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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.02.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010221028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901022102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901022102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-02
- Tag1901-02-21
- Monat1901-02
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13S2 viel« priußtsch« Pol«» ganz auffällig ju Rußland hin, wie ja auch die Warschauer polnische Presse seit Kurzem die Massnahmen der preußischen Regieruug den Polen gegenüber in einer Weise kritisiren darf, die «och vor wenigen Jahren ganz undenkbar gewesen wär«. — Leinu via stantibus ist rS unsere» Erachtens doppelt richtig von den Nation allibcralen des Reichstags gewesen, daß sie keinen Zweifel darüber bestehen ließen, wie sie zu den Kon- cessionen der Postvermaltuug au den Uebermuth der polnischen Propaganda sich stellen. Im klebrigen darf man erwarten, Laß bei der Berathuug des Etats des preußischen LultusministeriumL diese polnische» Sprachenaspi- rationell tn ihre wirklich richtige Beleuchtung gesetzt werden." Daß die polnischen Sprachenaspirationen bisher noch nicht in ihre wirklich richtige Beleuchtung gesetzt worden sind, weder im Reichstag noch im preußischen Abgeordnetenhaus?, ist auch unsere Ansicht; eben deshalb können wir auch der Behauptung nicht zustimmen, daß die Haltung der national liberalen Redner im Reichstag richtig oder gar doppelt richtig gewesen sei. Das Auftreten Rußlands gegen das Treiben de» makedonischen Lomitvs hat in Sofia sehr ernüchternd gewirkt. Daß das Petersburger Cabinet sich an die Spitze der Regierungen, welche makedonischen Agitation Ruhe gebieten, stellen unld in Konstantinopel, sowie in Sofia eine hierauf be richtete Action von auffälliger Energie unternehmen werde, darauf ist man in den dem Comitö nahestehenden Kreisen nicht gefaßt gewesen. Der Eindruck, den diese Vorgänge in den bul garischen Regierungskreisen, sowie bei den Stambulowisten her vorriefen, spiegelt sich in den Aeußerungen zweier Organe wider. Das stambulowistische Blatt ..Nowi Wek" schreibt: „Sogar während der acht Jahre des Ze.würfnisses mit Bulgarien führte Rußland keine so deutliche Sprache. Nie geschah es, 'daß ein russischer Vertreter dem Sultan derartige Rathschläge ertheilte. Wir müssen die Regierung unterstützen, damit ein Blutvergießen in Makedonien verhindert werde. Die Erklärungen des russischen Botschafters bedeuten einen gewaltigen Bruch in der russischen Balkan Politik, aus der wir für die Zu kunft Consequenzen ziehen müssen." Das Regierungsblatt „Swet" tritt mit großer Energie gegen das Treiben der make donischen ComitSs auf und fordert sie auf, sich den von der Regierung getroffenen Maßregeln zu fügen, damit es ihr möglich sei, Unruhestiftungen vorzubeugen und den verloren gegangenen politischen Kredit Bulgariens wieder herzustellen. Ueber Handel und Wandel auf den Philippinen wird der „Welt-Corr." aus Manila, Mitte Januar, geschrieben: Die amerikanische C i v i l c o m m i s s i o n hat in Manila ihre Thätigkeit begonnen, die vor allen Dingen in der Ausarbeitung von Gesetzentwürfen besteht. Als Musterprovinz für eine Civil- verwaltung ist der District Benguet ausersehen, ein zum größten Theil von uncivilisirtcn Jgorroten bewohntes Terrain, was von indischen Zeitungen stark hervorgehoben und gerügt wird. Ein neuer Zolltarif wird ausgearbeitet, für Wegebauten die Be willigung von zwei Millionen Dollar Gold verlangt und eine Eisenbahn nach Benguet projectirt, für welche die Erdarbeiter, bis zum 1. Juli kommenden Jahres fertig sein sollen. Ter Handel liegt ziemlich darnieder. Amerikanische? Geld regt sich nicht für die Philippinen, wie Sachverständige sagen, weil die Geschäfte in den Vereinigten Staaten selbst zu gut gehen. Um den amerikanischen Maaren Eingang hier ver schaffen zu können, verlangt die amerikanische Handelskammer freien Import für Fabrikate der Vereinigten Staaten. — Unter aen Industrien erweckt hauptsächlich die M i n e n i n d u st r i c großes Interesse. Viele amerikanische Prospectors sind in den Provinzen thätig, bringen von Zeit zu Zeit Erzproben und Gold nach Manila, die dazu angeihan sind, Speeulanten zur Unter stützung der capitallosm Bergleute zu veranlassen. In Lepanto haben kürzlich zwei Mann in sieben Tagen 20 Lbs. Gold in einem Pocket gefunden. Derartige Resultate erregen natürlich Aufsehen, und der Wunsch nach endgiltigen Gesetzen ist allgemein. Die Interessenten haben sich jetzt zu einer Mining Association -.usammengethan, welche ein Telegramm an den Kongreß gesandc hat, in dem sie um schleunige Einführung endgiltiger Gesetze bittet. Die hiesige Regierung hat sich dem Wunsch angeschloffen, der sich daraus erklärt, daß, im Falle sich der alte Congreß ohne Entscheidung in dieser Frage auflöst, leicht ein Jahr vergehen kann, bevor der neue Kongreß an derartige untergeordnete Fragen herantritt. Deutsches Reich. 6. ll. Berti«, 20. Februar. (Zum Besuche des Königs Eduard von England.) König Eduard von England wird, wie wohl angenommen werden darf, bis zum Mittwoch in Homburg bleiben und so Gelegenheit haben, seine kranke Schwester mehrmals zu sehen und zu sprechen. Die Rückreise des Königs nach England dürfte davon abhängen, wann im Parlament die verfassungsmäßige Erörterung und Festsetzung über die Höhe der der Krone zu gewährenden Civil- liste stattfindet. Lebhaft erörtert wird die Frage, welchen Weg ver König bei seiner Reise nach Homburg wählen wird. Ueber Vlissingen (Holland) zu reisen, geht nicht gut art, da England sich doch mindestens inofficicll mit Holland in Krieg befinset. Ueber Belgien zu reisen, hat auch ciwaS Mißliches; Sipido hat auf den König Eduard geschossen, und seit der Auslieferung ihres Genossen sind die Socialisten und die Anarchisten noch schlechter als früher auf den Träger der englischen Krone zu sprechen. Es wird daher die Vermuthung laut, König Eduard werde in einem deutschen Hafen (Hamburg) lanocn. Jedenfalls aber liegen keine Thatsachen vor, die diese Vermuthung stützen könnten, und da man es in Belgien selbstverständlich nicht an ven umfassendsten Vorkehrungen fehlen lassen wird, so wird KönigEduard wahrscheinlich über Belgien reisen. DreThatsache, daß die Kaiserin in Berlin angekonrmen ist, «darf leider nicht als Beweis dafür angesehen werden,«daß in dem Befinden der Kaiserin Friedrich eine wesentliche Besserung eingetreten sei. Di: Kaiserin Auguste Victoria wird, wie angenommen wird, wieder nach Homburg zurüclkehren; sie wollte hier nur nach dem Rechten sehen und sich persönlich nach dem Befinden der Prinzen und der Prinzessin erkundigen. " Berlin, 20. Februar. llntervem Titel „Hunger löhne" schreibt die socialvemotratische „Münchener Post": „Hiesige Zeitungen veröffentlichen ein Inserat, durch das 20 junge Leute gesucht werden, di: über 16 Jahre alt, körperlich völlig tauglich sind, tadellosen Leumund besitzen, guie Elemen tarschulbildung Nachweisen und gewandt Zweirad fahren können. Als Loh» winkt den Glücklichen, die gütigst eingestellt werden, pro Tag l.,60 <^, der nach drei Dienstjahren bis zu 2 c//, sage und schreibe zwei Mart, steigt. Und wer ist's, der sick nicht scheut, ein Inserat dieses Inhalts zu unterzeichnen? Es ist Vater Staat bezw. das tönigl. bayerische Ober-Postamt München, das D e p e f ch e n ü o r e n braucht und den Bewerbern solche Hungerlöhne bietet." — Hierzu bemerkt zutreffend der „Bayer. Kur.": „Sind diese Depeschenboten mir verwendet als jeder Zeit wieder zu entlassende Tagelöhner, dann ist die Ent rüstung des socialdemokraiischen Blattes berechtigt. Ein Anderes wäre es aber doch, wenn diese Leute Autwartschaft auf eine Lebensstellung und auf Vorrücken in eine bessere Kategorie hätten. Uebrizens ist uns nicht bekannt, daß ein „Genosse", der vielleicht schon mit 16 Jahren einen Tagelohn von 3 bis 4 verdient, sich jemals darüber entrüstet hätte, daß studirie Leute von 23 und mehr Jahren mitunter fünf Jahre und darüber unbezahlt auf Anstellung warten müssen." — Und nach der Anstellung auch nicht viel mehr als zwei Mark pro Tag erhalten, wäre noch hinzuzufügen! — Max v. Pettenkofer'S Andenken widmet der Präsident deS kaiserlichen GesnndbeitöamtS zugleich ini Namen der Mitglieder dieser Behörde in den .^Ver öffentlichungen" deS Amtes einen Nachruf, worin cS heißt: „KZ ist Pettenkofer's unvergängliches Verdienst, durch seine Forschungen die GesundbeitSlehre auf dem festen Boden des wissen» schastlichen Versuchs ausgcbaut zu haben; er ist der Begründer der bygieiniscken Wissenschaft und damit ein Wohlthäter der gesammten Menschheit geworden. Zu dem kaiserlichen Gesundheitsamt hat er von Anbeginn an in nahen Beziehungen gestanden; seit 1880 ge hörte er der Behörde als außerordentliches Mitglied an; auch nach dem er im Jahre 1896 aus Gesundheitsrücksichten aus dieser Stellung ansgeschieden war, hat das Baud fortlaufender enger per sönlicher Beziehungen niemals ausgebört. In dankbarer Erinnerung an die hohen Geistesgaben, an die großen wissenschaftlichen Leistungen, die Lauteikeit Les Charakters und die persönliche Liebenswürdigkeit de» Verstorbenen werden wir demselben ein unanSlöfchliches An denken bewahren." — Die Canalcommissiou des preußischen Ab geordnetenhauses bewilligte 9670000 zur Verbesse rung der Vorsluths- und SchifffahrtSverhältnisse der unteren Havel. — In den verschiedenen Bezirkseisenbahnräthen finden gegenwärtig die Neuwahlen zum preußischen LanbeS- cisenbahnrathe für die Wahlperiode 1901 bis 1903 statt. — Zwischen de» Sattlern und Fabrikanten in der Ber liner Militäreffecten-Industrie sind schon wieder Streitigkeiten auSgebrochen, nachdem erst kürzlich eine Einigung vor dem Einigungsamt Les Berliner Gewerbe gerichts herbeigefübrt worden war. Die Sattler beschlossen gestern Abend, weil die Arbeitgeber ihre neuen Forderungen abgelehnt haben, das EinigungSamt des Gewerbe- gerichtS aufs Neue anzu rufen. Mit der Actiengesell- schast Loh Söhne, Wilhelmstraße, die die geforderten Löhne schon bewilligt und gezahlt, nachträglich aber Abzüge in Aus sicht gestellt haben soll, werden von der Lobnconimission Unterhandlungen angcknüpft werden. Bekanntlich soll diese Firma englische Aufträge zur Lieferung von 30 000 Militär sätteln erhalten haben. — Die Berliner Glasmacher be schlossen am Dienstag, sich dem Eentralverband der Glaser Deutschlands anznschließen. In der Versammlung wurde die Befürchtung laut, daß es im Frühjahr zu harten Lohn kämpfen kommen werde. (Voss. Ztg.) — Nun soll nach dem „D. L.-A." der General der Infanterie und General-Atjntant v. Werder seine Reise nach Petersburg doch am nächsten Sounabend antreten und beabsichtigen, sich ungefähr vier Wochen in der russischen Hauptstadt aufzuhalteu. Diese Dementis der Dementis werden allmählich langweilig. — Fürst und Fürstin Nadvlin sind heule Mittag «ach Paris abacreist, zur Verabschiedung hatten sich auf dem Bahnhose zahlreiche Herren und Damen der hiesigen Gesellschaft und des diplomatischen Corps eingefunbeu, vor Allein an der Spitze sämmtlicher Mitglieder der Botschaft der hiesige französische Botschafter Marquis de NoailleS, welcher der Fürstin ein prachtvolles Orchidcenbouquet zum Abschiede überreichte. — Angekommen ist der Staatsminister Freiherr v. Hammer stein von Hannover, der Geh. Staatsrath Budde aus Sonders hausen. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator dec freien Hansestadt Bremen Or. Pauli, ist von Berlin abgereist. * Aus -er Lstmarl. Zur Beleuchtung polnischer Ansprüche an die deutsche Po st Verwaltung theilt der Graudenzer „Gesellige" aus dem Werke von vr. Nad- woröki „Imclnoso polska. rv Krusaelr ^aolwänicli" (Polnische Bevölkerung in Westpreußen) Warschau 1889 Folgendes mit: Was bedeutet' 1) Kruckrigckr, 2) Oünnslc, 3) Deren-, 4) (Znicn-, 5) 8rtmu, 6- ILrlborx, 7) kllblqx, 8) Lnieeie, 9) IVHHe- rorvo, 10) Lopotz-, 11) IVisIoujseio, 12) ks/.erüUci, 13) LÜLrsrevx, 14) kozeiernzma, 15) Oüoznice, 16) kila, 17) Lrcxeeinelc, 18) Lzä- xo-M-i, 19) Lrviürvu, 20) Kaärrn, 21) Lisrporü, 22) krabutx, 23) Ännkovro, 24) Lusr? Auflösung des Räthfels: 1) Graudenz, 2) Danzig, 3) Dirfchau, 4) Mewe, 5) Stnhni, 6) Marienburg, 7) Elbing, 8) Schwetz, 9) Neustadt, Wpr., 10) Zoppot, 11) Weichselmünde, 12) Hohensteins!), 13) Schöneck, 14)Verent, 15)Könitz, 16) Schneide mühl, 17) Neustrttin, 18) Bromberg, 19) Marienwerder, 20) Rheden, LI) Christburg, 22) Ricsenburg, 23) Riesenwalde, 24) Rosenberg. Sollen etwa Postsendungen mit polnischen Ortsangaben in den amtlichen Uebcrsetzungsburcaux zu Posen und Brom berg mit den altdeutschen Namen versehen und dann weiter befördert werden? Die „Eons. Corresp." macht den sehr sachgemäßen Vorschlag, erstens das UebersctzungSbureau nach Berlin zu verlegen, zweiten» für alle polnischen Adressen, die einer Uebersetzuug bedürfen, Strafporto zu erheben. ES ist in der Thal nicht zu verlangen, daß die Postverwaltung den UebersetzungsliebeSdienst umsonst leistet. — Sehr bezeich nend für daS Treiben der Polen wird ferner die Tbatsache mitgetheilt, daß aus der deutschen Eisenbahnstation Mogilno von dem Bahnhosswirth nur Ansichtskarten verkauft werden mit polnischer Bezeichnung der darauf abgebildeten Gebäude. * Lppcln, 20. Februar. Der hiesige Regierungs präsident hat nach dem „Obcrschl. Anz." an die städtischen Polizeivcrwalter seines Bezirks eine Verfügung erlassen, in der zunächst auf den ausfallenden Umstand hingewiesen wird, „daß bei Bcurthcilung von dienstlichen und außerdienst lichen Verfehlungen der Polizcibeamten vielfach ein Maß von Nachsicht angewendet worden ist, welches die Auf rechterhaltung der DiSciplin zu gefährden geeignet ist", und dann bemerkt wird: „Es erscheint nothwendig, gegen Polizei beamte, welche in ihrem Verhalten wiederholt Anlaß zu Diöciplinarstrascn gegeben haben und auch trotz ernstlichen Hinweises auf die in Aussicht zu nehmende Dienstentlassung keine Besserung zeigen, unnachsichtlich mit der Einleitung des Disciplinarverfabrens mit dem Ziel der Entfernung auS dem Amt vorzugehen." * Karlsruhe, 20. Februar. In dem ossiciellen Partei organ erklärt der Führer der badischen Conscrvativen, Führ. v. Göler, die deutsche Presse und daS deutsche Volk sollten angesichts möglicher politischer Verwickelungen bei Beurtbeilung deS Verhaltens des Kaisers vor sichtiger sein. Die Sympathien für daS Boerenvolk dürsten die Deutschen bei der Beurtbeilung weltpolitischer Fragen nicht so weit treiben, daß die Vorsicht außer Acht gelassen werde, die insbesondere den Conscrvativen dem Kaiser gegen über obliege. — Im Interesse eigenen Wohlbefindens auf die Bekundung der eigenen Ansicht in den wichtigsten, wenn auch nicht zollpolitischen Fragen zu verzichten, nennt man ja Wohl Lebensweisheit — im Sinne Macchiavelli's. München, 20. Februar. Durch die Sammlung für die Prinz-Regent Luitpold-LandeSstistung sind hier ohne den Zuschuß der Stadt 155 000 »Zk Sammclgelder eingeganzen. Oesterreich-Ungarn. Nichtdenlsche Interpellationen. s Wien, 20. Februar. Der Polenclub beschloß in seiner heutigen Sitzung, daß bei der ersten Lesung des Buvgets kein Mitglied des Clubs das Wort ergreifen soll, da eine Debatte bei der ersten Lesung nur geeignet sei, die Verhandlungen des Hauses zu verzögern. Nach der „Slawischen Korrespondenz" gab in der heutigen Sitzung -des Tschechcnclubs der zweite Vicepräsident des Abgeordnetenhauses Zacek seine Absicht kund, mit Rücksicht auf die vom Präsidenten Vetter, betreffend die Behandlung n i ch tde u t s ch e r Interpellationen, verkündete Entscheidung von seiner Stellung zurückzu treten. Der Club beschloß jedoch einstimmig, die Demission Zacek's nicht anzunehmen. — Das slawische Cenirum hielt gleichfalls eine Sitzung ab, in welcher es die Entscheidung des Präsiseulen bezüglich des Censurrechts bei Interpellationen guthieß, jedoch der Entscheidung, betreffend die nichtdeutschen Interpellationen, seine Zustimmung versagte. Das slawische Kentrum behielt sich weiter vor, über einen eventuellen Protest gegen das Vorgehen des Präsidenten schlüssig zu werden. Iranern Tie äußere Politik. Rom, 20. Februar. Der Minister des Aeußeren, Pri netti, empfing heute zum ersten Male das diplo matische Corps und äußerte bei dieser Gelegenheit, wie die „Tribuna" meldet, er gedenke die Politik seines Vorgängers fortzusetzen, welche Aufrecht erhaltung Les Friedens, Wahrung der moralischen und wirthschaftlichen Interessen des Landes bezweckte. Spanierr. Ton Carlos. * Madrid, 20. Februar. Ein hiesiges Carlistenblatt Le- streitet, daß Don Carlos zu Gunsten seines Sohnes, deS Prinzen Jaime, abdankrn wolle. Ruhland. Bom Hofe. Petersburg' 20. Februar. An einem Balle, welcher heule Abend bei dem Großfürsten Alexander Michailowitsch und der Großfürstin Xenia statksand, nahmen der Kaiser und die Kaiserin-Mttwe, sowie alle Großfürsten und Großfürstinnen Theil. Orient Erbprinz voriS. Sofia, 20. Februar. Der ZustaNd des Erbprinzen Boris ist noch immer sehr ernst. Militär und Marine. " Kiel, 20. Februar. Ueber die angebliche Strandung des Torpedodivisionsboots D 3 gelangt jetzt eine Auf klärung in die Leffentlichkeit, die sehr überrascht. Danach hat ein Angehöriger der Torpedoinspection, angeblich ein Einjahrig- Freiwilliger, die Unglücksbolschast in die Welt gesetzt und dadurch die Entsendung zweier Torpedoboote zur Aufsuchung d«S vermißten Fahrzeugs veranlaßt. Gegen Len Urheber der falschen Nachricht ist Untersuchung eingeleitet. * Wie dem „Hann. Courier" mitgetheilt wird, ist die Meldung, der Generalleutnant Graf Blumenthal werde demnächst von dem Kommando der 19. Division zurücktreten, unbegründet. Königreich Lachsen. -g- Leipzig, 21. Februar. Die Eisenbahnconfe- reuz, die heute zur Berathuug und zur Beschlußfassung über die Errichtung eines Centralbahnhofes in Leipzig stattfindet, begann Vormittags IO Uhr im Be- rathungssaale des Verwaltungsgebäudes des Dres dener Bahnhofes. Die Berathungen sind streng ver traulicher, nichtöffentlicher Natur. Es nahmen daran, wie hier in Zusammenfassung und Ergänzung früher gebrachter Mit theilungen hcrvorgehoben sei, folgende Herren theil. Von säch sischer Seite: Ministerialdirector Geh. Rath Or. Ritter - städt, Geh. Baurath Poppe, Geh. Finanzrath v. Seyde - w i tz und Oberfinanzrath Eiterig in Vertretung des Königl. Finanzministeriums; Generaldirector v. Kirchbach, Geh. Baurath Peters, Oberbaurath Larraß, Oberfinanz rath vr. Otto, Finanzrath vr. v. Geldern-Crispen dorf und Finanzassessor vr. Bauer in Vertretung der Generaldirection der Kgl. Sächs. Staatseisen bahnen, sowie die Vorstände der Eisenbahnbetriebsdirectioncn in Leipzig, Herren Oberbaurath Homilius und Eisenbahn director Danncnfelßer; außerdem Baurath Toller. — Von preußischer Seite nahmen folgende Herren theil: Geh. Oberüaurath Wiese ner. Geh. Oberregierungsrath Szys- kowitz und Geh. Oberregierungsrath Thesmar in Ver tretung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten; Geh. Ober finanzrath Lehmann, Geh. Oberfinanzrath Lakomi und Regierungsrath Ottendorf in Vertretung des Ministeriums der Finanzen; Präsident Seydel, Regierungs- und Baurath Bischoff und Regierungsrath vr. Michaelis in Ver tretung der Eisenbahndirection Halle. -g- Leipzig, 21. Februar. Generalleutnant Freiherr von Hausen, Excellenz, der, wie wir berichteten, den comman- direnden General von Treitschke, Excellenz, während vier Wochen vertritt, hat für diese Zeit hier im Hotel zum Dresdner Bahnhofe Wohnung genommen. * Leipzig, 21. Februar. Dec S teuervorleügen, welche man für die im Herbste dieses Jahres beginnende Tagung des sächsischen Landtages zu erwarten hat, sind, wie die „Sächs. Nat.-liü. Corr." neuerdings meldet, im Finanz ministerium in ihren Grundzügen fertiggestcllt und angesehenen Mitgliedern der Stättdeversammlung in vertraulicher Be ¬ richt fehlen. Du suchtest sie bisher im Niederen, suche sie fort an im Höheren, sie wird Dir nicht versagt." Er sah die Schwester, die da gleich einer Seherin vor ihm stand, starr an, und seltsame Zuckungen flogen über seine Züge. Kamen ihm Erkenntnisse? Sah er die Dämonen, deren Sclave er gewesen, in ihrer wahren Gestalt? Ihm dämmerte ein schwaches Morgenlicht. Er warf sich in den Stuhl und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. „Susi!" Wie «in Hauch kam der Name von seinen Lippen. Ellen stand neben ihm und streichelte sein Haar. „Susi ist geborgen, sie war viel in Versuchung; aber die Dämonen haben ihr nichts anhaben können. Deine Schuld an ihr hat sich nur an Deinem eigenen Haupte gerächt." Er blickte in höchstem Staunen auf sie. „Susi? So weißt Du von ihr? Sie nickte. „Frage mich heute Abend nicht nach dem Näheren", bat sie, „es genüg« Dir, daß sie versorgt und in guten Händen ist. Sie war in sehr bedenklichen." Er senkte den Blick. Es flog etwas wie Scham über seine verstörten Züge. „Du bist unheimlich mit Deiner Kenntniß aller Dinge", murmelte er. „Ich habe Dir grimmig gezürnt, ja, Dich verachtet, Leopold, um Deines Treibens willen", sagte sie herbe, „aber heute Abend fühle ich doch, daß ich Dich noch lieb habe. So vertraue mir denn und wirf die Flint« nicht ins Korn. Kann ich Dich jetzt allein lassen, ohne mich drüben in der Todesangst zu wälzen, ob Du Dir nicht doch noch irgend ein Leid anthust? Ich gestehe Dir, ich bin so ziemlich am Ende mit meinen Kräften." Er schüttelte unwillig den Kopf. „Gott mag wissen, was für ein Leben dann vor mir liegt." „Gott weiß es, und wird es Dir zeigen", sagte sie zuver sichtlich. Ellen schließ s«st und traümlos. Die Natur forderte ihr Recht. Als sie erwachte, legte sich freilich der Alp wieder auf ihre Seele. Sie that sich Gewalt an, ihn äbzuschütteln. Die Zuver sicht, welche sie gestern Abend, als 'sie den Bruder verließ, er füllt«, sollte wieder die Oberhand gewinnen. Sie sah Leopold nicht. Er hatte gffrühstückt, wie sie durch daS Mädchen erfuhr, hatte sich sorgfältig angekleidet und war fortaegangen. Um neun Uhr sand in den Räumen des Verstorbenen die Testamentseröffnung statt. Dabei durfte er nicht fehlen. Wenn sic nun doch ein anderes Resultat ergäbe, als sie fürchtete, dachte Ellen bei sich, unmöglich war eS nicht. Während die Mutter aufgeregt hin und her ging und mehr redete, als sonst ihre Gewohnheit war, hing Ellen ihren schwankenden Gedanken nach. Die Mutter ging, sich sorgfältig anzutleioen, sie erwartete ja heute mancherlei Besuch, Ellen saß am Fenster, den Kopf in die Hand gestützt unv dachte, daß dieser Zustand der Spannung unerträglich sei. Da fuhr sie jäh zusammen, eine Hans legte sich auf ihre Schulter. Sie war so versunken gewesen, daß sie das Oeffnen der Thür nicht gehört hatte. Westord stand neben ihr. Ihr entfuhr unwillkürlich «in lauter Ausruf, und sie war kreidebleich. An ihn hatte sie eben gedacht, — ob er doch kommen werde, ihr Adieu zu sagen. „Sie — Sie wollen reisen", stammelte sie mit bleichen Lippen. Er hielt ihre Hand und sah so sonderbar aus, so strahlend. „Ja — ich reise bald, aber vorher — Fräulein Ellen, ich bin glücklich, Sie allein zu treffen, ich — o! Sie müssen es ja längst wissen — ich meinte oft in Ihrem Herzen zu lesen — ich bin jetzt ein freier Mann, und komme, zu fragen, ob Sie — aber mein Gott! " Ellen hatte ihm starr ins Gesicht gesehen, und wankte jetzt. Er fing sie in seinen Armen auf. „Ellen! meine einzig Geliebte! was ist Dir?" Sie barg ihr jetzt erglühendes Gesicht an seiner Brust, und rang mühsam nach Fassung. Das war zu überwältigend ge kommen, Vas vermochte sie noch nicht zu tragen. Sie richtete sich auf und versuchte sich aus seinen Armen zu lösen. „Sag' mir, ob Du mich lieb hast, oder ob ich mich irrte", bat er leise. Sie faßte mit ihren Händen an ihren Kops. „O! mein Gott!" „Aber Angelita" — kam es von ihren Lippen. „Mit Angelita bin ich einig", sagte er lächelnd, „meinft Du, daß ich vor Dich hingetreten wäre, um Dich zu werben, wenn nicht Alles geklärt war? Aber ich habe noch keine Antwort." Da streckte sie ihm ihre Arme entgegen. „O! Du über Alles geliebter Mann!" Sic hielten einander fest umschlungen, er küßte sie wieder und wieder. . Sie wurden «s nicht gewahr, daß die Doctorin eingetreten war. Sie hatte ihr bestes schwarzes Wollkleid angelegt und sah sehr fein und feierlich aus, stand jetzt aber vor dieser Scene wie eine Bildsäule. Ellen gewahrte sie zuerst. Mit einem jubelnden Aufschrei flog sie auf die Verwirrte zu. „Mütterchen! Du hattest Recht, nun kommt heute bas Glück!" Herr Welcord trat auf die Mutter seiner Erwählten zu und küßte ehrerbietig ihre Hand. „Geben Sie uns Ihren Segen", bat er, „aber ich muß es Ihnen nur gleich sagen, ich möchte Ihnen die Tochter bald und weit entführen, wenn auch nur auf ein paar Jahre. Ellen, bist Du bereit, mit mir iiber's Weltmeer zu gehen, nach Val paraiso?" „Bis an das Ende der Welt", sagte st« leise und ihre Augen leuchteten in unaussprechlichem Gluck. „Aber, wie ist denn dies möglich?" stammelte Frau Dockor Kramer. „Ellen sagte mir doch, Sie seien der Verlobte " „Der präsumtive, Mamachen", berichtete Herr Welcord lachend, „wir hatten Beide noch nicht Ja gesagt, weder Angelita noch ich. Ellen, meine geliebte Braut, bitte bezeuge es mir ehrlich, auch Du hast nach der ersten Stunde, wo Du uns zusammen gesehen, nicht daran geglaubt, daß wir ein Paar werden würden." Er hielt sie immer noch im Arm und wendete keinen Blick von ihr. Sie schüttelte den Kopf. „Da irrst Du, ich habe oft — jetzt will ich's gestehen, unter heimlichen Qualen — gemeint, ihre Schönheit, ihr jugendlicher Liebreiz habe es Dir angethan, unv jeden Augenblick gedacht, nun treten sie vor dich hin, als ein Brautpaar." „Nicht möglich! rief «r, und trat in höchstem Staunen einen Schritt zurück. „Schon auf dem Feste, unv in jener Nacht doch, als ich Dich geleitete, und man uns )chon für ein Ehepaar hielt, mußtest Du wissen " „Nichts, Geliebter, wie konnte ich. Du warst sehr gütig, und ich fühlte mich Dir innerlich oft sehr nahe, aber — ich, ein armes, nicht einmal hübsches Mädchen " Er lachte laut. „Ja freilich — Angelita besitzt «in ansehn- liches Vermög«n, das wird dem Herrn von Möllenbach, — wie ich erfuhr, «in ganz mittelloser Herr Leutnant, mit etlichen Schulden, — sehr willkomen sein. Gestern habe ich Angelita'S Sache bei der Mutter geführt, und ihr den Geliebten erobern helfen. Sie machte mich zum Vertrauten, das gute Kind, km Grund das Veste, was sie thun konnte. Ich ließ es mir wenigstens angelegen fein, einige Erkundigungen über den jungen Herrn einzuziehen und darnach scheint er ganz gut für Angelita zu passen. Du siehst also, sie hat mir beinahe einen Korb gegeben", fuhr er in scherzhaftem Tone fort, „und ich war sehr froh, daß es nun von meiner Seite nicht nöthig war. Ich fühlte mich durch meines Vaters Wünsche verpflichtet, vorurtheilsfrec zu prüfen, und als ich hierher kam, war mein Herz noch frei — nein, nicht mehr ganz — die Erscheinung im Mondschein auf der Vienna war mir schon «ntschieden gefährlich geworden." Es schallte ein fröhliches, glückliches Lachen durch das Stüb chen; Ellen vermochte sich kaum in den Wechsel zu finlden. Welcord entwickelte nun seine Pläne. In vierzehn Tagen mußte Hochzeit sein, seine Abreise ließ sich nicht länger ver schieben. Der an die kleinsten Verhältnisse gewöhnten Doctorin klang die Auseinandersetzung dessen, was Welcord ihrer Tochter zu bieten hatte, wie ein Märchen. Sic saß da mit glänzenden Augen und gefalteten Händen und erlebte einen Moment vollen Glückes. Nicht für lange. Da stand ihr Sohn Leopold in der Thür, fahl, mit tief ein gesunkenen Augen. So hatte sie ihn nie gesehen. Si« flog auf ihn zu. „Was ist Dir, Poldel?" Er wehrte sie von sich und sagte rauh, mit heiserer, un natürlicher Stimme: „Bitte, falle nicht in Ohnmacht bei der Nachricht, die ich bringe. Sein Vermögen hat «der Justizrath milden Stiftungen vermacht, außerdem verschieden« Legate, für mich keins — ich bin ja versorgt, — aber Dir, Ellen, fallen 60 000 Mark zu — seiner treuen Pflegerin hat er in den letzten Stunden vor seinem Tode mit ehrenden Worten gedacht. Die Doctorin stand sprachlos, Wie vom Donner gerührt. Sie faßte diese verschiedenen Ueberraschungen noch nicht. Leopold gewahrte jetzt erst den Fremden. Ellen trat an ihn heran. Diese Familienscene, der tiefe Ein blick, den Welcord in der ersten Stunive gewann, war ihrem Fein gefühl sehr peinlich. „Leopold! Dieser Herr ist mein Verlobter", sagte sie hastig, unvermittelt. Die Wirkung ihrer Worte blieb nicht aus. Leopold sah sie einen Moment starr an, als habe er nicht verstanden; dann wechselten Röth« und Blässe jäh auf seinem Gesichte. Er richtete sich mit einem Ruck straffer auf und nahm die dargcbotene Hand des neuen Schwagers. Ein scheuer Blick streifte die hohe, im- ponirende Gestalt des ihm nicht ganz Fremden, er war über dessen Persönlichkeit und Verhältnisse genug orientirt, um «di: Tragweite dieses unerwarteten Ereignisses zu ermessen. „Ich gratulire", sagte er schwerfällig. „Aber, Poldel! Ich verstehe noch gar nicht, wie ist denn das möglich —" Die Doctorin Kramer war in einen Sessel gesunken, ihr wankten die Kniee; sie sann verwirrt der unerhörten Thatsachc nach, daß ihr Sohn nicht der Erbe sei. (Schluß folgt.)
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