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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.03.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010322012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901032201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901032201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-03
- Tag1901-03-22
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Imtsülatk des königlichen Land- und Äinlsgerichtes Leipzig, des Mathes und Molizei-Ämtes der Stadt Leipzig. .z» it8. Freitag den 22. März 1901. Anzeigen »Preis die 6gespaltene Petitzeile 2ö H. Reklamen unter dem RebacnonSftrich (4gespatt«a) 75 L,, vor den Familiennach. richten (6 gespalten) SO H. Tabellarischer und Aiffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefürderung ./t ÜO.—, mit Postbtsörderung 70.—. Ännahmeschluß sür Anzeige«: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Lohn-Abzüge. vr. L. Die Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches: „Soweit eine Forderung drr Pfändung nicht unterworfen ist, findet di« Aufrechnung gegen di: Forderung nicht statt", hat Ab züge vom Lohn der Gehilfen, Gesellen, Arbeiter und der unteren Privatbeamten so gut wie unmöglich gemacht. Das Gesetz ge stattet nur den Kranken-, Hilfs- oder Sterbecassen, insbesondere auch den Knappschaftscasson und den Cassen der Knappschafts vereine, von dem Kranken- oder Sterbegelde oder sonstigen Zah lungen die geschuldeten Beiträge in Abzug zu bringen. Hat der Arbeitgeber oder Dienstherr, hat der Principal oder Chef aber Gegenforderungen an den Beamten oder Arbeiter, weil dieser den Dienst vorzeitig verlassen und dadurch Schaden verursacht, oder weil er die ihm anvertrautcn Geräthe, Gebäude, Thiere, Werk zeuge, Maaren u. s. w. in nachlässiger Weise behandelt oder beschädigt hat, so hangt die Beantwortung der Frage, ob es zu lässig ist, zum Zwecke des Ersatzes des angrrichteten Schadens einen entsprechenden Theil des Gehaltes ov-r Lohnes innczube- halten, davon ab, ob und inwieweit Lohn oder Gehalt ge pfändet werden kann. Nur insoweit letzteres zulässig ist, dürfen Abzüge gemacht werden. Nach der Civilproceßordnung ist nun der Arbeits- oder Dienst lohn der Pfändung entzogen, wenn das Arbeits- oder Dienstverhältnitz die Erwerbsthätigkrit des Arbeiters oder An gestellten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nimmt. Eine Ausnahme ist nur gemacht für die Unterhaltsbeiträgc, welche die Kinder und Eltern, der Ehegatte und der frühere Ehe gatte für die Zeit nach Erhebung der Klage und sür das ver flossene letzte Vierteljahr gesetzlich zu fordern haben, desgleichen die tlnterhaltSbeiträge, welche «in uneheliches Kind sür die gleiche Zeit zu fordern hat. Diese Abzüge wird der Arbeitgeber in der Regel nicht eigenmächtig machen, sondern abwarten, ob die Per sonen, welche derartige Unterhaltsansprüche haben, «in gericht liches Urtheil ihm vorlegen können oder auf Grund desselben die gerichtliche Pfändung erwirkt haben. Was von dem Lohn« der Arbeiter gilt, gilt auch von den- Gehältern der Werkmeister und sonstigen Beamten, sofern der» selbe 1500 nicht übersteigt. Bis zu dieser Höhe ist der Lohn! völlig unpfändbar, darüber hinaus steht er dem Zugriff der I Gläubiger ganz frei und kann auch dec Arbeitgeber unbehindert Abzüge wegen seiner Gegenansprüche machen. Grundsatz ist also, daß der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitern und Beamten mit geringerem Gehalte als 1500 Abzüge vom Lohn nicht machen kann. Von diesem Grundsätze bestehen nun aber Ausnahmen, und zwar auf Grund der Ge werbeordnung. Danach kann der Arbeitgeber im Falle des Vertragsbruchs des Gesellen oder Schilfen als gesetzlich fixirten Schadensersatz für den Tag des Vertragsbruchs und jeden folgenden Tag der laufenden Arbeitszeit, höchstens aber für eine Woche, den ortsüblichen Tagelohn fordern und innebehalten. Im Voraus zur Sicherung darf aber der Abzug nicht auf ein mal geschehen, sondern er darf bei der einzelnen Lohnzahlung höchstens ein Viertel des fälligen Lohnes betragen. Während nun Handwerker und kleinere Fabrikanten dieses Lohnabzugs- recht im Falle des Vertragsbruchs kraft Gesetzes haben, steht es Großbetrieben, d. h. den Fabrikanten, die mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigen, nur dann zu, wenn eS in der Arbeitsord nung ausdrücklich ausbedungen ist. Hier kann statt des „orts üblichen" Wochenlohms der wirklich verdiente durchschnittliche Wochenlohn als verwirkt ausbedungen werden. ES darf aber keineswegs bei jeder rechttwidrigen Einstellung der Arbeit oder bei einer durch den Unternehmer in Folge des ordnungs widrigen Verhaltens des Arbeiters geschehenen Auflösung des Dienstverhältnisses stets ein voller Wochenlohn abgezogen werden. Dies hatte ein Arbeitgeber gethan, als er einen Ge sellen entließ, der bei der Wegnahme einer Flasche Bier ertappt war. Ob schon in der Werkstatt in den letzten Wochen viel Bier abhanden gekommen war, so erklärte daS Gewerbegericht in Hamburg den Abzug eines vollen Wochenlohnes doch für un- grrechtfertigt und hielt den Abzug des halben Tagelohnrs von 1ZS für ausreichend. Neben diesen Fällen ist der praktisch wichtigste der, daß der Arbeitgeber Gegenansprüche an seinen Gesellen oder Arbeiter hat wegen Beschädigung von Maaren, Geräthen, Thieren u. s. w. Wegen dieser Ansprüche besteht keine Ausnahme von dem Ver bot« der Aufrechnung, eS muß vielmehr der Lohn voll und baar auSgrzahlt werden. Eine Frage ist, ob es nicht zulässig ist, im Vertrag oder der Arbeitsordnung auszubedingen, daß der Ar beiter für Beschädigungen sich Lohnabzüge gefallen zu lassen hat. Dereinzelt ist diese Frage bejaht worden, so sieht z. B. die könig lich preußische Eisenbahnverwaltung auf diesem Standpunkte, di« große Mehrzahl der Genierbegerichte erklärte sich aber auf dem Verbandstage d«r Gewerbegrrichte in Maiz 1900 gegen die Zu lässigkeit und wohl mit Recht. Denn schon der ß 2 des Gesetzes, betreffend die Beschlagnahme des Arbeit»- oder Dienstlohnes, vom 21. Juni 1869 verbot eS, den unpfändbaren Lohn einem Anderen abzutreten, zu verpfänden oder durch ein Rechtsgeschäft darüber zu verfügen. In drr Tendenz dieser Bestimmung liegt es, auch daS Verbot der Aufrechnung als «in zwingendes, also unabänderliche?, aufzufossrn. Besondere Schwierigkeiten macht die Frage, ob der Lohn auch dann ganz auSgezahlt werden müsse, wenn der Arbeiter oder Angestellte vorsätzlich dem Arbeitgeber Schaden zugefügt hat. Bon der einen Seite wird betont, daß e» unser Rechtigefühl ver letze, wenn man den Arbeitgeber zwingen wolle, in solchem Falle den geschuldeten Lohn voll und baar auszuzahlen. Die gesetz lich« Zulässigkeit des Abzug» wird begründet einerseits durch Hinwei» auf die Vorschrift d«S Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach die beiderseitigen Verpflichtungen „nach Treu und Glauben" zu erfüllen sind, anderseits durch Bezugnahme auf 8 393 de» Bür gerlichen Gesetzbuches, wonach derjenige, der aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung etwas schuldet, baar zahlen mutz und nicht aufrechnen darf. Demgegenüber wird betont, daß der vom Gesetz für unpfändbar erklärte Arbeits- und Dienst lohn unentbehrlich für den Lebensunterhalt sei und in keinem Falle ausgerechnet werden dürfe. Letztere Ansicht ist unseres Er achten» diejenige deS Gesetzgeber». Aür klein« Zeitvrrsäummffe darf der Arbeitgeber jetzt Lohn abzug« nicht mrhr machen, wenn e» sich um eine „verhältnitz- watzig nicht erhebliche Zeit" handelt und wenn die Bersäumnih ohne verschulden de» Verpflichteten geschehen ist. Ueb«r die Frage, was «ine verhältüihmäßig nicht erhebliche Zeit sei, ist noch keine Klärung erfolgt. Das Gewerbegericht Bremen hatte den Arbeitgeber für berechtigt erklärt, einem Arbeiter, der über drei Jahre bereits bei ihm im Dienst war und auf gesetzliche vierzehntägige Kündigung stand, bei einer neuntägigen Er krankung keinen Lohn für diese neun Tage zu zahlen. Die Re daction des „Gewerbegerichts" ist gleichfalls der Ansicht, daß eine Erkrankung von dieser Dauer die Grenze einer „nicht erheblichen" Zeit weit übersteige, meint aber, im Gegensatz zum Gerichte, daß ein jahrelang bestandenes Arbeitsverhältniß nicht, wie daS Gericht cs thue, als ein nur auf vierzehn Tage geschloffenes beurtheilt werden dürfe. Zweifellos bezahlen muß also der Arbeitgeber bei dem auf vierzehntäqige Kündigung stehenden Arbeiter Versäumnisse von einigen stunden oder einem halben Tage oder auch einem, zwei Tagen. Es steht dem Arbeitgeber aber frei, durch Vereinbarung oder durch die Arbeitsordnung die Pflicht zur Fortzahlung des Lohnes von vornherein fest zu begrenzen oder auch ganz aufzuheben. Mehrfach streitig ist die Lohnzahlungspflicht geworden, wenn ein Arbeiter als Zeuge vor Gericht geladen war. Einen sehr praktischen Stondpunct hat in dieser Beziehung die Straf kammer des Landgerichts Düffeldorf am 15. Februar 1900 eingenommen, indem sie entschied, daß dem vorgeladenen Arbeiter stets aus der Gerichtscaffe für die Zeitversäumckiß Zeugrngc- bühren gezahlt werden müßten, einerlei, ob er eine verhältniß- mäßig erhebliche oder unerheblich« Zeit seines Dienstes versäumt hab«. Im öfftntlichrn Interesse habe der Zeuge seine Arbeir versäumt, deshalb müsse der Staat zahlen, nicht aber könne der Dienstherr darunter leiden, denn man müsse bedenken, daß nicht nur kapitalkräftige Arbeitgeber getroffen würden, sondern viel häufiger kleine Üntermhmer und Dienstherren, welche schon durch die bloße zeitweise Entziehung der Arbeitskraft mehr oder weniger Schaden erlitten. Sie brauchten deshalb den Lohn für die im Gerichte versäumte Zeit nicht fortzuzahlen. Diese Be gründung erscheint allerdings nicht einwandsfrei, doch muß diese Erörterung den juristischen Fachblättern Vorbehalten bleiben Jedenfalls ist das Resultat ein so ungemein zweckmäßiges, daß man wünschen kann, diese Auffassung käme, sei es durch die Gerichtspraxis, sei es im Wege der Gesetzgebung, zur allgemeinen Anerkennung. Denn es ist praktisch ganz undurchführbar, den Gerichtscassenbeamten mit der Untersuchung zu betrauen, ob dem erschienenen Zeugen nach der Art feines privaten Arbeitsverhält nisses «in Anspruch auf Fortzahlung des Lohn«s zustehe oder nicht, er also in Folg« des Erscheinens vor Gericht einen Schaden erlitten habe. Vom Lohne abgezogen werden dürfen auch nicht Forderungen dritter Personen, denen der Arbeiter seinen Lohn ganz oder theilweise abgetreten hat. So mußte ein Bauunternehmer den Lohn seines Gesellen doppelt zahlen, weil er einem Gesellen mit dessen ausdrücklicher Genehmigung den Betrag von 10,50 abgezogen hatte, welche Summe der Geselle einem Schankwirth für Speisen und Getränke schuldete. Als' der Geselle nach Kurzem auf Zahlung seines rückständigen Lohnes zu 10,50 klagte, wurde der Bauunternehmer verurtheilt, weil der Lohn baar auszuzahlen und dessen Abtretung an Dritte rechtlich un wirksam sei. Ebensowenig darf der Cassirer behufs Tilgung einer ihm persönlich gegen den Arbeiter zustehenden Forderung dessen Lohn ganz oder theilweise zurückbehalten. Zulässig sind Abzüge hingegen für rechtmäßig verwirkte Strafen nach Maßgabe der Arbeitsordnung. Zahllos sind die Fragen, welche bei der Lohnzahlung Vor kommen. Vorstehend hoben wir nur einen kleinen Theil erörtert, und zwar solche, die mehrfach zu Zweifeln Anlaß gegeben Haben, oder neuerdings oufgetaucht sind. Nur eine Frage noch sei er wähnt, nämlich die, ob die gesetzwidrige Aufrechnung strafbar ist. Unseres Erachtens ist die Aufrechnung lediglich unzulässig, nicht aber strafbar. Der Arbeiter wird durch den Anspruch auf Baarzahlung, den er gerichtlich geltend machen kann, aus reichend geschützt.' Ebensowenig wie ß 115 der Gewerbeordnung vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches die Auf rechnung ausschloß, ebensowenig kann er jetzt in Verbindung mit ß 146 Grundlage der Bestrafung sein. Die Wirren in China. Russisch-englischer Lonflict. —p. Die Lage ist noch immer auf» Aeußerste gespannt und wird grell durch die folgende Meldung beleuchtet: * Peking, 20. März. („Reuter'S Bureau") 60 Australier und -w«i Compagnie« Jufanteri« sind plötzlich nach Tientsin beordert Worten und heute früh dorthin obgegangen. Rach Taku sind Befehle ergangen, daß 100 Marinefoldaten nach Tieatsiu gehen sollen. Diese Truppenbewegungen sind durch die Befürchtung veranlaßt, e» könne au» Anlaß drr russifch- briti scheu Landstreitigkeitea zu einem Zwischenfall« kommen, zumal da die französischen Truppen, deren Verhalten schon zu vielen Mißhelligkrite« Anlaß gegeben hat, einen Zu sammenstoß berbeizuführe« suchen. Die britischen Befehls haber wünschen deshalb, genügend tüchtige Mannschaften da zu haben, um die Ordnung in den Straßen aufrecht zu erhalten. General Bailloud ist heote früh ebeufall» »ach Tientsin obgrreist, um Erhebungen über da» verhalte« der Franzosen anzustellen uud die Ordnung wiederherzustellrn. Drr Zwischenfall gehört äugen- scheinlich zu den Unannehmlichkeiten, die dort unvermeidlich sind, wo europäische Truppen vieler Nationen beisammen sind. Mn« hofft, daß die Angelegenheit nunmehr abgeschlossen ist. — In der heutige« Coaserenz der Gesandten wurden lediglich allge- mein« lausende Angelegenheiten besprach««, Beschlüsse von be sonderer Wichtigkeit aber nicht gesaßt. De« Eindruck, daß die Angelegenheit abgeschlossen ist, vermag man nicht zu gewinnen, sollte auch der in Rede stehende Zwischenfall rasch erledigt werte«, so ist er dock symptomatisch für dir Feindseligkeit, die zwischen England, Rußland und Frankreich Platz gegriffen hat. Sie kann jeden Augenblick zu neuen Explosionen führe«. Die RationalitätS-vcrhältniff« in »er Mandschurei. Don der Bevölkerung der Mandschurei kann man nicht mit Unrecht sagen, daß ihr« Vertreter von de« nicht gen« mit d«n Verhältnissen Vertrauten „luous a uou lucoucko" als Mandschuren bezeichnet werden. Die Mandschuren oder die Mandschu im eigentlichen Sinne des Wortes bilden nämlich heute nur einen vrrhältnißmähig geringen Bruchtheil der Be völkerung des Landes. Man kann sie auf etwa fünf bis zehn vom Hundert schätzen. Der Grund für das Schwinden dieses, dem tungusischen Zweige angehörigen Dolksstammes ist wohl mit Recht darin zu suchen, daß die Mandschu-Thnastte, als sie sich in Besitz der höchsten Gewalt im Reich« der Mitte setzte, sich auf die Mandschu-Truppen stützte, diese im chinesischen Reiche an siedelte, sowie die innerhalb der Mandschurei zurückgebliebenen in den größeren Orten an den Hauptverbindungen stets zum Nachschub bereit hielt. So hat sich im Laufe der Zeiten eine gegenseitige Aus- und Einwanderung der Mandschuren nach China und der Chinesen in die Mandschurei vollzogen: ja, die letztere ist in so hohem Maße von der Regierung begünstigt, daß in letzterer Zeit di« maßgebenden Stellen der Verwaltung fast ausschließlich mit Chinesen besetzt worden sind. Durch den Um stand, daß die eingeborenen Mandschu sich mit Chinesinnen ver- hciratheten und mehr oder weniger die chinesische Tracht an nahmen, wurde diese Verschmelzung noch mehr gefördert. Heute bilden die Chinesen daher den zahlreichsten und wichtigsten Theil der Bevölkerung in der Mandschurei. Unter ihnen befinden sich aber auch wieder zweifelhafte Elemente, solche, die sich dem grau samen Arm chinesischer Gerichtsbarkeit entzogen haben, oder die ähnlich, wie russische Verbrecher in Sibirien, in der Mandschurei zwangsweise angesiedelt wurden, um die chinesische Nationalität in dieser gefährdeten Grenzprovinz zu verstärken. AuS diesen Elementen haben sich die auch von der Bevölkerung der russischen Ärenzprovinzen gefürchteten „Chunchusen-Banden" recrutirt, die unter selbstgewählten Häuptlingen einen Staat im Staat« bildend, von Raub und Plünderung und in beständigem Kampfe mit drr chinesischen und russischen Regierung leben. Diese Banden scheinen in Folge der letzten Ereignisse durch die ver- prengtcn, theilweise aus der Hefe der Bevölkerung zusammen gerafften Soldaten und den brodloS gewordenen Boxern einen bedeutenden Zuzug erhalten zu haben. Mit ihnen haben die russischen Occupationstruppen andauernde Kämpfe zu führen, deren Ende gar nicht abzuschen ist. Heute befindet sich ferner der ganze Groß- und Kleinbandel der Mandschurei in den Händen der Chinesen. Ihre Rass« hat auch bei der Assimilirung ver mandschurischen Bevölkerung den Beweis von der Macht des chinesischen Blutes und von der Zähigkeit chinesischer Cultur ge liefert! Außer den Mandschu und den Chinesen l-ben auf dem Boden der Mandschurei noch eine Reih: von kleineren tungusischen und mongolischen Stämmen, wie die Dauren, Orotschonen, Manegren, Golden, Solonen, Burjäten u. s. w., und meist in Folge der Verfolgungen in ihrem Daterlande in der Mandschurei übergetretcnen Koreaner. Die erstgenannten eingeborenen Stämme spielen keine nennenswerthe politische Rolle, sind zum Theil halbwilde Nomaden, die weder die Sprach: der Chinesen kennen, noch ihre Gesetz« beobachten. Ihre Zahl ist ebensowenig festgestellt, wie auch die Angaben über die Höh: der Gesammtbevölkerung zwischen 7 und 9 Millio nen schwanken. Russisch-chinesisches Abkommen. Der zwischen Rußland und China abgeschlossene Vertrag be treffs der Mandschurei, der gegenwärtig die politische Welt erregt, ist im Grunde nicht so überraschend gekommen, wie cs den An schein hat. Schon vor fünf Jahren wies der Forschungsreisende Eugen Wolf, der damals China bereiste, auf die Ding« hin, die sich an der russisch-chinesischen Grenze vorbereiteten, und inter essant ist es, seine jüngst als Buch erschienenen Berichte „Im Innern Chinas" (erster Theil von „Meine Wanderungen", Stutt gart, Deutsche Verlags-Anstalt) daraufhin nachzulesen. Ter Autor schildert des Näheren den damals abgeschlossenen Vertrag, den er mit richtigem Empfinden als einen Vorläufer weiterer Ab machungen zu Gunsten des Zarenreiche- erkannte, und knüpf! daran die Bemerkung: „Nun sorge man auch bei unS dafür, daß wir bei der diesmaligen Dertheilüng nicht zu kurz kommen," Der Krieg in Südafrika. Die Wiederaufnahme der Seindseligkciteu scheint den Engländern einen schweren Verlust gebracht zu haben und zwar im südöstlichen Transvaal, wo man e» am wenigsten vermutbet batte. Man meldet unS: * Durban, 20. März. «Renter'S Bureau.) DieCug- lander räumten die «arnison Brede und ver- eiuigten sich mit den Truppen des «eneralS Campbell, der nach einem schweren Kampfe mit den Barren nach Ltanderton zurnckkehrt. Campbell sührt 2VU Kranke uud Verwundete mit. Viele Bocrcn- abthcilungcn befinde» sich i» der Nähe von Standcrton. Lrede liegt im nordöstlichen Theil de» Freistaates nahe der Grenze Transvaal», Standerton auf TranSvaalcr Ge biet und ist Sration der Eisenbahn Durban—Pretoria. Nach der großen Zabl der Verwundeten zu schließen, bat ein sebr heftiger Kampf stattgrfunden, in dem die Boeren siegreich blieben. Aller Wahrscheinlichkeit haben die Engländer zahl reiche Tode auf dem Schlackifelde gelassen und die „Rück kehr" nach Slanderton ist wohl nur ein Euphemismus für Flucht. Arench gefangen k Dem Bureau Reuter wird au» Pietermaritzburg vom 18. Mär, telegrapbirt: „Als Zeichen der Haltung der Boeren ist folgender Auszug au» dem Briefe eines der bestbekannten Männer ru Transvaal bezeichnend. Er sagt: „Baller wurde i« drr Näh« von Lydenünrg gefangen ge nommen und auf Ehrenwort fretgelaffen. General Freu ch wurde im Mai v. I. am Ufer de» Troeodile-FluffeS gefangen genommen. Er wurde auf Ehrenwort freig,lassen und vor 10 oder 12 Tagen in der Nähr von Amsterdam wieder gefangen und nun besteht Botha auf seinen eigenen Bedingungen, nämlich Pardon für alle Rebellen oder Erschießung de» Fceuch und seiner Leute. Wa» ich Ihne» erzäkl«, ist geheim, ich bin davon über- zeugt. Ich weiß auch, daß dir Boeren niemals nachgeben wollen, bi» allen Rebellen Pardon gewährleistet ist. Senn do» geschähe, würde morgen der Krieg zu Ende sein. Die Briten sollten lieber uachgebeu, denn LaS schwerste Stück Arbeit liegt in ZoutpanSberg." Von wann dieser merkwürdige Brief datirt ist, wird nicht gesagt. Dem „Daily Erpreß" wird aus Johannesburg tcle- grapbirt, daß daS Kriegsgericht den Director der Cyanid Werke, Herrn Memmcr, zu 2 Jahren Zuchthaus verurtheilt hat, weil er versucht haben soll, einen Polizei leutnant zu bestechen, damit er ihm helfe, vergrabenes Gold hervorznbolen. — Ein Däne, dessen Name nicht genannt wird, erhielt 6 Monate, weil er keinen Aufenthallöpaß besaß und einen Polizisten bestochen hatte. Ein ucucS englisches Lpfcrk In Rawitsch ist aus Südasrika die Nachricht eingetrofien, daß ter Missionar Otto Kahb, Later von acht Kindern, im vorigen Jahre seiner Familie durch die Engländer entrissen worden ist und sich seitdem in englischer Ge fangenschaft befindet. Dasselbe LooS hat außerdem drei andere dortige Missionars Familien betroffen. Herr Kahb ist ein Rawitscher Kind, dessen Geschwister alle dort leben. Was sagt, so fragt die „Tägl. Nundsch.", Herr von Richt hofen dazu? Hat der Missionar Kahb auch die Neutralität gebrochen? Deutsches Reich. -r-Leipzig, 2l. März. (Die evangelischen Arbeiter vereine und d ie Gewerkschasten.) Wenn der Beschluß deS Landesverbandes evangelischer Arbeiter vereine im Königreich Sachse» zur Gewerkschafts frage in der Presse einer abfälligen Kritik unterzogen worden ist, so trägt die Schuld hieran in der Hauptsache die ungenau« Berichterstattung der socialtemokratischen Presse. Letztere hat — ob irrtbümlich oder absichtlich, bleibe dahingestellt — deu Landesverband in Gegensatz zum Dresdner Arbeiter vereine gebracht, der beschlossen hatte, den Mitgliedern der Arbeitervereine den Eintritt in die Hirsch-Duncker- scheu Gewerkvereine zu empfehlen, während der Landesverband nach socialdemok-atischer Darstellung den Mitgliedern der Arbeitervereine den Eintritt in die sog. freien, socialdemokratischen Gewerkschaften freigegebeu haben sollte. In Wirklichkeit hat auch der Landes verband den Anschluß an die Hirsch-Duncker'sche» Gewerkvereine empfohlen, „da Liese Vereine in ihren sccialen Tendenzen den evangelischen Arbeitervereinen nahe fteben, ein treffliches Casscnwcscn besitzen und, im Königreich Sachsen wenigstens, nicht in der Gefolgschaft einer politischen Partei marsckiren". Ausdrücklich bat der Landesverband alsdann „die von Herrn Pfarrer Naumann befürwortete Hineinführung der Mitglieder (ter Arbeitervereine) in die social demokratisch beeinflußten centralorganisirten Gewerkschaften" ab gelehnt. Nur den Mitgliedern, die bereits solchen Ge werkschaften angebören, soll daraus kein Vorwurf gemacht und der Austritt nickt ausgegeben werden, in der Erwar tung, „daß diese stets mulhig und entschieden proiestiren werben, wenn innerhalb ihrer Gewerkschaft oder deren Presse andere als Berufsfragen verbandelt und namentlich social- Leiiivkratiscke uud religionsfeindliche Bestrebungen verfolgt werden sollte»". Man kann es verstehen, wenn der Landesverband die im Vorstehenden enthaltene Con- cession an die socialdemokratischcn Gewerkschaften be reits angebörenden Mitglieder von Arbeitervereinen macht. Ta aber der Landesverband gleichzeitig den Beschluß gefaßt hat, daß die einzelnen Arbeitervereine und Landes verbände in der Gewcrksckastssrage einheitlich Stellung nehmen, so wäre es nur logisch, falls er in Bezug auf die jetzigen Mitglieder socialtemokratisckcr Gewerkschaften, soweit sie den Arbeitervereinen gleichzeitig ««gehören, wenigstens den Wunsch auSsprächc, daß sie ans den socialdemokratiscken Gewerkschaften auStreten möchten. Da sämmtlicke vom Landesverband in der GewerkichaflSfrage jüngst gefaßten Be schlüsse nochmals redigirt werden sollen, wär« eine Abänderung deS Wortlautes in diesem Sinn: möglich und angezeigt. Sehr beachtenSwerth ist. daß daS Organ Pfarrer Naumann'S, die „Hilfe", in ihrer neuesten Nummer für das König reich Täcksen gleichfalls den Anschluß der Arbeiter vereinsmitglieder an die Hirsch-Duncker'scken Gc- werkvereine für „sachlich durchaus gerechtfertigt" erklärt. Die „Hilfe" schreibt nämlich u. W: „Die socialdemokratischcn Gewerkschaften Sachsen» haben sich unter dem Einfluß der „Lripz. Bolksztg." uud der „Sachs. Arbeiter zeitung" in einer so einseitigen, ungesunden Weise entwickelt, daß sie für überzeugte Socialdrmokratcn nichts Verlockende» und Werbendes haben, viel weniger für politische Gegner. Neben ihnen kommen aber im Königreich Sachsen nur die Hirsch-Duncker'schen Gewerkvereiue in Betracht, da eS christliche nicht giebt und rvangc- lische Nengründungen mit Recht verworfen werden." Die Freude des „Vorwärts", der auf Grund eines an geblich gefaßten Beschlusses deS LandeSverbaudeS der evange lischen Arbcitel-vercine SachsenS die dortigen socialdemokra tischen Gewerkschaften bereits in hoffnungsvollem Aufblühen begriffen sah, ist also verfrüht gewesen. Berlin, 2 l. März. (Tarifvertragrm Gärtner gewerbe.) Die Gärtner Berlins und der Vor orte haben in alle: Stille, wie wir der „Socialen Praxis" entnehmen, eine Bewegung zur Erzielung günstiarrer Arbeite und Lohnbedingungcn und zur Erreichung eines Tarifvertrages zwischen Arbeitgeber und -nehmer vorbereitet. Die Führung dieser Bewegung hat der in Berlin und Umgegend über 1000 Mitglielver starke Allgemein« deutsch« Gärtner-Verein, der sich durch sein ruhiges, sachliches Vorgehen auch in den Kreisen der Arbeitgeber Vertrauen und Anerkennung erworben hat. Die Bewegung erstreckt sich auf die gesammtc Gärtnerei. Dir F»rdc rungen sind der Eigenart der Hauptzweigr de» Berufe- eni^ sprechend ausgestellt, und zwar einerseits für die Landschafte qärtnerei, andererseits für die Kunst- un's Handelsgärtnerri. Die Bewegung in der LandschaftSgärtnerri ist ourch den Abschluß eines Tarifvertrages von gutem Erfolge gekrönt worden. Die zehnaliedrigr Commission (fünf Arbeitgeber und fünf Sc Hilfen), dre den Tarifvertrag vvrberachen hak, bleibt als Tarif«
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