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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.01.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000102017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900010201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900010201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-01
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Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilage« (gefalzt), n»r mit de, Morgen-Ausgabe, ohne Poftbeförderuog 60.—, mit Postbesörderuug 70.—. Armahmeschluß für Ä.ryrrgea: Ab end »Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4UHL Lei den Filialen und Annahmestellen je «ine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die GtztzetzitlOt» zu richte». Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig Z2. Dienstag den 2. Januar 1900. 9t. Jahrgang. Sächsische Fürstinnen. Luitgard »an Schwade«. Eng verknüpft mit den Geschicken der Völker ist da« Geschick der Regentenbauser. Gegenwärtig verbindet un« mehr al« gemeinsame Interessen noch die Liede und Zu neigung, früher aber waren die Interessen mächtiger, denn der Staat wurde gewissermaßen nur durch sein Oberhaupt repräsentirt. In jener Zeit, wo man noch Länder theilte und sie al« Mitgift gab, mußte naturgemäß Vie Heirath de« Regenten ein wichtigerer politischer Act sein als heute, wo zwar fürstliche Heirathen auch noch nach politischen Rück sichten geschlossen werden, im Uebrigen aber da« Wohl des Volke« dynastischen Interessen vorangeht. Insofern bleibt heute die Fürstin selbst ohne Einfluß auf die Staatsgeschichte, während früher oft genug ihre Hand in den Verwickelungen zu verspüren war und ihre Liebe zu ihrem Heimathlande mehr als die Interessengemeinschaft mit dem anzeheiratheten hervortrat, etwas, was man manchmal in neuester Zeit auch bemerkt hat. Wenn wir nun versuchen die Lebensskizzen der sächsischen Fürstinnen hier zu entwerten, so sollen dies nicht auf gründ licher Forschung beruhende geschichtliche Abhandlungen sein, — solche gehören nicht in eine Tageszeitung —, sondern leicht hingeworfene Biographien, die in den Haupt zügen unS die hohen Frauen näher bringen sollen. Wir stützen uns im Wesentlichen dabei auf Stichart'S Galerie sächsischer Fürstinnen und die anderen Bücher und Quellen, die uns für unfern Zweck zur Ver fügung stehen. Naturgemäß fließen die Quellen in grauer Vorzeit spärlicher als in der Neuzeit, und mehr als eine Charakteristik der hohen Frauen auf Grund der Geschichte und Acten muß eine solche auf Folgerungen aufgebaut werden. Unser Wettiner Herrscherhaus betrachtet Konrad, Grafen von Wetlin, als seinen Stammvater, wenn e« auch den Stammbaum bis zu Theoderich Buzici väterlicher- und Hermann Billung von Sachsen mütterlicherseits zurückführen kann. Konrad wurde, nachdem sein Detter Heinrich von Ilburg gestorben war, mir der Markgrafschaft Meißen be lehnt. Dieser Rcngerböbung war freilich ein böser Krieg mit Henrich vorchrSgegangen und Konrad war von Heinrich gefangen genommen und längere Zeit auf der Beste Kirch berg bei Jena gefangen gehalten worden. Zu jener Zeit war Konrad schon über zehn Jahre verheirathet. Die Her kunft seiner Frau ist nicht ganz sicher. In der Chronik des Klosters auf den PeterSberge bei Halle wird sie als eine Tochter eines Edlen NamenS Albert au« Schwaben be zeichnet. Wer dieser Albert gewesen ist, darüber sind die Meinungen, so führt Stichart äuS, »och getheilt. Daß er nicht au- dem habsburgischen Geschlecht, wie Einige meinen, und nicht der Vater des Kaiser- Konrad III. ge wesen, ist gewiß; eS war dies ia Friedrich von Schwaben. Nach Anderen soll sie dem schwäbischen Hause Calw (Cha- lawa, Calebo) entsprossen und Tochter Adalbert'« II. und der WiltrudiS aus dem Hause Bouillon-Lothringen gewesen sein. Nock Andere machen sie zu einer Tochter Friedrich Barbarossa'S und Beatrice'« von Burgund, doch ohne alle Beglaubigung, und es sei gegen letztere Annahme nur be merkt, daß im Jahre 1124, zu welcher Zeit Luitgard bereits mit Konrad ehelich verbunden war, Friedrich noch nicht ge- beirathet hatte, viel weniger daß er eine heirathsfäbige Tochter gehabt hätte. Aelteren Geschichtschreibern zufolge aber, denen wir unS hier anschließen, weil die Urkunde über Elchingen, welche unten zu erwähnen ist, dafür spricht, war Luitgard eine Tochter deS Grafen Albert von Ravenstein und der heiligen Bertha von Ravenstein, von welcher Letzteren die wunderliche Sage sich verbreitete, sie habe in der ganzen Umgegend der Donau die Schneegänse vertrieben. WaS diese „heilige" Bertha von Ravenstein, welche jedenfalls die Mutter unserer Luitgard gewesen ist, anlangt, so schweigen die Schriftsteller der Heiligen über sie. Zwar giebt eS eine heilige Bertha von Biburg in Bayern. Diese aber ist Jungfrau geblieben und also von Luitgard'S Mutter ganz verschieden. Mag nun Luitgard au« irgend einem edlen süd deutschen Geschlecht gestammt haben, un« interessirt mehr ihr Charakter als ihre Abstammung. Darüber fließen natürlich die Quellen noch spärlicher, und WaS man schreibt, beruht zumeist auf Combiuation. Will man die Hand lungen dieser Frauen verstehen, will man ihren Charakter schildern, so muß man sich ganz in jene Zeit versenken. DaS Land kaum urbar gemacht, die Städte ohne Bürger, das Gewerbe auf der niedrigsten Stufe, auf den Dörfern kein freies Bauerngeschlecht, nur Ritterburgen, Knechte und Hörige, keine Spur von Wegen, unsicher die wenigen Heer pfade, keine Kenntniß de« Lesen« und Schreibens, der GutS- bof mit seinen Ställen eng verbunden mit dem Leben der Frauen, der Hörigen wie der Fürstinnen, daS Leben ohne Comfort, keine GlaSfenster, keine Gabeln und Messer, ge schweige denn Mundtücher, di« Speisen ohne besondere Aus wahl, der Spinnrocken und der Webstuhl in der Lfemnate der Fürstin, geborgen hinter starken Mauern, draußen KriegSspirl oder blutiger Krieg — wahrlich die Frauen da mals mußten körperlich auS anderem Holze geschnitzt sein, als die heutigen, und demnach dürfte ihr Charakter durch manche Gefäyrnisse gestärkt, auch nicht so sanft, wie der ihrer heutigen Schwestern gewesen sei». Wann Konrad Luitgard heimgeführt hat, darüber lassen sich nur Vermuthungen anstelle». Jedenfalls ist eS in den Jahre» zwischen INS und INS gewesen, den» ia einer Urkund« über Konrad'S Schenkung an das Kloster ReinhardtSbrunn im Jahre 1116 wird ihrer nicht gedacht, während eine Ur kunde aus dem Jahre INS über die Schenkung mehrerer Dörfer sowie deS Gutes Thurgowa (Torgau) an dasselbe Kloster ihren Namen als Mitschenkgeberin ausdrücklich enthält. Von dem Kampfe Konrad'S mit Heinrich von Eilenburg sprachen wir schon, auch von seiner Belehnung mit der Mark Meißen. Man wird eS erklärlich finden, daß sie über diese StandeSerhöbung sehr erfreut, ja stolz war. Und Stolz ist ein Zug ihres Charakters, der im weiteren Verlauf der Geschichte manchmal hervortritt. Neben dem Stolz ist eS der Hang zu Gescbenkgebuugen an die Kirche, wie sie übrigens damals gang und gäbe waren. Bon Socialpolitik war in damaliger Zeit nicht viel zu spüren und so concentrirt sich die ganze Wohlthätigkeit zumeist auf die Kirche und ihre Vertreter. Glaubte man doch gewiß, dadurch für so manche im Leben begangene Fehler Ablaß zu erhalten. Man ge lobte auch für glückliche Ereignisse Geschenke oder Stiftungen und sorgte so dafür, daß der todten Hand immer mehr Güter zufielen. Die Fürsten zogen sich ihre Concurrenten selbst groß. AuS einem solchen Gelöbniß ist wahrscheinlich auch die Gründung deS Augustinerklosters St. Petri auf dem Lauter- oder PeterSberge bei Halle hervorgegangen. Dieses Kloster gründete Konrad 1124 und eS wird ausdrücklich gesagt, daß Luitgard ihn dazu aufzemuntert habe. Sie selbst schenkte ein Jahr später dem Kloster auS ihren eigenen Mitteln einige Güter, nämlich zu Hizgendorf, Beyzkcn- dorf, Salzmunde, Udene, Buzendal und Pollitz, zusammen 45 Hufen, jedenfalls ein sehr schönes Geschenk. Nicht minder freigebig erwies sie sich ihrer alten Heimath gegenüber. Im Jahre 1128 gründete sie mit ibrem Gemahl zusammen in Elchingen an der Donau, nicht weit von Ulm, eine Benedicliner- Abtei. Dieses Stift erhielt sehr bald Sitz und Stimme in den ReichSversammlungen. ES wurde erst 1803 säcularisirt. AuS diesen Stiftungen geht nicht nur hervor, daß Luitgard im Sinne ihrer Zett fromm war, sondern daß sie auch sehr reich sein mußte. AuS verschiedenen Andeutungen geht hervor, daß sie sehr leicht reizbar, wahrscheinlich auch jähzornig war, und man kann versucht sein, die vielen reichen Stiftungen auf eine freiwillige Buße zurückzufübrrn, wenn sie nicht auf anderer Seite öffentlich von dem Reichthum Konrad'S und Luitgard'S sprechen sollten. Die Ehe Konrad'S mit Luitgard war mit nicht weniger als zwölf Kindern gesegnet. DaS erste Kind war ein Knabe, Heinrich, der schon als Kind starb. Der zweite Sohn war Otto, dem die Geschichte aus Anlaß der unter seiner Regierung entdeckten Silbergruben zu Freiberg den Beinamen der Reiche gab. Vom dritten Sohne Dietrich, später oft Dietrich von LanvSberg genannt, erzählt die Geschichte, daß er „ein solch rauhe« Wesen gehabt und nur Fehde und Kriegs züge geliebt habe". So ist er auch einmal auf der «eite Heinrich'« deS Löwen, einmal auf Kaiser Friedrich's Seite und soll, als der Papst Alexander III in seinem Uebermuthe diesen Kaiser an der Pforte der St. MarcuSkirche in Venedig empfindlich demükhigte, unver hohlen ein sehr derbes Wort ausgesprochen habe», daS den Papst bewog, den Kaiser augenblicklich vom Boden aufzuheben und zu küssen. So ein Dietrich könnte heute auch noch Wunder thun. Ein vierter Sohn hieß Heinrich, wie der ver storbene Knabe; ihm viel bei der Theilung die Stammherr schaft Wettin zu. Der fünfte Sohn ist Dedo, der später Rocklitz und nach Dietrich's Tode auch die Lausitz besaß und durch Erbnackfolge seiner Tante Groitzsch erhielt. Dieser Dedo, der sich übrigens durch die Gründung deS Klosters Schilleu (Wechselburg) auSzeichnete, war von Natur sehr stark beleibt und diese Corpulenz binderte ibn oft im Reisen. Als er nun im Jahre 1190 zu Heinrich IV. nach Apulien reisen wollte, nahm er den Rath eines „ArzteS" an, der jedenfalls kein Schweninger war, und ließ sich, um sein Gewicht zu ver mindern, daS Fett vom Leibe schneiden. E« ist kein Wunder, daß er an dieser Operation in demselben Jahre starb. Der jüngste Sohn hieß Friedrich, später Herr von Brene (Brehne). In demselben Jahre wie Dedo starb sein Bruger Otto, dre anderen Brüder waren alle in den 80er Jabren gestorben. Von den sechs Töchtern mag nur erwähnt sein, daß Oda, Bertha und Agnes im Kloster in Gerbstadt als Nonnen lebten, während Gertrud, nach dem Tode ihres Gemahls Hermann, Pfalzgrafen bei Rhein, sich ebenfalls dem klösterlichen Leben widmete; Sophie vermählte sich mit einem Grafen von Bayern und Adele heiralhete in zweiter Ehe den Markgrafen Albrecht von Brandenburg, deS Bären Sohn, und eröffnete damit die Reihe der vielen Fannlienverbindungen zwischen Brandenburg und Sachsen, so lange daS Herrscherhaus noch nicht katholisch war. Im Jahre 1145 schloß sich Konrad einem Kreuzzug inS heilige Land an. ES wird für die Frau kein Leichtes gewesen sein, ihren Manu in eine so weite Ferne ziehen und sie mit den elf Kindern allein zu lassen, wenn auch ein Theil der Söhne schon das Waffenhandwerk genügend kannte. Schon im Mai finden wir Konrad im Kampfe. Bei der Belagerung von Damaskus zeichnete er sich glänzend au« und tm Mar machte er am heiligen Grabe eine Stiftung an Gold zum Seelenheil seiner Gemahlin, seiner Kinder und aller ferner Vorfahren und dann eine zweite für sich, seine Frau, Söhne und Nachkommen. Luitgard sollte ihren Gemahl nicht Wiedersehen. Einige Monate nach der Abreise deS Markgrafen machte sich Luitgard auf, so erzählt Stichart, um daS Kloster auf dem PeterSberge zu besuchen. Der Propst Meinher nahm die erlauchte Herrin ehrerbietig auf und sorgte. Mutter Huberte. Vovellette von A. Neu schütz. -littbdruck klang aus den „ - nun Muatterle!'« Groß« . I. und d'Goldata müe'ffe jetzscht Herr Corpora! z'me sage'. De« HLtt'scht wohl nimm« denkt, sell au» dema Adolph!« mal so eilbeS werde könnt', igelt Muatterle? — I hab'« au net d rkt. — Und auf Worhnachte fall komme i dähoim -'M« Muatte i un!d bring em «bbeS mit. Wirscht Di srvie so eblbe« Liabr r ri ScheenL -wat D'r scho lang g'wimschet hoscht. Mvib ner M sh g'sung un munter, de« ma so a reacht't der- gmtegt'S Fäsck t faire könne. . ." In dem altmodischen Lehnstuhl hinter dem großen Kachel ofen faß e-, dat gute alte Mütterchen mit dem runzeligen Gesicht und dem treuherzigen Mick; die mächtige Wollhaude auf dem weißen Kopf, p.e große Hornbrille aus der Nasenspitze. Auf ihrem Schooße lag, aufgoschlagen, die große, uralte Bibel, und zum unzähligste - ----- - - - - -- sorgfältig ausk und wie Derkli h:e große Hornbrille aus der Nasenspitze. Auf »I > ÜUI Male buchsdckbirte sie den IN dem heiligen Buche bewahrten Brief ihres Molphle, ihres Einzigen, chung ging «S dckbei über ihr Gesicht. lirtterle", schrieb der Adolph, und Heller Jubel Men, „i bi g'avanciert. . . a Groha bi i g'worda sage'. DeS hätt'scht wohl nimm« denkt, sell au« mal so eilbeS werde könnt', gelt Muatterle? — I Sie legte t k Brief zusammen und faltete, von Rührung über mannt, andäe ljg di« Hände, wobei ihr die Hellen Thränen über dal Gösicht lie in. " m zottle da decke, i dank D'r au vielmals, deS w iii-froid erläba löscht, a moi Jungle, a moi liaba „Du Hei D"nn die Hri Suckle." Ja, sie h tte immer Freude an ihm gchabt, er war eia aufgeweckter Hirsch« gewesen von frühester Kindheit an. Damals, «! dal Unglück über sie hereinbrach, al« man ihren Mana tobt hrvickrachte ... Er war Herrschafttzkutscher ge wesen droben tzirf dem"Schlöffe, — und die Pferde waren durch gegangen, — M> er hatte dabei, vom Bvck geschleudert, frühzeitig «inen jähen Hd gesunden; sie wollte schier verzweifeln, und glaubte, e« nstmrer tragen zu können da legte sich eine kleine Hand auf ihrer« Arm, uick die blauen Augen ihres Kinde« blickten bittend zu ihr «iss. Muatterle* hatte der Kleine — er war damals sech« Jahre alt — tr'ckstenn und zuversichtlich gesagt, „mueßt net so areina, schau, i bi jh no da, und wenn i groß g'worda bi, da Will i scho für Di arboite, der« D' nimm« selb» zsschaffa tzraachischt." Wie reich Ad glücklich Var sie doch trotz aller Lrmuth, ei» solche» Kind zis besitzen! Sie fand risch dem Unglücksfalle Arbeit und Verdienst auf dem Schlöffe, loofckbst sie vor ihrer verheirathung mit ihrem Seligen viele llchn zusammen gedient. Dir klein« Baronesse spielte und venöhrte mit ihrem Knaben wie mit ihresgleichen; sie wuchsen säst zusammen auf. Al« der AI Ilph consirmirt war, nahm ihn der gnädige Herr als Diener guhZH; späterhin wurde er, wie sei» Vater, Kutscher. Dann kam die Doldätritzeit. Zwei Mal war er zurückge- stellt, VaS dritti Mal nahmen sie ihn. Die Mutter war außer sich, sie glaubt/, e» müsse ihrmr Adolph!« ein Leid geschehen, wenn sie nicht im-ner bei ihm sein konnte; sie würden Beide ver gehen vor Sehnsucht, denn sie trennten sich ja zum ersten Male im Lcken. Allein es half nichts, sie mußten sich Beide inS Unvermeidliche fügen. Dann wurde sie krank und arbeitsunfähig und konnte ihr kleine», uralte» Häu-chen, da», lcnrbumfponnen, abseits vom Wege stand, nicht mehr verlassen. Da kam denn das licke, gnädige Fräulein alltäglich vom Schlosse, brachte Erfrischungen und Unterstützungen mit und plauderte mit ihr von dem fernen Sohn«, weil sie wußte, daß die» der alten Frau Freude und «Erleichterung gewährt«, und tröstete sie, daß die Zäit vergehen und drr Adolph bald wieder bei seinem Muatterle sein werde. Und eine mitleidige Nachbarin besorgte ihre kleine Häuslichkeit. So vergingen Tage, Wochen, Monate. Dann die Freude, die grenzenlose Freude, als der Adolph zum ersten Male in schmucker Uniform auf Urlaub kam, ganz uner wartet; er wollte da» Muatterle überraschen, und e» war ihm voll und ganz gelungen. Sie schlug die Lände zusammen und weinte vor Freude und schüttelte in einemfort den Kopf, seinen dunklen Krauskopf immer wieder zwischen beide Hände nehmend; sie konnte sich gar Nicht satt sehen. „Bischt a foina Bursch g'worda, o du moi Herrgottle, wenn deS der Seil'ge d'erleabt hätte!" Auch auf dem Schlöffe hatte sich Adolph als schneidiger DaterlandSvertheidiger präsentirt. „Dia gnä' Herrschaft kennet e» sonfcht übel nemma", meinte die Mutter. Hand in Hand waren sie durch da» Dorf gepilgert; stolz und glücklich hatte e» sie gemacht, al» sie bemerkte, wie die Leute die Hälse reckten, oder di« Köpfe zusamme»steckten und ihnen nach sahen „Gelt, Muatterle", hatte Adolph lachend gesagt, „grab' al« wir zwoi LiabeSloit' ganga mer daher?" Und sie hatten sich an geschaut, gerade wie zwei solche. Auf üm Schloff« Warrn sie von der Herrschaft freundlich empfangen worden, und der Herr Barvn hatte dem Adolph Cigarren geschenkt und Geld. Und daS gnädige Fräulein hatte in freudigem Staunen die Hände zusammengeschlagen und auS- gerufen: „Aber, Adolph — —»wie schneidig Du auSstehst!" Sie, die Mutter, war vor Freude und Entzücken roth ge worden und der Adolph dazu; dann hatten sie All« herzlich gelacht. Am anderen Nachmittag war die junge Baronesse in daS grünunssponaen« Häuschen der Mütter Häberle gekommen — auf ein Plan de Hündchen, wie sie sagte. „Muatterle", flüstert« Adostch drr Mutter in» Ohr, „gang, mach halt ema Lhee." Verdutzt hatte sie ihn angesehen. Narret«» Blickle — — ema The« wo soll sie den gleich hernehmen? Doch lieber Kaffee! Sie war doch keine Herrschaft, wi« die drohen. Da war ihr noch eingefallen, daß sie noch von dem Brustthee da habe, den sie manchmal für den Husten gebrauchte, und sie hatte schnell einen großen Topf solchen gckraut. „Mueßt au Löffle derzu gäbe", hatte der Adolph wieder bei Seit« bemerkt. Eie sah staunend zu ihm auf. War der Junyle aba e gebildt'S Loit g'worda boi d' Soldat« mit Löffle aß ma da «m Lhee, wia a Suppa. Verstohlen den Kopf schüttcknd, zog sie die Schublade auf. Da lagen, noch fein säuberlich ein gewickelt, die schönen großen Blechlöffel, die sie einmal drinnen in der Stadt auf'm Jahrmarkt erstanden. Sie konnte sich noch heute gar nicht genug verwundern, daß eS ihr geglückt war, damals einen solchen Handel zu machen. „Kaufen Se, oder laufen Se, Madamicken", hatte ihr der Händler ermunt«rnd zugerufen — und sie hatte gekauft. Drei Stück zehn Pfennige. Solche schöne große Eßlöffel, so stark; die langen breiten Stiele und vorn di« großen Schippen dran — für so wenig Geld. Sie legte je einen auf die alterthümlichen, buntbemalten Tassen. „Muatterle, soi et beer", hatte der Adolph da wieder leise gesagt, „aba a Fläschle Rum gcheeret au' zu." Sie hätte sich vor Schreck und Erstaunen bald hingeseht. — Rum! - Wo sollte sie den hernehmen? — Rum — närrisches Zeug! Sie lief in ihrer Verlegenheit zum Nachbar, — der trank gern einen —, kldgte ihm ihr Leid und bat sich für eine Stunde sein« SchnapSflafche aus. „I will ema halt ebbeS puschte!" schrie der Mann, anfangs erbost über die ungeheuerliche Zumuthung, ließ sich dann aber zu reden. „Wow, Se brauche koi Rum z'saUfe", knurrte er nach einer Weile bedeutend besänftigter und höflicher, that geschwind noch einen kräftigen Zug und reichte ihr dann widerwillig di« Flasche mit einem Reste vom Inhalt hin. Endlich hatte sie alle Ingredienzen zusammengckracht; ein wenig lange hatte eS zwar gedauert, und beinahe athemlo» hatte sie sich gelaufen , nun präsentirt« sie ihre Raritäten. DaS gnädige Fräulein, welche» schon im Stillen den eifrigen Vorbereitungen belustigt HUgrschaut, sah nun vergnügt den un geheuren Theetopf, den riesigen Blechlöffel, die Schnapsflasche und endlich den Adolph an; dann lachten Beide plötzlich laut und lustig aus, und sie, Mutter Häberle, stimmte mit ein; warum, wußte sie eigentlich nicht, allein die jungen Leute lachten so herzlich, daß sie mit angesteckt wurde. Der Thee blick unberührt, da» gnädige Fräulein bedauerte unendlich, gerade keinen Appetit danach zu haben, und der grimmige Nachbar erhielt zu seiner Genugthuung da» „Fläschle" mit unverkürztem Inhalt zurück. Ein Freudrnschimmrr ging über daS liebe, freundliche Gesicht der alten Frau, al« sie H«s« Scene an ihrem geistigen Auge doEbertzrchen ließ. Mit andächtig gefalteten Händen faß sie da und blickte sinnend vor sich hin. Corporal! — Sie wiederholte «» immer wieder, um eS fest im Gckächtniß zu Lchalten. und nahm in ihrer Freude den Kopf de» schwatzen Kater» -Wäschen beide Hände: „Peterle, herrscht, Corpora! isch er g'worda, uns« Goldbllckle", und Peterle, der auf der Lehne de» Stuhle» thronte, schien zum Zeichen de» Ein verständnisses noch wonniger zu schnurren. Corporal! — Decken auf dem Schlosse war 'mal Einer ge wesen — Corporal hatte man ihn nicht genannt, aber so ähnlich klang «S auch, denn da» wußte sie noch ganz genau — ein „'ral" war daran gewesen. Dieser stattlich« Herr hatte di« ganze Brust mit blitzigem Zeug behängt gehabt — und jetzt — sie schüttelte in seliger Verwunderung den Kopf — jetzt war der Adolphle „au so oina". Ein Gedanke schien mit einem Male in ihr aufzutauchen, der Ihr Gesicht förmlich verklärte. Sie erhob sich mühsam, legte die Bibel auf den Tisch und die Brille darauf, humpelte nach der uralten, riesigen bunt bemalten Truhe, die die halbe Wand der Stube einnähm, und holte ihren Sonntagsstaat hervor. Don stiller Wehmuth erfüllt, legte sie daS faltenreiche, schwarz wollene Staatskleid an, ihr Brautkleid, ein Geschenk ihres Seligen; sie hielt es hoch in Ehren all' die Jahre daher und trug e», unbekümmert um die Mode, nur Sonntags zum Kirchgang auf. Mit zitternden Händen hing sie da» große schwarze Um schlagetuch um — sie hatte es sich zur Trauer um ihren Mann geschasst, setzte di« riesige Haube auf, die auch aus jener Zeit stammte, und begab sich, in der einen Hand ein buntes, baum wollenes Taschentuch, in der anderen einen vovsintfluthlichen Regenschirm, frohen MutheS auf die Wanderung.. Ihr Weg führte sie nach dem Schlosse, mühsam bergan. Sie mußte von Zeit zu Zeit stehen bleiben und verschnaufen, denn «S wehte ihr ein scharfer, kalter Wind entgegen, der Ihr das Gehen, da» ihr ohnehin beschwerlich fiel, noch mehr erschwerte. Endlich hatte sie ihr Ziel erreicht. „Je, Mutter Häberle, WaS führt Euch denn hierher?" fragte ein Diener verwundert, als sie den Flur betrat. „I hab' halt e Wörtle miit'm gnä' Froile z'rede", entgegnete sie schmunzelnd urld gewichtig. „So? Nun dann kommt nur mit", sagte der Diener lächelnd und geleitete sie die Treppe hinauf; bei Mutter Häberle bedurfte eS keiner besonderen Meldung, die war jederzeit willkommen. Die junge Baronesse lag im Schaukelstuhl in ihrem reizenden rosigen Boudoir, daS, mit allerlei zierlichen Kostbarkeiten an gefüllt, so recht zum Aufenthalt deS jungen, schönen und ver wöhnten Menschenkindes geschaffen schien. „Sieh' da, Mutter Häberle", sagte sie überrascht und erhob sich ein wenig auS ihrer liegenden Stellung, der alten Frau freundlich die Hand entgegenreichend, „daS ist ja schön von Euch, daß Ihr mich auch einmal besucht. Bei diesem unfreundlichen Wetter hättet Ihr Euch freilich nicht herauSwagen sollen . « . Sie zog einen Sessel heran, „kommt, setzt Euch und erzählt, WaS Euch zu mir führt." Die Matrone wußte offenbar nicht, wie sie am besten beginnen sollte; sie setzte sich behutsam und umständlich auf daS rothe Seidenpolster. „Nun . . ermunterte die junge Dame, während sie klingelte und Kaffe« und Backwerk bringen ließ, „nur frisch loSgelcgt, Mutter Häberle." Erst ihr Labsal, der braune Trank, schien der Alten die Zunge zu lösen und sie die rechten Wort« finden zu lassen, nachdem sie bisher die teilnehmenden Fragen nach ihrem Ergehen, ihrem Gärtchen, der Ziege und dem Peterle sichtlich zerstreut beant wortete. „I bi halt vo Wege mvi Adolphle komme, gnä' Froile", sagte sie, wobei ein Freudenschein über khre Züge ging. „So? WaS ist'» mit ihm — hoffentlich geht e» ihm gut?" Die alt« Frau nickte eifrig. „Na und wia gnä' Fräule." „DaS freut mich." „Und g'avanciart isch er, a Großa isch er g'worda, hat er g'schriebe." „Ah da gratulire ich." Die Baronesse schüttelte ihrem Gaste in aufrichtiger Freude die Hand, „daS freut mich
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