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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010209014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901020901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901020901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-02
- Tag1901-02-09
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1000 Weitere Vbzstge sind für die Garnisonen besetzter GUttcke und die technischen Truppen zu machen, so daß die Gesammtzahl der ver fügbaren Courbattanten auf dem Papier höchstens 4ÖOOO Mann beträgt, allein in Wirklichkeit bleiben nach Abzug der Kranken nicht vielmehr als 30 000 Mann übrig. Die Boeren schätzt er auf 15 000 — 25 000 Mann, die durchaus acclrmatisirt, mit dem Lande vertraut und, da sie keine EommunicationSlinien zu schützen und kein großes Heer zu oer- proviantirea haben, alle zur Offensive verfügbar sind. Ferner steigt der durch Krankheit und Verwundungen im britischen Heere verursachte Verlust von Woche zu Woche in solchem Maße, daß die jetzt auSgesandten Verstärkungen sie kaum gut zu machen vermögen. Dazu kommt nun noch, wie Vie „Westminster Gazette" bemerkt, daß die englischen Soldaten des Krieges überdrüssig werden, wenn die Hoffnung auf Rückkehr over auf ein schließliches Ende des Feldzuges beständig hinaus geschoben werde und wenn keine Maßregeln zu ihrer Ablösung getroffen würden. Diese Erwägung sei für ein Heer besonders wichtig, das hauptsächlich aus Freiwilligen und Reservisten be siehe, die der Ansicht gewesen seien, sie seien einberufen worden, um in einer dringenden und vorübergehenden Nothlage auszu helfen, die ihr andauerndes Derweilen in Südafrika jedoch als Ursache zur Beschwerde ansähen. Da die Dinge so ständen, könne man sich nicht wundern, wenn die Boeren weniger als vor sechs Monaten geneigt seien, sich britischer Herrschaft zu unter werfen. Man könne eS auch nicht als Thorheit bezeichnen, wen» die Boeren den Widerstand fortsetzten. Die Ansicht der Militärs in Europa stimm« darin überein, daß die britischen Truppen in Südafrika nicht genügten, bedingungslose Unterwerfung zu er zwingen. Dabei würden keine erkennbaren Anstrengungen ge macht, alle paar Monate große Verstärkungs- und Ablösungs- CommandoS zu entsenden. Dagegen sehe der Boer, daß Eng land mit Bezug auf ein« Friedenspolitik keine bestimmten Ideen habe, und daß in der Kriegspolitik feste Entschlossenheit fehle. So könne man ein ernstlich entschlossenes Volk nicht besiegen oder auch nur zur Annähme der Bedingungen bringen, welche vorge schlagen zu sehen die Versöhnlicheren sehnlichst wünschten. Nur durch Entschlossenheit in militärischen Maßregeln und durch größtmögliche Versöhnlichkeit sei ein befriedigendes Ende Herbei zufuhren. Die letztere würde genügen, aber die englische Regie rung wagt es nicht, gegen die Jingoes Stellung zu nebmen. Die Wirren in China. Der chinesische Hof. Sine der „Polit. Corresp." aus Paris zugehende Zu schrift giebt dem immer lebhafter werdenden Bedürfniß der dortigen politischen Kreise Ausdruck, der Lage in China, die um so verwickelter sich gestalte, je länger die jetzigen Zustände dauern, ein End« zü bereiten. Man habe wohl niemals ernstlich die Ab sicht gehabt, den Hof in Singanfu aufzusuchen, da man erkennen mußte, daß hieraus die schwersten Verlegenheiten erwachsen würden. Der chinesische Hof würde kaum die Ankunft des Ex peditionscorps abwarten, sondern seinen Sitz in ein« andere Provinz d-S Reiches verlegen, von welcher Verlegung ohnedies schon di« Rede war. Allein selbst wenn es gelänge, sich des Kaiser-, der Kaiserin und der an deren Seite befindlichen Würdenträger zu bemächtigen, so würden daraus nur unabseh bare Schwierigkeiten erwachsen. Jetzt herrsche doch noch in einem gewissen Maße Ordnung im Reiche uckd namentlich die aus den Südprovinzen stammenden Nachrichten lauten beruhigend. Allein Man besitze keinerlei Gewähr dafür, daß diese Ruhe andauern würde, wenn man des Kaisers und des Hofes habhaft würde. Von der Ueber- zeugung ausgehend, daß es weder möglich, noch wünschens- werth sei, die Verwendung der bewaffneten Macht in China auf die Spitze zu treiben, lege man in französischen maßgebenden Kreisen beharrlich großes Gewicht auf die Zweckmäßigkeit, die von China zu verlangende Genugthuung auf das äußerste Maß zu beschränken. Ist aber einmal dieser Nothwendigkeit Rechnung getrogen, dann müssen die Mächte auch Mittel finden, um den Verdrehungen und Verschleppungen der chinesischen Diplomatie einen Riegel vorzuschreben. Diese Wünsche werden in Paris fast mit einer gewissen Ungeduld kundgegeben, da die theilweise Räu mung von Peking und der Provinz Petschili nothwendiger Weise davon abhängt, daß China endlich mit der Erfüllung 'der ihm auferlegten Friedensbedingungen beginne. Die Todesstrafe. * New York, 8. Februar. (Telegramm.) „Reuter'L Lureau" wird auSP «king unter dem 6. Februar telegraphirt: Die Gesandten bereiteten heute Vormittag eine Note an die chinesische Regierung vor. Darin bestehen die Gesandten darauf, daß Tung-Fu-Hsiang die Todesstrafe erleide, während sie sich damit einverstanden erklären, daS Leben des PrinzenTuan und desHerzogs 2 anzu schonen, wegen ihrer Verwandtschaft mit der kaiserlichen Familie, aber nicht, weil ihre Verbrechen äls weniger schwer erachtet würden.(Wdh.) Reue Kämpfe. * Tientsin, 8. Februar. (Ageuce HavaS.) Während einer RecognoSciraug, die am 28. Janoar westlich von Uln ansgeführt Wurde, sind KO französische Soldaten mit einer Sektion Artillerie von regulären chinesischen Truppen angegriffen Worden. Die Chinesen wurden geschlagen, drei Franzosen verwundet. * Petersburg, 8. Februar. (Telegramm.) Der „RegierungS- Lot«" berichtet auS dem fernen Osten: Nach einem Berichte des General« Grodekow vom 29. November 1900 wurde aus Knaatcheuzy in der Mandschurei ein mobile» FeldhoSpital unter der Bedeckung von 7ö berittenen Schützen, 31 Infanteristen rmd einer Batterie »ach KaijuanSjan beordert. Am 5. December entdeckt« man in der Nähe de» Dorfes Joptnlindza, 40 Werst vom Bestimmungsort«, in einem Hinterhalte 200 Chinesen, die da» Feuer eröffneten, daS von den russischen Truppen erwidert wurde. Di« Chinese» ginge« »um Angriff üb« und verwundet«» einen Leutnant und drei Soldaten. Eine halbe Stunde hielten sich die rassischen Trappen, bi» berittene Schützen «iatrafen, die dir Chinesen anglisiert, warfen und acht Werst west verfolgten, wobei 60 Chinesen auf dem Platze blieben. Die Haltung der Truppen war ausgezeichnet, da nur wenige verwundet wurden und selbst Verwundete freiwillig im Dienste blieben, waS von einem guten Geiste der Truppen zeugt. Die HungerSnoth. * London, 8. Februar. Dem „Standard" wird von seinem Berichterstatter auS Hongkong unter dem 7. Februar berichtet: „Ich erfahre von vertrauenswürdiger Seite, daß di« Nachricht von einer HungerSnoth in den Provinzen Schansi und Scheusi von den chinesischen Behörden absichtlich übertrieben worden ist, zu dem Zwecke, falls irgend eine der Mächte beabsichtig«, eine Expedition gegen Singanfu zu unternehmen, sie davon abzuschrcckeu." Attentat auf deutsche Schutzgenosien. Hongkong, 7. Februar. (Telegramm.) Aus Canton wird berichtet: Die chinesischen Behörden verhafteten drei Individuen im Zusammenhänge mit einem bei Kumschuk auf deutsch« Schukgenossen verübten Angriff. Die Europäer bezweifeln, daß die Verhafteten die wirklichen Schuldigen sind, und glauben, sie seien nur festgenommen worden, um als S L nd e n b ö ck e zu dienen. (Wiederholt.) Deutsches Reich. S. Leipzig, 8. Februar. (Eine socialisiische Absage an die Freisinnigen.) Die „Sachs. Ärbeiterztz." ertberlt dem Gedanken eines Zusammengehens mit den freisinnigen Parteien bei der Bekämpfung der Getreidezölle eine schroffe Absage. Sie widmet dea Freisinnigen u. A. folgende Liebens würdigkeiten: „Mit Herrn Barth und seinen Freunden auf die Dörfer zu geben, daö ist ein fatales Unteruebmen, raS uns ganz und gar nicht reizen kann. Man bat auf dem Lande einige nicht ganz unberechtigte Gründe für unüberwindliche Abneigung gegen Alle-, waS frei sinnig beißt. . . Durch ein Zusammenwirken mit der Agitation der Freisinnigen kann die Wucht einer Kundgebung der Arbciterkreise nur verringert, nicht verstärkt werden... Mit diesen Herren kann man sich für ein paar Wochen zu einem Ritt gegen ein unzüchtiges Gesetz (gemeint ist die lox Heinze) zusammenthun, aber nickt zu einem Feld zuge, der Jahre fordert. . . Die Herren von der bürgerlichen Linken mögen auf eigene Faust inS Land reiten und sich nicht um eine socialbemokratische Garde bemühen." Die Socialdemokratie will aber die glückte der Agitation gegen die Getreidezölle für sich allein genießen und nicht mit den Freisinnigen theilen. Angesichts dieser sckroffen Adlebnung gehört schon ein große- Maß von Selbstverleugnung dazu, wenn die Freisinnigen noch weiter um die Kameradschaft der Socialoemokraten werben wollen. -f Berlin, 8. Februar. Die VerleihungdeS Schwarzen Adler-Ordens an Lord Robert- scheint Tbatsacke zu fein, da Eorrespondenten feststellten, daß der Genannte die OidenSauSzeicknung bereit» trug, al- er sich zur Abreise Kaiser Wilhelm's auf dem Babnhof einfand. Es sei bekannt — so wird diese Ordensverleihung erklärt —, daß Monarchen hervorragende Perföi lickkeiten bei ihrer Anwesenheit in fremden Landern durch Orden decoriren. Da nun der englische General den höchsten englischen Orden und den Rotben Adler-Orden I. Elaste bereits besitze, so sei nickt- Anderes übrig ge blieben, als ihm den Schwärzen Adler-Orden zu verleiben. In die geheiligten Satzungen der Ordensverleihungen dringe kein uneingeweihter Geist. Man würde aber fekl gebe», mit dieser Auszeichnung Anschauungen in Zusammenbang zu bringen, die der Sympathie der Deutschen für die Boeren wider- spläch-n. Ausfallend ist e», daß selbst vaS sonst so gesprächige „Wolff'sche Telegr.-Bur." nichts über die Verleidung gebrachi dal. Auch in England hat der Zwischenfall die Auf merksamkeit erregt und zu politischen Betrachtungen Ver anlassung gegeben. Einer solchen, der „Daily News", unter dem T'tel: „Kaiser Wildclm und der Krieg in Südafrika" sei Folgendes entnommen: Die herzlichen Worte, die zwischen Kaiser und König im Marlborough House gewechselt wurden, seien Freundschafts-Kundgebungen der zwei Souveräne ge- wesen, von denen der eine sowohl für sein Volk als für sich selbst gesprochen habe, der andere leider nicht. Nicht- habe den Kaiser bei seinen Unierthanen so unpopulär gemacht,als dieser Besuch in England und besonder- die Verleihung de- Schwarzen Abler- OrdenS an Lord Robert-, der jedoch nur seine Pflicht als großer Soldat getban habe. Nicht er, sondern Mr. Ebamber- lain habe den Krieg gemacht und dadurch die Deutschen, auf deren Al.sichren er so viel zu geben behauptet habe, ent fremdet. Wenn in der in einer Versammlung in Frank furt a. M. angenommenen Resolution gesagt worden fei, daß die Stimmung gegen den Krieg in England wachse, so stimme daS. Tie ausländischen Freunde der Boeren leisteten diesen jedoch durch Schmähungen keinen Nutzen. England bebandele seine Colonien und Besitzungen im Vergleich zu anderen Staaten aufs Beste. Dieser Krieg bilde die Ausnahme, nicht die Regel; hatten doch auch deutsche ReichStagS- Abgeordnete sich veranlaßt gefühlt, gewisse über die deutschen Truppen in Edina erzählte Geschickten im Reichstag zur Sprache zu bringen. Der vernünftige Tbeil de- eng- lifchen Volke- verachte die Meinung des Auslandes nickt, aber durch Beleidigungen und Drohungen ließe» sich Engländer nicht beeinflussen. Eia Appell au ihre Gerechtigkeit und Großmutb könne stet- gemacht werden. Der io Berlin gemachte Vorschlag, der Kaiser möge al- Vermittler handeln und Friede» herbeiführeo, sei zur irtzigen Zeit für jede fremde Regierung setz« dellest und Graf v. Bülow werde ihm wohl nicht eber Folge geben, al- bi- er von der Bereitwilligkeit Lord LanSbowoeS, daS Anerbieten aozuoebmen, überzeugt sei. — AuS dieser Auslastung scheint sich zu ergeben, daß selbst die „Daily News" nicht recht wissen, was sie zu der hohen Auszeichnung de- Lord Roberts sagen sollen. — Der Reichskanzler hat beim Kaiser di« Com- mandirung eines jüngeren unverheiratheten Osficiers vom 1. Juni d. I. ab zur kaiserlichen Gesandt schaft in China nachgesucht. Da es sich überhaupt als Wünschenswerth herausgestellt hat, stets über einige zu oerartigen Commandos bereite und geeignete jüngere Ofsiciere verfügen zu können, hat der Kaiser befohlen, daß von den General- CommandoS zum I. März d. I. eine entsprechende Eingabe zu machen sei. Aus dieser Eingabe soll ersichtlich sein, welche Sprachen die einzelnen Officiere beherrschen, bei welchen Gesaüot- schaften sie in erster Linie verwendet sein wollen und über welche Mittel sie zu diesem Zweck jährlich verfügen, ob sie mit der Stellung L Io 8uits ihre Truppen zufrieden sind und somit auf Reichsfonds-Gebührnisse für diese Zeit verzichten. (Hiernach scheint es, daß derartige Commandos auch bei anderen deutschen Gesandtschaften cingeführt werden sollen.) Schon Bismarck hat als Bundestagsgesandter in Frankfurt a. M. in seinen Briefen I an den General Leopold von Gerlach wiederholt betont, wie an genehm für die Gesandtschaft die Commandirung junger Offi ciere sei, nicht nur zu Repräsentationszwecken, um auf den offi- cicllen Bällen die Cur zu schneiden, sondern auch vor Allem, um den manchmal nicht bedeutungslosen Klatsch der besseren Gesellschaft anzuhören und darüber zu berichten. Bismarck be nutzte die bei ihm commandirten Officiere auch zum Schreiben sekreter Briefe und Berichte. Ob aber Officiere sich bereit finden lassen werden, solche enorm theure Commandos unter Verzicht leistung auf jegliche Gebllhrnisse zu übernehmen, erscheint sehr fraglich. Zu beherzigen bleibt dabei ebenfalls eine Klage Bis marcks, daß die bei ihm commandirten Officiere keine ihrem militärischen Berufe dienliche Thätigkeit hätten und deshalb ver kümmerten. (D Atel, 8. Februar. (Telegramm.) DaS nach Eng land zu den BeisetzungSfeierlickkeiten entsandt gewesene Geschwader, dessen Chef Prinz Heinrich ist, ist hierher zurückgekebrt. (-) Wilhelmshaven, 8. Februar. (Telegramm.) Die auS Edina heimgekebrten Mannschaften wurden beute Mittag vom Admiral Thomsen besichtigt. Der Admiral begrüßte die Mannschaften und verlas ein Tele gramm deS Kaisers, in welchem dieser sein Bedauern auS- sprickt, die Mannschaften nicht persönlich begrüßen zu können, und ihnen seinen Dank auSkrückl für da-, was sie in Ebina geleistet haben. Admiral Thomsen schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. Heule Abend werden die Mannschaften von der Stabt festlich bewirlbet. * Aus der Ostmark wird der „Nat.-Ztg." geschrieben: Als eine Prämie auf die Hereinziehung polnischer Landarbeiter wird sich in der Praxis die angekündigt« Verordnung erweisen, durch die für polnische Landarbeiter aus Rußland und Oesterreich die Versicherungsfreiheit eingeführt werden soll. Zwar haben nach den gesetzlichen Be stimmungen die Arbeitgeber, die solch« ausländischen Arbeiter be schäftigen, denjenigen Betrag, den sie für die Versicherung der Ausländer aus eigenen Mitteln würden entrichten müssen, an die Versicherungsanstalt zu zahlen. Nun ist es aber allgemein bekannt, daß die Landwirthe für die inländischen Arbeiter nicht nur den ihnen gesetzlich zufallenden Antbeil der Versicherungs gebühren, sondern ganz überwiegend auch den nach dem Gesetz auf die Arbeiter selbst entfallenden Theil thatsächlich auf ihre eigenen Schultern zu nehmen gezwungen sind. Diese Last fällt für sie aber in Zukunft bei der Beschäftigung ausländischer Polen weg. Es ist 'n der officiösen Ankündigung ausdrücklich be merkt, daß-diese Bestimmung nur gegenüber den ausländischen Polen gelten soll. Seit zwei Jahren haben sich auf wiederholte Anregung nationaler Politiker die Landwirthschaftskammern und landwirthschaftlichen Vereine bemüht, nach anderen Hilfskräften Umschau zu holten und Versuche mit Italienern und Finnländern zu machen. Diese Versuche werden sie jetzt wohl einstellen müssen, wenn die Heremziehung polnischer Landarbeiter besonders be günstigt wird. Im Verein mit der unbegreiflich lauen Abwehr deS polnischen Vorstoßes gegen die Post im Reichstage und dem durch die bekannten Erlasse der Oberpostdirectionen bewiesenen Entgegenkommen, das unweigerlich weitergehewoe Consequenzen nach sich ziehen muß, trägt die angekündigte Maßregel dazu bei, die Stimmung der Deutschen wieder unsicherer und gedrückter zu machen und die Befürchtung hervorzurufen, daß ein aller neuester Curs abermaliger Schwankungen und verhängnißvoller Nachgiebigkeit im Anzug sei. Bis in dl« Presse der freisiinnigen Volkspartei hinein wird es hier mit großem Mißbehagen vermerkt, daß 'der Posterlaß die Polen nur noch provocatorischer gemacht hat und sich auf polnischer Seite ein« große Siegeszuversicht geltend macht. Posen, 7. Februar. Polizeilich beschlagnahmt worden ist der socialistische Wahlaufruf zu Gunsten der ReichstagScandidatur Kasprzak. Derselbe ist in deutscher und polnischer Sprache abgefaßt und an Vie „Arbeiter und Bürger des Wahlkreises Posen" gerichtet. Die Gesammtauflage des Wahlaufrufes, der in einer Posener Buchdruckerei gedruckt wird, war noch nicht fertiggestellt. Doch waren von den Socia- listen schon mehrere hundert Stück verbreitet worden. — Ent gegen der Stellungnahme der stävtischen polnischen Wähler zu den Getreidezöllen hat der Verband der polnischen Lanvwirth« der Provinz Posen (Trvigrelc Aemiunslci) eine Petition an die polnisch« Reich stagSsraction gerichtet, damit die selbe für die Erhöhung der Zölle auf Lebensmittel stimme, „mit Rücksicht auf di« vorwiegenv landwirthschaftliche Bevölke rung der Provinzen Posen und Westpreußen". (Fortsetzung in der 1. Beilage.) jungen Damen auf sich zusausen, dir ihn im nächsten Moment freudig überrascht und unter Lachen unv Gezwitscher umringte. Einige waren auS der Pension, in der Bob logirte, und Vie Anderen wohl deren Freundinnen over sonst junge Mävchen, mit denen sie auf vem Eise bekannt geworden waren. Alle thaten gleich entzückt, als w«nn sie ihn ichon lange kannten. Einer minder harmlosen Seele wie Bob von Klüssow wäre das natür lich ausgefallen — aber der Glückliche merkt« und sah nichts, als die schönen, blaugrauen Augen von Miß Brownsley, die ihn in sprühender Lebenslust und voller Uebermuth anblitzten. „Guten Tag, Herr von Klüssow!" hatte sie ihm schon von Weitem in ihrem entzückend accentuirten, fast fehlerfreien Deutsch zugerufen, und als sie nun scharf vor ihm bremste, so daß das Eis unter den winzigen blanken Dingern, die sie an den Füßchen trug, weiß aufstäubte, fügte sie lebhaft hinzu: „Das ist aber schlecht, wenn Sie mir sagten, daß Sie nicht laufen! Aber jetzt kommen Sie! Wir zusammen!" Wenn Bob j«tzt wirklich hätte mit ihr „zusammen" laufen können — di« größere Hälfte seines väterlichen Gutes Holde- düttel in Dithmarschen hätte er mindestens darum gegeben. Aber Talente sind leider unbestechlich, und so endete der erste Versuch des aufgeregten Bob, sich auf di« stahlbeschienten Bein: -u stellen, mit einem kläglichen Fiasco. Breitbeinig, wie «in betrunkener Matrose auf schlingerndem Schiff, stand er einen Moment mit schlotternden Knien da — ckber auch nur einen Moment, denn im nächsten Moment machte er «in« gewaltsam«, hinten ausschlagende Vorwärtsbewegung, und al» er zur Besinnung kam, fand er sich in inbrünstiger Um armung am Halse deS ManneS mit den beiden Eiszapfen am Schnurrbart. „Donnerwetter" — fluchte Bob unwillkürlich in sich Hinern, und etwas AehnlicheS sagt« auch der so unerwartet geliebkoste Mann, indem er den unsicheren Fahrgast auf di« Beine stellte. Jedenfalls hatte er keine Zeit, sich mit einem Einzelnen so lange atzrua^en; er stellte, so gut eS ging, ein« gewisse Balance her und überließ ihn dann seinem Schicksal. - DiSsrs aber war fürchterlich! Wie durch einen Schleier sah Bob von Klüssow die lachenden und erstaunten Gesichter um sich her. Das Gesicht seines Freundes Hinnerk aber, nach welchem jein banger Blick unwillkürlich abirrte, erschien ihm riesengroß — wie eine kolossale Clownmaske, die er einmal in einem Spe- cialitätentheater gesehen; jeden Zug konnte er darin unterscheiden, und in jedem Zuge grinste das wilde, kassanvrische Vergnügen über eine erfüllte Prophezeiung. Dann wieder sah er sich selbst — wie ein« fremde dritte Person; da er sich aas den schmalen, glibberigen Eisen nicht mehr halten konnte, war er auf die äußere Schneide der Füße umgekippt, waS im Verein mit den nach auswärts gckehr'en Knien den Eindruck hochgradiger 0-Beinigkeit machte; dazu balancirten und angelten dre Hände unentwegt nach einer Stütze. Das alles sah er mit der Schnelligkeit und doch weit schweifigen Deutlichkeit des visionären Empfindens, wie eS Leut« in der Gefahr deS Ertrinkens an sich zu beobachten pflegen. Gleichzeitig damit arbeitete aber auch der Trieb der Selbst erhaltung — in diesem Falle nur einer moralischen, aber deS- hakü nicht minder energisch. Fast mit einem Ruck raffte er sich zu einer mehr menschenwürdigen Haltung auf, unv eS gelang ihm wirklich, sich einigermaßen aufzurichten — wenn er nur die entsetzlichen Dinger nicht an den Beinen gehabt hätte! Denn in dem Augenblick, da er den Schwerpunkt auch nur für eine Sekunde verlegte, ging eine heftige, sozusagen wellen- förmige Erschütterung durch seinen in jeder MuSkel an gespannten Körper. Bei den Beinen setzte eS an und pflanzte sich fort bis zu dem dampfenden Haupte, das einige Male leb haft nickte, dann aber wie erschrocken sich tief zwischen die Schultern schob. Das war «ine Reflexbewegung, die auch noch «ine andere Ursache hatte — er hatte daS Gefühl, als wenn brausende» Lachen und Sprechen über seinem Haupte zusammenschlügen im nächsten Moment fühlt« er sich an die Hände gefaßt und Vorwort» bewegt — schneller, immer schneller, so daß ihm fast der Athem versagte und daS Wenige, WaS er sah, wre ein einziger rasender bunter Streifen an ihm vorbeisauste Dann sah er nichts mehr. Ihm wgr, als siele er — tief — minutenlang! Mt einem leichten Schlage, den er an ver Stirn verspürte, verlor sich auch das schreckliche Brausen um ihn her; — lange Zeit war es ganz still — dann hörte er etwas wie aus weiter, weiter Ferne und ihm schien, als sei es die Stimme seines Freundes Hinnerk, welche sagte: „Das war nicht recht, Miß — er hat sich Ihretwillen lächer lich gemacht — " Bob wollte einwenden, daß daS «ine der vielen unbewiesenen Zinkendorfschen Behauptungen sei — aber er konnte es merk würdiger Weise nicht, wenigstens hörte er sich nicht sprechen. * * * Bvb von Klüssow lief Tage und Nächte lang egal weg Schlitt schub — allerdings nur in seinen Fieberphantasien, und zumeist auf dem Ententümpel zu Holdebüttel, wo es so schön ging. Als er schließlich sich so weit in dem schönen Sport vorgeschritten glaubte, um sich vor Miß Ellen BrownSley mit großem Elan vroduciren zu können fand er sich in seinem Bett in der Pension von Madame Dulard. Mit etwas wüstem Kopf richtete er 'sich auf. Gleich darauf ließ er sich erschrocken wieder in die heißen Kifft» zurückfallen, denn ein „matschiger" Beutel war ihm von der Stirn auf die Nase gerutscht — unv drüben am Fenster saß Miß Ellen, ein Taschentuch m der Hand und ihre schönen Augen sahen unter Thränen zu dem Referendar von Zinkendorf auf, welcher begütigend auf sie einsprach. DaS gefiel Bob gar nicht. Ohne sich einen Augenblick Ge danken darüber zu machen, waS die Beiden eigentlich in seinem Zimmer wollten, empfand er eS nur mit lebhaftem Miß- vergnügen, daß dieser heimtückische Mensch, der Hinnerk, über haupt mit dem Mädchen sprechen durfte, daS er liebt« und wegen dessen er Jetzt kam ihm mit einem Schlage die volle, niederschmetternde Erinnerung — und sein Gefühl als blamirter Europäer war so stark, daß er unter einem aufstöhnenden Seufzer die Augen schloß. Im nächsten Moment fühlte er seine Hand gefaßt — unv schon glaubte er in seiner noch halb geträumten Depression, daß Mrmmorm-Srirr „Noch niemals ein« so milde und angenebme aromatisch« Seift in Gebrauch gehabt", ist eine ärztlich« Aeußerung übrr di« Pateat- Myrrhotin-Selse, welch« übrrall, auch tu dru Apotheken, erhältlich ist. Geplündert wie die Russen - haben wir nicht, schrieb neulich «in Deutscher au» Peking, dafür aber bat unS ein glücklicher Zufall ein« Quantität der ausgezeichnete» Knorr'sch n Prävaraie. wir Haft», Reis- und Grünkernmedl, sowie Erbswürste und Suppentasrln in di« Hand« arivtrlt und damit be reiten wir uns jetzt olle Tage die köstlichsten Suppen und sonstige Gerichte, um die uns Russen, Engländer und selbst die Chinesen beneide«. Julius klülknsn, mich LSe»1>t»ue»1«»r»eeO«l»r1ft, riÜAvI Mlil kiLlllnoS SS. „Kötel vrktol". Voi-oekwes rnmUlenitütel I. 8vI»eiZ8«r^r>1» in k"lxv vor keinen ^usniattuvg. ^u» Timmer »nck 8«lon8 sitckseith- wir Ln»8>vl,t »uk ckle Dolomiten. Vi«88e8 Vestibüle, eie»nnte 8iiiv uuck De^ellsvlinttorüuwv. Iw pnrlerre krn»r8«l8vt>e8 Ke8t»ur»nt mit pilneoer vier unck reicher ^usivn« I der besten u. edels'en Tiroler sVelne. — Oentrul- bcirung.— Ditt. — Ducker.— Lqulpuirell. —Densjous-^rrtuixe- wents. — tivllv Preise. — Prospekte »r»ti». 8tamwkuus „Hüte! KrelD'. Wrm»» 8t«kV1er. s. k. 8lM liönixl. Nosm8dvls»brik LU8StvUlML8kLN8 WllrtSmllgei' MnungzelniMiffM Orimmsisobs 8tr. 10. Tageskalender. Telephon-Anschluß: Expedition des Leipziger TaarblotteS ; Nr. 222 Redaktion deS Lewzigrr Tageblattes » 153 Bitchd» uckrrci deS Leiptiger Tageblattes (E. Polz) . . 1173 Alsrrd Hahn vorm. Otto Klciiim'S Sortiment, Filiale: Uni- versilä'sftreße 3: 4046. Lonis Laiche, Filialen des Leipziger Tageblattes: Katharinen straße 14: 2935. Königsplatz 7 : 3575. Adressen aller Branchen, Stände und Länder liefert unter Garantie Welt-Adressen-Verlag Emil Reiß. Leipzig. Äa alog arolis Fernipr 3229. Telear.-Adresse: ..Weitreiß-Leivzig". 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Gemälöc-AttSstcllnng Mltlentzwry-Windsch, Grimm. Str 25, Ausgang Rittersir. i—3, I., täglich von Vorm. 9—7 Uhr Abends, Sonn- und Feiertags von Vorm. II—3 Uhr Nachmitt, geöffnet. Reue Börse. Besichtigung Wochentags 9—4 Ubr, Sonntag» ^,il—l Ubr. Eintrittskarten zu 50 beim Hausmeister. Deutscher Flottrnvrrrin. Anmeldung zur Mitgliedschaft bei der „Credtt»L Sparb nk", Sckillerstr. 6. (Mindeü-Jabresbeiirag 50 Geschäftsstelle des Trutsckcu Patrioten-BundeS zur Errichtung eines BölkcrschlachiSrnkuiaiS bei Le viig: RolddauSring II, pt.ü Zahlstelle und Entnahme von MitgliedSkartendesten. Taurrndc Gcwrrbr-Ausstrllung. Promeuadenring. Reichhaltig und schön, ca. 400 Aussteller Täglich geöffnet. Eintritt 10 Franz Schneider, k. k. Hoimöbeliabnk, Weftsiraß« 49/51 Aus stellung ganzer Wohnung»- und BlllenouSslattringen für Jmer- esienten Wochentags von 9—7 Udr unentgeltlich geöffnet. Leipziger Palmcngarteu, täglich geöffnet. Zoologischer tÄarten, täglich geöffnei. Zoologisches Museum, T holstr.33. geöffnet jed. Mittwoch v. 2—4 Uhr. Schillcrhaus in vlohlts, Hauptstraße 18, täglich geöffnet. Vimiiul-Gvknl»« «. -811^1^1 (eckt 8t. Delorsdnrxor), le« swptivklt Slinvlel STcinlet»»»««», (,eor«iruur 19, 8 üs blvekorplatr. die wahnsinnig« Fahrt mit ihm wieder losgehrn solle, als er Miß Ellen's Stimme hörte — und zwar ganz dicht bei ihm, fast in seine Hand Hinern, die sie innig unv fest in ihren beiden hielt. Zunächst verstand er nichts vor Schluchzen unv Jauchzen — dann aber, nachdem 'sie sich beruhigt hatte, unterschied er: „ Ich bin ja so flecht, so siecht, Mister Klüffow, und ich werde es ganz gewiß nicht wieder thun und ich habe Sie ja so lieb, Mister Klüssow, ßo hehr lieb — und wenn Sie mir dlos den einen Gefallen thun, nicht ßu sterben, dann will ich auch immer gut sein unb " Der Rest ging wieder in Schluchzen verloren. Bob hätte schrecklich gern jodeln, schreien oder Kobolz schießen mögen — theils um dem so urplötzlich auf ihn einstürmenden Glücksgefühl Luft zu machen, theils auch, um Miß Ellen zu be kunden, daß er ihr den erbetenen Gefallen gern rhun werde — aber er konnte nichts, als langsam und schwerfällig ihr Händchen an seine Lippen ziehen. Das schien auch zu genügen, denn Miß Ellen sah sehr glück lich aus, als er dann seine Augen groß und klar zu ihr ausschlug. Eine Stunde später löste eine graue Schwester Miß Ellen in der Pflege ab, welche diöft sich nicht hatte nehmen lassen — von der Stund« an, da Bob durch ihren Uebermüth zu Fall gekommen und verunglückt war. Jetzt, da er Bewußtsein zeigte, konnte sie ihn nicht mehr gut Pflegen, das sah sie auf Vorhalt der Madame Dulard schließlich ein. Aber sie ging kaum aus dem Hause; immer und immer wieder fragte sie an der Thür nach seinem Befinden und sorgte von außen her mit rührender Sorgfalt für Alles. Unter diesen Umständen genas Bob von Klüssow überraschend schnell — und als Herr von Zinkendorf auf die denkwürdig« Sportleistung seines Freundes gelegentlich wieder zu sprechen kam, saate der Reconvalescent schmunzelnd: „Weißt, Hinnerk, Du könntest eigentlich mal eine Notiz an die „Jkehober Nachrichten" schreiben, daß Bob von Klüffow den ersten Preis im Schlittschuhlauf errungen hat. " s Seien Vuen «LAS (1 Lilbe Llaft Llsft Qi-i im Di Sablsch Buhnbc sowie 8 w sowie Ü Bedina verknus Gi gcsam bei unl N< Berka« Bi drückt» D' A Vie sollen > Wüie. werden 7! 7< 2! 2 1 Z L welche T scheine befindl Vrn 2 Generi auch l T zur L L von Dei 1
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