhäuser und mache Ew. Excellenz darauf aufmerksam, dass gegenwärtig viele Häuser bombardirt werden, in welchen sich nachweislich nur Frauen und Kinder aufhalten Ich habe die Ehre zu sein: folgt Unterschrift. Suttäuschunq durch kitchener. Aus Johannesburg, 12. Januar, schreibt man unS: Bei d«m außerordentlichen Vertrauen, dos die Engländer ihrem Kitchener entgegenbrachten, war es kein Wunder, daß die ge- sammte hiesige Bevölkerung, insonderheit auch die Ausländer mit größter Spannung abwartcien: was wird Lord Kitchener thun? Erhöhtes und erneuertes Interesse wurde daher den neuesten Proklamationen entgegengebracht. Zu Aller Erstaunen erschien nicht eine einzige Proclamation mit der Namenszeich nung Kitchener's, dagegen erließ der militärische Gouverneur einige einschneidend« Proklamationen, die natürlich nicht ohne die Zustimmung des neuen Oberbefehlshabers erlassen sein konnten. Eine der ersten, gewissermaßen überraschenden Pro- clamationen war diejenige, daß Johannesburg mit einem Draht zaun umzogen werden und der Verkehr nach und von hier auf gewisse Eingänge und Straßenzüge beschränkt bleiben solle. Eine weitere ordnete die Bildung einer „Rand Rifles" zu be nennenden Schuhtrupp« an, der sich sämmtliche englische Unter« thanen anzuschließen hätten; zunächst sollte sie zum Schatze der Goldfelder bestimmt sein, ihre Mitglieder können aber auch zum Felddienst außerhalb des engeren GoldfeldergebietcS herange- zog«n werden. Beide Proclamationen li«ßen ein« gewisse Schwäche und Unsicherheit der englischen Armee leicht erkennen. In Verbindung mit der Bildung der „Rand Rifles" erschienen zwei weitere Proclamationen: eine ordnete an, dass Fahrräder, Pferde und Wagen für die Zwecke bestimmter Mitglieder der „Rand Rifles" commandirt werden könnten, mitderVerpflichtung für die Eigenthümer, Wagen, Pferd oder Rad stets in gebrauchs fähigem Zustande zu erhalten. Schon vor Erscheinen dieser An ordnung waren zahlreicke Fahrräder in Polireiverwahr ge nommen, angeblich zur Verwendung zu militärischen Opera tionen gegen Bezahlung d«s Werthes. Unbeschreibliche Erregung aber brachte die zweite in Verbindung mit der Bildung der „Rand RifleS" erlassene Pro clamation unter di« in erster Linie und fast einzig dabei inter« essirte Gruppe der Ausländer. Diese Proclamation betraf die Versorgung mit Lebensmitteln, indem sie die jenigen Personen genau bezeichnete, welche zum Bezüge von Lebensmitteln aus den Regierungs-Verkaufsstellen berechtigt sein sollten. Die Proclamation hatte folgenden Wortlaut: Ver anlasst durch den beschränkten Zugang an Lebensmitteln, wie er un Verlauf von einigen Tagen von jetzt ob erwartet wird, sollen allein nachstehend aufaekührte Personen da« Recht haben, in den RegierungS-Verkauf-läden (gegen Vorzeigung eine- Er- laubnißscheineS) zu kaufen: 1) Consu'n und ihre reaelmoßlgen Anaestellien, sowie deren Familien. 2) Regierung-beamte. 3) Mitglieder der „Rand RifleS". 4) Bürger der früheren südafrikanischen Republik und ihre Familienangehörigen, aber nur solche Bürger, welch« schon vor dem Aukbruch de- Kriege- Bürger waren. Also alle Neutralen, die seit 18 Monaten auf da« Ende be kriege«, in den meisten Fällen unter großen Geldopfern, warten und die Familien derer, die sich durch Anschluß an d'e Voeren- armee mit Gefahr ihre« Leben- Bürgerrechte errangen, sollten ohne Leben-mittel gelassen werdrn — sollten verhungern oder durch Hunqrr zum Verlassen de« Lande« gezwungen werden. Die Err^ung, welche dem Bekanntwerden dieser Procla- m«ti»n folgt«, läßt sich nicht beschreib«; di« G-stfreundschas wurde mit Rücksicht auf die meist äußerst geringen Vorräthe dem Hausfreunde gekündigt, und Trost suchten Viele in dem Gedanken, daß es den Angehörigen neutraler Mächte gestattet und möglich sein würde, z. V. auf Lchsenwagen unter dem Schutze der Landesflagge durch die Reihen der Engländer und Boeren hindurch etwa von der Delagoabay Lebensmittel heran- zuschaffen. Aber während noch die Erregung wuchs, während das Rathen und Berathen in banger Sorge um die Zukunft die Gemüther aller Becheiligten beschäftigte, waren die Konsuln mit anerkcnnenswerthestem Eifer in der Angelegenheit vorstell.g- geworden; schöner Erfolg krönte ihre Bemüyungen; schon nach zwei Tagen erschien eine weitere Proclamation, worin bekannt gemacht wurde, daß auch solche Ausländer den Erlaubnißschem erhalten sollen, welche vom betreffenden Consul ein Certificat beibringen, daß „sie geeignete Personen sind, ein solches Privi legium zu genießen". Damit haben fast alle Personen da- Recht zu kaufen erlangt. Es läßt sich denken, welche ungeheure Arbeitslast den Konsulaten durch dirse Proclamation erwachsen ist; der Zweck der Proclamation ist nicht erreicht, Freunde hat sie der Militärbehörde nicht geworben. Ganz gewaltige An strengungen machen die Militärbehörden, Recruten für gewisse Regimenter zu gewinnen; in den von Natal herein kommenden Zeitungen sind ganze Seiten ge füllt mit den Aufrufen für Recruten; in Jo hannesburg und den umliegenden Orten wird durch riesengroße Placate an den Anschlagsäulen, Wänden und Schaufenstern der gleiche Zweck zu erreich«» gesucht. Ein neuestes Placat wirtt auch nicht achtunggebietend. Es lautet: „De Wet's Ge fangennahme. Recruten nöthig für die Leib garde des Commandirenden. Wer will, dass der Krieg bald zu Ende geht, komme und trete b e i." Neber den Erfolg dieser Aufrufe wird Zuverlässiges nicht bekannt. Recruten müssen schießen und reiten können, heißt es kurz; für ein Pionierregiment fällt daH Reitenkönnen weg. Für das Gefühl der Beklemmung, das hier herrscht, be zeichnend ist, daß man auf der Straße keine laute Unter haltung hört. Jeden warnt daS Mißtrauen, einen Detectiv vor ich zu haben, darum wird auch vom Verlauf des Krieges nicht mehr viel gesprochen, nur im Kreise vertrauter Freunde, da reift auch Fama ihre schönsten Früchte, aber immer ist es die- elbe Geschichte: die Boeren gewinnen coloflal, nehmen Städte wieder ein und nehmen ganze englische Regimenter gefangen. Sind diese Gerüchte auch nicht immer wahr, so sind sie doch be zeichnend für daS Vertrauen zu den Leistungen der Boeren. Noch nie während des ganzen Krieges hörte man von solch sagen haften Leistungen der englischen Truppen. Seit einigen Wochen ist die Ablieferung ausländischer, nicht englischer, Zeitungen auch wieder eingestellt, nur Briefe und Karten gelangen zur Ab lieferung, und über den Inhalt wacht mit erneuter Strenge der Herr Censor. Oie Wirren in China. Todesstrafe; KriegScutschägigung. Eine in New Aork eingetroffene Depescke auS Peking vom 6. Februar betagt: Die fremden Gesandten baden in einer gestern Abend abgchallenen Sitzung enkgiltig beschlossen, die Todesstrafe sür alle zwölf von ibnen bezeich neten Würdenträger zu verlangen, worin die bereit- verstorbenen einbegriffen sind. Cie haben feiner beschiessen, daß di« Totesurtbcile zu vollstrecken seien, ausgenommen an dem Prinzen Tuan und dem Herzog Lau, denen der K'iser die Todesstrafe in die Strafe der Berbannung nach Ttnkcstan ummanteln könne. Tie „Tiincs" berichten aus Peking unter dem 5. Februar: Die Gesandten beralben gegenwärtig die Frage der Kriegsentschädigung. Ter die meiste Zu- stimmul'g findende Vorschlag gebt dahin, daß ein Pauschal betrag festgesetzt, und jeder einzelnen Regierung ein Tbeil- bclrag zugcwiesen werde. Man veranschlagt, daß Cbina obne eine besonders schwere Belastung 4 Millionen Pfund Sterling besonder- sür den Aiileibekienst zablen könnte, waS einer K> icgsentichädignngvon 80 Millionen Pfund Sterling ent spräche. — Kn der am 5 Februar in der britischen Gesandtschaft abgeballenen Eonscrenzdcr Gesandten mit den chinesische» Bevoll mächtigten zeigte sich, raß sich dieCbinesen vorder un recht m a ß i g c r W e i s e cinExemplar der Anklageschrift gegen die zu bestrafenden chinesischen Würden träger verschafft batten und bereit- über die ab weichenden Meinungen der verschiedenen Negierungen bezüg lich der Schwere der zu vcrbängenden Strafen unterrichtet waren. Dcc-balb batten sie ibre Antworten schon zurecki- grlegt und aniwoitcten hartnäckig ausweichend auf die Forderung der Todesstrafen. Ter chinesische Hof. Gegenüber der in der Presse aufgetauckten Behauptung, die Trotbasche Expedition sei auSgesandt worden, um den chinesischen Hof nach Peking zurückzubolen, ersäblt die „Natio»al;tg.", daß diese Annabme unbcgiünvct sei, wa- auckr sckvii daraus bcrvorgebe, dass ter Hos zu seiner Rück kehr kaum einen derartigeu Weg wählen dürste. Bischof Auzcr. Die „Köln. DolkSrtg." schreibt: Bischof Anzrr, der am l3. November 1900 von Komi nach Ziranfu abgereist ist, wurde durch die neutrale Zone von deulichcn Soldaten geleitet, wäbienv jenseits der neutralen Zone der Bicckönig chinesische Soldaten beordert hatte» die ihm bi- Ziranfu da- Geleit gaben. Der Blsckof bat au den MissionS- piocnrator von Tsingtau geschrieben, rin Theil der Milsionare könne sofort in die Mission zurückkehren. Den Octsmandarinen soll vorder Nachricht gegeben werden, damit sie für b>n nötbiaen Schutz sorgten. Auch bat der Bicekönig versprochen, die Frage der Entschädigung für da- zerstörte und gcraubte Eigentvum der Ebristen und der Mission in befriedigender Weise zu löse». Der Bischof wollte da« Weib- nawt-fcst m Jeufu feiern, die Missionare konnte» jedoch erst nach dem WeibnachtSs.ste von Tsingtau adreiscn. ItnItenifcheS Faustpfand in China. Da- italienische ostasiatische Geschwader richtet sich in der Rimradbai zur Urberwinteruna rin. Anderrrseit» ist di« Mel dung bisher »och nirgend« »fswwll in Abradr gestallt, daß bta Bai als Faustpfand in den Händen Italiens bleiben wird, bis die Kriegsentschädigung festgesetzt und bezahlt ist, welche Italien für die Expedition und erlitiene Schäden zu beanspruchen haben wird. Die Bai liegt nur 80 Kilometer nördlich der S. Mun- Bucht, auf welche Italien vor etwa zwei Jahren die Hand legte, die sie dann aber auf den Einspruch von China hin ausgab. Unter solchen Umständen, und da die diplomatischen und militärischen Verhältnisse für Italien jetzt ungleich günstiger lieg«» als vor zwei Jahren, gewinnt eine Schilderung der Nimrod-Bucht Interesse. Sie entstammt einem Berich: des Soeofficiers und Theilnehmers der zweiten Bottegö-Expedition, L. Vanutelli, über seine Reise im Tsche-Kiang-Gcbirt an die Italienische Geo graphische Gesellschaft. Die Nimrod-Bai bildet die größte Einbuchtung an der Küste der chinesischen Provinz Ning-Po (30 Grad nördlicher Breite) und stellt sich als ein Meeresarm dar, der zwischen den Halb inseln Ning-po und Ning-Hai etwa 14 Kilometer weit in west licher Richtung inS Land einfchneidet. Im Westen von ziem licher Breite, verengert sich die Bucht in der Mitte auf etwa einen Kilometer und besitzt an der Mündung eine Breite von etwa acht Kilometer. Die Mündung wird durch vorliegende größere (Mei-Scian, Fa-tu, Lingheng) und kleinere Inseln geschützt. Die Bai übertrifft die San Mun-Bucht an Tief«, für die Mitte weisen die englischen Admiralitätskarten z. B. eine Tiefe von 22 Meter auf; auch der Fluthstanv ist höher. Das Südufer wird durch die Abhänge derselben Halbinsel gebildet, welche im Süden von der San Mun-Bucht bespült wird, und diese Halbinsel schildert Vanutelli als sehr fruchtbares Alluvial land, wie auch die Ebene von Ning-po Alluvialgcbiet ist. Heute ist der Hauptanbauartikel der Halbinsel Opium, aber noch Warren, der sie 1877 besuchte, schildert ihre Ergiebigkeit an ver schiedenen Getreidesorten. U«brigc>ns wird auf >den Hügeln hier wie überall in diesem Gebiet Thee gebaut, und weitere Aus fuhrartikel sind Holz (Bambus), Oel, Pistazien u. s. w. Auch Granitgruben werden ausgebeutet. Als wicbtziasw Verkehrs straße erscheint eine gepflasterte Straße von größerer Breite, alZ sonst in China zwischen dem am Slldufer der Bai gelegenen Flecken Tung-fu und der Stckdt Fang-Hua, dann die Straße Fang-Hua—Ning-po. Der Verkehr dieser letzteren Provinzial hauptstadt mit der Nimrod-Bai ist leichter, <rls mit der San Mun-Bai, weil Fahrzeuge in ersterer sehr viel näher an Land gehen können; auch kann auf kürzer« Strecke ein nach Süden führender schiffbarer Canal benutzt werden. Als weiter« Ver- kebrscen-tren in der Umgebung der Bai müssen Cin-zagen an dem silberhaltigen Berge Gninsen und Hsan-scian an der Medusa- Äucht genannt werden. Deutsches Reich * Leipzig, 7. Februar. Zweiundfünfzig Verleger von Schulbüchern, unter ibnen fünf Leipziger, ein Dresdner und ein Ekemmtzer, haben dem Reichstag in Sachen de- Entwurf s, betreffend da- Urheberrecht an Werken der L leraiur und der Tonkunst, eine Petition überreicht, in der sie auSfübren: Sie (die unterzeichneten Verleger) glauben auf eine Veränderung in § 19 (trüber 8 18) Abs. 3, die Lieser in dem letzten Entwürfe des erwähnten Geictzes erst erfahren hat, das Augenmerk im Interesse deS Unterrichtes richten zu müssen, da dieselbe die Herausgabe einer großen Anwhl von Schulbüchern zu Verbindern geeignet erscheint. Während der erste Entwurf in Uebereinsiimmung mit dem bisherigen § 7 eS für zulässig, erklärt, „wenn einzelne Gedichte, einzelne Aussatze von ge ringem Umfang oder kleinere Theile rineS Schriftwerkes nach dem Erscheinen in eine Sammlung ausgenommen wcrdey, in der Werke einer größeren Zahl von Schriftstellern für den Kirchen-, Schul- oder Unteiwchlsgebranch vereinigt sind", so beschränkt der letzte Entwurf dieS — gewiß unbeabsichtigt — außerordentlich, indem er eS nur noch sür zulässig erklärt, „wenn einzelne Gedichte, einzelne Aussätze von geringem Umfang oder kleinere Tbeile eine- SchriitwerkeS noch dem Erscheinen in eine Sammlung ausgenommen werden, die Werke einer größeren Zahl von Schriftstellern vereinigt und ihrer Beichaffenheit nach nur für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt ist". Es ist danach also erforderlich, daß die betreffenden Sammlungen ausschließlich für Len Kirchen-, Schul- oder Unterrichlsgebrauch bestimmt sind. Nack einer sehr eingebcndcn Erörterung der bezüglichen Verhältnisse werden die Wünsche der Verleger dann folgcnver- maßcu zusammengefaßt: Wir bitten de-halb, der Hohe Reichstag wolle dem 8 19 Abs. 3 nur in der nachstehenden oder einer ähnlichen Fassung seine Zustimmung ertbeilrn: wenn einzelne Gedichte, einzelne Aussätze von geringem Umfang oder kleinere Tbeile eine- Schriftwerkes nach dem Erscheine» ia eine Sammlung ausgenommen werden, die Werke einer größeren Zahl von Schriftiievern vereinigt und ihrer Beschaffenheit nach für den Kirchen«, Schul- oder UnterricktSgebrauch bestimmt ist. -4- Berlin, 7. Februar. (Sparcassenwesen und Socialpoiitik.) Tas sächsische Staatsministerium deS Innern wurde vor Kurzem um die Genedmigung eine- B'schlusseS angegangen, wonach eine Gemeinte 15 000 auS den bereit- tem RcservefontS überwicsenen Spar- cassenüberschüssen früherer Zabre zu gemeinnützigen Gemeindezwecken verrvenden wollte. Ein ähnliche- Er suchen wurde von ter Gemeinde Delitzsch an die Regierung zu Merseburg gestellt. Hat man auch in beiten Fällen die Genehmigung selbstverständlich versagt, so sind sie doch der kritischen Beleuchtung wcrtb, weil sie eine bedenkliche Auf fassung der socialen Sparcasseniv«e offenbaren, die bei weniger scharfer Beaufsichtigung in ankeren Bundesstaaten Betbätigung finden und unser deutsche- Sparwesen tiscreditiren könnte. DeStrald ist «- scbr am Platze, daß vr. Sckachner-Miinchen in der „Socialen Praxis" die Anschauung bekämpft, al- wollten und dürsten tie Gemeindeverwaltungen an idrer Sparkasse Uebrrscküffe erzielen, deren Derwerthnng im zr- weinklichkn Hao-balt nicht zu mißbilligen sei. Sckachner'S AnSsübiungen lassen sich wie folgt »usaminrnfassen: Die Exist-nz emer Spai-afse birgt für die Gemeinden, auch
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