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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010316024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901031602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901031602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-03
- Tag1901-03-16
- Monat1901-03
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Sonnabend den 16. März 1901. Anzetgen'Pret- die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 L,, vor den Familiennach richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsay entsprechend höher. — Gebühren siir Nachweisungen und Offertenannahme 25 (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. Iinnahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle« je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbroche« geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Polz tu Leipzig. 95. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. i>. Die Capitulation Louis Botba's, oeS boerischen Oberst- commandirenden, war auf einen bestimmten Tag, 1l. März, angekündigt worden, sie ist nicht erfolgt; Ariedcnsverhandlungen sollen, selbst nach amtlicher Mittheiluug englischer Minister, im Gange sein, darüber ist nun auch eine Woche verflossen und mehr, und heute ist eS nicht einmal gewiß, ob überhaupt Verhandlungen stattfinden. Man meldet uns: * London, 16. März. Die „Times" berichten aus Kaal- fpruit unter dem 15. März, es verlaute, Botha, Delarey und Dewet würden am 18. März eine Zusammenkunft haben, um über die Lage zu berathen. * Bloemfontein, 15. März. (Renter's Bureau). Dewet hielt dieser Tage eine Ansprache au seine Anhänger, in der er erklärte, daß in Transvaal durchaus keine Unterhandlungen mit den englischen Behörden im Gange seien. * London, 15. März. Hiesigen Abendblättern wird aus Stonderton von heute gemeldet, daß die unter General French stehenden Truppen im Hinblick auf die zwischen Kitchener und Botha schwebenden Unterhandlungen Halt machen. Vielleicht ist in dieser letzten Meldung der Schlüssel deS RäthselS zu finden und die schöne Mär von den Friedens verhandlungen nur erfunden wurden, um die absolute Untbäligkeit ver englischen Streitkräfte während der letzten Zeit, die durch die Ungunst der Witterung und das taktische Geschick des immer und immer wieder entschlüpfenden und unsichtbar werdenden Gegners bedingt ist, zu bemänteln. Tic Pest. * Capfta-t, IS.März. („Reuters Bnrenn"). Nachdem die Behörden als BorfichtSmafiregcl gegen die Ausbreitung Ser Pest die Ausweisung der Kaisern ans der Stadt nnd ihre Unterbringung in besondere Lcrtlichkeitcn dnrchgesnhrt batten, veranstalteten in Kapstadt die ansässige» Ma lauen. Sie eine ähnliche Behandlung fürchte», eine grafte Ber- sammlung und beschlossen, sich, wenn nöthtg, der Aus weisung mit Gewalt ;n widersetze», In der Stadt befinden sich einige Tausend malapischc Männer. * Capstadt, 15. Mär;. („Reuter s Bureau".) Heute siud hier 11 Personell, darunter ein Europäer, ander Pest erkrankt. Ter Tnudcnbock. Im englischen Oberhause antwortete gestern Lord Wolseley auf die Kritik, welche Lord Lansdowne an seiner Thätigkeit als Obercommandirendcr der englischen Armee geübt, und sagte, er habe bis zu der kürzlich statt- gehabten Debatte die Ansicht gehabt, er besitze das volle Vertrauen der Regierung; er bestreitet, daß er verabsäumt habe, für HilfSmannschaflen zu sorgen. Er habe niemals geglaubt, daß Ladysmith ein Platz sei, der gehalten werden könne, aber er habe empfohlen, daß die Stadt zu einem Proviantdepot für die Truppen, welche den Big- garsberg halten sollten, gemacht werden solle. Er habe die Kampfkraft der Boeren unterschätzt, aber der Jrrthum sei nicht hervorgerufen worden durch Nichtachtung ihrer Offensivpläne, sondern durch die Thatsache, daß die von den Boeren entfaltete Hartnäckigkeit mit den früheren Erfah rungen Englands im Widerspruch gestanden sei- Wenn England bei dem AuSbruch deS Krieges verhält» iß mäßig unvorbereitet gewesen sei, so sei es dies nicht deshalb gewesen, weil eS nicht darauf gedrängt habe, daß nach Südafrika allmählich und unauffällig Verstärkungen ent sandt wurden. Er habe am 8. Juni 1899 die Mobilisirung eines Armeecorps empfohlen und geglaubt, daß diese Mobilisirung in Südafrika von erheblicher Wirkung sein werde, und daß England so eine Streitmacht besitzen würde, welche zur Einschiffung bereit sei. Lord Wolseley schloß mit der Forderung, daß die von ihm ver faßten Documente veröffentlicht werden, welche auf seine in der erwähnten Debatte gemachten Bemerkungen Bezug haben. Lord Lansdowne erwiderte, Wolseley habe, als der Krieg unmittelbar bcvorstand, nicht gesagt, daß Ladysmith eine ge fährliche Position sei. Nach de> Niederlage bei Glencoe habe Wolseley verlangt, man solle hinter den Tugela zurück gehen. Dies sei eine verspätete Anregung gewesen; wäre dieselbe früher gekommen, so wäre man vor einem sehr mißlichen Zwischenfall bewahrt geblieben. Lansdowne erklärt weiter, er wolle sich nicht rechtfertigen bezüglich der Unter schätzung der Stärke deö Feindes, aber wenn hierIemand zu tadeln sei, so müsse Wolseley sein volles Theil tragen. Die Regierung sei nicht in der Lage gewesen, verschiedene von Wolseley im Laufe des Sommers 1899 gemachte Vorschläge anzunehmen, weil die Politik der Regierung eine Politik des Friedens und nicht der Herausforderung war. Unter Anderem habe Wolseley angeregt, man solle die Delegoabai besetzen und einen Appell an die Eolvnien richten. Lansdowne schloß, er könne der Veröffentlichung der Docu- mente nicht znslimmen. Nach einer lebhaften Debatte, in welcher Lord Rosebery Wolseley's Antrag auf Veröffent lichung unterstützt, wurde derselbe mit 62 gegen 38 Stimmen abgelchnt. Ter Kostenpunct. * Loudon, 15. März. (Unterhaus. Fortsetzung.) Alfred Davies fragt an, ob in Südafrika eine Organisation ins Leben gerufen werde, mit deren Hilfe nach Herbeiführung des Friedens man in der Lage sein werde, den nothleidendcn Loy alisten, die durch den Krieg geschädigt worden seien, und Len nothleidenden Boeren sofortige Hilfe zu leisten, und ob eine derartige Hilfeleistung derTransvaal- und derOranjeflnß-Colouie zur Last gelegt werde.. (5 ha mb erla in erwidert, daß eine derartige Organisation in Er wägung gezogen sei, aber er sei nicht in der Lage, mehr zu sagen, als daß sie beabsichtigt sei, und Laß, wenn der Transvaal- und der Oranjefluß-Colonie irgend etwas zur Last gelegt werden sollte, diese Hilfeleistung diesen zur Last fallen solle. * Capstadt, 15. März. Da die Boeren die Telegraphendrähte zerschnitten haben, ist die Verbindung mit dem Osten der der Colonie und mit Natal unterbrochen. (Wdhlt. u. bericht.) Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. März. DaS Eentrum des Reichstags gehörte, wie sich gestern gezeigt hat, nicht zu den Fraclionen, die geneigt waren, die Beratungen der neuen Chinavorlage rasch im Plenum zu erledigen und deshalb von der Verweisung an eine Com mission abzusehen. Der Abg. I)r. Bachem beantragte ausdrücklich ComniissionSberathung. Daraus darf man aber nicht schließen, daß das Centrum dem Reichskanzler Schwierig keiten bereiten wolle; die Gründe, die der Fractionsredner für die Commissiousberathuug geltend machte, waren rein formaler Natur; an den Darlegungen desReichSkanzlcrö hatte er nicht das Geringste auszusetzen, ja er verteidigte sogar die vom Abg^B ebel bemängelte Stärke unserer in China tätigen Truppen. Hieraus ergiebt fick, daß daS Centrum die Ablehnung des Antrags Bachem nicht ungern sah und keine Ursache zu haben sich bewußt ist, sich am Grafen Bülow zu rächen. Und da dieser auch bei den Conservativen und den National liberalen wohlwollende Beurteiler seiner Darlegung fand, so wird er bei der weiteren Plenarberatung wohl nur An griffe der Socialdemokraten und der Gefolgschaft deS Ab geordneten Richter abzuwehrcn haben — eS müßte denn sein, daß man bei genauer Prüfung deS steno graphischen Wortlautes seiner gestrigen Reden Lücken entdeckte, die gestern den Hörern entgingen, oder daß plötzlich ein Ereigniß einträte, wodurch sich die Hoffnungen des Reichs kanzlers, die Solidarität der Culturmäcbte werde auch die neuerdings hinsichtlich der chinesischen Verhältnisse hervor getretenen Meinungsverschiedenheiten überwinden, als trüge risch und die deutschen Maßnahmen als verfehlt erwiesen. Was diese Maßnahmen betrifft, so erfuhr man nicht viel Neues; das Wenige aber rechtfertigt die im Ganzen sehr günstige Aufnahme, welche die kanzlerischen Ausführungen sanden. ES handelt sich nach ihnen im gegenwärtigen Stadium der Verhandlungen mit China neben der ange messenen Bestrafung der schuldigen Mandarinen und der Entsendung einer chinesischen Sühnemission nach Berlin — die indessen erst angenommen werden soll, wenn die Erfüllung der Friedensbedinguiigcn seitens Chinas sicher gestellt sein wird — namentlich um die Frage der Entschädigung sowohl für die Kosten der Expedition, wie für die Schädigungen Privater. Die über die Aufbringung der Entschädigungs summe cingebolten Gutachten gehen übereinstimmend dahin, daß ei» Eingriff in die chinesischen Finanzverhältnisse zu vermeiden und hauptsächlich eine Erhöhung der See zölle ins Auge zu fassen sein werde. Die Dauer der Occupation von Petschili werde von der weiteren Ent wickelung der militärischen und politischen Verhältnisse, ins besondere von der Loyalität der chinesischen Regierung in der Erfüllung der FriedenSbedingungcn und von den Garantien für die Zahlung der Entschädigungen abhängen. Länger als in Lieser Hinsicht erforderlich, würden die deutschen Truppen nicht in Petschili bleiben. Ebenso Werve Deutschland das Oberkommando nickt einen Tag länger aufrecht erhalten, als die Lage eS erfordere und es dem Wunsche der Mächte entspreche; so lange aber diese Voraussetzungen zutrcffen, werde der Feldmarschall sein Amt weiter verwalten. Was die diplomatische Lage in China an lange, so habe Deutschland als dort vorwiegend nur wirthschaftlich interessirte Macht daS Jangtse-Abkommen mit England ab geschlossen, das einerseits auf dieAufrechterhaltung der Integrität Chinas abziele, andererseits Deutschland nicht weiter engazire, als es durch seine wirtbschaftlicken Interessen geboten sei. Auf die Mandschurei beziehe sich daS deutsch-englische Abkommen nicht. DaS gehe aus dem Wortlaut hervor und sei deutscherseits bei den Verhandlungen über das Abkommen außer Zweifel gestellt worden. Die Mandschurei könne Deutschland völlig gleickgiltig sein. Auf der anderen Seite habe Deutschland allerdings ein Interesse daran, daß China seine finanzielle Leistungs fähigkeit nicht in t'ruuckom croclitorum, nämlich der Ent- sckädigunz fordernden Mächte, im gegenwärtigen Augen blicke schwäche. Dies sei der chinesischen Regierung von deutscher Seite, wie von anderen Mächte«, auS- gedrückt worden. Keine andere Regierung könne dies verübeln, da alle Mächte die feierliche Erklärung ab gegeben haben, daß sie in China keine Sonderpolitik ver folgen. Der Standpunkt der kaiserlichen Regierung sei dem gemäß in einer Circularmittheilung dahin präcisirt worden, daß sie in erster Linie von der chinesischen Regierung die schleunige Erfüllung der Friedensbedingungen oder deren Sicherstellung verlange, im klebrigen sie mit ihren An trägen und Beschwerden an die diplomatische Cooferenz in Peking verweise, die das Concert der Mächte repräsentire. Nimmt man zu dieser Darlegung noch die Versicherung, daß die Beziehungen Deutschlands zu allen Reichen und besonder- zu den beiden anderen Dreibundmächten durchaus freundlicher Art seien, so gewinnt man den Eindruck, daß trotz aller noch zu überwindenden Schwierigkeiten die Hoffnung deS Reichs kanzlers auf eine nicht zu ferne friedliche Schlichtung der Wirren sich erfüllen werde — sofern ihm noch das große Kunst stück gelingt, die finanzielle Leistungsfähigkeit China nicht schwächen zu lassen und doch den Ansprüchen Rußlands auf die Mandschurei nicht entgegen zutreten. Vorläufig ist eS noch das Geheimniß de-LeiterS unserer auswärtigen Politik, wie er diese diplomatische Riesen« aufgabe lösen zu können glaubt. lieber den angeblichen augenblicklichen Stand der Frage nack Einführung eines Toppcltarifs für lan-wtrthschaftttche Zölle glaubt die „Freisinnige Ztg." Folgende- mittheilen zu können: Die Verhandlungen, welche gegenwärtig innerhalb der preußi schen Ministerien über die Stellung Preußen- zu der Zolltarif vorlage stattfinden, werden zwischen den Commiffaren deS Finanz ministeriums, deS landwirthschastlichen Ministeriums und de- Handelsmiuisteriums einerseits, deS auswärtigen Amts, deS Reichs schatzamts und des ReichSamts deS Innern andererseits geführt. Der Urheber derDoppeltarifvorschläge ist der frühere nationalliberale Abgeordnete und gegenwärtig in den Staatsdienst übergetreteue Prof, v. d. Borght, der Hauptvertreter dieser Richtung im wirthschast- lichen Ausschuß war drr Ministerialdirector Wermuth. In derr gegenwärtigen Eonferenzen, die am 12. d. MtS. begonnen haben, scheint sich die Stellungnahme dahin zu acceatuiren, daß daS ReichSamt des Innern, das Finanzministerium und das landwirth- schastliche Ministerium sich warm für den Doppeltarif, wenigsten- insoweit Lebensmittelzölle in Betracht kommen, einsetzen werden, während die Verthcidigung auf der anderen Seite ziemlich kühl geführt wird. Tas auswärtige Amt, welches demnächst die Verhandlungen mit den fremden Staaten zu führen hat und die Kosten und den Spott für eine eventuelle Niederlage auf sich nehmen muß, hat natürlich rin« geringe Neigung für den Doppeltarif. Die Schluß entscheidung über seine Haltung ist indessen noch nicht gefallen, weil die Entscheidung des Reichskanzlers noch au-steht. Immerhin kann man annehmen, daß über die Frage, ob Einheits tarif oder Doppeltarif, im Laufe der nächsten Woche entschieden sein wird. Die Vertreter des Bundes der Landwirthe sind außer ordentlich findig, um in Privatunterhaltungen schwankend« Meinungen zu stützen und widerstrebende Ansichten zu bekehren. WaS Herr Richter hier zum Besten giebt, unterscheidet I sich nur wenig von dem Inhalte zweier Alarmartikel, die I 36 Stunden früher in zwei Berliner Blättern freihändlerischer l Richtung erschienen waren. Man hat diese letzteren AuS- FeirNlrton. A Zwei Srüder. Roman von Franz Rosen. Nachdruck »ndolcn. „Wie können Sie mich so falsch verstehen!" sagte er mit tra gischem Tonfall. „Man darf nicht an sich selber denken, wenn es sich um das Glück Derer handelt, Vie man liebt." Diese Sprache erschien selbst Maria zu deutlich. Da sie es aber nicht übers Herz brachte, sie ihm zu verbieten, schwieg sie. „Uebrigens konnte mich Ihre Mittheilung nicht mehr über raschen", fuhr Lazinsky fort. „Jeder, der ein Interesse an Ihnen hat, mutzte ja sehen, daß Manfred Waldburg vom ersten Tage an rettungslos verliebt in Sie war." Der Ausdruck patzte ihr entschieden nicht. „Er ist mir gut — nun, und ich ihm auch. Also warum sollen wir uns nicht heirathen?" .sagte sie trotzend. Lazinsky lächelte überlegen. „Ich habe ja gar nichts dagegen! Wenn es mir überhaupt zukäme, Ihnen zu- oder abzurcden, hätte ich vielleicht nicht so lange geschwiegen. Außerdem ist er mein Kamerad nnd ein braver, lieber Kerl, den wir Alle gern mögen. — Sie werden ja das Für und Wider erwogen haben — und da Sie darnach zu dem Ergebnitz gekommen sind, datz in einer Verbindung mit ihm die Bedingungen ihres Lebensglücks enthalten sind — nun, so kann ich eben nichts Anderes thun, als Ihnen von Herzen die Ver wirklichung dieses erhofften Glückes wünschen." Maria war nicht zufrieden. Sie mißhandelte immer noch den Myrtenzweig, während Lazinsky steif und still vor ihr stand. „Sir sind mir doch nicht böse?" fragte sie endlich geradezu. „Böse? Aber Maria! Bös«? Daß Sie glücklich werden wollen mit einem Andern? Wie käme ich dazu? W i r können uns doch nicht heirathen —" Sie wurde dunkelroth. „Nein — nein aber — ich dachte " sie stockte. „Nein, so selbstsüchtig, wir Sie zu glauben sck)«intn, bin ich nicht. Ich bin nur zurückhaltend, weil ich fürchte, sonst die Ee walt über mich zu verlieren. Denn cs wird ja nun doch anders " Sir sah betroffen aus. Sie wünschte gar nicht, daß es an ders werde. „Vielleicht —" fuhr er, ihr Mienenspiel genau verfolgend, fort, „— findet sich mit der Zeit in Ihrer Häuslichkeit ein Platz für einen guten Freund - - . . XIV. Elisabeth Lazinska stand in dem kleinen Vorflur und wartete auf ihren Mann. Sie war zur Heimfahrt bereit. Um ihr Helles Gewand hatte sie einen dunkelrothen Seidenmantel geschlungen und um den Kopf ein gelbliches Spitzentuch gewunden, aus dem das Gesicht zart und rosig erschimmerte. Hinter den geschloffenen Thüren wogte noch das Geräusch fröhlicher Menschen. Elisabeth neigte das Haupt etn klein wenig nach dort, als lauschte sie unter all den verworrenen Tönen auf einen bestimmten. Dabei sah sie regungslos auf die farbigen Steine des Fußbodens nieder, als gälte es, aus ihren vielfach ver schlungenen Arabesken ein interessantes Räthsel zu lösen. Plötzlich öffnet sich eine der geschloffenen Thüren. Eine Fluth Hellen Lichts fällt heraus. Elisabeth schrickt zusammen und sieht auf. Sie hat ihren Mann erwartet. Aber es ist Peter Waldburg. — Schnell, wie er den Raum betreten, hat er denselben jedenfalls durcheilen und wieder verlassen wollen. Da erblickt er Elisabeth und seine flüchtige Bewegung erlahmt. Langsam klingt er die Thür hinter sich ein und bleibt stehen — ganz Frage, ganz llnschlüssigkeit. Elisabeth war in ihren tiefsten, traurigsten Gedanken über rascht worden durch den Gegenstand solcher Gedanken. Eines Augenblickes Länge hatte sie ihr Gesicht nicht in der Gewalt. Und dieser Augenblick genügte. Es giebt einen Sommeriag, an dem die Erde ganz in Blüthe steht und in reifer Schönheit prangt. Und doch liegt ein dunkler Bann über Allem. Jede Blüthe hängt den Kopf und schließt den Kelch; kein Vöglein mag singen; schwer und müde streicht die Luft durch die schweigenden Büsche. Denn der Himmel ist be deckt, und die Sonne scheint nicht. Und der Tag geht dühin wie alle anderen Tage und wird sich seiner Zeit nicht bewußt — denn die Sonne scheint nicht. Jedes noch so kleine Atom der Natu: verrichtet sein« Arbeit, erfüllt seinen Zweck, aber mechanisch, ohne Freude, ohne Lust — denn die Sonne scheint nicht. Und plötzlich, mit einem Male bricht sie durch — schnell, unerwartet, leuchtend und singend. Eine goldne Herrlichkeit fällt auf die Erde nieder, datz sie erstrahlt in Licht und Wonne. Alle Vögel flattern auf mit schmetterndem Gesang, alle Blumen fangen an zu duften und zu athmcn und in tieferen Farben zu prangen. Ein Jauchzen innerster, heiligster Freude hebt die Brust der reichen Erde. Und dir Sonne leuchtet und lacht und glüht — und geht unter. Denn es war Abendsonne. Und wie sie hinunter ist, fällt ein tieferes Dunkel wie eine große Trauer über die einsame Erde; und in jedem Blumenkelch steht ein großer, klarer Than- tropfeu. Elisabeth's Gestalt war vorübergehend wie in Licht ge taucht, in «in aus ihrem eigen«» Innern quellendes Licht, das aus ihren Augen brach wie ein blendender Strahl von Herzens jubel und Glückseligkeit. Es leuchtete um sie wie goldiger Son nenschein — ihre ganze Gestalt schien sich in diesem Licht zu verklären, und sie stand stille wie unter himmlischen Segens strahlen die lichtverlangende Erde. Peter Waldburg sah tödtlich erschrocken in dies« stummen, leuchtenden Augen; diese Augen, die ganz andere Geheimnisse verriethen, als die eines traurigen, einsamen Lebens. Eine Be wegung ging durch seinen Körper, wie das Sturmesbrauscn durch den Eichenstamm; ganz kurz und ganz flüchtig. Seine Lippen theilten sich und schlossen sich wieder. Groß, dunkel und leidvoll umfaßte sein Blick sekundenlang ihr strahlendes Bild. Dann wandte er sich schtvcigend um und ging zurück, von wannen er gekommen war. Um nichts in der Welt hätte er jetzt ein gleich- giltiges, erlösendes Wort finden können. Das Licht, das Elisabeth ausstrahlte, erlosch. Ein letzter Abglanz blieb davon zurück, ein verirrter Funke, der sich in den großen Thränen verfangen hatte, die plötzlich ihre Augen füllten. Das Alles hatte kaum eine Minute gedauert. Es war nichts Außergewöhnliches geschehen; nichts gesagt, nichts gethan wor den. Aber von diesem Augenblicke an wußte Jeder, datz er vom Andern geliebt wurde; nicht mit dem Rausch leichtsinnig be gehrender Leidenschaft, sondern mit der heiligen, ernsten, ewtgen Gewalt, die vom Himmel ist. Die Art, wie sie diese Erkenntnitz aufnahmen, war ganz natürlich, ganz pflichtgemäß. Nur, daß das Natürlichste manch mal das Schwerste ist; daß es unter Umständen das Leben kosten kann, das äußere sowohl als das inner«. Und man gewinnt nichts dafür, als die Genugthuung, daß man eben seine Pflicht aethan hat. Ein« Genugthuung, die manches Mensch«» einziges Glück geblieben ist. — XV. Auf dem Heimweg waren die Brüder sehr schweigsam und J«der in seine eigenen Gebauten vertieft. Bis endlich Manfred ganz unvermittelt fragte: „Peter, wie fängt man «s an, ein solider Mensch zu werden?" Der Gefragte ritz sich mit Gewalt aus seinem Sinnen los, sah Manfred erstaunt an und fragte: „Willst Du etwa solide werden?" „Nun ja — Du hältst das wohl für unmöglich?" klang es gereizt. „Für unmöglich nicht, wohl aber siir sehr schwer, toenn man eS bis dahin nicht gewesen ist." „Nun, so sage mir nur erst, wie man es macht." „Zunächst bezahlt man seine Schulden", sagte Peter. Man fred sah gedankenvoll zum Sternenhimmel auf, . „Du nimmst also ohne Weiteres an, daß ich wieder welche habe —" „Ja", erwiderte der Andere trocken. Manfred schwieg. „Nun weiter — was dann?" begann er wieder. „Man macht keine neuen", sagte Peter. „Das ist schwerer. — Und dann?" „Man zügelt alle unerlaubten Leidenschaften und geht den Versuchungen möglichst aus dem Wege; nach der alten Wahrheit: wer sich in Gefahr begiebt, kommt darin um." „Das kannst Du ja ordentlich auswendig!" lachte Manfred auf und setzte ernster hinzu: „P«ter, eigentlich bist Du doch ein beneidenswerter Mensch." Peter lächelte trübe. „Warum?" „Nun — weil Du niemals in Conslict mit Deinen Leiden schaften kommst — weil Du, glaube ich, gar kein« hast." „Meinst Du —" Manfred war indcß zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um die bittere Ironie dieser Worte zu hören. „Und was hat denn eigentlich diese ernsten Gedanken in Dir wach gerufen?" „Ja", sagte Manfred ehrlich. „Der Oberst will mir nicht wohl wegen meines sogenannten Leichtsinns. Da werde ich ihn wohl ablegen müssen. Wenigstens bis ich sie habe." „Aber Manfred!" entfuhr cs dem Anderen mit ehrlichem Schreck. „Findest Du das etwa gewissenlos?" fragte Manfred un schuldig. „Gewiß! Denn wenn der Oberst «s von Deiner Solidität abhängig machen will, ob er Dir sein« Tochter anvertraut oder nicht, so legt er doch den Hauptwerth darauf, datz Du als Ehe mann solide bist und verlangt es jetzt von Dir nur als einen Be weis, daß Du es überhaupt sein kannst." „Niemand kann sich für sein ganzes Leben verpflichten", be harrt« Manfred. „Wenn Du aber voy vornherein Deine Sinnesänderung nur als Mittel zum Zweck betrachtest, so werden Deine guten Vor sätze der Innerlichkeit entbehren, die wohl im Stande wäre, sie fürs Leben zu festigen." Manfred überlegte einen Augenblick. Peter nahm Alle- gleich so ernst — ernster als nöthig war. Endlich fragt« er mit kindlicher Offenherzigkeit: „Wenn Du nun vor dec Frage ständest, entweder mit Deinen liebsten Lebensgewohnheiten zu brechen oder auf das Mädchen, das Du liebst, zu verzichten — was würdest Du dann thun?" „Ich würde mir sagen —" entgegnete Peter ohne Ueberlcqen — „entweder sind mir meine Gewohnheiten lieber als das Mäd chen, dann bleibe ich bei jenen und lasse diese fahren. Oder es ist umgekehrt — dann breche ich mit meinen Gewohnheiten end-
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