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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.01.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000116023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900011602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900011602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Paginierfehler auf letzter Seite: S. 244 statt 424
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-01
- Tag1900-01-16
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Abend-Ausgabe 'cip.rigcr Tageblatt Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Dienstag den 16. Januar 1900. die peinlichste Rücksicht solid bi 'Uli 10. ir^ld. I »3,SV L0v,2; »«dir Feuilletsn 12i M». Di« Morgeu-Au-gabe erscheint um '/-? Uhr, die Abend-Au-gabe Wochentags um 5 Uhr. lelnr 113,50 ?«cir 74.LV :r^I5. 177'- >lo»t LS,20 loioll 7v,7h Linksliberalen und ausrichtiges Bedauern Icr» .Lrr <rd»«I a u> 20b,90 »8S.80 119,80 4er. «la« ti». »e Io» rv.rll l» c« «r»»e »l». »d» fd»»>v »«od. >.oov. ö-lild Ute» »leL Lil Uctilicd Vvl 1»ooäoo vor S>«dler Uva OolckLIIU«» »78,79 138- »00 so 1 61» »4»,sc» vv.o I9l» IIS.IS »Si,S0 SS so i.krw, ?,nai. W.-8. lto. Ohren herauf; Gesicht-und Hände, wie die ganze Gestalt, sehr ab- gemagert; die graue Armeleutfarbe auf der Haut; aber ein Paar sprechende, schöne, hellgraue Augen, darüber grau bewimperte Lider zitterig auf und nieder klappten. Die ganze Erscheinung ein wunderliches Gemisch von körperlicher Angst und seelischer Entschlossenheit. „Ist das jetzt Ihre Gesellschaft?" schrie Pichler Winkler an, indem er seinen breitrandigen Ealabrefer und seine drei Eigarrcnkistchcn zusammenpacktc. „Ich sehe diesen Herrn in diesem Augenblicke zum ersten Mal", versetzte der Angeredetc. „Nun, dann hüten Sie sich vor ihm und vor Seinesgleichen, er ist ein Schuft, ein Schmierlappen, ein Streikbrecher!" „Vor alledem ist er in diesem Augenblick mein Gast", sagte Winkler und trat zwischen den Schreienden, der bereits die Faust erhoben hatte, und den Bedrohten, der nach wie vor fieberhaft Wimpern, Kinn und Hände zittern ließ, ohne den Anderen eines Wortes oder auch nur eines Blickes zu würdigen, und den Ein druck machte, als fürchtete er, auch nur ein Tröpfchen der auf gestauten Willenskraft zu vergeuden, wenn nicht jede Silbe, jeder Hauch seines Wesens nur dem einen Zweck zu Gebote stünde, der ihn hierher führte. Diese stumm ablehnende Fassung schien dem Agitator doch die Lust zu benehmen, noch länger hier zu bleiben. Er wandte den Rücken und sprach, den Hut auf dem Kopf, die Hand auf der Klinke, über die Achsel zurück zu Winkler: „Beschlafen Sie sich die Sache und hüten Sie sich vor solchem Gesindel. Ich lasse Sie getrost in dieser Gesellschaft. Ein Mann, wie Sie, ein zielbewußtcr Genosse, ein Märtyrer der socialdemokratischen Presse, kann nicht mit so einem Halunken gemeinsame Sache machen." Er meinte, mit der letzten Schmeichelei sich dcS jüngeren Mannes genügend versichert zu haben, und machte mit einem stolzen: „Auf morgen also!" die Thür hinter sich zu. „Lite, setzen Tie sich", sprach Immanuel zu dem Alten, dee schon durch sein bloßes Dastrhen Mitleid erregte. Der Angerrdete wackelte mir ein bischen mehr mit dem Kopf, nm abzulehnen, stützte sich mit der rechten Hand auf den Tisch und schloß die Lippen in einem geraden Strich, als wollte er durchaus keinen Lant entlassen. „Was wünschen Tie?" „Rache, Gerechtigkeit, Arbeit, Brod", schrie's jetzt mit explo- dirender Macht aus dem gebrechlichen Körperchen, aus den welken Lippen heraus, daß die gellende Stimme an den vier Wänden widerhallte und Immanuel betroffen aufsah. Anzeigert'Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklame» unter dem RedactionSstrich (4 ge spalten) 50^j, vor den Familirnnachrichtea (6 gespalten) 40 ,H. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. vrtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ./L 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Auuahmeschluß für Anzeige»: Ab end-Ausgabe: BormittagS 10 Uhr. Morgen- Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je ei»» halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet» an die -xtzedUtaa zu richten. Redaktion und Expedition: IohanttiSgasse 8. Li«Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Parteirathes, er ließ« die vergnügten Schuster zufrieden, wie sie sind, und kümmerte sich nicht um die armen Teufel von „Miß liebigen", die gleichfalls mit Pech und Ahle ihr und der Ihrigen täglich Brod verdienen ?" „Nimmermehr!" schrie der Tabakhändlcr und klappte laut schallend ein: Schachtel auf die andere. „Unbotmäßige Arbeiter, die sich keinem socialdemokratischen Verband angcschloffen haben und sich vor den Steuern, die wir zum Schutz des Allgemeinen auflegcn müssen, knauserig drücken, wohl aber von der Auf besserung aller Lohnverhältnisse, die wir mühsam mit Hungern und Frieren uns zahllosen Lohnkämpfen erstickten haben, ge mächlich die Sahne abschöpfen, ohne ihrerseits sich nur einen Groschen für die Organisation und die Streikkassen abzuringen, die dürfen nirgend geduldet werden, nirgend, mag der Einzelne noch so schwer davon getroffen werden. Er gehorche, nur dann ist's gut. Ohne Gehorsam, ohne so festgeschlossenen, allgemeinen Gehorsam, daß die ganze Arbeiterschaft — um ein Wort Lassalle's zu brauchen — zusammengefaßt, wie der Stiel einer Axt, in eines und desselben Mannes Faust liegt, wenn er sie brauchen will, sind wir nichts und alle die zahllosen bisherigen Opfer umsonst gebracht. Hier zielt es eine Kraftprobe zwischen Arbeitern und Arbeitgebern, gleichviel, ob sich's dabei um die leichtbcgreifliche Frage nach Lohnerhöhung oder um die ideale Forderung handelt, daß Keiner, der nicht die allgemeine Wohlfahrt zur eigenen Sache gemacht hat und sich riickhaltslos zu uns bekennt, neben ziel bewussten Genossen bei der Arbeit geduldet werden darf. Ueberall muß den Blutsaugern bewiesen werden, dass die Arbeiter dir Stärkeren sind, und dass Jene darum von den Arbeitern ab hängen, nicht mebr umgekehrt, wie bisher, die Lohnsclaven von den Capitalisten." Pichler war während dieser Worte aufgestanden und hatte sich in die Brust geworfen, wie wenn er auf der Bühne stände. Winkler fragte lächelnd: „Warum gehen Sie mit diesem motorischen Feuer nicht selbst hinaus als Redner und predigen den Schuhmachern das Evangelium des Socialismus?" „Weil ich etwas Besseres zu rhun habe", platzte Pichler heraus, ,Pardon, Genosse, ich meine, es Jeder das thun, was er besser kann, als Andere, verstehe mich auf Organisation des Greises selbst Erfahrung besser als mancher Andere; im Reden ich, wenn ich auch meistens klar zu, sagen ipejss, ich will und meine, ein Stümper. Das verstshrn Filialen: Alfred Hahn vorm. v. Klemm'» Tortim. UniversitätSstraße 3 (Paulinum), LouiS Lösche, Latharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. Die ganze Hand. Roman von Hans Hopsen. Nachdruck verboten. .Ich habe, sogar ausführlich. Aber w«nn schon — der ver ehrte Abgeordnete hat sich hinreißen lassen. Zugegeben. Allein trugen Sie nicht ebenso viel Schuld, wie er, wenn nicht noch mehr? Sie durften ihm nicht seine Villa und sein bischen Wohl stand als kapitalistische Jnconsequenz unter die Nase reiben. Dass ihn das gekitzelt hat, versteht sich von alleine, und ebenso, daß er dafür mit Ihnen kurzen Proceß machte. Hätte er sie fortfahren lassen, es hätte nicht nur sein Ansehen, sondern das der ganzen Partei auf dem Spiele gestanden . . . Nu, also!... Daß der Parteirath Ihnen die temperamentvolle Unvorsichtigkeit nicht nachträgt, Beweis: dass ich in seinem Auftrage hier bin. Man will Ihnen zu verdienen geben, man will Ihnen Gelegen heit geben, sich auszuzeichnen . . ." „AuSzeichnen? Im Röllchen eines kleinen Aufwieglers?" „Es giebt keine kleinen Aufgaben, wo sich's um Wohl und Wehe d«s ganzen Arbeiterstandcs handelt." „Des ganzen Standes? Bumbum! Ich dächte, es handelte sich diesmal nur um die Schuhmacher in Weißenfels . . . Aber ist mir recht, so meine ich gehört zu haben, daß die Schuhmacher im Thüringischen mit ihren Arbeitslöhnen keineswegs unzu frieden sind?" „Sind sie auch nicht!" rief der Llgitator, „und darum sollen Sie eben mitiPfeifenklang undTrommclschlag ins Gefecht geführt werden, um den Kerlen klar zu machen, daß sie nichtsdestoweniger die Verpflichtung gegen das Allgemeine haben, die Arbeit nieder zulegen." „Um noch höhere Lohnsätze zu erzwingen?" rief Winkler und lachte dazu; „und wenn man dann den Agitator zu fassen kriegt, darf ich wieder zur höheren Ehre der Partei ins Gefängniß gehen?" „Nicht doch, nicht doch! Es ist diesmal nach erprobtem Para graph 123 der Gewerbeordnung ganz ungefährlich; es soll nicht um höhere Löhne, sondern lediglich, um Entlassung missliebiger Arbeiter zu erzwingen, gestreikt werden. Sie hätten also dabei durchaus kein Gefängniß zu befürchten. Sie wären dem Gesetz gegenüber vollständig gedeckt." „Zu gütig! Aber wär's nicht noch gütiger von Seiten des um sich sofort zu corrigiren: soll ' Ich auS bin was wieder Sie besser, weit besser als ich, und darum kam ich zu Ihnen. Sagen Sie zu, dann ist unser Erpcditionscorps com- plet. Abgemacht?" »8479 198.7» M? t»8. 0 »88 40 jsuyc» 1S7,b^ *vkt kk tit St-snirkt t> Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. Januar. Die phslegmatische Ruhe, mit der die englischen Behörden trotz der immer dringlicher werdenden Mahnungen ihrer eigenen Presse, trotz der wachsenden Mißstimmung in Deutsch land und trotz der Beschwerden der deutschen Regierung die Entscheidung über daS Schicksal des beschlagnahmten deutschen Postdampfers „BundrSrath" verzögern, beginnt selbst in der „Köln. Ztg." die Milch der frommen Denkungs art anzusäuern. Das Blatt richtet heute in einem angeblich auS Berlin stammenden Artikel, der durch Sperrdruck besonders ausgezeichnet ist, die folgende bewegliche Borstellung an die englischen Staatsmänner: „Seit dem 28. Teceinber ist der Postdanipser „Bundesrath" von den englischen Marinebehordcn mit Beschlag belegt und einer gründlichen Durchsuchung unterworfen worden, aber immer noch nicht kann in zuverlässiger Weise sestgesiellt werden, daß an Bord Eontrebande sich befindet und welche Waaren englischerseitS dazu gezählt werden. Wir beklagen diese endlose Verzögerung auf richtig; denn sie trägt einen wesentlichen Theil der Schuld, daß die Verstimmung gegen England in Deutschland immer mehr vertieft und verbittert wird. Wir unserseits haben im vollen Bewußtsein unserer große» Verantwortung ver sucht, gegenüber diesem englischen Vorgehen kalte- Blut zu be- wahren; wir sind uns jederzeit bewußt geblieben, wie billig, aber auch wie gefährlich eS in diesen Zeiten ist, Lcl in- Feuer zu gießen und die vorhandene große Aufregung zu steigern. Um jo mehr aber glauben wir einen Anspruch darauf erworben zu haben, in England gehört zu werden, wenn wir mahnen, endlich einmal mit der bi- jetzt beliebten Ver schleppung ein Ende zn machen. Nach einer fast dreiwöchigen Untersuchung ist doch kein Zweifel über den Inhalt de» Postdampfers mehr möglich. Von Tag zu Tag wird die deutsche öffentliche Meinung mit der Zusicherung vertröstet, die maßgebende Erklärung solle in den allernächsten Tagen erfolgen. Statt dessen bleibt sie immer länger auS und ein irgendwie begreiflicher Auf klärungsgrund wird nicht geboten. Die Freigabe derDampfcr „Herzog" und „General" hat in erfreulichster Weise dieZuverlässigkeit der deutschen Rhederei aufs Neue bewiesen. Die deutsche Ostasrikalinie hat gleich nach Au-bruch des Krieges Alles aufgeboten, um zu verhindern, daß auf ihren Schiffen Kriegscontrebande zur Verfrachtung kam. Sie ist im vollsten Maße den Pflichten der Neutralität gerecht geworden. Der englische Verdacht, daß die Dampfer dieser Linie gleichwohl Kriegscontrebande in Louren^o Marques auszuschiffen beabsichtigen, hat sich, was die Dampfer „General" und „Herzog" betrifft, sofort als unbegründet erwiesen; er wird, nach den Ver sicherungen der Nhederei, sich auch für den „Bundcsrath" als un haltbar Herausstellen. Nachdem so die englische Regierung an drei ausfälligen Beispielen erfahren hat, wie sehr die englischen Marine behörden mit ihren Verdächtigungen im Unrecht gewesen sind und wie sehr dieselben durch falsche Berichte bedenklicher Spione und ^Aents xrovocateurs auf den Holzweg geführt worden sind, dürsten Loyalität und politische Klugheit es um so mehr erheischen, Laß aufs Schleunigste das bedauerliche Vorgehen der englischen Eapitäne wieder gut gemacht wird und daß Sicherheiten gegen die Wiederholung solcher aufreizenden Beschlagnahmen deutscher Postschiffe geboten werden. Legt die englische Regie- Mühe Werth, seine Berliner Offenbarungen zu erwähnen, wenn der Mann nicht die Kühnheit gehabt hätte, von „Liberalen, die Schiffe apportiren", zu reden. Du rst eine unerhörte Beschimpfung von Männern, die in der Flottenfrage nach ihrer Ueberzeugung bandeln, und sie recht- sertigt auch daS Verhalten der Leipziger Polizei als einen Act der Voraussicht. Denn wenn Herr Ouidde hier dielen Ausdruck gebraucht hätte, so würde vielleicht die sprichwörtliche sächsische Gemüthlichkeit Liese Feuerprobe nicht bestanden haben. Ein bemerkcnswerthes Ereigniß steht in Holland bevor. Es wird nämlich — so meldet die „Deutsche Wochenzcitung in den Niederlanden" — eine Verschmelzung des anar- ch i st i s ch e n „ S o c i a l i st e n b u n d e s " m i t d e r s o c i a l- demokratischen „Arbeiterpartei" geplant, welche sich bekanntlich jahrelang auf das Erbittertste bekämpft hatten. Die politische Bedeutung dieser überraschenden Mittheilung liegt darin, daß der „Socialistenbund" auf die Fortsetzung seiner anar chistischen Praxis verzichtet, die sich freilich im Wesentlichen in der Verwerfung jeder parlamentarischen Thätigkeit erschöpfte. Denn cs wird ausdrücklich mitgetheilt, das die bisherigen Mitglieder des „Socialistenbundes" sich von ihrem Führer Domela Nieuwen- huis trennen, weil sie zu der Einsicht gelangt sind, daß dessen anarchistische Liebhabereien die Interessen der Arbeiter nicht fördern, und nur von einer Betheiligung der Arbeitervertreter an den Berathungen der politischen und städtischen Vertretungs körper eine Verbesserung der Lage der arbeitenden Classen zu erwarten sei. Kommt die geplante Bereinigung der beiden bis her feindlichen Gruppen zu Stande, so ist die Rolle des Herrn Domela Nieuwenhuis ausgespielt. Dem socialen Frieden des Landes kann dieser unfreiwillige Rücktritt von der politischen Bühne nur zu Statten kommen, denn in diesem Puncte hat Nieuwenhuis und in noch höherem Maße sein Gehilfe Cornelissen einen gercchszu verhängnißvollen Einfluß geübt. Im parlamen tarischen Leben der Niederlande würden jedoch die vereinigten Arbeiterparteien in Zukunft ein Factor sein, mit dem die bürger lichen Parteien in höherem Maße zu rechnen hätten, als mit der bisherigen Vertretung der Socialdemokraten unter der Führung des noch jugendlichen Advokaten I)r. Troelstra. Kos — 1136- ies msts isr. a». LS^ «U' V4-, 120 Mc. ».neck lsour. kt.» 1,-4 tersd sltsr -3tck> N UW «unk kkdr. Öüdt. V.-4. -rwk. 'I-ub. kcurn nIr-4. nen x?Ikd. irisö UK»Ii V.-4 u-»-l I Der Krieg in Südafrika. —c>. In London und überall, wo man sich für den in seiner Art ein Novum in der Weltgeschichte bildenden Krieg am Cap interessirt, und wo thäte man dies nicht, begegnet man in diesen Tagen der bald hastig-erregten, bald ironisch gedehnten Frage: Was macht Buller? Antwort: Achselzucken. Man weiß nicht-, da der dravo Zönersl seit Donnerstag, 1l. Januar, wo er den Schein vorstoß nach Potgietersvrift am großen Tngela, westöstlich von Frere gemacht, kein Sterbenswörtchen bat von sich bören lassen. Dock, daß wir ihm nickt unrecht thun. Eben schreiben wir diese Zeilen, ta trifft uns folgende überraschende Meldung: " London, 15. Januar. DaS Kriegsamt veröffentlicht heute Abend zwei Telegramme des Generals Buller, von denen das eine von gestern aus Natal ohne Angabe eines bestimmten Ortes datirt ist und nur die bereit- seit einem Monat bekannte Thatjache meldet, daß zwei Officiere in die Gefangenschaft gerathcn und nach Pretoria geschafft worden sind. Das andere ist ein Heliogramm des Ivo,so 93,— ->8.40 >3, - 84.»« 87.00 I6,2S Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. rung Gewicht darauf, die bisherigen Beziehungen zu Deutschland nicht vollends zu untergraben, so wird sie gut thun, der deutschen Bolksstimmung eine größere Beachtung zu schenken, als ie d es bisher für gut befunden hat." Stammt der Artikel wirklich, wie die Adressaten glauben sollen, aus Berlin und zwar auS maßgebenden Kreisen, so wird er seinen Zweck sckwerlich erreichen; kenn in diesem Falle wird man sich in London sagen» eine Regierung, die auf keine andere und nachdrücklichere Weise vorstellig werden kann, brauche man nicht zu fürchten. Ist aber der Artikel in der Ncdaction der „Köln. Ztg." entstanden, so verräth er einerseits eine starke Ueberhebung der Verfasser und ein noch stärkeres Mißtrauen in die Energie des deutschen Auswärtigen Amte-, dessen Noten die Verfasser mit ihren Vorstellungen überbieten zu können meinen. Jedenfalls liefert der Artikel den Beweis, daß die „endlose Verzögerung" wirklich noch kein Ende gefunden hat und der Reichskanzler, wenn er heute im Reichstage interpellirt würde, die Antwort, die er ertheilen möchte, immer noch nicht würde geben können. Er wird sich also wohl auch selbst sagen, daß die Ungeduld der NeichSbotcn, soweit sie in dem Vorgehen Englands nicht eine gerechte Strafe für die vorwitzige deutsche „Weltpolitik" erblicken, noch mehr wächst, als die der „Köln. Ztg.", und wenn endlich die Sprache, die bei der Begründung und Besprechung der Jnterpellaiion geführt wird, auf die „freundschaftlichen Be ziehungen" zu dem Jnselre:che nicht nimmt. Den Führern der Leipziger Demokraten sprechen wir unser darüber aus, daß Herrn Professor vr. Luiddca Beredtsam- kcit hier nicht zur vollen Entfaltung gelangen tonnte. Die Herren finden jedenfalls Gefallen an sich, und in dem Münchner Redner hätten sie sich wie in einem Spiegel betrachten können. In Berlin kam er am Sonn tage unbehelligt zn Wort, und waS der Mann vorbrachte, ist ganz und gar die boshafte Philistcrhaftigkeit oder philisterhafte Bosheit, die erst fremde Beobachter, namentlich englische und schweizerische, und endlich wir Deutschen selbst als den Grundzug unseres linken Freisinns und unserer so genannten Demokratie erkannt haben. Auck um anderer Leute willen ist eö bedauerlich, daß Herr vr. Quivte sich hier nicht in voller Herrlichkeit producircn konnte; sein Auftreten wäre, wie die Berliner Vorstellung zeigt, naturgesckichttich interessant gewesen. Zwar die von Herrn Quivde geäußerte Vermuthnng, daß die Be schlagnahme deutscher Schiffe durch die Engländer von Berlin auS bestellte Arbeit sei, ist geistige- Eigenthum der Socialdemokraten. Hierin verübt die bürgerliche Demo kratie ein Plagiat am „Vorwärts". Aber mit dem Hinweis auf die Schweiz, die auch keine Flotte habe, legitimirte sich HerrQuidde wie als selbstständigen Denker, so als unerschrockenen Wahrheitsfreund. Wohl gemerkt, wir citiren nach der erzradicalen „Welt am Montag", die dem Gleichgesinnten nichts andichtet, und Herr Quidde hat die Entbehrlichkeit einer Flotte im Ernst an dem Beispiele der Schweiz zu demonstriren ver sucht. Man brauche, so sagte er, thatsächlich keine neuen Kriegsschiffe, die Schweiz besitze doch auch keine Flotte und komme doch ganz gut zurecht. Man könnte ebenso gut in diesen kalten Tagen mit der unanfechtbar richtigen Behauptuug, daß die Bewohner der Aequatorialgegenden keine künstlichen Wärme erzeuger haben, die Nothwendigkeit von Oefcn in deutschen Häusern wegargumentircn. Aber Herr Quidde und seine Freunde stkhen zu hoch, um Grünte anzuerkenueu. Es wäre nicht der Er hielt Winklern di: breite Hand entgegen. Dieser aber zögerte noch, einzuschlagen. Die Gedanken balgten sich in seinem Innern. War da nicht die Gelegenheit, die er ersehnt und er fleht hatte, die Gelegenheit, sich nützlich zu beweisen, sich als ziel bewußter Genosse auszuzeichnen? Oder war's nur die List des Teufels, die den kleinen Finger nicht zurückgeben und die ganze Hand behalten wollte und den ganzen Menschen dazu auf Nimmcrwiederfrcilassen? Langsam sprach er: „Ich gestehe Ihnen offen, Genosse, daß ich mich im Augen blick nicht so flink zur Höhe Ihres — nun ja, sagen wir Ihres Idealismus aufzuschwingen vermag. Der zwingende Grund, unter zufriedenen Arbeitern Haß, Noth und Elend zu entfesseln, einem immerhin fraglichen Princip zu Gefallen, leuchtet mir noch nicht ein. Ich bin heute überarbeitet, mein Kopf ist ein genommen und mein ganzer Adam so sehr mit anderen Gedanken befaßt, daß ich Ihnen nicht r:cht folgen kann. Lassen Sie mich die Sache beschlafen." „Ach, Sie schmollen noch immer wegen des simplen Hinaus wurfs? . . . Nehmen Sie mir's nicht übel, das scheint mir kindisch, vieux je.u, bourgeoismäßig. Jeder ist sich doch selbst der Nächste. Wenn Sie einmal obenaufkommen, werden Sie'S den Neulingen erst recht nicht bequem Herrichten . . ." Es drängten sich Winklern heftige Worte auf die Zunge, doch ward er der Antwort überhöhen durch neues Klopfen, das sich allerdings bescheidener anhörte, als das des derbdreisten Hetzapostels vorhin. Schüchtern, fast mädchenhaft ward angepocht. Sollte es diesmal Nanda sein? Immanuel brachte das Mädchen heute nicht auS dem Kopf, und in der Besorgniß, die Arglose möchte auf diesen Rüpel stoßen, sprang er an ihm vorbei und öffnete vorsichtig. „Ei, ei, Genosse", sagte der Cigarrenhändler, „man sollte bei Ihrer Angst und Sorgfalt glauben, Sie pflegten verdächtigen Umgang." Sein Gelächter ging aber bald in zornigen Ernst über, als er sah, wer bei Winkler eintreten wollte. Nanda war's wieder nicht, und ein erfreulicher Anblick war'S überhaupt nicht. Ein Bild d«S Elends, stand ein alter, kleiner, blasser Mann, an dem nichts von Wäsche zu entdecken war, zitternd auf der Schwelle. Er hakle »inen Pgcken, in ein schmu tziges, ehemals grünes, Tuch, wle's die Buchbinder zum Abholen ihrer Waare verwenden, gewickelt, unter'm Arm und etwas, das einmal ein Hut gewesen sein mochte, in der Hand. Spärliche graue Haare gingen wirr über den halb kahlen Schädel hinter den ivs.cc, rrlel^ 257. ! 226,88 388,SV 26«,Sv 208,- 2 6.- 2I0SV 2S7, c> 160 0 138,so 27,- 143- »9,48 98,20 BezugS'PreiS tu der Hauptexpedition oder den im Stadt» tezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- b.50. Durch die Post bezogen sür Deutschland und Oesterreich: viertehährlich >4 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung in- Ausland: monatlich ./t 7.50. General- White au- Ladysmith vo» vorgestern, in dem es heißt, daß am Tage vorher einige TyphuSfälle i» Lady smith vorgekommen seien. Also da- erste Lebenszeichen! Wie deuten wir die Hiero glyphe? Daß in Ladysmith der TypbuS in bedrohlichem Maße herrscht, ist nichts Neue-, indeß man ist doch für die amtliche Bestätigung dankbar. Daß aber Buller vom 11. bi- 14. Januar nichts weiter zu rapportiren hat, als waS man in London noch länger, waS man schon seit vier Wochen weiß, das ist sonderbar, höchst sonderbar. Wir können weder Zeichen noch Wunder deute», aber nach dieser Meldung ist eS schwer glaublich, Laß General Warren am Freitag den Tugela- übergang erzwungen, den Boeren eine Niederlage beigebracht und eine starke Stellung am nördlichen Ufer deS Flusse- ein genommen hat. Entweder ist 'der genial ersonnene, fein au<- gedachte und lange vorbereitete UmgehuogS-Vorstoß gegen den Tugela noch gar nicht erfolgt oder er ist noch im Gange, oder aber cr ist mißglückt, und das soll verschwiegen werden. Aber wo bleibt die öffentliche Meinung in London, die sich eine solche Behandlung durch daS rvar otüco gefallen läßt; ist dieser in dem „freien" England fast allmächtige Potentat denn entthront? Unser dortiger Correspondcnt schreibt un- noch unterm 14. Januar: Dom Tugela kommen seit 24 Stunden die wildesten Gerüchte herüber und versetzen London in eine schwer zu beschreibende Aufregung, ohne daß irgend Jemand außer dem Kriegsamte und der allmächtigen Censur un- zu sagen vermöchte, waS an denselben ist. Schon am Sonn abend Nachmittag erschien im „Army and Navy Club" ein hochstehender Officier der ScotS GuardS, bleich und verstört, mit der Meldung, eS sei soeben eine vertrauliche Depesche beim CorpScommandanten eingelaufen, welche die fast voll ständige Vernichtung der am Tugela stehenden Scots GuardS meldete. Buller habe am Donnerstag auf den Freitag, und dann am Freitag selbst mit seinen gesammten Truppen die feindliche Stellung zu umgehen versucht, sich aber dabei festgerannt, sei von den Boereu um gangen und unter dreifachem Kreuzfeuer furchtbar geschlagen. Nur die Trümmer seines HeereS hätten sich im Dunkel der folgenden Nacht gerettet. Gleich daraus gingen ähnliche Meldungen im „StepbenS" (bochconservativ) und im ,Prim- > rose Club" ein, aber in keinem Falle war die Quelle dieser Meldungen in greifbarer Weise festzustellen. Unser militä rischer Berichterstatter, welcher die erste Meldung im „Army and Navy Club" anhörte, eilte sofort zum „Nar Office",11vo man von nichts etwas zu wissen behauptete und eine gleich darauf durch besondere Vermittelung beim Comman- danten der ScotS GuardS gemachte Erkundigung blieb ebenso erßebnißloS. Ein ähnliches Telegramm wie das oben er wähnte sollte von keinem Officier, geschweige denn vom Commando der ScotS GuardS, empfangen sein. Trotz dieser Dementis herrschte im Kriegsamte fieber hafte Erregung. Ein Kommen und Gehen und eine Benutzung deS Telegraphen und des Telephons, unter gleich zeitiger Entsendung von Staffettenreitern, — daß die That- sache gar nicht wegzuleugnen war, „etwas ganz Be- ondercs" müsse sich ereignet haben. Auch in den ihrigen Centren, wo Nachrichten sonst rasch zusammen laufen, herrschte dieselbe Nervosität, ohne daß irgend Jemand an zugeben vermochte, wo die Ursacke von alledem zu suchen sei. Auch die heutigen Sonntagsblätter wissen absolut nicht über die vorstehend erwähnten Gerüchte mitzutheilen. Sie constatiren übereinstimmend, daß Positive- nicht vorliegt. Wunderbar bleibt nur, daß das Kriegsamt nicht etwa die >»ke» trov. — »< 8»rIIo una ruckt «34,2V. Lavier i3<sa 1I5.K0 «ä. k 308,— - ISS,— 27V LS ir»o ok >Seti«L 3bLd > I 22,LV ot j — 7L^ oat j — S1 -wo I SSv, ciivdt. 42L 3^4 4ic> s«s 8t«ue. LiielSej 73 S/lS. >ättb. 114.40 alt 148,75, s,SSV l»4,7b isH— 193.00 131.79 177 29 133.— «8 »0 1S3.^- S2.2S 117!->v 207,74 SIS.— 163.79 SIS 75> 184,-- ZW !4^— 328.10 011,29 888,90 179,SV Wo 194.— 188.10 OV.LO LOS,- 1S1.SV 283,60 sr,so 83,7V »IS,50 Ui-Ikvpp — >»aMt 194.—, r,»r. » 297.88 d«a 1<-2,8v tiitev. 96.80 j<-ntr 8ü.«O Utl.1.^ 94,10 1.7a 8 lös,SS u. iu ! u. L
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