Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.01.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000118010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900011801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900011801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-01
- Tag1900-01-18
- Monat1900-01
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Etwa 260 bit 230 Meter jenseits bei DrahizauneS erging der Beicht für die Entwickelung zum Angriff. In demselben Augenblick ertönte der Knall eines Gewehr schusses, unv unmittelbar darauf schlug von vorne und rechts ein Geschoß Hagel in die Bri gade, der die Leute compagnie weise nieder- mäht«. Diejenigen, welche dieses mörderische Feuer überlebt «haben, glaubten anfangs, daß in dem Moment, wo der Befehl zur Entwickelung gegeben wurde, die Spitze der Colonne kaum 200 Meter von den Schützengräben entfernt gewesen wäre, aber die Besichtigung des Geläidves am nächsten Morgen durch die zur Pflege der Verwundeten abgehenden Aerzte zeigte, daß sie sich in einem Jrrthum befanden, der wohl verständlich ist, wenn man be- benkt, wie unheimlich nahe in der Stille der Nacht der Knall eines auf 300 bis 400 Meter Entfernung abgefeuerten Schusses klingt. Es bleibt aber die ungeheuerliche Thatsache bestehen, daß di« Truppe sich in geschlossener Colonne wenige Meter vor den Schützengräben befand, ohne die geringste Ahnung zu haben, wo sie eigentlich war. Dies ging so weit, daß mir am Abend desselben Tages ein Officier des Brigadestabes sagte, weder er, noch so viel er wüßte, irgend ein anderer Officier der Brigade 'hätten eine klare Vorstellung über die feindliche Stellung ge habt, older auch nur gewußt, daß sich vor ihnen Schützengräben befänden. Maßregeln der Boeren. Ganz anders die Boeren. Zweifellos wurde unser nächtlicher Vormarsch von einem ihrer Kundschafter be gleitet, der wenige Schritt« vor der Colonne einherschlich oder sich in gleicher Höhe mit ihrer Töte hielt und durch ein verabredetes Signal im geeigneten Moment die genaue Stellung derselben bezeichnete. Jedenfalls geriethen unsere Leute, 350 Meter, oder weniger von den Boeren entfernt, und nach Ausspruch eines Sergeanten, „wie Sardinen zusammengepackt", in ein Ge wehrfeuer, wie es, von den Argyll- und Sutherland-Hoch ländern abgesehen. Niemand von ihnen je erlebt hatte. Irgend Jemand schrie: „Zurück!", und der Tag war verloren. Die Hochländer flohen in Auf lösung. Es giebt leinen anderen Ausdruck dafür. 'Die Flucht war so eilig, daß ein schottischer Arzt, den sein Kampfeseifer in die Reihen geführt hatte, von seinen Landsleuten niedcrgestoßcn und getreten wurde. JnwenigenMinuten war die Brigade decimirt und der Ausgang entschieden. Sie floh nicht weit, nur wenige Hundert Meter, aber als sie sich wieder sammelte, war sie erschüttert, ihre Kraft gebrochen. In der ersten Morgendämmerung machten die übriggebliebenen Officiere wackere Anstrengungen, ihre Leute zu sammeln, und es gelang ibnen, sic nach rechts hin zu einem Angriffe gegen einen bebuschten Hang zu führen und einen Schützengraben zu nehmen, sowie mehrere Gefangene zu machen. Mer dabei blieb es. Als die Brigade bei Tagesanbruch eine Schützenlinie formirte, zeigte es sich, daß ihre Stellung doch noch mindestens 400 Meter von dem Orte entfernt war, wo sie so schwere Verluste erlitten hatte, und ein erneutes Vorgchen blieb ihr an diesem Tage versagt. U n t e r st ll h u n g d u r ch A r t i l l e r i e. Mit dem beginnenden Tageslicht tam die Artillerie der Sturmcolonne zu Hilfe und nahm in derselben Anordnung wie am Nachmittage vorher Aufstellung. Während die Haubitzen auf dem linken Flügel ihre Lyddit-Granaten auf 3500 Meter Ent fernung schleuderten, gingen im Centrum die drei Feldbatterien auf etwa IVa Kilometer an die Schützengräben der Boeren heran, und die reitende Artillerie, welche rechts davon die am meisten gefährdete Stellung inne hatte, feuerte nach links, vorwärts und rechts auf die Boeren, die, wie man nunmehr wahrnahm, nicht nur in den Schützengräben am Fuße der Kopje, sondern auch längs der Straße Magcrssontein—'Jakobsdal lagen. Drei Stunden lang blieb die Lage unverändert. Außer dem Maxim-Nordenfclt-Geschütz, daß den Unseren bei Modder-River so übel witgespielt hatte, zeigte der Gegner keine einzige Kanone, es gslang aber trotz unseres heftigen Geschützfeuers nicht, das feind liche Gewöhrfeuer wirksam zu dämpfen. Die erschütterte Hochländer-Brigade lag indessen flach auf dem Boden zwischen der Artillerie und den Boeren-Linien. Sie hatte ihren Commandeur, den kapferen General Wauchope, und zwei Bataillons-Commandeure verloren, im Ganzen etwa ein Drittel ihrer Officiere todt oder verwundet. Tie Lage war somit genau dieselbe wie am Sonntag Nach mittag, nur daß seitdem eine volle Brigade thatsächlich außer Gefecht gesetzt worden war. Es ist leider daS Schicksal aller Nachtangriffe, daß ihr Scheitern verhänqnißvoll wird. Hätte die Brigade nach dem ersten Zurüctweichen mit fester Hand wieder ge sammelt werden können, so hätte man vielleicht noch etwas mit ihr ausgerichtet; offenbar ist es aber in der Dunkelheit unmöglich, Compagnie- und Bataillonsverbände wiederherzustellen, noch da zu, wenn ein Drittel der Officiere fehlt. Das einzig Mögliche. Eine Wiederholung des Angriffs bei Tageslicht war daher, so weit die Hochländer-Brigade in Betracht kam, ausgeschlossen. Unter diesen Umständen that der General das einzig noch Mög liche: die Gordons, die zum Schutze der Bagage zurückgelassen worden waren, wurden vorgezogen und trafen gegen 9 Uhr Vor mittags ein, die beiden Bataillone Coldstream-Garden verstärkten den rechten Flügel, und das Bataillon Grenadier-Garden über nahm den Schutz der rechten Flanke, da die Wahrscheinlichkeit eines Angriffes gegen sie immer größer wurde. Die Haubitzen endlich gingen, um «die Schützengräben wirksamer unter Feuer nahmen zu können, etwa 1000 Meter näher heran. Dieser Stellungswechsel gestattete, das feindliche Feuer von den Kopjes her so niederzuhalten, daß die Feldbatterien sich weiter rechts auf stellen und die Boeren, welche sich allmählich aus dem Bereich« oer Lyddit-Granaten hinweg und gegen unsere rechte Flanke herumzogen, dauernd beschießen konnten. Aber die Wirkung der Lyddit-Granatrn war in dem sandigen Gelände, wo sich die Schützengräben befanden, doch lange nicht so schrecklich, als sonst auf den steinigen Hängen der Kopjes; denn als die Feldbatterien aufprotzten, nahmen die Boeren sofort wieder die Köpf« hoch und überschütteten die über die Ebene Galoppirenden mit leb haftem Feuer. Zu diesem Zeitpuncte war unsere Artillerie so nahe als nur irgend möglich an die feindlichen Schützengräben herangeschoben. Die Feldbatterien standen nur 1100, die Haubitzen 2500 und die reitenden Batterien, die auf dem rechten Flügel eine kleine Bodenwelle besetzt hatten, -wischen 1300 und 1600 Meter von , ihnen entfernt. Und dennoch war nichts zu erreichen, denn die über die Artillerielinie vorgeschobene Jn- fanterielagflachaufderErde.wiebeiModder- River, unfähig, in irgend einer Richtung vor zugehen. Auf dem rechten Flügel leisteten die Coldstream- Garden gute Dienste; die Officiere behielten unter schwierigen Verhältnissen ihre Leute gut in der Hand und sandten Salve auf Salve in die Boeren-Hcrufen, die unsere rechte Flanke zu umfassen - drohten.-- So zog sich daS Gefecht den ganzen Vormittag hin und wurde zuletzt so schwierig, daß der halbe Tag so lang wie eine Woche erschien. Mittags wurde ganz klar, waS man schon lange vorher ge ahnt, daß die Boere'n-Stellung vor Einbruch der Dunkelheit nicht genommen werden konnte. War dies wirklich der Fall, so mußte man auf einen noch schwierigeren Nachmittag gefaßt sein. Der traurigst« Theil deS Tage» kam jetzt. Avrschen IV2 und 2 Uhr wurde da» Grwehrfeuer, welches einige Zoll laug ziemlich matt gewesen war, plötzlich auf der ganzen Lime heftiger. Gleic^eitig bekam der ebene Boden links vor unS ein anderes Aussehen. Ein Grenadier auf der rechten Seite spähte hinüber, sah in der Ebene Staub aufwirbrln und glaubte, die Boeren kämen auS ihren Schützengräben heraus. Ein Officier neben ihm -sah-durch sein Fernglas und behauptete bestimmt, e» sei unsere Cavallerie, die vorgaloppire, um dir feindliche Nachhut abzu schneiden. Ein sehr unerfreulicher Anblick. Was Beide sahen, war dervölligeNückzugderHoch- l L n d e r - B r i g a d e. Ich kann nicht sagen, wer den Befehl dazu gab; jedenfalls ist dies bedeutungslos. Wie eine Woge flutheten sie zurück, so daß lein Officier sie halten konnte. Von einem Aussichtspunkte aus, bei der reitenden Artillerie, konnte man sie wie Bienen über daS Feld schwärmen sehen, bis sie fast aus Sehweite waren. Die Geschütze waren so auf der Fläche ohne Unterstützung gelassen. Dies war wohl ver traurigste Anblick, den ein heutiger britischer Soldat jemals gehabt hat, — sicherlich war es ein unvergeßlicher Anblick. Obgleich die Geschütze im wirksamen feindlichen Gewehrfeuer zurückgelassen wurden, hielten sie sich doch ausgezeichnet. Sie überschütteten mit ihren Geschossen die Schützengräben, bis das Feuer der Boeren etwas nachlieb. Wenn man dort auf dem Hügel bei der Feldartillerie saß, konnte man der Vorsehung dafür danken, daß einige Gordons in der Front blieben mit einer starken Linie Coldstream-Garden, die, auch bei dem allgemeinen Rückzug, um keinen Zoll wichen; man konnte der Vorsehung auch dafür danken, daß die Boeren keine Artillerie in Action hatten, um den Rückzug der Hochländer mit Shrapnells zu bewerfen. Es war schwer zu sagen, was sich zunächst ereignen würde, bis Major Ewart von den Hochländern mit einem Befehlvom Obircommandirenden anlangte,, der fast einer Bitte glich. Alles, was er von der Hochland-Brigade ver langte, war, die Stellung bis zur Dunkelheit zu halten. So erschüttert und auseinandergekommen war die Brigade, daß Ewart zu dieser Zeit keinen anderen Officier zur Unterstützung bei der Befehlsertheilung an die verstreuten Truppen hatte und froh war, die Hilfe des Obersten Dawnay zu finden, der nicht als Soldat, sondern als Civilist die Schlacht von der Artillerie stellung aus verfolgte. Große Ordnung beim Sammeln. Es war erst 2 Uhr und keine Kleinigkeit, von den Hochländern zu verlangen, daß sie wiederum auf fünf mörderische Stunden dem erbitterten Feuer aus den Schützengräben entgegentreten sollten. Immerhin wurde sehr ordnungsmäßig gesammelt; die Pfeifer spielten auf, die Hornisten bliesen „Sammeln!" und die Brigade, durch die Scots-Garde verstärkt ausgenommen, sammelte sich bei den Geschützen, wo sie einen gewissen Schutz fand und nicht dem Schützenfruer ausgesetzt war, das von den Gipfeln der Hügel niederprasselte, wo eine Anzahl Boeren sich sicher eingenistet hatte. Es schien wie am Modder-River kommen zu sollen, nämlich, daß bei Anbruch der Nacht die Garden mit dem Rest der Gordons einen Bajonetangriff machen würden. Es ist sehr zweifelhaft, ob solch' eine Bewegung überhaupt hätte durchgeführt werden können, angesichts der Schwierigkeit, mit dem Bajonet durch die Drahthindernisse zu stürmen. Das unterliegt nicht dem leisesten Zweifel, daß die Grenadiere, welche den Weg hätten bahnen müssen, um jeden Preis drauf los gegangen wären. Doch das Schicksal lenkte es anders, und es gereicht zum Trost, daß die Truppen, die bis dahin so brav sich geschlagen hatten, vor einer Einzrlvernichtung bewahrt blieben. Etwa um 5^ Uhr eröffneten die feindlichen Geschütze, die bis dahin gänzlich geschwiegen hatten, plötzlich ihr Feuer und be schossen unsere Munitionswagen und unsere Reiterei, die sich vernünftiger Weise in einer Senkung außerhalb des Gewehrfeuers und außer Sicht der Boeren-Schiitzenlinien befanden. Der letzte Zusammenbruch. Es fehlte nur noch ein letzter Anstoß zum Schlimmen, um die Kraft der sich ordnenden Hochländer zu brechen. Alsdaserste Shrapnel! krepirte, fluthete der Re st, der von der Brigade übrig geblieben war, bis zum Feldlazareth zurück — für diesen Tag hoff nungslos geschlagen. Unter diesen Umständen wäre ein nächtlicher Angriff Wahn sinn gewesen, denn die Hochländer waren nicht einmal fähig, ihre Bagage zu sichern, und die Garden, von denen die Cold streams nachgerade genug gekämpft hatten, hätten einen Angriff nicht ohne irgend welche Unterstützung ausfllhren können. In der unbegründeten Hoffnung, daß die Niederlage irgendwie sich doch noch in einen Steg verwandeln werde, biwakirten wir auf dem Schlachtfelde beim Mondschein, aus dem ersten Schlaf geweckt durch das Geschrei der Kaffern, das Peitschenknallen und das Dröhnen der Fahrzeuge. Jetzt wurde der Zweifel zur Gewißheit, die Trains gingen möglichst schnell zum Modder-River zurück, um am Morgen die Ankunft der Colonne zu erwarten: Wir hatten bei Magers- fontein gegen die Boeren gekämpft und eine Niederlage er litten. Die Sterne waren sicher gegen uns. Der Regen der vorher gehenden Nacht war fast weniger unangenehm, als die durch dringende Kälte der Nacht, welche der Schlacht folgte. Diejenigen, welche eine Decke besaßen, um sich darin zu wärmen, waren äußerst glücklich. Viele schliefen ohne Decke auf dem Felde, und wir gedachten mit unendlichem Mitleid der vielen Verwundeten, die vor unserer Front lagen, und die unmöglich vor dem nächsten Tage in Sicherheit und Pflege gebracht werden konnten. Ein Wort zum Ruhme des Armer- SanitätScorps. Man muß hier ein Wort zum Lobe des Armee-Sanitätscorps sagen, das während des ganzen Tages einem heftigen Feuer trotzte und nahe an die Feuerlinie hrranging, um di« Ver wundeten zurückzubringen. Es scheint fast unglaublich, daß während des Tages 500 Verwundete durch das Sanitätscorps zurückgeschafft wurden, obwohl Krankenträger und -Sucher eine Fouerzone von mindestens 1^ Kilometer zu durchschreiten hatten. Doch es steht schlimm um die Verwundeten, wenn eine Schlacht bis zur Dunkelheit dauert, weil es unmöglich ist, Alle zu bergen. General Wauchope's Leiche, um ein Beispiel anzufllhren, wurde nicht vor dem Dienstag Morgen gefunden, obwohl er einer der Ersten war, die bei dem nächtlichen Angriff fielen. Eine Anzahl mehr oder weniger schwerBerwundeter lag 24 Stunden auf dem Schlachtfeld, zum Theil, ohne daß ihnen auch nur die allernöthigste Hilfe zu Theil ge worden war. Major Lam ) t 0 n wurde ungefähr um 7 Uhr Vormittags durch ein Sprengstück deS Boeren-Schnellfeuergeschiitzes getroffen und ließ nicht zu, daß seine Leute ihn aus dem Gefecht trugen, weil einer von ihnen sonst sicher getroffen wäre. Die Folge davon war, daß die Compagnie, bei der er sich befand, und die im Laufe des Nachmittags ihren Platz wechseln mußte, ihn in elnem Busche liegen ließ, wo «r während der ganzm Nacht vom Montag zum Dienstag lag. Er dachte, er werde am Morgen leicht gesehen werden; aber der Morgen kam, und er wurde nicht gefunden, obwohl er oft suchende Abteilungen in seiner Nähe hörte; er war zu schwach, um sie heranzurufen. Endlich, als er fast verzweifelte, am Dienstag Nachmittag r^2 Uhr, wurde er gefunden. Mit einem Sprengstück im' Knie' hatte er dort volle 30 Stunden gelegen. Waffenstillstand durch gegenseitiges Abkommen. Während des DienStagS Vormittag war Waffenstillstand in Folge gegenseitigen Abkommens, während dessen wir unsere Verwundeten sammelten und unsere Krankenwagen zum Boeren- Lager schickten, um einige Verwundete auS ihren Schützen gräben zu holen. Die Boeren betrugen sich während dieser Zeitdauer musterhaft, indem sie unseren Verwundeten jede Rücksicht erzeigten und unsere Leute mit dem rothen Kreuz mit Achtung behandelten. Es war ein unglücklicher. Zufall, daß, während unsere ranken wagen gerade in den feindlichen Linien waren, das chwerc Schiffsgeschütz gegen die Boeren-Ver- chanzung nach Westen das Feuer eröffnete. Es war sicher lich ein Jrrthum, den die Boeren natürlich bitter empfanden, obgleich sich solche Fälle leicht dort ereignen können, wo der Waffen- tilkstand nicht schriftlich abgemacht wird. Wir erwähnen dies lur, um zu zeige», daß wir selbst nicht unfehlbar ind, und doch tadeln wir gern die Boeren wegen solcher Form fehler. Rückzug in vorzüglicher Ordnung. Um 11 Uhr begann der Rückzug, da es offenbar zwecklos war, auf dem Kampffcld ohne Wasser zu bleiben, vor einer Stellung, die wir doch nicht nehmen konnten. Sobald als unsere Protzen sich bewegten, begann das feind liche Feuer, und die Colonne kam unter einen Geschoßhagel, den unsere Geschütze, die den Rückzug deckten, allesammt nicht ab wehren konnten. Schön war der Anblick der Garden, wie sie im heftigsten Geschützfeuer in vollendeter Ordnung zurückmarschirten, gerade wie beim Exerciren im Hydepark. Die Hochländer ver- oren57Offici»retodtundverwundetundvon .e 5 Mann immer einen. Könnte die menschliche Natur wohl noch mehr leisten?! Deutsches Reich. Leipzig, 17. Januar. (Socialdemokratie und Schiedsgerichte.) Am 14. d. M. ist in Dresden auf einer Versammlung von Vertretern socialdemokratischer ächsischer Consumvereine u. A. über die Thätigkeit deS Schiedsgerichts Bericht erstattet worden, das charakte ristischer Weise zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen den ocialdemokratischen Verwaltungen und den socialdemokratiscken lngestellten seiner Zeit eingerichtet wurde. Während des Referats über die Thätigkeit dieses Schiedsgerichts wurde an die Versammlung ein von der Verwaltung des Dresdner Konsumvereins „Vorwärts" ausgearbeileter Entwurf vertheilt, der über die Wahl und die Grundsätze deS Schiedsgerichts eine Neuregelung enthielt. Nach stundenlanger stürmischer Dis kussion beschloß die Versammlung mit Stimmenmehrheit, das Schiedsgericht solle bis auf Weiteres in der alten Weise wiedergewählt werden und nach dem bisherigen Modus weiter functioniren. Als hierauf daS Schiedsgericht in derselben Zusammensetzung gegen eine Minderbeil wieder gewählt war, erklärte die Verwaltung des Consum- vereinS „Vorwärts", daß sie sich eine Entschließung darüber Vorbehalte, ob sie sich der Abstimmung füge oder nicht und andere Dresdner Vereine erklärten rundweg, sie kehrten sich nicht an den Beschluß der Versammlung und erkännten das Schiedsgericht nicht an. — Das Verhalten der Dresdner Verwaltungen ist einmal der reine Hohn auf daS demokratische Mchr- heitSprincip im Allgemeinen, zum anderen aber beleuchtet es im Besonderen die Stellung der Socialdemokratie zu Schieds gerichten. Weil die Vorschläge deS ConsumvereinS „Vorwärts", sinter dem offenbar die anderen Dresdner Consumvereine leben, in Bezug aus Wahl und Grundsätze des Schieds gerichts nicht angenommen wurden, deshalb verweigert man, theilS offen, tbeilS versteckt, die Anerkennung deS Schiedsgerichts überhaupt. WaS für ein Geschrei würden dieselben Herren erheben, wenn bürgerliche Arbeitgeber derartig verführen! Hier aber, wo ihre eigene Selbst herrlichkeit in Frage kommt, gebärden sie sich so „absolutistisch", wie nur je ein „capitalistischer Ausbeuter." Es gehört eben zum Wesen der socialdemokratischen Agitation, zwar an die bürgerlichen Arbeitgeber weitgehende Forderungen zu stellen, die aber dort nicht zu erfüllen, wo die socialdemokra tischen Arbeitgeber dadurch ihrerseits ein Opfer brächten. /S. Berlin, 17. Januar. (Der „Scandal zu Halle".) Der „Köln. VolkSztg." verdankt der deutsche Zeitungsleser die Kenntniß n»n einem „Scandal", der bis zur Stunde aller Welt verborgen geblieben war, obwohl er nach heutigen Begriffen schon vor verhältnißmäßig längerer Zeit sich zuzetragen bat: die Kenntniß von dem „Scandal", daß Professor Bey - schlag bei der Jahrhundertfeier der Universität in Halle die Festrede gehalten bat! Wohlverstanden, die Thatsache allein, daß Professor Beyschlag bei dem ge nannten Anlaß als Festredner auftrat, wird von dem CentrumSorgan für einen Scandal erklärt. Dem Anstifter dieses „Scandals", dem Senat der Universität Halle, liest die „Köln. VolkSztg." wie folgt den Text: „Letzterer mußte wissen, daß Beyschlag diesen Anlaß wieder zu Hetzereien benutzen werde, denn das kann der Mann bei seiner geistigen Ver fassung gar nicht anders. Statt ihm nun den Mund zu verbinden, schickt man ihn bei einem hochfestlicken Anlasse aus die Rednertribüne! Die Folgen sind selbstverständlich danach gewesen. Findet sich im Abgeordnetenhause Niemand, der bei der nächsten EtatSberathung den Scandal zu Halle beleuchtet?" — Die Quelle für die Entrüstung der „Köln. VolkSztg." ist ein Bericht über Beyschlag'S Festrede, der so mangelhaft ist, daß selbst das genannte CentrumS organ Bedenken trägt, ihn „als ganz correct" zu be trachten. Prüft man mit dieser Einschränkung den Bericht auf „Hetzereien", die Beyschlag begangen haben soll, so ist daS Ergebniß ein vollkommen negatives. Wenn der Bericht Professor Beyschlag vom KatholiciSmuS als dem Todfeinde des deutschen Geistes sprechen läßt, so ist selbstverständlich der UltramontaniSmuS, der mit KatholiciS muS schlechterdings nicht identisch ist, gemeint. Im übrigen wird man in dem fraglichen Bericht eines Halleschen Blattes nicht eine einzige Stelle finden können, die den Vorwurf rechtfertigte, Beyschlag habe in seiner Festrede „gehetzt". Oder ist es etwa Hetzerei, wenn Beyschlag erwähnte, daß daS deutsche Volk zu Anfang und gegen das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts von dem Auf dören deS Zwiespalte- der Kirche geträumt habe? Ist die Feststellung derTHatsache, daß in derZeitFrievrich Wilhelm'S IV. die römische Kirche die Oberhand behalten habe und daß die ultramontane Partei eine große Macht im Staate geworden sei, „Hetzerei"? Beyschlag hat damit nichts Anderes gesagt, als was der Jesuit Baumgarten in einer Jahrhundertbetrachtun der „Stimmen auS Maria-Laach" lang und breit auS- führt. Indessen: Vorschlag locutus, causa finita. Männern, wie Beyschlag, welche den UltramontaniSmuS bekämpfen, muß der „Mund verbunden" werden, weil sie politische Gegner des CentrumS sind, aber die Jesuiten müssen im Reiche sich niederlassen und nach Gefallen reden und wirken können, obgleich sie die Todfeinde deS Protestantismus sind. DaS nennt man auf klerikaler Seite nach dem Wahlspruc» „Für Freiheit und Recht" handeln! Daß Derjenige, dem der Mund verbunden werden soll, Universitätslehrer »st, laßt das Verlangen der „Köln. VolkSztg." erst recht al« be zeichnend erscheinen: eß liegt damit rin neuer Eingriff in da« Selbstbestimmung-recht der Universitäten vor, der nicht scharf genug zurückgewiesen werden kann. D Berlin, 17. Januar. (Telegramm.) Wie aus Hamburg gemeldet wird, erhielt die deutsche Ostafrikalioie ein Telegramm auS Durban, nach dem die Ladung de» „VunPeSrat-" vollständig gelöscht ist und mit dem Manifest übereinstimmt. Da» Prisengericht hat noch keine Entscheidung getroffen. D Berlin, 17. Januar. (Telegramm.) Die Depesche deS „Wolff'schen Bureau»" au- Washington über die Ratification »e» Samoa-vertrage» lautet vollständig: Der Senat ratisicirte den Samoa-Bertrag, behielt sics jedoch dir zur endgiltigru Entscheidung der Angelegenheit erforderlichen Beschlußfassung über die Vereinbarung wegen Anrufung eine» Schiedsrichters vor. (-) Berlin, 17. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser unternahm gestern Nachmittag einen Spaziergang im Thier garten und empfing Abends um 7'/? zzhr in AbsckuedSaudicn; den französischen Militärattache Oberst Grafen v. Foucauld. Zur Abendtafel waren General u la suite Geueralleutnam !)rinz zu Salm-Horstmar, Präses der General-OrdenScom- mission, und Intendant und Kammerherr v. Hülsen. — Heute Vormittag nahm der Kaiser den Vortrag des Chefs Les CivilcabinetS l)r. v. LucanuS entgegen. Später empfing der Kaiser den Wirkt. Geh. Rath Küchler. Ferner besichtigte der Kaiser heute die ausgestellten Kunstwerke in Schulle's Kunstsalon. 88 Berlin, 17. Januar. (Privattelegramm.) Die t lräsivten der beiden Häuser des LandtaaS wurden heute Mittag vom Kaiser im hiesigen königlichen Schlosse empfangen. Die Herren waren vor 1 Uhr zur Audienz befoblen, doch da der Kaiser vorher niedrere andere Audienzen ertbeilte, so fand der Empfang der Präsidenten deS Herrenhauses, des Fürsten zu Wied, des Freib. v. Manteuffel und des Oberbürgermeisters Becker-Köln, erst um 1'/« Uhr statt. Der Monarch gab seiner Befriedigung Ausdruck über die Wiederwahl der Herren und erkundigte sich bei jedem besonders nach seinem Befinden, berührte im Uebrigen in der Unter- »altung lediglich private Verhältnisse. Nachdem daS Prä- idium deS Herrenhauses in freundlicher Weise verabschiedet worden, wurde das Präsidium des Abgeordnetenhauses, die Herren v. Kröcher, Freiherr v. Heeremann und vr. Krause, empfangen. Der Kaiser, in der Garde- JnterimSuniform, begrüßte die Herren in liebenswürdigster Weise und wünschte einen gedeihlichen Fortgang der parla mentarischen Arbeiten. Er bedauerte lebhaft, daß die Kaiserin nicht in der Lage sei, die Herren zu empfangen. Sie sei ans bas Schmerzlichste bewegt durch ungünstige Nachrichten, die le soeben wieder über das Befinden der erlauchten Nut ter, der Herrogin Friedrich, erhalten habe. Der Kaiser kam sodann im Laufe der Unterhaltung auf den Streit der Meinungen über den Beginn des neuen Jahr hunderts zu sprechen. Ferner erwähnte der Kaiser die schlechte Akustik des Abgeordnetenhauses und zog Vergleiche zwischen den Verhältnissen im neuen Reichstags- und im neuen Landtagsgebäude. — Politische Fragen wurden von, Kaiser gar nicht berührt. — Wie beim Empfang reichte der Kaiser den Herren auch beim Abschied in huldvoller Weise die Hand. Die Audienz hatte ungefähr 20 Minuten gebauert. — Die Heimreise deS Prinzen Heinrich hat zu allerlei theilweise tbörichten Vermuthungen Anlaß gegeben. Wenn z. B. constatirt wird, daß am 4. d. M. S. M. S. „Deutschland" ohne den Prinzen Heinrich die Heimreise von Singapore auS fortgesetzt und vorgestern nun auch S. M. S. „Hansa" mit dem Contreadmiral Fritze an Bord Singapore verlassen habe, um nach Batavia zu dampfen, so ist das noch schlechterdings kein Grund zur Verwunderung und ins besondere nicht zu der Frage, wo Prinz Heinrich denn weile, nachdem daS letzte deutsche Kriegsschiff Singapore verlassen babe. Denn es war von Anfang an festgesetzt, daß Prinz Heinrich zur Rückreise von Singapore aus den Lloyd- dampfer „Preußen" benutzen werde, an dessen Bord er denn auch vorgestern, wahrscheinlich gleichzeitig mir der „Hansa", den Hafen von Singapore verlassen und die Fahrt nach Colombo und Aden angelreten hat. Somit ist Alles in bester Ordnung. Und die französische Nachricht, daß Prinz Heinrich zugleich mit dem Prinzen Waldemar von Dänemark einen Besuch in Saigon machen werde, hat sich als eine Ente erwiesen, und außerdem wäre etwa zu constatiren, daß der Telegraph über den Aufenthalt des Prinzen in Siam auffällig schweigsam gewesen ist. — Die Reichstagsinterpellation über die Beschlag- nähme deutscher Sckiffe ist außer von den im Abendblatte namentlich aufgeführten Abgeordneten auch noch von den Herren Or. Hasse, vr. v. Jazdzew ski und v. Kardorfs unterzeichnet. Die nationalliberale Partei ist also durch zwei ihrer Mitglieder vertreten. — Zur Flotlenfrage wird der „Franks. Ztg." ge schrieben: „Man hat angesehene Männer der Industrie- und Handelswelt, nicht nur auS den Reihen der freisinnigen Vereinigung, sondern auch nichtparlamentarische Männer, die sich zur frei sinnigen Volkspartei bekennen, für die Flottenver- Mehrung gewonnen. Man wird ihren Namen bald unter Auf rufen begegnen. Sie bleiben ihrer alten Partei treu, aber sie glauben, nach ihrer Kenntniß wirthschastlicher Weltpolitik, im Interesse des Antheils Deutschlands am Welthandel die Ver größerung der Flotte fordern zu sollen." Dieses „Geständniß" wird zwar manchen parlamentarischen Vertretern der freisinnigen Volkspartei und besonders einem derselben sehr unangenehm sein, sonst aber als ein hoch- erfreulicheS Zeichen gedeutet werden dürfen. * Görlitz, 16. Januar. Heute Abend fand hier eine von dem nationalliberalen Wahlverein einberufene, vom Landgerichtspräsidenten Philler geleitete, von Mitgliedern aller Parteien besuchte öffentliche Versammlung statt, in welcher Gymnasialdirector Professor Stutzer unter großem Beifall über „Deutsche Flotte und deutsches Nationalbewußtsein" sprach. Auf Anregung v. Schenckendorff'S wurde ein Telegramm an den Kaiser abgesandt. * Breslau, 17. Januar. Der gemaßregelte Landratb v. Dallwitz-Lüben lehnt die neue Candidatur in seinem Wahlkreise Lüben-Glogau zur Landtagsersatzwahl ab, die in Folge seiner Ernennung zum RegierungSrath nothwendig wurde. (Voss. Ztg.) (Fortsetzung in der 1. Beilage.) Zanstogen Hochbedeutende» KästigungSmittel namentlich für die Aervea. vävLR L 6??, LLKVIN 8.0. 16. Ao« Herzte« glänzend »egutachlet. »»»sützrlichk Mitteilungen und Zeuzniffe ,rati» und frank». 8 Köchsftraßk. Inveiltm- »an Bekeuchtrmgs-Gegensliinde«. Bücher kaufen 0. liefern »rü,«r M v»., Kurprinzftr. ir.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder