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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000119014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900011901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900011901
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- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Reclanien unter dem Rtdaction-strich (Sa» spalten) 50>^, vor den Familirnnachrith«» (ügejpaltea) -v/^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Uksirnfatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit dar Morgen-Ausgabe, ohne Postb«förd«nmg 60.—, mn Postbesörderung ^l 70.—. Annahmeschlnß für Anzeige«: Abrnd»Au»gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» -Uhr. Lei drn Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde frntzer. Anzeigen find stets an die Grtzrtzitton zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 8t. Jahrgang. Russisch-englische Interessengegensätze in Centralasien." V. 3. Im Wettkampf zwischen Rußland und England um die Vorherrschaft in Asien hat die erstere Macht einen Schritt gethan, ver den Boden der gewohnten Zurückhaltung verläßt. Die kürz lich stattgefundene Mobilisirung im Kaukasus be deutet einen bemerkenswerthen Vorstoß und rechtfertigt die An nahme, daß die zarische Regierung längst gehegte Pläne zur .Ausführung bringen will. Es fragt sich nur, ob die plötzliche Verlegung kaukasischer Schützenbataillone und kaukasischer Artil lerie an die Grenze Afghanistans der Vorbote eines großen Krieges ist, oder ob wir es nur mit einem Manöver zu ihun haben, bestimmt, den Verhandlungen der Petersburger Diplomatie den nöthigen Rückhalt zu geben. Sollte Rußland entschlossen sein, den Waffen die Ent scheidung über die zahlreichen Streitfragen mit der englischen Weltmacht zu übertragen, so wäre die Gegenwart in der That nicht ungeschickt gewählt. Großbritannien ist im Kampfe mit den Boerenrepubliken der Art gefesselt, daß es seine asiatischen Ziele zurückstellen und auf größere Unternehmungen »instweilen verzichten muß. Der Eingriff einer fremden Macht in Persien, China oder an Indiens Grenzen würde es recht empfindlich ireffen. In Indien ist die Lage zudem so unsicher, wie möglich. Ein abermaliger Nothstand, in Verbindung mit der Pest, hat oie Gährung unter den Hindus abermals geweckt, und es bevarf ivvhl nur eines unbedeutenden Anstoßes, um die Flamme des Aufruhrs auflodern zu lassen. Die Schwierigkeiten, welche die Engländer in Indien bestehen müssen, werden aber dadurch noch erhöht, daß die Haltung des Emirs von Afghanistan eine ungewisse ist. Heute ist der britische Einfluß nicht mehr aus schlaggebend in Kabul; die Russen haben durch geschickte Opera tionen auch hier erheblich an Boden gewonnen. Sie bilden seit einiger Zeit in Afghanistan einen wichtigen Factor, mit dem man in Kalkutta rechnen muß. Diese Umstände würden es allerdings begreiflich machen, wenn die russische Regierung die langwierige Zauderpolitit aufgeben und zum tödtlichen Schlage gegen seinen Neberrbhler ausholen will. ES giebt gleichwohl eine Reihe von Gründen, die gegen diese Antiahme und unmittelbar kriegerische Absichten des Zaren reiches sprechen. Vor Allem die Geduld und Zähigkeit, welche vie russische Politik lange Jahre ausgezeichnet und vor Ueber- eilungen bewahrt haben. Man ist sich in Petersburg seiner starken und schwachen Seiten wohl bewußt. Die Diplomatie ist ihrer Aufgabe stets gewachsen, während die militärischen Leistungen wiederholt hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Was die Generale verdarben, mußte häufig genug das Geschick der Staatsmänner wieder in Ordnung bringen. Diese Erfahrungen und zweifellose politische Erfolge haben an der Newa schon lange die Erkenntniß geweckt, daß es vortheilhafter ist, auf dem langsamen, aber sicheren Wege diplomatischer Ope rationen, als durch den Krieg seine Ziele zu verfolgen. Welchen Anlaß sollte das Zarenreich auf ein Mal haben, von dieser oft bewährten Praxis abzuweichen? Wir wollen hierbei auf die inneren Verhältnisse Rußlands nicht näher eingehen, obwohl ge rade dort Erschütterungen, welche ein Krieg mit sich zu bringen pflegt, in verhängnißvoller Weis« einwirken und schwerwiegende Folgen nach sich ziehen könnten. Soviel aber läßt sich nicht ver schweigen, daß der Geldmangel und die starke Anspannung der wirthschaftlichen Kräfte Rußlands allerdings dem Wagniß eines Krieges nicht das Wort reden. Ein fernerer Grund, der die Vorschiebung der russischen Truppen bis nahe vor die Thore Herats rechtfertigt, ist das Verhältniß zu Afghanistan. Bekanntlich ist der Emir schon lange krank, und man sieht einem Thronwechsel in Kabul entgegen. Tritt dieser Fall ein, so wird es vermuthlich zum Ausbruch innerer Kämpfe kommen, bei denen die verschiedenen Thron- candidaten um die Erlangung der Herrschaft kämpfen. Hierbei ist nun das russische Interesse rege betheiligt. Ein wohlwollender Emir wäre sowohl für ein«n Einbruch in Indien, wie Uber- l«aupt für die russische Machtstellung in Centralasien von un geheurer Bedeutung. Aus dieser Erwägung hat die zarische Re gierung schon längst dem afghanischen Prätendenten Jshak Khan materielle Unterstützung und Zuflucht in TranskaSpien gewährt; er soll, wenn cs nöthig ist, als Schachfigur gegen England aus gespielt werden. Er wird gewiß, sobald Abdurrahmann seinen Leiden erlegen ist, die Fahne erheben und, unterstützt von den Russen, sein« Ansprüche an den Thron zur Geltung zu bringen suchen. Daß darin unbedingt eine Herausforderung Englands liegt, braucht nicht besonders erwähnt zu werden; ein unmittel barer Grund zum Kriege ist es aber deshalb noch nicht. In Petersburg würde man vielmehr, wenn der Thronwechsel in Kabul sich nach Wunsch vollzogen, zu einigen äußerlichen Zu geständnissen geneigt sein, um die Engländer vorläufig zu be ruhigen. Denn ein ergebener Emir wäre eine derartige Er rungenschaft für Rußland, daß einige Opfer wohl gebracht wer den können. Der wichtigste Anlaß zur „Prvbemobilifirung" dürfte im Verlangen der russischen Regierung zu s«hrn sein, England für einige seiner bedeutsamsten Forderungen zugänglich zu machen. In den letzten Monaten hat man an der Newa sein Haupt augenmerk auf Persien gerichtet und da» offenkundige Be streben an den Tag gelegt, die längst geplante Festsetzung am Persischen Golf« zur Thatsache zu machen. Nach der Verlänge rung des bekannten Eisenbahnvertrag«» ist dieses Ziel erheblich näher gerückt. Der russische Einfluß ist in Teheran der Art ge wachsen, daß ein Widerspruch de» Schah und seiner Regierung gegen die Abtretung eines Hafens eigentlich ganz undenkbar ist. Wenn die persische Cavallerie von russischen Officieren orgamsirt und unter ihren Oberbefehl gestellt werden soll, so ist in der That nicht zu verstehen, was Mussafer Eddin dagegen hätte, wenn die russische Kriegsflotte am Eingang zur Straße von Hormuz einen dauernden Ankerplatz erhält. Der Einzige, von vem sich — früher wenigsten» — entschiedener Widerstand er- ivarten ließ, war Großbritannien. Jetzt könnte dieser Wider stand nur in einer gemäßigten Form zum Au»drurck kommen. Das gebietet schon die Weltlage im Allgemeinen, besonder» aber durch die Rücksicht auf die an der Grenz« Afghanistans stehenden russischen Truppen, und die Neigung deS EmirS, die indischen Ärengstcirmne aufzureizen und zur offenen Empörung zu treiben. England ist nicht im Stande, gleichzeitig in Afrika und in Jnoien einen Krieg zu führen, bei dem es nur auf Land- truppen angewiesen ist und seine Flotte eigentlich gar nicht zur Verwendung bringen kann. Wenn Rußland jetzt Bender- Abbas oder einen benachbarten Platz fordert, so wird man in London wohl oder übel sich bescheiden müssen. Im Hinblick hierauf, zum Theil Wohl auch, um die Gegensätze in China und am Rothen Meere zu begleichen, hat Rußland seine Truppen bewegung unternommen. Wir können deshalb voraussichtlich bald einer größeren diplomatischen Action entgegensetzen, in der das Zarenreich, gestützt auf seine Armee, seine Forde rungen erheben wird. Ueber den Erfolg dieses Schachzuges kann ein Zweifel kaum bestehen. Der Krieg in Südafrika. Bi» gestern in die späten Abendstunden hatte daS Londoner KriegSamt noch kein Sterbenswörtchen von dem Uebcrgang Buller'- über den Angela verlauten lasse». Nur eine Drahtmeldung deS Reuter'schen BureauS aus SpearmanS Camp vom 17. Januar bestätigt, daß General Warren den Tugela überschritten hat; von den Divisionen Lytileton, Dundonald und dem CorpS Buller'S slbweigt Reuter. Bedeutete der Uebergang einen großen strategischen Erfolg, einen Sieg der Engländer, das Kriegs amt und das officiöse Telegrapbenburean wären sicher ge sprächiger. Wir lassen vorerst unsere schon durch Extrablatt bekannt gegebenen Privatmeldungen folgen: r. London, 18. Januar. (Privattelearamni.) General Jonbert liest die größere Hälfte der Divisionen Warren, Ltzttlcton nnd Dundonald am 1«. nnd 17. Januar nnbelästigt über den Tugela, um sie in der davor liegenden Thalschlucht einznschliestcn, ihnen den Rückzug adznschneidcn und sie zwischen einem drei fachen Kreuzfeuer von den Zwartskop-, Dcwdrop- und Lndrrbrock-Höhcn auszureidcn. Der Kamps dauert au. k'. Durban, 18. Januar. (Privattelegramm.) Alle verfügbaren Trnppeu sind in die Front beordert. Ter Feind greift seit Heftern Abend plötzlich mit Ueber- macht die englische Borhnt an. Er verhinderte die Verschanzung, bombardirte Sic Nebcrgänge über den Tugela und bedroht die RückzugSlinte Buller'S vom Toornkop au». Artillerie-Demonstrationen der Eng länder gegen Colenso und den Jnhlawcberg haben be gonnen. Der Feind antwortet nicht. Buller leitet selbst die Operationen bei Springfield. In dem Durbaner Telegramm war die Bemerkung ein geschaltet: „Berichte von der Front konfus." Soviel läßt sich aber wobl als Thalsache aus den bisher vorliegenden Melvungcn herausschälen: Die Boeren haben — und darin stimmt unsere schon gestern ausgesprochene Auffassung mit der unseres Londoner Mitarbeiters überein — einen Tbcil der westlich von Colenso am Tugela concentrirten englischen Macht (auch, wie sich jetzt herauszustellen scheint, die Division Dundonald, welche sich am Swartkop festzusetzen bestrebt ist) über den Fluß hinübergelassen, um diesen auf dem stark coupirten und bedeckten Terrain (Hüzelreihe schließt sich an Hüzelreihe) in die Mausefalle zu locken und ihm den Rück weg zu verlegen. Die Boeren haben die wichtigsten südlich und westlich von Ladysmith gelegenen Höhen besetzt, sodaß sie die Stellung der Engländer am Swartkop und Spionkop leicht bestreichen und verhindern können, daß diese sich verschanzen. Daher erklärt cS sich wobl auch, daß in den gestern mitgetheilten Telegrammen der Londoner Blätter nur von einer „befriedigenden" Stellung am Spionkop die Rede war. Die Uebergangsversuche des Buller'scben GroS waren gestern noch nicht geglückt, da die Fährten von der Boerenartillerie unter scharfes Feuer genommen sind. Während so im Westen von Colenso die Uebergang»- action in einer für die Engländer nicht gerade verheißungs vollen Weise im Gange ist, demonstriren diese gegen Colenso selbst und den südlich davon gelegenen Jnhlawebcrg, um die Aufmerksamkeit der Boeren in Anspruch zu nehmen und ihre Streitkräfte zu theilen. Ohne Erfolg, denn der Feind hält eS nicht einmal der Mühe Werth, da» englische Artilleriefeuer zu erwidern. Von großer Wichtigkeit ist, daß dir Boeren den Doorn- kop-Hügel zwischen Springfield und Frere besetzt halten. Nach englischen Mutbmaßungen batten die Boeren ihre dortigen Positionen verlassen. Daß Buller sich hierüber ge täuscht hat, kann ihm theuer zu stehen kommen, wenn er sich genötbigt sieht, zum Rückzug blasen zu lassen. Den Uebergang General Warren» schildert folgende englische Meldung: * London, 18. Januar. (Reuter'S Bureau.) Ein Special- Berichterstatter berichtet unter dem 17. Janoar früh 10 Uhr au« Spearman« Lamp: Ich bin durch stark grbirgige» Land geritten, um beim Vormarsche de» General» Warren auf der Südseite de» Tugela zugegen zu sein. Der Feind stand etwa eine Meil» vom andern Ufer entfernt, in stark mit Bäumen bestandenen Pflanzungsgeländen, dir rin „Rhinozeros Fontein" genannte» Gehöft umgeben. Die Boeren gaben mehrere Salven gegen dir englische Vorhut ab. Diese erwiderte da» Feuer und von einem nahe gelegenen Hügel feuerte auch dir englische Artillerie dazwischen. Während de» weiteren Feuern« setzten einig» Trupp- Engländer in einem Fährboote über drn Fluß. Der Feind floh (?), da er seine Stellung höchst unbehaglich fand, gegen die Hügel zu. Sodann schlugen Pioniere eine Pontonbrücke über den Tugela, woraus di« ganze Streitmacht Le» General» Warren drn Fluß übrrschritt. Netzer Sie Aussichten Buller - jenseitS deS Tugela schreibt rin englischer Colooist in Natal noch vor der UebergangSaction an die Zeitung „Sun" in London: „Wenn Buller den Tugela bei Potgieter'S Drift über schreitet, findet er sich gegenüber einer Reibe von Hügeln, die sich zwischen dem nördlichen Ufer deS Flusse» und der Hauptstraße nach Ladysmith östlich und westlich er strecken. Er erwäbnt, daß der Feind ungefähr 4^ englische Meilen nördlich stark verschanzt, ist und diese Stellung be findet sich wahrscheinlich in der Nähe diese» Punktes. General Buller hat drei Alternativen vor sich. Er kann einen Frontangriff macken, der hier wahrscheinlich ebensowenig praktischen Zweck haben wird, wie bei Colenso, oder er kann versuchen, eine weitere Flankenbewegung auf den Osten oder Westen der Boerenstelluag zu machen. In ersterem Falle bringt ein kurzer Marsch ihn zu einer anderen Reihe von Hügeln, die von Norden nach Süden laufen. Diese Reihe beschreibt einen Halbkreis, der sich von einem Punkt westlich von Ladysmith in südlicher und südöstlicher Richtung bis nach Colenso erstreckt. Ladysmith ist also an dieser Seite an jedem Punkte von einer fast undurckdringlichenKettevonBergen eingeschlossen, die von Männern besetzt sind, die wohl wissen, wie sie eine verschanzte Stellung zu halten haben. General Buller würde aller Wahrscheinlichkeit nach gezwungen sein, in der Front und am Flügel gleichzeitig anzugreifen. Wenn er seinen Marsch in einer mehr nördlichen Richtung fortsetzt, in ter Absicht, von Westen heran auf Ladysmith zu gehen, anstatt es von Süden oder Südwesten zu erreichen zu suchen, so wird er sich in keiner besseren Lage befinden, denn er würde wieder eine andere Hügelreihe an seiner linken Flanke finden. Wenn er dagegen nach dem Ueberschreiten deS Flusses sich entscheidet, seine Flankenbewegung nach Westen sort- zusühren, so würde seine Stellring vielleicht noch gefährlicher sein. Dieser Weg würde ihn direkt in das Herz der Drakensberge, die die natürliche Grenze zwischen dem Oranje- und dem Transvaalstaat bilden, bringen. Hier würden die Boeren eine glänzende Gelegenheit haben, ihn in eine Mausefalle zu locken. Selbst wenn man annimmt, daß sich augenblicklich an einem so weit westlichen Punkte noch nicht eine so starke Stellung halten kann, so kann man doch wenig daran zweifeln, daß die Hügel in der Richtung bereits befestigt sind. Ihre außerordentliche Mobilität würde die Boeren in den Stand setzen, sehr schnell auf ihre befestigten Stellungen in den Drakensbergen zurückzufallen, während gleichzeitig von der Freistaatseite Verstärkungen beraneilen würden. Es steht augenblicklich feit, daß die Boeren vor General Buller und Sir Charles Warren zurückgehen. Rückzüge dieser Art sind un» Colonisten als ein besonders gern geübter Theil bei der Vorbereitung von Mausefallen durch die Boeren bekannt. Und schließlich ist es noch möglich, daß die Boeren Lady smith verlassen und ihre gesammten Kräfte in eine große Anstrengung zusammcnfassen, um General Buller zwischen den Hügeln, die ihrer eigenen Art von Kriegführung so große natürliche Hilfsmittel geben, zu vernichten." An die Aufgabe der Belagerung von Ladysmith scheinen die Boeren nun allerdings nicht zu denken, da sie die schwer mitgenommene While'sche Garnison mit geringen Streitkräften einzeschlossen halten können. White ist offenbar nicht im Stande, Buller bei leinem Vorstoß, den er doch zum Entsätze von Ladysmith macht, zu secundiren. Gleichzeitig mit der „großen Action" Buller'S ist auf einem anderen Tbeile des Kriegsschauplatzes den Engländern wieder Unheil widerfahren: Aus RenSburg meldet daS „Reuter'sche Bureau" unterm 17. Januar: Eine aus 16 Mann NeusüdwaleS-Lancer» und südaustralischen Reitern bestehende Patrouille fiel gestern in einen Hinterhalt. Es entspann sich ein heiße» Gefecht, in dem die südaustralischen Reiter überwältigt wurden. Fünf wurden getödtet, einer verwundet, zwei entkamen, der Rest wurde gefangen genommen. So hat General French Mißerfolg auf Mißerfolg zu ver zeichnen, obwohl er die Boeren bei Colenso „gründlich geschlagen" hat. Seine Division ist schon gehörig vecimirt. Lord Methucn meldet wiederum „nichts Neues an der Modder", mit dem Hin zufügen, daß starte Boerencommandos nach Kimberley nord wärts, andere nach Colesberg im Süden abgingen. Wenn das der Fall, und Gleiches wurde bereits seit mehreren Tagen von den verschiedensten Seiten gemeldet, so muß Lord Methuen's Truppe außerordentlich unschädlich geworden sein. Auch hier, wie in Natal, stehen wir vor halbverschlvierten Räthseln. General Wood, ivelcher den bekannten mißglückten Streif zug nach Douglas leitete und dabei mit der ganzen Cavallerie von „Lord Methuen's Lager" ausgezogen und später in dasselbe zurückgekehrt sein sollt«, befand sich, wie wir heute erfahren, be reits am 6. Januar mit diesen selben Truppen am Oranjefluffe. Die Censur hat in ihrer Urtheilslosigkeit diese Nachricht durch gelassen, weil sie als „Sieg" gemeldet wird, in der Form, General Wood habe am 6. Januar Zoutpans Drift be setzt. (Dieselbe liegt etwa 24 Kilometer südöstlich von der Oranjefluß-Station.) Es scheint danach nicht nur, als zöge sich Lord Methuen «rach dem Oranjefluffe zurück, sondern als suche er durch Vor schieben seiner Cavallerie unter Wood gegen Slldwesten eine Vereinigung mit General French. Bekanntlich war auch Oberst Pilcher, welcher unter General Wood's Oberbefehl den Zug nach Douglas machte, nicht nach der Modder, sondern nach Belmont zurückgekehrt. Beides würde also beweisen, daß mindesten- ein großer, wenn nicht ein Hauptthetl der Gard«trupp«n und der S. Brt- gadeLordMethuen's sich gar nicht mehr an der Modder, sondern bereit« zwischen Belmont und dem Oranje fluss« befinde. Gleichzeitig kommen Einzelheiten über die „Invasion" des Oranjefrei st aates, welch« nach den bi»herigen Mit- theilungrn durch eine Reiterpatrouille von Belmont aus statt gefunden hätte, wohin diese Patrouille auch „glücklich zurück- gekehrt" sei. Der „Capstadt-Argus", der allerdings nicht den leisesten Anspruch auf Zuverlässigkeit machen kann, berichtet aber nnterin II. d. M. über diese selbe „Invasion", die Patrouille hab« au» 5 Schwadronen Lanzenreitern, 130 Mann berittener Infanterie, einer Batterie reitender Artillerie mit Sappeuren bestanden, sei bis Enskin (Graspan) vorgerückt, wo einige Compagnien der Munsters-Füsiliers, North-LancashireS, Trots Grey-Guards, Australier und Canadier unter Oberst Pilcher zu ihnen gestoßen seien, und diese gesummte Truppe habe dann, im Ganzen 2000 Ntann stark, eine Recognoscirung nach dem Frei staate hinein in drei Colonnen bis nach Ramdam gemacht, sei nördlich bis 4 englische Meilen vor Jacobsdaal vorgedruagen und danach zurückgekehrt. Wohin die Colonne zurückgekehrt, sagt der „Argus" nicht und schließt seine Meldung nur sehr kleinlaut mit den Worten: „Die Expedition wird al» ein nütz liches Stück Arbeit betrachtet, jedenfalls hat sie die Boeren in Bewegung erhalten." Das klingt sehr de- und wehmllthig im Munde deS rabiatesten Uitlandrrs-Organs. Der Correspondent des „New Port Herald", Herr Julian Ralph, berichtet gleichzeitig sehr eingehend über diese selbe Expedition, die nach ihm nichts andere«, denn ein Raub- und Plünderzug war. Er schreibt: Das directe Ergebniß dieser Recognoscirung scheint mager, denn wir sahen keine Boeren und zerstörten nur drei Häuser, die Land sitze von Lubbe, dem Commandant«n des Distrikt», und seiner verheiratheten Söhn«. . . . Unser Streifzug hat die letzten Be wohner der ganzen Gegend gezwungen, den bewaffneten Männern zu folgen, welche schon früher nach der Front abgegangen waren, und der Landstrich ist jetzt vollständig verlassen. Einer der Plätze, welchen wir besuchten, Ramdam, hatte allein ein Com- mando von 70 bis 80 Boeren ausgesandt, welche gegen un» bei Belmont, Graspan nnd Enslin gekämpft hatten. Sie werden nie wieder in Ramdam sich coneentriren, sich ihrer Wohnstätten erfreuen und ihre Farmen bewirthschaften, dis der Krieg zu Ende. Die Zerstörung dieser Farmen «nag als schmales Ergebniß einer dreitägigen Expedition (zumal von 2000 Mann mit Artillerie) erscheinen, indeß vermuthe ich, daß die Boeren schon jetzt dasselbe als schlimmer ansehen, denn di« Wegnahme eines Kommandos. Ich höre, eine klein« Truppe von unS hätte bei Jacobsdaal Feuer erhalten, — aber das beruht auf einem Mißverständniß, al» wir nämlich selbst eine Abtheilung Australier für Boeren hielten. Es ist verschiedentlich in diesem Kriege vorgekommen, daß Remington Scouts, die Australier und die Canadier nur mit einem blauen Auge davon gekommen sind, weil sie den Boeren ähnliche Schlapphütr tragen." Ein englischer HofkriegSrath. * London, 15. Januar. Unter der Ueberschrift: „Die Regierung und ihre Generäle" veröffentlicht heute der „Manchester Guardian" einen „von einem wohlinformirten Correspondrnten' ringesandten Artikel, welcher zeigen soll, daß dem Oberstcomman- direnden der britischen Armee, Lord W o l s« le y, an den Fehlern und Mißerfolgen des südafrikanischen Feldzuges keine Verantwortung beizumeffen, sondern daß vielmehr beim Nationalen Vertheidigungs-Ausschuß des Cabinets die Schuld zu suchen ist. Man kann annehmen, daß Lord Wolseley selbst das Material zu diesem Artikel geliefert hat, zumal der „Man chester Guardian" selbst vor einigen Tagen die Aufsehen er regende Mittheilung machen konnte, Lord Wolseley werde sprechen, wenn man ihn dazu dränge. Der Artikel lautet: „Es ist etwas schwierig, dem Laien-Publicum das System der Leitung der britischen Arme« auSeincrnderzusetzen, welches die gegenwärtige Regierung bei ihr«m Amtsantritte zur Ein führung brachte. So lange der Herzog von Cambridge das Titular-Oberhaupt der britischen Armee war, lag natürlich die oberste Autorität in den Händen deS Kriegsministers, beim Rück tritte des Herzogs erwartete man aber, daß eine Aenderung eingeführt werden würde. Der tüchtigste Soldat wurde aus gewählt und zum Oberstcommandirenden der britischen Armer ernannt, und das britische Publicum glaubte von dem Augen blicke an, daß Lord Wolseley für die Tauglichkeit der bewaffneten Truppenmacht verantwortlich sei und daß er eine größere Con- trole über die Armee ausübe, als sein Vorgänger. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine der ersten Amtshandlungen des gegenwärtigen Ministeriums bestand darin, die oberste Autorität Uber die Armee nicht auf den Kriegsminister, sondern auf den Nationalen Vertheidigungs-Ausschuß zu über tragen. Dieser Ausschuß besteht aus Lord Salisbury, Balfour, Lord Lansdowne, dem Herzog von Devonshire und Goschen. Chamberlain ist nicht Mitglied diese» Ausschusses, und der Oberstcommandirende istr» auch nicht. Es ist dies ein Ausschuß des Cabinets, und er hat die oberste Entscheidung über die meisten der Fragen in der Hand, welche, wie man ge glaubt hatte, beim Rücktritte des Herzogs von Cambridge Lord Wolseley zufallen würden. In Folge hiervon trägt der Oberst- commandirende für den Zustand der Armee sehr wenig Ver antwortung. Er hat nicht das Recht, den Sitzungen de» Nativ nalen Vertheidigungs-Ausschusse» beizuwohnen, selbst wenn der selbe Entscheidungen trifft, welche für die unter seinem Com mando befindlichen Truppen von ernstester Bedeutung find. Der Ausschuß kann ihn hrreinrusen, damit er ihm Informationen giebt, wie er jeden anderen Abtheilung-chef hrreinrusen kann, aber der Oberstcomandirende kann nicht von sich au» da» Recht beanspruchen, gehört zu werden, wie er auch keine weitere Func tion hat, als die Fragen zu beantworten, wenn man ihm welche vorlegt, und die Befehle auszufithren, welche Lord Sali-bury, Balfour, Lord Lansdowne und Goschen Ihm ertheilen. Wenn man die Wahrheit an den Tag kommen läßt, wird sich Heraus stellen, daß während der ganzen südafrikanischen Vorgänge der Nationale DertheidigungS-AuSschuß an zwei oder drei kritischen Augenblicken, theils ohne Lord Wolseley um Rath zu kragen, theils seinem Rathe entgegen handelte. Ohne in besondere Einzelheiten «inzugehen, glaubt man, daß die Punct«, in Bezug auf welche Lord Wolseleh's Rath entweder nicht eingeholt oder unbeachtet geblieben ist, folgende find: erstens die Riick- berufung des General» Buller und die Jgno- rirung seiner Warnungen, zweitens die Weige rung, ein zweites Armeekorps zu mobiltsiren, ehe es zu spät war, und drittens di« Ernennung von Lord Roberts und Lord Kitchener. Diese Dinge sind sämmtlich von den Cabinetsminifiern abgemacht worden, und dies« müssen deshalb di« ganze Last der Verantwortung dafür tragen. Derjenige wirkliche Oberstcomandirende, mit welchem das Cabinet ,u thun hatte, war nicht der in London refidirtnd»
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