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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.01.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000103028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900010302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900010302
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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S2 amtliche Meldung ein« Diütze, da au» ihr herkvrgeht, daß e« sich nicht, wie die ersten Privatnachrichten wissen wollten, um einen Rückzug der Boeren in „voller Auflösung und überstürzter Flucht" gehandelt, daß der Feind viel mehr seine gesammteA Geschütze mitgenommen und General Freach auch nicht die eine Holchkiß-Kanone der „Daily Mail" erbeutet hat. Hätte French den Boeren eine „völlige Nieder lage" beigebracht, so hätte er, zumal er über genügende Kavallerie verfügte, seinen Sieg zweifellos ausgenutzt, die Bersolgung der Boeren ausgenommen und ColeSberg besetzt. Das aber ist nicht geschehen. Auch von Verlusten der Boeren schweigt der Telegraph, der amtliche sowohl wie der nichtamtliche, während solche auf englischer Seite verzeichnet werden, und die zahl reichen feindlichen Wagen und Vorräthe, welche den Eng ländern in die Hände sielen, sind nur in der Phantasie der Privatcorrespondenten der Londoner Blätter Wirklichkeit. Wir können also vorläufig die Folgen dieses Erfolge» ruhig abwarten. Nicht ungeschickt scheinen dagegen die Engländer neuerdings aus dem westlichen AriegSschauplatzc zu operiren. Wie gemeldet, zersprengte am 1. Januar Oberst Pilcher ein Boerencommando in Sunnyside in der Nähe von Belmont, südlich von Modderriver-Stalion, eroberte mit ge ringen Verlusten das Lager und nahm 40 Boeren ge fangen. Zst das auch keine große Leistung, so läßt sie doch erkennen, daß Methuen nicht so „regungslos festgekeilt und mit eisernen Klammern eingeschlosscn" ist, wie es bisher den Anschein hatte. Interessant ist auch die folgende Meldung: * Douglas, 2. Januar. (Ncuter's Bureau.) Oberst Pilcher hat Douglas ohne Widerstand und unter lautem Jubel (?) der treugrbliebenrn Einwohner besetzt. Douglas liegt westlich von Belmont, nicht weit von der Mündung des Rietflusses in den Vaal River der südlich von der Stadt in den Oranjestrom fließt. Die Richtigkeit der Meldung vorausgesetzt, wäre die Operationsfähigkeit General Methurn'S so erheblich gewachsen, daß er im Stande ist, sich nach Westen hin Luft und von dort einen Vorstoß nach Kimberley zu machen. Voraussetzung dabei ist freilich, daß er genügend Munition und Proviant hat. Das aber ist nicht anzunehmen, da die Verbindung mit De Aar abgeschnitten ist. Eine wesentliche Verbesserung der Lage Methuen'S wird durch diese Erfolge schwerlich hcrbeigeführt, er zersplittert nur seine Kräfte und setzt einzelne Theile seiner Truppen der Gefahr aus, weggefangen zu werden. Die Anzeichen mehren sich, daß eine große Schlacht am Tugelaflusse bevorsteht. In Cstcourt und am Mooiflusse sind große Verstärkungen angekommen und Sir Charles WarrenS' Division soll beinahe vollständig bei Estcourt beisammen sein. Auch ein neuer gepanzerter Zug kam von Durban daselbst an. Näheres über Buller'S Vorbereitungen und Pläne ver- rathen die Telegramme nicht, dagegen wird ausführlicher über die Vorbereitungen, welche man auf Seite der Boeren trifft, berichtet. Es heißt, daß immer noch weitere Wagen der Boeren sich in der Richtung zum neuen Lager bei Springfield hinbewegen, und man glaubt, die Boeren seien am oberen Tugela in starker Macht beisammen. Sie glauben offenbar, daß Buller ihre rechte Flanke um gehen will, und darum treffen sie jede Vorkehrung, um darauf vorbereitet zu sein. ES heißt auch, die bei Colenso erbeuteten englischen Geschütze seien auf Hügeln aufgestellt, welche den Uebergang über den Tugela bei Springfield beherrschen. Die Meldung, daß diese Ge schütze wegen Mangels an Munition aufgegeben oder in den Tugela gestürzt worden seien, wird jetzt als unrichtig hin gestellt. Es heißt, die Boeren hätten V20 Shrapnels mit denselben erobert. Unser Specialcorrespondent in London meldet uns in Ergänzung seiner telegraphischen Mittheilung noch uuterm 1. Januar: Im War Office erwartet man stündlich die Nachricht von einer zweiten Schlacht am Tugela. Vielleicht wäre eS richtiger, zu sagen, bei Frere oder Chieveley. Ueber daS „Weshalb" gehen die Meinungen weit auseinander; die Einen — wir sprechen immer von den militärischen Kreisen — behaupten, Buller habe jetzt genügend Verstärkungen er halten, um den Uebergang über den Tugela erzwingen zu können, etwas, woran keiner der irgendwie com- petenten Ofsiciere, von denen wir sprechen, im Ernste glauben kann, die Anderen finden eS ganz natürlich, daß Buller seinen „gefährdeten guten Namen und seine militärische Ehre um jeden Preis zu retten entschlossen sei und deshalb noch einmal das Waffenglück berauSfordern werde, ehe ihm der Oberbefehl formell abgenommen werde". Es wirft daS ein eigenthümlicheS Licht auf die Auffassung von der DiSciplin, aber die Thatsache bleibt deshalb nicht weniger bestehen. Auch im Lager Buller'S erwartet man eine neue Ent- scheidungSaclion, wie die Meldung Bennet Burleigh'S auS Frere von gestern beweist, in welcher eS in der dem Correspondenten des „Daily Telegraph" eigenen sanguinischen Art heißt: „Ladysmith und seine kühne Garnison werden nicht mehr viele Tage länger hinter ihren Erdwerken still zu liegen brauchen, die Entsatzcolonnen werden sicherlich deren Hände sr«k machen und sie in den Stand setzen, aus die zurückgehenden Com» mandoS einzuhauen. Heute bat General Buller eine Streitmacht aller Waffengattungen zur Verfügung, welche denen der Boeren vollständig gleichwerthig ist und die mit Ungeduld gegen Iouberl'S Leute und die Freistaatboeren geführt zu werden fordern. Ich nehme an, daß der Feind zwischen Colenso und Ladysmith im Ganzen zwischen 20 000 und 30 000 Mann zählt. Die Boercnstellungen werden, wie ich aanehme, wohlweislich umgangen und der Feind aufgerollt werden. Ich setze mit Bestimmtheit voraus, daß die kommende Schlacht bei Weitem die größte und furchtbarste des Krieges sein wird. Aber- Krieg ist noch unsicherer, als ein Cricketspiel. Ich wette auf einen vollständigen britischen Sieg und bin so gar in derLage, weiter vorher zu sagen,daß, wenn die auSgetheilte Bestrafung und der auf die geworfenen Boeren zur An wendung gekrackte Druck stark und nachhaltig genug ist, wir viele Gefangene machen und eine große Menge Beute und Kanonen in General Buller'S Hände fallen, die Invasion der Republiken beendet und der Ab schluß des Krieges innerhalb weniger Monate herbeigeführt werden sollte." Herr Burleigh ist bekanntlich der hervorragendste eng lische Kriegsberichterstatter und Kritiker. Nach unseren eigenen Informationen täuscht er sich aber auch dies mal wieder auf das Gründlichste. Eiue Schlacht ist allerdings zu erwarten, aber nicht aus diesem oder jenem der oben erwähnten Gründe, sondern deshalb, weil General Buller sich vor die Wahl gestellt siebt, entweder schleunigst auf Pietermaritzburg und Durban zurückzufallen, wozu er sich nicht entschließen zu können scheint, oder aber den Feind anzugreifen, der ihn immer enger einkreist und sein Heer mit demselben Schicksale bedroht, daS bereits General White und Lord Methnen ereilt hat. Während die englischen Corresponden meldeten, die Boeren hätten das Süduser deS Tugela und ibre starken Positionen auf den Innlawe-Bergen geräumt, hat General Joubert seine verschanzten Stellungen bis zu den Hügeln östlich gegenüber Frere und Cbieveley hinter dem Blaauwkrans-Fluß vorgeschoben und westlich von Chieveley und kaum sieben Kilometer von diesem und Frere und den Doornkopbergen ein außerordentlich starkes Lager angelegt, von welchem auS er Buller'S Verbindungslinien beherrscht. Gleichzeitig baden die bis dahin bei Springfield stehenden FreistaalcommandoS sich südlich über DooSkop gegen Frere und EnnerSdale gewandt und drohen dort Buller'S Rückzugs linie abzuschneiden und mit dem von Weenen aus gegen Estcourt vorrückenden Commando auch Buller'S Einschließung zu vollenden. Um diesem Schicksal zu entgehen, dürfte Buller zum Angriff gezwungen sein. Sonst sind noch folgende Meldungen zu registriren: * London, 2. Januar. Das Kriegsamt hat beschlossen, die Dienste von zwölf Miliz.Bataillonen außerhalb des Königreichs anzunehmen. Sieben davon gehen nach dem Cap ab. * London, 2. Januar. Die „Daily Mail" erfährt: Die der Landesvertheidigungs»Commission angehörenden Mitglieder des CabinetS haben eine Creditsordrrung von mehr als 5 Millionen Pfund Sterling zur Beschaffung neuer Geschütze be schlossen. * Perth (Schottland), 2. Januar. Ein Eiseubahnzug, mit 225 für Südafrika bestimmten und nach Southampton unter- wegS befindlichen Hochländern rannte auf dem B ahnhofe Blackford auf einen Prellbock. 12 Mann wurden ver letzt und 2 Wagen zertrümmert. Aus Ladysmith und Kapstadt DaS „Amsterd. Allg. HdlSbl." veröffentlicht nachstehenden Auszug aus einem Briefe, der über einen Ausflug nach dem Boerenlager und Ladysmith handelt und von der Station ElandSlaagte datirt ist: „Wir reisten am 8. November von Pretoria ab und kamen am folgenden Tage hier an. Am 10. besuchten wir daS Schlachtfeld von ElandSlaagte, da» eine Wegstunde von dieser Station liegt. Traurige Reste waren überall zu finden. Tobte Pferde zu Hausen, schlecht begrabene Leichen, Koffer, Briefe, Bücher, viele mit bekannten Namen unserer Holländer aus dem eroberten Lager. Ein unerträglicher Geruch. Uebrrall Kugeln, Bomben, leere Hülsen u. s. w. Es muß dort schrecklich zugegangen sein. Am 11. hinderte Regen und Nebel unS, um nach Ladysmith zu gehen und einen Blick aus die Positionen zu haben. Sonntag, 12. November, besuchte ich die Positionen bei Ladysmith und speciell „Lang Tom", die große französische Kanone, die die Eingeschlossenen beschießt. Bedeckt mit einem Persennig stand er da auf euiem durch englische Bomben frischgepflügten Boden. ES wurde an diesem Tage nicht geschossen, sonst hätte ich mich nicht auf diesen am meisten ge fährdeten Platz wagen dürfen. AlS man uns aber warnte, daß die Engländer wohl einmal grüßen könnten, machten wir uns au» dem Staube. Es war ein Eindruck erweckendes Bild, alle die Boeren- lager um die in einem Bergkessel gelegene Stadt. Von der Kanone auS konnte man die ganze Binnrnfläche mit Ladysmith in einem Blick übersehen. Die große Weite des Kreises erklärt die That- fache, daß vorläufig nur mit der Kanone gearbeitet werden kann, ausgenommen bei Ausfällen, wobei die Engländer stets durch die Feldartillerie und daS Gewehrfeuer wieder zurückgefchlagen werden. Dies erklärt auch, daß es noch lange dauern kann; denn wenn die Engländer nicht aussallen und dir Boeren nicht stürmen, ist die Uebergab« davon abhängig, wie lange die Lebensmittel reichen. Am Montag, den 13.November, besuchten wir Dundee, dir total geplünderte Kohlenstadt mit dem verlassenen englischen Lager, und fuhren dann nach Pretoria zurück. Es war eine hochinteressante Reise, wie sie einem Menschen nur höchst selten im Leben geboten wird. Unser Eindruck über den Muth, die Ausdauer und das feste Vertrauen der Boeren ist durch den Besuch verstärkt worden. Der Gesundheitszustand der Boeren um Ladysmith mar ausgezeichnet, trotz d«S von ihnen vrrrichteteu erstaunliche» Werkes in einer regnerischen Jahreszeit und bei kalten Nächten, wogegen sehr viele nicht einmal genügend geschützt sind." Aus Capstadt erhält der „Arnh. Crt." folgendes Schreiben: „Am letzte» Donnerstag kam das canadische Contingent hier an. Es war schon kalt in Canada gewesen, als diese Soldaten es ver ließen, und nur Derjenige, der weiß, wie angenehm kühl eS auf See ist, wird begreifen könne», waS diese Soldaten empfanden, als sie hier in Eapstadt ans Land kamen. Ich sah sie in der Strandstreet nach der Eisenbahnstation marschiren; sie liefen dort wie alte Männer, den Kopf zur Erde gebeugt, und in der genannten Straße fielen zwölf vor Hitze nieder. So geht es gut, dachte ich. Laß die nur erst nach Kimberley kommen, wo es noch wärmer ist; — und die „Hitze" des Kampfes wird sie auch nicht abkühlen. Es wird hier erzählt, daß viele australische und canadische Soldaten sehr betrübt über die Dinge sind, die sie hier hören. In ihrer Heimath war eS ihnen so vorgeslellt, als ob die Engländer einen VergnügungSbummel nach Pretoria machen würden, und daß die Bolunteers die Gehöfte erhalten würden, die man den Boeren abnehmen würde . . . .! Arme Schelme, was wird aus Euch werden, wenn die gut gezielten Schüsse Euch treffen? Selbst viele verwundete Officiere aus dem englischen Lager bei Weinberg sollen sich sehr ungünstig über den Krieg ausgelassen haben: „Waren sie nun so einen Krieg werth, die sogenannten Uitlantcrs-Bejchwerden, die Beschwerden von Bagabonden und Spekulanten, die in Trans vaal reich geworden sind und noch täglich reicher werden?" u. s. w. Beim Holländereorps. Von einem Mitkämpfer, A. v. B., erhält daS „Amsterd. Allz. HdlSbl." aus Simonstown, 10. November, folgenden anschaulichen Bericht, der neben einige» bereits bekannten eine ganze Reibe neuer Einzelheiten schlldert und im Ganzen ein treffliches Bild der ersten Ereignisse auf dem südafrikanischen Kriegsschauplätze giebt. ES beißt darin: „Am 3. October sind wir mit unserem Holländercorps auS Pretoria abgerückt und nach einer Reise voll Aufenthalt und Hinder- nissen kamen wir am 5. in Zandspruitz an, wo wir unter gewaltigem Regen unser Lager aufschlagen mußten. Nach einigen Tagen fröhlichen und unbesorgten BivouakirenS ritten wiram 12. nach Volksrust, überschritten am folgenden Morgen die natalsche Grenze und befanden uns so aus feindlichem Gebiet. Dicht an der Grenze lag das Dors Charlrstown, das von den Engländern verlassen und von den Kaffer» bereits geplündert war. Nach zwei Tagen Reitens über Berge und durch Schluchten gelangten wir »ach Newcastle, das ebenfalls von den Engländern verlassen war und wo unser Capitän, Herr de Witt Hainer, zuerst einzog. Am Montag ging's weiter und am Dienstag kanien wir an einen Punct, wo der Weg sich nach Ladysmith und nach Dundee abzweigte. Der größte Theil der Boeren zog nach Dundee, weil dieses zuerst angefallrn werden konnte, während unser Commando mit dem der Deutschen und Johannesburger Auftrag erhielt, nach Ladysmith zu gehen. Nach einem Marsch von zwei weiteren Tagen kamen wir Freitag (20. October) nach ElandS laagte an, das etwa 15 Meilen (englisch) von Ladysmith liegt. Hier war Alles geflüchtet und selbst ein Güterzug mit Lebens mitteln, von Ladysmith nach Dundee bestimmt, zurückaelassen, der natürlich zur willkommenen Beute wurde. Wir erhielte» Abends Befehl, das Dors zu verlassen, waS eine gute Maßregel gewesen zu sein scheint, und schlugen unser Lager etwa eine halbe Stunde weiter entfernt auf. Bon jedem Commando wurden Feuerwachen ausgesetzt, die 2500 m vom Lager patrouillirten — was von den Deutschen versäumt wurde. In Lieser Nacht hatte ich Lagerwache. Morgens um 8 Uhr, als wir noch beschäftigt waren, unser Früh- stück bereit zu machen, kam plötzlich vom General die Botschaft, daß die Engländer im Anzuge seien und wir uns bereit zu machen hätten. Sofort wurde Befehl gegeben, die Pferde heranzutreiben, und kaum waren wir beim Lager, als auf uagesähr 50 m Abstand eine Bombe Herringeslogen kam und mit großem Gerassel in den Erdboden schlug. Zu meiner großen Urberraschung entstand keine Panik, was bei Menschen, die noch nie im Feuer gewesen waren, doch nicht zu verwundern gewesen wäre. Jedermann sorgte, so rasch wie möglich sein Pferd rinzufangen und in den Sattel zu steigen, denn die Bomben kamen uns immer näher. In kurzer Zeit waren wir an der anderen Seite des Hügels, wo ein unaussprechliches Gefühl der Sicherheit mich überkam. Unsere zwei Kanonen hatten aber auch nicht gefeiert, und unser vierter Schuß war schon so gut gerichtet, daß eine der zwei englischen Kanonen in Stücke geschoßen wurde, woraus die Engländer sich zurück zogen und zwar so schnell, daß sie schon wieder in dem Zug saßen, mit dem sie gekommen waren, bevor wir sie mit unseren Gewehren erreichen konnten. Nach diesem Ansall hätten wir uns auch zurückziehen müssen, da wir nur 900 Mann stark waren. Aber wir sind geblieben und das ist uns tbeurr zu stehen gekommen. Sobald das Feuern aushörte, haben wir allerdings unser Lager abgebrochen und ein sicheres Plätzchen gesucht; das war aber auch Alles, was gethan worden ist, um unS auf einen sehr nachtheiligen erneuten Anfall vorzubereiten. Diesen Morgen waren gerade drei Transportwagen aus Volksrust für uns angekommrn, die außer Eßwaaren auch Zelte, Briese und Packete mitbrachten, und als wir um 2'/« Uhr Nachmittags die Zelte aufgeschlagen hatten und gerade im Begriff waren, uns an allerlei Leckereien zu delrctiren, da kam wieder solch unheilverkündender Bericht, betreffend die Engländer, und wurde Befehl zum Satteln gegeben. Bum I Bum l Da fingen die Puppen denn auch schon wieder an zu tanzen. Dieses Mal war nicht unser, sondern das Lager der Johannesburger der Angriffs, punct. Wir ritten sofort nach dem Kopjr, wo die Johannesburger und Deutschen Position genommen hatten; die Pferde wurden unten zurückgelassen, und da ich Morgen» bei der Loosung für die Pserdewache Peck gehabt und eine schlecht» Nummer gezogen batte, blieb ich nut 7 Pferden unten. Nicht lange hatten wir dort gestanden, als die Bomben unheimlich dicht um uns hrrumpfiffen. Ich hörte später, daß Ordre gegeben war, die Pferde nicht weg- kommen zu lassen. Eine der Bomben platzte dicht neben uns und ich sah auf einmal vier Pferde zujommensinken, die keine 15 Meter von mir entfernt standen. Nun wurde mir doch rin bischen komisch um Herz, und ich zog mit meinen Pferden um den Hügel herum, was nicht so einfach vor sich ging, denn die Thiere standen lieber still, als längs eines Abhanges voller Klippen zu lausen, und drängten sich so dicht auseinander, daß sie fast keinen Platz hatten, ihre Beine niederzusetzen. Aber viel Bortheil hatte ich von meinem Manöver nicht, denn nach einer Viertelstunde kamen die Bomben wieder in ineine Nähe, und als ich mich in Sicherheit bringen wollte, konnte ich die Pferde keinen Schritt mehr vorwärts bringen. ES blieb deshalb nur ein» für mich übrig, e» mir so bequem wie möglich zu machen. Ich stellte die Pferde deshalb in einen Kreis und legte mich selber hinter einen großen Stein; um meine Nerven etwas zu beruhigen, zündete ich mir eine Cigarette an. AlS ein Trupp Johannesburger vorüber kam, anscheinend um sich in Sicher heit zu bringen, habe ich ihnen zugerusrn, daß die Holländer noch Stand hielten und man sie doch nicht im Stich lassen dürfe. Inzwischen kamen aber die Engländer näher heraugeeilt, und da» E. wehrfeuer war deutlich vernehmbar. Das Concert der Projectile, die über und neben mir dahinflogen, war ein vielseitiges, Ge wehrkugeln pfeifen in sehr hohem Ton, die Maxims etwas tiefer, Kanonenkugeln brummen und Bomben zischen. Ich mußte einmal beinahe lachen über die Capriolen, die rin Zuchtochse machte, als eine Bombe, die über meinen Kopf geflogen war, unter ihm platzte, wodurch er eine Luftreise machte und auf seinen Rücken niederfiel. Wieder kam ein Trupp Johannesburger an mir vorüber, und ob gleich ich ihnen zurief, daß die Holländer und Deutschen noch Stand hielten, waren sie nicht zu halten, behauptend, die Engländer seien ganz in der Nähe. Ich befürchtete nun, daß, wenn Befehl ' zum Rückzug gegeben werden sollte, die Leute, deren Pferde ich hielt, sich vielleicht nicht zurückzufinden vermöchten, und mit vieler Mühe gelang es mir, die Tbiere wieder in Bewegung zu bringen, um mit ihnen dahin zurückzugehen, von wo ich gekommen war. Auf halbem Wege konnte ich sie aber nicht weiter kriegen. Es war un gefähr 6 Uhr. Während ich noch stand, zu ziehen und zu schlagen, siel plötzlich eines nieder und begann wüthend um sich zu fchlagen, dann wieder eins und schließlich begann auch ein drittes zu fchlagen, so daß ich fast getroffen worden wäre. Als ich mich umblickte, fah ich einen Trupp Menschen den Berg herunterstürmen, und mit einem Male hörte ich auch die dagpipes (Dudelsack), waS mir anzeigte, daß die Highlanders oben seien. Als ich bald nur zwei meiner Pferde am Leben hatte, wurde eS Zeit für mich, wegzukommen. Ich sprang auf eins der Pferde, war aber keine zehn Schritte weiter gekommen, als es mit mir fiel. In Begriff, das letzte Pferd zu besteigen, und als ich mich bückte, die Zügel auf- zurasfen, erhielt ich einen Schlag in den Rücken, der mich zu Boden streckte. Als ich wieder zu mir kam, war es mit einer Whisky flasche an meinem Munde, die ein Gordon Highlander mir vor hielt. Ich hatte ein« Kugel in den Rücken erhalten, die erst durch niein Pferd hindurchgegangen und dann quer über das Schulter blatt in meinen Rücken gerathen war, wo sie dicht unter der Haut saß. Die Wunde war nicht schlimm. Der Highlander holte die Kugel mit seinem Messer heraus und zerschnitt fein Sacktuch, uin mich zu verbinden. Dann mußte ich mit zwei Soldaten gehen, die mich unterwegs anhielten und mir Alles abnahmen, was ich bei mir hatte: «inen Geld riemen mit 10 Pfu nd Sterling, meine Uhr und Kette, und leider sahen sie auch meinen Ring, den sie sich als Andenken erbaten, für welche Ehre ich natürlich dankte; ich ersuchte sie, davon abzuftehen, aber eS nützte nichts. Der Eine packte meine Hand, die ich ihm entriß, worauf er sich mit seinem Gewehr vor mich hinstellte, es lud und mir vor die Nase hielt. Aber ich lachte ihn auS, überzeugt, daß er mich doch nicht todtschießen würde. Leider kam noch ein Dritter hinzu und diese drei feigen Kerle haben mir dann meiner Mutter Ring gestohlen. Als sie oben anlangten, riesen sie zwei andere Sol daten, die mich zu einem Officier bringen sollten. Sie glaubten wahrscheinlich, ich würde ihr ekelhaftes Benehmen nicht melden. Der Officier, rin Major, schien ein netter Kerl zu sein. Er sagte mir, Laß er ,,verz? socz?" fei, und daß die Soldaten strenge Ordre hätten, Derartiges nicht zu thun, und „ik I eoulä paiut Idem out to dim" (wenn ich sie ihm beschreiben könnte)..... aber da es halb dunkel war, konnte ich dies natürlich nicht, und weiter habe ich von der Sache nichts mehr gehört. Ich wurde unter Bewachung gestellt mit noch zwei anderen Ge fangenen, nochmals genau durchsucht, wobei meine Cigaretten zum Vorschein kamen. Das machte mich natürlich erbost, und als einer der Bagabonden mir ironisch meine eigenen Cigaretten präsentirte, sagte ich ihm: „I von't aeccpt even in> orvn sexurettes trom an LnKlisiiwan" (Ich bin nicht gewohnt, selbst meine eigenen Cigaretten von einem Engländer anzunehmen), worauf dieselbe Bangemacherei mit dem Gewehr wieder begann. — Auf meine Frage, ob kein Arzt zur Hand sei, wurde verneinend geantwortet, und als ich erzählte, Laß meine Wunde blute und mir Schmerzen bereite, erschien ein Amateur-Arzt auf der Bildfläche, der mich aber ganz gut verband. Zu Vieren wnrden wir weiter transportirt. Ais wir ans einem anderen Kopje angelangt waren, vernahmen wir, dos; wir hier übernachten sollten. Fortwährend wurden mehr Gefangene herangebracht, so daß wir bald unser 20 waren. Diese Nacht werde ich nie vergessen. Ich hatte, dank der Feuerwachen, während dreier Nächte nicht geschlafen, trotzdem konnte ich auch jetzt kein Auge schließen, da es fortwährend regnete. Gut nur, daß mein High lander mit der Whiskyflajche mir meinen Regenrock mitgcgeben hatte — das war mit Recht der barmherzige Samariter. Als es zu dämmern begann, kam der Befehl zum Weiterrücken. Mit der Bahn wurden wir nach Ladysmith gebracht, wo wir ins Gesängniß gesteckt wurden. Die Dinge, die ich auf dem Schlachtfeld« gesehen habe, werden so leicht meinem Gedächtniß nicht wieder entschwinden. Er war einen Mann heivathen, den ich «vstens achte und Mertens liebe, furchtbar lisbe. Aber ein solcher ist bis in mein 28. Jahr noch nicht vor mir erschienen. Kann ich dafür?" „Vielleicht", sagte Wendewalt, der auch aufgestanden Ivar und ihr, die zum Gehen Miene machte, den Ballumhang um die voll entwickelte Büste legt«. „So viel ich aber und erst heute wieder gesehen habe, nähert sich Ihnen ein Werbender nach dem andern." „Jawohl, aber lauter solche, wie Spindler, die ich nicht mag. Und lassen Sie mich nur mit diesem zufrieden, wenn wir gute Freunde bleiben sollen. Der Mensch ist wenig über ein Jahr älter als ich. Was soll ich mit dem grasgrünen Süßholz raspler!" Ihre Abneigung redete sich in Hiße. Und wie sie sah, daß Wendewalt ernsthaften Angesichts düster vor sich hin schwieg, fuhr sie, geneigt, etwas Versöhnliches zu sagen und dennoch unbedacht zu reden, fort: „Ich weiß, daß Sie es gut mit mir meinen. Aber Spindler wäre für mich nicht gut. Und ich für ihn auch nicht. Ich brauche vielleicht gerade wegen meiner künstlerisch erregten Phantasie einen Mann, zu dem ich ausblicken kann, einen ernsten lebenskundigen Mann, der mich mit fester Hand führt. Findet mich kein solcher, so werd' ich, dotiömienve ou uoo, meinen Weg zuversichtlicher allein gehen, als an der Leine eines kindischen Kerlchens, das selbst nicht ein noch aus weiß." Er stand noch ein Weilch«n stumm vor der Zornigen, bis er langsam Lug' in Auge aussprach, was vielleicht seit Jahr und Tag in ihm geschlummert hatte, doch erst in diesen Minuten zum Entschluß gereift war: „Mit solcher Gesinnung müßten Die's daraufhin wagen, einen älteren Mann zu heiratben. Könnten Sie das?" „Warum nicht, wenn ich ihn liebte." „Furchtbar liebte", fügt« er, an ihre vorigen Worte erinnernd, sanft lächelnd hinzu. „Nie ohne dieses", war ihre Antwort. „Nun denn, aber die Liebe kommt doch, besonders die zu den älteren Herren, nicht wie Blitz und Schlag zugleich." „Warum nicht", rief sie, vom bloßen Widerspruchsgeiste ge reizt. „Mir warrn reife Männer immer sympathischer als junge Lassen." Sie hatte bei den trotzig hingeworfenen Worten nicht daran gedacht, daß er sie wie ein Entgegenkommen deuten könnte, und betroffen über ihre ungewollte Koketterie, blaß bis in die Lippen, sah sie nun auf den beredten Mund mit dem mgrtialischen Schnurrbart, der zu ihr sagte: „Nun denn, ich bin vierund- ^.kvzig Jahre att .., Sie unterbrach ihn; in ihrer plötzlichen Verlegenheit war ihr jede Unterbrechung, die sie erhaschen konnte, recht: „Das glaubt Ihnen kein Mensch." „Ich bin nicht älter", versicherte Wendewalt, ordentlich be ängstigt. „Ich meint« auch das Gegentheil", rief sie hastig, und sah sich um, als wollte sic vor jedem weiteren Worte zur Seite fliehen. Er lächelte und wies auf das Eisern« Kreuz im Knopf loch. „Ich war 17 Jahre alt, als ich vom Pennal weg in die Armee trat, um den Feldzug mitzumachen. Daraus können Sie bombenfest darauf schließen, wie alt ich nun, anno 98, sein muß." Sie sagte nichts darauf. Die Angst vor der Antwort, die sie auf Das werde geben müssen, was er nun vovznbrmgen im Be griff war, benahm ihr die Rede. Wahrscheinlich legte er dies Verstummen und das bald Erblassen, bald Erröthen ihres An gesichts ganz anders aus und fuhr zuversichtlicher fort: „Ich bin nicht so reich, wie Assessor Spindler, der eine gewisse Virtuosität als Erb« zu bethätigen das Glück hatte. Ich lebe auf dem Lande, auf meiner Scholle, ein allerdings nur mäßige Noth leidender Agrarier, dem gerade vor dem alten Junggesellen schaurig wird. Das Vertrauen meiner Gaugenossen hat mich in den Reichstag geschickt. Ich darf wohl sagen, ich bin, was man „allgemein geachtet" nennt, und darf hinzufügen, was in der Familie, im Hause und auf dem Gute zu den Meinigen gehört, liebt mich. Nicht gerade „furchtbar", aber angenehm, zutraulich, warm . . ." Er machte eine Pause und sah sie an. Sie ihn nicht. Gluth- übergossen starrte sie zu Baben. Er fuhr fort: „Könnten Sie daran denken, es für den Anfang ebenso zu machen? Könnten Sie sich entschließen....?" Er kam nicht weiter. Sie hatte groß und ehrlich die grauen Augen zu ihm aufg,schlagen, um ihren Mund zog sich ein Lächeln, daS wie um Mitleid flehte, und langsam verneinend schüttelte sie den blonden Kopf. „Hm", hauchte Wendewalt und Mang sich auch zu einem bischen Lächeln, dann reicht« er ihr treuherzig die Hand hin und sprach mit allmählich sich festigender Stimme: „Darum keine Feindschaft! Es wehte mich heiß an in Ihrer Gegenwart. Ich pflege sonst nicht, so unvorsichtig ins Zeug zu gehen . . . Keine Entschuldigung, bitte!" fuhr er fort, als sie Miene machte, ihrer Verlegenheit Worte zu geben. „Mit vierunbvierzig Jahren er liegt man nicht unter dec Last eine» solchen Körbchens, wie ich eS eben nach Verdienst erhalten habe, aber man entzieht dem Wesen, das man bevorzugt, auch darum seine Freundschaft nicht. Also, mein gnädiges Fräulein, Sie haben trotz dem eben Vor gefallenen an mir einen zuverlässigen Freund, wenn, na eben, wenn Sie einen an mir haben wollen. Wer weiß, wie Sie in einem Monat, in einem Jahre über meine Frage denken werden. Aber erinnern Sie sich dann auch, daß ich kein Knabe bin, kein Spindler, Keiner, der sich mit . . . Halbheiten begnügt. Ich mein' es ehrlich, aber ich mein' es ernst und streng . . . Warum ich Ihnen das sage? Jetzt noch sage? Aus alter Anhänglichkeit an ihre Familie und aus redlicher Verehrung für Sie. Gehen Sie nicht an jeder ehrlichen Meinung trotzig abweisend vorüber. Sie sind kein Backsischlein mehr, und — er entfaltete nochmals den Fächer — Ihre Künstlerphantasie macht manchmal kühne Sprünge. Sie sind reif für die Ehe, und Sie sollten sie nicht fliehen." Unwillig und ungeduldig unterbrach sie ihn: „Wenn ich nur wüßte, warum mich alle Welt heirathen will, und mir's dann verübelt, wenn ich nicht will! Es sind doch schönere und jüngere Mädchen genug hier und anderswo, und man läßt sie doch in Ruh«, mehr, als ihnen lieb ist. Sowie ich armes altes Mädel aber in einem Salon mich harmlos unterhalte, alsbald giebt mir Diöser oder Jener unzweideutig, oder zur Abwechselung einmal auch zweideutig, zu verstehen, daß er sich meiner Freiheit und meiner Person je eher desto lieber, so oder so zu bemächtigen wünsche. Das könnte Einem, weiß Gott, alle Geselligkeit ver leiden. Ich bedarf aber hin und wieder der Zerstreuung, wie sie höflicher Verkehr mit anständigen Menschen gewährt. Warum verdirbt man mir dir Freude und quält mich mit Heiraths- anträgen, die mir nicht passen?" Wendowakt, der wieder Herr seiner Stimmung geworden war, sagte: „Ich könnte einfach antworten: Weil Sie schön sind. Das aber wäre banal und nicht einmal ganz wahr gesprochen. Also, weil Sie von einer eigenthümlichen, ich möchte sagen, beun ruhigenden Schönheit sind und dabei fo spöttisch und über- müthig scheinen, wie es die Männer reizt." „Ich übermüthig? Ach, Du mein Gott!" „Nennen Sie es so oder anders. Ich pflege mir über Ge- müthseindrücke durch aufmerksame Beobachtung Rechenschaft zu geben. Der Zabber, der von Ihnen ausgeht, ist nicht so eigentlich mädchenhaft; es ist Fraucnzauber. Ihre Lippen sehen, wenn sie nicht, wie jetzt, ein wenig schmollen, so aus, als wenn nur eben ein Scherzwort und ein Kuß von Ihnen aufgeflogen wären, und als ob nur bald wieder ein Kuß oder ein Späßchen sich auf Ihnen niedcrlaffen möchte. Die ganze Edelreife der Gestalt, die schmieg same, anmuthige und doch gemessene, ich möchte fast sagen, vor sichtige Art, sich zu bewegen, Stimme, Haltung — sie geben den Eindruck, als wären sie wie dazu geschaffen, einen unsagbar glücklich zu machen, und daneben die ganze übrig« Welt zum Narren zu halten. Und da es nun in der männlichen Natur liegt, bei Weitem lieber der Glückliche zu sein, der die Anderen zum Narren hat, als selber zum Narren gehalten zu werden, daher der außergewöhnliche Erfolg, über den Sie sich beklagen.' Sie hatte flammenden Angesichts diese Deutung angehört. Sie sah in diesem Augenblick nicht so liebreizend aus, wie Wende walt sie schilderte, und sie sagte nicht, was sie dachte, wenn sie nach einigem Bedenken die Antwort fand: „Dann scheine ich ja fäst ein gemeingefährliches Wesen zu sein und thäte, je eher, je besser, aus jeder und zunächst aus dieser gereizten Geselligkeit zu verschwinden. Da will ich denn auch so thun . . ." Der wohlwollende Menschenkenner konnte sich nur stumm vor dem ausgesprochenen Wunsche verbeugen. Sie streckte die Hand aus und lächelte schon wieder: „Seien Sie mir nicht böse, aber Si« werden begreifen, daß Sie mir die Harmlosigkeit genommen haben, in der allein ich an Gesell schaft Freude habe. Ich schätze Sie darum nicht minder. Glauben Sie's mir — und sie drückte fest seine Hand —. Ueberdies ist es bald Mitternacht und ich muß heim zum Vater." > > „Empfehlen Sie mich ihm, und . .Gott schütze meines verehrten Freuikdes schöne Tochter vor allerhand Ungemach, das ihr droht. . ." „Und vor Allem vor einer liebes«» Heirakh, Amen!" fiel sie rasch ein, dann im Saale ^..chauend, fuhr sie fort: „Ich möcht«, ohne aufzufall« „ und darum am liebsten, ohne Abschied zu nehmen, mich still wegstehkn. Unsere gute Wirthin entließe mich ja beim ersten Versuche keinesfalls, und überdies drängten sich Einem mindestens ein halb Dutzend Cavaliere auf, die mich an den Wagen bringen möchten, wenn nicht weiter. Wollen Sie mich durchschmuggeln?" Er reichte ihr schweigend den Arm und gab ihr das Geleite. Wie gern hätte er sie festgehalten, wie gern ihr noch einmal und noch eindringlicher gesagt, was er begehrte, hoffte, fürchtete. Wozu? Es trat ihm traurig in» Bewußtsein, daß er so weit ge gangen war, als es sich mit Eigenwerth und Würde vertrug, und daß man Niemand hindern kann, sein Schicksal unter eigenen Hammer zu legen, wenn erS auch noch so eigensinnig und unpraktisch anfängt. Also dahin . . . und wahrscheinlich für immer dahin! SAide . . . vielleicht auch nicht! . . . Jeden falls werde deiner Stimmung wieder Herr! <Fortsetzung folgt.)
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