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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.01.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000124014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900012401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900012401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- unvollständig: 1 Beilage (S. 629-632) fehlt
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-01
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Angesichts der Sprache der „Dmes" anläßlich der Antwort de- Grafen von Bülow auf die Interpellation wegen der Beschlagnahme deutscher Dampfer scheint es aber angebracht, den ganzen Artikel der „Saturday Review" vom September 1897, der noch heute den Anschauungen eines großen Theiles des offiziellen und des inofficiellen England entspricht, wiederzugeben. Er lautet in sinngetreuer Uebeosetzung: England und Deutschland. Der alte Weise von Europa hat gesprochen. England hat daher die Ausgabe schweigender Ueberlcgung und Borbereitung. „Das Gespräch zwischen dem Kaiser und dem Zaren"*), sagte Fürst Bismarck, Wie die „Times" citiren, „muß England zum Hauptgegenstand gehabt haben. Der alte Staatsmann hat das Wachsen der Reiser, die er in den preußischen Stamm einge pflanzt hat, verfolgt; er weiß, daß die Fürstenthümer und Pro vinzen des deutschen Reiches zu einem kraftvollen, organischen Ganzen geeint sind. Er weiß, daß Rußland, gestaltlos und un ermeßlich, eine nicht zusammendrüctbare, aber lenkbare Flüssig keit, den Grenzen Deutschlands ferngehalten werden kann, wahrend sie langsam und unaufhaltsam durch den Balkan dem Meere zufließt. Dort, in einem den deutschen Interessen ent rückten Winkel, mag Rußland den Feinden Deutschlands mit explosiver Gewalt begegnen. Und Frankreich? Erinnert Bis marck sich nicht, daß es Frankreich einst schwer wurde, die Ein heit Deutschlands als lait uc-ooinpli anzuerkenncn, daß ihn dies mit einem „vorsichtigen Mißtrauen" erfüllte und daß er des halb zu Ferry sagte: „Suchen Sie sich Kompen sationen. Gründen Sie Colonien. NehmenSie außerhalb Europas, was Sie wollen; Sie können «S haben?" Und daß Ferry, ohne daß Bismarck „je daran gedacht hätte, ihm auch nur die geringste Schwierigkeit zu bereiten — ganz im Gegentheil — Tunis erhielt"? Und, hätte er hinzufügen können, Tonkin. Frankreich, beschäftigt mit Tunis und seinem Tonkin, und Rußland, ruhig nach Osten und Süden geschoben, überließen Deutschland die leichte Aufgabe, friedlich auf seinen strotzenden Geldkästen zu sitzen, während seine Kauf leute den englischen Handel kaperten und seine Diplomaten Eng lands Diplomaten in ununterbrochene Zwistigkeiten mit anderen Ländern verwickelten. Fürst Bismarck hat das längst erkannt, was die englische Nation endlich zu begreifen beginnt, daß in Europa zwei große, unversöhnliche Mächte sich entgegensetzen, zwei große Nationen, die die ganze Welt zu ihrer Provinz machen und von ihr den Handelstribut erheben könnten: England mit seiner langen Geschichte erfolgreicher Angriffe und mit seiner bewundernswerthen Einsicht, daß es mit der Verfolgung seiner eigenen Interessen Licht verbreitet über Völker, die in der Finster niß wohnen, und Deutschland, Knochen von demselben Knochen und Blut und von demselben Blute, mit ge ringerer Willensstärke, aber, vielleicht, mit durchdringenderer In telligenz, Concurrrnt in jedem Winkel des Erdballs. Im Trans vaal, am Cap, in Central-Asrika, in Indien und im Orient, auf den Inseln der Südsee und im fernen Nordwesten, wo immer — und wo wäre sie dies nicht — die Flagge der Bibel gefolgt ist und der Handel der Flagge, dort kämpft der deutsche Reisende mit dem englischen Haussier. Wo es eine Mine auszubeuten oder eine Eisenbahn zu bauen gilt, ein Eingeborener von Brodfrucht zu Conservenbücksen, von Mäßigkeit zum Branntwein zu bekehren ist, suchen der Deutsch« und der Engländer sich den Rang abzu laufen. Eine Million winziger Streitigkeiten bilden die Ur sache zu dem größtem Kriege, den di« Welt sehen wird. Wenn Deutschland morgen vernichtet würde, gäbe eS übermorgen in der Welt keinen Engländer, der nicht reicher wär«. Völker haben Jahre lang wegen einer Stadt oder eines Erbfoig«rechts ge stritten; sind sie nicht gezwungen zu kämpfen wegen zweihundert- undfünfzig Millionen Pfund jährlichen Handels? Es liegt etwas Pathetisches In der Weise, in der der greise Staatsmann gleichzeitig daS rasche Hereinbrrchen der Kata strophe, dir er als Erster geahnt, und das Abbröckeln der Schutz vorrichtungen bemerkt, die er gegen ihr Eintreten getroffen. Be trachten wir zuerst das Nähen des Ereignisses. Dor zehn Jahren (1887) wäre die Idee eines Krieges zwischen den beiden großen protestantischen Mächten, die sich so gleich sind in Temperament und in Fähigkeiten, Jedermann, den Fürsten und vielleicht einen oder zwei wachsame Engländer ausgenommen, unmöglich er- schiemen. Vor drei Jahren (1894), als di« „Saturday Revirw" gegen die traditionell« deutsch freundliche Politik England» zu schreiben be gann, stand sie isolirt unter den leitenden Organen der öffentlichen Meinung. Al» im Februar 1896 einer unserer Correspondenten, In einer Betrachtung der europäischen Lage, Deutschland für Englands ersten und unmittelbarsten Feind er klärte, hielt man diese Aeußerung für eine individuelle lieber« spanntheit. Einen Monat später wurde in einem Londoner Tingeltangel die deutsche Flagg« au» gezischt, und als an einem Sonnabend im April rin Abendblatt seine Zeitung-träger mit dem Rufe au»sandt« „Krieg mit Deutschland", stand der Handel in Tdgware Road still, um ihnen Beifall zuzujubeln. Die Thorhelten Wil ¬ helm'» de» ... (die durch Punkte angedeuteten, gröblich be leidigenden Epitheta lassen wir wea. Red.), die deutschen Pläne im Transvaal, di« deutschen Brüche international« Besitz« in Centralafrika, jene» Benehmen in allen diplomatischen Be ziehungen, welche» Bismarck da» „ungebührliche Nörgeln der Eng länder" nrnnt, der notorische Einsatz deutscher Politik im Ge- sandtschaftlrathe zu Konstantinopel, und vor Allem die Art und Weise, in welcher England die Erkrnntniß der thatsächlichen Au»- dehnung der deutsHen Handelrconcurrenz beigebracht worden ist, all da» hat da» Semi-e gethan: jetzt erkennen England und Deutschland gleicher Weise die un mittel- bare Wahrscheinlichkeit de» Kriege». Wa» BiS- *) vom 7. bi» zum 11. August 1897 verweilte da» deutsche Kaiserpaar bekanntlich tn Rußland. marck erkannte und was auch wir vielleicht bald sehen werden, ist nicht nur der gegenwärtige scharfe Conflict der Interessen Eng lands und Deutschlands, sondern auch, daß England die einzige Großmacht ist, die gegen Deutschland Krieg führen kann, ohne furchtbares Rissco und ohne daß der Ausgang zweifelhaft iss. Deutschlands DrekbundSgrnoffen können ihm gegen England nicht» nützen: Oesterreich, weil eS machtlos ist, Italien, weil es sich nicht gegen einen Angriff von Frankreich bloßskllen darf. Die Vergrößerung der deutschen Flotte hat nichts Anderes be wirkt, als daß Englands Schlag desto wuchtiger auf Deutschs land nisdekfallen wird. Die deutschen Schiffe wer- densichbaldaufdemMeeresgrund «oderunter Bedeckung auf dem Wege nach englischen Häfen befinden. Hamburg und Bremen, der Kieler Canal und die baltischen Häfen liegen unter den Kanonen Englands bis zur Erledigung des Schadenersatzes. Wenn unsere Arbeit gethan ist, haben wir nicht einmal nöthig, Bismarck'S Worte an Ferry zu ändern; wir sagen zu Frankreich und Rußland: „Sucht Euch Kompensationen. 'Nehmt innerhalb Deutschlands, was Ihr wünscht; Ihr könnt es habe n." Gegen das Nahen eines solchen Unglücks für Deutschland und eines so sicheren Triumphes für England erblickt Bismarck keine Hoffnung in den Unterhandlungen zwischen Frankreich und Rußland. „Ich fürchte, daß alle diese Bemühungen sich als ganz vergeblich erweisen werden. Eine ernstliche, handelnde Entente mit einem ganz bestimmten Programm und einem großen Ttzeil durchdringender Einsicht und Zähigkeit würde er forderlich sein, um ein Resultat zu erzielen, das eine Mäßigung englischer Prätensionen bewirken könnte. Ich bin vollständig davon überzeugt, daß Deutschland dies nicht erreichen wird." Und ferner: „Gewiß, der Zeitpunct ist sehr günstig, den Engländern den Suez-Canal und Egypten wieder abzunehmen; ich glaube jedoch nicht, daß Frankreich dieser Frage irgend welches leiden- chaftliche Interesse entgegenbringt. Es hat vielleicht Recht, ab- luwarten, daß wir Deutschen uns noch mehr in unsere aus ländische Politik verwickeln. Denn gegenwärtig haben wir weder eine Führerschaft noch Grundsätze, sondern thatsächlich nichts, nicht das Geringste. Es ist ein Fall allgemeinen Tastens und der Verschwendung der Vorräthe an Einfluß, die ich angesammelt hatte." Es war unvermeidlich, daß England den Gesprächsgegen stand zwischen dem Präsidenten *) und dem Kaiser bildete. Aber, selbst unter den günstigsten Umständen für Deutschland — d. h. wenn Bismarck selbst die Zügel Europas in der Hand haben würde — hätte doch nur einDersuchzur Mäßigung der Ansprüche Englands gemacht werden können. In diese Verlegen heit hat daS Wühlen des deutschen Kaisers das deutsche Reich ge bracht, und dies zur Zeit, wo England zur Einsicht erwacht ist, daß es unvermeidlich ist und gleichzeitig Englands beste Hoffnung „Germanium esse ckelenckam." *) Am 23. August folgte dem Besuche des deutschen Kaiser paares am russischen Hofe der Besuch de» Präsidenten der fran zösischen Republik. Der Krieg in Südafrika. Aeußerst spärlich fließe» noch immer die Meldungen über Buller s Entsatzoperattone» DaS Fehlen aller Berichte Buller'» seit Sonntag scheint in London wieder eine pessimistische Stimmung er zeugt zu haben. In maßgebenden militärischen Kreisen wird befürchtet, daß entweder Warren eine Schlappe erlitten hat oder daß der allgemeine Vormarsch ein gestellt worden ist, bi» Verstärkungen herangczogen werden können. Dem in Pietermaritzburg verbreiteten Gerücht, Lord Dundonald sei mit 1600 Mann in Ladysmith eingerückt, da nach keine Bestätigung gefunden hat, begegnet man mit geringem Vertrauen. Ein Telegramm des „Daily Chronicle" aus SpermanSlager besagt, Warren habe Sonntag fortgefahren, den Feind „vor sich ber- zutreiben"; aber er machte nur sehr langsame Fortschritte, da die Borren allenthalben zahlreich und stark verschanzt waren. Die Boeren machen den britischen Truppen jeden Zoll Boden streitig. Ihr Maxim- und Gewchrfeuer ist geradezu unwiderstehlich. Ein gefangen genommener Borre erklärte, die britischen Truppen würden drei Monate gebrauchen, um nach Ladysmith zu gelangen. In Ladysmith wird die Lage höchst bedenklich, da die Sterblichkeit am Typhu» unv Dysenterie sich jetzt auf zehn Fälle täglich beziffert. Unser Londoner Lorrespondent wirft folgenden Rückblick auf Buller'» Vordrängen bi» zum Sonntag: General Buller hatte seit seiner Niederlage vor Colenso all« irgendwie verfügbaren und ihm theil» direct, thril» nach träglich von Eapstadt au» gesandten Verstärkungen zu sich herangezogen, große Proviantmasse» und einen Wagenpark in Frere concrntnrt, ein schmalspurige» Glei» auf, resv. neben der Straße nach Springfield gelegt, eine Anzahl Automobil-Traction«maschinen für die leichtere Beförderung seiner Artillerie geschafft und diese selbst nebst allen erlang- varen Schiffsgeschützen in seinem Hauptlager vereinigt. Seine Kundschafter hatten da» Gesammtgebiet südlich vom Tugela zwischen Frere and Springfield aufgeklärt und die Reiterpatromllrn de» Obersten Lord Dundonald ihm gemeldet, daß die Straße nach Springfield und diese- selbst vom Feinde geräumt sei. Die gesammtrn britischen Truppen waren gleichzeitig in den Lageru von Frrre und Estcourt zusammengezogen worden. Am 10. Januar begann der strategische Aufmarsch: General Warren ging mit seiner gesammten Brigade (dieselbe wird auch beute noch auf 10 bi» 12 000 Mann beziffert) von Estcourt au» arge« Springfield vor, wohin ,hm sein« Cavalieri« unter Dundonald den Weg öffnete. Am folgenden Tage folgten ihm dir Truppen au» dem Lager von Frere, d. h. die Brigade Lyttle ton, mit den Haubitzen und eia Theil der Brigade de» General» Hart. General Elery übernahm die Leitung diese» Vormarsche», und am 12. Mittag» verließ der Oberst- commandirende, General Buller, gleichzeitig mit der Brigade Hildyard und Clrry sowie dem Train und der schweren Artillerie da» Lager. Oberst Dundonald war inzwischen bereit en gewöhnlichenZeiten braucht die Postkutsche nur 4^ Stunden, um die ganze Entfernung zurückzulegen) in Springfield ein getroffen und batte einen Vorstoß bis zu Pot giet er» Furth am Tugela selbst gemacht, welche er gleichfalls vom Feinde »eräumt sand. Dieser war offenbar von allen englischen Bewegungen, wie von den Plänen deS Generalissimus auf das Beste unterrichtet, denn seine Vorposten zogen sich überall, wo immer auch nur die kleinste Zahl Engländer sich zeigte, zurück — er folgte offenbar einem gegebenen Losungsworte und einem wohlüberlegten Plane. 3m Hauptquartier war man hierüber nichts weniger denn erbaut, und der General traf die umfassendsten Vorsichtsmaßregeln gegen einen etwaigen Ueberfall und befahl auf daS Strengste, den Feind nicht ohne ausdrücklichen Befehl anzugreifen und die Truppen rberall fest in der Hand zu behalten, damit dieselben nicht in einen Hinterhalt sielen. Thatsächlich lag, vorausgesetzt, daß die englischen Spione und Kundschafter nicht sämmtlich den Boeren verkauft waren, gar keine direcle Gefahr vor, denn diese batten offenbar ihre Stellungen längs der Straße nach Springfield und in dem von dem kleinen und großen Tugela gebildeten Delta freiwillig geräumt und sich, soweit sie bis dahin auf dem Süduser de» Flusse» standen, nord östlich in der Richtung auf Colenso zurückgezogen, um den Durchgang freizugeben. Offenbar konnte erst die Zukunft zeigen, wer von Beiden bei diesen strategischen Schachzügen der Klügere war. Der Vormarsch des HauptcorpS mit den etwa 5000 Karren und Packlhieren, welche bedeutende MunitionS- und Proviant- vorrättze für lange Zeit mit sich schleppten, war um so schwieriger und ermüdender, als fast ununterbrochene Regen güsse die so schon sebr primitive Landstraße fast unwegsam gemacht batten (die schmalspurige Bahn versagte ihrerseits immer wieder) und die zahllosen, den Weg durchquerenden SpruitS (Bäche), welche fast immer durchwatet werden mußten, daö VorwärtSkommen außerordentlich hinderten. Alltäglich mußten Karren wie Kanonen von den Soldaten aus Pfützen und Sümpfen herausgeschleppt werden. Am Ende des ersten Tage« erreichte die 1. und 2. Brigade Pretoriu» Farm, etwa 10 km südlich von Springfield, wo sie einen ganzen Tag rasteten und an den folgenden Tagen der Train Buller'S reorganisiert wurde. Am 13. erreichte man Springfield, wo ein neuer Rasttag, diesmal ans France» Farm stattfand, besonders uni der Artillerie und de» Munitionswagen Zeit zu geben, die Truppen einzuholen. Am folgenden Morgen rückte die Colonne direkt gegen den Alice Kop, gegenüber der Potgieters Fnrth, aber ans dem Südnfer derselben vor, wo sie ihr Lager bezog und Tags darauf die ersten Geschütze in Position brachte. An diesem Tage war die Stimmung im Lager eine so gehobene, Laß die Osficiere zwei gegen eins wetteten, man werde vor Freitag, den 19. Januar, siegreich in Ladysmith cinzieben. ES ist anders gekommen: An diesem Freitag machte Buller die übermenschlichsten Anstrengungen, das CorpS über den wieder anschwellenden Tugela zu bringen, oder wenigstens einen Theil der Artillerie hinüber zu schaffen, aber Alles vergebens, und an dem folgenden Sonnabend wurden auch die Brigaden Warren und Lyttleton, welche zuerst den tückischen Tugela übersetzt halten, auf dessen Nord user zurückgeworfen und überdies getrennt. Aber wir greisen den Ereignissen vor. Buller batte bei seinem Abmarsche den größeren Theil der Brigade Barto n mit der dazu gehörigen Artillerie in Frere zurückgelassen mit dem Auftrage, den Feind vor Colenso festzubalten und durch ein möglichst kräftiges Bombardement seine Auf merksamkeit von dem Marsche gen Westen abzulenken; dieser aber war offenbar besser unterrichtet und ließ sich nicht täuschen. Er blieb ruhig in seinen Schützen gräben südlich von Colenso und antwortete auf General Barton'S Scheinattaque nicht. Am 15. bezog General Buller sein Hauptquartier in SpearmanS Lager, etwas südwestlich von Springfield und südlich vom Alice Kop. Die Cavallerie meldete, die Boeren gingen bis etwa 8 km auf dem nördlichen Ufer zurück auf ihre erste Ver- theidigunßslinie, die übrigens außerordentlich stark sei und sich thatsächlich von dem die Straßen nach den Frcistaat- pässen beherrschenden Spion Kop im Westen in weitem Doppelbogen bis »ach Colenso zöge. Am 16. ging LYttleton' s Avantgarde um 8UhrAbendS die schroff abfallende Südbank deS Tugela hinab, durchfurthete, Mann sich an Mann haltend, den vcrrätberischcn Fluß und gelangte glücklich ans andere Ufer, un, sofort auf eine kleine niedrige Hiigelreihe vorgewo^sen zu werden. Dieselbe trägt den Namen Onc- trrehill, besteht aus drei niedrigen KopjeS und bildet heute — leider — noch Buller's einzige Stellung. Gleichzeitig überschritt Sir Charles Warren mit seiner Division 10 km weiter westlich den Tugela durch die TrichardtS Furth mit Hilfe einer leichten Seilpontonbrücke (die übrigens nur eine gewöhnliche Fähre gewesen zu sein scheint, während die eigentliche Pontonbrücke erst am folgenden Tage hergrstellt wurde). General Warren wurde hierbei durch vorgeschobene BoerenpiquetS gestört, aber Lurch ein anhaltende» Bombardement seiner auf dem Südufer zurück gebliebenen Artillerie gedeckt. E» gelang ihm schließlich, seine fämmtlichen Truppt», nicht aber seine Artillerie, Über den Fluß zu bringen, und mit denselben einige klein« An höhen gegenüber dem Spion Kop zu besetze», wo er sich leicht verschanzte. An diesem Abend erhielt Buller zum ersten Male genauer« Nachrichten über di« Stellungen de» Feinde», die danach außerordentlich viel stärker erscheine», al» der General oder irgend Jemand erwartet. Leider gab da» plötzliche Wirderanschwellen de» Flusses den Boeren Gelegenheit, ihre Positionen noch weiter zu verstärken, und da, wo Buller in blitzschnellem, hand- streichartigem Angriffe einen numerisch schwächeren Gegner »u überrumpeln hoffte, steht er jetzt vor einer Fortisicativn»- linie, auf die «in Angriff noch schwieriger erscheint, als auf die Positionen vor Colenso. Aus dem Nordufer de« Flusse» bat Buller lediglich drei Bataillone Infanterie (2. Schottische Schützen, 2. King» Riste» und 1. Dorbam leichte Infanterie), dir sogenannte 1. Schützenbrigade, d. b. im Ganzen etwa 3600 Mann, und sechs FünfzigpfÜnder der Haubitzenbatterik. Diese stehen dicht vor dem Ufer auf Onetreehill, eine Stellung, welche er nicht einen Augenblick den offen bar überlegenen Streitkräften des Feindes gegenüber zu halten vermöchte, hätte er nicht seine schwere Artillerie glücklich auf dem vom Südufer der Furth sich hoch empor hebenden Alice Kop gebracht, welcher so mit seinen Kanonen die auf dem Nordufer liegenden englischen Truppen deckt, wie er ebenso SpearmanS Lager und da» Hauptquartier schützt. Etwa 7 km nördlich vor den Engländern erhebt sich eine mächtige Hügelreihr, die Brak-Fo nt ein- KopjeS, welche sich westlich bi- zum Spion Kop erstreckt und östlich in daS Thal abfällt, durch welches Buller nach Ladysmith zu gelangen hofft. Die Brak-Fontein-Kopjes bilden der Entsatzarmee gegenüber liegend die erste starke und Wohl mit Artillerie besetzte Vertheidigungs- linie der Boeren, sozusagen ihre Vorpostenkette, und doch ist eS schon heute klar, daß Buller nicht einmal daran denken kann, diese zn nehmen, so lange nicht seine fämmtlichen Truppen über den Fluß gebracht und seine Artillerie in der Lage ist, näher heranzukommen. Diese selben Brak-Fontein-KopjeS schieben sich gleich zeitig zwischen Lyttleton's Brigade und General Warren vor, der seinerseits die geplante Umgehung der äußersten rechten Flanke des Feinde» aufgeben mußte, da auch er sich nicht stark genug fühlte, die un erwartet schwer befestigte Spionkop-Stellung zu umgehen, als er auch die Straße von Acton Homes nach den Pässen sich verlegt sah. So sitzen also die beiden ersten englischen CorpS zwischen Spion Kop, Brakfontein und dem Tugela sozusagen ein gekeilt fest und warten auf die Andern. Aber damit nickt genug, berichten englische Kundschafter, daß die stark befestigten Stellungen der Boeren sich auch im Nordosten in un unterbrochener Reihe bi» Colenso Hinziehen und der Feind den im Thale zwiscken den Brak-Fontein-Kopjes und dem Omdeebrook-Plateau sich erhebenden Arnot Kop ebenfalls mit Schützengräben und Artillerie versehen hat. Dieser Kopje beherrscht dir englische Front und gleichzeitig beide Thalschluchten de» Tugela, des SnowdropflusseS, wie dieStraße von Acton Home» und Dewdeop nach Ladysmith zu. General Warren würde also, selbst wenn ihm die Umgehung der feindlichen rechten Flanke nachträglech gelänge, sich hier ebenso vor einer neuen Barriöre finden, wie General Lyttleton, wenn letzterer, nach Ueberschreitung deS Flusses von den Brigaden Hart und Hildyard verstärkt, sich der Höhen von Brakfontein sieg reich bemächtigt hätte. Die vereinigten englischen Truppen würden sich dann erst vor der zweiten VerthridigunzSlinie deS Feindes befinden, welche ans den KopjeS Maria (am Blaauwtank Spruit), Roodepoort, ^Arnot, und End Hill besteht. Nchdem diese genommen, würden die Eng länder sich vor der letzten, aber auch bedeutendsten Defensivstcllung Ioubert'S befinden, die vom Black- Hill über Lest Kopje, Lacer Kop nach Middel Hill bis zum Isimbulwana führt. Jenseits dieser dritten Linie befinden sich die Hügel, von denen aus die Boeren Ladysmith gefangen halte». Am 17. suchte die englische Artillerie die feindlichen Schützengräben erfolglos ab, während Oberst Dundonald die Gegend westlich vom Spions Kop auSkundschaftete und ein leichtes Scharmützel mit dem Heilbronner Commando hatte. Am 18. wollte der General den Uebergang über den Fluß für Hart und Hildyard, sowie die Artillerie erzwingen, und gleichzeitig den Feind beschäftigen, um General Warren Gelegenheit zu einer Flankenumgehuna zn geben. Aber die Engländer richteten nichts auS und Warren'S Versuch schlug fehl. Der Fesselballon ließ die Stellungen deS Gegners als viel zu stark erscheinen, al» daß an einen Infantcrieangriff hätte gedacht werden können. Die feindliche Infanterie antwortete nicht und selbst das furchtbarste Shrapnellfeuer der Marinegeschütze schien die dicht gedrängten Insassen der Schützengräben nicht weiter zu be unruhigen. DaS schwere Bombardement diese» ganzen Tages blieb sonach völlig ergebnißloS. Sonnabend er neuerte General Warren feinen Vormarsch; diesmal weniger in der Hoffnung, eine Umgehung deS Feindes durch setzen zu können, als um die Straße nach Acton HomeS und von hier au« Fühlung mit General Lyttleton's Brigade zu gewinnen. Der Kampf, welcher im großen Ganzen sich auf rin Manövriren und Borpostengrsechte beschränkte, dauerte den ganzen Tag an, aber be reits am Nachmittage mußte General Warren, welcher die Landstraßen vor ihm gesperrt fand, sich gegen den Tugela zurück und von Lytstleton'S Positionen weiter abdrängen lassen. Letzterer suchte vergeben» General Warren Lust zu schaffen; seine Haubitzen bliebe» ebenso wirkungslos, wie die schweren Geschütze von Alic« Hill, und selbst al» er seine Infanterie gegen di« vordersten Schützengräben der Boeren vorschickte, mußte dieselbe un verrichteter Sacke in ihre Positionen auf Onetreehill znrück- gehen. Die englischen Verluste dürften etwa 3 bi» 400 Mann betrage», die General Warren» sind noch un bekannt; ob und welch« verlustt di« Barren gehabt, wissen wir nicht. Am Sonntag, den 21. d. M., ward der Kampf er neuert. Buller hatte eiligst di« Generäl« Cl«rtz und Hart seinen, schwer bedrohten linke« Flügel j« Hilke gesandt (über welche Truvpeuanzahl Geaeral Warren danach »e,fügte, wird ebenso wenig gesagt, wie, ob e» gelang, Lrtilleri« über den Tugela zu bringe», oder ob dies« nur vom Südnfer au« eingrisf). General Warren griff um 7 Uhr früh di« vordersten Schützengräben de« Feinde» vor dem Spion Kop an und versuchte sich au« der ihn halbkreisförmig um klammernden Umarmung frei zu machen. Umsonst! Gegen 11 Uhr eilte ihm dir Brigade Hart :u Hilfe, aber auch dieser Angriff blieb ersolglo» — di« englischen Truppen konnten nicht au« ihrer Deckung nabe genug an den Feind berangrbrackt werden und campirten schließlich darin während der Nach» zum Montag. Buller hatte indessen säst sei».
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