Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.01.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000131028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900013102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900013102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-01
- Tag1900-01-31
- Monat1900-01
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8S2 V L «» ^r- unfolgsamen Vetter- dtn bestimmt erhofften, ln Hilfe !n Noth bestehenden Dank wohl schwerlich noch erwarten zu dürfen glaubt. (D-i Schluß deö Blattes war die Fortsetzung des Bericht- über die Adreßdebatte noch nicht eingetroffen. Mir behalten uns vor, auf dieselbe nochmals zurückzukommen.) Der Krieg in Südafrika. -L». Zn England kann man sich unbedenklich schlafen legen, de- Reichs Interessen liegen in sicherer bewährter Hand, denn Lor- Roberts bat dem KriezSamt abermals-gestern Abend — ein Tele gramm gesandt,welches besagt: Drevage ist unverändert. „Lieb Vaterland magst ruhig sein...—" Mittlerweile machen die Boeren Versuche, Buller zu umgehen und cinzuschließen, was für ihn, da er nicht auf lange hinaus mit Proviant versehen ist, ein höchst gefährliches Ding wäre. Dundonald's ver schollene Reiterbrigade soll, wie das „Renter'sche Bureau- erfährt, am Sonnabend sich am Südufer deS Tugela eingefunden haben. Amtliche Bestätigung bleibt ab- zuwarteu. lieber die Verfassung, in welcher die Truppe sich befindet, sagt „Reuter" nichts. Unverständlich ist die weitere Meldung des Bureaus, Lhttletou'S Brigade habe noch ihre ursprüngliche Stellung inne. Ja, wo denn? Einmal berichtete das KriegSamt, die Brigade habe am 24. nördlich der PotgieterS Drift gestanden, dann behauptete „Reuter", es sei nichtwahr, diese Truppe sei es vielmehr ge wesen, welche am 23. den SpionSkop gestürmt habe. Dieser aber ist doch vollständig von den Engländern ge räumt! Oder sollte „Reuter" verblümt andeulen wollen, daß die Brigade Lyttleton am SpionSkop von den Boeren cernirt resp. gefangen ist? Oder aber — und daS ist wohl daS Richtigere — bat das KriegSamt Recht gehabt und hat Lyttleton doch bei PotgieterS Drift mit den Boeren in heißem Kampfe gestanden? DaS im Morgenblatt mitgetheilte Tele gramm, nach welchem die weiteren englischen Verluste bei der Operation am Tugela vom 2V. bis 26. Januar 23 Todte und 278 Verwundete betragen, in welchen Ziffern die Ver luste am SpionSkop nicht eingerechnet seien, scheint daraus hinzudeuten. Eine höchst ungünstige Wendung fangen die Dinge bei ColeSberg im Norden der Capcolonie für die Engländer anzunehmen. Es wird uns berichtet: * Pretoria, 30. Januar. („Reuter's Bureau.") Aus Cole», berg wird vom 27. d.Mts. gemeldet: Cominandant Delorey be richtet, daß er am Donnerstag eine starke englischeAbtheilung, die vorrückte, angegriffen und mit schweren Verlusten zurück geschlagen habe. Auf Seiten der Boeren seien 2 Mann leicht ver wendet worden. General Grobler berichtet, Laß seit Tages anbruch ein heftiges Gefecht im Gange sei. Die Engländer ver suchten mit einer starken Streitmacht die Stellungen der Boeren zu umfassen. Schümann, der auf der Hut war, kam Grobler zu Hilfe. Er kehrte um 8 Uhr Abends zurück und meldete, daß die Engländer geschlagen seien, und die Boeren ihre Stellungen behauptet hätten. Der Verlust der Boeren be- zisfert sich auf fünf Verwundete. Ter Verlust der Engländer ist nicht bekannt, aber er muß bedeutend sein. Auch ein anderer Versuch der Engländer, die Stellungen der Boeren zu umfassen, wurde vereitelt. Noch vor wenigen Tagen hieß eS, die Boeren seien bei EoleSberg enger und enger umfaßt und machten vergebliche Anstrengungen, sich ans der Umarmung General French'S zu befreien. DaS waren Phantasien englischer Berichterstatter, denen nun wohl nichts anderes übrig bleibt, als das Geschäft deS WolkentrelenS anfzngcben und au den Boden der Wirklichkeit zurückzukehren. ES sieht da nicht sonderlich einladend auS, aber der Wahr heit werden die Herren vom Draht die Ehre doch endlich geben müssen. „Reuter" sängt ja schon an. DaS KriegSamt bat also — vorbehaltlich seiner ersprießlichen Censurgerechtig- keit — nichts dagegen. DaS gleiche Telegramm meldet unS übrigens, daß die Beschießung Kimberleys fortdauere. Um was kämpft England k L. 6. London, 29. Januar. Die Frage um Ziel und Ende dieses Krieges wirft heute, am Tage vor dem Zusammentritt deS Parlaments, dasjenige englische Blatt auf, welches sich während dieser ganzen Krise als den ruhigsten, sachlichsten und scharfsichtigsten Beobachter ans englischer Seite erwiesen hat, der „Morning Leader"; obwoh auch dieses Organ eine gewisse Tendenz, sich über offene Thatsachen hinwegzutäuschen, nicht ganz unterdrücken kann. ES schreibt: „Um vaS kämpfen wir? Da- Parlament hat ein Recht zu wissen, ob um die Beschwerden der Nitlander, oder um daS Trans- vaal und seine Goldfelder zu annectlren. Die Führung deS Krieges geht unsere Militär- an. Die Dauer desselben ist eine Frage für da» Parlament und eine Frage, die nur beantwortet werden kann, wenn die Nation durch dasselbe erklärt hat, welches Ziel sie zu erreichen und welchen Ehrgeiz zu befriedigen sie sich vorgenommen. Worauf eS in Wahrheit ankommt in der gegenwärtigen Verwicklung, das ist die Regelung, welche wir nach der Beendigung deS Kriege- beabsichtigen. Aber eine Debatte über diesen Punct (die Feststellung der große» Linien, auf denen diese Regelung stattfinden soll) involvirt auch eine Kritik der Ber« gangeoheit. Haben die Boeren den Krieg gesucht, haben sie gegen da» Reich conspirirt, dann können sie vielleicht nicht auf »in größere- Maß von Generosität rechnen (man sieh», daß selbst diese- maßvollste aller englische» Blätter an dem endgiltigen Siege der Engländer auch nicht einen Augenblick zweifelt und die Boeren gerade wie der ärgste Jingo al- von der britischen Gnade abhängige Rebellen behandelt). Wenn aber im Gegen theil unsere „Diplomatie" den Krieg provocirt hat, wenn wir über die guten Gründe für denselben getäuscht, wenn da- ganzeJmbroglio da-Resultat einer Agitation ist, hervorgerusen und bezahlt durch eine E ltq ue von Kapitalisten, dann muß dies« Ent- drckung, wenn dirNation sie auch erst spät amTagr macht, auf dieFriedenS- bediagungen zurückwirkrn. Selbst wenn e» strenge Gerechtigkeit wäre, da- Trav-vaal zu annectiren, so könnte diese Annexion doch höchst unpraktisch sein. Aber um diese Frage dreht sich rin« andere. Da» Parlament muß nicht nur entscheiden, welche Politik wir in Südafrika verfolgen wollen, sondern auch, wer sie ausführen soll. Die Frage kann «- nicht beantworten, ohne die Vergangenheiten aufzuwühlea; wir können die Zukunft unsere» Reiche» nicht einem Mann« anvertrauen, der sich von der Anklage nicht reinigen kann oder will, heimlich an dem Jameson-Linbruch« betheiligt ge wesen zu sein. Ja der letzten Session appellirte er an die »Odo« fugsa", die-mal steht er vor einem neuen Factum. L» ist nicht rin» der geringsten Aufgaben der Opposition, au» Herrn Chamber lain eia« Erklärung über den HawkSleh-Dosfier heran», zupreffra." Aber der „Morning Leader" selbst will von irgend einer eigentlichen Action gegen die Gesammtregierung nicht» wissen, er begnügt sich mit dem Kopfe Ehamberlaiu'S, wenn er ihn kriegen kann, wa» mehr denn unwahrscheinlich, denn die große Masse sieht in ihm immer nock den Retter in der Noth, den Mann der Action und der entschlossenen That. Ein V-erelltrief. Die „Mgdb. Zig." erhält aus Magdeburg-Sudenburg ölgenden interessanten Brief zur Veröffentlichung zugesandt: Schoongezicht.6. December 1899. Lieber Wilhelm und Toni! Eure lieben Briefe vom 13. October habe heute empfangen und freue mich, daß Ihr Alle noch gesund seid . . . Ernst ist im Kriege und streitet für die Freiheit und g-gen englische Unter drückung. Ich schließe seinen letzten Brief bei. Bei Kimberley war er in ein paar kleineren Gefechten, doch am 23. d. M. in einer großen Schlacht b-'i Belmont, ein Flecken zwischen Modderriver und Oranje River, südlich von Kimberley. Da waren 1200 Freistaatled und 800 Transoaaler, unter Letzteren Ernst. Die Schlacht begann um ^/»O Uhr Morgens und dauerte bis ^7 Uhr Abends. Sage und schreibe gegen 10000 Engländer!! Als'das Gefecht am heißesten war, bemerkten die Transvaaler, daß sic.vollständig eingeschlossen waren, vor sich die gewaltige Menge Infanterie und Artillerie und hinter sich die Eavallerie, die Lancers. Aber 800 Boeren geben sich nie gefangen. Sie schossen ihren Weg durch, so Laß sie den Feind bis auf sechs Meter vor sich hatten; sie mußten über Hausen von tobten Pferden und Leichen durch und kamen glücklich heraus mit einem Verlust von 18 Tobten und Verwundeten, der Verlust der Freistaatler war circa 40, doch der der Engländer wenigstens 1500, wie sie selbst bekennen. War da nicht eine Beschiitzung einer höheren Macht thätig? War das nicht ein Wunderwerk Gottes? Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte! Und wir werden uns nie von England unterdrücken lassen, und schickt England noch 'mal so viel Truppen hinaus. Leider fiel der Sohn unseres Generals de la Rey bei dieser Gelegenheit. Zwar muß ich bemerken, daß diese 800 Mann aus gesuchte Leute waren. Tüchtige Schützen und Reiter. Die Afrikaner haben eben von Kindheit auf die Gelegenheit, sich im Reiten und Schießen zu üben. Nimm nur meinen zweiten Sohn Raymond, 16 Jahre alt; dieser hat sein eigenes Mausergewehr und Pferd. Ein Stein bock auf 300—500 Parbs ist seine, Fehlschieben passirt selten. Patronen sind verhältuißmäßig theuer, und wir haben auch keine Patronen über, um zum Vergnügen wegzuschießen. Mr werden sie noch alle nöthig haben!! — Ich hojfe, Ernst kommt mit Herler Haut zurück, er wird sehr gepriesen seiner uner schrockenen Tapferkeit wegen. Da haben wir nun das Resultat von den Aufwieglern, den großen Financiers, mit Rhodes und Chamberlain an der Spitze, wie ich in meinem letzten Brief schrieb. Unterdrückung der eng lischen Unterthanen! Dummes Zeug, das war nur Vorwand. Das Gesetz war erst hier folgendermaßen: Nach zweijähriger Wohnung im Lande tonnte man sich naturalisiren lassen uno hatte das Recht, für den zweiten Raad zu stimmen, nach fünf zehnjährigem Aufenthalt für den ersten Raad. Transvaal gab ein und that, was von England bei der Bloem- fonteiner Konferenz verlangt wurde, nämlich volle StirMn- gerechtigkeit nach fünfjährigem Verbleib im Lande. Da war England nicht mit zufrieden, zog die Verhandlungen in die Länge und schickte inzwischen Truppen auf Truppen nach Afrika. Das war doch klar genug. England wollte nicht die Stimm gerechtigkeit seiner Unterthanen, England wollte das Land! Die Goldminen! Wenn wir keine Goldminen hätten, hätte sich Eng land den Teufel um uns gescheert; denn in England kriegt ja Nieiwand das Recht, Mitglieder für „tste House ok istoräs" zu wählen, und lebt er hundert Jähre dort; nur für „rlre Louse vk Ooimuons" können sie wählen. Nur unser erster Raad steht gleich mit „tlre House ot Iwrcls". Die Lügen, die verbreitet werden über unK Transoaaler, sind schändlich. Ihr müßt denken, wir sind Räuber und Mörder; doch da gilbt es keine friedlichere Nation, als die Bauern, doch Gott bewahre, wenn sie erst einmal zn den Waffen greifen. Wir fechten nicht für Geld; die Boeren lassen Haus und Hof, Frau und Kind zurück, müssen die größten Entbehrungen ausstchen, aber wir wissen, wofür wir streiten, und so lange noch ein Boere lebt, wird England fechten müssen; selbst wenn England uns unterdrücken sollte durch seine Uevermacht, es wird ein zweites Irland werden, da wird stets ein Haß bestehen, bis der Tag kommen wird, wenn Englands Größe in Trümmern liegt. Ich denke, wenn England je einen dummen Streich gemacht hat, dann hat es Liesen jetzt gethan. Dies ist nur der Anfang zu einem Weltkrieg, und England ist daran schuld! Oder besser Chamberlain mit seiner Jingo-Clique. Da sind ehrenwerthe Männer in England, die ihre warnenden Stimmen erhoben haben, aber das Gelüste nach Golv erstickt alle besseren Gefühle. Es ist ein Wunder, daß ich Euren Brief empfangen habe; bis jetzt wurden unsere Briefe nicht befördert, da alle per eng lische Dampfer verschickt wurden, doch jetzt sind französische und deutsche Schiffe bereit, die Post zu befördern. Euer Brief kam sicher per Dampfer „Reichstag", auf welchen geschossen wurde durch den englischen Dampfer „Thetis". Diese Gegend, wie überhaupt der Transvaal- und Freistaat, find verschont geblieben vom Kriegsschauplatz. Wir folgten dem Verspiel Preußens, wenn möglich, den Kriegsschauplatz in Feindes Land zu haben. Was wir hier befürchten, ist nur, daß England die Kaffern- stäinme aüfwkegelt und diese uns ansallen werden, wie dies ver gangene Woche weiter hinauf im Norden passirte, wo der Kassern- häuptling Khama einen Einfall auf wehrlose Frauen und Kinder machte; jedoch auch da ist schon wieder ein Kommando Boeren zusammen, die die Kaffern im Zaum halten werden. Mer denkt Euch, wie schwer haben wir's, auf allen Seiten müssen wir fechten. Im Norden gegen die Charteret» Compagnie und nun noch die Kaffern, im Süden in Natal, im Westen von Wetschuanaland ab bis zur Capcolonie. Da konnte kein Mann zu Hause bleiben, nur die Frauen und Kinder sind zurückgeblieben, sie müssen auf das Bich aufpassen und müssen pflügen. Denkt Euch nur, wenn die Kaffern nun noch ausgemacht werden, was für ein Unheil können sie anrichten, was für einen Greuel über die unprotectirten Frauen. Ich will nun schließen mit dem heißesten Wunsche, daß der gerechte Gott England strafen wird für diesen Raubzug, denn Ursache zum Kriege existirte nicht. Herzlichen Gruß. Euer Schwager und Bruder E. Böhme. i Schlechte Behandln»» der Freiwilligen. * Landon, 27. Januar. Die Beweggründe des Kriegs amtes in der Leitung des südafrikanischen Krieges sind für den Laien schwer verständlich. Es sind keine sechs Wochen her, feit die Regierung nach General Buller's Niederlage vor Colenso jenen hochwichtigen Aufruf an die freiwilligen Truppen erließ, den die Bürgersoldaten der Deomanry und der Dolunteers mit Begeisterung beantworteten. Jetzt scheint eS beinahe, als ob man im Kriegsamt vor den Geistern, die man rief, Angst hätte, und sie gern wieder los sein möchte. Jedenfalls tritt diese- Gefühl zu Tag« in der schäbigen Behandlung, die man dem Leib regiment des Loro Mayor, den in der City angeworbenen Frei willigen, zu Theil werden läßt. Heute schifft sich die dritte Ab- thrilung von etwa 150 Mann im „Pembroke Castle" rin, aber diese Freiwilligen müssen als Fahrgäste Karten lösen, auf eigene Kosten oder auf Kosten de» zur Ausrüstung gesammelten Fond», weil die Admiralität ihnen keine freie Urberfahrt in einem Transportdampfer geben kvnn oder will. Auch sind alle drei Abth-ilungen verschifft worden, ohne daß einer der hohen Offe rier« sich di« Mühe genommen hätte, sie vor der Abfahrt zu be sichtigen. Der Lord Mayor natürlich hat ihnen mit gebührendem Pomp da» Ehrenbllrgerrecht der City unentgeltlich ertheilen lassen und die letzten 150 haben obendrein gestern mit ihm feierlich im Manfionhouf« gespeist. In schroffem Gegensatz zu dieser amtlichen Kühl« steht die Anerkennung, die man in den höchsten Kreise« fikli ktrltkeneii Deömrn zolkk, bon denen heule ebenfalls ungefähr 1000 Mann sich nach dem Kriegsschauplatz einschiffen. Gestern hat sogar der Prinz von Wales fünf Compagnien dieser Truppe im Hof der Albany - Caserne besichtigt unv den Ofsi- rieren und Mannschaften das von ihnen erwartete Lob gespendet. Bei der Einstellung dieser „Imperial Ueomanrh" hatte man in Bezug auf die Bekleidung keine strengen Vorschriften erlassen, blos für den Waffenrock war der Schnitt des Norfolkjackets vorgeschrieben und eine unbestimmte Färbung verlangt worden. Als Kopfbedeckung sollte ein weicher, breitkrämpiger Schlapphut dienen. Die gestern besichtigten Mannschaften trugen fast aus schließlich die Khakiuniform und die Meisten erschienen in Hüten. Bemerkenswerth ist, daß weniger Pferde mitgenommen werden als Mannschaften, weil man darauf rechnet, in Südafrika australische Pferde und Basutoponies zu finden, obschon uner klärlicher Weise das Kriegsamt den ihm vor Monaten an- grbotenen Ankauf von 15 000 dieser ans Klima gewöhnten Thiere abgelehnt hat. Diejenigen, die von der Einstellung der Frei willigen und der Deomen eine Demokratisirung des Kriegs dienstes erwarteten, sind durch die Thatsachen arg enttäuscht worden. Der ausschließliche Classen- und Kastengeist, der daS öffentliche Leben Englands auch in unseren demokratischen Tagen entstellt, kommt sogar hier zum Ausdruck; denn nur Herren mit einer kräftigen Bankbilanz können unter den „Dandyreitern", dem Leibregiment des -Herzogs von Cambridge, Dienste nehmen. (Voss. Ztg.) Meine Erlebnisse t« ElandSlaagte. Von Egon Moschö. Nachdruck »erLoNa. (Schluß.) Der Kriegsoath, der am selben Nachmittag zuscunmentrat, beschloß, das deutsche Corps habe am nächsten Morgen zeitig auf- zubrcchen, um die Stellung Potgieter's, der sich ziemlich weit vorne befand, zu verstärken. Uebernachtet wurde in dem Güterschuppen der Station. Ich brauche eigentlich wohl nicht zu sagen, daß ich vorzüglich schlief. Aufgestanden wurde sehr früh. Um 4 Uhr sattelten wir die Pferde, aber es wurde 5 Uhr, «he wir losritten. Wir waren noch keine 200 Schritt von der Station entfernt — da, ein Zischen in der Luft, ein Krach, eine Explosion — die erste Granate war durch das Blechdach desselben Güter schuppens gefahren, den wir soeben verlassen hatten! Das brachte Leben ins ganze Lager. Die uns zur Linken liegenden Höhen wurden sofort erklommen. Das deutsche Corps hatte, >da es das erste war, den äußersten linken Flügel beseht; etwas rechts rückwärts waren unsere zwei Kanonen postirt. Ich muß bekennen, daß es mich später selbst wunderte, mit welcher Kaltblütigkeit wir alle diese erste Granate ausgenommen hatten. In vollkommenster Ruhe sprengte die ganze Truppe die Höhe hinan, um ihre Stellung gegen den Feind einzunehmen. Tas Gefecht dauerte nicht lange; es war vorzugsweise Artilleriefeuer. Die Engländer schwiegen bald und zogen sich unter Zurücklassung eines Munitionswagens zurück. Einzelne Gewehrschüsse wurden wohl gewechselt, aber keiner traf in unsere Stellung. Mir kommt es vor, als ob die Engländer nur ein Scheinfeuer inscenircn wollten, um uns zur Entwickelung und Demaskirung «unserer Kräfte zu zwingen, auf das sie darnach ihre eigenen Angriffscolonnen formirt hätten. Schiel ritt nun mit 25 Mann, darunter AloeLyll und Zep pelin, nach rechts ab, und wir Anderen blieben hinter unseren Deckungen liegen. Die Pferde befanden sich hinter der Höhe und wurden von ein paar Mann gehalten. Ich ritt die ganze Stel lung ab; sie beschränkte sich auf 'vier Kopjes. Vor uns erstreckte sich ein flach gegen Südwesten abfallender Rücken. Knapp daran ging die Eisenbahnlinie. Gegen 2 Uhr sing es an lebendig zu werden; es kamen drei Züge aus -der Richtung von Ladysmith, und gegen 3 Uhr kamen «wir ins erste Feuer. Die Engländer be schossen uns mit Shrapnels auf etwa 1500 Meter. Die Wir kung derselben war jedoch, sprclell auf der Seite, wo ich stand, fast gleich Null; nicht etrov, als ob die Engländer schlecht ge schossen bätten, aber ihre Projectile scheinen nicht viel zu taugen. Bald darauf aber ging eine Viel unangenehmere Musik an. Die Infanterie begann zu feuern, und dazu kam das Schnarren der Maxim-Mitrailleusen. Ich müßte lügen, wollte ich sagen, daß ich vollkommen kalt blieb. Ich habe mich während der ersten halben Stunde nicht recht getraut, meinen Kopf zwischen den zwei Steinen, die mich deckten, hinauszustecken, denn uns überschüttete zeitweise ein wahrer Hagel von Geschossen. Aber man gewöhnt «sich schließlich an Alles. Als wir sahen, daß von den vielen Kugeln nicht eine einzige traf, sondern daß alle Geschosse hoch über uns gingen, begannen auch wir recht tüchtig zu schießen. Das Regiment, das uns angriff, waren die Gordon- Highlander, leicht erkenntlich an ihrem Kilt, den sie über die kurzen Hosen trugen. Ihr Schießen war herzlich schlecht, aber ihr Angriff glänzend — sie griffen wie auf dem Manöoerfclve an. Sie stürmten im Laufe des Nachmittags mindestens sechs mal gegen uns an, aber näher als auf 400 Meter kamen sie nie. Es wurden ganze Reihen von uns niedergeschossen. Ich feuerte vollkommen automatisch, obschon nicht ins Blinde hinein, denn ich nahm mir immer einen Mann. Ich bin auch sicher, baß einige von meiner Hand gefallen sind. An «inen erinnere ich mich besonders gut. Es war ein außerordentlich langer Kerl, mit buschigem, schwarzem Schnurrbart, ein Flügelmann eines Schwarmes. Er stand beim Vorrücken nicht rasch genug auf, sondern blieb einen Augenblick in den Knien. Ich nahm ihn auf 500 Schritt, knapp unter dem Rande seines Helmes, aufs Korn. Er griff eben nach seinem Helm, der sich etwas verschoben hatte, als ich losdrücktr. Nachdem sich der Rauch etwas ver zogen batte, liefen die übrigen noch vor, aber der lange Flügel mann fehlte. Gegen 6 Uhr begannen die Gordon-Highlander eine Flanken bewegung zu machen, und ungefähr um 6 Uhr hatten wir Feuer von drei Seiten. Mr waren umgangen worden, und es ist ein Wunder (odcr Fahrlässigkeit der Engländer?), daß dies nicht schon früher geschehen war, denn Truppen hatten sie genug dazu. Es waren im Laufe des Nachmittags noch drei andere Züge her- ansgekommcn, und die Engländer verfügten iiber 10 bis 20 Kanonen. Unsere Artillerie, die vorzüglich schoß, hatte sich bis zur letzten Granate gehalten. Die Situation war gefährlich geworden. Ich sah, daß der rechte Flügel fast ganz verlassen war nnd daß ich nur noch mit ein paar Anderen auf der Kopje saß. Zwei Schritte von mir war Einer todt niedergefallen, -und sein Nebenmann, der sich über ihn bückte, um in sein Gesicht zn sehen, erhielt im selben Augenblicke einen Schuß durch dcn Kopf. 8auvo gui r»sut ! Die Highlander rückten mit dem Bajonett auf 100 Schritt an. Ich sprang die Klippen hin unter, über Pferdekadaver und Menschenleichen stolpernd. Wie ich in die Schlucht, die sich hinter unserer Stellung befand, hin untergekommen, weiß ich nicht. Unten war ich ziemlich sicher. Aber wo befanden sich die Pferde? Die Leute, die sie hielten, waren längst auf und davongeganyen. Es war schon fast ganz dunkel. Einige Pferde standen umher; eS begann wieder ein feiner Regen, und wieder senkte sich der Nebel, der uns in der vorigen Nacht so sehr belästigt hatte. Ich suchte und fand kn der That mein Pferd. Ich wartete noch einen Moment, dann saß ich auf und ritt los. Noch eine Salve krachte, sie schlug weit über mich in die Klippen — dann ein Hornfignal, und dann blieb Alles ruhig. Nun fing ich an, mich zu orientiren. Ich mußte jedenfalls in der Richtung nach Newcastle zurück (denn dort lagen noch Leute von unserer Abteilung), wenn möglich, bi» zur Farm, und dazu mußte ich stark nach recht» abbiogen, um di« Brück« zu gewinnen oder in dieser Gegend beiläufig den Spruit zu über schreiten. Ich ritr daher — allerding» auch nicht in der aller sichersten Stimmung — die Schlucht entlang und bog dann in ebene Feld hinein. E» war dichter Nebel und Regen; ich sah keine zehn Schritt vor mir. Kaum war ich fünf Minuten cm» der Schlucht hinau» — da, Pferdegetrappel, Geschrei auf der linken Seite, «» schien geräd« auf mich herzukommm. E» kam immer näher — zuerst sprengten einzelne, vielleicht 30 Schritt, er» mir vorbei —, es mußten Flüchtlinge sein, und dann eine compacte Masse. Deutlich hörte ich: „Otrarxe 'em, boz-s!" Das waren Lancers. Ich erinnerte mich unwillkürlich an die Erzählungen über die Schlacht von Omdurman, und daran, was die LancerS dort gethan. . . . Ein Moment, und sie waren an mir vorbeigesprengt, ohne mich gesehen zu haben und ohne daß ich sic gesehen hätte; dann aber gab ich meinem Pferde Sporen und Peitsche zu kosten und ritt hinten an den Lancers vorbei querfeldein. Es war ein wahnsinniger Ritt; ich ließ die Zügel los und erlaubte dem Pfevoe, zu laufen, so schnell es rennen wollte. Wie lange ich so, bald rechts, bald links, herumgeritten, wieso es kam, daß mich keiner der Lancers, die das ganze Terrain durchstreiften, entdeckte, ich weiß es nicht; aber letzteres ist, glaube ich, wohl dem Umstande zuzuschreiben, daß mein Pferd als echtes afrikanisches Pony hier gerade die allersteinigsten Pfade auswählte. Zum Schlüsse ritt ich auf eine Kopje hinauf, wo mich zu meinem großen Erstaunen eine Wache der Boeren fand. Und zu meinem noch größeren Erstaunen stand hinter der Kopje der ganze Train des Schiel'schen Kommandos, der auf der Fann zurückgeblieben war. Die Leute waren spät Nachmittags ge kommen und hatten von der ganzen Schlacht keine Ahnung. Sie standen da unbewacht, ungeschützt, etwa 800 Meter vom Feinde entfernt. Ich bewog sie — es mag um 6 Uhr Nachts ge wesen sein —, sofort umzukehren und sich auf der Straße zurück zuziehen. Ich war gar nicht so weit fehlgegangen, die Brücke befand sich ganz in der Nähe, und wir zogen uns langsam hinter dieselbe zurück auf den Paß, wo wir einige andere Flüchtlinge trafen. Wir rasteten, bis es ganz Tag wurde; geschlafen wurde natürlich nicht. Bei Tagesanbruch sah ich aus einer Schlucht em paar Mann des Schiel'schen Commanldos kommen, meistens ohne Pferde; jeder wußte etwas anderes zu erzählen. Allgemein wurde jedoch gesagt, Schiel sei todt, General Kock und Zeppelin auch. Wir berkthschlagten über die zunächst zu ergreifenden Maß regeln. Das Vernünftigste bäuchte uns Alle, nach Newcastle zurückzukehren. Es schien wahrscheinlich, daß die Engländer nicht weiter vorgedrungen waren. Ich ritt mit einem gewissen Mayer allein voraus. Ueber die Pässe führten wir die Pferde, obwohl wir selbst müde zum Umfallen und hungrig wie Wölfe waren — wir hatten über 24 Stunden nichts gegessen. Gegen 7 Uhr früh erreichten wir Grays Farm, wo es wenigstens Futter für die Pferde gab; wir selbst aßen einige Biscuits, die wir dort fanden. Um 8 Uhr ging es weiter, bis Nachmittags 4 Uhr. Da waren wir durch den Zufall etwas vom Wege abgekommen und gelangten zu einer Farm, die einem Deutschen, Namens Meiring, gehörte. Wir wurden da gastfreundlich empfangen, bekamen endlich etwas zu essen und rasteten zwei Stunden. Der Regen, der uns den ganzen Tag über belästigt, hatte endlich aufgrhört, und als wir uns gegen 8 Uhr Abends auf freiem Felde in unsere Decken wickelten und die Pferde grasen ließen, konnten wir nach den Nachrichten, die uns vorübergehende Boeren zu kommen ließen, annehmen, daß wir uns in Sicherheit befänden. Ich schlief einen eisernen Schlaf, trotz des harten, steinigen Bodens und der empfindlichen nächtlichen Kühle. Mit Tagesanbruch sattelten wir wieder auf und Waren um 9 Uhr früh in Newcastle. Wir waren so ziemlich die letzten Ankömmlinge, und es gab gegenseitig ein allgemeines Begrüßen und Beglückwünschen, daß wir noch am Leben waren. — Wie ich später erfuhr, waren unsere 600 Mann 5000 Eng ländern gcgcnübergestanden. Von letzteren hatten insbesondere die Gordon-Highlander furchtbare Verluste erlitten. Der Ge- sammtverlust der Engländer bezifferte sich auf 400 Todte, während wir im Ganzen 48 Todte hatten. Schiel, am rechten Flügel, war verwundet, und, da er sein Pferd verlor, dann gefangen worden. General Kock starb einige Tage später an zwei in die Brust erhaltenen Schüssen. Ter arme Zeppelin wurde, in der rechten Hand seinen Sjambok (Reitpeitsche), in der linken Hand den ausgeschossenen Revolver haltend, noch lebend, aber schwer am Kopse verwundet, aufgefunden. Er starb einen Tag darauf. Die deutsche Ambulanz begrub ihn und setzte ihm ein Kreuz aufs Grab. Feldcornet Polgieter focht wie ein Löwe; schwerverwundet gab er noch 25 Schüsse ab, bis ihn ein Lancer auf 20 Schritt mit dem Rovolver nicdrrschoß. . . . Ein Bewußtsein bleibt uns Allen: wenn auch geschlagen, wir haben unsere Pflicht gethan! Colesberg, früher Capcolonie, jetzt Oranje-Vrijstaai, 22. No vember 1899. Deutsches Reich. * Berlin, 30. Januar. (Herr v. Miquel.) Die an scheinend noch immer Miquel - ofsiciösen „Berl. N. Nachr." dcmentiren heute die Nachricht der „Berl. Dörs.-Ztg." über RücktrittSabsichten deS Finanzministers in folgender scharfer Form: Das Befinden des Dice.Präsidenten des Staats ministerium» vr. von Miquel bessert sich nur sehr langsam, und eS ist keineswegs richtig, daß der Minister zur Zeit im Stande sei. seine amtliche Thätigkcit in vollem Umfange wieder anfzuuehmen. Herr von Miquel hat zwar das Bett (verlassen, bedarf aber in Folge anhaltender Heiserkeit noch der Schonung. Wa» ein hiesige» Blatt in Bezug auf RücktrittSabsichten, die mit dem keineswegs bedenklichen Gesundheitszustände zusammen- hängen sollen, erzählt, ist müßige» Gerede. Die Sensations nachricht, welche sich darauf stützte, daß der Finanzminister an dem Mittagessen am Geburtstag de» Kaiser» im Finanzministerium nicht theilgenommen hat, ist am Besten in ihrer Quelle dadurch gekennzeichnet, daß der Gewährsmann — wohl ein Tafelbecker — von einer Vertretung des Ministers durch den „ersten Rath" spricht, während der Unterstaatssekretär Lehnert de» Finanzminister ver treten Hot. * Berlin, 30. Januar. (Die Flottenfrage in einer volksparteilichen Wählerversammlung.) Wie die „KönigSb. Hart. Ztg." berichtet, hat der LandtagSabgeordneke Director vr. Krieger in Königsberg i. Pr. in der General- versammluug deS Wahlvereins der freisinnigen Volkspartei eine Rede über die politische Lage gehalten und sich dabei iiber die Flottenvorlage folgendermaßen geäußert: Wie soll man sich zu der Flottenvorlage stellen, die ja nun bekannt ist? Bekannt ist der Umfang, die Kosten und auch, daß eine Bindung des Etatsrechtes nicht statt finde» soll. Die Frage, ob «ine Flotte (soll heißen: Ver- stärkung der Flotte. Red.) nöthig ist, ist für einen Fernstehenden außerordentlich schwer zu entscheiden. Die äußeren politischen Verhältnisse haben sich außerordentlich verändert. Die geschichtliche Bühne ist nicht mehr da» mittlere Europa, di» ActtouSbühae ist durch da» Eintreten Amerika» nnd Japan» verschoben. Auch ist nicht zn verkennen, daß Frank, reich dorch auswärtige Ereignisse von seinen Revancheplänen ab- gelenkt wird. Di» Frage der Flottenvrrmehrung ist ungemein complicirt, und man wird gut thun, die Entscheidung den Abgeordneten zu überlassen, die sie hoffentlich nach bestem Rissen und Gewissen prüfen werden. Nur ein» können wir benrtheilrn, da» ist die wirthsch astlicht Seite der Flottenvorlage. Als zum ersten Male di» Flottenvorlage auftrat, wurde von agrarisch-konservativer Seite der leise Wunsch geäußert, die Kosten sollten durch erhöhte Getreidezölle aufgebracht werden. Da wir '/« unsere» Getreldeconsum» elnführrn und '/'« im Land« producirru, so ist e» klar, daß durch die Er höhung der Getreidezölle '/« de» Mehr» der Flott« zu Gute g». kommen wäre, aber in die Loschen der Agrarier gewandert wären. Dies« V« hätten dann dir Agrarier al» Provision für ihre Zustim- mung zur Flottenvrrmehrung erhalten. Der Plan ist dorch Herrn Echweinburg zu früh verrothen worden, der dies« Ungeschicklichkeit
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder