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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010215015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901021501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901021501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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- Tag1901-02-15
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Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nattzes im- Polizei-Amtes -er Stadt Leipzig. Anzeigen «PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 2S H. Reklamen unter dem Redactton-strich («gespalten) 7b L,, vor den Fainiliennach» richten («gespalten) KO L,. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnannahmr 25 H (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poftbesörderung ^4 60.—, mit Poftbesörderung 70.—. Annalsmelchluß für Änzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittag- lv Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei deu Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Grvedifirn zu richten. Dir Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geössnet von früh 8 b>S Abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig 8t. Freitag den 15. Februar 1901. 95. Jahrgang. Neue Uniformen. L v. 8. Mehr als ein Reichstagsbote wird tief aufgeseufzt haben bei der Kunde, daß den deutschen Truppen eine ganz und gar neue Uniform gegeben werden solle. Anfänglich zuckte er vielleicht noch die Achseln zu dem „Zeitungsgeschwätz"; als dann aber der Kriegsminister im HaushaUungsausschuß erklärte, daß die seit einiger Zeit in kleinem Maßstabe bereits versuchsweise getragenen grauen Uniformen „zunächst" für unsere in China stehenden Truppen bestimmt seien, da mutzte der letzte Zweisel schwinden. Da erschien selbst die Notiz, datz den Bekleidungs ämtern bereits der Befehl gegeben sei, mit der Beschaffung von Tuchstoffen nach dem alten Muster u. s. w. aufzuhören, durchaus glaubwürdig. Das Wörtchen „zunächst" ist, an solcher Stelle aus solchem Munde gesprochen, ungemein beredt! Und wenn nun den bedrückten Volksvertreter sein politischer Standpunkt mehr nach links wies, so entrangen sich seinem Munde wohl Worte, wie: „Veränderungssucht! — Launen! — Mißbrauch des Geldbeutels der Steuerzahler! — Was so lange gut war, wird eS auch weiter sein!" Derartige Gedankengänge schießen nun gänzlich am Ziel Vorbei. Nicht eine Laune, nicht Veränderungssucht rufen nach einer neuen Bekleidung für unsere Soldaten, sondern zwingende Nothwendigkeit, und wenn in dieser Sache irgend ein Vorwurf erhoben werden könnte, so wäre es der, daß die angekündigte Reform e r st j e tz t kommt. Aber auch ein solcher Vorwurf erscheint ungerechtfertigt. Es war sicher kein leichter Entschluß, den die Heeresverwaltung! da getroffen hat oder — um ganz correct zu sein — zu treffen haben wird. Ernste Bedenken, auf die wir noch zurückkommen werden, lagen im Widerstreit mit dem dringlichen Wunsche taktischer wie humaner Natur: das feindliche Feuer gegen unser« Gefcchtsstellungen möglichst unwirksam zu machen, oder mit anderen Worten, Blut und Menschenleben unserer Landeskinder zu sparen. Dieser Wunsch, oder vielmehr diese Nothwendig keit, hat obgesiegt. Erreicht kann das angestrebte Ziel nur dadurch werden, daß die äußere Erscheinung des Soldaten nichts zeigt, was dem f Gegner das Zielen oder auch nur das Erkennen unserer Truppen auf weitere Entfernungen erleichtert. Schon 1870/71 wurde es störend empfunden, daß für das Auge der Franzosen unsere blauen Waffenröcke sich scharf vom Gelände abhoben, daß die blanken Theile der Uniform, wie Knöpfe, Koppelschlösser, Helm beschläge, Kochgeschirre, Kürasse, weithin ihre Lichtreflexe ent sandten und daß das weiße Lederzeug nicht minder weithin leuchtete. Allerlei „Anschwärzungs"mittellchen bei einzelnen Truppentheilen erfüllten nur unvollkommen ihren Zweck. Hätten Aufklärungskunst und Schießfertigkeit der Franzosen nicht er heblich zu wünschen gelassen, wir hätten diesen Uebelstand wohl schmerzkicher am eigenen Leibe empfinden müssen. Umgekehrt sind den Franzosen die leuchtend rothen Hosen ihrer Infanterie und der rothe Fez ihrer Turkos mehr als einmal verhängnißvoll geworden. So konnte es denn nicht auSbleiben, daß nach dem Feldzug« in Kreisen deS HeereS — wohl kaum darüber hinaus — ver einzelt« Stimmen laut wurden, die eine kriegsgemäßere Uniform, und zwar eine im Gelände mehr verschwindende Tuchfarbe, so wie Vermeidung alles Blinkenden und Leuchtenden, forderten. Mit starrem Entsetzen wurden scklche radikalen Vorschläge von den meisten der in der astpreußischen Tradition auf«rzoqenen Officiere zurückgewiesen, aber wie notwendige Dinge sich schließ lich immer Bahn brechen, so auch hier. Eine Concession nach der anderen wurde dem Reformbedürfniß gemacht: das Weiße Lederzeug wurde bis auf einen kleinen, nicht ganz folgerichtig beibehaltenen Bruchteil durch schwarzes erseht; die Schuppen ketten am Helm verschwanden und der Helm selbst erhielt, gerade mit Rücksicht auf den Krieg, einen abnehmbaren schilffarbenen Bezug; den Kochgeschirren wurde ein schwarzer Lackiiberzug ge geben. Auch die vom Erdboden sich weniger deutlich abhebenden grauen Mäntel sind dahin zu rechnen. Aber daS waren schließlich nur Abschlagszahlungen und obendrein verschärfte sich das Bedürfniß nach einer wenig auf fallenden Kriegsuniform noch gewaltig durch die erstaunliche Verbesserung der Feuerwaffen während der letzten 30 Jahre. ES wurden Kriegsgewehre hergestellt, di« auf weiten Ent fernungen noch genau trafen. Um so weniger durfte man ihnen ein deutliches Ziel bieten. Es wurde da- rauchschwach« Pulver «ingeführt, unter dessen Vorzügen nicht der geringste der ist, daß nicht — wie früher — dichter Pulverdampf die eigene Stellung verräth. Dieser Dortheil bleibt unausgenutzt, wenn die Uniform den Soldaten leicht kenntlich macht. Solcher Einsicht verschließt sich niemand, aber ebenso zögerten alle Mächte, sie in di« That umzusetzen. Ganz allein die Engländer machten in ihren Colonien eine Ausnahme; es ist ein Jrrthum, wenn ein angesehener Militärschriftsteller kürzlich in der „Woche" (Nr. 1) die Sache so darstellte, als hätten die Engländer in Südafrika erst blutiges Lehrgeld zahlen müssen, bevor sie die gelblich-bräun- lich-grünlicken Röcke anzogen. Nein, sie haben gegen die Boeren von vornherein nur Khaki-Leute entsandt. Diese in Aller Munde befindliche Farbe (nicht der Stoff heißt so) ist auch gar nichts Neues. Vor mehr als fünfzig Jahren kleidete in Indien Sir Harry LumSden ein von ihm errichtetes Guiden- corpS in Khaki. Daheim aber hielten auch die Engländer an ihren bunten, grellen Uniformen mit blitzenden Metallknöpfen fest. Jetzt wird eS damit wohl ändert werden. Und beschreiten wir erst denselben Pfad, so werden im Handumdrehen alle Groß mächte folgen. Für unS wären im Grunde genommen di« Erfahrungen d«S südafrikanischen Krieges nicht nöthig gewesen, um Klarheit dar über zu erlangen, waS in Bezug auf di« KriegSuniform unserer Soldaten wünschenSwerth war. Aber dennoch dürften sie mit ihren handgreiflichen Lektionen hinsichtlich der Wirkung der klein kalibrigen Gewehre u. s. w. einen direkten Anstoß für die bevor stehend« Neuerung gegeben haben. Einen letzten gab dann noch die China. Expedition, die dazu zwang, daß man sich sofort und praktisch mit der Frage befaßte. Und die wonere Folgerung ist: wenn wir unsere Leut« nicht in den alt gewohnten Uniformfarben wider die Chinesen senden konnten, wir dürften wir eS gegenüber einem ebenbürtigen Gegner wagen? Der Stein kam inS Rollen. Und nun ist es unvermeidlich, daß er rascher und rascher rollt, denn ein etwaiger europäischer Lrk- — wer wagt« trotz der Haager Confrrenz einen solchen für unmöglich zu erklären? — darf das deutsche Heer nicht mehr mit den alten Uniformen gegen den Feind führen. Sicherlich ist den maßgebenden Kreisen der Entschluß, den neuen Weg zu beschreiten, nicht leicht geworden. Denn mit der Zukunftsuniform — Helmbezug, Mütze, Litewka (mit ver deckten Hornknöpfen), Koppel, Hose: alles grau, unter Der- meiioung des geringsten blinkenden Gegenstandes — schwindet ein Theil der alten Ueberlieferuna und nur zu leicht damit auch ein Theil des alten Geistes, ein Theil der Heeresseele un rettbar dahin. Die Uniform soll nicht nur die Blöße des Soldaten bedecken, sondern ihn zieren und ihm so, durch psychische Einwirkung, Haltung, Selbstgefühl und Selbstvertrauen geben. Ganz zutreffend bemerkt Carlyle, daß die Art der Bekleidung den inneren Menschen ganz wesentlich beeinflusse. Daher ist der Werth der blanken Zierrathe an der Uniform nicht zu unter schätzen, und zwar auch schon von dem Gesichtspunkte aus, daß eine schmucke Uniform mit dazu beiträgt, im Recruten die nicht immer vorhandene Lust und Liebe zum Soldatenstande zu Wecken. Auch für die Mannszucht ist sie nicht ohne Bedeutung: ein Soldat im glitzernden Waffenschmuck ist allemal strammer im Dienst, als wenn er im Appellanzug fünfter Garnitur er scheint oder gar in einer sonstigen saloppen Kleidung. Es werden nach Einführung der neuen, unscheinbaren und bequemen Uniform besondere Anstrengungen gemacht werden müssen, daß die Mannszucht nicht lockerer wird. Bis zu einem gewissen Grade wird diese Gefahr in Friedenszeiten dadurch herab gemindert, daß jedenfalls neben der farblosen Kriegsuniform noch ein« glänzendere für Parade-, Wach- und Exercirdienst ge tragen werden wird. Dieser Dualismus in der Uniformirung ist gewiß keine erfreuliche Erscheinung, aber er muß der er zieherischen Wirkung auf den Mann wegen in den Kauf ge nommen werden. Di« neue Uniform wird bei Schieß-, Feld dienst- und Marschübungen, sowie bei d«n Herbstmanövern ge tragen werden. Da dies« Dienstzweigc aber den Haupttheil der modernen Soldcrtenausbildung ausmachen, so wird unvermeid lich auch der Corpsgcist — nicht zu verwechseln mit dem mili tärischen Geist der Truppe — einen kleinen Stoß erleiden, denn er wird ganz wesentlich durch die verschiedenen Uniformen der Regimenter und Bataillone gefördert. So lange er nicht überwuchert — und das hat sobald keine Gefahr —, ist er als ein wirksames Mittel für gute Führung und kriegerisch« Groh- thaten anzusehen. Nun kann es keinem Zweifel unterliegen, daß wir — wie längst schon die Engländer in ihren Colonien — für alle Trupperctheile und Waffengattungen die gleichen Uniformen, mit einem Wort: eine Einheitsuniform, haben werden, selbstverständlich abgesehen von der daneben ge brauchten, aber erst in zweiter Linie kommenden Parade- u. s. w. Uniform. Auch die Officiere werden sich in Schnitt und Farbe der neuen Bekleidung genau anpassen müssen, schon aus dem Grunde, daß sie nicht ihrer leichten Kenntlichkrit wegen beim Ein treten ins Gefecht vom Gegner gleich abgeschossen werden und der Truppe dann im entscheidenden Augenblick fehlen. Es wäre auch nicht unwesentlich, wenn man den Seitengewehren der Officiere wie der Mannschaft«» dos Blinkend« nähme, ohne die Brauchbarkeit der Waffe zu beeinträchtigen. Ganz leicht wird das nicht sein. Auch sei noch erwähnt, daß im Kriege das Sam meln der durch den Kampf etwa durcheinander gekommenen Einheiten in Zukunft einigermaßen erschwert werden wird, wenn auch die Soldaten — wie wir annehmen — ihre Regim-.nts- nummern (Namenszüge thun eS da nicht) aus gleichfartigcn Achselklappen tragen werden. Engherzige Gamaschenhelden werden noch eine Klage wider die Zukunftsuniform auf der Zunge haben: waS wird aus der geliebten Putz stunde, wenn der Mann keine Knöpfe, kein Koppelschloß, keine Helmbeschläge mehr zu putzen hat? Die „Putzstunde als Erzieherin" hat gewiß ihre Bedeutung, aber da läßt sich gewiß ohne Mühe ein Ersatzmitt«! finden. Bleibt ja dem Putzeifer der Soldaten auch immer noch die bisherige Uniform neben der neuen. Mögen sich auch noch andere Be denken und Schwierigkeiten in den Weg stellen, sie müssen überwunden werden. DaS ist aus den Eingangs erwähnten Gründen in einem Staate, der die allgemein« Wehrpflicht «in geführt hat, mit doppeltem Nachdruck zu fordern. Welche Farbe nun für die Zukunftsuniform als die zweck mäßigste zu bezeichnen ist, soll hier nicht weiter untersucht werden. DaS kann nur durch praktische Versuche dargethan werden und in dieser Beziehung dürfen wir zu den entscheideikven Behörden das vollste Vertrauen haben. Es ist eine braune Farbe genannt, dann auch eine graue. Die letzter« L«sart erscheint uns als die glaubwürdigere. Ob nicht ein kleiner Zusatz von Grün, wie bei den Röcken unserer Forstbeamten, die richtige Mischung sein i würde? Jedenfalls wird die vielgenannt« Khakifarbe nicht ge wählt werden; hat sie sich doch nach d«n Zeugnissen englischer Blätter in Südafrika, was das erwünschte Verschwinden im Gelände anbetrifft, keineswegs bewährt. Ganz richtig bemerkte vor kurzem die „Army and Navy Gazette" dazu, daß nicht für alle Kriegsschauplätze die gleich« Uniformfarbe sich empfehle. In Indien ist man beispielsweise mit dem Khaki durchaus zufrieden. Mr wissen nicht, ob die Versuche bei unS schon abgeschlossen sind. Jedenfalls stellt die Ausstattung unserer Truppen in China mit der neuen Uniform ein« werthvoll« Probe in großem Maß stabe dar. Auf den Schnitt der neuen Bekleidungsstücke kommt «S nicht an, die Hauptsache ist, daß sie zweckmäßig und bequem sind. Man darf wohl erwarten, daß der Litewka nicht der steife, hohe Kragen unseres jetzigen Waffenrockes, sondern etwa ein Umlege kragen gegeben wird. Wie in oer Natur der Sache liegt, wird die Einführung der n«uen Uniformen für daS ReichSheer — außer zu Versuchs zwecken — erst erfolgen, wenn di« Bestände der alten zu einem großen Theile aufgebraucht sind. Aber ebenso selbstverständlich ist, daß noch gefaßtem Entschlüsse so bald wie möglich eine volle KriegSgarnitur heraestellt und niedrrgelegt wird. WünschenSwerth wäre dann freilich, daß auf die eine oder andere Weise unsere Leute an den neuen Anblick gewöhnt würden, da mit sie im Krieg die Kameraden vom Gegner zu unterscheiden lernen. Ist dieser ähnlich gekleidet, so stehen allerlei unlieb same Verwechselungen zu besorgen. AuS den vorstehenden Ausführungen «rgieht sich endlich noch, daß die Kosten der Neuerung keineswegs erschrecklich hohe se n werden. Dies Schreckgespenst schrumpft b i näherer Betrachtung ganz und gar zusammen. Wären später nicht zwei verschiedene Uniformen neben einander zu erhalten, so würden sich die Kosten sogar niedriger stellen; angrstchtß drS „Dualismus" aber dürften sie auf der Höhe von heute bleiben. Glücklicher Weis« verhält es sich mit den Uniformen nicht, wie mit Kanonen und F.inten, die durch Einführung eines neuen Musters ohne Weiteres zu altem Eisen werden. Die Wirren in China. Englands Prestige. Nach einer Meldung der „Times" aus Peking theilte der eng- lisch« Gesandte Sotow den Chinesen mit, daß die englische Re gierung es ablehm, den obskuren Beamten Tschang-Pohsi als Spccialgesandten zu empfangen. In einem Leitartikel erinnern die „Times" daran, daß der zur Ueberbringung der Gratu lation für den König Eduarlv bestimmt« Pohsi ein unbekannter rveawter sei, der im Jahre 1898 wegen seiner Symvalhte mit den Reformern in Ungnade fiel. Das Blatt meint, man hab« ihn absichtlich gewählt, um zu zeigen, wie das englische Prestige ge sunken sei. Hätte England eingewilligt, Pohsi zu empfang«», während gleichzeitig Prinz Tschuan, der Bruder des Kaisers, nach Berlin geschickt weiden soll, so hätten alle Völker Ostasiens daraus schließen können, in welchem Ansehen England und in welchem Deutschland stehe. Prinz Su, welcher einen hohen Rang ein nimmt und als muthmaßlicher Nachfolger des Prinzen Tsching betrachtet wird, hätte gern die Mission nach London übernommen, aber er wurde übergangen. Einer Depesche des „Bureau Laffan" aus Peking zufolge trle- graphirte die Kaiscrin-Wittw« an Li - Hung - Tschang und Tsching, sie wollte wissen, waS die Ausländer damit meinen, daß sie ihre Friedensvorschläge ändern. Zuerst verlangten sie die den Verbrechen angemessene strengste Bestrafung, welche China gewähren kann, und nun verlangten sie die Köpfe von Allen. Die Kaiserin-Wittwe meint, das stünde in gar keinem Verchältniß, und sie wolle darum das frühere Abkommen nicht ausführen. Uingnien sei nie ein Boxer führer gewesen, sondern nur ein unwichtiger Beamter, vielleicht ein Anhänger von Tchao- - shutchiao, der nur, seinen Befehlen gehorchend, zu den Boxern hinausging. Lei diesen beiden Per sonen würde Todesstrafe m keinem Verhältnisse zum Verbrechen stehen. Die chinesischen Unterhändler werden 'darum ersucht, die Gesandten auf das ursprüngliche Abkommen hinzuweisen. Der „Standard" meldet auS Schanghai: Die Chinesen erklären jetzt, daß die jüngste Meldung, die Kaiserin begünstige friedliche Maßnahmen, falsch sei. Eine große chinesische Streitkraft marsckire nach Taiyuenfu, der Hauptftadt von Sbansi, um dem erwarteten Vormarsch der internationalen Expedition Widerstand zu leisten. Die Zustimmung der Kaiserin zur Bestrafung der Haupt schuldigen erfolgte erst nach dem Empfang ter privaten Ver sicherung Li's, daß gewisse Mächte die Umwandlung der TodeS- urtheile sichern würden. Der Krieg in Südafrika. Mit schwerer Sorge verfolgt die englische Presse den Vormarsch Te Wei s in die Capcolonie, und einige Blätter stellen sogar immer noch schwache Versuche an, eS überhaupt noch als zweifelhaft hinzustcllen, daß eS dem Boerengeneral tbatiächlich gelungen ist, den Oranj.fluß zu überschreiten. DaS sind aber natürlich nur die üblichen kleine» Mitielchen, welche angewandt werden, wenn eS heißt, dem englischen Volke über eine ebenso un angenehme wie hochwichtige Thatsache Sand in die Augen zu streuen. De Wet macht seine Gegenwart in der Colonie bereit recht südlbar, und das Kabel meldet von Capstadt, daß im Norden bereits auf allen Sc.ten eine bedeutend größere Aktivität zu verzeichnen ist. De Wet soll sofort einen Zu laus von einigen Hundert Holländern, die nur auf sein Er scheinen warteten, erdalten baben, und au- den verschiedenen britischen Garnisonen im Colesberg-District sollen bereits Meldungen vorliegen, di« schleunige Verstärkungen er bitten und erforderlich machen. Auf solche Verstärkungen vom Süden her schein» aber nicht mehr gerechnet werde» zu können, und somit setzt man in Capstadt seine Hoffnungen nur noch auf die verschiedenen „Verfolger" De Wel'S. Präsident Steijn befindet sich nach wie vor bei dem Te Wet'schen Corps und thut sein Bestes, um bei der Organ sation der einzelnen durch holländische „Rebellen" verstärkten Jnvasionsabtbeilungen behilflich zu sein. Auf englischer Seite folgen die Generale Farget, Knox, Bruce-Hamilton, sowie die Obersten Plumer, und Cradock mit ihren berittenen Brigaden in zusammen hängender Operation den Spuren des kühnen BverenfübrerS, den sie jetzt auf englischem Boden fassen und unschädlich macken sollen. — Bevcr De Wer die Grenze überschritt, bat er, wie sich jetzt berausstellt, noch einen guten Fang getban. Kitchener meldete bekanntlich, daß der Boerengeneral wieder nach Westen gegen die Eisenbahnlinie zwischen JägerSfontein und Springfoutein abgebogen sei. Wir kennen jetzt einen der Gründe, welche De Wet zu dieser Abschwenkung bewogen baben. Ein woblgefüllter englischer Tran-portzug, der sich auf der Reise nach dem Norden befand, hakte e- ihm angelhan und da- natürliche Verlangen in ihm erweckt, sich mit den englischen Borrätben an Lebensmitteln und sonstigem Kriegs material für den Einfall in die Capcolonie noch besonder- zu präpariren und auSzurüsten, und so brachte er den betreffenden Eisenbabnzug kurz hinter der Station Spring, fontein »um Stehen und ersuchte di« britisch« Begleit mannschaft um gefällige Auslieferung ihrer Waffen, Uniformen und Munition, wa« denn auch ohne weiteren Widerstand geschah, worauf De Wet die braven englischen Söldner wieder lausen ließ mit der väterlichen Mahnung, sich nur ja nickt noch einmal von ihm fang«» zu lassen. Mit frischen Borrätben und sonstiger reicher Beute wurde bann der Uebergang über den Oranjestuß angetreten, und die „verfolgenden" Engländer unter General Knox fanden nur den leeren Zug auf der zerstörten Strecke al- ein Le Wet'scheS Memento vor. Dies« Fortnahmr rinrS werthvollrn T,auS portzugeS wird beute nachträglich von englischer Seite officiell oeitäligt, aber nur mit ein paar Worten, als wenn die Sache leder Bedeutung entbehre, während in Wirklichkeit diese reiche Beule dem De Wet'schen Corps sehr gelegen kam und viel leicht eine große Erleichterung für den weiteren Vormarsch desselben nach Süden bedeutet. Im Lranjc-Freiftaat entwickeln die Boeren ebenfalls eine für die Engländer äußerst überraschende Acliviiär und haben da» von de» britischen Truppen aufgegebeue Wepener ichleunigst occupirt, während sie gleichzeitig im Vormarlck auf FouriSvurg begr ffen sind, welches die Engländer anscheinend nicht halten können. In den Bergen um FouriSburg sollen die Boeren große Vorräthe von Lebensmitteln und Munition verborgen Haden, aus denen sie jetzt ihren Bedarf für weitere Operationen decken. Die briliichen Tiuppen halten das südlicher gelegene Ficksburg besetzt und scheinen von dort auS gegen ihre Gegner operiren zu wollen resp. co»t weitere Vorstöße der Boeren abzuwarten, lieber die Stärke der sich in jenem Winkel deS FieistaatrS gegenüberstehenden Streitkräfte liegen keine genauen An gaben vor. Deutsches Reich. -i- Berlin, 14. Frbruar. (Italien und der Zwei bund.) In der „liuvuv pvlitigus et parlemtiutaire" redet ein ang«blicher Rufs« den Italienern gut zu, Anschluß an den Zweibund zu suchen. Dieser „Russe" bemüht sich um den Nachweis, daß Italien gegenüber Oesterreich dieselben entgegen gesetzten Interessen habe, wie sie zwischen Rußland unts Oester- rcich bestünden. Sehr gründlich nimmt es der Gewährsmann der „ttvvue pulitigue et purlemeutLire^, wenigstens nach dem Aus züge, den daS „Journal des Debats" aus einem Artikel wied<^r- giebt, allerdings nicht. Vielmehr beschränkt es sich auf allgemeine Wendungen: Das Adriatische Meer sei in einen österreichisch ungarischen See verwandelt, 700 000 Italiener hätten unter der österreichischen Herrschaft zu leiden, unlv dergleichen. Schon diese Andeutungen lassen erkennen, daß der „russische" Mitarbeiter der „kevus^olitigusetparloinentuire^von der größten Feindseligkeit gegen Oesterreich erfüllt ist. Noch klarer geht das aus dem Bilde hervor, daß er von der Zukunft der österreichischen Slawen ent wirft. Direkt annectirt durch Rußland läßt er sie zwar nicht werden, aber dafür spricht er von einer „Harmoniesuprnpolitiqrrs der österreichischen Slawen, die um Rußland sich „gruppirea" und nach Rußland „gravitiren" sollen. Da zu den österreichischen Slawen bekanntlich nicht nur die Tschechen, sondern auch die Kroaten und Slavonier gehören, so würde, wenn es nach unserem „Russen" ginge, in der Sache schließlich Rußland der Grenznach bar Italiens werden. Eingepreßt zwischen Rußland im Nord osten und Osten und zwischen Frankreich un Westen und Nord westen, würde sich Italien naturgemäß in der beengtesten und bedrängtesten Lage befinden, und das Mittelmeer würde mit vollem Rechte unter solchen Umständen ein französischer See ge nannt werden müssen. Daß Italien Verlangen tragen sollte, eine solch« Wendung herbeizuführen, erscheint so lange ausgeschlossen, als 'die vitalsten Interessen Italiens für die italienische Politik nicht in den Wind geschlagen werden. Von französischer Seite aber geht man seit geraumer Zeit darauf aus, die öffentliche Meinung Italiens dem Drribunde dadurch abspenstig zu machen, daß man als Ersatz für daS Bündniß mit dem deutschen Reich« und mit Oesterreich den Beitritt zum französisch-russischen Zwei bund empfiehlt. Erst vor Kurzem hat sich 'vas „Journal des Debats" in dieser Richtung geäußert und dubei die Hoffnung auf Verwirklichung deS Projekts auf den Umstand gegründet, daß der Schwiegervater deS Königs von Italien, der Fürst von Montenegro, auch zum Petersburger Hofe verwandtschaft liche Beziehungen hat, also der geborene Mittelsmann zwischen Italien und dem Zweibunde sei. So phantastisch zur Zeit der artige Combinationen sich ausnehmen, so unrichtig wäre «s, die Beharrlichkeit zu übersehen, mit der sie von französischer Seite verfolgt werden. K. Vertin, 14. Februar. (D o l k S s ch u l - S t a t i st i k.) Den vom Statistischen Amt der Stadt Charlottenburg herausgegebenen „Beiträgen zur Schulstatistik in Charlottenburg" entnimmt die „Sociale Praxis", daß in Charlottenburg Ostern und Michaeli 1899 und 1900 nur 39 bis 56 Procent der Kinder der siebenclassigen Gemeinedeschulen dos Lehrziel ganz oder annähernd erreichten, indem sie aus der ersten Clasie nach Erfüllung der Schulpflicht abgingen. Die drei Classen der Oberstufe erreichten von den Knaben im Jahre 1899 Ostern: 93,8, Michaeli: 92,9, i. I. 1900 Ostern: 95,5, Michaeli 95,6, von den Mädchen 1899: 95,0 bezw. 93,6, 1900 : 94,1 bezw. 94,6, so daß 4,4 bis 7,1 Procent der wegen Erfüllung der Schulpflicht entlassenen Kinder nicht einmal bis zur Oberstufe, d. h. bis zur dritten Elaste gelangten. Leider fehlen di« hieraufbezüglichen Statistiken aus anderen Städten fast gänzlich. Auch für Berlin liegt nur aus einem früheren Jahre eine Erhebung vor (für 1891), wonach 58 Procent der Kinder aus der ersten, 30 aus der zweiten, 12 aus der dritten Elaste nach Erfüllung der Schulpflicht abgingen. Da aber Berlin nur sechsclassige Schulen hatte, die erste Elaste also bereits ein Jahr früher erreicht werden konnte, als in den Eharlotten- burger siebenclassigen Schulen, so erscheinen die Berliner Re sultate noch weniger günstig, indem nur 88 Procent damals die Oberstufe erreichten. Hinsichtlich der Stadt Breslau findet sich die Bemerkung, daß der Procentsatz der Kinder, welche ent lassen wurden, ohne das Ziel der Volksschule erreicht zu haben, nicht unbedeutend sei. — Was speciell in Charlottenburg die Re sultate der Schulen ganz besonders beeinflußt, ist die starke Fluk tuation der Bevölk«rung und der hieraus resultirende häufige Schulwechsel. Dazu kommt, daß die Schulkinder, welche den Charlottenburger Schulen zuströmen, häufig in wenig ent wickelten Landschulen vorbereitet sind. Gerade diese Bemerkung deS sehr vorsichtig abgefaßten amtlichen Berichts läßt Haram schließen, daß die Verhältnisse auf dem flachen Lande noch weit schlimmer sind. Auch auf di« Gefahr hin, ungünstige Zustände aufzudecken, sollte die amtliche Schul fiatistik gerade über diesen Punct, der b!S fetzt fast ganz vernachlässigt wird, Aufschluß ertheilen.
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