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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010222011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901022201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901022201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-02
- Tag1901-02-22
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Amtsvtalt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Natljes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Slnzeigen.PreiS die 6gcspaltene Petitzeile 25 Reclanien unter dem Redaetion-strich (-gespalten) 7b H, vor dea Faiitiliennach- richleu («gespalten) bO L,. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnanaahme 2ö H («xcl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./L 60.—, mit Postbeförderung .st 70.—. Ännahmeschluk für Änmyen: Abend-Au-gabe: Vormittags IO Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei dea Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr: Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Freitag den 22. Februar 1901. 95. Jahrgang. polnische Arbeiter im rheinisch-wcstfälischen LndnstriebeM. ?. v. Die Wanderung polnischer Arbeiter nach Mittel- und Westdeutschland ist leine durchaus neue Erscheinung. Schon Mille der sechziger Jahre waren in den Rüdersvorfer Kalkbergen bei Berlin polnische Arbeiter anzutreffen. Auch an den Hafen bauten in Hamburg, am Bau des Norvostjeecanals wie des Dortmund-Ems-CanalS waren polnische Arbeiter beschäftigt. Da» Vorhandensein einer größeren Zahl polnischer Arbeiter im rheinisch-westfälischen Steintohlenbezirk wurde amtlich zuerst im Jahre 1890 durch die Bolkszählung festgestellt. Damals er mittelte man 9800 männliche Arbeiter polnischer Nationalität. Ihre Zahl wuchs und belief sich im Jahre 1897 bereits aus 37 000 Mann. Gegenwärtig sind auf den Bergwerken des Ober- bergamtsbezirksDorlmund rund70000polnische Bergarbeiter aus den östlicksen Provinzen beschäftigt. Rechnet man dazu noch 5000 weitere polnische Arbeiter, die in anderen Industrien thätig sind, so erzieht sich einschließlich der Familienglieder eine Gesammt- ziffer von mindestens 200 000 Polen, die, wesentlich nur der polnischen Sprache mächtig, sich in jenen rein deutschen Gegenden angesicdelt haben. Diese Zahlen finden sich in einer sehr schätz baren Schrift unter dem Titel „DiePolenim rheinisch- Westfälischen Steinkohlenbezirk" (München 1900 bei I. F. Lehmann, Preis 2,50 <M- Die Schrift enthält das Ergebniß einer vom Gau „Ruhr und Lippe" des Alldeutschen DerbandeS veranstalteten Untersuchung der einschlägigen Ver hältnisse und bringt auch eine Reihe bemerkenswerther Vorschläge zum Schutze der deutschen Interessen gegenüber diesem slawischen Einströmen. Wird eS möglich sein, diese polnischen Arbeiter zu germani- siren, wenn sie dort verbleiben und sich vielleicht noch vermehren? Diese Frage wird von der genannten Schrift unter gewissen Voraussetzungen bejaht. Erschwerend für die Germanisirung ist der Umstand, daß die polnischen Arbeiter nicht über den ganzen Bezirk zwischen deutschen verstreut sitzen, sondern verhältniß mäßig große zusammenhängende Ansiedelungen bilden, die in der Regel auch neue Zuzügler anziehen. Im Kreise Gelsen kirchen bestehen 57 Procent, in Herne 61 Procent der Beleg- schäften auS Polen, in einzelnen Zechen bis zu 85 Pro«. Im Großen und Ganzen haben die alten Zechen sich ihren Stamm deutscher Arbeiter erhalten, während die zahlreichen neuen Be triebe den polnischen Zuzug aufnehmen. Andererseits wird die Germanisirung wieder erleichtert durch den Umstand, daß meh> als die Hälfte der polnischen Arbeiter aus Ostpreußen stammt und auS evangelischen Masuren besteht, die staatstreu sind und die großpolnische Agitation oblehnen. Demnach ist, da die pol Nische Propaganda im Westen unter Bevormundung der katho lischen Geistlichkeit steht, von vornherein die bezeichneie Hälfte der polnischen Arbeiter frei, und so dürsten zunächst, wenigstens in Bezug auf diese, die Vorschläge der erwähnten Schrift auf Er folg zu rechnen haben. In seinem Gutachten weist der Gau „Ruhr und Lippe" des Alldeutschen VerbandrS zunächst die Besorgniß zurück, daß die polnische Sprache und Nasse im rheinisch westfälischen Jn- dustriebezirk um sich greifen und deutsche Bezirke und Bevölke rungen polonisiren könnten. Um die Auswüchse und unliebsamen Nebenerscheinungen der polnischen Einwanderung zu beseitigen, empfiehlt der genannte Gau, die Abneigung der Deutschen aller Stände und Konfessionen gegen die Polen im Jndustriebezirk zu hemmen und zu regeln. Man solle nicht, waS vielfach noch zu geschehen scheint, die deutschfreundlichen Polen und Masuren und noch weniger diejenigen Zuwanderer, die deutsch in schle sischer oder ostvreußischer Mundart sprechen, als Polaken ver lachen und zuructstoßcn. Vielmehr soll man sie freundlich auf nehmen und behandeln und ihnen den Eintritt in deutsche Turn- und Kriegervereine ermöglichen und erleichtern. Insbesondere foll man ihnen auch, wenn sie ihren Namen verdeutschen wollen Durch Vereinfachung und Kostenlosigkeit des amtlichen Ver fahren- entgegenkommen, sa man soll auf die Benutzung dieses erleichterten Rechtes hindränqen. Dagegen empfiehlt der Gau Ruhr und Livp« des Alldeutschen Verbandes, gegenüber den anderen Polen strengere Maßregeln, insbesondere scharfe Ueberwachung der polnischen Blätter. Diese sollen verpflichtet weiden, ihrem polnischen Texte eine deutsche Uebersetzunq beizudrucken, do di« polnische keine gemeinverständ liche Umgangssprache ist. Ausländisch« polnische Blätter sollen überhaupt verboten werden, weil sie wirksam nicht überwacht werden können. Alle Versammlungen sollen in der Landes sprache zu verhandeln haben; daS würde allerdings nach der Fenilletsn. Der Garlen. Skizze von Edwin Heinz. NaSdruck verraten. Es war nabe bei der Stadt. DaS Korn war abgrdaven, leer lag da- Feld. Ter Dauer krame sich hinter den Ohren. WaS sollte er mit t>m Feld bei den tbeuren Löbnen und den billigen Kornprenen macken? Er dachte nickt lange nack. Nack ein paar Tagen kamen die Zimmerleute und zäunten daS Feld rin, daun machten sie Zwi'ckeustacketk. Ter Bauer ging in die nächste Buchdruckern und ließ ein Ptakat drucken: Hier sink Gärten zu verpackten. Am Freitag bängte er eS an den Zaun. Am Sonnabend nack Feierabend standen zwanzig dreißig Männer und einigt Frauen da und saben sich die Sach« an. Der Bauer saß in der Schänke und trank sein Bier. Am Abende wurde in dreißig und mehr Arbeiterfamilien die Pacht eine- Gartens besprochen. „Mutter, du bast dock nock ein paar Groschen im Strumpfe, rssck'ie 'mal deraus, die Garren d, draußen, da- ist so was. Die Packt macki für hundert Meter ;edn Mark, die baden wir an Salat, Radieschen, Koblradi, Kobl, Petersilie .. " Mutter rückte natüilick berauS. So langt hatlrn flt sich einen Gartrn g'wünickt. So langt schon. Am Sonntag früd ging ter Bauer nach seinem Feld Kaum war er da, wurde er umringt, im Nu war er ferne Rechtspraxis des Oberverwaltungsgerichts eine Aenderung des Gesetzes voraussetzen. Schulkindern soll die Theilnahme an solchen Versammlungen, etwa zum Aufsagen polnischer Gedichte und Ansprachen, untersagt werden; ferner sollen Aufzüge in pol nischer Tracht und sonstige polnisch« Kundgebungen, wie das Anbringen polnischer Schilder, nicht mehr gestattet werden. Außerdem verlangt der genannte Gau eine Erweiterung der Dortmund«! Bergpolizei-Verordnung vom 25. Januar 1899 auf alle Industriezweige. Danach dürfen fremdsprachige Arbeiter, die des Deutschen nicht in Wort und Schrift mächtig sind, an gefährlichen Puncten und mit gefährlicher Arbeit nicht beschäftigt werden. Eine so verallgemeinerte Verordnung würde eine Be lohnung auf das rasch« und gründliche Erlernen der 'deutschen Sprache setzen. Um eine gemeinsam« Behandlung der Polen zu erleichtern, soll der Kohlen- und Eisenbezirk, der vier Fünftel aller Pol«n beherbergt, zu einem Verwaltungsbezirke vereinigt werden. In d«m Schul-, wie beim Confirmationsunterricht wäre die polnische Sprache unter keinen Umständen zuzulassen, ebenso auch die pol nische Seelsorge zu beanstanden, allmählich einzuschränken und mit der Zeit ganz zu Unterlasten. Außerdem empfiehlt der Gau Ruhr und Lippe den Arbeitgebern, polnische Umtriebe nicht zu gestatten und polnisch« Agitatoren zu entlassen. Im Großen und Ganzen verdienen diese Vorschläge die Be achtung der amtlichen und der interesstrten Kreise, Venn sie er scheinen geeignet, die Gefahr der Polonisirung gewisser Jn- dustrirbezirke im Westen zu beseitigen oder doch wenigstens er heblich abzuschwächen. Unter der Voraussetzung, daß seine Vorschläge verwirklicht werden, erachtet der genannte Gau des Alldeutschen Verbandes eine Hemmung weiterer polnischer Zuwanderungen nach dem Westen nicht für nothwendig, es sei denn, daß diese Hemmung aus anderen Gründen erfolgt, sei es nun, um die Bildung und dauernde Festsetzung eines Fremdkörpers im Industriegebiet zu verhindern, sei eS, um der Entvölkerung der ö st l i ch e n Bezirke oder ihrer Besiedlung mit russischen und galizischen Polen vorzubeugen. Wichtig ist noch eine weitere Forderung des Alldeutschen Ver- banv«S, die dahin geht, die Einwanderung nach dem Westen nur reichsdeutschen Polen zu gestatten und noch, strenger als bisher, darauf zu achten, daß keine ausländischen Polen den Zuzug vermehren. Nicht in Erwägung gezogen hat der All deutsche Verband die Möglichkeit von Betriebsbeschränkunaen und Arbeiterentlastungen, wie sie allmählich doch näher zu rücken scheint. Vielleicht erörtert der Ausschuß des Alldeutschen Ver bandes noch nachträglich diese Möglichkeit. Es wäre im hoh«n Grave erwünscht, wenn auch in diesem Fall« nationale Rücksichten beobachtet, wenn grundsätzlich bei BetrieSbeschränkungen nickt einheimische, nicht rheinisch-westfälische, sondern in erster Reihe zugewanderte polnische Arbeiter entlasten würden. In dieser Hinsicht könnte ein Zusammenwirken der betheiligten Arbeitgeber von grobem Wertbe werden. Andernfalls wäre zu befürck'en, daß bei Betriebsbeschränkungen gerade einheimische, rheinisch westfälische Arbeiter entlasten würden, während eingewanderte Polen ihre Stellungen behielten. Dadurch müßte, ganz ab- gesehen von den socialen Bedenken, auch die Polengrfahr noch verschärft werden. Vie Wirren in China. Hinrichtung der Hauvtschuldigen. * Die „Kölnische Zeitung" berichtet au- Peking unter dem 20. Februar: Der Kaiser von Cbina bat erst heute die von den Vertretern der Mächte aufgestellten Listen der bin- zuricktenten hoben Würden'rager genehmigt. Ein kaiserlicher Erlaß, der die formelle Zustimmung zu den Be- strafungen enihält. deren baldige Ausführung er verspricht, wird täglich erwartet. Die Russen in der Mandschurei. AuS Niutschwang, 18. Februar, wirt der „Voss. Ztg." telegrapbirt: Die Unsickerbeit in der Mandschurei ist all gemein, so daß d«e Greßkanfbäuser in der biesiaen Cdinesen- stakt geschloffen sind. Tie Rufs n vermögen ter Räuberbanden, die auch die Fremrenniederlassung bedrohen, nickt babbafr zn werden. Die Annexion der Mandschurei wird al- vollständig betrachtet. DaS russische Civil- gouvernement bat die Soezölle beschlagnahmt und eine Kopfsteuer «ingeführt. Der Freihafen soll unangetastet bleiben. Gärten loS, das Feld war verpachtet, mit halbjährlicher Kündigung, achtzig Gärten zu 800 -F, vorder halte er keine AOO u» damit verdien» trotz aller Arbeit und Schinderei. DaS Geld jiirS erste halbe Jahr klimperte in seiner Tasche. Er lackte. Landhunger! Freudestrahlend zogen die Männer nach Hause. „Mutier, wir baden einen!" In die tiefsten Tiefen deü Kellers ging eS nun. Irgend wo mußte dock ein Spaten oder eine Schippe liegen. Viel leicht batte auch der Nachbar eine Radebacke. Umgepflügt war da» Feld. Es galt nur noch zu rajvlen. Kaum gönnte man sich Zeit, daS Schweinefleisch und die Kartoffeln zu essen. „Vater geht'» nickt balde? gehen wir nicht?" fragten die Kinder. Ein alter kleiner Handwagen, ei« Kinderwagen wurde mit dem Werkz-ug beladen unv binauS ging e». Und wenn man in der Weikstat» manchmal binter ter Dredbank oder vor der FeuerSglutb über dir Aibeit gemurrt batte — dier fing man gleich wieder an, hier schwitzte man, dier blickt« mau sick, bot und grub, warf und schob und kein rauhe» Won fiel. Niemand wurde müre. Man grub in seinem Garten für sich. Die Fra», die sich sonst gern ein wenig von den Kindern bedienen ließ, barkte und schippte, dir Kinder schleppten Sieine derdei oder weg, u> d als die Nacki kam, überschaute Vater, auf den Spaten gestützt, sein Werk, und er war zufrieden. D e ganze Docke batte man keine Zeit, sich de» Garlen zu widmen, e« war Abend» schon zu dunkel — Oktober Am andrin Sonntage war »«» viel zeitiger draußen. aber der Handel wird ruinirt durch eine unfähige Verwaltung und undiSciplinirte Soldaten. Am lO. F-bruar griffen räubernde Russen mein Hotel an, am ll. Feviuar das englische Censulat, dessen Wächter erschossen wurden. Deutschland ist consularitch unzureichend ver treten. Japan ist über Vie Annexion der Mandschurei erbittert und hofft noch immer auf den Beistano Deutsch lands und Englands. Es beabsichtigt aber scheinbar auch selbstständig voizugeben. Hier ist bie allgemeine Auffassung, daß «m Frühjahr erneute Unruhen ausdrechen und eia russisch-japantscher Krieg wird für möglich gehalten. Der Lricg in Südafrika. Te Wct. Aus der Rückkehr Kitckener's nach Pretoria folgert „Daily Mail", daß die Verfolgung De W t's wieder eifolgloS ge wesen ist. Aus Eapstadt wird dem Blatte gemeldet, die Sireitkrafl des Generals Knox sei binter den Colonneu, die De Wel verfolgen, ausgestellt» um dessen etwaige Rückkehr nach dem O>ans fluß zu vereiteln. Plumer ve»folge augevlick noch jenen Tuest der Mannschaften De Wet'S, der sich nach Westen gewendet hat. Paul Krüger. Die März-Nummer des „Pall Mall" Magazins enihält einen interessanten Beitrag von Mrs. Emil Luden, „Paul Krüger. Eine Charakterstudie un'o ein Interview." Mrs. Luden wohnt in Holland, ist eine überzeugte Boerenfreundin und schrieb den Aufsatz unter dem Eindrücke eines Besuches, den sie dem greisen Präsidenten abgestattet hatte. Wir entnehmen dem Aufsatze Folgendes: Fast ein jedes Kind in England hat schon einmal Krüger auf »as erste freie Blatt seines Atlas gezeichnet. Aber wenn die Kinder des britischen Reiches — die jungen, wie die alten, — ein mal den alten Mann „mit dem Cylinder wie ein Schornstein roh: und den Austernaugen" seh«n könnten, so würden sie eine Eigenheit an ihm entdecken, die sie nicht caricicen können, den Funken vcn etwa» Großartigem, den Gott in den natürlichen Beherrschern der Menschen entzündet Krüger's Wille bewegt die Menschen, seine Energie inspirirt sie. Eine leiden schaftliche Ueberzeugung, ein gewisser triumphirendcr Glaube keuchtet aus seinen einfachsten Worten. „Kann dies ein alter Mann sein?" fragt man sich, wenn er spricht, „ein alter Sünder mit einem scharfen Auge für den Geldmarkt?" Aber er fährt in seiner Red: fort und man lauscht weiter, schweifend und von Ehrfurcht ergriffen, vergessend, waS er ist oder sein mag. Der Geist des Uebernatürlichen verbirgt sich in seinen Reden. Er glaubt, daß Gott mit ihm ist, und wenn er aufhört, glaubt man es ebenfalls. Taub und halb blind, von nicht gewinnendem Aeußeren, behaftet mit all' der bewußten Unbeholfenheit des Un- cultivirten, nicht Redegewandten, stolpert er in rauhen Kehl tönen, aber seine Persönlichkeit, sein „Ich" triumphiren über das gewöhnliche Fleisch und die schlecht sitzende Kleidung, und singen einen großen Sang des Triumphes über ihre Häßlichkeit. Für den Oberflächlichen ist der Präsident eine Enttäuschung. Er verbreitet sich nicht über die Frage des Tages und läßt sich nicht auf eine diplomatische leichte Plauderei ein. Er nimmt ein höfliches, aber abweisendes Interesse an Kranzspenden und dem Choral-Singkn von Vereinen u. s. w. Er ist nach Europa gekommen, um hart und gründlich zu arbeiten. Die Noth- wendigkeit, ein« schiedsgerichtlich« Einmischung zu erlangen, ao- sorbirt ihn bis zu der Hintenansetzung jedes anderen Interesses. — „Will denn Niemand eine schiedsgerichtliche Beilegung?" rief er mir im Haag zu. „Will Niemand uns ein gerechtes Gehör geben, eine Chance, daß wir uns selber Vertheidigen können? Wir mögen Unrecht gehabt haben, wir mögen unsere Fehler, unser« Schwächen gehabt haben; wir erklärten den Krieg, aber unsere Hände waren gebunden, das können wir beweisen. Laßt irgend Jemand Rickter sein zwischen England und uns." — „Aber England will von einem Schiedsgericht nichts hören, Präsident", wendete ich «in, „und wir verlangen nach keinem europäischen Kriege." — „Wie kann die Gerechtigkeit einen Krieg zu Wege bringen", fragte er hcstig. „Wir verlangen nach Licht. Wir verlangen das Verbiet eines neutralen Richters. Wir ver langen Gerechtigkeit." Er bewegt: plötzlich di: Händ: aneinander, als ob er irdisch« Schwierigkeiten zerreiße, und rief: ^Aber der Herr wird Sckon kamen ganz besondere Frühaufsteher auS den Gärtnereien der uwliegenken Dörfer mit Bäumen und Sträuckern. ES wurden Löcker gegraben. Einer oder der Ankere gab gute Ratdsckläge, wie man pflanzen sollte. Man stritt wobl auck über die Obstsorten. Ter Eine liebte di« Kirschen, der Ancere gab drn Aepfesn der Vorzug — sie kalten sick Keffer, sagte er, rin Anderer prablte mit Diel'- Butterbirne. Die Berte wurden abaestrckk, „reckt wenig Wege", sagte Vater, „damit wir viel Radieschen bekommen", und am Abend stanken auf dem F lke, das nock vor vienebn Tagen wüste und leer war, über Kundert Bäume. Es kam aber nock kesser. Bevor die Winterstürme krausten, kalten einige ganz Fleißige, die obendrcin nock Capitalillen waren, Bretter angesckafft, alte natürlick, manche sogar Ziegelsteine, um Lauben zu bauen, ja zehn „Gartenbesitzer" batten sich zusammengethan und gruben an einem geuieia- schasllichen Brunnen. Sckon im März waren sie wieder draußen und gruben um und siietea und al» Mitte März da- erste grüne Blatt te- Hollunder- berroriproßte, war der Jubel groß. Der Fabrikscklosser Schulze batte seinen Garten in der dritten Reih». Mutter batte im Winter gegen seinen Willen — „Frau, Du hast eS nicht nötkig, ick verbiete eS Dir, für da« Volk zu waschen" — doch ei- ige Male feine, sehr feine Wäsche zu Hause gewaschen, die älteste Tochter, sie kau, zu Ostern au» der Schule, gegen ke- Vaters Willen — „Angnsto, Du bist ein Kink, Kinder sollen nickt arbeiten" — sür den Kaufmann zu Weihnachten Wege besorgt, so daß außer e»m, wa» der fleißige Schulz« ge'part batte — nein, nickt der flr ßi ie, Vena „der Lod« muß sür Alle gleich sein, Fleiß oder Faulheit, da« ,ft «»geboren, Jever so gul er kann", — der uns helfen. Am Ende werden wir siegen. Seien Sie dessen gewiß. Wir werden gewinnen. Ich weiß nicht, wie oder wann, aber es ist für mich eine Gewißheit, daß wir ge winnen werden. Gott ist unsere Stärke. Weltlich gesprochen, ruht der Krieg in den Händen von zweiRegierungrn, aber Gott hat eS allein in seinen Händen. Wir werden ge winnen." — Es ist ganz unmöglich, das Feuer seiner Worte wiederzugeben. Die Ueberzeugung seiner Seele pulsirte in den abgerissenen Sätzen fast mit der triumphirenDen Freude seiner Weissagung. Das Ivar sein Pharisäertum, das war ein kind licher Glaube an die Unbesieglichkeit des eigenen Ideals vom „Recht", was ihn inspirirt«. Jeder kleine Vortheil oder jedes kleine Zurückweisen der Boecm-Commandos wird von ihm als ein nothwendigcs Glied in der Kette des Sieges angesehen. Er beugt sich in Demuth vor Vem, was er die Züchtigungen Gottes nennt, und triumphirt niemals über das Mißgeschick seiner Feinde. Die eingehenden kleinen Nachrichten vom Kriegsschauplatz exaltiren ihn weder noch deprimiren sie ihn. Der Krieg ist in den Händen Gottes. Die Pflicht der Boeren ist es, zu kämpfen, so wie es die sein« ist, von Land zu Land zu wandern und „Gerechtigkeit" zu suchen. Alle sind di« Werkzeuge Gottes, die er noch stimm Wohlgrfallen verwendet. Viele mögen noch in der Schlacht fallen, Viele noch heimathslos und mit gebrochenem Herzen vergehen. Er selbst mag blind und hilflos in einem fremden Lande sterben. Es ist Alles Gottes Wille und der Triumph des Rechts und Gottes Sieg werden kommen zur Zeit, in der er es sür gut findet. Aber er leidet schwer, in dem Salon eines großen Hotels, wie in einem Käfig gehalten, verurtheilt, endlose Reden zu ertragen, die er nicht hören kann, „schön zu machen und Pfoten zu geben", während sein stürmisches Herz bricht und sein alter Körper sich sehnt nach „Tante Sanna" und der Ruhe. — „Die Blumen sind mir nichts, absolut gar nichts", brach er auS. — „Die Leute, dir sie schicken, meinen es gut und ich bin ihnen dankbar, aber sie sind mir absolut nichts werth." — „Haben Sie sich nicht schon oft nach Transvaal zurückgewünscht", fragte ich ihn, „besonders, wenn Sie nichts wie Feste und schöne Worte in Europa er halten?" Er sah auf zu mir, und ein Ausdruck großen Schmerzes trat in seine Augen: „Ich bin alt", sagte er traurig, „ich konnte nicht mit den Commandos ziehen, wie eS Präsident Steijn kann. Hier kann ich vielleicht von Nutzen sein." Ich sprach ihm davon, wie leid es mir um „Tante Sanna" (Krüger's Frau) thue, die von Feinden umringt sei. „JA kümmere mich auch um sie", sagte er, „aber ich habe nock viel mehr Kummer um „die Land". Meine Frau hat ihr« sechs Kinder noch bei sich. Und die Engländer sind freundlich zu ihr und haben sie in ihrem eigenen Heim gelassen. Aber die Land, di- Land!" Damit verlöschte seine Stimme plötzlich. „Zwei von meinen Söhnen sind todt", begann er wieder, „sie fielen auf dem Schlachtfeld. Zwei sind Gefangene, einer auf St. Helena, einer auf Ceylon. Ich glaube, daß auch noch zwei andere todt sind, denn ich habe seit fast zwei Monaten nichts von ihnen gehört, und ich weiß, daß sie im heißesten Gefecht waren. Aberes stehcn 31 Söhne und Enkel von mir jetzt im Felde. Und ich vermochte nicht, mit den Commandos zu ziehen." Di: langen Lider fielen ihm einen Moment über dir müden, kranken Augen. Dann sagte er: „Ich habe seit den letzten sechzehn Tagen nichts von meiner Frau gehört, aber sie hat sechs von den Kindern bei sich. Si« ist nicht zu bemitleiden, wenigstens nicht so, wie „die Land" Will denn Niemand unsere Sache aufnehmen? Ich verlange Gerechtigkeit. Wir sind ein kleines Volk, aber wir haben groge Schritte gethan, wir haben viel gegeben. Transvaal hat in einer Woche mehr Reformen geboten, als ein älteres Land in vierzig Jahren einführen würde, in allen Puncten Hot Trans vaal England nachgegeben." Krüger behauptet, als Englands Staatsmänner kamen, mit ihm zu verhandeln, habe sich eine eng lische Depesche auf der See befunden, besagend, daß nichts als Gewalt nützen werde. „England wünschte, cin Jedes zu mono- polisiren, und sie Haven alle unser« Monopole erlangt, aber sie können kein Monopol der Freiheit haben. Sie können uns unsere Freiheit nicht nehmen." .... Was wird die Zukunft für Krüger bringen? endet d«r Artikel. Wir können es nicht sagen. Aber wenn in späteren Jahren das Getreide auf dem mit Blut gedüngten afrikanischen Boden wächst, wenn der Pflug gebleichte Gebeine und verrostete Ge wehre mit der Scholle aufwirft und die Kinder fragen: „Warum war es Krieg, wer machte ihn?", dann mögen die Mütter Krüger's Geschichte in zarter Weise den Kleinen erzählen unÄ nückterne Schulze, einige Thaler zur Verschönerung des Gartens vorbanven waren. Und e« gedieh Alle-. Ter Kirsckbaum, der Birnbaum, der Apfelbaum unv zwei Pflaumendäume schlugen an«, frei lick blühten sie zum großen Aerger der kleinen Echulzen'S nickt, aber desto mebr gab e« Radst-cben und Salat, Koklrabi und Möbren. Die Malven schossen in die Heb«, die Reseda duslet«, die Mohnblumen glübten, aber Schulze konnte sick nock nickt so reckt seine- Garlen- freuen. Er mußie nock viel arbeiten. Eine Spalierlaube wurde gemacht, die Bretterbude tapeziert, ein neue- Stacket ge zimmert, die Beete wurden mit Brettern eingcfaßt, Unkraut wurde gejätet, jeden Tag wu de gegossen, auck wenn eS geregnet batte, doch al- der Winter ins Land kam, konnte Sckulze mit Stolz auf daS Geschaffene schauen. Im anderen Jahre blühte der Hollunder und die Kirschen, auck die Birnen batten einige Blütben. E« war ein Sonntag im Ilili. Auguste saß mit ihrer Mutter auf der Bank und trank Kaffee, Herr Sckulze rauchte auS einer kurzen Pfeife und sah sick seine Bohnenstangen an. Auguste ging in eine Fabrik und verdiente neun Mark die Woche — „der Mcnsch ist nicht zum Dienen aeboren, eine Tochter -eine- Vater» geht nickt in Dienst, da» Pack mag seine Arbe t allein macken", g gen solche Befcble gab eS keine Widerrede — und war ein dlüdenkeS Märcken. Die drei kleinen Schulzen- waren nicht ru jeden. Endlich körte man sie laut schreien, lachen, zodten. Herein kamen sie gesprungen: „Vater, Mutter, L Karnickel!" ) Die Freute war groß. „Von drüben, vom Formrrmsester h«b'u mer'sch".
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